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BiochomicalSysternatics and Ecology, 1975, Vol. 3, pp. 35 to 45. PergamonPress. Printedin England. Flavonoidmuster als systematisches Merkmal in der Gattung Populus ECKHARD WOLLENWEBER Botanisches Institut der Technischen Hochschule, D 61 Darmstadt. Schnittspahnstr. 3, German Federal Republic Key Word Index--Populus; Salicaceae; bud excretion; flavonoid-aglycones; chemical variation; species-specific characteristics. Abstract--Buds of almost every species of popular excrete lipophilic "coating" which contains many flavonoid and related derivatives. The compounds found in this "bud coat" of eighty taxa of Populus have been examined and nearly 30 compounds have been identified and their distribution related to the taxonomy of the genus. In sections Aigeiros and Tacamahaca and hybrids of these, chrysin, galangin and pinocembrin form the major components which, in most cases, are accompanied by lesser amounts of tectochrysin, izalpinin, pinostrobin, galangin-3-methylether and pinobanksin-3-acetate. Variations are shown by presence of apigenin and its mono- methyl ethers, kaempferol methyl ethers, rhamnetin, quercetin-3,7- and 3,3'-dimethylether, the unusual flavanone "P4" and two chalcones. Myricetin, genkwanin and kaempferol-7.4'-dimethylether are each found only in one species. In the sections Leuce and Leucoides, the major compounds are cinnamic acid derivatives. Flavonoid patterns, as analysed on polyamide TLC, allow species of the sections Aigeiros and Tacamahaca and some hybrids to be characterized, provided several individuals are examined. It is not possible by this method to differentiate clones within a species. ZusammenfassungmBei fast allen Pappelarten produzieren die Knospen ein lipophiles Exkret, das mehr oder weniger reich ist an Phenylpropanderivaten. Hier werden die Flavonoide, die mit nahezu 30 Verbindungen vertreten sind, als systernatische Merkmale in 80 Klonen untersucht. Die Substitution des Chrysins bzw. Tectochrysins ist durch alle Oxidationszust~nde vertreten. Substanzen mit B-Ring-Substitution spielen eine untergeordnete Rolle. In den Sektionen Aigeiros und Tacamahaca und Bastarden aus diesen bilden Chrysin, Galangin und Pinocembrin den Kern eines Grundmusters, zu dern meist noch die 7-Methyl~ther Tectochrysin, Izalpinin und Pinostrobin sowie Galangin-3-methyl&ther und Pinobanksin-3-acetat hinzukommen. VariationsmSglichkeiten liegen beim Auftreten von Apigenin und seinem Monomethyl~ther, K~mpferol-methyl~thern, Rhamnetin, Quercetin-3,7-methyl~ther und Quercetin-3,3'-methyl~ther, dem ungewShnlichen Flavanon "P4" und zwei Chalkonen. Die Verbindungen Myricetin, Genkwanin und K~mpferol-7,4'-dimethyl~ther sind nur je einmal vertreten. In den Sektionen Leuce und Leucoides bestimmen eher Zimts~iurederivate das Bild.--Mit Hilfe des auf Polyamid-DLinnshichtplatten analysierten Flavonoidmusters kSnnen bei genOgender Absicherung durch Untersuchung mehrerer Individuen die Arten der Sektionen Aigeiros und Tacamahaca und einige Hybriden charakterisiert werden. Unterscheidung yon Klonen innerhalb einer Art ist mit dieser Methode nicht m6glich. Einleitung "Die Pappel besitzt, wie wohl kaum eine andere Baumgattung, eine aul~erordentlich weite morphologische, physiologische und 6kologische Amplitude" [1]. Aufgrund tier leichten nat0rlichen Hybridisierung und der langen z0chterischen Bem0hungen gibt es neben den vielen Arten zahlreiche Sorten. Die zur Identifizierung herangezogenen morpho- Iogischen und ph~nologischen Merkmale wet- den bei dieser formenreichen Gattung oft als nicht ausreichend empfunden. BSrtitz [2] hat deshalb schon 1962 versucht, Papierchromato- gramme yon Blattprel~saft for die Differenzier- ung auszuwerten. Neuerdings haben Steele [3-5] und Ronald Gaschromatogramme von Rindenausz0gen zur Charaktefisierung her- angezogen. Diese Beitr~ge werden noch zu diskutieren sein.mln eigenen Untersuchungen sind aus dem "'01"" der Knospen, das von einer sezernierenden Schicht auf der Innenseite der Knospenschuppen produziert wird (vgl. [6]), nahezu 30 Flavonoid-Aglyka isoliert und identifiziert worden r7-12]. In dieser Arbeit wird nun dargelegt, inwieweit diese chromato- graphisch eindeutig identifizierbaren Sub- stanzen als chemotaxonomische Merkmale vergleichend gewertet werden kSnnen. Daf0r wurden m6glichst viele Arten, Hybriden und Klone herangezogen. Ergebnisse Die Untersuchungen haben gezeigt, da~ fast alle Pappeln mit dem lipophilen Exkret der (Received 10 September 1974) 35

Flavonoidmuster als systematisches Merkmal in der Gattung Populus

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Biochomical Systernatics and Ecology, 1975, Vol. 3, pp. 35 to 45. Pergamon Press. Printed in England.

Flavonoidmuster als systematisches Merkmal in der Gattung Populus

ECKHARD WOLLENWEBER Botanisches Institut der Technischen Hochschule, D 61 Darmstadt. Schnittspahnstr. 3, German Federal Republic

Key Word Index--Populus; Salicaceae; bud excretion; flavonoid-aglycones; chemical variation; species-specific characteristics.

