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363 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 11 (2007), Heft 6 1 Einleitung Die Zitadelle von Bam ist der größte Lehmbaukomplex auf der Welt. Sie befindet sich in Bam, einer Stadt in der Provinz Kerman im Südosten Irans. Die UNESCO hat sie 2004 in die Weltkulturerbeliste unter dem Ti- tel „Bam and it’s Cultural Landscape“ aufgenommen. Das ausgedehnte Zi- tadellenareal wurde wahrscheinlich schon um 500 v. Chr. genutzt und war bis ca. 1850 n. Chr. bewohnt. Am 26. Dezember 2003 wurde die Zitadelle durch ein Erdbeben der Stärke 6,7 auf der Richter-Skala fast vollständig zerstört, und mehr als 90 % der Lehmbauten stürzten ein. Übrig blieben nur wenige Wände und Pfeiler (s. Bild 1). Von den zahlreichen Bauwerken in der Zitadelle von Bam wurden von dem sog. Sistani-Haus; die Räume R 0.11 und R 0.12 in der nordwestli- chen Ecke für ein Pilotprojekt ausge- wählt (s. Bild 2). Um die bei einem Wiederaufbau notwendigen Ertüchtigungsmaßnah- men einschätzen und minimieren zu können,wurde die Kollapsanalyse ein- gesetzt und das Erdbeben vom De- zember 2003 simuliert. Vorgehensweise und Ergebnisse werden nachfolgend erläutert. 2 Methodik Die Simulation der Erdbebenbean- spruchung auf Bauwerke und die Analyse der Bruchsequenz sind von äußerster Wichtigkeit, um Schwach- stellen des Tragwerks zu identifizie- ren und um Vorschläge für eine Er- tüchtigung unterbreiten zu können. Während des Erdbebens treten kurzzeitig alternierend erhebliche Druck- und Zugspannungen auf, die durch Versagen des Materials zum Bruch von Bauteilen und Bauteilver- bindungen führen. Durch den Aufprall der kurzzeitig „schwerelosen“ Bauteile, durch den Verlust der wirksamen Bau- Wolfram Jäger Tammam Bakeer Festlegung von Ertüchtigungsmaßnahmen für erdbebengefährdete Bauwerke auf der Grundlage von Kollapsanalysen Nachdem das Erdbeben von Dezember 2003 der Zitadelle von Bam, dem größten Lehm- baukomplex der Welt, schwerste Schäden zufügte, wurden viele Maßnahmen zur Beräu- mung und zum Wiederaufbau der Anlage eingeleitet. Der hohe Zerstörungsgrad wirft die Frage nach der Ertüchtigung der Bauwerke beim Wiederaufbau auf. Um die Versagens- ursachen der Gebäude abklären zu können, wurde für zwei Räume eines Hauses eine Einsturzsimulation durchgeführt. Dabei kam die Diskrete Elementmethode (DEM) gekop- pelt mit der Finiten-Element-Methode (FEM) zum Einsatz. Für die Erdbebenanalyse wurde die Standard-Software LS-DYNA angewendet. Das Mauerwerk innerhalb der Diskreten Elemente ist mittels Makromodellierung verschmiert abgebildet worden. Die Elementie- rung wurde mit Hilfe einer CAD-Software erstellt, und zwar so, dass Versagensflächen Grenzflächen der Diskreten Elemente darstellen. Es wurde die Einsturzsimulation des Tragwerks zuerst im Originalzustand ohne Bewehrung durchgeführt, um die Schwach- stellen und die Bruchsequenz zu ermitteln. Danach erfolgte die schrittweise Ertüchti- gung durch Bewehrung aus Glasfaserstäben, die systematisch an verschiedenen Stellen angeordnet wurden, jeweils verbunden mit einer erneuten Analyse des Gesamtverhal- tens. Auf diese Weise konnte die minimal notwendige Bewehrung bestimmt werden, um den Einsturz bei einem erneuten Erdbeben gleicher Art und Stärke zu verhindern. Fachthemen DOI: 10.1002/dama.200700357 Bild 1. Bam vor und nach dem Erdbeben

