Fremdwortdiskussion Und Rechtsextremismus

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FREMDWORTDISKUSSION UND RECHTSEXTREMISMUS

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  • German Life and Letters 56:1 January 200300168777

    FREMDWORTDISKUSSION UND RECHTSEXTREMISMUS

    Falco Pfalzgraf

    abstract

    Seit den 1990er Jahren hat die Fremdwortdiskussion in Deutschland an Scharfezugenommen. Vom Zweiten Weltkrieg bis in die 1990er Jahre kommt es lediglichzu einzelnen Stellungnahmen von Politikern zur Fremdwortdiskussion, dochAnfang 2001 kritisieren zahlreiche hochrangige deutsche Politiker parteiubergrei-fend den Gebrauch von Angloamerikanismen im Deutschen. Erstmals seit den1930er Jahren werden Rufe nach einem Sprachschutzgesetz laut.

    In diesem Zusammenhang ist die zunehmende Bildung und Einflussnahmeneuer Vereinigungen zum Schutz des Deutschen zu sehen. Einige zeichnen sichdurch beachtliche Mitgliederzahlen aus und fallen durch starke Medienprasenzauf. Andere wieder sind kleinere Vereine, die aber ahnliche oder identische Zieleverfolgen. Hier wird auf das Netzwerk dieser Sprachschutz-Vereinigungen einge-gangen. Es wird gezeigt, dass Sprachschutzvereine fur viele rechtsgerichteteOrganisationen interessant erscheinen, mit selbigen in Verbindung gebrachtwerden konnen, oder sich bewusst ihrer Unterstutzung bedienen.

    Nicht alle untersuchten Vereine durfen trotz ihrer beachtlichen Vernetzungpauschal als rechtsextremistisch bezeichnet werden, einige aber konnen alsrechtsextrem eingestuft werden. Es wird gezeigt, welche Vereine Verbindungenzum politisch rechten Lager haben. Andere Vereine hingegen haben erkannt, wieschadlich solche Kontakte ihrer Sache sein konnen und gehen mehr oder wenigererfolgreich gegen Rechtsextremisten in den eigenen Reihen vor. Ob dies aber mitausreichender Konsequenz geschieht, sei dahingestellt.

    EINLEITUNG

    Noch in den 90er Jahren war die Sprachwissenschaft der Auffassung, dassdie Problematik des Fremdwortpurismus in Deutschland kaum noch exis-tent sei. So schreibt z.B. Peter von Polenz, dass sich auf der Suche nachnationaler Identitat seit der Neuvereinigung 1990 [%] keine neuefremdwortpuristische Tendenz entwickeln [konnte].1 Polenz fuhrt aus:

    Das ganze Problem der Sprachmischung und der Fetischisierung von Spra-che als zu hutendem nationalen Schatz ist in der modernen Kommunika-tionsgesellschaft endlich einige Pflocke tiefer gehangt worden.2

    Dies mag beim Verfassen der 1999 erschienenen Sprachgeschichte nochden Tatsachen entsprochen haben. Inzwischen haben sich seit der deut-schen Vereinigung jedoch einige gravierende Neuentwicklungen in derFremdwortdiskussion gezeigt.

    1 Peter von Polenz, Fremdwortpurismus und Sprachpflege Sprachvereine und Sprachinstitu-tionen, Deutsche Sprachgeschichte, Bd. 3, Berlin 1999, S. 287.2 Ebd., S. 288.

    Blackwell Publishing Ltd 2003. Published by Blackwell Publishing, 9600 Garsington Road, Oxford, OX4 2DQ and 350 MainStreet, Malden, MA 02148, USA.

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    Zwar wurden vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die spaten 90erJahre hinein lediglich einzelne, wenig ernstzunehmende Stellungnahmenvon Politikern zum Thema Fremdwortdiskussion geauert. Zu Anfang desJahres 2001 aber kritisierten dann zahlreiche hochrangige deutsche Poli-tiker aller Parteien den vorgeblich ubermaigen Gebrauch von Ang-loamerikanismen im Deutschen, unter ihnen Bundesprasident JohannesRau (SPD), Bundestagsprasident Wolfgang Thierse (SPD), FDP-Chef Wolf-gang Gerhard, der bayerische Innenminister Hans Zehetmair (CSU) undBerlins regierender Burgermeister Eberhard Diepgen (CDU).3 Erstmalsseit den 1930er Jahren wurden Rufe nach einem Gesetz zum Schutz derdeutschen Sprache laut.