Abstract--Buds of almost every species of popular excrete lipophilic "coating" which contains many flavonoid and related derivatives. The compounds found in this "bud coat" of eighty taxa of Populus have been examined and nearly 30 compounds have been identified and their distribution related to the taxonomy of the genus. In sections Aigeiros and Tacamahaca and hybrids of these, chrysin, galangin and pinocembrin form the major components which, in most cases, are accompanied by lesser amounts of tectochrysin, izalpinin, pinostrobin, galangin-3-methylether and pinobanksin-3-acetate. Variations are shown by presence of apigenin and its mono- methyl ethers, kaempferol methyl ethers, rhamnetin, quercetin-3,7- and 3,3'-dimethylether, the unusual flavanone "P4" and two chalcones. Myricetin, genkwanin and kaempferol-7.4'-dimethylether are each found only in one species. In the sections Leuce and Leucoides, the major compounds are cinnamic acid derivatives. Flavonoid patterns, as analysed on polyamide TLC, allow species of the sections Aigeiros and Tacamahaca and some hybrids to be characterized, provided several individuals are examined. It is not possible by this method to differentiate clones within a species. ZusammenfassungmBei fast allen Pappelarten produzieren die Knospen ein lipophiles Exkret, das mehr oder weniger reich ist an Phenylpropanderivaten. Hier werden die Flavonoide, die mit nahezu 30 Verbindungen vertreten sind, als systernatische Merkmale in 80 Klonen untersucht. Die Substitution des Chrysins bzw. Tectochrysins ist durch alle Oxidationszust~nde vertreten. Substanzen mit B-Ring-Substitution spielen eine untergeordnete Rolle. In den Sektionen Aigeiros und Tacamahaca und Bastarden aus diesen bilden Chrysin, Galangin und Pinocembrin den Kern eines Grundmusters, zu dern meist noch die 7-Methyl~ther Tectochrysin, Izalpinin und Pinostrobin sowie Galangin-3-methyl&ther und Pinobanksin-3-acetat hinzukommen. VariationsmSglichkeiten liegen beim Auftreten von Apigenin und seinem Monomethyl~ther, K~mpferol-methyl~thern, Rhamnetin, Quercetin-3,7-methyl~ther und Quercetin-3,3'-methyl~ther, dem ungewShnlichen Flavanon "P4" und zwei Chalkonen. Die Verbindungen Myricetin, Genkwanin und K~mpferol-7,4'-dimethyl~ther sind nur je einmal vertreten. In den Sektionen Leuce und Leucoides bestimmen eher Zimts~iurederivate das Bild.--Mit Hilfe des auf Polyamid-DLinnshichtplatten analysierten Flavonoidmusters kSnnen bei genOgender Absicherung durch Untersuchung mehrerer Individuen die Arten der Sektionen Aigeiros und Tacamahaca und einige Hybriden charakterisiert werden. Unterscheidung yon Klonen innerhalb einer Art ist mit dieser Methode nicht m6glich.

Einleitung "Die Pappel besitzt, wie wohl kaum eine andere Baumgattung, eine aul~erordentlich weite morphologische, physiologische und 6kologische Ampl i tude" [1]. Aufgrund tier leichten nat0rl ichen Hybridisierung und der langen z0chterischen Bem0hungen gibt es neben den vielen Arten zahlreiche Sorten. Die zur Identif izierung herangezogenen morpho- Iogischen und ph~nologischen Merkmale wet - den bei dieser formenreichen Gattung oft als nicht ausreichend empfunden. BSrtitz [2] hat deshalb schon 1962 versucht, Papierchromato- gramme yon Blattprel~saft for die Differenzier- ung auszuwerten. Neuerdings haben Steele [3 -5 ] und Ronald Gaschromatogramme von Rindenausz0gen zur Charaktefisierung her-

angezogen. Diese Beitr~ge werden noch zu diskutieren se in .mln eigenen Untersuchungen sind aus dem "'01"" der Knospen, das von einer sezernierenden Schicht auf der Innenseite der Knospenschuppen produziert wird (vgl. [6 ] ) , nahezu 30 Flavonoid-Aglyka isoliert und identifiziert worden r7-12] . In dieser Arbeit wird nun dargelegt, inwiewei t diese chromato- graphisch eindeutig identifizierbaren Sub- stanzen als chemotaxonomische Merkmale vergleichend gewertet werden kSnnen. Daf0r wurden m6glichst viele Arten, Hybriden und Klone herangezogen.

Ergebnisse Die Untersuchungen haben gezeigt, da~ fast alle Pappeln mit dem lipophilen Exkret der

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36 ECKHARD WOLLENWEI]ER

Knospen Flavonoid-Aglyka ausscheiden. Dabei gibt es, wie aus der Tabelle zu ersehen ist, Substanzen, die fast immer anwesend sind: Chrysin (1), Galangin (6) und Pinocembrin (17). Weit verbreitet sind auch die 7-Methyl- ~ther dieser Substanzen: Tectochrysin (2), Izalpinin (8) und Pinostrobin (18), sowie der Galangin-3-methyl&ther (7) und das Pino- banksinacetat "P20" (20). Apigenin (3), K~mpferol-3-methyl~ther (9) und Rhamnetin (13) sind ebenfalls h~ufig vertreten. Quercetin scheint fast immer vorhanden zu sein, Iso- rhamnetin und K~mpferol wurden zerstreut (auch innerhalb yon Sorten) festgestellt. Gerade diese drei ubiquit~ren Flavonole sind wegen Uberlagerung mit andern nicht immer klar zu erkennen. Sie wurden auch deshalb nicht in die Tabelle aufgenommen. Apigenin kommt zwar h~ufig vor, sein Methyl&ther Acacetin (5) jedoch nur selten und Genk- wanin (4) wurde nur einmal beobachtet. Rhamnocitrin (10) und KSmpferid (11) kom- men zerstreut vor, KSmpferol-7,4'-Me (12) nur bei einem Bastard. Quercetin-3,7-Me (14), Quercetin-3,3'-Me (15) und Rhamnazin (16) treten gelegentlich auf, davon das 3,3'-

