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Experimentelle und quasi-experimentelle Designs Barbara Werewka Christian Barnet

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Experimentelle und quasi-experimentelle Designs

Barbara WerewkaChristian Barnet

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Varianzkontrolle (Kerlinger 1976)

Bestimmung von Vergleichsgruppen

Modus der Aufteilung von Untersuchungspersonen auf die Vergleichsgruppen

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Designklassen

Vor-experimentelle Designs Experimentelle Designs Quasi-experimentelle Designs

Grundproblematik bei allen Designs: Neutralisierung eventuell verzerrender Effekte

von Drittvariablen

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Vorexperimentelle Designs

Begriff geschaffen von Campbell und Stanley (1963)

Vorexperimentelle Designs genügen nicht wissenschaftlichen Anforderungen an die Methodik der Hypothesenprüfung

Dieser unzureichende Designtyp lässt mehrere Fehlerquellen gut erkennen

Fehlen von Vergleichsmöglichkeiten Unvollständige Tabelleninformationen Keine Vergleichs- und Kontrollgruppen

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Prototyp eines vorexperimentellen Designs - XO Design

X – experimenteller StimulusO – Beobachtung: Messung einer abhängigen

Variable

Die Unabhängige Variable besteht nur aus einer Kategorie.Damit sind die Vergleiche nicht möglich, da die Auswirkungen einer zweiten Kategorie nicht beobachtet werden.

Es werden scheinbar Vergleiche suggeriert, die Angaben sind jedoch unvollständig.

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Beispiele von XO - Designs

ADAC glaubt – schnelles Autofahren ist nicht gefährlich, denn die meisten Autounfälle ereignen sich bei moderaten Geschwindigkeiten.

Ein Reisemagazin rät, sich bei Autofahrten kurz vor dem Ziel besonders zu konzentrieren. Empfehlung basiert auf Statistik, wonach die meisten Unfälle im Umkreis von 30 Km vom Wohnort passieren.

„Spiegel“ berichtet, 50% der verunglückten Skifahrer, die im Kantonspital Chur behandelt werden, sind Deutsche.

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Beispiele von XO - Designs

Alle drei Beispiele beruhen auf einem gravierendem Denkfehler

Beim XO - Design ist die Varianz der unabhängigen Variable 0.

Damit lassen sich keine Zusammenhangshypothesen überprüfen und keine Effekte abschätzen.

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Beispiele von XO - Designs

AutounfälleTempo

100 200ohne Unfall

mit Unfall

Frage: Ist die Unfallwahrscheinlichkeit bei Tempo 200 tatsächlich gering?

? ?

100 10

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Beispiele von XO - Designs Skiunfälle

Deutschland Lichtenstein Andere

nein 8950

ja 1000

5500 50 4440 9950

Frage: Ist die Unfallwahrscheinlichkeit bei der Deutschen Skiurlauber tatsächlich so hoch?

4950 40 3960

550 10 440

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Experimentelle Designs Nutzen von Experimenten

Experimente sind der einzige sichere Weg zur Überprüfung (Falsifikation) von Hypothesen. Sie ermöglichen die Untersuchung von Kausalität. (Prinzip von Ursache/Wirkung)

Charakteristisch für ein Experiment ist Es gibt mindestens 2 Gruppen (Versuchs- und Kontrollgruppe) Zuordnung zu den Gruppen geschieht durch Zufall

(Randomisierung) Aktive Variation der UV durch den Versuchsleiter und

Registrierung des Effektes der Veränderung Ausschalten von Wirkungen anderer Variablen (Störvariablen) Experimente sollten replizierbar sein (wiederholbar mit

gleichem Ergebnis) => Reliabilität

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Experimentelle Designs Bestandteile

Versuchsperson / Teilnehmer Versuchsleiter / Experimentator Unabhängige Variable (Faktor, Bedingung):

Dies ist die Variable die vom Forscher aktiv verändert wird. Sie hat mindestens 2 Ausprägungen (Vorhanden sein / nicht Vorhanden sein)

Abhängige Variable: Bei dieser Variable soll der Effekt der Veränderung der UV beobachtet

werden. Die Reaktion der AV (Messung der Veränderung) ist also das zu beobachtende Ereignis.

Störvariable: Dies ist eine Variable die ebenfalls die AV beeinflusst, deren

Auswirkung aber im derzeitigen Experiment nicht erforscht wird und daher neutralisiert werden muss.

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Experimentelle Designs Ausprägungen

BlindversuchDen Versuchspersonen (Probanden) ist nicht bekannt, ob sie in der Versuchs- oder in der Kontrollgruppe sind bzw. die Probanden sind über die zu prüfende Hypothese nicht informiert

DoppelblindversuchZusätzlich zu den Probanden ist auch dem Versuchsleiter die zu prüfende Hypothese nicht bekannt bzw. auch er weiß nicht, ob er eine Versuchs- oder eine Kontrollgruppe leitet.