    In diesem Zusammenhang ist auch die zunehmende Bildung und Ein-flussnahme zahlreicher neuer Vereinigungen zum Schutz der deutschenSprache zu sehen. War z.B. der 1987 gegrundete Verein zur Wahrung derdeutschen Sprache (VWdS), der sich jetzt Verein Deutsche Sprache (VDS)nennt, in den fruhen 90ern noch ein kleiner, unbedeutender Verein, sohat er doch nach eigenen Angaben inzwischen uber 13.000 Mitglieder.Regelmaige Medienauftritte der Vereinsfuhrung um den vorsitzendenDortmunder Statistikprofessor Walter Kramer, z.B. in Fernsehsendungenwie Berlin Mitte,4 Sabine Christiansen5 oder Kulturzeit,6 sowie die hochorgani-sierte Internetseite des Vereins helfen offenbar, breite Unterstutzung furden Kampf gegen englischsprachige Einflusse auf das Deutsche zu finden.

    Im Folgenden soll nun exemplarisch auf einige dieserSprachschutz-Vereinigungen eingegangen werden. Dass die Mehrzahldieser selbsternannten Sprachschutzer auch heute wieder national-chauvinistische Zielstellungen verfolgen, so wie dies zwischen der Reichs-grundung 1871 und der Zeit des deutschen Nationalsozialismus der Fallwar, durfte man wohl ausschlieen konnen. Vielmehr soll untersuchtwerden, inwieweit Sprachschutzvereine fur rechtsgerichtete Organi-sationen interessant erscheinen, mit selbigen in Verbindung gebrachtwerden konnen, oder sich gar der Unterstutzung solcher Gruppen bedie-nen.

    Historisch betrachtet ist diese Anziehungskraft, die Sprachschutzvereineund Rechtsextremisten aufeinander ausuben, nichts Neues. Beispielhaftgenannt sei hier der 1885 gegrundete Allgemeine Deutsche Sprachverein(ADSV), der sich ab 1923 nur noch Deutscher Sprachverein nannte. ZurZeit seiner Grundung waren die Stellungnahmen des ADSV zurFremdwortfrage noch relativ moderat, doch wahrend des Ersten Welt-kriegs war der Fremdwortpurismus [%] von einem militanten Chau-

    3 Kampf um Schutz der deutschen Sprache. Politiker aller Parteien warnen vor Uberfremdungdurch Anglizismen, Die Welt, 11.02.2001.4 Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), Modern Talking wer rettet die deutsche Sprache?, BerlinMitte, 15.02.2001.5 Arbeitsgemeinschaft der offentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD), Manspricht Deutsch aber wie?, Sabine Christiansen, 29.07.2001.6 3Sat, [zent] oder [ssent]?, Kulturzeit, 07.01.2002.

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    vinismus gekennzeichnet und der Ton wurde extremer.7 Polenz schreibtbezuglich der dann folgenden Entwicklung des ADSV:

    Auf die Machtubergabe an Hitler und seine NSDAP im Januar 1933 rea-gierte der Sprachverein mit diensteifriger Einbringung seiner traditionellenArbeit in die neue rechtsradikale Diktatur. Mit neuen, nationalsozialistischverscharften Ausrufen stellte sich der Sprachverein als SA unserer Mutterspra-che vor, die gegen die Verschandelung der Sprache durch Volksschadlingekampft, mit dem Ziel, das heilige erb- und blutgebundene Sprachgut zu sau-bern.8

    Die Attraktivitat bestand zunachst beiderseitig: Die Nazis schienen denSprachreinigern bei der Jagd auf undeutsche Worter behilflich zu sein,wahrend der ADSV im Gegenzug die Politik Hitlers und seiner Gefolgs-leute vertrat. Doch schon bald zeigte sich, dass auch den Nazis, die sichin ihren Reden aus Grunden der Verschleierung gern zahlreicherFremdworter bedienten, die standige Kritik des ADSV zu viel wurde, undEnde 1940 gab ein Erla von Hitler der ganz in Mikredit geratenenpuristischen Bewegung den Gnadensto.9

    Zuruck zur Gegenwart. Bezuglich der Frage moglicher Kontakte zwi-schen Rechtsextremisten und Sprachschutzern sollen hier beispielhaft fol-gende Sprachschutzorganisationen untersucht werden:

    Verein Deutsche Sprache (VDS), Dortmund Arbeitskreis Unsere Sprache (ARKUS), Starnberg Verein fur Rechtschreibung und Sprachpflege (VRS), Nurnberg Verein fur Rechtschreibung und Sprachpflege (BVR), Berlin Verein fur Rechtschreibung und Sprachpflege, Wien Verein Muttersprache, Wien Bund fur deutsche Schrift und Sprache (BfdS), Ahlhorn

