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15. 2.1935 I Heft 2 J K. FRIEDERICHS. Folgerungen aus den neuen Untersuchungen fiber die Forleule. ?nderer Autoren), geben einen Hinweis ftir die wirksame Bekampfung yon Apfel- und Trauben- wickler. F fir eine praktisehe Brauehbarkeit des Nikotins ist es aber erforderlieh, daft es in eine bestikndigere Form gebraeht wird. Riehtung- gebend sind hier die neuen amerikanisehen Unter- suchungen, insbesondere die Arbeit yon Moore, der im Nikotintannat ein Prgparat land, das den Witterungsverhi~ltnissen des Freilandes ausgesetzt noch 20 Tage nach der Anwendung eine prak- tiseh brauehbare Wirkung behielt. Schriftenverzeichnis. F e y t a u d ~ M. J., Recherches sur la coehylis et l'eud6mis duns le Bordelais en 1912. Annales des Epiphyties 1913~ 1. 253. 19 Lovctt, A. L., Nicotine sulphate an effective ovicide for codling moth eggs. Journ. Econ. Ent. 1918: 11, 149. M a r e h a 1~ P.~ Rappor~ sur los travaux aeeomplis par la mission d'~tude de la cochylis et de l'eudgmis pendant l'ann6e 1911. Paris et Li6ge 1912. Mchllister, L..L and van Leeuwen, C. R., La- boratory tests of miscellaneeus chemicals against the codling moth. Journ. Econ. Ent. 1930, 23, 907. M c I n d o o , a. o.~ Nicotine sulphate as an ovioide and larvicide. Bulletin 938, U.S.D.A. 1921. No o re_, W., Comparisions between nicotine tannate and arsenate of lead as codling moth poison. Journ. Econ. Ent. 1932, 25, 554. Sprengel~ L.~ Epidemiologische Forschungen fiber den Traubenwiekler Clysia ambiguella Itfibn. und ihre Auswcrtnng ffir die praktische Grogbek~mpfung. Zeitschrift ftir angew. Entomotogie 1931, 18. 505. Folgerungen aus den neuen Untersuchungen fiber die Forleule. Von K. Friederichs. (Mit 1 Abbiidung.) Die Mtindener uncl die -- weniger umfang- reiehen --, Rostoeker Untersuehungen fiber das jfingste Auftreten der Forleule in Norddeutseh- land erg'~tnzen einander reeht gut in dem Gegen- stand, der das Hauptthema der zweitgenannten Untersuehungen ausmaehte, der Epidemiologie. In der Rostoeker Arbeit wurde ausgefiihrt, dal~ die Forleule .als SchMling in Mecklenburg be- sehrankt sei auf groi3e, zusammenhangende Kiefern- wNder, die auf BSden ohne Unterholz, mit wenig Graswuehs, wo Hungerfleehte und Moose vor- herrsehen und der Boden in seinen oberen Sehichten wenig Feuehtigkeit halt. Daselbst bildet sieh leieht ftir langere Zeit am Tage wahrend der Vegetations- periode eine Luftwarme heraus, die tiber der des allgemeinen I~limas liegt. Mangelnde Luftbewegung und die Besehaffenheit des sehr sandigen, troekenen Bodens, der wenig Warme ableitet, wirken zu- summon zu einer Aufstauung der Sonnenwgrme, wahrend solche auf feuehterem Boden grogenteils in diesen abgeleitet wird, oder, wo der Wind an- kommen kann, sieh mit der Umgebung ausgleieht. Die Bodenbesehaffenheit und die Struktur jener W~lder sehaffen also ein Bestandesklima, dasder Forleule offenbar gfinstig ist. Abgeleitet wurde aus diesen Verhaltnissen der r~umliehe Massen- weehsel derl Forleule, soweit das his jetzt mSg- lieh war; denn Untersuehung der Einwirkung jener optimalen Warme attf die versehiedenen Stadien der Forleule im einzelnen an Oft und Stelle steht noeh aus, abet das stetige Gegeben- sein jener iikologischen VerhMtnisse an jeder Stelle in Mecklenburg, wo es zu reiehlieher Vermehrung der Forleule kam, ist festgestellt. Aus den Mtindener Untersuehungen (Eidmann und Schwerdtfeger, die tibrigen Beitrage yon dort betreffen nieht epidemiologisehe Themen odor doeh nieht die Kernfragen) geht hervor, dag der Forleulenfrag in Preugen nieht auf geringe Er- tragsldassen besehrankt war, dab er jedoch am sehwi~ehsten war auf B6den 4or II./HI. Ertrags- klasse und nait dem Sehlechterwerden der Bonitat his zum Maximum auf B6den der V. Ertragsklasse stieg. Ein Vergleieh mit den Feststellungen in 5Ieeklenburg ist nieht ohne weiteres m6glieh, weil daselbst nieht die B0nit~t untersueht, sondern nut der troekene, sandige, humusarme, unterholz- lose Charakter der betreffenden Walder und Wald- teile festgestellt wurde. Wenn nun aber in Preugen die Plage aueh in Best~nden solcher Art auftritt, wie sic in Mecklenburg nieht befallen werden, so kaan das nieht fiberrasehen, dr, wie ieh von vornherein betonte, die Bedeutung der Wohnwelt- faktoren ,d~mamiseh" anfgefagt werden mug, d. It. Faktorenwerte, die z. B. in Mecklenburg f fir die Forleule ungiinstig wirken, ihre Vermehrung be- sehr~nken, k6nnen weiter binnenlands, fiberhaupt in dnem anderen Klimabezirk, dutch die Kom- bination mit anderen Werten gfinstig genug sein, um eine optimale Warme und Umgebung fiberhanpt aufkommen zu lassen; denn die grogen Sehad- gebiete im 5stliehen and im sfidliehen Deutseh-