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Experimentelle Designs

Mehrere Versuchsgruppen

Es gibt auch Experimente mit mehreren Versuchsgruppen. In diesen Fällen ist jede einzelne Gruppe zugleich Versuchsgruppe betreffend einen experimentellen Stimulus (X1,X2,..,Xn) und Kontrollgruppe im Verhältnis zu der anderen Versuchungsgruppen.

R X1 O1 Versuchsgruppe 1 R X2 O2 Versuchsgruppe 2. . .. . .R Xm Om Versuchsgruppe n

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Experimentelle Designs

Mehrere VersuchsgruppenBeispiel :

Überprüfung zweier oder mehrer unterschiedlichen Unterrichtsmethoden auf die Lernleistung von Schülern.

R - Zufallsverfahren bei der Zuweisung der Schülerinnen und Schüler (Probanden) auf die Versuchsgruppen

X1,X2,Xm – die unterschiedlichen Unterrichtsmethoden (experimentelles Stimulus)

O1,O2,Om – die unterschiedlichen Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler (Beobachtungen)

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Problem der Scheinkorrelation

Die Beobachtung (O) ist nur scheinbar Ergebnis bzw. Auswirkung des experimentellen Stimulus X. Tatsächlich hat der unbekannte Drittfaktor Z das Ergebnis (die Beobachtung) herbeigeführt.

+ X (experimentelle Stimulus)

Z(Unbekannte Drittfaktor)

+ O (Beobachtung)

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Scheinkorrelation

Beispiel: Berufsfortbildungsprogramm für Arbeitslose (ohne Randomisierung)

Zu überprüfende Hypothese: Auswirkungen von Berufsfortbildungsprogrammen auf Wiederbeschäftigungschance.

X 1 – Teilnahme an BerufsfortbildungsprogrammX 2 – keine TeilnahmeO - Wiedereinstellung

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Scheinkorrelation: Beispiel

X x1 (Versuchsgruppe) Arbeitslose mit Berufsfortbildungskursx2 (Kontrollgruppe) Arbeitslose ohne Berufsfortbildungskurs

Z (unbekannter Drittfaktor) : unterschiedliche Vor-Qualifikationen bzw. unterschiedliche Motivation der Probanden.

+ X Kursteilnahme

Z

+ O Beschäftigungschance

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Scheinkorrelation: Beispiel

Beispiel: Berufsfortbildungsprogramm für Arbeitslose (mit Randomisierung)

R X x1 (Versuchsgruppe mit Kurs, Beschäftigungschance)R x2 (Versuchsgruppe ohne Kurs, Beschäftigungschance)

Durch die Randomisierung bei der Ziehung von Versuchs- und Kontrollgruppen wird der unbekannte Drittfaktor Z ausgeschlossen. Nunmehr lässt sich eine Korrelation zwischen Fortbildungskurs und Beschäftigungschance herstellen. Weiteres besteht die Möglichkeit die Störvariable mitzuerheben oder konstant zu halten um Effekte damit zu eliminieren.

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Weitere Fehlerquellen und deren Ausschluss Variable Z, die trotz Randomisierung nicht neutralisiert werden

kann z. B.: Die Entmutigung der Arbeitslosen fällt durch regelmäßige

Kursbesuche nicht so stark aus, wie wenn sie „sich selbst überlassen“ sind

Hawthorne – Effekt, Verzerrung durch Reaktivität Ende der 20er Jahre in den Hawthorne Werken der Western Electric

Company entdeckt. Sagt aus, dass Versuchspersonen ihr Verhalten verändern können, sobald sie merken, dass es sich um ein Experiment handelt.

Randomisierung verzerrt das Ergebnis Z. B.: Diejenigen die nicht am Kurs teilnehmen dürfen, fühlen sich als

Verlierer Bei geringen Fallzahlen kann die Randomisierung missglücken

D. h. wenn die Gruppengrößen nicht groß genug sind

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Strategien zur Problemlösung

Variable Z : Weitere Experimente durchführen

Hawthorne – Effekt: Blind- und Doppelblindversuche

Verzerrung durch Randomisierung: eher Ausnahme

Missglückte Randomisierung: Kombination von Randomisierung und Matching (z. B.: Bei Verteilung

auf Gleichmäßigkeit des Geschlechts achten)

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Interne und externe Validität

Interne Validität: Ausblendung von Störvariablen.

ist hoch, wenn es gelingt alles, außer der unabhängigen Variable, in den verschiedenen Versuchsanordnungen/ Versuchsgruppen gleich zu lassen. => Der Schlüssel eines „guten“ Experimentes.

Externe Validität: Generalisierbarkeit experimenteller

Effekte. D. h. Inwieweit ist die Experimentsituation auf natürliche Situationen und andere Menschen anwendbar.