    An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass sich nicht alle der o.g.Vereinigungen in gleichem Ausma gegen den Gebrauch von Anglo-amerikanismen im Deutschen wenden. So ist die Fremdwortkritik dasHauptanliegen von VDS, ARKUS und dem Wiener Verein Muttersprache.Die anderen Vereinigungen verfolgen teils primar andere Ziele, kritisierenaber gleichfalls die Verwendung von Angloamerikanismen in der deut-schen Sprache: So ist neben der Anglizismenkritik die Rechtschreibreform

    7 Alan Kirkness, Das Phanomen des Purismus in der Geschichte des Deutschen, Werner Besch,Anne Betten, Oskar Reichmann und Stefan Sonderegger (Hg.), Sprachgeschichte. Ein Handbuch zurGeschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung (HSK), 2. Auflage, Band 2.1, Berlin 1998, S. 414.8 Peter von Polenz, a.a.O., S. 277. Hervorhebungen so im Originaltext.9 Alan Kirkness, a.a.O., S. 414. Hitlers Erlass vom 19. November 1940 untersagte ohne weitereAngabe von Grunden und ab sofort die Eindeutschung von Fremdwortern. Dies bedeutete dasEnde der Fremdwortjagd und damit auch des Deutschen Sprachvereins. Zudem wurde dessenVereinszeitschrift umbenannt und bekam einen neuen Herausgeber. Fur detailliertere Aus-fuhrungen zu dieser Problematik siehe: Helmut Bernsmeier, Der Deutsche Sprachverein imDritten Reich, Muttersprache, 93 (1983), 3558.

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    das zweite Hauptthema, mit dem sich der Wiener Verein fur Rechtschrei-bung und Sprachpflege beschaftigt. VRS und BVR gehen zwar in ersterLinie gegen die neue Rechtschreibung an, fordern aber in ihren Sat-zungen ebenfalls einen angemessenen Umgang mit Fremdwortern. DerBfdS kampft hauptsachlich fur die Wiedereinfuhrung der deutschenSchreibschrift und des Frakturdrucks, spricht sich aber zugleich massivgegen Angloamerikanismen aus.

    Samtliches verwendetes Quellenmaterial ist in den Anmerkungen amEnde dieser Abhandlung aufgefuhrt. Einige Quellen stammen aus demInternet. Hierbei besteht oftmals die Gefahr, dass Material plotzlich nichtmehr verfugbar ist, weil Inhalte verandert oder gar geloscht werden.Daher wurden alle hier zitierten Webseiten kopiert und archiviert.10

    1. DER VEREIN DEUTSCHE SPRACHE (VDS)

    Der Verein Deutsche Sprache (VDS) wurde im November 1997 gegrundet,und zwar von dem Dortmunder Statistikprofessor Walter Kramer. War derVDS zunachst ein eher kleiner, unbedeutender Verein, so ist er inzwischenmit seinen uber 13.000 Mitgliedern in mehr als 30 Landern der mitAbstand grote der Sprachpflege verpflichtete Verein Deutschlands. DerVDS bekampft die Vermanschung des Deutschen mit dem Englischen,das Kauderwelsch der Werbung und das pseudokosmopolitische Imponi-ergefasel vieler Medienleute.11

    Der VDS ist sich seiner Attraktivitat fur politisch rechtsgerichtete Indivi-duen und Organisationen durchaus bewusst und bemuht sich schon seitlangerem, dagegen anzugehen. So ist anzumerken, da sich der Verein[%] nach Bekanntwerden der rechtsextremen Biographie von seinemRegionalbeauftragten fur Essen/Recklinghausen, Michael Frank, trennte[%].12 Auch tritt der Statthalter des Vereins in Chile, Hugo Roggendorf,zumindest auf den Webseiten nicht mehr in Erscheinung. Bei Roggendorf[% handelt] es sich um einen ehemaligen SS-Mann, der uber Jahrehinweg unter anderem auch Kontakte zur Colonia Dignidad pflegte.13

    Dennoch geht der VDS bei der Auswahl seiner Reprasentanten offenbarimmer noch nicht grundlich genug vor. So nennt eine regionale VDS-Homepage Dr. Albrecht Jebens als VDS-Regionalbeauftragten fur den

    10 Samtliches dem Internet entnommenes Material ist in den Anmerkungen zu diesem Artikel alssolches durch Angabe der jeweiligen Internetadresse (URL) gekennzeichnet. Alle Quellen wurdensorgfaltig archiviert und sind online einsehbar unter .11 Verein Deutsche Sprache (Hg.), VDS vorgestellt. Online einsehbar unter .12 Informationsdienst gegen Rechtsextremismus (Hg.), Verein zur Wahrung der deutschen Spra-che inseriert im rechtsextremen Pamphlet Huginn und Muninn. Online einsehbar unter.13 Ebd. Fur detailliertere Informationen uber die Colonia Dignidad in Chile siehe Informations-dienst gegen Rechtsextremismus (Hg.), Colonia Dignidad. Online einsehbar unter.