Festlegung von Ertüchtigungsmaßnahmen für erdbebengefährdete Bauwerke auf der Grundlage von Kollapsanalysen

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363© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 11 (2007), Heft 6

1 Einleitung

Die Zitadelle von Bam ist der größteLehmbaukomplex auf der Welt. Siebefindet sich in Bam, einer Stadt inder Provinz Kerman im SüdostenIrans. Die UNESCO hat sie 2004 indie Weltkulturerbeliste unter dem Ti-tel „Bam and it’s Cultural Landscape“aufgenommen. Das ausgedehnte Zi-tadellenareal wurde wahrscheinlich

schon um 500 v. Chr. genutzt und warbis ca. 1850 n. Chr. bewohnt.

Am 26. Dezember 2003 wurdedie Zitadelle durch ein Erdbeben derStärke 6,7 auf der Richter-Skala fastvollständig zerstört, und mehr als 90 %der Lehmbauten stürzten ein. Übrigblieben nur wenige Wände und Pfeiler(s. Bild 1).

Von den zahlreichen Bauwerkenin der Zitadelle von Bam wurden von

dem sog. Sistani-Haus; die RäumeR 0.11 und R 0.12 in der nordwestli-chen Ecke für ein Pilotprojekt ausge-wählt (s. Bild 2).

Um die bei einem Wiederaufbaunotwendigen Ertüchtigungsmaßnah-men einschätzen und minimieren zukönnen, wurde die Kollapsanalyse ein-gesetzt und das Erdbeben vom De-zember 2003 simuliert. Vorgehensweiseund Ergebnisse werden nachfolgenderläutert.

2 Methodik

Die Simulation der Erdbebenbean-spruchung auf Bauwerke und dieAnalyse der Bruchsequenz sind vonäußerster Wichtigkeit, um Schwach-stellen des Tragwerks zu identifizie-ren und um Vorschläge für eine Er-tüchtigung unterbreiten zu können.

Während des Erdbebens tretenkurzzeitig alternierend erheblicheDruck- und Zugspannungen auf, diedurch Versagen des Materials zumBruch von Bauteilen und Bauteilver-bindungen führen. Durch den Aufprallder kurzzeitig „schwerelosen“ Bauteile,durch den Verlust der wirksamen Bau-

Wolfram JägerTammam Bakeer

Festlegung von Ertüchtigungsmaßnahmenfür erdbebengefährdete Bauwerke auf der Grundlage von Kollapsanalysen

Nachdem das Erdbeben von Dezember 2003 der Zitadelle von Bam, dem größten Lehm-baukomplex der Welt, schwerste Schäden zufügte, wurden viele Maßnahmen zur Beräu-mung und zum Wiederaufbau der Anlage eingeleitet. Der hohe Zerstörungsgrad wirft dieFrage nach der Ertüchtigung der Bauwerke beim Wiederaufbau auf. Um die Versagens-ursachen der Gebäude abklären zu können, wurde für zwei Räume eines Hauses eineEinsturzsimulation durchgeführt. Dabei kam die Diskrete Elementmethode (DEM) gekop-pelt mit der Finiten-Element-Methode (FEM) zum Einsatz. Für die Erdbebenanalyse wurdedie Standard-Software LS-DYNA angewendet. Das Mauerwerk innerhalb der DiskretenElemente ist mittels Makromodellierung verschmiert abgebildet worden. Die Elementie-rung wurde mit Hilfe einer CAD-Software erstellt, und zwar so, dass VersagensflächenGrenzflächen der Diskreten Elemente darstellen. Es wurde die Einsturzsimulation desTragwerks zuerst im Originalzustand ohne Bewehrung durchgeführt, um die Schwach-stellen und die Bruchsequenz zu ermitteln. Danach erfolgte die schrittweise Ertüchti-gung durch Bewehrung aus Glasfaserstäben, die systematisch an verschiedenen Stellenangeordnet wurden, jeweils verbunden mit einer erneuten Analyse des Gesamtverhal-tens. Auf diese Weise konnte die minimal notwendige Bewehrung bestimmt werden, umden Einsturz bei einem erneuten Erdbeben gleicher Art und Stärke zu verhindern.