Folgerungen aus den neuen Untersuchungen über die Forleule

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15. 2.1935 I Heft 2 J

K. FRIEDERICHS. Folgerungen aus den neuen Untersuchungen fiber die Forleule.

?nderer Autoren), geben einen Hinweis ftir die wirksame Bekampfung yon Apfel- und Trauben- wickler. F fir eine praktisehe Brauehbarkeit des Nikotins ist es aber erforderlieh, daft es in eine bestikndigere Form gebraeht wird. Riehtung- gebend sind hier die neuen amerikanisehen Unter- suchungen, insbesondere die Arbeit yon Moore, der im Nikotintannat ein Prgparat land, das den Witterungsverhi~ltnissen des Freilandes ausgesetzt noch 20 Tage nach der Anwendung eine prak- tiseh brauehbare Wirkung behielt.

S c h r i f t e n v e r z e i c h n i s .

F e y t a u d ~ M. J., Recherches sur la coehylis et l'eud6mis duns le Bordelais en 1912. Annales des Epiphyties 1913~ 1. 253.

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L o v c t t , A. L., Nicotine sulphate an effective ovicide for codling moth eggs. Journ. Econ. Ent. 1918: 11, 149.

M a r e h a 1~ P.~ Rappor~ sur los travaux aeeomplis par la mission d'~tude de la cochylis et de l'eudgmis pendant l'ann6e 1911. Paris et Li6ge 1912.

M c h l l i s t e r , L . .L and van L e e u w e n , C. R., La- boratory tests of miscellaneeus chemicals against the codling moth. Journ. Econ. Ent. 1930, 23, 907.

M c I n d o o , a. o.~ Nicotine sulphate as an ovioide and larvicide. Bulletin 938, U.S.D.A. 1921.

No o re_, W., Comparisions between nicotine tannate and arsenate of lead as codling moth poison. Journ. Econ. Ent. 1932, 25, 554.

Sp renge l~ L.~ Epidemiologische Forschungen fiber den Traubenwiekler Clysia ambiguella Itfibn. und ihre Auswcrtnng ffir die praktische Grogbek~mpfung. Zeitschrift ftir angew. Entomotogie 1931, 18. 505.

Folgerungen aus den neuen Untersuchungen fiber die Forleule. Von

K. Friederichs.

(Mit 1 Abbiidung.)