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    deutschen 71er Postleitzahlenbereich.14 Jebens ist nach Informationen desIDGR Autor der Staatsbriefe.15 Die Staatsbriefe, die auch im Internet verbrei-tet werden,16 sind vom deutschen Verfassungsschutz unter den rechtsex-tremistischen Theorie-Zeitschriften aufgefuhrt.17

    Hingewiesen sei hier auch auf die Anzeigenpolitik des VDS. So fandsich in der Ausgabe 3/1999 des neuheidnischen Neonazipamphlets Hug-inn und Muninn, Organ der Arbeitsgemeinschaft Naturreligioser Stammes-verbande Europas (ANSE), [%] eine Anzeige des Dortmunder Vereinszur Wahrung der deutschen Sprache.18 Aufgrund der o.g. Bemuhungendes VDS um Abstand vom politisch rechten Lager kann aber angenommenwerden, dass inzwischen in solchen Schriften nicht mehr inseriert wird.

    Auf der Startseite der Homepage des VDS findet sich der Hinweis Wirunterstutzen die Initiative Netz gegen Rechtsextremismus mit einem Linkzur Internetseite www.netzgegenrechts.de.19 Ein Akt von Symbolkraft; auchwenn die Internetseite vom Netz gegen Rechtsextremismus inhaltlichwenig substanziell ist. Auf seiner Internetseite schreibt der VDS: Wir ver-treten einen gesunden Sprach- und Kulturpatriotismus, lehnen es aberab, da ein Einsatz fur die Sprache zur Verfolgung nationalistischer Zielemibraucht wird. Wir sind uberparteilich, bei demokratischer und li-beraler Grundeinstellung.20 Zugleich finden sich auf der Startseite aberErklarungen, die als undemokratisch interpretiert werden konnen und soden Verein doch fur das rechte Lager attraktiv machen konnen: Der VDStritt fur mehr Selbstachtung und Wurde aller Menschen, die Deutsch alsMuttersprache haben, ein [%].21

    Eine solche Interpretation nehmen offenbar die schon genanntenrechtsextremistischen Staatsbriefe vor, auf deren Internetseite mitVerweisen auf andere Homepages sich auch das Logo des VDS findet.22Gemeinsam mit Verweisen zu rechtsextremistischen Vereinigungen bzw.Publikationen wie dem Thule-Seminar,23 der Nation & Europa24 und der

    14 Verein Deutsche Sprache (Hg.), VdS vorgestellt. Online einsehbar unter .15 Informationsdienst gegen Rechtsextremismus (Hg.), Verein zur Wahrung der deutschen Spra-che [%], a.a.O.16 Hans-Dietrich Sander (Hg.), Staatsbriefe. Online einsehbar unter .17 Bundesministerium des Inneren der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), Verfassungsschutzbericht2000, S. 98. Online einsehbar unter .18 Informationsdienst gegen Rechtsextremismus (Hg.), Verein zur Wahrung der deutschen Spra-che [%], a.a.O.19 Verein Deutsche Sprache (Hg.), VDS in Kurze. Online einsehbar unter .20 Verein Deutsche Sprache (Hg.), Eckpunkte. Online einsehbar unter .21 Verein Deutsche Sprache (Hg.), VDS in Kurze, a.a.O.22 Hans-Dietrich Sander (Hg.), Verweise, Staatsbriefe-Internetseite. Online einsehbar unter.23 Bundesministerium des Inneren der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), a.a.O., S. 99.24 Ebd., S. 93ff.

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    osterreichischen Aula25 wird hier fur den VDS geworben. Gewiss kann derVDS niemandem verbieten, auf die VDS-Homepage zu verweisen. Dochbleibt zu fragen, inwieweit das Logo des VDS rechtlich geschutzt ist, undob man nicht zumindest dessen Verwendung untersagen kann. Anderer-seits konnte spekuliert werden, dass ein Verwendungsverbot des Logosdem VDS mehr schadet als nutzt und er deshalb eher halbherzig gegensolche kostenlose Werbung aus dem rechten Lager vorgeht.

