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(Aus der Universit~ts-Hautklinik Bonn. -- Direktor: Prof. Dr. E. Ho//mann.) Experimentelle und klinische Untersuchungen fiber die Beziehungen zwischen fokaler Infektion und Hautkrankheiten mit besonderer BerfieksieMigung des chronischen Ekzems. Von Alois M. Memmesheimer. Mit 4 Textabbildungen. (Eingegangen am 4. OIctober 1928.) Einleitung. Ira Beginn der bakteriologisehen Ara, ira Jahre 1885, raachte Kaczorowsky auf den ~tiologisehen Zusaramenhang yon Entziindnngen des Zahnfleisches mit anderen Erkrankungen auf Grund kliniseher Erfahrungen aufraerksara. Im Jahre 1909 wies Piissler auf die Beziehungen septiseher Krankheiten zu ehronisehen Affektionen der Mundh5hle und der Z/ihne bin. Als Folge bakterieller yon den Z~hnen ausgehender Infektionen bezeiehnete er aul3er septischen Zust/inden Polyarthritis, lgephritis, schleichende Herzerkrankungen nnd mancherlei andere StSrungen des AIlgeraeinbefindens. Kurz vor, w/itn'end und naeh dem Kriege haben sich haupts~ehlieh englische und araerikanische Autoren (Hunter, Billings, Karl Mayo, ]r M. H. Fischer u. a.) rait der Lehre yon der Mundinfektion (Oral sepsis) und der dentalen Infektion besch/iftigt und in fast allen Organsystemen (blutbildendes System, Gef~Bsystera, Drtisen rait innerer Sekretion, Urogenital- system, Verdauungstraktus, Nervensystera, Haut, Auge, Gelenke, Muskeln) seh~d- liche Folgezust/~nde derselben entdeekt. Die Lehre yon der dentalen und Mund- infektion wurde dann zu der yon der ]okalen In]e~tion erweitert, wobei der In- fektionsherd (Fokus), yon dera aus eine dauernde Infektion in den KOrper hinein erfolgt, yon Billings so definiert wurde: ,,Ein Herd ist ein Gewebsbezirk, der pathogene Bakterien enth/ilt." Sotche Herde kSnnen sich aul)er im Munde (Z/ihne, Zahnfleiseh, Tonsillen) in den NebenhShlen des Kopfes (OberkieferhShle, Stirn- hShle), an den Geni~alien (Uterus, Adnexe, Prostata), irn Wurmfortsatz, Gallen- blase, Bronchien, Ohr (Otitis media), Verdauungstraktus, Unterhautgewebe (Pa- naritiura, Unguis incarnatus) finden. Man sieht aus dieser Aufzi~hlung, dab jede dutch Kokken hervorgerufene Entziindung Prira~rherd (Fokus) sein kann. Die Lehre vonder fokalen Infektion b~ut sieh auf bakteriologischen, klinisehen, rSntgenologisehen und storaatologisehen Grundlagen auf. Von den bakteriologi- sehen sind besonders 3 wichtig. Einraal die sogenannte ,,teraper/ire Segraen- tierung" der Bakterien (Adami), naeh der Bakterien yon der Oberfli~che der Schleimh~ute dauernd in den K6rper hineingelangen, wo sie entweder unter den Abwehrvorriehtungen des Organisraus zugrunde gehen oder bei herabgesetzter Widerstandsf~higkeit sich festsetzen und rait den yon ihnen produzierten Toxinen seh~digende Wirkungen leichterer Art hervorbringen kSnnen. Bei weiterer tterab- setzung der Widerstandskraft des KSrpers kann sich diese ,,Subinfektion" zu

Experimentelle und klinische Untersuchungen über die Beziehungen zwischen fokaler Infektion und Hautkrankheiten mit besonderer Berücksichtigung des chronischen Ekzems

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(Aus der Universit~ts-Hautklinik Bonn. - - Direktor: Prof. Dr. E. Ho//mann.)

Experimentelle und klinische Untersuchungen fiber die Beziehungen zwischen fokaler Infektion und Hautkrankheiten mit besonderer BerfieksieMigung des chronischen Ekzems.

Von

Alois M. Memmesheimer.

Mit 4 Textabbildungen.

(Eingegangen am 4. OIctober 1928.)

Einleitung.

Ira Beginn der bakteriologisehen Ara, ira Jahre 1885, raachte Kaczorowsky auf den ~tiologisehen Zusaramenhang yon Entziindnngen des Zahnfleisches mit anderen Erkrankungen auf Grund kliniseher Erfahrungen aufraerksara. Im Jahre 1909 wies Piissler auf die Beziehungen septiseher Krankheiten zu ehronisehen Affektionen der Mundh5hle und der Z/ihne bin. Als Folge bakterieller yon den Z~hnen ausgehender Infektionen bezeiehnete er aul3er septischen Zust/inden Polyarthritis, lgephritis, schleichende Herzerkrankungen nnd mancherlei andere StSrungen des AIlgeraeinbefindens. Kurz vor, w/itn'end und naeh dem Kriege haben sich haupts~ehlieh englische und araerikanische Autoren (Hunter, Billings, Karl Mayo, ]r M. H. Fischer u. a.) rait der Lehre yon der Mundinfektion (Oral sepsis) und der dentalen Infektion besch/iftigt und in fast allen Organsystemen (blutbildendes System, Gef~Bsystera, Drtisen rait innerer Sekretion, Urogenital- system, Verdauungstraktus, Nervensystera, Haut, Auge, Gelenke, Muskeln) seh~d- liche Folgezust/~nde derselben entdeekt. Die Lehre yon der dentalen und Mund- infektion wurde dann zu der yon der ]okalen In]e~tion erweitert, wobei der In- fektionsherd (Fokus), yon dera aus eine dauernde Infektion in den KOrper hinein erfolgt, yon Billings so definiert wurde: ,,Ein Herd ist ein Gewebsbezirk, der pathogene Bakterien enth/ilt." Sotche Herde kSnnen sich aul)er im Munde (Z/ihne, Zahnfleiseh, Tonsillen) in den NebenhShlen des Kopfes (OberkieferhShle, Stirn- hShle), an den Geni~alien (Uterus, Adnexe, Prostata), irn Wurmfortsatz, Gallen- blase, Bronchien, Ohr (Otitis media), Verdauungstraktus, Unterhautgewebe (Pa- naritiura, Unguis incarnatus) finden. Man sieht aus dieser Aufzi~hlung, dab jede dutch Kokken hervorgerufene Entziindung Prira~rherd (Fokus) sein kann.

