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Zeitschrift des Internationalen Versöhnungsbundes · Österreichischer Zweig Forum für aktive Gewaltfreiheit Schwerpunktthema: Militarismus und Militärausgaben Titelbild: Screenshot vom 5. März 2015 www.milspend.org Nr. 1 März 2015, 3,- 1458_15_Spinnrad1_15_Umschlag_wd_1458_15_Spinnrad1_15_Umschlag.qxd 24.03.15 14:15 Seite 3

Forum für aktive Gewaltfreiheit - IFOR Austria€¦ · editorial, impressum, offenlegung 2 lateinamerika - ein militarisierter kontinent 3 von ana juanche universitÄre forschung

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Zeitschrift des Internationalen Versöhnungsbundes · Österreichischer Zweig

Forum für aktiveGewaltfreiheit

Schwerpunktthema:Militarismus undMilitärausgaben

Titelbild: Screenshot vom 5. März 2015

www.milspend.org

Nr. 1März 2015, € 3,-

1458_15_Spinnrad1_15_Umschlag_wd_1458_15_Spinnrad1_15_Umschlag.qxd 24.03.15 14:15 Seite 3

EDITORIAL, IMPRESSUM, OFFENLEGUNG 2

LATEINAMERIKA - EIN MILITARISIERTER KONTINENT 3von Ana Juanche

UNIVERSITÄRE FORSCHUNG – FÜR MILITÄRISCHE INTERESSEN? 6von Irmela Steinert

DAS MOMENTUM DER HUMANITÄREN INITIATIVE NUTZEN 8Interview mit Botschafter Alexander Kmentt

DAS GESCHÄFT MIT DER BOMBE 10von Nadja Schmidt

FRIEDE UND NACHHALTIGE ENTWICKLUNG - EINFÜHRUNG 11IN DIE POST-2015-AGENDA DER VEREINTEN NATIONENvon David Gamsjäger

MOVE THE MONEY: DIE GLOBALE KAMPAGNE 12ZU MILITÄRAUSGABENvon Colin Archer

DIE MILITARISIERUNG IN KOLUMBIEN UND DIE FRIEDENS- 14ALTERNATIVE AUS DER SICHT DER WEHRDIENSTVERWEIGERUNGAUS GEWISSENSGRÜNDENvon Mario Andres Hurtado Cardozo

TROJANISCHER KRIEG UND POTJOMKINSCHES DORF 16ÖSTERREICHS BEITRÄGE ZUR EU-AUSLANDSEINSATZPOLITIKSIND ÜBERWIEGEND MILITÄRISCHvon Thomas Roithner

FRONTEX SCHÜTZT. SCHÜTZT FRONTEX? 17von David Gamsjäger

LICHT AM ALBANISCHEN HORIZONT?! - DER WEG 18ZUR BESEITIGUNG DER BLUTRACHE IST BEREITETvon Giulia Zurlini

Gastkommentare müssen nicht mit der Meinung des Redaktions-teams der Zeitschrift Spinnrad übereinstimmen.

IMPRESSUM (alle anderen ungültig):Verleger, Herausgeber: Internationaler Versöhnungs bund, österreichischer Zweig (IVB)Redaktion: Irmgard Ehrenberger, Pete Hämmerle,Lucia HämmerleAdresse: Lederergasse 23/3/27, A - 1080 Wien; Tel./Fax: 01/408 53 32; Email: [email protected]: Monika NaskauLayout: Lucia HämmerleHersteller: AV+Astoria Druckzentrum GmbH,Faradaygasse 6, 1030 Wien; Verlagspostamt: 1080 WienBankverbindung: PSK, Kto.Nr. 92022553 (BLZ 60000);BIC: OPSKATWW, IBAN: AT94 6000 0000 9202 2553Preis der Einzelnummer: € 3,-Abonnement: € 12,- (Inland), € 15,- (Ausland)Für Mitglieder des IVB kostenlos!Der IVB ist ein Zweig der internationalen gewaltfreien BewegungInternational Fellowship of Reconciliation (IFOR). IFOR hat bera-tenden Status bei ECOSOC und UNESCO. IFOR umfasst einNetzwerk von 80 Zweigen und Gruppen auf allen Kontinenten.www.ifor.org

Der Internationale Versöhnungsbund isteine Vereinigung von Menschen, diesich aufgrund ihres religiösen Glaubens oder ihrer humanistischen Grundhaltungzur Gewaltfreiheit als Lebensweg und als Mittelpersönlicher, sozialer und politischer Veränderung bekennen.

I n h a l t Liebe Leserinnen und Leser!

Das Thema dieser Ausgabe begleitet den Internationa-len Versöhnungsbund schon seit seiner Gründung: Mili-tarismus und seine Folgen für die Menschen, den Frie-den und die Anliegen der aktiven Gewaltfreiheit, dennMilitarismus schafft Unfrieden, Ungerechtigkeit und hatmanchmal viele Gesichter.

Der Leitartikel (S. 3) befasst sich mit der umfassendenMilitarisierung Lateinamerikas und den Bestrebungenunserer Freundinnen und Freunde von Servicio Paz yJusticia (SERPAJ) diesem Zustand entgegen zu wirken.

Irmela Steinert beleuchtet in "Universitäre Forschung -für militärische Interessen?" (S. 6) eine Facette des Mili-tarismus, der v.a. in Österreich noch verhältnismäßigwenig Beachtung geschenkt wird. Mehr Aufmerksam-keit generieren derzeit die „humanitäre Initiative gegenAtomwaffen” (s. 8) und die Forschung zur Finanzierungnuklearer Rüstungsindustrie (S. 10) - Beispiele dafür,wie sich weltweit Menschen gegen Aufrüstung undKriegstreiberei engagieren (können).

Die Höhe der Militärausgaben (ca. 1,75 Billionen USD imJahr 2013) stehen in direktem Zusammenhang mit demimmensen Grad der weltweiten Militarisierung. Dies istGeld, das in sozialen und entwicklungspolitischen Berei-chen oft fehlt. Alternative Investitionsbereiche zeigt dieKampagne „Move the Money" (S. 12). Auch die AspekteWehrdienstverweigerung (S. 14) und österreichischeBeteiligung (an der überwiegend militärischen EU-Aus-landseinsatzpolitik, S.16) werden in diesem Spinnradaufgegriffen - Wir wünschen eine spannende Lektüre!

Lucia Hämmerle

Offenlegung gemäß §25 Mediengesetz: Eigentümer der Zeitschrift SPINNRAD ist zurGänze der Internationale Versöhnungsbund, Ledererg. 23/3/27, 1080 Wien. Im Vor-stand sind: Walter Buder, Daniela Härtl, Maria Hofmann, Carolina Nitsche, HaroldOtto, Marion Schreiber und Silvia Udwary.Grundlegende Richtung: Die Zeitschrift SPINNRAD dient der Verwirklichung der Prä-ambel aus dem Selbstverständnis des Herausgebers: “Der Internationale Versöh-nungsbund ist eine Vereinigung von Menschen, die sich aufgrund ihres religiösenGlaubens oder ihrer humanistischen Grundhaltung zur Gewaltfreiheit als Lebenswegund als Mittel persönlicher, sozialer und politischer Veränderung bekennen. Auf derGrundlage einer politischen Spiritualität und der aktiven Gewaltfreiheit als Lebensprin-zip arbeiten wir an der umfassenden persönlichen und gesellschaftlichen Befreiung.”

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Die Militärpräsenz in Latein-amerika kann – mit eini-gen Pendelbewegungen in

Raum und Zeit – als ein Kontinuumvon der Kolonialzeit bis zu denaktuellen Nationalstaaten gesehenwerden.

Das Verständnis dieses Phäno-mens erfordert die Analyse seinerUrsprünge und Ziele, die – in unter-schiedlichen Formen – das Interes-se der großen politischen und wirt-schaftlichen Mächte in einer Re-gion erklären, die durch vielfältigeReichtümer charakterisiert ist. DieMilitarisierung ist heutzutage einmultidimensionales Phänomen, indem jede ihrer Manifestationen effi-zient wirksam wird um die ganz-heitliche Kontrolle sicher zu stellen.

Die jüngere Vergangenheit ver-weist uns auf die Welle der Diktatu-ren in Lateinamerika, die von derDoktrin der nationalen Sicherheitunterstützt wurden. In der „Schuleder Amerikas“ graduierten 60.000Militärs und Polizist_innen aus 23lateinamerikanischen Ländern, vondenen viele bekanntermaßen mitden militärischen und zivil-militäri-schen Diktaturen und mit Verbre-chen gegen die Menschlichkeit, diein ihrem Verlauf begangen wurden,verbunden waren. Diese Doktrin,die ihre Feind_innen aus einer wei-ten Betrachtungsweise und mit Be-tonung auf diejenigen, die abwei-chende Ideologien vertraten, kon-struierte, säte aus politischen Moti-ven den Samen der Exklusion undFragmentierung der Völker.

Heute wird die neue Definition desFeindes mit den organisierten Ge-meinschaften assoziiert, die Wider-stand gegen die Kontrolle derSchlüsselelemente für die Souve-ränität und Selbstbestimmung un-

serer Völker leisten, also Grundund Boden sowie natürliche Res-sourcen (Erdöl, Wasser und Biodi-versität). Die Herrschaft über dieRohstoffe ist ein strategischer Fak-tor für die Konsolidierung destransnationalen kapitalistischenSystems. Die Suche nach derDurchsetzung einer neuen weltwei-ten wirtschaftlichen und sozialenOrdnung vollzieht sich durch Machtund durch Waffen: Gesetze, Auto-ritäten, Armeen und andere Institu-tionen, die diesem Zweck dienen.

In diesem Kontext entstehen dieFreihandelsabkommen, in Verbin-dung mit der RemilitarisierungLateinamerikas, oft durch Verhand-lungsrunden der G8, der Welthan-delsorganisation (WTO), der Euro-päischen Union oder der Vereinig-ten Staaten. Von den 20 Abkom-men, die die USA in den letztenDekaden unterzeichnet haben,schlossen 11 amerikanische Staa-ten ein (Kanada, Chile, Kolumbien,Costa Rica, Dominikanische Repu-blik, El Salvador, Guatemala, Hon-duras, Mexiko, Nicaragua, Panamaund Peru). Dazu muss man nochdie letzte Generation von Freihan-delsabkommen mit der EU hinzufü-gen, die die Reichweite noch signi-fikant erhöhen und die Länder derKaribik, zusammen mit Kuba undder Dominikanischen Republik(Cariforum), Peru, Kolumbien undZentralamerika einschließen.

Die Staaten der Europäischen Frei-handelsassoziation (EFTA) habenAbkommen mit sieben Ländern derRegion geschlossen (Kanada, Cos-ta Rica, Panama, Chile, Kolum-bien, Mexiko und Peru). Japan hatseinerseits Freihandelsabkommenmit Chile, Mexiko und Peru abge-schlossen.

Die wirtschaftlichen Pläne für unse-re Region enthalten weiters kultu-relle, arbeitsrechtliche, fiskalische,monetäre und die Umwelt betref-fende sowie natürlich politischeund soziale Aspekte, und gleichzei-tig werden Pläne für die Remilitari-sierung der Region entwickelt, imEinklang mit den neu definiertenPrioritäten: dem Kampf gegen denDrogenhandel, gegen den Terro-rismus und gegen die „radikalenPopulismen“. Auf diese Weise wur-den in breiter Zusammenarbeit undmit Zustimmung der nationalenRegierungen der Plan Colombia(samt seiner regionalen Andeniniti-ative), der Plan Puebla Panamaund der Plan Triple Frontera formu-liert, die die Ausbildung von Spezi-alkräften und Übungen in militäri-scher Zusammenarbeit, die mehrals 30 Militärbasen (traditionelleund hochtechnologische) und dieWiederbelebung der IV. Marineflot-te der Vereinigten Staaten beinhal-ten und so ein ausgeklügeltes Netzvon Beobachtung und KontrolleLateinamerikas begründen. Nichtunerwähnt darf hier die Initiative fürdie Integration der RegionalenInfrastruktur Südamerikas (IIRSA)bleiben, ein ambitioniertes Projektder territorialen Ordnung, dasdurch acht verschiedene Korridore(Wasserstraßen, Straßen, Eisen-bahnen, Flughäfen, Autobahnenund Tiefseehäfen) den Fluss vonRohstoffen und Gütern von derRegion Lateinamerika in den Restder Welt sichert.