Die Mtindener uncl die - - weniger umfang- reiehen - - , Rostoeker Untersuehungen fiber das jfingste Auftreten der Forleule in Norddeutseh- land erg'~tnzen einander reeht gut in dem Gegen- stand, der das Hauptthema der zweitgenannten Untersuehungen ausmaehte, der Epidemiologie. In der Rostoeker Arbeit wurde ausgefiihrt, dal~ die Forleule .als SchMling in Mecklenburg be- sehrankt sei auf groi3e, zusammenhangende Kiefern- wNder, die auf BSden ohne Unterholz, mit wenig Graswuehs, wo Hungerfleehte und Moose vor- herrsehen und der Boden in seinen oberen Sehichten wenig Feuehtigkeit halt. Daselbst bildet sieh leieht ftir langere Zeit am Tage wahrend der Vegetations- periode eine Luftwarme heraus, die tiber der des allgemeinen I~limas liegt. Mangelnde Luftbewegung und die Besehaffenheit des sehr sandigen, troekenen Bodens, der wenig Warme ableitet, wirken zu- summon zu einer Aufstauung der Sonnenwgrme, wahrend solche auf feuehterem Boden grogenteils in diesen abgeleitet wird, oder, wo der Wind an- kommen kann, sieh mit der Umgebung ausgleieht. Die Bodenbesehaffenheit und die Struktur jener W~lder sehaffen also ein Bestandesklima, dasde r Forleule offenbar gfinstig ist. Abgeleitet wurde aus diesen Verhaltnissen der r ~ u m l i e h e Massen- weehsel derl Forleule, soweit das his jetzt mSg- lieh war; denn Untersuehung der Einwirkung jener optimalen Warme attf die versehiedenen Stadien der Forleule im einzelnen an Oft und Stelle steht noeh aus, abet das stetige Gegeben-

sein jener iikologischen VerhMtnisse an jeder Stelle in Mecklenburg, wo es zu reiehlieher Vermehrung der Forleule kam, ist festgestellt.

Aus den Mtindener Untersuehungen ( E i d m a n n und S c h w e r d t f e g e r , die tibrigen Beitrage yon dort betreffen nieht epidemiologisehe Themen odor doeh nieht die Kernfragen) geht hervor, dag der Forleulenfrag in Preugen nieht auf geringe Er- tragsldassen besehrankt war, dab er jedoch am sehwi~ehsten war auf B6den 4or II . /HI. Ertrags- klasse und nait dem Sehlechterwerden der Bonitat his zum Maximum auf B6den der V. Ertragsklasse stieg. Ein Vergleieh mit den Feststellungen in 5Ieeklenburg ist nieht ohne weiteres m6glieh, weil daselbst nieht die B0nit~t untersueht, sondern nut der troekene, sandige, humusarme, unterholz- lose Charakter der betreffenden Walder und Wald- teile festgestellt wurde. Wenn nun aber in Preugen die Plage aueh in Best~nden solcher Art auftritt, wie sic in Mecklenburg n i e h t befallen werden, so kaan das nieht fiberrasehen, dr, wie ieh von vornherein betonte, die Bedeutung der Wohnwelt- faktoren ,d~mamiseh" anfgefagt werden mug, d. It. Faktorenwerte, die z. B. in Mecklenburg f fir die Forleule ungiinstig wirken, ihre Vermehrung be- sehr~nken, k6nnen weiter binnenlands, fiberhaupt in dnem anderen Klimabezirk, dutch die Kom- bination mit anderen Werten gfinstig genug sein, um eine optimale Warme und Umgebung fiberhanpt aufkommen zu lassen; denn die grogen Sehad- gebiete im 5stliehen and im sfidliehen Deutseh-

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land liegen in einem anderen Klima als das mecklen- burgische.

In den VerSffentlichungen yon E i d m a n n und S c h w e r d t f e g e r fiber den z e i t l i c h e n Massen- weehsel ist nun ausgeffihrt, dab der zeitliche Ver- lauf der Gradationen der Forleule in dem groBen Untersuchungsgebiet der genannten A utoren (Mittel- und Ostdeutschland) erkennen lasse, wie in der Regel nach einem Zusammenbruch alsbald wieder ein neuer, stetiger Aufstieg der Forleulenbeviilke-

dargestellt werden als bet E i d m a n n ; ich kSnnte auch, often gestanden, mit den Bildern, die die Klimatogramme nach Cook ergeben, wie sie E. gebraucht, durchaus nichts anfangen. Ich erkenne daran keine Ahnlichk~it der drei Klimate, die E. graphisch darstellt . Dagegen ist diese Ahnlichkeit aus Tabellen und daraus errechneten Zahlen leicht erkennbar.