    2. DER ARBEITSKREIS UNSERE SPRACHE (ARKUS)

    Nun zum Arbeitskreis Unsere Sprache (ARKUS), als dessen KoordinatorThomas Paulwitz fungiert oder dies zumindest zeitweilig tat, wie aus Infor-mationen der SPD hervorgeht.26 Der ARKUS verbreitet uber mindestenszwei Webseiten im Internet eine Selbstverpflichtung zum Schutz der deut-schen Sprache,27 in der zunachst behauptet wird, dass die deutsche Spra-che verwildert, verarmt, verroht und verschwindet und folglich zuschutzen sei. Dann wird dazu aufgefordert, sich zwecks Schutz der deut-schen Sprache zur Einhaltung von zehn Punkten zu verpflichten.Darunter etwa Ich meide Rundfunkprogramme mit uberwiegendenglischsprachigen Liedern, Ich sehe vornehmlich Filme deutscher undeuropaischer Herkunft und Ich bevorzuge auf deutsch beworbene Warenund Dienstleistungen. Es folgt ein Aufruf zu Spenden und zur Verbrei-tung der Selbstverpflichtung; zudem erklart man sich mit der Veroffentli-chung seines Namens und Wohnorts einverstanden.28

    Wie sich aus der Fuzeile der Selbstverpflichtung ersehen lasst, ist derARKUS eine Unterabteilung von Unser Land Wissenschaftliche Stiftungfur Deutschland e.V., als dessen Vorstand Dr. Alfred Mechtersheimer ge-nannt wird. Mechtersheimer ist laut Verfassungsschutz Bayern auch Vor-sitzender der rechtsextremen Deutschland-Bewegung, deren Publik-ationen ein demokratiefeindliches, die Volkssouveranitat ablehnendesund rassistisch gepragtes Deutschland fordern.29 Mechtersheimer selbst

    25 Bundesministerium fur Inneres der Republik Osterreich (Hg.), Verfassungsschutzbericht 2000, S.26. Online einsehbar unter .26 Bundesvorstand der SPD (Hg.), Informationen der SPD. AVS-Informationsdienst, 21/2000, S. 19.Online einsehbar unter .27 Arbeitskreis Unsere Sprache (Hg.), Selbstverpflichtung zum Schutz der deutschen Sprache.Online einsehbar unter und unter .28 Fur detailliertere Ausfuhrungen zur politisch-sprachlichen Dimension dieser Selbstverpflichtungvergleiche: Joachim Gessinger, Deutsche reden deutsch, Stefan J. Schierholz (Hg.), Die deutscheSprache in der Gegenwart: Festschrift fur Dieter Cherubim zum 60. Geburtstag, Frankfurt a.M. 2000, S.24355.29 Bayerisches Staatsministerium des Inneren (Hg.), Verfassungsschutzbericht 2000, S. 5960. Onlineeinsehbar unter .

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    wird vom deutschen Verfassungsschutz als Rechtsextremist klassifiziert.30Beide Organisationen, Deutschland-Bewegung und Unser Land, benutzendasselbe Postfach 1555 in 82305 Starnberg.

    3. DER VEREIN FUR RECHTSCHREIBUNG UND SPRACHPFLEGE (VRS)

    Erstmals im Mai 2000 erscheint eine neue deutschsprachige Sprachzeitungunter dem Namen Deutsche Sprachwelt. Als Schriftleiter und Herausgeberwird im Impressum der schon erwahnte Thomas Paulwitz genannt.Mitherausgeber ist Stefan Micko, und beide Herausgeber handeln im Auf-trag des Vereins fur Sprachpflege. Genauere Angaben zu diesem Vereinwerden zunachst nicht gemacht. Erst anhand der Abonnementsadresselasst sich folgern, dass es sich bezuglich Deutschlands (die Zeitung wirdnamlich auch in Osterreich publiziert) um den Verein fur Rechtschrei-bung und Sprachpflege e.V./Initiative gegen die Rechtschreibreform(VRS) in Nurnberg handelt. In dessen Jahresbericht 2000 wird dann auchtatsachlich bestatigt, dass der VRS die neue Sprachzeitung die DEUT-SCHE SPRACHWELT (DSW) aus der Taufe gehoben hat.31

    Der damalige Vereinsvorsitzende des VRS, Manfred Riebe, scheute sichnicht, im Jahr 2000 mehrere Beitrage zur Rechtschreibproblematik in derWochenzeitung Junge Freiheit zu veroffentlichen.32 Die Junge Freiheit ist lautdeutschem Verfassungsschutz ein Forum fur rechtsextremistische Intellek-tuelle.33

    In der zur Zeit aktuellsten Ausgabe der Deutschen Sprachwelt vom No-vember 2001 finden sich auszugsweise vier Seiten aus Osterreichs einzigerwertkonservativer Wochenzeitung Zur Zeit.34 Ein Grund fur diesen viersei-tigen Abdruck wird nicht genannt, und es bleibt offen, ob es sich dabei umeine redaktionelle Manahme oder lediglich um eine Art Werbebeilagehandelt. Bezuglich der Zeitung Zur Zeit stellt der osterreichische Staats-schutz fest, dass bereits

    im Juni 1999 [%] in einem Artikel in der Wochenzeitung Zur Zeit dieExistenz von Gaskammern im Dritten Reich geleugnet sowie die sechs Mil-lionen NS-Opfer in Frage gestellt [wurden]. Im Mai des Berichtjahres [2000]