Der Widerstand der Völker, der imGegensatz zu diesen Entwicklun-gen für die Erhaltung der Naturres-sourcen, das Land der Vorfahrenund die wirtschaftlichen, kulturellenund die Umwelt betreffenden Rech-te organisiert wird, tritt der Machtder großen Zentren mit klaren Wor-

SSERPAJ

Lateinamerika - ein militarisierter Kontinentvon Ana Juanche

urr-ld

ä-h-enegern-.”

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ten entgegen und wendet sichgegen die Einführung von Freihan-delszonen, die Männer und Fraueneiner neuen Form der Sklavereiunterwerfen, gegen Mega-Infra-strukturprojekte (Wasserkraftwer-ke, Wasserstraßen, Autobahnenusw.), die ganze Bevölkerungenüberrollen und darüber hinausunwiderruflich die Umwelt schädi-gen, gegen die Ausbeutung vonRessourcen wie Wasser, Erdgas,Erdöl, Kupfer usw., gegen diezügellose Anpflanzung von Sojaund Zellulose, die hyperextensiveund überbordende Kultivierung vonAgrotreibstoffen, die Patentierungder autochthonen Flora, gegen dengewaltsamen Einfluss von gene-tisch veränderten Produkten, diedie hunderten kreolischen Samen-banken vernichten, etc.

Eine Kartierung dieser drei Kompo-nenten – natürliche Ressourcen,soziale Bewegungen und Militärba-sen bzw. Manöver – sowie einÜbereinanderlegen dieser drei Kar-ten zeigt, dass wir an jedem Ortdes Landes, wo sich Bodenschätzebefinden, auch multinationale Inter-essen der Aneignung, organisierteKollektive ihrer Verteidigung undeine ökonomische und militärischePräsenz der Einschüchterung fin-den, die die Regierungen kontrol-lieren und sie dazu drängen, Mittelzu ergreifen, die ihren eigenenInteressen widersprechen. So istes z.B. mit den Terrorgesetzen –fälschlich „Antiterror-Gesetze“ ge-nannt – die den Rechtsrahmen fürdie Kriminalisierung und gerichtli-che Verfolgung des sozialen Prote-stes abgeben, mit der Praxis des„schnellen Schießens“, der Schaf-fung von nachbarschaftlichen,urbanen und ruralen „Sicherheits-wachen“ und den „Garotte-Kom-missionen“ (Knüppel), paramilitäri-schen oder polizeilichen Einrichtun-gen oder Privatarmeen, die dieInteressen der transnationalen öko-nomischen Macht schützen.

Angesichts der Widerspenstigkeitund Widerstandskraft, mit denenunsere Völker den Folgen der jüng-sten Vergangenheit und den Her-ausforderungen der Gegenwartbegegnen, appelliert man an diealten disziplinarischen Instrumente.Der antiterroristische Diskurs kon-struiert Subjektivitäten, bringt eine„Wahrheit“ hervor, und diese akti-viert die Beherrschung. Deswegenist es heute im Unterschied zur frü-heren Zeit nicht mehr notwendig,den Feind zu eliminieren, sondernihn zu erschaffen.

SERPAJ und die Kampagne fürDemilitarisierung

In Hinblick auf die Prozesse derRemilitarisierung in der Welt ent-wickelt Servicio Paz y Justicia enAmérica Latina (Dienst für Friedenund Gerechtigkeit/SERPAJ) eineKampagne, die zum Ziel hat zurDemilitarisierung beizutragen unddie sozialen Widerstandsbewegun-gen zu stärken. Unsere Gesell-schaften sind begründet auf undgewachsen aus autoritären Grund-lagen einer kulturellen, ökonomi-

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SSERPAJ

Flugblatt von SERPAJ: „Leben säen ist kein Verbrechen. Wir sagen NEINzu Vertreibungen, Ausbeutung von Bodenschätzen und Enteignungen.

Lateinamerika – Region des Friedens”

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schen und politischen Beherr-schung. Diese autoritäre Kultur, diegestützt und verstärkt wird durchAndrozentrismus und Machismo,produziert strukturell gewaltsame,ungerechte und ausschließendeGesellschaften, die auf den Un-gleichheiten von Geschlecht, Eth-nie, Alter und Zugang zu bzw.Besitz von Gütern und Dienstlei-stungen beruhen.

In jeder und jedem von uns istetwas von dieser Kultur. Wir repro-duzieren sie in unseren Familien,an unseren Arbeits- und Studien-plätzen, in unseren sozialen Grup-pen und Gemeinschaften. Wir brin-gen sie in unseren persönlichen,organisatorischen, institutionellenund soziopolitischen Beziehungenzum Ausdruck: in Familie, Kirchen,politischen Parteien, sozialen Or-ganisationen, Unternehmen, staat-lichen Institutionen und Kommuni-kationsmedien, um nur einige zunennen. Um diese interpersonalenund sozialen Beziehungen zuerhalten, schaffen die (wirtschaft-lich und politisch) dominantenGruppen Gesetze, Organisationenund Institutionen, die die Repro-duktion und das Funktionieren desSystems sichern und so ihr eige-nes Überleben und ihre Vorherr-schaft über andere gesellschaftli-che Gruppen garantieren.

Dieser Prozess wird von Indivi-duen, Regierungen, ökonomischenund politischen Gruppen angeführt,die eine Kultur der Waffen und derGewalt als Mechanismus zurSicherung der wirtschaftlichen,politischen und auch kulturellenKontrolle und Herrschaft befördernund verstärken. So konfrontierenwir die Gesetze und Militärappara-te, die diese ungerechte und aus-schließende Ordnung verteidigen,mit einem sozialen Diskurs.

Außerdem ist die Militarisierung einProzess, der mit großen Geschäf-ten der Produktion und des Han-

dels mit Waffen verknüpft ist, beidem Menschen unweigerlich zuOpfern werden, denn dieses Ge-schäft ist gegen das Leben undgegen den Planeten gerichtet.

Es gibt genügend Statistiken undvergleichende Daten, die die um-gekehrte Relation zwischen Investi-tionen in den weltweiten Rüstungs-wettlauf und dem Zugang von Milli-onen Menschen zu fundamentalenRechten wie Gesundheit, Woh-nung, guter Erziehung, gesunderUmwelt oder Wasser belegen: jemehr Investitionen in Kriegspläne,desto weniger Mittel für die Vertei-digung des Lebens.

Unser Kampf für die Demilitarisie-rung wird auf verschiedenen Ebe-nen geführt: von der Ebene desindividuellen Gewissens über diepersönlichen Einstellungen undBeziehungen bis zu den sozialenund politischen Strukturen, indenen wir leben. Unser Ziel über-steigt die Demilitarisierung derKasernen und der Rüstungsbud-gets. Wir streben die Demilitarisie-rung unserer Formen des Seinsund unserer Beziehungen an.

Diese Herausforderung konkreti-siert sich in dem Maß, in dem wirdie persönliche und kollektive Ver-antwortung für den Aufbaus einerKultur des Friedens übernehmen,die eine Gesellschaft basierend aufder vollen Gültigkeit aller Men-schenrechte fördert; einer inklusi-ven Gesellschaft, die den Beitragder ethnisch-kulturellen und religiö-sen Vielfalt respektiert und aner-kennt, die die Jugendlichen und dieKinder wertschätzt und die Gleich-heit und Gerechtigkeit auf allenEbenen fördert. Eine Gesellschaft,die ihre Verantwortung in der Ver-teidigung und dem Schutz derNatur anerkennt, nicht im Gegenü-ber zum Leben, sondern als Teildes Lebens selbst; die sich aus derUniversalität aufbaut, mit dem Bei-trag der Besonderheiten.

Eine Kampagne für Demilitarisie-rung zu entwickeln beinhaltet, überdie Ursachen der gewaltsamen undmilitarisierten Kultur der Gesell-schaft, genauso wie über dieSchaffung von Methoden undInstrumenten nachzudenken, diees uns erlauben, gemeinsam Alter-nativen aufzubauen hin zu einerGesellschaft, die unsere Gewissen,unsere sozialen, ökonomischen,politischen und kulturellen Struktu-ren demilitarisiert – also zu einerGesellschaft, die eine Kultur desFriedens aufbaut.

SERPAJ und die globaleAktionskampagne gegen

Militärausgaben

Zum vierten Mal nacheinanderschließt sich SERPAJ dem Tag fürGlobale Aktion gegen Rüstungs-ausgaben an, im Rahmen seinerkontinentalen Kampagne „Lasstuns unsere Gewissen, die Institu-tionen und die Gesellschaft demili-tarisieren. Lateinamerika – Regiondes Friedens“ (s. Bild links). In die-sem Jahr wird SERPAJ Aktionenzur Information und Verbreitungdes Anliegens in Städten undGemeinden der 12 Länder durch-führen, die dem Netzwerk angehö-ren (Argentinien, Uruguay, Brasi-lien, Paraguay, Mexiko, Ecuador,Kolumbien, Panama, El Salvador,Nicaragua, Costa Rica und Chile).

Das SERPAJ-Netzwerk, das inLateinamerika Pionierarbeit für dieDemilitarisierung durchführt, istTräger von Kampagnen wie„Rüsten wir das Budget ab“, inderen Verlauf Aktionen der Sensibi-lisierung, des Lobbying und derForderung der Reduktion des Mili-tärhaushalts zu Gunsten von sozia-len Investitionen entwickelt werden.

Ana Juanche arbeitet für SERPAJUruguay und war vormals Koordi-natorin von SERPAJ Lateinamerika

Übersetzung: Pete Hämmerle

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SERPAJ

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Nahezu unbeobachtet vonder Zivilgesellschaft sickernFördergelder aus dem mili-

tärisch-industriellen Komplex in dieForschungsaktivitäten der Univer-sitäten. Mit dem neoliberalen Um-bau gesellschaftlicher Strukturenund der Verknappung öffentlicherFördergelder für die Wissenschaftwurde sukzessiv die Heranziehungvon Drittmitteln - Fördergeldern ausFinanz- u. Realwirtschaft – als Fi-nanzierungsmodalität für universi-täre Forschung etabliert. MöglicheAbhängigkeiten von Fördergeber_innen hinsichtlich Auswahl vonForschungszielen und Anwendungihrer Ergebnisse bleiben für dieZivilgesellschaft intransparent undkommen im öffentlichen Diskurs zukurz. Wie ist es um die „Autonomieder Universitäten“ und die „Freiheitder Wissenschaften“ in der herr-schenden freien Marktwirtschaftbestellt? Wie um Transparenzrege-lungen und Kontrollmechanismender Drittmittelfinanzierung – insbe-sondere durch militärische Förder-geber_innen?