Fachthemen

DOI: 10.1002/dama.200700357

Bild 1. Bam vor und nach dem Erdbeben

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teilverbindungen z. B. an Ecken unddurch die Biegebeanspruchung senk-recht zur Fläche wird dann der Ein-sturz der gesamten Struktur ausgelöst.

Die relativ kurze Dauer und derhohe Grad der Nichtlinearität verbun-den mit den Einwirkungen auf dasMauerwerk während des Erdbebensveranlassten die Autoren, die Model-lierung und die Analysen mit demmultivalent einsetzbaren Software-paket LS-DYNA durchzuführen. DieVerwendung einer genauen Lösungs-strategie schließt viele der numeri-schen Schwierigkeiten aus, die beimGebrauch von impliziten Lösungenauftreten können [1].

Für die Modellierung des Bau-werks wurde die Makro-Strategie überdie kombinierte Finite-Discrete-Ele-ment-Methode (FEM/DEM) [2] ge-wählt, um die Modellgröße und denBerechnungsaufwand in Grenzen zuhalten. Die Größe der diskreten Ele-mente wurde so gewählt, dass (nur)

ihre Randflächen mögliche Riss- bzw.Versagensflächen darstellen. Das Zu-sammenwirken ist über Kontaktele-mente abgebildet worden.

3 Modellierung mit LS-DYNA3.1 Geometrische Modellierung

Für die Simulation des Einsturzvor-ganges wurde das Bauwerk mittelsCAD-Werkzeugen in einzelne Bau-elemente (diskrete Elemente) unterden bereits genannten Gesichtspunk-ten aufgeteilt. Die diskreten Elementewurden in einer geeigneten Größe ge-wählt, um den Kollaps infolge Ver-sagens in festgelegten Flächen durchReißen oder Gleiten aufzuzeigen (s.Bild 3). Das Versagen der diskretenElemente selbst wird innerhalb diesergeprüft.

Als Form der diskreten Elementewurden ebenflächige Kuben gewählt,um ein einfaches Netz zu bekommen(s. Bild 4).

Dieses Netz ist mit 8-Knotenele-menten so regelmäßig wie möglichausgewählt worden, um Unschärfenaus der Geometriebildung auszuschal-ten.

3.2 Materialmodell

Lehmmauerwerk gehört zu den sprö-den Materialien, die durch Rissbildungplötzlich versagen. Für die Material-modellierung kam das „MAT_SOIL_AND_FOAM-Modell“ von LS-DYNAzum Einsatz. Es wurde für üblicheBöden, Schaum und Beton entwickelt(s. [3], [4], [5] und [6]) und dort erfolg-reich eingesetzt.

3.3 Kontakt-Modell

Das LS-DYNA-Kontakt-Modell„CONTACT_AUTOMATIC_SUR-FACE_TO_SURFACE_TIEBREAK“wurde genutzt, um das Versagen in denKontaktflächen der diskreten Mauer-werkselemente zu modellieren (s. [1],[4], [5] und [6]).

„TIEBRAK“ ist wirksam für Kno-ten, die sich zunächst berühren. Diein diesem Bereich liegenden Knotenhängen bis zum Erreichen des Versa-genskriteriums:

(1)

zusammen, wobei in Gl. (1) bedeuten:sn Normalspannungss Schubspannungfs Zugfestigkeit in Normalenrich-

tungft Schubfestigkeit

Nach diesem Versagen ist nur nochdie Reibung in der Verbindung wirk-sam.

s s

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2 2

1

Bild 4. FEM-Netz

Bild 2. Grundriss des Sistani-Hauses, die ausgewählten Bereiche für das Pilot-projekt sind rot markiert

Bild 3. Geometrie des Modells

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3.4 Erdbebenbelastung

Das Beschleunigungsdiagramm desErdbebens in Bam (05:26 am 26. De-zember 2003 in Bam, Provinz Kerman,Iran) stammt von der Seismogra-phischen Station in Bam (Nr.: 3168/02,[7]s. Bild 5). Das Epizentrum wurdebei 29,01 N und 58,26 E ermittelt.