Flavone

R I ~ R2

OH O

l Rt=OH , R2=H : Chrys in

2 RI=OCH3,R2 = H : T e c t o c h r y s i n

:3 R I=R2=OH : Ap igen in

4 Rt=OCH3, R2=OH: Genkwanin ,5 RI = OH, R2= OCH3: A c a c e t i n

Flovonole

R 3

R 2 " " ~ O i ~ ~ R 4

:r ]f OH 0

6 RI=R2=OH, R3~R4=H : Galangin 7 RI=OCH3,R2=OH, R3~R4=H : Galongin-5-methyldfher 8 R~=OH, R2=OCH3, Rz=R4=H : Izalpinin 9 R =OCH3, R2=R4=OH,Fts=H : Isok~mpferid

I0 RI=R4=OH, R2-OCH3, R3=H : Rhamnocit"rin I I R I = R2=014, Rs=H, R4~OCH 4 : K~impferid 12 ['?i = OH, F~2=R4=OCH3, R3=H : Kampferol-7,4'-dimet-hylOfher 13 RI=Rs=R4=OH,R2=OCH~ : Rhamnefin 14 RI =R2" OCH 5, Rs=R4=OH : Quercetin-5,7-dimethylather 15 R: =R3= OCH3, Rz=R4=OH : Quercefin-3,3"-dimethylather !6 R~=R;-OH, R2=R3-OCH : : Rharnnazin

Derivat am seltensten. Quercetin-7,3',4'-Me, der in anderen Knospenexkreten verbreitet ist (bei Aescu/us [13], Ostrya [14], A/nus [15] und Betu/a), wurde in keinem Fall gefunden. Myricetin liegt nur bei einem Bastard vor, seine Derivate konnten in keinem der geprOften Extrakte nachgewiesen werden. Das aus- gefallene Flavanon "P4" (19) und die beiden Chalkone "Chl" (22) und "Ch2" (23)treten nur selten auf.

Flavanone

"[ ]1 OH 0

~7 R= H=Pinocembr in

18 R=CH3=Pinosfrobin

!:lavanonol

OH O OH O

[9 "P 4 %; 2,5 - Di hydroxy - 20 "P 20" = Pinobanksin 7-rr, efhoxy fiovanon 3 -oce ta t

Dihydrochalkon Chalkone

H,CO~ ~- jOH ~ & RO. . OH /J/ 4, - Y "~ H C . . . . , ~/b " \ yY ' " - - f " F I C - - H / \ )

OH 0 OH 0

21"P 22"=2' ,6 ' --Dihydroxy- 22 "Ch I ' : R = H ; C h a l k o - 4'- methoxy- dihydrochatkon Pinocembrin

23 "Ch 2": R =CH~; Chalko-

Pinost"robin

Bei einigen Pappelarten ist im Knospen- exkret keinerlei Flavonoid zu finden. In diesen F~llen zeigen sich oft in verschiedener Zahl und Menge blau und wei&lich-blau fluores- zierende Flecken, bei denen es sich nach bisherigen Ergebnissen um Zimts~uren bzw. Zimts~iurederivate handeln dOrfte. Goris und Canal [16] haben eine Reihe derartiger Verbindungen beschrieben (vgl. auch [17]). Das gilt besonders for die Sektionen Leuce und Leucoides, wo die Blaufluoreszenzen im chromatographischen Bild eher auffallen als die sp&rlichen Flavonoide. Ein wei~blauer Fleck auf der H6he des Rhamnazins (16) ist in den Sektionen Aigeiros und Tacamahaca

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FLAVONOIDMUSTER ALS SYSTEMATISCHES MERKMAL IN DER GATTUNG POPULUS 37

sowie bei den Intersektionsbastarden immer anwesend, au6er bei den Klonen der P. trichocarpa, die einen hellblauen Fleck auf der H6he von "P20" (2t)) zeigen.--Schlie61ich treten leuchtend gelb fluoreszierende Flecken auf, 0ber deren Natur noch nichts bekannt ist. Die urspr0ngliche Vermutung, da~ es sich um 5-Methyl~ther handeln k6nne, hat sich nicht best~tigt. Wegen ihrer bildbeherrschenden Wirkung im Chromatogramm wurden sie als einzige nicht identifizierte Substanzen in die Tabelle aufgenommen. Ansonsten sind nur eindeutig ansprechbare Flavonoide erfar~t, Die positiven Angaben k6nnen als absolut sicher betrachtet werden. Bei negativen Angaben dOrften gelegentlich doch Spuren vorhanden sein; hier ist die Absicherung bekanntlich unverh~ltnism~6ig schwierig [18].

Diskussion Das Vorkommen der beiden Flavone Chrysin (1) und Tectochrysin (2) im Knospen61 verschiedener Pappelarten ist seit einem Jahr- hundert bekannt [19]. Erst Goris und Canal [16] griffen dieses Thema dann wieder auf. Sie extrahierten ganze Knospen von P. ba/sami- fera und fanden nach Alkalifraktionierung neben den genannten Flavonen das Dihydro- chalkon "P22" (21), Zimts~ure, Kaffees~ure, p-Oxybenzoes~ure, 2,3- Dioxybenzoes~ure, eine nicht identifizierte Phenols~ure, Zimt- alkohol als Ester, den Zimts~ureester des Phenyl~thylalkohols und Salicosid. AIs Lipoid- Komponenten beschrieben sie einen Sesquiter- penalkohol und die ges~ttigten Kohlenwasser- stoffe Pentacosan, Heptacosan und Nona- cosan. Erst nach der erneuten Aufnahme der Analysen mit Hilfe chromatographischer Tren- nungsverfahren [20] wurde erkennbar, welche Vielfalt von Flavonoiden das "Pappel61" noch enthalten kann: Flavone, Flavonole, Flavanone, Flavanonole, Chalkone, Dihydrochalkone-- mit Ausnahme der Isoflavone ist die gesamte Klasse vertreten. Bei der vergleichenden phyto- chemischen Untersuchung zeigt sich nun, da6 bestimmte Substanzen ganz charakteristisch sind. Man darf wohl sagen, dar~ sie geradezu ein gattungsspezifisches Grundmuster bilden. Hierher geh6ren Chrysin (1), Galangin (6) und Pinocembrin (17), die man praktisch immer findet. Sehr h~ufig sind au6erdem Tectochrysin (2), Izalpinin (8), Pinostrobin (18), Galangin-3-methyl~ther (7) und "P20' (20) anzutreffen. Es f~llt auf, dar~ dieses Muster der drei Isomeren-Paare (zusammen mit dem "P20" zugrundeliegenden Pinobanksin!) auch