Die mittleren Monatstemoeraturen der betreffen- den Gebiete sind:

I[ IIl IV V VI ~H VIII IX X XI XII

- -2 ,3 0,5 5,9 12,2 15,6 17,4 16,0 12,4 7,4 2,0 - -1 ,7 - - 1,3 1,5 6,4 12,4 16,1 17,7 16,3 12,9 7,8 2,7 0,8

0,0 2,9 7,6 13,2 16,7 18,1 17,0 13,7 8,5 3,3 0,0 0,0 2,7 7,2 12,7 16,4 18,1 16,8 13,6 8,5 3,6 0,3 0,4 3,4 8,1 13,2 16,8 18,2 17,2 13,5 8,3 3,5 0,1

0,2 2,3 6,6 11,8 15,4 16,7 15,a 12,8 8,1 3,3 0,2

I Hauptschadgebiete

Allenstein . . . . . - - 3,3 Schneidemfihl. - - 2,5 Frankfurt a.O. - - 1,4 Stettin . . . . . . - - 1,2 Niirnberg . . . . . - - 1,4

Schadgebiet Mecklenburg Meteor. Station ]~[arnitz - - 1 , 2

Zu weiterem Vergleich Letzlingen (Prov.Sachsen) - - 0,7 0,5 3,5 8,0 13,5 16,8 18,0 16,8 13,8 9,0 4,0 1,0

rung einsetzt, der nach einer gewissen Zeit (10 Jahre) wieder zu einer Kalamitat ftihrt. Eine Gradation schlieBt sich daher in den Hauptschadgebieten liickenlos an die andere an. E i d m a n n schlietlt daraus mit Recht, dab die A u B e n f a k t o r e n - er meint, dab neben dem Klima aueh die Nahrung in Betraeht k o m m e - in den Hauptschadgebieten so gfinstig seien, dab der Vermehrungskoeffizient in der Regel hSher als 1 ist. An einem gewissen Punkte hoher BevSlkerungsdichte kommt es aber dann regelmai]ig zu einem Zusammenbruch der Gradation.

In bezug auf die Ernahrung ist die Forleule selbstredend fiberall optimal gestellt, wo sie in reinen Kiefernwi~ldern lebt. Da nur solche bier verglichen werden, so erledigt sich damit dieser Punkt. Zu vergleichen sind dagegen die Klimate der Hauptschadgebiete untereinander und mit dem des siidwestliehen Mecklenburg; man wird aus diesem Vergleich die in gewissen Hinsichten bestehende weitgehende Ubereinstimmung der ersteren und die Abweichu~g des letzteren davon ersehen kSnnen, und es wird mSglich sein, daraus zu verstehen, warum in jenen Forsten die Forl- eule sich in gleichartiger Weise vermehrt, in dieser in einer davon abweichenden Art, namlich nur gelegentlich. Wenigstens wird man es soweit verstehen, als das Fehlen yon genauen Unter- suchungen fiber das Bestandesklima und fiber die Reaktionen der verschiedenen Stadien der Eule im Walde darauf es zul~Bt. Hierzu mfissen die interessierenden Eigenschaften der Klimate anders

Aus diesen Zahlen kann zuni~ehst einmal fest- gestellt werden, da~ die Temperaturen der Winter- monate in den Hauptsehadgebieten recht verschieden sind. Das Mittel des Januar bewegt sich zwischen -3 ,3 (Allenstein) und -1,2 (Stettin). Man darf daraus schlieBen, daB innerhalb dieser Grenzen die Winter- temperatur wenig Bedeutung hat; dies gilt um so mehr, als die Wintertemperatur von Sfidwest- Mecklenburg derjenigen von Stettin sehr lihnlich ist, obgleich letzteres Hauptschadgebiet ist und ersteres nicht.

Alle H a u p t s c h a d g e b i e t e abe r h a b e n e ine h S h e r e T e m p e r a t u r w a h r e n d der drei Frel~- m o n a t e d e r R a u p e n a l s M e c k l e n b u r g . Selbst Allenstein liegt darfiber, wiewotfl nur wenig. Zahlt man die Mittel der Temperaturen yon Mat, Juni und Juli zusammen, so ergibt sich ffir

Allenstein Schneidemfihl Frankfurt a. O. 45,2 46,2 48,0

Stettin Nfi~nberg Marnitz 47,2 48,2 43,9

Nachdem ich in meiner Publikation fiber die Forl- eule die Unterschiede des Bestandesklimas, ins- besondere die Bedeutung der W a r m e an den von der Forleule gefahrdeten Orten, so sehr betont habe, scheint es mir angebracht, auf diese Stfitze meiner Auffassung hinzuweisen. Alles spricht da- ffir, daB die Wiirme in jenen drei Monaten in Mecklenburg im allgemeinen nicht hinreicht zu einer Massenvermehrung der Forleule; nur wenn die im marinen Klima des westlichen Baltikum

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mit den marinen LuftkSrpern abweehselnden kon- tinenta]en LuftkSrper hi~ufig eintreien, damitWarme bringen und die Forleule begiinstigen, tritt fiir diese das Optimum ein, abe r a u c h d a n n nu r in den w a r m s t e n Wa lde rn und Waldte i len .

