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702 Kurze wissenseh~ftliche Mitteilungen. Klinisehe Wochenschrift SCHLUSSWORT ZU VORSTEHENDE ARBEIT VON G. WILHELML Von G. BOR~N~, Mfinster i. ~VestL Ffir den yon DIE~E~ANN beschriebenen Todesfall maeht W~L~L~I eine besondere Empfindliehkeit des Patienten ver- antwortlieh. Unter Berticksichtigung des untersehiedliehen Ausfalls der Versuehe an M~usen seheint eine versehiedene Empfind]iehkeit aueh in Tierversuchen eine erhebliehe Rolle zu spielen. Selbstverst~ndlieh dfirfen die Ergebnisse yon Ver- suchen mit Tieren nicht ohne weiteres auf die Verhi~ltnisse beim Menschen fibertragen werden; trotzdem kann die in diesem Fall zu ziehende Folgerung nur besagen, dab eben wegen der offenbar bei Mensch und Tier gegebenen MSgtich- keit gesteigerter ~ Empfindlichkeit, welehe ja nieht yon vorn- herein erkannt bzw. ausgesehlossen werden kann, erhebliehe Vorsieht geboten ist, vor atlem, wenn mehrere fakultativ krampferregende Stoffe appliziert werden. Gerade auf diesen Umstand sollte aber dutch die kurze Mitteilung hingewiesen werden. KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN. EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN ZUR ANTI- THYREOIDALEN WIRKUNG VON KALIUMPERCHLORAT. Von HAYS KLEINSORG und HANs-LuDwI£~ KR~SKEMPER. Aus der Medizinisehen Klinik der Universit~t G6ttingen (Direktor: Prof. Dr. R. SCHOEN). (Eingegangen am 8. Juni 1954.) Bei Untersuehungen fiber die Beeinflussung der Jodspei- eherung der Sehflddrfise dureh Anionen fanden STA~BV~V und WY~OA~D~N 1, daB besonders das Perehlora~ion die Auf- nahme yon J~a~ durch die Schilddrfise hemmt. Dieser Effekt trat sowohl naeh einmaliger als auch naeh Ianger dauernder Zufuhr dieser Substanz auf ~. Da das Perehloration im Gegen- satz zum Chtoration keiae Meth~mog]obinbildungverursacht a, erschien eine n~there Analyse der arttithyreoidalen Wirkung des Perchlorats angezeigt, zumal toxische Nebenerseheinungen bei Anwendung der heute gebr/~ueh]ichen antithyreoidalen Stoffe relativ h~ufig ~ zu einer Unterbrechung der Therapie der Hyperthyreosen zwingen. Die vorliegendert Untersuchungen wurden an 125 weiBen, m~nnliehen Inzuehtratten (100--130 g), die bei eiaer Stun- darddi/~t gehalten wurden, durchgefiihrt. Kaliumperehlorat wurde in wgBriger LSsung in t~glich 2maliger peroraler Ver- abfolgung (Schhmdsonde) in einer Tagesdosis vort 100 mg/kg (Normaltiere) bzw. 250mg/kg (hypophysektomierte Tiere*) gegebem Toxisehe Allgemeinerscheirmngen (Gewiehtsvertust, In- appetenz, Drfisenschwellungen, L~hmungen, Durchf/~lte) wur- den aueh nach 4wSchiger Ffitterung vermiBt. Blutbfldver- gnderungen (Leukopenie, An~mie) kamert unter tier ange- gebenen Dosierung nich?~ zur Beobaehtung. Histotogiseh wiesen Leber und Niere keine pathologisehen Ver~nderungen auf. Die allgemeine Spontaneit~t der Tiere lieB mit zuneh- mender Behandlungsdauer geringgradig nach. Der Gewichts- zuwachs w/ihrend der Untersuchung war bei Versuchs- und Kontrolltieren yon gleichem AusmaB. Zur Frage der Beeinflussung des Gewebsstoffwechsels an- gestellte Untersuchungen haben bei Messung der Leberatmung (manometrisch nach W~v~o) ergeben, dab der Qo~ mit zu- nehmender Behandlungsdauer absinkt (s. Tabelle 1). Aueh bei hypophysektomierten Tierert wird durch Kaliumperchlorat die ar~ und flit sich schon gegen/iber der Norm herabgesetzte Gewebsatmung der Leber noch welter gesen&t (h)23ophys- ektomierte Tiere: Qo~: 