Die Lehre vonder fokalen Infektion b~ut sieh auf bakteriologischen, klinisehen, rSntgenologisehen und storaatologisehen Grundlagen auf. Von den bakteriologi- sehen sind besonders 3 wichtig. Einraal die sogenannte ,,teraper/ire Segraen- tierung" der Bakterien (Adami), naeh der Bakterien yon der Oberfli~che der Schleimh~ute dauernd in den K6rper hineingelangen, wo sie entweder unter den Abwehrvorriehtungen des Organisraus zugrunde gehen oder bei herabgesetzter Widerstandsf~higkeit sich festsetzen und rait den yon ihnen produzierten Toxinen seh~digende Wirkungen leichterer Art hervorbringen kSnnen. Bei weiterer tterab- setzung der Widerstandskraft des KSrpers kann sich diese ,,Subinfektion" zu

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einer richtigen akuten Infektion steigern. Als zweite bakteriologisehe Erscheinung ist die sogenannte Transmutabilit~t der zur Gruppe Streptokokken-Pneumokokken gehOrenden, bei der Fokalinfektion eine grol~e Rol]e spielenden Bakterien zu nennen. MaBgebend in dieser Hinsicht sind die Arbeiten Bosenows, welcher die Forschungen Schottm~llers fiber die Streptokokken aufnahm und bewies, daft durch Modifikation der l~hrmedien einzelne Arten dieser Gruppe ineinander iibergefiihrt und ihre Virulenz geandert werden kann. Harmlose St/~mme kSnnten sieh so auch im K8rper zu gef~hrlicheren /s Als dritte bakteriologische Grundlage ist das ebenfalls vorwiegend yon Bosenow ausgearbeitete Prinzip der ,,elektiven Lokalisation" der Streptokokken zu nennen. Danach sollen Bakterien, die aus einem Fokus in den Kreislauf gelangen, keine allgemeine Sepsis machen oder sich in beliebigen Organen willktirlieh festsetzen, sondern sich in dem Gewebe lokalisieren, fiir das sie eine Wahlverwandtsehaft (eleetiv affinity) besitzen. So sollen Streptokokken aus den Tonsillen einer an Appendicitis leidenden Person gezfichtet und Kaninchen injiziert bei denselben keine tSdliche Sepsis hervor- bringen, sondern sich ebenfalls in der Appendix lol~alisieren und deft eine Ent- ztindung hervorrufen.

Die klinischen Grundlagen wurden vor allem yon Billings geliefert, dessen meiste Veroffentliehungen der Pathologic der Gelenke galten. Arthritis ist nach ibm eine Infektionskrankheit, die dutch einen oder mehrere, meistens in der t taut oder Schleimhaut gelegene Infektionsherde unterhalten wird. Sekundgre In- fektionsherde finden sieh nach ihm vorwiegend in den Lymphdriisen. Mit Itilfe yon RSntgenuntersuehungen wurde versucht, weitere Beweise far die Richtigkeit dieser Theorien beitzubringen, und zwar haupsachlieh dureh eine bessere Fest- stellungsmSgliehkeit yon NebenhOhlenerkrankungen und Zahnwurzelgranulomen. Die Mayo-Klinik hat hier bahnbrechend gewirkt.

Zahlreiche stomatologisehe Untersuchungen und Forsehungen speziell auf dem Gebiete der Wurze]behandlung lieferten ebenfalls tteitr~ge. Es is~ das Ver- dienst Hartzells, bestimmte l%iehtlinien fiber die Infektiositgt yon Z~thnen, deren Pulpa entfernt werden muftte, gegeben haben, denn nut unter ganz bestimmten Bedingungen kSnnen solehe behande]ten Wurzeln als Infektionsfoci gelten.

Es sei hier nur beilgufig erwahnt, daft in Nordamerika selbst namhafte For- seher den allzu weit gehenden Lehren widerspraehen, und auch in Europa setzte bMd eine Kritik der genannten Hypothesen und Theorien ein, die in Deutschland vet allem yon Schottmi~ller gefiihrt wurde. Aber aueh andere deutsche Forseher wiesen darauf hin, daft die amerikanische Lehre nieht neu, sondern teilweise schon friiher ausgesprochen und beriehtigt worden w~re. Immerhin wurde auf den genannf~n Grundlagen die Lehre yon der fokalen Infektion in weitgehendstem Mafte ausgebaut, so da6 in allen medizinisehen Sonderf~chern nieht nur die/~tio- logische l~orschung beeinfluftt, sondern aueh die Therapie in neue Bahnen gelenkt wurde.