im Kernholz von Pinus-Arten vorliegt [21]. Ansonsten kommen diese Flavonoide im Pflanzenreich alle relativ selten und zerstreut vor. Das ist insofern erstaunlich, als sie die einfachsten durch Kondensation von Acetat bzw. Malonat und Zimts~ure gebildeten Sub- stanzen sind.

Apigenin (3), K~mpferol-3-methyl~ther (9) und Rhamnetin (13), die in diesen Exkreten auch h~ufig auftreten, werden wegen ihrer weiteren Verbreitung in anderen Pflanzen nicht so sehr gewertet. Der Anwesenheit der ubiquit~ren Flavonole Quercetin, Isorhamnetin und K&mpferol wird keine Bedeutung zuge- messen, da sie zu unspezifisch sind; sie wurden auch aus diesem Grund (vgl. bei Experi- mentelles) nicht in die Tabelle aufgenommen.

Charakteristisch sind wieder das 2',4',6'- Trihydroxychalkon (22) (neu aus Populus) und sein 4'-Methyl~ther (23) (nur aus zwei anderen Objekten bekannt, vgl. [11]). Diese beiden Chalkone haben ebenfalls die Substitu- tion der Flavonoide des "Grundmusters", kom- men jedoch nur vereinzelt vor (aber immer zusammen). Das Dihydrochalkon "P22" (21) kennt man au6er von Popu/us nur von einer Pflanze [22], "P4" (19) und "P20" (20) sind neu, nur aus Popu/us bekannt. Auch diese drei Verbindungen tragen die Substitution des Chrysins bzw. Tectochrysins. Fast alle Sub- stanzen h~ngen also biogenetisch ganz eng zusammen. Die Variation.s.mSglichkeiten eines einfachen Musters durch Anderung des Oxida- tionszustandes im Heterozyklus werden hier voll ausgesch6pft (vgl. auch [23a, 24]). Fast unbedeutend ist daneben die Substitution des B-Rings, und Au6enseiter wie Quercetin-3,7- methyl~ther (14) und Quercetin-3,3'-methyl- ~ther (15) erscheinen als "Luxusbildung". Ganz erstaunlich ist es, da6 als Aglyka der Blattglykoside, soweit wit das gepr0ft haben, nur Quercetin, K~mpferol und Isorhamnetin vorkommen.

B6rtitz [2] hat die Blattglykoside fLir seine Untersuchungen herangezogen--zumindest dQrfte die Mehrzahl der Flecken seiner Fluoreszenzmuster auf solchen beruhen. Genaue Analysen hierzu liegen m.W. bis heute nicht vor. BSrtitz gibt Diagramme von maximal 13 Farbbanden. Immerhin gelingt es ihm auf diese Weise, einige falsche Bezeichnungen zu kl~ren, und er kommt zu folgenden Fest- stellungen: "Die einzelnen Sektionen, Arten und Sorten unterscheiden sich mehr oder weniger durch Anzahl, Farbe, Lage und relative Intensit&t der fluoreszierenden Zonen".

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TABELLE 1. VERBREITUNG VON KNOSPEN-F:LAVONOIDEN IN DER GATTUNG POPULUS

ECKHARD WOLLENWEBER

Klon

Sekt. Leuce P. alba nivea L p. x canescens Sm.

( a lba x tremula ) P. tremula L.

Braunschweig 1 Thiergarten 1 Witzenhausen 1 triploid

P. tremuloides Michx. P. grandidentata Michx. P. grand, x tram. P. tomentosa Cart.

Sekt. Leucoides P. v/o/ascent Dode 22/65 P. heterophylla L. P. wilsonii Schneid. P. lasiocarpa Oliv.

Sekt. Aigeiros P. nigra L.

var. betulifolia 310/52 plantierensis 101/49 Italica 555/50 Pyramidalis 134/49 Vert de Garonne 96/57 Herapa 58/60 Vereecken 228/54 Blanquillo de Bucos 91/55

P. deltoides Marsh. 73/53(1 ) 73/53(3) 73/53(7) 1/56 40/62(20) 40/62(45) 40/62(52) Angulata de Chautagne

158/65 P. Sargentii Dode 513/52 P. Wiszlizanii Sarg. 28/57 p. x euramericana (D ode)

Guinier (nigra x deltoides) cv. Brabantica

DrSmling Forndorf Gelrica Grandis Harlt L6ns Maritandica Neupotz Serotina Virginie de Frignicourt Selys Tardif de Champagne Blanc du Poitou Z0rich 03/3 Karolina I 130 I 154 I 262 I 488 Jacometti 15 A

78 B Eckl~'of Flachslanden Leipzig Robusta Baden 553

431 ,4'~ Charkowiensis Spreewald Allenstein 1214

Chrysin Apigenin

- 7-Me - I 4'-Me m

(+) (+) I (+) I ( +} (+) (+)