Die tIauptschadgebiete sind des weiteren ge- kennzeiehnet durch nicht sehr bedeutende mittlere j'~hrliche Niederschlagsmengen, die etwas kleiner sind als in Mecklenburg;

hllenstein Schneidemtihl Frankfurt a. O. 60 cm 57 cm 52 cm Stettin Niirnberg Marnitz 54 cm 56 cm 63 cm

Offenbar wird in Mecklenburg die untere Grenze des Temperaturoptimmns selten erreicht, die obere des Niederschlagsoptimums meist iiberschritten. Es handelt sich in den Hauptschadgebieten um Klimate, die durch Haufigkeit kontinentaler Luft- kiirper ausgezeichnet sind, im Gegensatz zuMecklen- burg, we normalerweise die marinen iiberwiegen.

Vergleichen wir damit westdeutsche Gebiete, die doeh ein mehr atlantisches Klima haben, wie das yon Kleve im Rheinland, we, wie iiberall im Westen, Dauerschaden durch die Eule nicht ein- treten, oder das yon Miinster in Westfalen, so kon- statieren wir, dab in Kleve der betr. Temperatur- wert mit 45,4 ungefahr dem yon Allenstein gleich- kommt, in Miinster mit 44,8 ihm nahekommt, dal] die Niederschlagsmenge abet 74 bezw. 77 cm be- tri~gt, womit ein wesentlicher Unterschied zu den Hauptschadgebieten gegeben ist. Au6erdem gilt ffir diese Gegenden wie ffir den ganzen Westen Deutschlands, dab daselbst die mittlere tagliche Sonnensche indaue r l ) , auf das gauze Jahr mn- gerechnet, bedeutend kfirzer ist als im Osten. Selbstverst~i~dlich ist neben der Lufttemperatur und vermutlich mel~r als diese die" Sonnenschein- dauer 5kologisch yon ausschlaggebender Bedeutung. Alle Hauptschadgebiete mit Ausnahme Niirnbergs haben im Jahresdurchschnitt viel Sonnenschein. Niirnberg schneidet aber sehr giinstig ab bei einem Vergleich der durchschnittlichen Wind- g e s c h w i n d i g k e i t im Mai, Juni, Juli in den Schadgebieten; vSllig ffir alle Schadgebiete durch- gefiihrt kann dieser Vergleich in Ermangelung der betreffenden Werte nicht werden. Es ist klar, dal~ auch dieser klimatische Faktor zu

~) G. Schwalbe sagt in Abhandlungen naturforsch. 6esellschaft Restock, N. F., Bd. 5, 1913, S. 11: ,Es ergab sich, dal~ der gauze Westeu mi t Einschlul~ Mecklen- burgs etwa 1500 Sonnenscheinstunden im Jahre hat, w~hrend welter 5stlich, z. B. in Kolberg, diese Zahl bis 1700 anw~chst." hus den.Aagaben in ge[ lmanns Klimaatlas kann man ftir Ostp~eul~en ann~ihernd die gleiche Zahl ausrechnen.

K. FRIEDERICHS. Folgerungen aus den neuea Untel'suchungeu tiber die Forleule. 21

denen gehSrt, die die ~Skologische Temperatur der Raupe und damit die Warme ihres K6rpers beeinflussen, und durch diese werden bekannter- maBen alle Lebensprozesse bei Insekten und da- mit auch ihr Massenwechsel am starksten bedingt.