Militärische Infiltrationen anösterreichischen und deutschen

Hochschulen

Unter dem Titel „US-Militär lässt anÖsterreichs Universitäten forschen“berichtete die Wiener Zeitung(1) am8.7.2014, dass österreichische Uni-versitäten und die Akademie vonWissenschaften seit 2009 rund 8,8Mill. Euro vom Pentagon erhaltenhaben. Eine Datenerhebung derWiener Zeitung und NDR Info(2)

zeigte Kooperationen von For-schungsteams mit dem US-Militäran fast allen großen Universitäten.Die Studien werden als Grundla-genforschung (z.B. Genetik, Quan-tenforschung, Informatik) dekla-riert. Laut Prof. Liebert, Leiter desInstituts für Sicherheits- und Risiko-

wissenschaften an der Universitätfür Bodenkultur (Boku), ist aller-dings in der modernen Techno-Wis-senschaft die Unterscheidung vonGrundlagen- und Anwendungsfor-schung kaum möglich, ebenso dieeindeutige Zuordnung zu militäri-scher oder rein ziviler Forschung.Er sieht in der Dual-Use-For-schung, in der militärische For-schung immer auch zivile Zweckebedient und umgekehrt, ein Kon-zept Grauzonen zu schaffen. „Auchwenn die Forschungsergebnissenicht direkt für militärische Zweckeverwendet werden, müsse bedachtwerden, dass sich die Absichtender Forscher von jenen der Geld-geber unterscheiden.“

In Deutschland listete die Informa-tionsstelle Militarisierung Tübingen60 zivile deutsche Hochschulenauf, die wehrtechnische und wehr-medizinische Fragestellungen be-handelten (z.B. Maschinenbau,Nanotechnologie, Informatik, Mili-tärsoziologie). Im November 2013berichteten NDR Info und die Süd-deutsche Zeitung, dass seit 2010das Pentagon deutsche Hochschu-len und außeruniversitäre For-schungseinrichtungen mit etwa 10Mill. Dollar finanziell unterstützte.Einige Lehrstühle betrieben auchanwendungsorientierte Rüstungs-forschung (Verbesserung vonSprengstoffen, präzisionsgelenkteMunition, Raketen-Gefechtsköpfe).

Der Rüstungskritiker Jürgen Alt-mann von der Deutschen Physika-lischen Gesellschaft meint: “DasUS-Militär ist keine gemeinnützigeEinrichtung. Teil seines Auftrags istes, Forschung zu finanzieren, dieperspektivisch militärisch anwend-bar ist. Über diesen militärischenHin-tergrund sollte man nicht ein-fach hinwegsehen.”

Die Zivilklauselbewegung

Die zunehmende Rüstungsfor-schung an Hochschulen mobilisier-te Deutschlands Studierende undFriedensorganisationen. Die Ideeder „Zivilklausel“ wurde aufgegrif-fen. Zivilklauseln sind vertraglicheBestimmungen zur Selbstverpflich-tung von wissenschaftlichen Ein-richtungen, ausschließlich für zi-vile Zwecke zu forschen und For-schungsziele sowie Forschungs-mittel, die Rüstungsinteressen die-nen können, abzulehnen. Drittmit-telkooperationen mit militärischenEinrichtungen oder der Rüstungsin-dustrie kommen daher nicht in Fra-ge.

Die erste Zivilklausel gab es bereits1986 an der Universität Bremen. Inden 90er Jahren ist mit dem ver-meintlichen Ende des Kalten Krie-ges die Diskussion darüber einge-schlafen.

Erst 2009 kam das Instrument derZivilklausel wieder ins Spiel:Anlässlich der Fusion der Univer-sität Karlsruhe mit dem Kernfor-schungszentrum beschlossen dieStudierenden die für die Kernfor-schung geltende Zivilklausel aufdie gesamte Universität auszuwei-ten. Damit begann die aktuelleBewegung für Zivilklauseln andeutschen Universitäten.

Im Mai 2011 wurde die Initiative(3)

„Hochschulen für den Frieden – Jazur Zivilkausel“ gegründet, getra-gen von Studierenden, Wissen-schafts- und Friedensorganisatio-nen.(4) Ziel der Initiative ist es,der fortschreitenden Militarisierungder wissenschaftlichen Forschung,nicht nur in den Ingenieur- und Na-turwissenschaften, sondern auch inden Sozial- und Geisteswissen-schaften entgegenzutreten. Hoch-schulen sollen Beiträge zur fried-

ZZIVILKLAUSEL

Universitäre Forschung – für militärische Interessen?von Irmela Steinert

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lichen Lösung der Probleme undKonflikte dieser Welt leisten undsich zu dieser Aufgabe durch dieVerabschiedung von Zivilklauselnverpflichten.

Seither haben 21 deutsche Hoch-schulen Zivilklauseln eingeführtoder erneuert. Eine Online-Petitionist zugänglich unter:

www.lernenfuerdenfrieden.deund ein Newsletter hält über Termi-ne, Verhandlungen und Erfolgeaber auch Misserfolge, am laufen-den. Die Grenzen zwischen zivilerund militärischer Forschung sind oftfließend, die Identifikation von For-schungsvorhaben, die gegen eineZivilklausel verstoßen, schwierig. Inzahlreichen Diskussionsveranstal-tungen wird versucht, normativeund gesellschaftspolitische Kontex-te zu klären und institutionelleBedingungen für die Umsetzung zuerarbeiten. Leider stellte sich her-aus, dass selbst an Universitätenmit Zivilklauseln militärisch relevan-te Forschung weiter betrieben wur-de. Im Juni 2014 appellierte ReinerBraun, Sprecher der Bewegung,am Peace Event in Sarajevo ange-sichts der Kriege und Militarisie-rungstendenzen für die Ausweitungder Zivilklauselbewegung im EU-Raum und darüber hinaus. Es seizu hoffen, dass die internationalenErstunterzeichnerinnen des ApellsInitiativen setzen.

Ende Oktober 2014 wurde in Ham-burg ein bundesweiter Zivilklausel-kongress organisiert, im Jänner2015 folgte eine Arbeitstagung inBerlin, um weitere Strategien zurVerbreitung und Verbesserung derWirksamkeit von Zivilklauseln zuentwickeln.

In Österreich griff die Solidarwerk-statt im Herbst 2014 das Thema

auf(5). Sie startete mit einemAktionstag und Unterschriften-sammlung an der Johannes Kepp-ler Universität Linz die Kampagne„Hochschulen für den Frieden! Jazur Zivilklausel! Nein zur Kriegsfor-schung!“

Der Aufruftext, der auch andereUniversitäten zur Beteiligunganimiert, weist besonders auf EU-Strategien hin, durch die zivile undmilitärische Forschung verknüpftwerden sollen:

„Der EU-Gipfel im Dezember 2013hält im Punkt 18 der Schlussfolge-rungen fest: ‚Die zivile Forschungund die Verteidigungsforschungverstärken einander, auch auf denGebieten Schlüssel- und Energie-effizienztechnologie. Der Europäi-sche Rat begrüßt deshalb dieAbsicht der Kommission, zu evalu-ieren, wie die unter dem Programm„Horizont 2020“ erzielten Ergeb-nisse auch für die industriellenFähigkeiten im Sicherheits- undVerteidigungssektor nutzbar ge-macht werden könnten. Er ersuchtdie Kommission und die Europäi-sche Verteidigungsagentur, eng mitden Mitgliedsstaaten zusammen-zuarbeiten, um Vorschläge auszu-arbeiten, wie die Dual-Use-For-schung noch stärker angekurbeltwerden kann.’”

Dieser Verquickung von militäri-scher und ziviler universitärer For-schung und ihre Einbindung in denmilitärisch-industriellen Komplex istentgegen zu treten. Sie steht auchim Widerspruch mit ÖsterreichsNeutralität. - gesamter Aufruftextauf

http://www.werkstatt.or.at

Mehr Transparenz zur Sicherung einer Wissenschaft

für den Frieden!

Es ist zu hoffen, dass auch inÖsterreich Debatten über die Ein-führung von Zivilklauseln und ihreFunktionalität in Gang kommen,um mehr Aufmerksamkeit für militä-rische Einflüsse auf die Wissen-schaften zu gewinnen. Der verfas-sungsrechtliche Diskurs über dieKompatibilität von Zivilklauseln mitden Grundrechten und der Autono-mie der Universitäten, bzw. der„Freiheit der Wissenschaft“, ist ge-wiss sorgfältig zu führen. Er könntevor allem die Problematik der„Unternehmens-Universitäten“beleuchten und Transparenzregelnfür die Drittmittelforschung voran-bringen. Das wäre zumindest einwichtiger erster Schritt!

Irmela Steinert ist Mitglied desösterreichischen Versöhnungsbun-des und engagiert bei IPPNWOMEGA.

(1)http://www.wienerzeitung.at/ the-men_channel/bildung/uni/643644_US-Militaer-laesst-an-Oesterreichs-Univer-sitaeten-forschen.html

(2)http://bettinafigl.net/us-militaer-laesst-an-oesterreichs-universitaeten-forschen/

(3) Homepage des Bündnisses:www.zivilklausel.de

(4) z.B. INES - International Network ofEngineers and Scientists for GlobalResponsibility, IALANA ‒ Juristen undJuristinnen gegen atomare, biologischeund chemische Waffen, Bundesaus-schuss Friedensratschlag, Gewerk-schaften u. v. a.

(5) Werkstatt-Blatt 3/14, S.8 „Forschenzwischen Überwachen und Killen“ /Franz Sölkner

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ZIVILKLAUSEL

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Herr Botschafter, am 8. und 9.Dezember 2014 fand in Wien aufEinladung des österreichischenAußenministeriums die 3. Inter-nationale Konferenz zu denhumanitären Auswirkungen vonNuklearwaffen statt. Wie kam esdazu, wie sind Sie mit dem Ver-lauf der Konferenz zufrieden undwas sind aus Ihrer Sicht diewichtigsten Erkenntnisse undErgebnisse?

Seit der letzten NPT Überprüfungs-konferenz im Jahr 2010 versuchtdie internationale Staatengemein-schaft, das Augenmerk vermehrtauf die humanitären Auswirkungenvon Nuklearwaffen zu richten, umFortschritte im Bereich der nuklea-ren Abrüstung zu erzielen. ÜberJahrzehnte stagniert das nukleareAbrüstungsregime. Wegen derwenig glaubwürdigen Fortschrittesind vor allem Nicht-Nuklearwaf-fenstaaten nicht zufrieden mit deraktuellen Situation. Der Atomwaf-fensperrvertrag (NPT) steckt fürviele in einer Glaubwürdigkeitskri-se: Indien, Israel und Pakistanhaben den NPT nie unterzeichnet,die Demokratische VolksrepublikKorea hat 2003 den Austritt ausdem Vertrag bekannt gegeben.Außerdem kann die Ungleichbe-handlung von Kernwaffenbesitzer-staaten und Nicht-Kernwaffenstaa-ten durch den NPT langfristig nichtaufrechterhalten werden. Die rela-tiv schwache Abrüstungsverpflich-tung gemäß Art. 6 des NPT steht ineklatantem Widerspruch zu denweitreichenden Nichtverbreitungs-Verpflichtungen, denen die NPTNicht-Kernwaffenstaaten unterwor-fen sind. Nicht zuletzt tragen auchder Stillstand bei der Schaffungeiner massenvernichtungswaffen-freien Zone im Nahen Osten sowiedie Ukrainekrise zur negativenStimmung im nuklearen Abrü-stungsregime bei.

Österreich gehörte von Anfang anzu einer Gruppe von Staaten, diesich aktiv für die Intensivierungnuklearer Abrüstungsbemühungenund somit auch für die Stärkungdes NPT, mit dem Ziel eines recht-lichen Rahmenwerks zum Verbotund zur Eliminierung von Kernwaf-fen, eingesetzt haben. Die humani-täre Initiative ist die einzige konkre-te und positive Abrüstungsentwick-lung, die auf den Aktionsplan derNPT Konferenz 2010 zurückgeführtwerden kann. Nach den beidenhumanitären Vorgängerkonferen-zen in Oslo/Norwegen (2013) undin Nayarit/Mexiko (Februar 2014)wurde deutlich, dass die internatio-nale Staatengemeinschaft sichnoch mehr auf die humanitärenAuswirkungen einer Nuklearwaf-fenexplosion, deren Kurz- undLangzeitfolgen, die beträchtlichenRisiken sowie rechtlich-moralischeArgumente konzentrieren sollte.Aus diesem Grund haben wir unsdafür entschieden, die Wiener Kon-ferenz zu den humanitären Auswir-kungen von Kernwaffen auszurich-ten. Wir haben dabei versucht, demAnspruch nach mehr Informationzum Thema durch wissenschaftlichfundierte Präsentationen vonExpert_innen gerecht zu werden.