Die Gesamtzeit der Erdbeben-belastung betrug 66,55 Sekunden undhatte eine Intensität von MW 6,7 aufder Richterskale. Die größten Ampli-tuden für die Längs-, Quer- und Ver-tikalkomponenten betrugen 778,2;623,4; bzw. 979,9 gal [8].

Die komplette L-Komponenteliegt in Ost-West-Richtung senkrecht

zu der verursachenden Erdfalte. DasBeben besaß eine sehr große Vertikal-komponente.

Um die Berechnungszeit zu redu-zieren, wurden die Untersuchungenauf die Erdbebenerregung zwischen15,7 und 30 Sekunden konzentriert, dahier die maximalen Beschleunigungs-werte auftraten (s. Bild 5).

4 Kollapsanalyse der unbewehrtenKonstruktion

Die in Bild 6 links dargestellte räum-liche Struktur aus Lehmmauerwerkstürzte fast vollständig unter demErdbeben zusammen. Die Gewölbesowie die höheren Mauerteile wur-

den zerstört. Nur kleine Teile dersenkrechten Mauern blieben stehen.

Die Zugfestigkeit und Haftscher-festigkeit an den Kontaktflächen zwi-schen einzelnen diskreten Elementendes LS-DYNA-Modells hatte keinenEinfluss, weil sie im Vergleich mitdem Reibungsanteil geringe Werteaufweisen.

Die Kollaps-Simulation mit LS-DYNA (s. Bild 6) zeigt, dass der Ein-sturz durch Umkippen der diskretenElemente nach Verust des Haftverbun-des während der Biegebeanspruchungsenkrecht zur Bauteilfläche und unzu-reichende Verbindung der Bauteile zubegründen ist. Diese Einsturzursachekann auch auf andere Gebäude aus

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Bild 5. Erdbebenverlauf gemäß Aufzeichnung Nr. 3168/02 der Seismographischen Station in Bam vom 26. 12. 2003 [7]

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Lehmmauerwerk in Bam übertragenwerden. Der relative hohe Wert desReibungskoeffizienten von 0,54 ~ 0,62erlaubt Biegeschwingungen senkrechtzur Bauteilebene, für die die Bauteilenicht ausgelegt sind. Eine weitere Ursa-che ist die niedrige Festigkeit des Ma-terials, die zur Zerstörung von Bau-teilbereichen sowie in der Folge zumVersagen des Bauteils und anschlie-ßend zum totalen Einsturz führt.

5 Vorschlag zur Ertüchtigung auf der Basis der Kollapsanalyse

Mit Hilfe der Kollapsanalyse sindschrittweise geeignete Bewehrungs-maßnahmen geprüft worden, die denEinsturz des Raums 11 verhindernkönnen. Aus Vergleichsgründen wurdein Raum Nr. 12 keine Bewehrung an-geordnet.

Als Bewehrung werden Glas-faserstäbe in Lehmmörtel verwendet.Sie können auf einen relativ geringen

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Durchmesser begrenzt werden undsind standardmäßig lieferbar.

Die Ergebnisse der Kollapsanalysefür die unbewehrte Struktur zeigen dieNotwendigkeit, den Raum in vertikalerund horizontaler Richtung zu beweh-ren (vgl. auch [9]). Es ist klargeworden,dass die kritische Situation dann be-steht,wenn die Kräfte senkrecht auf dieBauteilfläche wirken und die Bauteilein sich und insgesamt zu schwingen be-ginnen. Dieser Gefahr kann begegnetwerden, indem horizontale und verti-kale Bewehrungselemente angeordnetund mit der Struktur verbunden wer-den. Dadurch können die Ge-samtstabilität der Struktur verbessertbzw. gewährleistet und ein Einsturzverhindert werden. Gleichzeitig kanndamit die Standsicherheit angrenzen-der Räume verbessert werden.