Ein paar Worte noch iiber L e t z l i n g e n , das (Station Oardelegen) nur etwa 57 cm Niederschlage und mit einer Warme von 48,3 0 von Mai bis Juli etwa die Lufttemperatur von Niirnberg hat. Hier wi~ren also die allgemein-klimatisehen Bedingungen ftir Dauerschaden gegeben, und dennoeh bleibt in Letzlingen solcher aus. Ein ha.gument gegen die

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Temperotur im a l l g e m e i n e n ausschlaggebende Bedeutung des Klimas ffir die Forleule kSnnte daraus nur ableiten, wer nicht dynamisch zu denken vermag. Immer kommt es auf die G e s a m t h e i t aller Be- dingungen an; davon h~ngt die Bedeutung der einzelnen Faktorenwerte ab. So wird es sich auch sparer einmal erklaren, dal~ nach Hil l trod v. Wi t t i ch 1924 in Biesenthal bei Eberswalde gerade die schlechtesten Standortsklassen vonder Forleule gemieden wurden. Ganze Klarheit wiirden nur umfangreiche, an vielen Stellen zugleich aus- geffihrte Messungen tier Unterschiede des B e- s t a n d e s k l i m a s bei gleichzeitiger Berficksichti- gung yon Boden und Streu als Puppenlager bringen

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22 K. FmED~mOns.

kSnnen, aber die R i e h t u n g der weiteren Unter- suehung ist hiermit gegeben.

Das Diagramm zeigt sehr deutlieh, dag die Hauptsehadgebiete, soweit es sieh in den Tempe- raturen der Flegmonate der Raupe und den j~thr- lichen Niedersehlagsmengen ausdrfiekt,dem gleiehen Klimabereieh zugehOren und dab das Sehadgebiet Sfidwest-Meeklenburg sieh klimatiseh nieht sehr weit davon entfernt.

Es wurde bereits erw~hnt, dag in den Haupt- sehadgebieten eine kontinuierliehe, naeh dem Zu- sammenbrueh der Kalamitat alsbald wieder ein- setzende Vermehrung beobaehtet wurde. Einen ,,eisernen Bestand gibt es demnaeh daselbst nieht, aueh nieht", meint E i d m a n n , ,,ein organisehes Gleiehgewieht." Sie seien nieht einmal ,,eine Fiktion, mit der jedoeh gearbeitet werden kann" (ZwSlfer) . Sie seien geeignet, falsehe Vor- stellungen zu erweeken und daher wenigstens ffir die Hauptsehadgebiete besser fiberhaupt fallen zu lassen, Wie w e i t sie ffir Gebiete, wo die Eule zeitweise, abet nieht regelm~tgig in Gradation trate, noeh Bereehtigung hatten, sei zu unter- suehen; aueh da abet mfigten sie mit Yorbehalt und keineswegs in dem ursprfingliehen Sinne an- gewendet werden.

Ffir das sonstige Verbreitungsgebiet der Forl- eule seheint E i d m a n n demnaeh den Begriff des organisehen Gleiehgewiehts gelten zu lassen. Er g i l t a b e t e n t w e d e r a l l g e m e i n ode r f iber- h a u p t n i eh t , d. h., wenn man ihn normalerweise gelten l~gt, so mug man die anseheinende Nieht- geltung in den Hauptsehadgebieten dazu in eine gedankliehe Beziehung bringen, etwa so, dag man sagt, das Gleiehgewieht sei daselbst aus den Angeln gehoben oder dergleiehen. Das Gleiehgewieht allgemein lengnen, hiege ja, die Selbstregulierung der Naturerseheinungen leugnen, welehe doeh geradezu das Wesen der natfirliehen Systeme ausmaeht. Diesen Angriff auf dieses glfieklieh gewonnene Fur~dament der synthetisehen Biologie mit einer einzigen Erfahrungstatsaehe zu be- grflnden, ist voreilig. Man mug abwarten, ob es sieh zeigt, dag viele TierbevSlkerungen sieh naeh dem Typus vermehren, wie die Forleule in ihrert Hauptsehadgebieten; dann kgnnte die ErOrterung fiber das Gleiehgewieht wieder beginnen, und sie wird wieder aufgenommen werden mfissen, da das Thema aueh trotz der. ausfiihrliehen ErOrte- rungen in meinem Buehe fiber die ,,Grundfragen" noeh nieht genfigend durehgedaeht worden ist; ieh wfirde heute vielleieht die Theorie etwas anders fassen, neuen Erfahrungen gem/~g. Eine ausffihr- liehe Verteidigung abet wi~re jetzt ebenso un- angebraeht ~vie verfrfihtes Sturmlaufen dagegen.