(+) (+) I (+)

(+) (+)l (+) (+) (+)

+ J (4-)

4- 4-

(+; 4-

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+ 4- 4- 4- 4- + 4-

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4- +

4-

4- +

4-

4-

4-

4- 4-

4-

+

4-

+

Galangin

3-Me I 7-Me

4- +

K~mpferol

3-Me 7-Me I 4'-Me

(+)

(+) (+)

(+)

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v

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-4

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0 Q

Page 6: Flavonoidmuster als systematisches Merkmal in der Gattung Populus

40 ECKHARD WOLLENWEBER

Klon

Heidemij Dolomiten Lingenfeld Baden 408

Sekt. Tacamahaca

Chrysin

- 7-Me

+ +

+

Apigenin

- 4 ' -Me

(+) (+) (+)

+

Galangin

- 3-Me

+

+

+

+

P. acuminata Rydb. 10/65 + + + + P. cathayana Rehd. 1 2/65 + + + + P. koreana Rehd.

105/65 + + (+) + 103/66 + + + + DA + + + +

P. laurifolia Ledeb. 75/65 ~ (+) + P. maximowiczii Henry

14/65 + + + + 15/65 + (+) + 109/56 + (+) (+) + 120/66 + (+) + + 121/66 + (+) + + 1 24/66 + (+) + + 126/66 + (+) + + 127/66 + (+) + + 56/65 ~ (+) + 146/65 + (+) (+) +

P. Simonii Carr. 57/65 + (+) + + 147/65 + (+) (+) + + 141/66 ÷ (+) (+) + +

P. szechuanica Schneid. 67/65 + (+) + + + 144/65 + (+) (+) + +

P. tacamahaca Mill. 112/49 + + + P. candican~ Ait. 67/49 + (+) + P. trichocarpa Torr. and Grey

603/52 (+) 622/52 (+) 43/54 (+) 45/54 (+) 200/63 283/64 (+) 58/65 (+) 215/66 217/66 605/52(3) (+) (+) 624/52 (+) + 625/52 (+) (+) 614/52 (+) (+) (+) 337/64 (+) (+) (+) (+)

P. tri,~tis Fisch. + + + P. suaveolens Fisch. + + P. kanjilaliana Dode +

Intersektionelle Bastarde Aigeiros x Tacamahaca

P. deltoides xp. Simonii P. xjackii Sarg.

(delr x tac.) P. ×generosa Henry

(delt. ang. xtrich.) 1 21/49 218/58

8•60 p. x berolinensis Dippel

(nigra itaL xlaurif.) 5/49

72/56 P. 'Rochester'

(nigra plant, xmax ) P. 'Geneva'

( xberoL xmax ) P. "Oxford'

( xbaroL xmax ) P. "Maine"

( xberoL xcand.)

(+)

+

I n t r a s e k t i o n e l l e r B a s t a r d Tacamahaca x Tacamahaca

P. 'Androscoggin" (max. x trich. )

(+) +

-t* + (+) + + (+) + +

+ + + +

+ +

(+) +

(+) +

(+1 + +

(+) +

+

+

(+) +

+

+

+

+

4-

+

+

7-Me

+

+

4- +

4

+

+ +

+

4 4-

4 + +

(+) (+/ (+1

+

(+)

+

+

+

3-Me

+

+

+

(÷)

(+) (+) (+)

+ +

4-

(+)

Khmpferol

7-Me

+

+

(+) (+)

4 ' -Me

(+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+3

Page 7: Flavonoidmuster als systematisches Merkmal in der Gattung Populus

FLAVONOIDMUSTER ALS SYSTEMATISCHES MERKMAL IN DER GATTUNG POPULUS

Substanz

Quercetin Pinocembrin P 20 P 4

7-Me 3,7-Me 3,3'-Me 7.3'-Me - 7-Me

(+ ) (+ ) + + (+ ) + + + (+ )

C +) + + + + (+ ) (+ ) + + + (+ ) (+ )

P 22

+ + + + + + ( + ) +

+ + + -I- + + + +

( + ) + + + + +

+ + + + + + +

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + +

+ + + + -I- + + + +

+ + + + + +

+ + + + + + + + + +

+ + + + + + + + + + + + + + +

+ +

(+)

(+)

+

(+)

(+)

+

+ ( + ) + ( + ) +

(+)

(+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+)

+ (+ ) + + + (+ ) + + +

Ch 1

+ + + + ( + ) + + ( + )

+ + + ( + )

+ + + + + + + + -p + + + +

+ + + + + +

+ + +

+ ( + ) + + + +

Ch 2

41

Sonstige

G G

G

+ + + K~-7.4'-Me

Die Zahlenangaben in der Artenliste sind Klonnummern des Pappelforschungsinstituts Hann. M0nden. "'DA'wHerkunft Botanischer Garten Darmstadt. +=Hauptkomponente, (+)=Nebenkomponente des Exkrets, "G"=unbekannte"Gelbfluoreszenz".

Page 8: Flavonoidmuster als systematisches Merkmal in der Gattung Populus

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"Die biochemische Taxonomie geht der nat0r- lichen Systematik parallel. Je n~her die Verwandtschaft, desto ~hnlicher die Chromato- gramme". Von einigen Arten beschreibt er spezifische Farbzonen oder -muster, anhand deren sie mQhelos zu erkennen sein sollen (P. nigra, P. trichocarpa, P, tremula). Er findet sehr geringe Unterschiede bei Schwarzpappel- hybriden (P. xeuramericana) und einige Unter- schiede bei P. x bero/inensis-K/onen. P. Simonfi soil sich von den Obrigen Arten der Sektion Tacamahaca gut abheben.