Es liegt auf der Hand, daf~ bei der unk la ren Atiologie vieler Hau t - k rankhe i t en aueh auf dermatologischem Gebiete die neue Lehre bald E ingang fand u n d die Fokal infek t ion fiir die E n t s t e h u n g zahlreicher H a u t e r k r a n k u n g e n verantwort l ieh gemacht hat te . Bereits friiher wiesen Jacquet u n d seine Schiller Bulliard und Barden, ferner Rousseau-Decelle auf den Zusammenhang yon Alopecia areata mi t Zahnf le i seherkrankungen u n d eingesch]ossenen Weishei tsz~hnen hin. 1Yach einigen dieser Autoren sollten bes t immten Lokal isa t ionen der Zahnf le isehver~nderungen sogar bes t immte kahle Stellen der Kopfhau t entsprechen. Diese Ansichten

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tiber die l~eziehungen zwischen fokaler Infektion und H~utkrankhciten usw. 185

wurden aber yon Bettmann, Poeitlmann u. a. zurackgewiesen. Xhnliche Beziehungen glaubte Christ beim Ekzem zu linden. Nach der Beschrei- bung seines Falles scheint es sich ~ber nieht urn ein Ekzem, sondern um Herpes zoster zu handeln. Rosenow selbst nimmt Herpes zoster und rheumatoide Hauterkrankungen wie Erythema nodosum als dutch gerdinfektion hervorgerufen an. Roberts und Semen, Mc Ewen, Barber, Niord und Bixby, Visiter ffigen als weitere hinzu: Urticaria, Erythem, Erythrodermien, Alopecia areata, Alopecia diffuse, Lupus erythema- redes, Lichen planus, Prurigo, Erythema multiforme, Impetigo herpeti- formis, Ekzem und angioneurotische O~leme. Alle genannten Erkran- kungen sollen ale allergische Reaktion der Haut auf den Reiz der ins Blur fibergegangenen B~kterientoxine anzusehen sein. Die Liste erscheint aber viel zu weitgehend. Naeh Krzysztalowicz und Grzybowsky handelt es sieh bei der Duhringschen Krankheit um eine Streptokokkeninfektion, bei der die Erreger yon einem Fokus anfallsweise ins Blut gelangen.

Als Erreger werden yon den einzelnen Autoren Streptococcus viridgns, longus und haemolyticus gena.nnt. Rosenow ziichtete in einem schweren Fall yon Herpes zoster Strept. viridans aus den stark infizierten Tonsillen und produzierte damit ira Tierexperiment nicht nur Zosterefflorescenzen, sondern er konnte den Mikro- organismus auah in den hinteren Spinalganglien der Tiere linden. Barber und Roberts fanden in den Infektionsherden haupts~ehlich St~rept. haemolytieus. Semen sgh bei 5 F~tllen yon Prurigo, Erythem~ multiforme, Urticaria ehronica und Furunkulose bakteriologiseh immer griinwachsende oder hgmolytisehe Strepto- kokken. Kollmer ztiehtete aus den Infektionsherden Strep~. haemolytieus und Stgph. pyogenes ~ureus.

Nach den genannten Antoren war in den meisten F~llen der giinstige Einflul~ der Zahnbehandlung oder der Tonsillenentfernung gul]erordentlieh deu~lieh. Gleiohzeitig unterstfitzte Vaccine, die yon den aus den Herden geziichteten Kokken hergestellt wurde, die Behandlung. So berichtet ~uch Annesley Gomes tiber einen Fall yon ehronischem Ekzem, der nach Entfernung yon infizierten Z~hnwurzeln endgfiltig und dauernd geheilt wurde.

N~ch eigenen Beobachtungen und Mitteilungen yon zahlreichen Fach~rzten in den Vereinigten Staaten erschien mir eine genaue experi- mentelle und klinische Priifung von vermuteten Beziehungen zwischen fokaler Infektion und einigen Hautkrankheiten notwendig, zumal die meisten fiber den Gegenstand erschienenen Arbeiten nut an kleinerem Material und mit unzureichenden Kontrollen vorgenommen worden warcn. Gemeinsam mit Dr. Scitmidituber yon der hiesigen Universit~ts- Zahnklinik und mit Unterstfitzung yon Professor Hilgers vom hiesigen ttygienisehen Inst i tut wurde an einer grOl3eren Zahl yon besonders aus- gesuchten Patienten, die an chronisehem Ekzem, Psoriasis und einer Reihe anderer Hautkrankheiten litten, klinische, r6ntgenologisehe und b~kteriologische Untersuchungen und erg~nzende Tierversuche mit mSgliehster Ann~herung an die yon den Hauptvertretern der Lehre an- gegebenen Methoden ausgeffihrt.

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Methode. Da die Untersuchungen nur an solehen Patienten vorgenommen

wurden, bei denen eine Erkrankung der Tonsillen, der Lunge, des Ver- dauungstraktus und der GenitMorgane ausgeschlossen werden konnte, erfolgte im Mlgemeinen eine genaue zahn~rztliche Untersuehung mit R6ntgenaufnahme der Zahrtwurzeln und Kieferpartien in jedem einzelnen Fall. Wurden erkrankte Zahnwurzeln (Granulome) festgestellt, erfolgte ihre Entfernung auf sterilem Wege. Die infizierten Wnrzelspitzen wur- den zum grol~en Teil reseziert. ~Nachdem 0,5 rug Atropin per os gegeben worden war, um die Speichelsekretion zu reduzieren, wurden nach 1~ogen- schnitt und Zuriickschiebung der Periostweichteilschicht der Granu- lationsherd mittels Meil~el freigelegt, die Wurzelspitze mit Meil~el oder t~ohrer abgetragen und die Granulationen ausgel6ffelt. In einigen Fi~llen wurde die Extraktion vorgenommen, und zwar so, dM3 naeh sorgfi~ltiger Reinigung der Mundh6hle und Entfernung yon Zahnbelag und Zahn- stein die Extraktionsstelle trockengelegt und Zahn und Zahnfieiseh- t~sche jodiert wurden. Dann wurde mit steriler Zange der Zahn so luxiert, dM3 er nicht mehr in l~ertihrung mit 2gaohbargewebe und Weichteilen kam. Hierauf wurde mit steriler Meil~elzange die Spitze mit dem Gr~nu- iota abgekniffen, die infizierten Teile warden in ein steriles I~e~gensgl~s gebracht und im Hygienisehen Institut auf Erreger untersucht und ver- ~rbeitet. Die gelieferten Kulturen wurden in Abschwemmungen zu Tier- versuehen und nach entspreohender Verarbeitung Ms Antigen bei Ver- suchen am Menschen gebr~ucht.