Zur Modellierung des Verbundesder Bewehrung mit dem umgebendenLehmmaterial wurde die implemen-tierte Funktion

CONSTRAINED_SPOTWELD ge-nutzt. CONSTRAINED_SPOTWELDist ein starrer Stab, der benachbarteKnoten verbindet. Er kann eine defi-nierte Normalkraft übertragen, die derAuszugskraft des Bewehrungsstabesentspricht. CONSTRAINED_SPOT-WELD ist an einer Reihe von Knotender diskreten Elemente angeordnetworden, die von Bewehrungsstäbendurchdrungen werden.

Der Abstand der Knotenpaare,die durch CONSTRAINED_SPOT-WELD verbunden sind, beträgt 0,5 m.Die maximale Auszugskraft war daherauf eine Länge von 0,5 anzugeben.

5.1 Bewehrungsversuch 1

Die Wände werden vertikal und hori-zontal bewehrt (s. Bild 7).

Es wurde eine maximale Ver-bundkraft von 10 kN pro 0,5 m in derBerechnung angenommen. Am Endestehen einige Wände noch, anderesind zum Teil eingestürzt; das Ge-wölbe hat aufgrund fortschreitendenEinsturzes versagt. Die Bewehrungwar für einige Wände ausreichend,für andere muss sie noch verstärktwerden. Die Erzeugung von widerste-henden Bauteilen durch Bewehrungmacht aus ursprünglich festen Bau-teilen vor dem Einbau von Bewehrun-gen nun schwache Bauteile. Daher isteine symmetrische Bewehrung für erd-bebensicheres Bauen vorzuziehen.

Der erste Versuch gab damit Hin-weise für die Verstärkung der hori-zontalen Bewehrung für den nächs-ten Versuch.

5.2 Bewehrungsversuch 2

Die maximale Verbundkraft wurdenun auf 50 kN pro 0,5 m erhöht. DieAnfangsphase des Einsturzes zeigt,dass die Horizontalbewehrung in eini-gen Positionen immer noch schwachist (vgl. Bild 8).

5.3 Bewehrungsversuch 3

Die maximale Verbundkraft wurde fürdie horizontale Bewehrung auf 100 kNpro 0,5 m und für die vertikale Be-wehrung auf 25 kN pro 0,5 m erhöht.

Im Ergebnis wiesen die Wändedes Raums eine ausreichende Stabili-tät auf, die verhinderte, dass das Ge-wölbe vollständig einstürzte. Das Ge-wölbe zeigt lediglich große Verfor-

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Bild 6. Kollaps-Sequenz des Gebäudes während des Erdbebens

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mungen auf (s. Bild 9). Daher war esdas Ziel, beim nächsten Schritt denEinsturz des Gewölbes zu verhindern.

5.4 Bewehrungsversuch 4

Es wird Bewehrung mit einer maxi-malen Verbundkraft von 25 kN pro0,5 m in das Gewölbe eingebracht. ImEndergebnis hat sich der Raum in die-sem Bewehrungsversuch als stabileKonstruktion erwiesen (s. Bild 10).

6 Nachweis der Glasfaserbewehrung

Um die Verbundkräfte, die tatsäch-lich übertragen werden können, be-stimmen zu können, sind Auszieh-versuche durchgeführt worden. DieBewehrungsstäbe wurden auf dieLänge von 36 cm in das Mauerwerkeingebracht. Die durchschnittlicheAusziehkraft bei normalen Glasfiber-stäben d = 8 mm, eingelassen in einBohrloch d = 30 mm mit Lehm-zementverpressmörtel, betrug 9 kN.Die durchschnittliche maximale Aus-ziehkraft ergibt sich somit pro 0,5 mzu 9 · 0,5/0,36 = 12,5 kN.