Die Konferenz hat mit der Anwe-senheit von fast 160 Staaten, zahl-reicher internationaler Organisatio-nen, der Rotkreuzbewegung, derZivilgesellschaft, von Wissen-schaftler_innen sowie Parlamenta-rier_innen gezeigt, dass ein großesInteresse für humanitäre Themenin Verbindung mit Nuklearwaffenbesteht. Neue Entwicklungen, diees in den beiden vorherigen Konfe-renzen in dieser Form nicht gege-ben hat, waren etwa die Teilnahmevon mindestens zwei der fünf P5Nuklearwaffen-Staaten (die USAund das Vereinigte Königreichwaren offiziell vertreten; zusätzlich

hat China einen Regierungsver-treter als „Zivilgesellschaft“ regi-striert). Die sogenannte „P-5 Soli-darität“ wurde somit in Wien zumin-dest etwas aufgebrochen. Ebensosignifikant war die Neupositionie-rung der katholischen Kirche zumThema Nuklearwaffen. Die bisheri-ge Position ging noch auf die Zeitdes Kalten Krieges zurück, wonachnukleare Abrüstung zwar absoluteingefordert wurde, jedoch dasKonzept der nuklearen Abschre-ckung als temporärer Zustand zurVerhinderung eines Nuklearkriegeszwischen den Blöcken per se nichtmoralisch verwerflich sei. PapstFranziskus hat nunmehr durch seine Message an die Wiener Kon-ferenz und durch ein substantiellesPositionspapier des Vatikansklargestellt, dass Abschreckung zueinem Selbstzweck geworden istund moralisch nicht länger aufrechterhalten werden kann. Alles inAllem war es für uns eine sehr er-folgreiche Konferenz, auf derenGrundlage die internationale Ge-meinschaft nun weiterarbeitensollte.

Zum Abschluss der Konferenzhat Österreich als Vorsitzlandein Resumee der Konferenz so-wie eine Erklärung veröffentlicht,in der es sich u.a. verpflichtetdaran zu arbeiten, „die rechtlicheLücke zum Verbot und der Ver-nichtung von Atomwaffen zuschließen“ und alle Staaten dazueinlädt, sich dieser Verpflichtunganzuschließen. Wie ist die bishe-rige Resonanz auf diesen „Aus-trian Pledge“ und was erwartenSie sich davon in Zukunft?

Österreich hat sich während derWiener Konferenz zu den humani-tären Auswirkungen von Kernwaf-fen sehr bemüht, alle in der Konfe-renz vertretenen Meinungen, Posi-tionen und die Schlussfolgerungen

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AATOMWAFFEN

Das Momentum der humanitären Initiative nutzenInterview mit Botschafter Alexander Kmentt

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im „Chair’s Summary“ widerzuspie-geln. Es ist klar, dass mancheStaaten dabei offensiver für die Ab-schaffung und das Verbot vonNuklearwaffen eintreten, anderezurückhaltender sind oder aufgrundpolitischer und militärischer Positio-nen auf ein Sicherheitskonzeptmit Nuklearwaffen zurückgreifen.Österreich verpflichtete sich darü-ber hinaus in einem nationalen„Austrian Pledge“, die Schlussfol-gerungen der Wiener Konferenz inallen relevanten Foren zu präsen-tieren (v.a im NPT-Kontext) und mitgleichgesinnten Akteur_innen aufder Basis der humanitären Argu-mentation darauf hinzuarbeiten,dass die völkerrechtlichen Lückenim Zusammenhang mit Nuklear-waffen (d.h. Verbot und Eliminie-rung) weiter verfolgt werden.

Österreich bemüht sich aktuell,dass sich möglichst viele Staatendiesem Aufruf anschließen. Ziel istes, mit breitest möglicher Unterstüt-zung der humanitären Initiative indie NPT Verhandlungen im April/Mai 2015 zu gehen und dieses ein-zigartige Momentum zu nutzen.

Bisher gab es unterschiedlicheReaktionen auf den Pledge. Wie zuerwarten ist es unwahrscheinlich,dass NATO-Staaten den Pledgeunterstützen. Es gibt aber auchsehr positive Resonanz vonseitenvieler Staaten. Sehr erfreulich warfür uns zum Beispiel die Nachrichtder 33 Staaten aus Lateinamerikaund der Karibik (CELAC), sich demAustrian Pledge anzuschließen.

Im April und Mai dieses Jahressteht die nächste Überprüfungs-konferenz zum Atomwaffen-sperrvertrag in New York amProgramm. Wie werden dieErgebnisse der Wiener Konfe-renz Ihrer Meinung nach darineinfließen, und sehen Sie be-rechtigte Aussichten auf einenFortschritt bei der nuklearenAbrüstung bei der NPT ReviewConference?

Ich glaube, dass durch den ver-mehrt humanitären Fokus in denletzten Jahren viele Staaten beimNPT erkannt haben, dass die Ab-rüstungsbemühungen der NPT-Staaten ins Stocken gekommensind und dass es neuer Wegebedarf, wie die internationale Ge-meinschaft Fortschritte im Bereichder nuklearen Abrüstung erzielenkann. Österreich wird die Ergeb-nisse der Wiener Konferenz mit indie NPT-Verhandlungen nehmenund verstärkt für die humanitärenKonsequenzen eintreten. Dafürhaben wir ab Jänner 2015 dieKoordination gemeinsamer huma-nitärer Erklärungen im NPT und inder UN-Generalversammlung über-nommen. Diese Erklärungen waren2012 von einer überregionalenGruppe von 16 Staaten (darunterÖsterreich) initiiert worden, die mitt-lerweile von 155 Staaten (letzteErklärung bei der 69. Generalver-sammlung 2014) mitunterzeichnetwerden.

Wie wird dieser neue Ansatz beiden humanitären Auswirkungenvon Atomwaffen fortgeführt?Sind weitere Konferenzen ge-plant, wird sich der Fokus aufeinen eigenen Verbotsvertragrichten oder gibt es andere Plä-ne?

Die humanitären Auswirkungen vonNuklearwaffen werden auch weiter-hin in allen internationalen Abrü-stungsgremien eine wesentlicheRolle spielen. Welche konkretenFormen die humanitäre Initiativeannehmen wird, wird sich frühe-stens nach der NPT Überprüfungs-konferenz zeigen. Ziel für uns ist eszunächst im NPT Rahmen mög-lichst konkrete und glaubwürdigeFortschritte zu erzielen. Der huma-nitäre Fokus wird aber auch nachdem NPT weiter verfolgt werden.

Abschließend möchten wir dieFrage an Sie stellen, wie dieinternationale und die österrei-chische Zivilgesellschaft, wiez.B. der Internationale Versöh-

nungsbund, die Bemühungender Staaten, die sich für nukleareAbrüstung und ein Verbot allerAtomwaffen einsetzen, unter-stützen können?

Die Zivilgesellschaft ist grundle-gend, um den Prozess hin zu einernuklearwaffenfreien Welt zu be-schleunigen. Nichtregierungsorga-nisationen sind in ihrer Arbeit flexib-ler und können stärkere Forderun-gen als Staaten stellen. Wir arbei-ten seit jeher intensiv mit der Zivil-gesellschaft zusammen und schät-zen die Expertise und Professiona-lität von Organisationen wie demVersöhnungsbund sehr. MeinerMeinung nach sollte es auchweiterhin die Aufgabe der Zivilge-sellschaft sein, die Probleme imZusammenhang mit Nuklearwaffender internationalen Gemeinschaftaufzuzeigen und mögliche, attrakti-ve Lösungswege dafür zu finden.Die Zivilgesellschaft sollte außer-dem die Bevölkerung für diesesThema sensibilisieren und sichauch dafür einsetzen, dass dasThema medial behandelt wird.

Botschafter Alexander Kmentt istDirektor der Abteilung für Abrü-stung, Rüstungskontrolle und Non-Proliferation im Bundesministeriumfür Europa, Integration und Äuße-res und wurde von der Arms Con-trol Association aufgrund seinerAbrüstungsbemühungen, v.a. auchin Hinblick auf die Wiener Konfe-renz, zur Arms Control Person ofthe Year 2014 gewählt.

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AATOMWAFFEN

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70Jahre nach den Atom-bombenabwürfen aufHiroshima und Nagasaki

gibt es im Jahr 2015 weltweit nochimmer über 16.000 Nuklearwaffen.Geschätzte 100 Mrd. US-Dollarwerden – jährlich – von den nukle-arwaffenbesitzenden Staaten inderen Arsenale investiert: in dieProduktion neuer und Modernisie-rung alter Sprengköpfe, den Bauvon ballistischen Raketen undanderen Abschusstechnologien,sowie in unterstützende Technolo-gien um diese Waffen zu verwen-den. Der Großteil dieser Investitio-nen wird von den Steuerzahler_innen in den jeweiligen Ländernfinanziert. Aber nicht alles.

Die im November 2014 veröffent-lichte Studie „Don´t bank on thebomb“ zeigt, dass private Investor_innen aus vielen nicht-nuklearwaf-fenbesitzenden Ländern Finanzmit-tel zur Verfügung stellen, um dieProduktion, Wartung und Moderni-sierung der Nuklearwaffenarsenalezu ermöglichen.

In einer Überprüfung von 411Finanzdienstleistern aus 30 Län-dern konnte dargelegt werden,dass im Zeitraum von 2011 bis2014 318 Mrd. Euro (402 Mrd.US$) in Kredite und Beteiligungenvon 28 weltweit tätigen Herstellernnuklearer Massenvernichtungs-technik investiert wurden.

Die Hersteller_innen und Finanz-dienstleister_innen sind zum gro-ßen Teil in den USA ansässig; eini-ge aber auch in europäischen Län-dern. So ist zum Beispiel die fran-zösische Bank BNP Paribas unterden führenden Geldgebern.

Auch ein österreichisches Finanzin-stitut wird in der Studie angeführt.Laut den Rechercheergebnissenstellt die ERSTE Group der AirbusGroup (vormals EADS) eine Kredit-

zusicherung in der Höhe vongeschätzten 76 Millionen US-Dollarfür die allgemeine Geschäftstätig-keit zur Verfügung. Eine von dreiFirmendivisionen der Airbus Group,die Airbus Space & Defense, pro-duziert und entwickelt unter ande-rem U-Boot-gestüzte Nuklearrake-ten für die Französische Marineund als Teil eines Joint VentureNuklearraketen für die Französi-sche Luftwaffe. Die neueste Gene-ration von Nuklearraketen, die M51,soll noch in diesem Jahr an Frank-reich ausgeliefert werden.

ICAN Austria, der österreichischeZweig der Internationalen Kampag-ne zur Abschaffung von Nuklear-waffen, hat im November 2014 eineKampagne ins Leben gerufen umauf diesen Umstand aufmerksamzu machen.

In den letzten Jahren wurde in zahl-reichen Veröffentlichungen aufge-zeigt, wie knapp die Welt vor demGebrauch von Nuklearwaffenschon gestanden ist. Gleichzeitigist der Fokus immer mehr auf dieverheerenden humanitären Konse-quenzen dieser Waffen auf dieWeltbevölkerung, die Umwelt, etc.gelegt worden. Das Stigma für denBesitz von Nuklearwaffen wächstund Nuklearwaffen werden zuneh-mend als illegitime Komponenteneines jeden nationalen Waffenarse-nals gesehen.

Bei einem von ICAN Austria organi-sierten internationalen Zivilgesell-schaftsforum am 6. und 7. Dezem-ber in Wien zum Thema „The cou-rage to ban nuclear weapons“,diskutierten weltweite Divestment-Spezialist_innen mit über 600 Teil-nehmer_innen die NotwendigkeitFinanzierungen für Nuklearwaffen-technologie-produzierenden Unter-nehmen zu stigmatisieren und inweiterer Folge zu verbieten.

„Keine Bank, kein Pensionsfondsoder Versicherungsunternehmensollte finanzielle Beziehungen zuUnternehmen unterhalten, die ander Herstellung von Massenver-nichtungswaffen beteiligt sind,“ for-derte Susi Snyder von der nieder-ländischen Nicht-Regierungsorga-nisation PAX, die auch eine Co-Autorin der Studie ist.