Krankheitsfiills. In der angegebenen Weise wurden ganz oder zum Tell 66 Patienten

untersueht. In genau der I-Iglfte der Fi~lle handelte es sich um ehronische Ekzematiker, bei denen kein sonstiger gul~erer oder innerer Grund fiir die Erkrankung zu erkennen war und bei denen, wie schon angegeben, Tonsillen, GenitMorggne, Verdauungs- und Atmungstraktus, sowie Herz gesund waren und bei denen keine Besehwerden yon seiten der 1Nebenh6hlen des Kopfes bestanden. Wir wandten uns dem Ekzem ganz besonders zu, weil die herangezogenen Fglle immer wieder rezidivierten, ohne dal~ eine gul~ere l~eizursache festgestellt werden konnte und den Sitz eines Infektionsherdes im K6rper vermuten lieBen. Als Kontrollen wurden bis jetzt 14= Fglle yon Psoriasis vulgaris, 4 Fglle yon Lupus erythematodes, 7 yon Herpes zoster, 2 yon Acne rosaeea, je I yon Erythem~ nodosum und Erythem~ multiforme, sowie r sonstige (Lues latens, Nephritis, ttauttuberkulose) untersucht. Der Vergleieh mit hautgesunden Mensehen eriibrigte sich, da Infektionsfoci, wie er6rtert, angeb]ieh noch zahlreiche anders lokMisierte Erkrankungen hervor- rufen k6nnen.

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tiber die Beziehungen zwisehen fokaler Infektion und Hautkrankheiten usw. 187

Granulome.

Aus Tab. 1 geh t das Ergebnis der zahn~Lrztlichen und RSntgenun te r - suchungcn hervor . U n t e r 33 E z k e l n p a t i e n t e n wiesen 26 an den Zahn- wurzeln Granu lome auf, d. h. es h a t t e sich um die Zahnwurze ln , die Sitz yon In fek t ionser regern waren, rSntgenologisch e rkennbares Entzf in- dungsgewebe gebi ldet , ohne d~13 dieser In fek t ionshe rd sub jek t ive Be-

; ! i iii! ~i

Abb. l. Abb. 2.

Abb. 3. kbb. 4.

schwerden verursach te (vgl. k b b . 1--4) . Von den anderen H a u t e r k r a n k - t e n hat~en un te r 14 Psorias ispat ientei1 n u t 6, un t e r 4 E r y t h e m a t o d e s - pa t i en t en 1, un t e r 7 Zosterpa~ienten 4 Granulome. S te l l t m a n die Nicht -

Tabelle 1.

Erkrankung [! Zahl der Unters.

Ekzem . . . . . . . . . . . . . i' Psoriasis . . . . . . . . . . . . . L. erythematodes . . . . . . . . . I-Ierpes zoster . . . . . . . . . . Acne rosacea . . . . . . . . . . . Erythema nodos. + exsudat, multif. Sonstige Erkrankungen . . . . . .

33 14 4 7 2 2 4

G r a n u l o m G r a n u l o m % + +

78,7 26 6 1 4 2 2 2

7 8 3 3

2

51,5

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ekzemkranken den Ekzempatienten gegeniiber, dann betr~gt das Ver- hgltnis der Granulome bei I~ichtekzematikern und Ekzematikern 51,5% zu 78,7 %. Es tragen also besonders ausgesuchte Ekzemf~]le in einem h6heren l~rozentsatz Infektionsherde in sieh herum, als die gleiche Zah] lqiehtekzemkranker. 0b die Granulome nur als Zeichen einer allge- meinen Sehw~che der Gewebe und auch der Zahnbettgewebe (Paradon- tium) zu deuten seien und damit in nicht urs~chlieher Beziehung zur Krankheit st~nden, oder ob sic ~ttiologisch wichtig seien, mul3ten weitere Versuehe lehren. Atiologisch wiehtig im Sinne der Lehre yon der fo- kalen Infektion k6nnten sic ja insofern sein, als ihre Toxine die Haut gegen andere yon auf~en oder aus dem K6rloer selbst an sic herantretende Schadigungen sensibilisieren k5nnten. Eine solche Sensibilisierung ]gge such nach den modernen Auffassungen des Ekzems im Bereiehe der M6g- liehkeit. Es wurden deswegen weitere Versuehe angestellt. Einmal sollte die Frage der elektiven Lokalisation der aus den Granulomen geziichteten Streptokokken am Kaninchen gepriift werden und zweitens wollten wir beim Patienten selbst Zeichen einer.Durchseuchung des K6rpers mit den Erregern, ihren Toxinen oder Gegenstoffen irgendwelcher Art feststellen. Es wurden so Komplementbindungsversuche mit Strelotokokkenantigen (aus dem Eigenstamm und yon Stiimmen anderer Ekzempatienten) an- gestellt, die Priifung des Bhltes auf seine bactericide Wirkung, Intra- cutanreaktionen und die Prausnitz-Kiistnersebe Reaktion zur Fest- steliung freier oder zellstgndiger Antikbrl0er gegen den eigenen oder gegen fremde Sthmme vorgenommen.