Die Anzahl der notwendigenStäbe kann ermittelt werden, indemman annimmt, dass die Einstab-bewehrung in den vorangegangenenModellen in Stabbündel aufgelöstwird:– Anzahl der Stäbe für vertikale Be-

wehrung: 25/12,5 = 2 Stäbe– Anzahl der Stäbe für die horizon-

tale Bewehrung: 100/12,5 = 8 Stäbe– Anzahl der Stäbe für die Bewehrung

des Gewölbes: 25/12,5 = 2 Stäbe

DanksagungDie Autoren möchten dem UNESCO-Büro in Teheran, insbesondere FrauTaniguchi, dem Japan Funds-in Trustfor World Cultural Heritage sowiedem Auswärtigen Amt der Bundes-republik Deutschland und der Deut-schen Botschaft im Iran für die bishergewährte Unterstützung danken, mitderen Hilfe es möglich war, die vor-gestellten Analysen durchführen zukönnen. Gleichzeitig gilt der DankHerrn Dr. Mohktari und Dr. Nejativom Bam-Project der ICHHTO inTeheran sowie dem ganzen Team inBam selbst. An dem Projekt sind wei-tere Mitarbeiter und Doktoranden desLehrstuhls Tragwerksplanung und derJäger Ingenieure GmbH Radebeul be-teiligt.

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Bild 7. Einsturzhergang des Gebäudes unter seismischer Einwirkung, Bewehrungs-versuch 1

Bild 8. Einsturzhergang des Gebäudes unter seismischer Einwirkung, Bewehrungs-versuch 2

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Die Autoren danken ferner Dr.André Haufe von der Firma DYNA-more GmbH sowie Dr. Matthew Gil-bert von der Universität Sheffield fürihre Unterstützung bei dem Modellie-ren und Rechnen mit LS-DYNA.

Literatur

[1] Beattie, G., Molyneaux, T. C. K., Gil-bert, M., Hobbs, B., Burnett, S., New-ton, P., Gration, D. A.: Improving theimpact resistance of masonry parapets.In: Proc. of the LS-DYNA Users Con-ference, LSTC, Paris, 2001.

[2] Munjiza, A.: The Combined Finite-Discrete Element Method. John Wiley& Sons, 2004.

[3] Davidson, J. S., Moradi, L., Dinan,R. J.: Selection of a Material Model forSimulating Concrete Masonry WallsSubjected to Blast. Interim TechnicalReport: Air Force Research Laboratoryin contribution with University of Ala-bama at Birmingham, Department ofCivil and Environmental Engineeringno. AFRL-ML-TY-TR-2006-4521. AirForce Research Laboratory. USA 2004.

[4] Hallquist, J. O.: LS-DYNA TheoryManual, Livemore Software TechnologyCorporation, California, USA 2005.

[5] LS-DYNA Keyword User’s Manual,Livemore Software Technology Corpo-ration, California, USA 2003.

[6] LS-DYNA User’s Manual, NonlinearDynamic Analysis of Structures, Live-more Software Technology Corporation,California, USA 1999.

[7] www.bhrc.ac.ir: Website of BHRC(Building and housing research center)im Iran.

[8] Kiyono, J., Kalantari, A.: CollapseMechanism of Adobe and MasonryStructures during the 2003 Iran BamEarthquake. Bulletin of the EarthquakeResearch Institute, University of Tokyo,79 (3/4), S. 157–161, 2004.

[9] Taheri, S. M.: Finite element modell-ing of adobe masonry buildings underearthquake loads and contribution ofreinforcement in enhancement of loadbearing capacity. MSc-Arbeit, LehrstuhlTragwerksplanung der TU Dresden undMasters course „Rehabilitation Engi-neering“ der Fakultät Bauingenieur-wesen, Dresden 2006.

Autoren dieses Beitrags:Prof. Dr.-Ing. Wolfram Jäger, Dipl.-Ing. TammamBakeer, Technische Universität Dresden,Fakultät Architektur, Lehrstuhl für Tragwerks-planung, 01062 [email protected]

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Bild 10. Einsturzhergang des Gebäudes unter seismischer Einwirkung, Bewehrungs-versuch 4

Bild 9. Einsturzhergang des Gebäudes unter seismischer Einwirkung, Bewehrungs-versuch 3

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