Die gleiche Beobachtung machen auch Steele und Ronald [4]; sie stellen sogar fest, dab P. Simonfi von allen untersuchten Arten verschieden sei. Diese Autoren erstellen Gas- chromatogramme aus acetonischen Rinden- ausz(Jgen nach Silylierung des wasserl6slichen Anteils. Sie gehen davon aus, dab es sich bei ihren Substanzen um Phenolglykoside handelt und vergleichen die erhaltenen Bilder, ohne auf Identifizierung der Peaks Wert zu legen. Immerhin gelingt es mit dieser Methode, z.B. "6stliche" und "westliche" (bezogen auf Kanada) Typen von P. deltoides zu unter- scheiden [3], ein sehr ~hnliches Muster for europ~ische und nordamerikanische Arten der Gattung Leuce festzustellen, ein gemeinsames Muster in der Sektion Aigeiros, ..Variabilit~t in der Sektion Tacamahaca und Ahnlichkeiten mit Arten der Sektion Aigeiros zu erkennen. Uber einem gewissen Unbehagen beim Betrachten dieser Gaschromatogramme (vgl. [25]) soil aber auch nicht verschwiegen werden, dab in einer neuen gro6angelegten Arbeit "Biosystematics of the Genus Populus'" [26] eine verdienstvolle Untersuchung unter BerQcksichtigung vieler Merkmale in Angriff genommen worden ist. Uberraschend ist jedoch, dab hier ganz andersartige Gas- chromatogramme abgebildet werden [5]. Es wird auf quantitative. Unterschiede verwiesen bei sonst grol~er Ahnlichkeit von z .B.P. ba/samifera mit P. grandidentata und P. tremu/oides, was Zahl und Lage der Peaks betrifft.

Wie steht es nun mit der Brauchbarkeit unseres Systems, dem doch 21 klar definierte und eindeutig identifizierbare Substanzen zugrundegelegt sind ? Sehen wir uns dazu die einzelnen Sektionen in der Tabelle an.

Sekdon L euce--Wei~--oder Zitter-pappe/n Die Knospen von P. a/ba bilden kein Exkret (sie sind behaart), es sind also auch keine Flavonoid-Aglyka zu erwarten. Auch bei ihren

Bastarden mit P. tremu/a, den Graupappeln P. xcanescens, konnten weder in alba-nahen, noch in intermedi&ren oder tremula-nahen Formen (ca-, cc- und ct-Typen, insgesamt 10 Klone gepr0ft) Flavonoide festgestellt werden. Es ist auch fast kein Exkret zu beobachten. Erst P. tremula (Aspe) selbst produziert sp~rlich einige Flavonoide der "Grundaus- stattung". Dabei f~llt auf, dal~ die triploide Form zus~tzlich den sonst nirgends auftret- enden Apigenin-7-methyl&ther (4) excerniert, sowie relativ reichlich eine bisher nicht bekannte Verbindung. Das Exkret von P. tremu/oides ist frei von Flavonoiden, das von P. grandidentata weist eine Spur von Apigenin (3) auf und--als einzige von allen unter- suchten Pappeln !--Myricetin. Der Bastard aus beiden bringt 4 Flavonoide. Insgesamt ist die Sektion Leuce, wie schon erw&hnt, eher dutch verschiedene schwache Blaufluoreszenzen charakterisiert.

Sektion Leucoides Die Arten P. heterophylla und P. lasiocarpa zeichnen sich durch den Besitz weir~blau fluoreszierender Stoffe aus, die bei der letzt- genannten sehr reichlich produziert werden (darunter zumindest ein Dibenzenoid, Analysen sind in Arbeit). P. wi/sonii zeigt nur einen blauen Fleck, Po violascens einige Flavonoide. Die Sektion ist damit in Bezug auf die phenol- ischen Knospenexkrete heterogeno

Sektion Aigeiros--Schwarzpappeln Die 8 Klone von P. nigrazeigen ein einheitliches Muster, von drei kleinen Abweichungen abge- sehen, die wohl einfach die Variabilit~t auch im Bereich der Biosyntheseleistung wieder- spiegeln. Die Kombination Chrysin-Tecto- chrysin - Galangin - Rhamnetin - Pinocembrin - Pinostrobin erscheint als spezifisch for diese Art. Auch beim Test in h6heren Konzentra- tionen sind keine weiteren Flavonoide zu erkennen. Daraus folgt leider unerbittlich: Bei der von Egger und Tissut [20] seinerzeit bei Grenoble "geernteten" Pappel, auf der unsere sp~teren Isolierungen beruhen [7-11], kann es sich unm6glich um P. nigra gehandelt haben. Eine Identifizierung ist heute nicht mehr mSglich. Es ist sehr bedauerlich, dal& einige der Ergebnisse bereits unter diesem falschen Artnamen in Hegnauer's Werk [23b] eingegangen sind.--P, deltoides ist in allen Klonen v611ig uniform. Das Muster erscheint wiederum artspezifisch.--Bei P. Sargentii und P. Wis/izenfi ist eine derartige Beurteilung

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schlecht mSglich, da jeweils nur 1 Klon zur Verf~gung stand.--Die Bastarde P. x eurameri- cana, hier in 36 Klonen vertreten, zeigen in ganz typischer Weise die mSgliche Schwank- ungsbreite um ein festes Muster: obligat sind Chrysin, Galangin, K~mpferol-3-methyl~ther, Rhamnetin, Quercetin-3,7-dimethyl~ther, Pinocembrin. "P20" und "P4". Tectochrysin, Galangin-3-methyl~ther, Izalpinin und Pino- strobin kSnnen gelegentlich fehlen (oder, was nicht auszuschlier~en ist, in mit dieser Methode nicht nachweisbarer Konzentration vorliegen). Vereinzelt tritt Rhamnocitrin, in einem Falle Quercetin-3,3'-dimethyl~ther auf. Insgesamt ist auch hier das Flavonoidmuster wieder charakteristisch.--Sowohl bei Po deltoides als auch bei P. xeuramericana f~llt die unbekannte "'Gelbfluoreszenz" auf.