Streptokokkensti~mme.

Die Granulome wurden mit stcrilem Wasser abgespfilt, mit Jod- t inktur betupft und mit sterilem Messer durchtrennt. Aus der Mitte des Gewebes wurde mit der Zupfnadel Material entnommen and in Ascitesbouillon, auf Ascitesagar nnd zur Feststellung der H~molyse auf die Blutagarplatte gebracht. Von der Ascitesbouillon wurde nach 2t~giger Bebrfithng ebenfalls auf die Blutagarplatte ausgestrichen, so dal~ die zu den Versuchen verwandten Streptokokkenkulturen entweder yon der Blutplatte oder yon der Ascitesagarplatte stammten. Anaerobe Kulturen wurden nicht angetegt, da die Kulturen immer ganz frisch gebraucht wurden, so dal~ keine Ver~nderung der Spezifit~t (fiir evtl. elektive Lokalisation) anzunehmen war. Diese Spezifit~t soll nach Rosenow erst nach l~ngerer ~erober Ziichtung zerst6rt werden. In allen FMlen an~er Fall 23 und 28, die praktisch steril waren (vgl. Tab. 3), fanden sich Reinkulturen yon Streptokokken ohne Beimengung anderer Bakterien. In einem Fall wuchsen auf der Blutplatte neben den Strepto- kokken noch Staphylokokken und Pseudodiphtberiebacillen. Von den gefundene n Streptokokken wiesen Fall 33, 39, 51 neben Strept. viridans

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den Typ des Strept. haemolyticus Schottmiiller auf, indem ein Teil der Kolonien auf der Blutplatte einen deutlich hellen Hof bildete. Im Fall 5I wurden 2 Mguse mit 0,1 eem der h~molysierenden Streptokokkenauf- ~chwemung (enthMgend 36000 lebende Keime) geimpft. Die Mguse blieben am Leben. Die Mi~usevirulenz war also auBerordentlieh gering, ebenso wie die Virulenz im Kaninehenversueh, worauf wit gleich zuriiek/ zukommen haben. Bei Fall 30, 38 und 48 hatten die aufgegangenen Kulturen zum Teil einen grfinliehen Hof. Es fanden sich nut ganz kurze Ketten, vielfaeh nur Diplokokken, so dal3 hier die Diagnose auf Strepto- kokken vom Pneumokokkentyp gestellt wurde. In den fibrigen Fs handelte es sieh um Streptokokken, die naeh Form und Waehstum zur Gruppe des Strept. lacticus geh6rten (Enterocoecusarten).

Tierversuche.

Wie aus Tab. 2 hervorgeht, wurden bei 12 Fgllen die isolierten Stgmme Kaninehen intraven6s eingespritzt. Die Injektion erfolgte bei einem Tell der Tiere in einmaliger grofJer Dosis (2--3 ecru der Aufsehwemmung, je 2--3 Tiere pro Fall), wghrend in dem anderen Tell die Injektion yon kleinen Dosen fiber 8--10 Wochen lang jeden 2. Tag vorgenommen wurde

Tabelle 2.

Fall

2

3

8

17

29

30

33

38

39

41

48

51

Kaninehen Massiv-inL Dauer-Inf.

2 - - 2

2 - - 2

2 - - 2

2 - - 2

2 - - 2

3 - - 3

2 - - 2

3 - - 3

3 - - 3 2 - - 2 2

- - 2

2 - - 2

Exitus

1 2 l

0 2 0 1 2 2 1 0 0 2 1

2 0 3 1

1 0 0 0 0 1

Streptok. +

1 I

1

2 I

2 1 1

1

Streptok.

1 1

1

1 2

1

2 I i

1

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(2 Osen pro Injektion, gleiche Anzahl Tiere). In letzterem Falle sollten die Verhaltnisse, wie sie im menschliehen Organismus bestehen, nach- geahmt werden. Die Infektion aus den Granulomen erfolgt ja, wie die Anhanger der Lehre yon der Herdinfektion annehmen, nicht einmalig; sondern dauernd oder in haufigen Seh~iben. Es muf~ .gleich erwahnt werden, dab es bei keinem einzigen Tier gelang, dutch Injektion der aus Granulomen geziichteten Streptokokkenstamme Hauterscheinungen hervorzurufen, l~ur bei einem Kontrolltier, das mit gewShnlichen aus dem ~unde eines gesunden Menschen geztichteten Streptokokken ge- spritzt wurde, kam es eigentiimlieherweise zu einem Hautaussehlag, der an der Ohrwurzel begann und auf die benachbarten Partien iiberging. Dieser Ausschlag ging mit Haarausfall einher und maehte den Eindruck eines troekenen Ekzems.

Von den mit massiver Dosis gespritzten 27 Tieren starben 15. Da- yon konnten bei 9 Streptokokken aus dem Herzblut geziiehtet werden. l~Sntgenuntersuehungen an den Zahnwurzeln wurden nieht vorge- nommen, weil der Ted sehr sehnell eintrat und Lokalisationen an den Zahnen bei einfaeher Untersuchung nieht feststellbar waren. In Fall 29 und 33 starben samtliche mit massiver Dosis gespritzten Kaninchen, Streptokokken waren bier die Todesursaehe. Vonder Versuehsreihe der chroniseh behandelten Tiere (27 Kaninchen) starben 8 im Verlaufe yon 12 40 Tagen. Hier konnten nur bei 2 Tieren Streptokokken im Herzblut gefunden werden, und zwar bei Fall 29 und 33, deren Stamme mithin die giftigsten waren, da sie bei der einmaligen massiven Infektion ebenfalls tSdlieh wirkten.