Folgerungen aus den neuen Untersuchungen tiber die Forleute. [15. 2.1935 [ Heft 2

Ieh will jetzt nur darauf hinweisen, dab das Gleich- gewicht in der b!sherigen Auffassung eine i dee l l e D u r e h s e h n i t t s 2 a h l ist, demnaeh eigentlieh f iber dem ,,eisernen Bestand" liegen m~igte, und dal~ die regulierenden Faktoren aus der g a n z e n Wohn- welt des Tieres kommen, nieht etwa nur aus der belebten, sondern in Klima, Bodenbesehaffenheit, Nahrung und Feinden als einem in sich verbundenen System von Kr~tften bestehen, dag also der Wider - s t a n d der g e s a m t e n A u g e n w e l t der der Vev- mehrung entgegenwirkende Partner ist. Die eine Seite des Gleiehgewiehtssystems ist die ungeheure Dynamik, die in der Vermehrungsf/ihigkeit des e i n z e l n e n - O r g a n i s m u s liegt, die andere Seite die gesanlte AuBenwelt. Das bedeutet, dab der Widerstand (bei diehter BevSlk erung) a u e h i n n e r- ha lb der Ar t besteht, denn die Artgenossen ge- h6ren doeh ffir den einzelnen Organismus zur Aul~enwelt. Diese Andeutungen m6gen genfigen, zu zeigen, dab man mit der Leugmmg des Tat- bestandes, tier dem Bilde yore ,Gleiehgewicht" zugrundeliegt, sehr Vorsiehtig sein mug.

Es kann weiter noeh zu der VermehrungskuI~'e der Forleule in den IIauptsehadgebieten gesagt werden, dag sie in ihrem steilen Aufstieg der- jenigen Kurve ghnelt, welehe P e a r l ermittelt hat als ffir viele oder alle Organismen geltend in dem Fall, dag der Organismus sieh in optimaler kilnst- 1Mler, ihm allein gehSrender Wohnwelt vermehrt und diese allmghlieh ausffillt, da ein Widerstand nieht besteht. Ist die Ausf{illung erfolgt, so geht, wenn die Nahrung dauernd in hinreiehender Menge Zur Verffigung steht; die Kurve in eine Asym- ptote fiber, d. h. die BevSlkerung bleibt konstant. Praktiseh, in der Natur, bestehen immer stSrende Umstgnde, und augerdem kann leieht die Nahrung vSllig erseh6pft werden, ehe sie wieder zuwaehst. So ist aueh im Falle der Forleule in ihren Haupt- sehadgebieten ein gewisser Widerstand zwar vor- h a n d e n - es kommt ja stets ein erheblieher Teil der Naehkommensehaft u m - und so l~ann die Kurve nieht einfaeh die Pear l sehe sein. Gause hat Beispiele gegeben, wie die Kurve yon der Pea r l sehen abweieht unter dem Einflug der Kon- kurrenz, der Temperatur usw., also dutch ver- sehiedene Widerst~nde der Umgebung. Aueh dann aber kommt es - - unter konstanten Bedingungen - - zmn Ubergang der Kurve in eine Asymptote,wNlrend die Kurve der Forleule steil absinkt. Im Ex- periment mSehte sie sieh, wenn man ihr auf gleiehem Raum imnler frisehe, gleieh gute Nahrung bieten kSnnte, wolll so verhalten, wie bei Drosophila im gleiehen Falle. Aber der Wald leidet dureh die l~aupenmassen, die Nahrung wird knapp und sehleehter; damit wird aueh die Konkurrenz der Artgenossen zum starken Widerstand, kurzum, es

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tritt ein, was aueh Drosophila geschehen wiirde, wenn der Experimentator die Nahrung nicht er- neuerte. A~Berdem kOnnen sieh die Parasiten der Forleule stark vermehrt haben, oder eine Seuehe kann eingetreten sein usw.

UnnStig zu sagen, dab die Miindener Ermitt- ]ungen fiber die periodisehe Vermehrung der Forl- eule in Verbindung mit der Wahrscheinliehkeit, dab auch andere Waldverderber sich so verhalten k~nnen, auBerst ,wichtig in epidemiologischer Be- ziehung sind; mancherlei deutet darauf hin, dab es auch aul]erhalb des Waldes solcher Verlauf der Vermehrung haufig vorkommt; es sei z. B. auf E I t o n s and seiner Mitarbeiter Feststellungen iiber die Vermehrung yon Nagern hingewiesen, oder man denke an die der Lemminge. Andererseits sieht es nieht so aus, Ms ob die Wanderheuschrecken einen ebensolchen Rhythmus derVermehrung haben.