5,65~:0,156; hypophysektomierte Tiere -}- KCIOa (10 Tage): Qo~: 5,28:]:0,162; 79der Differenz: 0,1), allerdings ist diese Differenz statistiseh nieht sigrfi- fikant. Dagegen wird der stoffwechselsteigernde Effekt yon par- enteral in hoher Dosiertmg (0,3 rag/100 g/Tag) appliziertem Thyroxin durch Kaliumperehlorat laJeht vermindert. Au iso- liertem Lebergewebe normaler Tiere 1/~Bt sich m~t Kalium- perchlorat (5-10-Sm bis 5.10-a m) keine Beeinfiussur~g der Atmung erzielen. Das Schilddrfisengewicht der Normaltiere steigt n~ch 2- bzw. 4wSehiger Xaliumperchloratgabe um etwa 83 % bzw. 116% an (s. Tabelle 1). Histologiseh eutspricht dieser Ge- wichtszunahme das Bild einer aktivierten Schflddriise mit Kolloidsehwund und ErhShung des Follikelepithels. An hypo- physektomiertea Ratten ~4rd im Gegensatz zu den Normal- tieren dureh Kaliumperehlorat keine _~derung des Sehild- * Fiir die .~berlassung der hypophysektomierton Ratten danken wit den ~arbwerken Hoechst. Tabelle 1. Verhalten von Leberatmung und Schilddri2sengewicht mdinnticher A lbinoratten nach Verab/otgung ~vn Kaliumperehtorat. Statistische Auswertung nach PX~AV ~ (*: schwach signifi- kant, ** signifikant, *** hoch signifikaut). Qo~ (Leber) p K/A: 0,003"* pK/B: 0,001"** p A/B: 0,012" Schilddriise (mg/100 g Ratte) K/A: 0,003"* p K/B: < 0,001"** p A/B : 0,14 Kontrollen (K) 6,99~=0,172 n= 10 8,51~0,135 n= 10 KCIO, (100 mg/kg Ratte je Tag) 2 Wochen (A) 4 Wochen (B) 6,23~ 0,146 n~ 10 15,52± 1,826 n==-5 5,64± 0,153 n= 10 18,34:k 1,498 n:5 driisengewichts hervorgerufem Die durch Thyroxhl am Nor- maltier ia hoher Dosierung bewirkte Involution der Schfld- drfise wh'd dureh gleichzeitige Gaber~ yon Kaliumperchlorat nicht beein~luBt. Die antithyreoidale Wirktmg yon Kaliumperehlorat ist am ehesten fiber eine Hemmung der Thyroxinsynthese zu erkli~ren. Ffir diese AnJaahme sprechen die Herabsetzung der Jodspei- eherung in der Schilddriise 1 und das Absinke~ des Gewebs- stoffwechsels, w~hrend eine periphere Wirkung auf Gru~d der fehlenden direkten Beeinfiussung sowohl der Gewebsatmung als aueh der dureh parenteral zugefiihrtes Thyroxin bedingten Stoffwechselsteigerung unwahrseheinlieh ist. Die nach Ka- liumperehloratgaben beobachtete Hyperplasie der Sehilddrfise ist hypophysar bedingt; sie bleibt am hypophysektomierten Tier aus. Auch die bei hypophysektomierten Tieren beob- aehtete, statistiseh jedoch nieh£ gesieherte Abnahme der Leber- atmung naeh Kaliumperchloratapplikation k61mte f/it eine Blockierung der Thyroxinsynthese sprechen, wobei die Frage often bleiben mul~, inwieweit die aueh naeh der Hypophys- ektomie noeh vorhandene geringgradige Thyroxinsynthese in der Schilddrfise ~ oder eine extrathyreoidale Bflduag yon Thyroxin~ betroffen wird. Eine ausfiihrhehe Darstellung der gewor,~uenenErgebrdsse wird an anderer Stelle erfolgen; die histologischea Beluade an Sehilddriise und anderen Organen werden gemeinsam mit W. EG~R mitgeteilt. Literatur. ~ STA~nV~Y, J.B., and J. B. WYNGAARDEN: Metabolism 1, 533 (1952). -- ~ WY~GAA~D~, J.B., B. ~L WzIG~T and P. WAYs: Endocrinology 50, 537 (1952). -- 3 EItheR, O. : Handbuch der experimentellen Pharmakologie, Erg.-Werk. Bd. 10. Berlin-GSt~ingen-Heidelberg: Springer 1950. -- 4 BARRELS, E.C., and G. C. I~og~2~: Lahey Clin. Bull. 6, 174 (1949). --- 5 CHAIKOFF,I. L., A. TAVROGand W. O. REt~HARDT: Endocrinology 40, 47 (1947). -- s LOESER, A. : Dtseh. reed. Wschr. 1950, 36, 77. -- v P:4TAU,K.. Z. Biol. 62, 153 (1943).