    30 Bundesministerium des Inneren der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), a.a.O., S. 112.31 Manfred Riebe (Hg.), Bericht zur Jahreshauptversammlung des Vereins fur deutsche Recht-schreibung und Sprachpflege e.V./Initiative gegen die Rechtschreibreform (VRS),Hervorhebungen so im Originaltext. Online abrufbar unter .32 Chaos beim Schreiben. Pladoyer fur einen verantwortungsvollen Umgang mit Sprache, JungeFreiheit 19/2000 vom 05.05.2000 und Die Sprache gehort dem Volk. Manfred Riebe uber dieRechtschreibreform und den Streit unter Sprachschutzern, Junge Freiheit 26/2000 vom 23. Juni2000. Online abrufbar unter bzw..33 Bundesministerium des Inneren der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), a.a.O., S. 101.34 Deutsche Sprachwelt, Ausgabe 6 vom 20.11.2001, S. 58.

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    wurde beim Landesgericht Wien in dieser Causa die gerichtliche Vorunter-suchung wegen des Verdachts der NS-Wiederbetatigung eingeleitet.35

    Es muss gefragt werden, was den VRS zur Aufnahme dieser vierseitigenTextauszuge bewogen hat, und welche Zielgruppe die Deutsche Sprachweltdamit anzusprechen hofft. Versucht der VRS etwa, dadurch rechtsgerich-tete Zeitgenossen als Leser und Abonnenten fur seine Sprachzeitung zugewinnen?

    Kritisch gegenuber der Deutschen Sprachwelt zeigt sich auch die SPD. Sieberichtet: Abonnenten der rechtsextremen Monatszeitschrift Eckartboteerhalten die Deutsche Sprachwelt unaufgefordert zugeschickt.36 Auch dasUmgekehrte ist der Fall, wie der Autor dieses Artikels selbst erfahren muss-te: Als Bezieher der Deutschen Sprachwelt wurde ihm ein Verzeichnissamtlicher Eckartschriften unaufgefordert zugesandt. Der Eckartbote sowiedie Eckartschriften werden von der Osterreichischen Landsmannschaft(OLM) herausgegeben.37 Betreffend die OLM halt die Stiftung Dokumen-tationsarchiv des osterreichischen Widerstands fest:

    In der Juli/August-Ausgabe [2001] des OLM-Blattes Eckartbote findet sich derAufruf zum 9. Trauermarsch im Andenken an den von einem Auslanderermordeten Holger Muller (S. 35). Diese alljahrliche Demonstration mitrund 300 TeilnehmerInnen in Zittau wird seit 1997 vom ortlichen NPD-Kreisverband organisiert und vom Verfassungsschutz des Landes Sachsen inder Rubrik Neonationalsozialisten erwahnt. Im NPD-Organ Deutsche Stimme(5/2001, S. 8) wird ebenfalls zum Marsch im Angedenken unseres ermor-deten Kameraden aufgerufen. Die dort aufgezahlten Unterstutzer lesen sichwie das Whos who der ortlichen militanten Neonaziszene: Nationaler Wider-stand Nieder- und Oberlausitz, Nationaler Jugendblock Zittau, Odins-Legion, FreieKameradschaften, Nationaler Widerstand Mitteldeutschland. Die OLM [%] hatsich damit einmal mehr positioniert.38

    In ihrem Handbuch des osterreichischen Rechtsextremismus schreibt die StiftungDokumentationsarchiv des Osterreichischen Widerstands bezuglich derOLM auerdem:

    Der Schutzverein Osterreichische Landsmannschaft ist eine rechtsex-treme Organisation, die vor allem im publizistischen Bereich betrachtlicheAktivitaten setzt und aufgrund ihrer ideologisch-kulturellen Tatigkeit einewichtige integrative Funktion fur das deutschnationale und rechtsextreme

    35 Bundesministerium fur Inneres der Republik Osterreich (Hg.), a.a.O., S. 26.36 Bundesvorstand der SPD (Hg.), a.a.O.37 Osterreichische Landsmannschaft (Hg.). Veroffentlichungen. Online einsehbar unter.38 Stiftung Dokumentationsarchiv des osterreichischen Widerstands (Hg.), Osterreichische Lands-mannschaft und deutscher Neonazismus, Juli 2001. Online abrufbar unter.