In den Fallen periodischer Vermehrung, sagt E i d m a n n , sei der Zusammenbruch und nicht die Entstehung der Gradation das epidemiologisehe Problem. Vom praktisehen Standpunkt aus aber mtiBte meines Eraehtens die epidemiologisehe Fragestellung vor allem dahin gehen, zu ermitteln, Welehe Ursaehen die Vermehrung anderswo, auBer- halb tier Hauptschadgebiete, so einsehranken, dab

eine Gradation, nicht oder nicht regelmi~Big auf- kommt bezw. welehe Faktoren die Eule in den Hauldtschadgebieten so begfinstigen, dab sie sich stiindig bis zur Uberv61kerung vermehrt. Dem- entspreehend habe ieh meine Fragestellung ffir die meeklenburgischen Forsten eingeriehtet, und hieraus kOnnte die Forstwirtsehaft regional un- mittelbaren Nutzen ziehen, wie sie mittelbar aus den 3[iindenerUntersuehungen grol3enNutzen ziehen wird, wenn diese in ihrer Bedeutung theoretisch und praktisch riehtig erkannt werden.

L i t e r a t u r . 1. Eidmann, g., Die Forleule in Preugen im Jahre

1933. Sonderdruck aus Mitteilungen aus Forstwirt- schaft and Fomtwissenschaft 1934.

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4. F r i e d e ri e h s, K., Die Kieferneule in Mecklenburg. II. Fm~twissenschaftliches Centralblatt 1934 und Tell I, ebenda 1933.

5. H i 1 fund v. Wit t i c h, Der Deutsche Forstwiffc, Bd. 6, S. 813--814.

6. G a use, G. F., in: Quarterly Review of Biology, Vol. 7, 1932, S. 27--46.

7. Pear l , R., The ecology of population growth. New York 1825.

8. SChwerdt feger , s. unter Eidmann.

N e u e Untersuch u ngen ii ber den Kie fernsp in n er (Dendrolimuspini L.). 1) Von

Forsiassessor Dr. K. M~bius, Dessau. (Mit 2 Abbildungen.)

Die Massenvermehrung des Kiefernspilmers in dem PreuBisehen Forstamt GroB-SchSnebeek (Schorfheide) im Jahre 1933 sollte dazu benutzt werden, einige, diesen Sohadling betreffende, praktisch wichtige, bislang aber noeh strittige Fragen soweit wie mOglieh zu entscheiden. Aus diesem Grund hat Verfasser sieh auf Anweisung von Herrn ProL Dr. E i d m a n n , Hann.-Mtinden, zur [;'berwaehung der Versuehsarbeiten w~hrend des Aufstiegs der Spinne~Taupen in der Zeit vom 15. Marz his 10. Mat und wahrend des Falterflugs vom 20. Juli bis 20. August im Befallsgebiet auf- gehalten.

Die Versuchsarbeiten wurden in Anlehnung an einen yon Prof. H. E i d l n a n n aufgestellten Ver- suchsplan durchgeftihrt. Zu bearbeiten waren folgende Fragen bezw. Themen:

1. Wie hoeh ist die kritisehe Raupenzahl? 2. Welcher Anteil der tatsaehlieh vorhandenen

Raupen wird normalerweise bet den Probe- suchen im Winter gefunden?

~) Uber die fomtwissenschaftlichen Ergebnisse der Untersuchungen ist vom Verfasser im ,Deutschen Forst- beamten" Nr. 27, 1934 berichtet WOl'den.

3. Wandern die Raupen von den Leimringen weg und suchen sie ungeleimte Stamme auf?

4. Versnehe zur Erprobtmg neuer Mittel als Ersatz fiir Leimringe.

5. Versuche fiber die sogenannte Herdtheorie. Zwanglos ergaben sich weiterhin:

6, Feststellungen iiber den Erfolg des Leimens. 7. Ursachen des Zusammenbruchs der Kalamit~t

auf den nicht geleimten und stark gefahrdeten Flachen.

8. Die ZweekmaBigkeit von Leimstangen an Kulturrandern.

I. Einleitung. Infolge bedenklichen Auftretens des Kiefern-

spinners in verschiedenen Jagen der F6rstereien Hirschberg" und DSlln des Forstamts GroB-Schiine- beck im Jahre 1932 waren von seiten der Ver- waltung aus genaue Probesuehen inl Winter 1932/33 vorgenommen worden. Der Befund fiihrte dazu, rand 545 ha dureh Anlage von Leimringei1 zu schfitzen. Es war hierbei Gelegenheit gegeben, Versuche zur Kli~rung verschiedener strittiger