Aus unseren Tierversuehen geht mithin hervor, da~ eine elektive Lokalisation im Sinne Rosenows yon aus Zahngranulomen ausgewah]ter Ekzempatienten stammenden Streptokokken in keinem einzigen Fall festgestellt werden konnte, wohingegen bei einem mit gewShnlichen ~undstreptokokken behandelten Tier Hauterseheinungen auftraten. Die Virulenz der einzelnen Stamme war versehieden.

Komplementbindungsversuchs.

Naehdem die ]~lutkulturen bei alien 14 Patienten mehrfach negativen Ausfall zeigten, wurde versueht, durch Komplementbindungsversuehe speziiische Stoffe nachzuweisen. Als Antigen wurde bei den meisten Patienten sowohl das veto Eigenstamm herstammende (a) als aueh das yon anderen Ekzempatienten bzw. deren Granulomst~immen kommende (b) angewandt. Von l& Fallen zeigten hier 12 ein negatives Ergebnis. Nur in 2 Fallen liel~ sieh eine Bindung ablesen, und zwar in einem Fall (29) gegen das Eigen- und ein fremdes Antigen, in dem anderen Fall (33) ebenso, jedoch war hier die Bindung schwacher. Bei den Kontroll- personen (Lues latens, Lues eongenita) war die Bindung 2real positiv.

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fiber die Beziehungen zwischen fokaler Infektion und Hautkrankheiten usw. 191

Ein Fall yon Lues congenita, der positiv reagierte, wurde daraufhin genau auf Infektionsherde un~ersucht. Auger kariSsen Z~thnen mit intakten Pulpen (ohne Granulome) land sich im ganzen K6rper keine Stelle, die als Streptokokkenherd hatte angesproehen werden k6nnen. Ubrigens waren WAR., SG, D ~ in diesen beiden Fallen ebenfalls stark positiv, wghrend sie in Fall 29 und 33 negativ waren.

Bactericidie.

Die Versuche, spezifisehe bactericide Stoffe im Blutserum naehzu- weisen, hatten ein fast negatives Ergebnis (vgl. Tab. 3). Auch hier wur- deneigene (a) und fremde Kulturaufschwemmungen (b und c) ale Test-

Tabelle 3.

2

3

8 17 23 28 29 30 33 38 39 41 48 51

F a l l Ku lg t~ r

++

K o m p l e m e n t b i n d .

a b

(+)

7 (+)

~ a c t e r i c i d i e

a b

( + ) - -

+

P r a u s n i t z - K i i s t n e r

a b

- - i (+)

- - i

I

C

(+)

objekte verwandt, wobei als Versuchsanordnung die Methode Neisser und Wechsberg (Teehnik des bactericiden Reagensglasversuches) ge- wi~hlt wurde. Es fand sich hier nur bei 2 Fallen (den schon haufiger ge- nannten F~llen 29 und 33) eine starkere bactericide Wirkung des Blntes, und zwar in beiden Fallen nur gegen den eigenen Stature. Fall 29 lieg, wie schon mitgeteilt, gleichzeitig eine Komplementbindung mit dem Antigen des eigenen und fremden Stammes erkennen, ferner, wie wit sparer sehen werden, eine positive Intracutanreaktion. Xhnliches fanden wir bei Fall 33. Alle anderen Patienten liegen keine vermehrte Bacteri- eidie des Blutes erkennen, bei einigen war dig bactericide Kraft sogar besonders sehwach.

Prausnitz-Ki~stnersche und Intracutanrealction.

Zur Feststellung freier und zellstandiger Antik6rper zogen wir die Prausnitz-Kiistnersche (Nachweis freier AntikSrper) und die Intracutan- reaktion (Nachweis zellst/~ndiger Antik5rper) heran. Als Antigen be-

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192 A.M. Memmesheimer: Experimentelle und klinische Untersuchungen

nutzten wir abermals die abgetStete Absehwemmung der Kulturen yore eigenen und fremden Stature, Die Prausnitz-Kiistnersehe Reaktion wurde in der bekannten Weise vorgenommen, dab 0,1 ecru Patienten- serum einem niehtekzemkranken Patienten intracutan eingespritzt und naeh 24 Stunden das Antigen in die Hau t eingespritzt wurde. Es kam hierbei nur 2mal zu einem schwach positiven Ausfall des Versuehes. Einmal bei Fall 33 mit dem eigenen Antigen, das andere Ma] in Fall 28 gegeniiber dem Antigen eines fremden Stammes. Alle anderen Versuehe waren vollkommen negativ (vgl. Tab. 3).

Tabelle 4. Intracutanversuche.

F~I 2 ~ 8 h17 k~ l~s 129 I~0 I ~ I ~ L~9 i~1 48 151 ~pf~.~ - - ---7$7---. I+l]- + - '(+I]- ~

�9 (+) . (+) "_ , , c . . . - - (+)

Die Intracutanreakt ionen (vgl. Tab. 4) waren in einer weitaus grS- Beren Zahl positiv, wenn sie nach 24 Stunden abgelesen wurden. Es fanden sieh positive Reaktionen nicht nur bei dem eigenen Antigen, sondern wenn die Reakt ion in letzterem Fall positiv war, auch mit dem ffemden Impfstoff. Da in einigen F/s auch bei ganz gesunden Patienten ein s tark positiver Ausfall der Reakt ion gefunden wurde, m6chten wir die Spezifit~t der Reaktion nieht sehr hoch einseh~tzen. I m ganzen land sich bei 7 yon 14 Personen ein posi$iver Ausfall, wovon 5 gegen den eigenen und fremden und 2 nut mit dem fremden Impfstoff reagierten. Besonders stark war auch diese ]~eaktion in Fall 33.