Auch die österreichische Regierunghat sich das Ziel einer atomwaffen-freien Welt gesetzt und ist durchden Atomwaffensperrvertrag (NPT)verpflichtet, zur allgemeinen undvollständigen nuklearen Abrüstungbeizutragen. Dem kann aber nurnachgekommen werden, wennauch österreichischen Banken jed-wede Finanzdienstleistungen fürHersteller von Nuklearwaffentech-nologien gesetzlich untersagt wird.Ansonsten versorgen Bankhäuserüber die Emission von Unterneh-mensanleihen oder Kreditvergabendiese mit immer neuen Finanzmit-teln und unterstützen so die Ent-wikklung, Modernisierung und War-tung nuklearer Waffensysteme.

Der Fall der ERSTE Group zeigt dieGrenzen interner Richtlinien – diedringend nachgebessert werdensollten, um derartige Investitionenin Zukunft unmöglich zu machen.Denn auch Finanzinstitute erken-nen immer mehr das mit der Unter-stützung von Atomwaffenherstel-lern verbundene Stigma und imple-mentieren Richtlinien, um derenEngagement in diesem Bereich zubegrenzen oder zu beenden. Dennjeder Cent für solche Unternehmenerhöht das Risiko, dass diese ulti-mativen Massenvernichtungswaf-fen künftig noch einmal eingesetztwerden.

Nadja Schmidt ist Direktorin vonICAN Austria.

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AATOMWAFFEN

Das Geschäft mit der Bombevon Nadja Schmidt

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Was hat Frieden mit nach-haltiger Entwicklung zutun? Die Frage scheint

einfach zu beantworten zu sein,„sehr viel“ nämlich. Vier von fünfHungerkrisen im Jahr 2014 wur-den laut dem Welternährungspro-gramm der Vereinten Nationendurch gewaltsame Konflikte verur-sacht. Dass nachhaltige Entwick-lung erst in befriedeten oder fried-lichen Regionen möglich ist,scheint nun auch Eingang in UN-Verhandlungen gefunden zu ha-ben.

Noch unter den acht sogenanntenMillenniumsentwicklungszielen(MDGs) aus dem Jahr 2000, dievor allem das Ziel der Armutsbe-kämpfung und Steigerung derLebensqualität hatten, findet sichkein einziges Ziel, das sich direktauf Friedensbildung oder Friedens-sicherung bezieht. Nach 15 Jahrenläuft mit Ende dieses Jahres dieMillenniumserklärung aus, die Er-gebnisse sind bereits absehbar:

Anders als andere Staaten des glo-balen Südens konnten die Länder,die sich in gewaltsamen Konfliktenund Kriegen befinden, kein einzi-ges der Ziele der Millenniums-Erklärung erfüllen.

Im September dieses Jahres sollim Rahmen der Vereinten Nationenein neuer Katalog von globalennachhaltigen Entwicklungszielen("Sustainable Development Goals"- SDGs) verabschiedet werden.Neben dem Anspruch, nicht mehrnur Entwicklungs-Ziele zu sein,sondern für eine nachhaltige Weltzu sorgen, liegt das größte Novumder neuen Zielsetzungen in denAdressat_innen: nicht weiter sindnur die Länder des globalen Sü-

dens angesprochen, sondern alleLänder. Die Zielvorgaben betreffendamit die Regierungen in den USA,Schweden oder Österreich ingleicher Weise wie diejenigen inRuanda, Bolivien oder Indien. Dieneuen Zielvorgaben werden eben-so die Umwelt-, Klima-, Sozial- undWirtschaftsebene betreffen, sowiein einem der 17 Ziele ein "Friedens-ziel" definieren.

Unter Zielvorgabe 16 ist im UN-Katalog zu lesen: „Förderung fried-licher und inklusiver Gesellschaftenfür eine nachhaltige Entwicklung,Gewährleistung des Zugangs zurJustiz für alle und Aufbau wirksa-mer, rechenschaftspflichtiger undinklusiver Institutionen auf allenEbenen". Konkretisiert wird diesesZiel durch einige Unterziele, wieder Forderung nach einer „signifi-kanten Reduktion jeglicher Formenvon Gewalt"; „Missbrauch, Ausbeu-tung, Handel und jegliche Form vonGewalt an Kindern [zu] beenden"oder dem Unterziel „[b]is zum Jahr2030 verbotene Finanz- und Waf-fenströme signifikant [zu] reduzie-ren".

Es ist nicht zu leugnen, dass diesnur ein Anfang sein kann. Das"Friedensziel-16" darf nicht alsHeilsbringerin verstanden werden,vielmehr kann es ob seiner wenigambitionierten Formulierung undteilweisen Unkonkretheit nur alsMinimalziel verstanden werden.Das gilt für einige Ziele des Kata-logs für nachhaltige Entwicklung.Doch strebt man eine konsensuelleBeschlussfassung zwischen allenStaaten an, ist ein weitreichendererVorstoß kaum möglich, zu sehrunterscheiden sich die Interessens-lagen der einzelnen Staaten - auch

im Bereich der Friedensförderung -von einander.

Mit den neu formulierten Zielen undUnterzielen, die im September inNew York von den Staats- undRegierungschefs verabschiedetwerden, können die SDGs auf glo-baler Ebene eine zentralen Rolle inden nächsten 15 Jahren einneh-men. Gleichzeitig birgt ein univer-seller, globaler und interdisziplinä-rer Ansatz neben der einzigartigenChance auch viele Gefahren. Umdie Zielvorgaben umzusetzen,müssen zukünftig entgegengesetz-te politische Ministerien zusam-menarbeiten. Interessenkonfliktezwischen Staaten, sowie inner-staatlich zwischen Ökonomie undPolitik scheinen vorprogrammiertzu sein.

Im Jahr 2030 werden die Ziele fürnachhaltige Entwicklung (SDGs)auslaufen. Erst dann wird sich zei-gen, was geschafft werden konnteund woran man gescheitert ist.

Klar bleibt, dass das Bestreben derVereinten Nationen für eine nach-haltigere Welt ohne friedenspoliti-schen Zugang nicht gelingen kann.

Ohne Frieden keine Entwicklung!

David Gamsjäger, seit DezemberPraktikant beim Versöhnungsbund,nahm von 6.-8. Februar an derAktionstagung "Keine Entwicklungohne Frieden - Einmichung in diePost-2015-Agenda" in Köln teil.

Veranstalter der Tagung wardas Forum Ziviler Friedensdienst(forumZFD) e.V.

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FFRIEDEN & ENTWICKLUNG

Friede und nachhaltige Entwicklung- Einführung in die Post-2015-Agenda der Vereinten Nationen

von David Gamsjäger

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Die Überzeugung, dass dieWelt zu viel Geld für Kriegund Militarismus ausgibt, ist

unter Friedensaktivist_innen weitverbreitet. Und, wenn sie zufälligerWeise einmal darüber nachdenken,sehen es Millionen von Menschenauf der ganzen Welt genauso. Den-noch liegt dieses Thema noch nichtim Fokus des politischen Diskursesund unser Ziel ist es, das zu verän-dern!

Die Thematik ist zu einer Zeit, diegeprägt ist von zwischenstaatlichenSpannungen (Japan-China u.a.)und Spannungen zwischen Regie-rungen und gewaltbereiten Funda-mentalist_innen, die sich immerweiter militarisieren (IS u.a.), vonbesonderer Bedeutung. Der Drucknoch mehr Steuergelder für Kriegs-führung auszugeben steigt. Diederzeitige Situation ist auch einResultat der letzten Dekaden mitihren großen militärischen Investi-tionen, sowie der unstillbaren Giervon Kriegsprofiteur_innen.

Eine neue globale Kampagne

Im Dezember 2014 gab das Inter-national Peace Bureau (IPB) denBeginn einer permanenten, globa-len, ganzjährigen Kampagne be-kannt, um die weltweite Problema-tik der exzessiven Militärausgabenanzugehen - die „Global Campaignon Military Spending" (GCOMS).2013 gaben die Regierungen derWelt mehr als 1700 Milliarden USDfür den Militärsektor aus. DiesesGeld könnte stattdessen dafür ver-wendet werden, Jobmöglichkeitenfür junge Menschen zu schaffen,hungrige Menschen zu versorgen,uns alle vor den Auswirkungen desKlimawandels zu schützen, Ebolazu bekämpfen und vieles mehr. IPBverlangt schon seit mehreren Jah-

ren, dass jedes Jahr (mindestens)10% des Militärbudgets aller Staa-ten umgewidmet und ein Prozessgestartet wird, der sowohl die Waf-fenproduktion als auch den interna-tionalen Waffenhandel reduziert.

Die globale Kampagne baut auf derArbeit auf, die das IPB und andereüber eine Dekade lang zum Thema„Abrüstung für Nachhaltige Ent-wikklung“ geleistet haben. Sie bein-haltet den Globalen Aktionstaggegen Militärausgaben (Global Dayof Action on Military SpendingGDAMS; wird am 13. April 2015zum 5. Mal begangen).

Was sind unsere Ziele?

Das Hauptziel ist eine bedeutendeUmwidmung der Militärausgaben(besonders in jenen Ländern, in

denen sie besonders hoch sind).Unser Vorschlag ist eine Umwid-mung zu folgenden vier Bereichen:

1. Friede: Abrüstung, Konfliktprä-vention und Konfliktlösung,menschliche Sicherheit

2. Nachhaltige Entwicklung undAnti-Armuts-Programme

3. Klimawandel und der Verlust vonArtenvielfalt

4. Soziale Gerechtigkeit/ Sozialwe-sen: Menschenrechte, Gleichbe-rechtigung, Schaffung nachhaltigerArbeitsstellen

Wir sehen die genannten Verände-rungen als Teil einer breiteren glo-balen Transformation hin zu einerKultur des Friedens.

Spinnrad 1 / 201512

MMILITÄRAUSGABEN

Move the money: Die globale Kampagne zu Militärausgabenvon Colin Archer

Was ist das Ziel der Kampagne?

• Das Bewusstsein für die riesigen und exzessiven Summen von Steuer-geldern, die für die militärischen Systeme auf der ganzen Welt ausgege-ben werden, zu fördern.

• Eine Gemeinschaft zu bilden, die Budgetentscheidungen, besonders aufnationaler Ebene, beeinflussen kann um so die Ressourcen dorthin zuverschieben, wo sie menschlichen und ökologischen Bedürfnissen zuGute kommen.

Aber brauchen wir das Militär denn nicht? Ist es nicht notwendigdiese Gelder aufzubringen?

Trotz unterschiedlicher Zugänge zum generellen Nutzen von militärischenStreitkräften sind sich alle innerhalb der Bewegung einig, dass die Höheder derzeitigen Ausgaben (1700 Milliarden USD pro Jahr) grob exzessivist – im Besonderen finden wir, dass es keine Ausgaben für Massenver-nichtungswaffen geben darf. Weiters gilt es in verschiedenen Regionender Tendenz zu einem Wettrüsten und der Entstehung eines Teufelskrei-ses, der zwischenstaatlich bedingt zu immer höheren Militärausgabenführt, entgegen zu halten.

Das Problem hat mit Prioritäten und politischem Willen zu tun. Viele Län-der reduzieren ihr Budget für Soziales (Bildung, Gesundheitswesen etc.),während sie die Militärausgaben erhöhen und internationalen humanitä-ren, Friedens- und Entwicklungseinsätzen fehlen die notwendigenRessourcen.

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13 Spinnrad 1 / 2015

2015 wollen wir die internationalenDebatten auf zwei der genanntenGebiete beeinflussen:

• Entwicklung: Sicherstellung derEinbeziehung der Bestrebungennach Abrüstung und Senkung vonMilitärausgaben in der UN-Post2015 Development Agenda (Verab-schiedung: September 2015).