Sektion Tacamahaca Hier sind mehrere Arten leider nur durch jeweils 1 Klon vertreten, Aussagen 5ber den Flavonoidgehalt daher mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit groin, dal~ auch hier art- spezifische Muster vorliegen. Nur zwei Arten stimmen fast vSIlig L~berein, was durch das Auftreten der beiden Chalkone besonders ins Auge f~llt: P. laurifolia und P. tacamahaca. Sie unterscheiden sich im Besitz von Rhamnetin. Die sowohl von B6rtitz [2] als auch von Steele und Ronald [4] beobachtete Sonder- stellung der P. Simonfi kommt im Bereich der Knospenflavonoide nicht zum Ausdruck. P. maximowiczii zeigt einige Variabilit&t. Gravier- end ist die Schwankung im Auftreten von "'P22"', etwas weniger Bedeutung kommt Rhamnetin und Rhamnazin zu.--Bei P. candi- cans herrscht Unklarheit darL~ber, ob es sich hier wirklich um eine Art oder evtl. um einen weiblichen Klon handelt, Es sind nur weibliche Exemplare bekannt, die in zahlreichen Merk- malen der Art P. tacamahaca gleichen [1]. In der Merkmalskombination der Knospenflavo- noide ist diese ~,hnlichkeit jedenfalls nicht festzustellen. Ob das fSr die eigene Art spricht, kSnnte erst nach Pr8fung aller erreich- baren Klone beurteilt werden. Auffallend ist hier das Auftreten einer "'Gelbfluoreszenz".

Die 14 Klone yon P. trichocarpa erscheinen relativ einheitlich, gekennzeichnet durch Flavo- noid-Armut (mit Fehlen wichtiger Vertreter des "Grundmusters'), einen hellblauen Fleck unter- halb yon "P4" (19) und den Gehalt an im Chromatogramm schmierenden Substanzen. Vermutlich liegen hier grSl~ere Mengen der

einfacheren phenolischen Verbindungen vor. Drei der Klone fallen durch die Produktion eines roten Exkrets auf. Die hierf~r verantwort- lichen Komponenten konnten bisher nicht identifiziert werden.--P, suaveolens und P. kanjilaliana, ebenfalls arm an Flavonoiden, zeichnen sich durch wei~blau'fluoreszierende Flecken aus, die zum Teil die gleichen zu sein scheinen und weder mit denen der Sektion Leuce noch mit denen der Sektion Leucoides L~bereinstimmen.

Innerhalb der Sektion Tacamahaca ist keine Abgrenzung der nordamerikanischen (P. acu- minata, P. tacamahaca, P. candicans, P, trichocarpa) von den asiatischen (alle ~brigen) Arten als Gruppe erkennbar. Steele und Ronald [4] berichten von quantitativen Unter- schieden. Ebensowenig ist eine pauschale Abgrenzung der Sektion Tacamahaca vonder Sektion Aigeiros mSglich.

Vertreter der Sektion Turanga standen leider nicht zur VerfSgung, Wenden wir uns nun den Hybriden zu. Es sieht z. Zt. nicht so aus, also ob die Flavonoidmuster hier RL~ckschlL~sse auf die EItern erlauben wSrden. Dem Bastard P, deltoides ×P, Simonfi fehlen Tectochrysin (2) und Galangin-3-methyl~ther (7), gegenL~ber den Eltern treten Rhamnetin (13) und vor allem "P20" (20) zus~tzlich auf.--P, xjackii "L~bertrifft" die Eltern, was die Synthese von Acacetin, Rhamnocitrin (10) und Quercetin- 3,7-dimethyl~ther (14) angeht; daf~r fehlen ihr K~mpferol-3-methyl~ther (9) und, gegen- eber P. deltoides, Galangin-3-methyl~ther (7) und Rhamnazin (16).--Bei P. xgenerosa sind die drei untersuchten Klone nicht gleich. Man kann trotzdem erkennen, dal~ sie in dieser speziellen Biosyntheseleistung weit mehr dem Elter P. delto/des gleichen, wobei allerdings die Galangin- und K~mpferol- 3- methyl~ther fehlen, Acacetin und Pinostrobin zus~tzlich auftreten und Quercetin-3,3'-dimethyl~ther durch Quercetin-3,7-dimethyl~ther ersetzt ist, Alle drei Bastarde haben von P. deltoides die "Gelbfluoreszenz" L~bernommen.--P. xberolin- ensis unterscheidet sich nur unwesentlich von den Eltern, scheint etwas mehr P. laurifolia zu ~hneln (hat Tectochrysin und "P20").--P. 'Rochester' ist von beiden Eltern gleichermal~en beeinflul'$t. P. "Geneva" hat etliche F~higkeiten der Eltern verloren (K~mpferol-3-me, Rham- netin, Rhamnazin), scheidet aber im Gegensatz zu P. 'Oxford' die beiden Chalkone aus. P. 'Maine' excerniert ebenfalls die Chalkone, aul~erdem K~mpferid. Auch der intrasektionelle Bastard P. 'Androscoggin" hat K~mpferid und