Therapie.

Einen weiteren Einblick in die Beziehungen zwischen Fokalinfektion und Ekzem gaben die Wirkungen, die durch Entfernung der Infektions- herde aus dem KSrper hervorgerufen wurden. Diese Therapie wurde bei 15 F~llen angewandt. Gleichzeitig erhielten einige Patienten Injek- tionen yon Autovaccine (50--200 Millionen Keime). Eigenartigerweise kam es his jetzt bei 5 Patienten zu keinen neuen Ekzemrezidiven. Man kann sogar yon einem Dauererfolg sprechen, weft die Beobaehtungszeit bei 4 ]~/s 2 Jahre betr~gt.

Besonders deuttich war der Erfolg bei einer 48j~hrigen Patientin, die seit 5 Jahren an mehr oder weniger starken Krankheitserscheinungen lift, und die mi$ einem generalisierten chronischen Ekzem in die Klinik kam. Trotz l~Snbgen- bes~rahlungen, Salbenbehandlung, Injektion yon ProteinkSrpern und Terpichin war der Behandlungserfolg gering. Nach 4w6chentlichem Klinikaufenthalt wurden 6 Wurzelgranulome entfernt, wonach innerhalb yon 10 Tagen eine auf- faUende .Besserung einsetzte. ])as Jucken verschwand, die Entziindungserschei- nungen der Haut gingen zurtick, und nach weiteren 3 Wochen war die Patientin vollkommen geheilt. Einen ~hnlich auffallenden Erfolg sahen wir bei einem

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fiber die Beziehungen zwischen fokMer Infektion und Hautkrankheiten usw. 193

Bahnbe~mten, tier ebenfalls an einem jahrelang rezidivierenden Ekzem litt. Auch bei diesem Patienten kam es nach Entfernung der Granulome zu keinem Riick- fall mehr.

8 Fglle konnten, naehdem sie geheilt waren, nieht naehkontrolliert werden. Bei einem Patienten kam es zu einem leiehteren Rezidiv. ~Jber die Ergebnisse bei anderen Hautkrankheiten kann erst berichtet werden, wenn ein grSBeres Material fiber die einzelnen Erkrankungen vorliegt.

Kritische (Jbersicht.

Der ~berbliek fiber die bei den einzelnen Patienten gemaehten Be- obachtungen und die Tierversuche zMgt zunaehst ein ziemlich negatives Ergebnis. Nicht nur ]ieBen die Tierversuehe eine elektive LokMisation der Bakterien vermissen, aueh die Naehforsehungen naeh spezifischen AntikSrpern der versehiedensten Ark waren bei der Mehrzab] der Pa- t ienten erfolglos. Es kSnnte hier yon den Anhangern der Lehre einge- worfen werden, dM3 die Teehnik fehlerhaft, die Zahl der Tierversuehe zu gering gewesen ware, und daft naeh Entfernung der Granulome selbst- verstgndlieh aueh keine spezifisehen Gegenstoffe hgtten naehgewiesen werden kSnnen. Auf den ersten Einwurf sei erwidert, dab die Teehnik und vor allem aueh die bakteriologisehe vor der Anwendung sehr genau studiert wurde, und daft sie sieh nach M6glichkeit an die amerikanischen Versuchsanordnungen anlehnte. Rosenow legt zur ErhalLung der Spezi- fitat (der elektiven Lokalisation) groften WerL auf anaerobe Ztiehtung der Streptokokkenstgmme, gibt aber selbst zu, dM3 sie bei aerober Zfieh- tung erst allmghlich verlorengeht. Wit glaubten diese Fehlerquelle zu umgehen, indem wit die Ztiehtung sehr sehnell vornahmen und die Kul- turen frisch verarbeiteten.

Aueh der die GrSBe des gebrauchten Tiermaterials berficksichtigende Einwurf ist nieht ganz stiehhaltig. Die Zahl der Kaninehen war immerhin so groft, dab wenigstens in dem einen oder anderen Fall ein positives Er- gebnis sieh hgtte zeigen mfissen. Bei einer sehr groften Zahl yon Ver- suehstieren ware nat, iirlieh die Wahrscheinliehkeit yon Hautlokalisationen grSfter gewesen. Es ware dann abet aueh dem Zufall ein weiterer Spiel- raum gegeben worden und die ZufMlsbefunde an tier H~ut hgtten dann ebenfalls des zwingenden Beweises entbehrt. Das Spiel des Zufalls zeigt die Tatsaehe, dab bei unseren Kontrollen ein mit gewShnliehen Mund- streptokokken behandeltes Tier Hauterseheinungen zeigte nnd dab bei Kaninehen auch ohne Injektion yon Streptokokken gelegen~lieh I-Iaut- erkrankungen auftreten kSnnen.