Experimentelle Untersuchungen zur antithyreoidalen Wirkung von Kaliumperchlorat

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702 Kurze wissenseh~ftliche Mitteilungen. Klinisehe Wochenschrif t

S C H L U S S W O R T ZU V O R S T E H E N D E A R B E I T VON G. W I L H E L M L

Von

G. B O R ~ N ~ , Mfinster i. ~VestL

Ffir den yon DIE~E~ANN beschriebenen Todesfall maeht W~L~L~I eine besondere Empfindliehkeit des Patienten ver- antwortlieh. Unter Berticksichtigung des untersehiedliehen Ausfalls der Versuehe an M~usen seheint eine versehiedene Empfind]iehkeit aueh in Tierversuchen eine erhebliehe Rolle zu spielen. Selbstverst~ndlieh dfirfen die Ergebnisse yon Ver- suchen mit Tieren nicht ohne weiteres auf die Verhi~ltnisse beim Menschen fibertragen werden; trotzdem kann die in

diesem Fall zu ziehende Folgerung nur besagen, dab eben wegen der offenbar bei Mensch und Tier gegebenen MSgtich- keit gesteigerter ~ Empfindlichkeit, welehe ja nieht yon vorn- herein erkannt bzw. ausgesehlossen werden kann, erhebliehe Vorsieht geboten ist, vor atlem, wenn mehrere fakultativ krampferregende Stoffe appliziert werden. Gerade auf diesen Umstand sollte aber dutch die kurze Mitteilung hingewiesen werden.

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G E N .

EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN ZUR ANTI- THYREOIDALEN WIRKUNG VON KALIUMPERCHLORAT.

Von HAYS KLEINSORG und HANs-LuDwI£~ KR~SKEMPER.

Aus der Medizinisehen Klinik der Universit~t G6ttingen (Direktor: Prof. Dr. R. SCHOEN).

(Eingegangen am 8. Juni 1954.)

Bei Untersuehungen fiber die Beeinflussung der Jodspei- eherung der Sehflddrfise dureh Anionen fanden STA~BV~V und WY~OA~D~N 1, daB besonders das Perehlora~ion die Auf- nahme yon J~a~ durch die Schilddrfise hemmt. Dieser Effekt trat sowohl naeh einmaliger als auch naeh Ianger dauernder Zufuhr dieser Substanz auf ~. Da das Perehloration im Gegen- satz zum Chtoration keiae Meth~mog]obinbildung verursacht a, erschien eine n~there Analyse der arttithyreoidalen Wirkung des Perchlorats angezeigt, zumal toxische Nebenerseheinungen bei Anwendung der heute gebr/~ueh]ichen antithyreoidalen Stoffe relativ h~ufig ~ zu einer Unterbrechung der Therapie der Hyperthyreosen zwingen.

Die vorliegendert Untersuchungen wurden an 125 weiBen, m~nnliehen Inzuehtratten (100--130 g), die bei eiaer Stun- darddi/~t gehalten wurden, durchgefiihrt. Kaliumperehlorat wurde in wgBriger LSsung in t~glich 2maliger peroraler Ver- abfolgung (Schhmdsonde) in einer Tagesdosis vort 100 mg/kg (Normaltiere) bzw. 250mg/kg (hypophysektomierte Tiere*) gegebem

Toxisehe Allgemeinerscheirmngen (Gewiehtsvertust, In- appetenz, Drfisenschwellungen, L~hmungen, Durchf/~lte) wur- den aueh nach 4wSchiger Ffitterung vermiBt. Blutbfldver- gnderungen (Leukopenie, An~mie) kamert unter tier ange- gebenen Dosierung nich?~ zur Beobaehtung. Histotogiseh wiesen Leber und Niere keine pathologisehen Ver~nderungen auf. Die allgemeine Spontaneit~t der Tiere lieB mit zuneh- mender Behandlungsdauer geringgradig nach. Der Gewichts- zuwachs w/ihrend der Untersuchung war bei Versuchs- und Kontrolltieren yon gleichem AusmaB.

Zur Frage der Beeinflussung des Gewebsstoffwechsels an- gestellte Untersuchungen haben bei Messung der Leberatmung (manometrisch nach W ~ v ~ o ) ergeben, dab der Qo~ mit zu- nehmender Behandlungsdauer absinkt (s. Tabelle 1). Aueh bei hypophysektomierten Tierert wird durch Kaliumperchlorat die ar~ und flit sich schon gegen/iber der Norm herabgesetzte Gewebsatmung der Leber noch welter gesen&t (h)23ophys- ektomierte Tiere: Qo~: 5,65~:0,156; hypophysektomierte Tiere -}- KCIOa (10 Tage): Qo~: 5,28:]:0,162; 79 der Differenz:

0,1), allerdings ist diese Differenz statistiseh nieht sigrfi- fikant.