• Klima: Sicherstellung, dass 100Milliarden USD der jährlich veran-schlagten Regierungsbeiträge fürden „Green Climate Fund" bis zurWelt-Klimakonferenz im Dezemberin Paris erfüllt werden. Diese Gel-der sollten aus den reduziertenMilitärbudgets kommen.

In Anbetracht der Tatsache, dassdie politische Situation von Staat zuStaat unterschiedlich ist, und dasses keine Konvention oder einenVertrag zur Eindämmung der Mili-tärausgaben gibt, unterstützen wirvor allem auch die Arbeit auf natio-naler Ebene, da dort die politischenEntscheidungen getroffen werden.Jedes Mitglied der Kampagne sollseine bzw. ihre eigenen Ziele undAnsatzpunkte definieren. Die Rolledes IPB ist es einen Rahmen zuschaffen und Unterstützung zu lei-sten.

Wie kann es zu Veränderungkommen?

Kritiker_innen könnten anführen,dass das Projekt überambitioniertist. Aber das hält Aktivist_innen miteiner radikalen Vision selten davonab, die Dinge anzugehen! Das IPBhat vor sowohl in den einzelnenLändern als auch international Syn-ergien zu fördern, um nach undnach die globale Bewegung gegenMilitarismus zu stärken. Das kannauf verschiedene Arten geschehenund jede_r Aktivist_in oder Gruppekann sich in ihrem Fokus unter-scheiden. Die GCOMS Kampagnezielt auch darauf ab den Mitwirken-den zu helfen einen Schritt nachdem anderen zu setzen und dabeikontinuierlich ein größeres Publi-kum zu erreichen.

Wie können wir die Thematikaufbauen?

Im Moment ist das Thema keinzentrales Element in den nationa-len Debatten – es wird nur ab undzu für die Medien bedeutend:bei Kriegsankündigungen, bevor-stehenden Budgetentscheidungenoder geo-politischen Spannungen.

Unser Ziel ist eine kontroversgeführte Debatte, in der die Stimmeder Bevölkerung zählt. Währendder nächsten Jahre wollen wir derThematik mehr Sichtbarkeit durchdie laufende Kampagne, immergrößere GDAMS-Aktionen undeiner Reihe von Konferenzen imSeptember 2016 in Berlin verschaf-fen. Ideen für dieses Event sind imEntstehen. Räumlichkeiten, Zeiten,Partner _innen, Medienbeteiligungund Finanzierung werden derzeitbegutachtet.

Wer sind die Partner_innen?

Eine so ambitionierte Verschiebungder Prioritäten braucht Unterstüt-zung von einem großen Teil derGesellschaft. Derzeit hat das IPB300 Mitgliedsorganisationen, und

etwa 100 weitere Gruppen enga-gieren sich beim Global Day ofAction on Military Spending.Zusätzlich versuchen wir unsereBasis zu erweitern und mit Perso-nen an Schlüsselstellen in dendiversen Zivilgesellschaftssektorenin Kontakt zu kommen. Auf eineroffizielleren Ebene engagieren wiruns im Dialog mit Parlamentarier_innen, Regierungen, Diplomat_innen, internationalen bzw. UNO-Organisationen und (Ex-)Militärs.

Wie profitieren die Partnerorga-nisationen von der globalen

Kampagne?

Die Militärausgaben sind ein welt-weites Problem und können nichtnur im eigenen Land angegangenwerden. Sicherheit ist ein gemein-sames Thema und Aktivist_innenwerden oft von Aktionen und kreati-ven Ideen aus anderen Teilen derWelt inspiriert. Fortlaufende, koor-dinierte globale Bemühungen kön-nen dabei helfen die Aktivitätenjeder Gruppe in den Fokus zu rü-cken und ein größeres Momentumzu erzeugen.

MMILITÄRAUSGABEN

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Wie ist das organisiert?

Die GCOMS wird von einer Gruppevon Aktivist_innen aus der ganzenWelt angeführt und von den Ange-stellten im Sekretariat des IPB inGenf koordiniert. Finanzielle Unter-stützung gab es in den vergange-nen Jahren von Stiftungen undHinterlassenschafften. Weitere Bei-träge von Individuen, Organisatio-nen und Stiftungen sind jedochdringend erforderlich.

Interessierte sind zum Mitwirkenherzlich eingeladen und können viaE-mail unter [email protected] mituns Kontakt aufnehmen.

Colin Archer ist Generalsekretärdes International Peace Bureau.

Übersetzung: Lucia Hämmerle undAlice Zylla

Kolumbien gehört zu jenenLändern, die die am längstenandauernden Konflikte in der

Geschichte haben. Seit mehr als50 Jahren vertieft dieser dieUngleichheit und die Armut vielerBevölkerungsteile. Rund 7 Mio.Menschen sind Opfer(1) dieser Tra-gödie geworden und es wirdgeschätzt, dass in Folge des Kon-flikts jedes Jahr 4.500 Menschen(2)

ihr Leben verlieren. Vor diesemverheerenden Hintergrund nährtder kolumbianische Staat mit derFortsetzung des Gebrauchs vonGewalt weiterhin den Konflikt undvernachlässigt so seine strukturel-len Ursachen.

Das zeigt sich auch klar in derHöhe der öffentlichen Mittel, die inden Sicherheits- und Verteidi-gungsapparat investiert werden –zu Lasten von Sektoren wieGesundheit, Bildung und Landwirt-schaft. Für 2015 sieht der staatli-che Haushaltsplan 216,2 BillionenPesos (ca. 77,1 Mrd. Euro) vor, vondenen die Hälfte für die Rückzah-lung von Auslandsschulden vorge-sehen ist; 29,4 Billionen Pesos sindfür Bildung, 28,1 Billionen für denVerteidigungssektor, 26 Billionenfür den Arbeitssektor, 19 Billionenfür Gesundheit und 11 Billionen fürsoziale Inklusion vorgesehen; undfür den Agrarsektor - einer der sen-sibelsten Punkte – sind 4,5 Billio-nen veranschlagt(3).

Mit ungefähr 3,4% seines BIP(4)

positioniert sich Kolumbien als dasLand mit den zweithöchsten Aus-gaben für den Sicherheits- und Ver-teidigungsapparat(5) in der RegionSüdamerika. Trotz der Friedensge-spräche mit den Guerilla-GruppenFARC und ELN verteidigen Präsi-dent Juan Manuel Santos und Ver-teidigungsminister Juan Carlos Pin-zón weiterhin die Höhe dieserMittel und halten so das Modell derexistierenden Militarisierung auf-recht. Das zeigt sich in der Aufsto-ckung der Mittel für die Streitkräfte,der Militärausgaben, der militäri-

14 Spinnrad 1 / 2015

MILITÄRAUSGABEN

Was sind die gewaltfreien Lösungen für die Konflikte vor denen dieMenschen heute Angst haben (Terrorismus, im Besondern durchden IS, bzw. die Konflikte in der Ukraine, Syrien, Nigeria, Ostasien

und an vielen anderen Orten)?

Gewaltfreie Alternativen sind reichlich vorhanden, moralisch überlegen,erheblich billiger, viel attraktiver für die Mehrheit der Menschen in den mei-sten Ländern, und deshalb auch strategisch effektiver. Sie sollten abernicht mit Untätigkeit oder Kapitulation angesichts der Unterdrückung undTerror verwechselt werden.

Das IPB unterstützt sofortige Schritte, einschließlich:

• Aktive Diplomatie – Einbezug anderer Regierungen und Institutionen;effektivere Nutzung der multilateralen Institutionen, wie die UNO und ihreOrganisationen, regionaler Einrichtungen wie OSZE, ASEAN, usw.

• Wirtschaftssanktionen gegen ISIS und ihre Unterstützer, und ernsthafteAnstrengungen den Fluss des Geldes zu stoppen

• Waffenembargos

• Unterstützung der lokalen Zivilgesellschaft, einschließlich der Flüchtlinge

• Verstärkte humanitäre Hilfe

• Nutzung internationaler Gerichte zur Verfolgung von Kriegsverbrechernund der Schlichtung von Streitfällen

Die längerfristigen Maßnahmen umfassen:

• Abzug der U.S./westlichen Truppen aus den besetzten Gebieten

• Verringerung der Abhängigkeit von Ölimporten aus dem Nahen Osten

• Beseitigung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten und Unge-rechtigkeiten

• Stärkung und Förderung von Frauen

• Förderung persönlicher Kontakte über die Grenzen hinweg

• Entwicklung eines respektvollen Dialogs mit islamischen Führungsper-sönlichkeiten und Gemeinschaften (auch im Westen) und zwischen mode-raten Gelehrten und den Radikalen

• Aufbau der Demokratie von unten (statt sie von oben durchsetzen)

http://demilitarize.org/gcoms-frequently-asked-questions/

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schen Lösung von sozialen Konflik-ten und der Ausweitung des syste-matischen Gebrauchs von Gewalt.

Während der letzten Dekade stiegdie Zahl an Mitarbeiter_innen desVerteidigungsapparats um mehrals 148.000 wesentlich an, dieGesamtzahl der Sicherheitskräftebeträgt nun 473.000. Damit hatKolumbien aktuell nach Brasiliendie zweitgrößte Armee in der Re-gion, mit dem Unterschied, dassBrasilien 6,5mal so groß ist wieKolumbien. Die Konsequenz die-ses hohen Grades an Militarisie-rung ist, dass zur Zeit 5,5 Soldat_innen auf 1000 Einwohner_innenkommen, während es nur einenArzt/eine Ärztin pro 3.870 Einwoh-ner_innen gibt und die Zahl derLehrer_innen im Land 220.000 be-trägt, also weniger als die Hälfteder Mitglieder der Sicherheitskräf-te. Die Relation zwischen Soldat_innen und irregulären Gruppen(Guerilla, Paramilitärs, Anm. d.Red.) beträgt 36:1, was zeigt, dassdie Zahl der Soldat_innen überdi-mensioniert ist, während die Zahlder fehlenden Ärzt_innen (allge-meine und Fachärzt_innen) 23.800beträgt.

Angesichts dieses Szenarios ist essehr schwierig über einen echtenund dauerhaften Frieden zu spre-chen, da für uns Wehrdienstverwei-ger/er_innen Friede mehr als daspartielle Schweigen der Waffen undeine rein auf dem Papier realisier-bare Anordnung eines Abkommensbedeutet. Für uns beinhaltet derAufbau des Friedens soziale, politi-sche und wirtschaftliche Verände-rungen, die auf die Umkehrung vonParadigmen abzielen, die mithel-fen, die Teilhabe von sozialen Ba-sisbewegungen an Entscheidun-gen zu fördern. Um diese Verände-

rungen der Paradigmen zu errei-chen ist es unbedingt notwendig,die Kultur des Krieges zugunsteneiner Kultur des Friedens zu über-winden, die Solidarität fördert unddas Modell einer hierarchischenund elitären Organisation durchpartizipative und direkt-demokrati-sche Prozesse sowie soziale Ge-rechtigkeit ersetzt.

Daher setzt die Demilitarisierungder Gesellschaft die Dekonstruk-tion und Transformation jener Glau-benseinstellungen und Werte, diezum Krieg geführt haben, voraus.Die Gesellschaft zu demilitarisierenbedeutet die Überwindung vonHerrschaft, Unterwerfung, Unter-ordnung und Gehorsam als vor-herrschende Werte und Prinzipiendes kolumbianischen Staatsappa-rats und den Wegfall von Unter-schieden und Polarisierung(6). Frie-den ist nicht einfach die Eliminie-rung von direkter Gewalt, sondernauch der ökonomischen und kultu-rellen Gewalt, die Armut, Hunger,Ungleichheit und Unterdrückunghervorrufen.