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    Lager erfullt. Besondere enge personelle und organisatorische Kontaktebestehen zur FPO.39

    So sind Funktionstrager der OLM teils als politische Funktionare in derFreiheitlichen Partei Osterreichs (FPO) tatig. International bekanntwurde die FPO im Jahr 2000 durch ihren damaligen ParteivorsitzendenJorg Haider, dessen politisch rechtskonservative Grundhaltung in denMedien heftig kritisiert wurde. Aufgrund der Publikationen und Verbin-dungen der Deutschen Sprachwelt kann festgehalten werden, dass der Vereinfur Rechtschreibung und Sprachpflege VRS eine gewisse Affinitat zu poli-tisch rechtsgerichteten Gruppen besitzt, was auch durch die Veroffentli-chungen des damaligen Vereinsvorsitzenden Manfred Riebe in der JungenWelt bestatigt wird.

    4. DER VEREIN FUR RECHTSCHREIBUNG UND SPRACHPFLEGE (BVR)

    Denselben Namen Verein fur Rechtschreibung und Sprachpflege gibt sichauch der in Berlin ansassige BVR. Laut eines E-Mails des fruheren VRS-Vorsitzenden Manfred Riebe ist der BVR uberregional tatig und kann alsSchwesterverein des VRS angesehen werden.40 Wie eng beide Vereineverbunden sind, zeigt sich auch in dem schon erwahnten Jahresberichtdes VRS, wo deutlich wird, dass es zwischen beiden Vereinen eine starkeKoordination von Aktionen gibt.41

    Sprecher des BVR ist Gernot Holstein. Bekannt wurde er uber die Pressedurch seine Klage gegen die Rechtschreibreform vor dem Verwaltungsge-richt Berlin.42 Dass Holstein die vom deutschen Verfassungsschutz als Par-tei mit rechtsextremistische[n] Bestrebungen43 charakterisierten Repub-likaner wahlt, gibt er freimutig zu.44 Auch war er in zahlreichen politischrechtsgerichteten Vereinigungen aktiv, so u.a. in der in Verfassungsschutz-berichten verschiedener deutscher Bundeslander als rechtsextremistischeOrganisation gefuhrten Artgemeinschaft.45 Der Versuch Holsteins, dieseTatsachen zu verschleiern, wurde von der tageszeitung erfolgreich vereitelt;

    39 Stiftung Dokumentationsarchiv des osterreichischen Widerstands (Hg.), Handbuch des osterreich-ischen Rechtsextremismus, Wien 1994, S. 193.40 Personliche Kommunikation per E-Mail mit dem seinerzeit VRS-Vorsitzenden Manfred Riebe.41 Vgl. Manfred Riebe (Hg.), Bericht zur Jahreshauptversammlung [%], a.a.O.42 Meldung der dpa in allen groen Zeitungen. Vgl. z.B. Streit um Rechtschreibreform: Richterbetreten Neuland, Rhein-Zeitung vom 13.11.1997. Online einsehbar unter .43 Bundesministerium des Inneren der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), a.a.O., S. 87.44 Rechtschreib-Rebellen lassen nicht locker, Die Welt (Berlin) vom 10.07.1999. Online einsehbarunter .45 Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Verfassungsschutzbericht des LandesNordrhein-Westfalen 2000, S. 73. Online abrufbar unter und: Ministerium des Inneren und fur Sport des Landes Rheinland-Pfalz (Hg.),Tatigkeitsbericht 2000 des rheinland-pfalzischen Verfassungsschutzes, S. 71. Online abrufbar unter.

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    selbst eine schwammige Gegendarstellung Holsteins wusste die taz zu wi-derlegen.46 Auch hier bestehen also klare Verbindungen zum rechtenLager, die dem Vereinsvorsitzenden naturlich bekannt sein mussen.

    5. DER WIENER ARBEITSKREIS FUR KULTUR UND GESCHICHTE UND DERWIENER VEREIN MUTTERSPRACHE

    Thomas Paulwitz und Stefan Micko, die Herausgeber der DeutschenSprachwelt, wurden bereits in Abschnitt 2 erwahnt. Beide tauchen auch alsHerausgeber eines Buchleins mit dem Titel Engleutsch? Nein, danke! auf,das sich derzeit in der zweiten Auflage befindet.47 Es handelt sich dabeium eine Art langere Liste von englischsprachigen Wortern im Deutschen,fur die versucht wird, deutschsprachige Entsprechungen anzubieten. IhreSprache ist im Begriff auszusterben, warnen die Herausgeber die Leser,denn: Von Tag zu Tag verwildert und verarmt die deutsche Sprache. Deramerikanische Sprachkolonialismus nimmt immer beunruhigendere Aus-mae an.48 Ein Werk also in der Tradition von Hermann Dungers Worter-buch von Verdeutschungen entbehrlicher Fremdworter. Englanderei in der deutschenSprache aus dem Jahr 1882, wenn auch von deutlich geringerem Umfangund Anspruch.49