Dagegen wird der stoffwechselsteigernde Effekt yon par- enteral in hoher Dosiertmg (0,3 rag/100 g/Tag) appliziertem Thyroxin durch Kaliumperehlorat laJeht vermindert. Au iso- liertem Lebergewebe normaler Tiere 1/~Bt sich m~t Kalium- perchlorat (5-10-Sm bis 5.10 -a m) keine Beeinfiussur~g der Atmung erzielen.

Das Schilddrfisengewicht der Normaltiere steigt n~ch 2- bzw. 4wSehiger Xaliumperchloratgabe um etwa 83 % bzw. 116% an (s. Tabelle 1). Histologiseh eutspricht dieser Ge- wichtszunahme das Bild einer aktivierten Schflddriise mit Kolloidsehwund und ErhShung des Follikelepithels. An hypo- physektomiertea Ratten ~4rd im Gegensatz zu den Normal- tieren dureh Kaliumperehlorat keine _~derung des Sehild-

* Fiir die .~berlassung der hypophysektomierton Ra t t en danken wit den ~arbwerken Hoechst.

Tabelle 1. Verhalten von Leberatmung und Schilddri2sengewicht mdinnticher A lbinoratten nach Verab/otgung ~vn Kaliumperehtorat.

Statistische Auswertung nach PX~AV ~ (*: schwach signifi- kant, ** signifikant, *** hoch signifikaut).

Qo~ (Leber) p K/A:

0,003"* pK/B:

0,001"** p A/B:

0,012"

Schilddriise (mg/100 g Ratte) K/A:

0,003"* p K/B:

< 0,001"** p A/B : 0,14

Kontrollen (K)

6,99~=0,172 n = 10

8,51~0,135 n = 10

KCIO, (100 mg/kg Rat te je Tag)

2 Wochen (A) 4 Wochen (B)

6,23~ 0,146 n ~ 10

15,52± 1,826 n==-5

5,64± 0,153 n = 10

18,34:k 1,498 n : 5

driisengewichts hervorgerufem Die durch Thyroxhl am Nor- maltier ia hoher Dosierung bewirkte Involution der Schfld- drfise wh'd dureh gleichzeitige Gaber~ yon Kaliumperchlorat nicht beein~luBt.

Die antithyreoidale Wirktmg yon Kaliumperehlorat ist am ehesten fiber eine Hemmung der Thyroxinsynthese zu erkli~ren. Ffir diese AnJaahme sprechen die Herabsetzung der Jodspei- eherung in der Schilddriise 1 und das Absinke~ des Gewebs- stoffwechsels, w~hrend eine periphere Wirkung auf Gru~d der fehlenden direkten Beeinfiussung sowohl der Gewebsatmung als aueh der dureh parenteral zugefiihrtes Thyroxin bedingten Stoffwechselsteigerung unwahrseheinlieh ist. Die nach Ka- liumperehloratgaben beobachtete Hyperplasie der Sehilddrfise ist hypophysar bedingt; sie bleibt am hypophysektomierten Tier aus. Auch die bei hypophysektomierten Tieren beob- aehtete, statistiseh jedoch nieh£ gesieherte Abnahme der Leber- atmung naeh Kaliumperchloratapplikation k61mte f/it eine Blockierung der Thyroxinsynthese sprechen, wobei die Frage often bleiben mul~, inwieweit die aueh naeh der Hypophys- ektomie noeh vorhandene geringgradige Thyroxinsynthese in der Schilddrfise ~ oder eine extrathyreoidale Bflduag yon Thyroxin ~ betroffen wird.

Eine ausfiihrhehe Darstellung der gewor,~uenen Ergebrdsse wird an anderer Stelle erfolgen; die histologischea Beluade an Sehilddriise und anderen Organen werden gemeinsam mit W. EG~R mitgeteilt.

Literatur. ~ STA~nV~Y, J.B., and J. B. WYNGAARDEN: Metabolism 1, 533 (1952). - - ~ WY~GAA~D~, J .B., B. ~L WzIG~T and P. WAYs: Endocrinology 50, 537 (1952). - - 3 EI theR, O. : Handbuch der experimentellen Pharmakologie, Erg.-Werk. Bd. 10. Berlin-GSt~ingen-Heidelberg: Springer 1950. - - 4 BARRELS, E.C., and G. C. I~og~2~: Lahey Clin. Bull. 6, 174 (1949). --- 5 CHAIKOFF, I. L., A. TAVROG and W. O. REt~HARDT: Endocrinology 40, 47 (1947). - - s LOESER, A. : Dtseh. reed. Wschr. 1950, 36, 77. - - v P:4TAU, K.. Z. Biol. 62, 153 (1943).