Für uns bedeutet Verweigerer/Ver-weigerin aus Gewissensgründenzu sein nicht nur die Ablehnung desverpflichtenden Wehrdienstes, son-dern auch die Verteidigung einerethischen und politischen Haltunggegenüber dem Krieg und der Mili-tarisierung der Gesellschaft. Wirsuchen nach friedlichen Konfliktlö-sungen und ergreifen damit in derGesellschaft unsere Rolle als Frie-densstifter_innen mit einem kriti-schen Blick auf den Machismo unddas Patriarchat, soziale Strukturen,die militärische Praktiken aufrechterhalten, die auf der Trilogie vonEhre, Stärke und Macht beruhen(7).

Wir sind sicher, dass der Friede amEnde eines Prozesses steht und

am Anfang eines anderen, in demes notwendig ist neue Beziehun-gen ins Leben zu rufen, in denendie Ungerechtigkeit durch Würdeersetzt und die Ausbeutung durchBefreiung überwunden wird. Dafürbraucht es neue Arten von kollekti-ver Organisation und Kooperation,die uns die Möglichkeit geben, dieGewalt zu beseitigen und die Spira-le des Krieges, die in unseremLand lebendig ist, zu beenden.Dafür müssen wir unseren Körperund unseren Geist demilitarisierenund beginnen, eine wahrhaftigeKultur des Friedens aufzubauen, inder wir lernen, Konflikte friedlichund positiv zu lösen(8).

ACCIÓN COLECTIVA DE OBJE-TORES Y OBJETORAS DE CON-CIENCIA – ACOOC (KollektiveAktion von Wehrdienstverweige-rern und Wehrdienstverweigerin-nen aus Gewissensgründen)

Übersetzung: Irmgard Ehrenberger

1)http://www.vanguardia.com/colombia/299498-van-7-millones-28-mil-victimas-registradas-gobierno

2) Informe conflicto armado en Colombia.Fronteras: La infancia en el límite. Un infor-me de la Coalición contra la vinculación deniños, niñas y jóvenes en el conflicto arma-do en Colombia y la Coalición para Acabarcon la Utilización de Niños y Niñas Soldados

3) http://www.portafolio.co/economia/listo-el-presupuesto-colombia-el-2015

4) http://www.elcolombiano.com/colombia-gasta-3-4-del-pib-nacional-en-seguridad-y-la-policia-1-6-CC1260217

5)http://www.semana.com/nacion/articulo/colombia-segundo-pais-suramericano-mas-gasta-armamento/257797-3

6) Ponencia contexto de militarización yposición política del proceso distrital deobjeción de conciencia frente al militarismo.(2014)

7)http://www.uclouvain.be/480725.html

8) http://objetoresbogota.org/

15 Spinnrad 1 / 2015

KKOLUMBIEN

Die Militarisierung in Kolumbien und die Friedensalternative aus der Sicht der Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründenvon Mario Andres Hurtado Cardozo

1458_15_Spinnrad1_15_Kern_wd_1458_15_Spinnrad1_15_Kern_wd 25.03.15 07:13 Seite 15

So zufällig wie unrichtig derZusammenhang, so zutref-fend in einem anderen über-

tragenen Sinne. Konflikte undKriegslist in Griechenland undRussland. Im Bauch des hölzernenPferdes versteckten sich nach dergriechischen Mythologie einst Sol-dat_innen, um nächtens das Lagerdes Feindes zum Sturme zu öffnen.Ob es die Dörfer von FeldmarschallPotjomkin wirklich gab, ist umstrit-ten. Ob Sage oder Wirklichkeit,jedenfalls sollte der russischenZarin durch bemalte Kulissen imeroberten Neurussland ein andererSchein vermittelt werden.

EU-Auslandseinsätze

Seit 2003 hat die EU 33 zivile, mili-tärische und zivil-militärische glo-bale Auslandseinsätze durchge-führt. Militärs und Zivilist_innenkommen dabei aus den EU-Mit-gliedstaaten. 10 Einsätze habeneinen militärischen Charakter, 22gelten als zivile Einsätze und 1 Ein-satz wies einen Mischcharakter(Sudan/Darfur) auf. Ein genauerBlick zeigt, dass im zivilen Bereichlediglich 24,73 % (samt lokalerKräfte) des gesamten entsendeten

Personals eingesetzt wurden, wo-bei Polizeikräfte als „zivil“ gelten.Knapp über drei Viertel sind alsoMilitärs. Von den zivilen EU-Einsät-zen sind es 10, die 50 oder wenigerPersonen im Feld haben.

Beitrag Österreichs

Eine parlamentarische Anfrage derAbgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill – erstmals veröffentlichtin der Neuen Zürcher Zeitungnzz.at – zeigt eine unschöne Facet-te zu den heimischen Beiträgen.Von der Stärkung der angeblichen„Zivilmacht EU“ kann nicht gespro-chen werden.

In allen EU-Auslandseinsätzen(Ukraine ist unberücksichtigt) mitsterreichischer Beteiligung wurden604 Militärs, 53 Personen aus demPolizeibereich, 8 aus dem Justizbe-reich (4 Richter, 4 Justizwachebe-amte) und 6 weitere Personen(Expert_innen u.a. zu Menschen-rechten und Gender, politischerBerater, Zollbeamtin, Kabinetts-chef) entsandt.

Von den insgesamt 671 eingesetz-ten Personen Österreichs entfal-len auf den „Zivil“-Bereich 67, also

9,99%. Ohne Polizei beträgt derAnteil 2,09 %. Österreich verstehtim EU-Kontext „Zivil“ also primärals Polizei. Österreich unterbietetdas ohnehin geringe zivile einge-setzte EU-Personal (~ 25 %) undleistet damit mehr Beiträge zu einerMilitärmacht EU als sich konkretoperativ für einen zivilen Paradig-menwechsel zu engagieren. DieKritik aus der Entwicklungspolitiküber das geringe Budget glänzt aufein und derselben Medaille wie dieBeiträge zur Militarisierung der EU.

Diese Zwischenbilanz ist ein dring-licher Appell, nichtstaatliche zivileAnsätze zu fördern und zum Ein-satz zu bringen, die sich u.a. inpotenziellen Krisengebieten aufgewaltfreier Basis mit ziviler Krisen-prävention, Versöhnung und Dia-logstiftung beschäftigen. Der staat-liche offenbar überwiegend militäri-sche Ansatz muss um zivile nicht-staatliche Angebote erweitert wer-den.

Missverhältnis Zivil – Militär

Das EU-Parlament – üblicherweisekein friedenspolitisches Korrektivzu Rat, Kommission oder zurHohen Vertreterin – meint, „dass –wegen der Tatsache, dass derSchwerpunkt hauptsächlich auf diemilitärische Dimension der ESVPgelegt wird – im Bereich der zivilenFähigkeiten und der Konfliktverhü-tung Fortschritte viel zu langsamerreicht werden“. Politisch prioritäreund personell dominierende Militär-einsätze sind die fatale Folge unddas Gegenteil einer echten Zivil-macht.

Thomas Roithner, Friedensfor-scher und Journalist, Privatdozentam Institut für Politikwissenschaftder Universität Wien,

www.thomasroithner.at

16 Spinnrad 1 / 2015

AUSLANDSEINSÄTZE

Trojanischer Krieg und Potjomkinsches Dorf- Österreichs Beiträge zur EU-Auslandseinsatzpolitik sind überwiegend militärisch

von Thomas Roithner

Zivilmacht EU als Trojanisches Pferd?Foto: Britrob (Flickr) (CC BY 2.0)

1458_15_Spinnrad1_15_Kern_wd_1458_15_Spinnrad1_15_Kern_wd 25.03.15 07:13 Seite 16

Europa schottet sich ab, dashört man nicht nur immeröfter, es scheint auch das

tatsächliche politische Programmder EU zu sein. Frontex, die seit2005 agierende Grenzschutzagen-tur der Europäischen Union, istspätestens seit den tragischenOpfermeldungen vor der italieni-schen Insel Lampedusa in den letz-ten Jahren zu trauriger Berühmtheitgekommen. Seither bündelt sichdie Kritik an der europäischenGrenzpolitik in der Behörde, dieihren Hauptsitz fernab des Mittel-meers in Warschau hat. Die Kritikerstreckt sich von der bewusstenNicht-Differenzierung zwischenFlüchtlinge und „illegalen Einwan-derern und Einwanderinnen", bishin zum skrupellosen Ertrinkenlas-sen tausender Menschen im Mittel-meer.

Grobe Menschenrechtsverletzun-gen tragen sich aber nicht nur imMittelmeer, sondern ebenso an denLandgrenzen Europas zu. Grie-chenland und Bulgarien haben anihren Grenzen zur Türkei meterho-he Zäune errichtet, oftmals mit Sta-cheldraht gespickt. Ähnliche Bilderkommen aus den spanischenEnklaven Melilla und Ceuta. Auf-

zeichnungen belegen, dass Flücht-linge dort von Grenzschützer_innen misshandelt und regelrechtzurück über die Zäune geprügeltwerden.

Europas Strategie und ihre Folgen

Angesichts des "Kampfes gegenirreguläre Migration" verstärkt dieEU seit Jänner 2015 zum einen dieZusammenarbeit mit Drittstaaten(vor allem in Nordafrika), zumanderen lässt sie mehr Geld inÜberwachungstechnologien flie-ßen. Ihre Absicht ist offenkundig:Flüchtlingsboote sollen möglichstschon von den nordafrikanischenGrenzschützern abgefangen wer-den, ehe sie europäische Gewäs-ser überhaupt erreichen.

Es ist nicht zu leugnen, dass dieEU die tödlichsten Grenzen derWelt besitzt. Seit dem Jahr 2000sind mehr als 22.000 Menschen beidem Versuch, Europa zu erreichen,gestorben. Auch weil die EU keinezusätzlichen legalen Möglichkeitendes Zugangs schafft, drängt sieFlüchtlinge auf immer gefährlichereRouten und steigert somit dieOpferzahlen. Die wahren Profiteur-_innen der europäischen Abschot-

tungspolitik sind die Schlepper_innen und Kriminellen, die da-durch Milliardengewinne machen.Doch wer nach Europa will, ist aufihre Hilfe angewiesen. Ebenso pro-fitiert die Rüstungsindustrie. Großeeuropäische Rüstungsunterneh-men wie Airbus oder Thales gehö-ren zu den großen Nutznießern derEU-Forschungsprojekte zur Grenz-überwachung.

Eine der entscheidenden Frageninnerhalb der EU ist, wie es mitdem Grenzschutz und der Abschot-tungspolitik Europas weitergehensoll. Wer auf eine Abkehr von derbestehenden Grenzpolitik und aufeine gezielte Ursachenbekämpfungder Fluchtgründe hofft, wird wohlenttäuscht werden. Mit dem Fondsfür Innere Sicherheit stellt die EUden Mitgliedsstaaten in den näch-sten sieben Jahren insgesamtmehr als 1,5 Milliarden Euro für denGrenzschutz zur Verfügung. Fron-tex im Speziellen bekommt in die-sem Jahr 114 Millionen Euro - fünf-mal so viel wie 2007. Im Gegensatzdazu sind für das EuropäischeUnterstützungsbüro für AsylfragenEASO (European Asylum SupportOffice) maximal 17,5 Millionen vor-gesehen. Die Unverhältnismäßig-keit ist symptomatisch.

Bei aller notwendigen Kritik an derGrenzschutzagentur Frontex musszuletzt doch klar sein, dass es dieMitgliedsstaaten waren, die denWunsch nach einer „operativenZusammenarbeit bei der Kontrolleund Überwachung der Außengren-zen" forderten und diese mit Fron-tex etablierten.

Auf die EU als Gewinnerin desFriedensnobelpreises und die euro-päischen Mitgliedsstaaten im Kon-kreten geht die Entwicklung hin zur"Festung Europas" zurück.

17 Spinnrad 1 / 2015

FFRONTEX

Frontex schützt. Schützt Frontex? von David Gamsjäger

Kundgebung gegen FRONTEX in Berlin, Oktober 2014Foto: Aktion Freiheit statt Angst (Flickr) (CC BY 2.0)

1458_15_Spinnrad1_15_Kern_wd_1458_15_Spinnrad1_15_Kern_wd 25.03.15 07:14 Seite 17

Im Norden Albaniens wurde wäh-rend des Sommers 2012 ein jun-ger Mann mit einer Feuerwaffe

erschossen. Sein Name war Vllaz-nim, er war 22 Jahre alt. Am Tagseiner Ermordung war Vllaznim mitseinem Bruder unterwegs, auf denebenfalls geschossen wurde. Vllaz-nims Bruder überlebte den An-schlag mit Glück.