Was nun sehlieBlieh den Einwurf angeht, naeh Entfernung der Gra- nulome hgtten im Blute oder in der I-Iaut keine spezifisehen Stoffe mehr naehgewiesen werden k/Snnen, so sei erwahnt, dab in Ias$ allen Ffi.llen die Granulome in mehreren, einige Tage auseinanderliegenden Sitzungen

Archiv f. Dermatologie u. Syphilis. Bd. 157. 13

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194 A.M. Memmesheimer: Experimentelle und klinische 15ntersuchungen

entfernt wurden. Die Serumversuehe wurden sehon vorgenommen, wenn ein Teil der Granulome noeh im Organismus vorhanden war. Es ist allerdings zuzugeben, dag in solehen F~llen die Quantit~t der naeh- zuweisenden Stoffe geringer sein mag und dab sie dadureh dem Naeh- weis leiehter entgehen k6nnen, zumal ganz allgemein bei Streptokokken- infektionen und somit aueh bei einer l~okalinfektion mit Strepto- kokken solehe Stoffe sehwer naehweisbar sind. In manehen Fgllen ge- lingt der Naehweis abet doeh, wie unsere F~lle 29 und 33 lehren.

Diese letztgenannten F~lle beweisen, dag das Ergebnis unserer Arbeit vor weiteren Forschungen auf diesem sehwierigen Gebiet nieht abzuhalten braucht. Wie sehen hier, wie die meisten Blut- und tIautproben mehr oder weniger stark positiv ausfMlen, soweit sie sieh auf den eigenen Streptokokkenstamm beziehen. Aus den Tierversuehen geht die starke Virulenz der Stgmme hervor, da die gr6gte Zahl der Tiere starb und die Streptokokkeninfektion als Todesursaehe anzusehen war. Zu einer den Zusammenhang beweisenden elektiven Lokalisation kam es aber aueh hier nieht. Fiir die Beziehung zwisehen Erkrankung und tterdinfektion bei den beiden Patienten sprieht aber aueh das therapeutisehe Ergebnis, denn bei beiden kam es naeh Entfernung der Granulome zu einer Dauer- heilung. Den Zusammenhang fassen wir nun nieht so auf, Ms ob die Streptokokken selbst die Ekzemerreger wgren und aueh nieht so, dab das Ekzem Ausdruek einer Antigen-AntikSrperreaktion im Sinne Blochs w~re mit Streptokokkentoxinen als urs~ehlichem Antigen. Die Strepto- kokken seheinen mehr, wie es in einem Iriiheren Absehnitt sehon ange- deutet wurde, den K6rper ffir eine andere schgdigende Substanz empfind- tieh zu maehen. Naeh den Ansehauungen Blochs geniigt zur Erkl~rung des Ekzems nieht Mlein die Annahme einer Antigen-AntikSrperreaktion. Es bliebe bei dieser Annahme ungeklgrt, weshMb es immer nur bei einem Teil der Mensehen zu einer solehen Reaktion kommt and weshalb bei dem einen Antik6rper gegeniiber irgendeiner fiir die Haut sehgdliehen Substanz entstehen und bei dem anderen nieht. Wie Bloch selbst sagt, l~gt sieh aus diesem Grunde neben anderen auch der dispositionelle Fak- for bei den versehiedenen ErklgrUngsversuehen noeh nicht umgehen. Man mug deshalb bei dem Zustandekommen einer Sensibilisierung immer gleichzeitig mehrere Ursaehen annehmen. Um einen Vergleieh zu gebrauehen: Haben wit ein Gefgg mit Wasser, das genau bis zum lgande gefiillt ist, dann geniigt unter Umstgnden eine kleine Menge von Fl~ssigkeit, es zum Uberlaufen zu bringen. Sind zum Ausbrueh eines Ekzems mehrere l%ktoren notwendig, dann geniigt das Hinzu- treten eines einzigen, um einen vorher sehlnmmernden Komplex plStz- lich manifest und das Ekzem in Erseheinung treten zu lassen. Als solche hinzutretenden oder ausl6senden l~aktoren k6nnten wohl die Toxinwirkungen, yon Zahn- oder anderen Infektionsherden ausgehend,

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fiber die Beziehungen zwischen fokaler Infektion und Hautkrankheiten usw. 195

in ]3e~racht kommen. Die re la t iv hohe Zahl der zahnwurze lkranken

Ekzemat iker sprieht daffir. En t f e rnen wir die sehgdigende Wi rkung der

St reptokokkeninfekt ion, d a n n verschwinden die Erscheinungen, die An- ~igen-AntikSrperreakt ion bleibt la tent , der Kranke gesundet . Die Er- folge der therapeut isehen E n t f e r n u n g legen solche ~ber l egungen nahe, w e n n m a n nieh~ fernerliegende Ursachen, wie Prote inkSrperwirkung

durch den Operationsreiz, bessere Pflege des Mundes u n d des ganze~l K6rpers nach der Zahnbehand lung n n d ~hnliehes, zur Erkl~xung

heranziehen will.

Zusammen]assung.

Die be~ 33 besonders ausgesuchten Elczempatienten u n d der g]eichen Zahl anderer H a n t k r a n k e n angestel l ten 1RSntgenuntersuchungen zeigten bei der Ekzemgrnppe einen weitaus grS/3eren Prozentsatz yon Zahnwurzel- in/izierten als bei der Kontrol lgruppe. Bakteriologisehe und serologische Untersuchungen , Naehforsehungen auf freie u n d zel]st~ndige Ant i - kSrper gegenfiber den aus Zahngranu lomen geziiehteten Streptokokken- s t~mmen h a t t e n n u t bei 2 yon 14 Pa t i en t en ein gewisses Ergebnis. Die

therapeutische Granulvment/ernung war bei 5 yon 15 F~llen erfolgreieh. Aueh diese geringe Zah110ositiver Ergebnisse e rmut ig t zu weiteren Unter-

snehungen auf diesem Gebiet. Bei den chroniseh rezidivierenden Ek- zemen ist auf die E n t f e r n u n g yon Infekt ionsherden ira KSrper Wer t

zu legen.

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