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Vor- und Nachteile der experimentellen Designs

Vorteile: Die Möglichkeit selbst aktiv eine Ursache (unabhängige

Variable) zu gestalten und die Wirkung genau dieser einen Variable zu erforschen. => Kausalitätsforschung

Neutralisierung von Drittvariablen.

Nachteile: Das Problem der externen Validität Das Problem der Reaktivität (Hawthorne) Hoher Aufwand bei simultaner Prüfung praktische oder ethische Gründen als Hindernisse bei

Durchführung.

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Experimentelle Spieltheorie

„mamihlapinatapai“ („Jeder erwartet von jemand anderem, dass dieser etwas tut, was alle wünschen, aber keiner bereit ist zu tun“)Verantwortungsdiffusion/FreiwilligendilemmaExperiment von Darley und Latané (1968) (Diekmann, S. 304ff)

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Versuchsanordnung

Hypothese: „Je größer die Zahl der Zuschauer in einer Hilfeleistungssituation, desto geringer die (individuelle) Wahrscheinlichkeit dass eine bestimmte Person Hilfe leistet“

Vorgespieltes Experiment „Diskussion über das College-Leben“

2er, 3er, 6er Gruppen von Studenten (wobei immer nur 1 Versuchsperson war, die Anderen eingeweihte Mitarbeiter)

Diskussion über Mikrofone in getrennten Räumen Notsituation wurde vorgetäuscht (epileptischer Anfall) Aufzeichnung der Reaktionen der Versuchspersonen

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Hilfeleistungen

2er Gruppe (85 %) 3er Gruppe (62 %) 6er Gruppe (31 %)

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Quasi-Experimente

Definition: „Versuchsanordnungen die dem Vorbild des Experimentes nahe kommen und der experimentellen Logik folgen, jedoch nicht die strengen Anforderungen an das experimentelle Design erfüllen.“ (Diekmann, S.309)

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Quasi-Experimente

Unterschied zum Experiment Es wird auf die Randomisierung (d. h. die zufällige Zuteilung von

Versuchspersonen in Versuchs- oder Kontrollgruppe) verzichtet. Grund: die Zufallszuteilung ist in vielen Fällen (vor allem in

Feldforschung, z. B. Aufteilung der Schüler in Schulklassen nicht beeinflussbar) nicht möglich. Die Gruppenaufteilung erfolgt nach natürlich vorhandenen Eigenschaften bzw. Selbstselektion

2 Hauptvertreter Vorher-Nachher-Messung mit Versuchs- und Kontrollgruppe

ohne Zufallsaufteilung („Förderunterricht“) Zeitreihen-Experiment („Schwarzfahrer“)

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Zeitreihenanalyse

Die abhängige Variable wird zu mehr als 2 Zeitpunkten gemessen. (z. B. 7 Messungen und in der 4en wird die unabhängige Variable eingeführt)

Es wird der Trend vor und nach der Maßnahme gemessen

Probleme bei der Resultatsinterpretation (Diekmann, S. 316ff)

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Vorteile von Quasi-Experimenten

Eignet sich besonders für Untersuchungen im natürlichen Umfeld (besser als Experimente) da dort die Zufallszuteilung oft nicht gemacht werden kann

Hohe externe Validität

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Nachteile und Probleme von QU-E Verzerrungseffekte durch Drittvariablen

Selbstselektion Z. B.: Melden sich nur fleißige Schüler freiwillig zum

Förderunterricht Systematische Ausfälle

Z. B.: schwächere Schüler brechen den Förderunterricht ab (dadurch würde sich Erfolgsquote „verbessern“)

Regressionseffekte „statistische Tendenz zur Mitte“

Z. B.: Eine Abweichung von Extremwerten ist leichter möglich als von mittleren Werten. Ein 1er Schüler kann sich eigentlich nicht mehr verbessern, ein 5er Schüler nicht mehr verschlechtern.

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Lösungsversuche

Gruppen-Matching / Paarweises Matching Es wird versucht die Gruppen bezüglich bestimmter

Störvariablen möglichst gleichartig aufzubauen Nachträgliche Kontrolle von Drittvariablen durch multivariate

statistische Verfahren Die verzerrenden Merkmale müssen bekannt sein Es müssen bereits Messungen für diese Merkmale vorliegen

Zeitreihen-Experimente (je längerfristiger desto genauer) Aktive Überwachung der nicht kontrollierten Störfaktoren (z. B.

Beobachtung vom Eintritt punktueller unerwarteter Ereignisse) Formulierung möglichst klarer Erwartungen an die Daten

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Prüfungsfragen

Erklären sie die Begriffe der internen und externen Validität.

Unterscheiden Sie das Konzept des Experiments von nicht-experimentellen Methoden

Zeigen sie die Vor- und Nachteile der Quasi-Experimente auf, sowie Möglichkeiten deren Schwächen zu vermindern.