In der Folge einer persönlichenAuseinandersetzung hatte einervon Vllaznims Verwandten einenMann getötet. Das ereignete sichwenige Jahre vor dem Sommer2012. Ein Familienangehöriger desermordeten Mannes nahm in FolgeRache und ermordete Vllaznim.

Historische Entwicklung desPhänomens der Blutrache

Im Norden Albaniens ist das nureiner von hunderten Morden, dieauf Blutrache zurückgehen. Nachdem Ende der kommunistischenHerrschaft hatte das Land beimÜbergang zu einer echten Rechts-staatlichkeit mit erheblichen Pro-blemen zu kämpfen. Auch wennder Demokratisierungsprozess imLand voranschreitet, bleiben zahl-reiche Probleme bestehen. Soherrscht Korruption, es gibt kaumWirtschaftswachstum, das Bil-dungsniveau ist niedrig, Binnenmi-gration erfolgt von isolierten Berg-dörfern hin in die Vorstädte derbedeutenden Städte. In diesemKontext verbreitet sich die Blutra-che als Form der Selbstjustiz. IhrenUrsprung findet sie in der Überliefe-rung eines mittelalterlichen Strafge-setzbuchs mit dem Namen „Kanundes Leke Dukagjini". Während derBesetzung der Ottoman_innenregelte dieses Gesetzbuch dasgesamte soziale und kulturelleLeben der albanischen Bevölke-

rung der nördlichen Bergregion.Ehre galt als grundlegender Faktorin der Beziehung zwischen Einzel-personen und ihrer Gemeinschaft.Ehrverletzung wurde als soschwerwiegendes Verbrechen an-gesehen, dass diese in Folge nurnoch durch neuerliches Blutvergie-ßen oder aber durch Vergebungwiederhergestellt werden konnte.Das genommene Blut erforderte imGrunde entweder gerächt oder miteinem Versöhnungsritus vergebenzu werden.

Heute wird diese Tradition in verän-derter Weise angewendet und alsVersuch gesehen, den Mängelndes Staates entgegenzutreten. DieVerzerrung der Normen, welche imKanun die Blutrache geregelt ha-ben, hat zur Folge, dass heuteSelbstjustiz überall dort auftritt, wodie Rechtsstaatlichkeit nicht greift.Persönliche Konflikte können sichbis zu dem Punkt hin verschlim-mern, an dem eine Seite zu einemMord gedrängt wird. Das führtwiederum zu einem endlosen Kreisvon Rache und schadet geradedenjenigen, die mit der Person, dieeine andere angegriffen hat, ver-wandt sind.

Albanisch-italienisches Engage-ment für eine Kultur des Frie-

dens

Seit 2010 garantiert die „Operazio-ne Colomba" („Operation Frieden-staube"), das Friedenskorps derVereinigung „Comunità Papa Gio-vanni XXIII", ständige Präsenz imNorden Albaniens, im Speziellen inden Gebieten um Shkoder undTropje. Das Ziel von OperazioneColomba beinhaltet die vollständi-ge Beseitigung der Blutrache alsAkt von Selbstjustiz. Um diesesZiel zu erreichen führen die Freiwil-

ligen der Operazione Colomba zivi-le gewaltfreie Aktionen zur Frie-denssicherung, Friedensbildungund Friedensstiftung durch.

Die hauptsächlich angewandtengewaltfreien Techniken sind:

• Dialog und aktives Zuhören, umdie involvierten Akteur_innen dabeizu unterstützen konstruktiv mitihren Gefühlen umzugehen

• Vermittlung zwischen den Kon-fliktparteien bis hin zur Lösung desDisputes durch einen Versöh-nungsprozess

• Unbewaffnete Begleitung undgewaltfreies Eingreifen um größereBewegungsfreiheit für die Perso-nen zu garantieren, die dem Risikoder Blutrache ausgesetzt sind

• Aufklärungsarbeit (durch Demon-strationen, Petitionen, öffentlicheTreffen, Runde Tische, die Verbrei-tung der Erfahrungen derjenigen,die sich für Versöhnung statt Blut-rache entschieden haben) voran-treiben um die Implementierungdes Gesetzes zu garantieren undeinen nationalen Versöhnungspro-zess zu etablieren, bei dem allesozialen Akteur_innen involviertsind

• Vernetzung mit albanischen Ver-bänden und der Zivilgesellschaftum Vorschläge für die Überwin-dung der Problematik einzubringenund eine gewaltfreie Kultur, die aufder Anerkennung der Menschen-rechte basiert, zu verstärken

• Beaufsichtigung und Sammlungvon Daten über die mengenmäßigeund geographische Verbreitung derBlutrache um detaillierte undaktuelle Kenntnisse über die Pro-blematik zu entwickeln.

18 Spinnrad 1 / 2015

AALBANIEN

Licht am albanischen Horizont?! Der Weg zur Beseitigung der Blutrache ist bereitet von Giulia Zurlini

1458_15_Spinnrad1_15_Kern_wd_1458_15_Spinnrad1_15_Kern_wd 25.03.15 07:14 Seite 18

19 Spinnrad 1 / 2015

Ein Marsch für Frieden undgegen Blutrache

Im Jahr 2014 sagte Vllaznims Bru-der während eines Besuchs desTeams von Operazione Colombabei der Familie: „Das Leben istwertlos ohne Hoffnung". Im Som-mer 2014 entschieden sich Freiwil-lige von Operazione Colombaeinen Friedensmarsch zu organi-sieren um die albanische Zivilge-sellschaft und albanische Institutio-nen mit Vllaznims Botschaft zuerreichen.

Die Friedensinitiative mit dem Titel„Eine Menschenmasse bewegt sichfür Frieden und gegen Blutrache"dauerte 10 Tage, vom 22. Juni biszum 1. Juli. In diesen Tagen wur-den insgesamt 130 Kilometerzurückgelegt und von Norden aus-gehend in Richtung Landesinneresviele Dörfer und Städte durchquert.Stopps wurden in Bajram Curri,Fushe Arrez, Puke, Lac Vau Dejes,Shkoder, Kallmet, Lezhe, Lac,Mamurras, Fushe Kruje und Tiranegemacht. Der Slogan des Mar-sches war „Wandel? Es ist mög-lich!" Er unterstrich das Bedürfnis,den Willen und die Hoffnung ver-schiedener Gesellschaftsgruppendas Phänomen der Blutrache zubeseitigen.

Die Ziele des Marsches waren:

• die Förderung einer Kultur desFriedens, des Lebens, der Verge-bung und der Versöhnung

• eine breitere Sichtbarmachung

der Blutrache-Problematik - auchauf internationaler Ebene

• die albanischen Institutionen dar-in zu bestärken, eine starke undklare Position zu beziehen. Diessoll durch die Implementierung desGesetzes Nr. 9389, datiert auf den4. Mai 2005, geschehen, das dar-auf abzielt einen Koordinierungsratfür den Kampf gegen Blutrache zuetablieren.

Der Marsch für Frieden und Ver-söhnung wurde hauptsächlich vonalbanischen Institutionen, religiö-sen Institutionen in Albanien, alba-nischen Verbände, albanischenKünstler_innen, religiösen Gruppenund einzelne Bürger_innen unter-stützt.

Die Freiwilligen von OperazioneColomba organisierten an jedemAufenthaltsort bewusstseinsbilden-de Aktivitäten, adressiert an dielokale Zivilbevölkerung, in Formvon:

• Zeugnissen derer, die Versöh-nung an Stelle von Rache gewählthaben

• Zeugnissen derer, die gewalt-freien Kampf in Konfliktgebieten inder ganzen Welt gewählt haben

• Verteilung von Flugblättern, diedie Botschaft von Frieden und Ver-söhnung verbreiten

• Infoständen, bei denen auchUnterschriften für die Petition fürdie Implementierung von GesetzNr. 9389 vom 4. Mai 2005 gesam-melt wurden

• Förderung einer Kultur, die aufVersöhnung, Gewaltfreiheit und derAnerkennung der Menschenrechtebasiert.

Aktive Gewaltfreiheit erzieltErfolge

Operazione Colomba schätzt, dasswährend der gewaltfreien Initiativeungefähr 300 Menschen, sowohlAlbaner_innen als auch andereStaatsangehörige, am Friedens-

marsch teilgenommen haben.Schätzungsweise 10.000 Flugblät-ter mit der Botschaft von Friedenund Versöhnung wurden verteilt,was bedeutet, dass mindestens10.000 Menschen von der Initiativeerfahren haben. Darüber hinaushaben in Albanien innerhalb von 10Tagen 2.681 Menschen die Petitionunterschrieben und innerhalb einesMonats 253 Personen weltweitonline unterzeichnet.

Der Friedensmarsch erreichte eineso breite öffentliche Wahrnehmung,dass Ende Juli 2014 ein Treffenzwischen einer Delegation vonOperazione Colomba und demPräsidenten der Republik Albanien,Bujar Nishani, zustande kam. DasTreffen zielte darauf ab, den Präsi-denten über die durchgeführtenAktivitäten in Albanien zu informie-ren und im Speziellen um dieImplementierung des Gesetzes Nr.9389 aus dem Jahr 2005 anzusu-chen. Präsident Nishani versprach,sich für die Implementierung desgenannten Gesetzes einzusetzen.Dies garantierte er durch die Eta-blierung einer Rechtsgrundlage fürdie Bildung eines „Koordinie-rungssrates für den Kampf gegendie Blutrache".

Dieses Resultat stellt einen weite-ren wichtigen Schritt in RichtungBeseitigung der Blutrache durchaktive Gewaltfreiheit dar.

Die Autorin Giulia Zurlini ist Mitar-beiterin der italienischen Friedens-projektes "Operazione Colomba"("Operation Friedenstaube"). Ope-razione Colomba - GewaltfreiesFriedenskorps tritt seit 20 Jahrendurch zivile gewaltfreie Aktivitätenim Bereich von Friedenssicherung,Friedensbildung und Friedensstif-tung in bewaffneten Konflikten wiein Kolumbien, Israel/Palästina,Albanien, Tschetschenien, Liba-non/Syrien oder Sierra Leone auf.

http://www.operazionecolomba.it/

Übersetzung: David Gamsjäger

ALBANIEN

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Ich, Alfred Bernhard Nobel, erkläre hiermit nach reiferÜberlegung meinen Willen bezüglich meines Eigen-tums, das ich nach meinem Tod hinterlassen kann, wiefolgt:

Mit meinem verbleibenden realisierbaren Vermögensoll auf folgende Weise verfahren werden: das Kapital,das von den Nachlassverwaltern in sichereWertpapiere realisiert wurde, soll einen Fond bilden,dessen Zinsen jährlich als Preis an diejenigen ausge-teilt werden sollen, die im vergangenen Jahr derMenschheit den größten Nutzen erbracht haben. DieZinsen werden in fünf gleiche Teile aufgeteilt: ...ein Teil an denjenigen, der am meisten oder ambesten auf die Verbrüderung der Völker und dieAbschaffung oder Verminderung stehender Heeresowie das Abhalten oder die Förderung vonFriedenskongressen hingewirkt hat. ... Es ist mein aus-drücklicher Wille, dass bei der Preisverteilung dieZuteilung nicht an irgendeiner Nationalität festgemachtwird, so dass der Würdigste den Preis erhält, ob erSkandinavier sei oder nicht.

Paris, den 27. November 1895 gez. Alfred Bernhard Nobel

DVR 0583031 Zulassungsnummer: GZ 02Z032555M

P.b.b.Internationaler VersöhnungsbundLederergasse 23/Hof2/St.3/Tür 27A-1080 Wien

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