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ist au~erdem die einzige untersuchte Sorte, die K~mpferol-7,4'-dimethyl~ther (12) syn- thet is ier t . - - Insgesamt hSIt sich der Zugewinn an Synthesef~higkeit bei einigen Hybriden etwa die Waage mit dem Verlust bei anderen. Qualitativ ist der Flavonoidgehalt der Knospen- exkrete unabh~ngig yon der Jahreszeit, ledig- lich von der Art bestimmt, wie das auch fOr die Zimts~uren beschrieben wurde [17]. Somit besteht hier eine M6glichkelt, auf relativ einfache Weise PappeI-Arten der Sektionen Aigeiros und Tacamahaca sowie einige Bastarde zu charakterisieren, indem man die Knospenflavonoide als systematisches Merk- mal benutzt. Dabei sollte allerdings Voraus- setzung sein, da~ man mSglichst mehrere Individuen untersucht, um leichte Schwank- ungen auszuschalten. Die hier mit definierten Substanzen gewonnenen Ergebnisse er- scheinen zuverl~ssiger als die PrSfung des Blattprel~saftes oder der Rindenausz0ge nach den diskutierten Methoden (s.z.B.P. simonfi). Die mehr oder weniger artspezifischen Flavo- noidmuster stimmen eher mit der gebr~uch- lichen Systematik Oberein als die Gaschromato- gramme der Phenolglykoside. Nach Unter- suchung der Zimts~urederivate werden vermut- lich auch in den Sektionen Leuce und Leucoides Charakterisierungen m6glich sein. Zur Frage der Hybridisierung m0ssen noch weitere Sorten, bei aus der Natur selektion- ierten Bastarden mehr Klone geprSft werden. Schliel~lich sollen auch Probleme der Bio- synthese in Angrif f genommen werden.

Experimentelles Der gr~l~te Tell des Materials stammt aus der KIon- sammlung des Forschungsinstituts for Pappelwirtschaft in Hann. M0nden. Von den dort geschnittenen Zweigen wurden die Knospen abgezupft und mit Aceton extrahiert. Dabei gehen die Aglyka des gesamten Polarit~tsbereichs von Myricetin bis Pinostrobin in L6sung. Der Rohextrakt, nach Verdunsten des Acetons von 61iger bis fester Konsistenz, ist ohne ~,nderung der Flavonoid-Zusammensetzung jahrelang lagerbar. Die Mengen lagen, je nach Knospenzahl und Exkret- produktion, zwischen ca. 20 und maximal 800 mg. Zur Analyse wurden von einer 2,5% acetonischen L6sung des Rohmaterials je 10 p,I zur Chromatographie aufgetragen, in schwierigen F~llen gelegentlich auch mehr. Auf jeder Platte liefen drei Vergleichsl6sungen mit, die das Spektrum der zu erwartenden Substanzen weitgehend umfal~ten. Diese Verbindungen stammten aus fr6heren Isolierungen oder aus Partialmethylier- ungen. Das Dihydrochalkon "'P22"' (21) wurde von M. Chadenson synthetisch dargestellt. Wie bei allen bisher beschriebenen Substanzen wurde auch bei dieser die Identit~t dutch Isolierung (aus P. balsamifera) abgesichert.

Die DC erfolgte an handbeschichteten Polyamid- platten (Polyamid DC 11 mit 15% Cellulose [27]) die Auswertung im langwelligen UV-Licht (Quecksilber- Hochdruckstrahler UV3~8) vor und nach dem Spr0hen mit "Naturstoffreagenz A'" (DiphenyIbors~ure -[3- amino~thylester, 1/2% in MeOH). Die meisten Sub- stanzen sind im Laufmittel A, C8H6 : Petrol~ther: MeCOEt: MeOH, 60 : 26 : 7 : 7 zu erkennen. FOr den polaren Bereich (Apig.. K~-3-Me, Rhe) verwendete man das Laufmittel B0 C6H6 : MeCOEt : MeOH 60 : 26 : 14, gelegentlich im mittleren Bereich C, Benzol: Dioxan:MeOH 80:10:10. Bei Anwendung tier beiden letzteren empfielt es sich, die Platten zuvor in Laufmittel A laufen zu lassen, um ein Verschmieren durch die Lipoid-Anteile zu vermeiden.

Neben den hervorragenden Trenneigenschaften des Polyamids hat sich die Farbreaktion mit "Naturstoff- reagenz A", die feine Differenzierungen erlaubt, als sehr hilfreich erwiesen (vgl. [28]). Das auf der un- behandelten Platte kaum erkennbare Pinocembrin erscheint nach dem Spr0hen zun~chst hell gr0nlich fluoreszierend, dann geht die Fluoreszenz vom Fleck- rand her rasch in violett 0ber--ein Verhalten, das ~hnlich auch einige andere Flavanone zeigen, das hier aber eindeutig Pinocembrin charakterisiert. Vom Rf- Wert her kommt ohnedies nut Naringenin-4'-Me als VerwechslungsmSglichkeit in Frage, was aber durch mehrere d~nnschicht-pr~parative Isolierungen aus- geschlossen wurde. Etwas kritisch ist die teilweise 0berlagerung des Dihydrochalkons "P22"" (21) mit Pinocembrin (17). Ersteres erscheint nach dem Spr0hen hellbraun und 0berdeckt Pinocembrin. In diesem Falle wurde auf Zirkonoxichlorid (2% in MeOH) als Spr0hreagenz zur~ckgegriffen, wobei "P22" praktisch verschwindet, w~hrend Pinocembrin hetlgr0n fluoresziert. Bei sorgf~ltiger Anwendung und Auswertung dieses Systems ist somit einwandfreie Identifizierung aller Flavonoide m6gfich.

Anerkennung--F0r die 0berlassung des Materials und wichtige Ausk0nfte bin ich den Herren Landesfm, Dr. H. J. FrShlich, Lfm. E. G~rtner, Ofm. Dr. W. Gross- curth und Ofm. Dr. H. Weisgerber zu Dank verpflichtet. Mile M. Chadenson (Lyon) mSchte ich auch an dieser Stelle for die Synthese des Dihydrochalkons danken. Frau Ch. M~der hat durch gewissenhafte Laborarbeit entscheidend zu dieser Untersuchung beigetragen. Herrn Dr. W. Grosscurth und Herrn Dr. G. O. Kirst bin ich for kritische Durchsicht des Manuskripts dankbar.

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