    Herausgegeben wird Engleutsch? Nein, Danke! im Auftrag des Arbeits-kreises fur Kultur und Geschichte (AKG) in Osterreich. Dieser AKG bildetnach Angaben vom Stefan Micko eine Unterabteilung der bereits zuvorgenannten Osterreichischen Landsmannschaft (OLM), und folglich wirdin Engleutsch? Nein, Danke! auch der OLM ausdrucklich Dank ausgesproch-en.50

    Als Adresse des AKG wird Postfach 27 in A-2103 Lang-Enzersdorf ge-nannt, als Telefon- und Faxnummer wird 0043-2244-30542 angegeben.51Dasselbe Postfach und dieselbe Telefon- und Faxnummer erscheinen auchauf dem privaten Absenderstempel von Stefan Micko.52 Nach SPD-Angaben ist Micko Autor bei dem schon zuvor erwahnten osterreichischenMedienwerk Aula.53 Dazu der osterreichische Staatsschutz: Wegen Ver-

    46 Fur einen ausfuhrlichen Uberblick uber die komplexen Verwicklungen Gernot Holsteins, vgl.Unterschriften fur die Rechts-Schreiber, tageszeitung (Berlin) vom 06.07.1999, 19. Hier wird auchHolsteins Gegendarstellung (tageszeitung [Berlin] vom 28.5.1999, S. 19) betreffend die Vorwurfeder tageszeitung entkraftet.47 Stefan Micko, Thomas Paulwitz, et al. (Hg.), Engleutsch? Nein, danke!, 2. Aufl., Wien 2000.48 Stefan Micko und Thomas Paulwitz (Hg.), Engleutsch? Nein, danke!, 1. Aufl., 3. Nachdruck, Wien1999, S. 3.49 Vgl. Hermann Dunger, Worterbuch von Verdeutschungen entbehrlicher Fremdworter. Englanderei in derdeutschen Sprache, Nachdruck der Ausgaben Leipzig 1882 und Berlin 1909, Hildesheim 1989.50 Stefan Micko und Thomas Paulwitz (Hg.), Engleutsch? Nein, danke!, 1. Aufl., a.a.O., S. 7.51 Arbeitskreis fur Kultur und Geschichte (Hg.), Werbeprospekt. Online einsehbar unter.52 Stempelabdruck Stefan Micko. Online einsehbar unter .53 Bundesvorstand der SPD (Hg.), a.a.O.

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    dachtes des Befurwortens, Gutheiens und Verbreitens nationalsozialisti-scher Ideologie wurde Anzeige [gegen Aula] nach dem Verbotsgesetzerstattet.54

    Vom selben Postfach 27 (und naturlich unter derselben oben ge-nannten Fax- und Telefonnummer) des osterreichischen Vereins furSprachpflege ist auch die Deutsche Sprachwelt zu beziehen, die in jeder derbisher erschienenen Ausgaben massiv fur Engleutsch? Nein, Danke! wirbt.55Das Postfach dient zudem als Adresse des Wiener Vereins Muttersprache,als dessen Obmann wiederum Stefan Micko genannt wird.56

    Der Verein Muttersprache wurde 1949 in Wien von Dr. Erwin Mehl alsosterreichischer Nachfolger des schon erwahnten, 1940 von Hitler durcheinen Fuhrererlass aufgelosten Allgemeinen Deutschen Sprachvereinsgegrundet. Nach Angaben der Stiftung Dokumentationsarchiv des Oster-reichischen Widerstands ist Mehl Unterzeichner des Aufrufs der Deut-schen National-Zeitung (Nr. 45, 3.11.1978) fur eine Generalamnestie furNS-Verbrechen.57 Die National-Zeitung erscheint laut bayerischem Verfas-sungsschutz im Munchener DSZ-Verlag, der das bedeutendste rechtsex-tremistische Propagandainstrument in Deutschland [ist].58

    Unterstutzt wird die Herausgabe des Buchleins nach eigenen Angabenu.a. von der Osterreichischen Landsmannschaft, vom Verein Mutterspra-che Wien, von dem schon erwahnten VRS Nurnberg sowie vom Bund furdeutsche Schrift und Sprache (BfdS),59 auf den nun naher eingegangenwerden soll.

    6. DER BUND FUR DEUTSCHE SCHRIFT UND SPRACHE (BfdS)

    Der eben genannte, in Ahlhorn ansassige BfdS tritt fur die Pflege undVerbreitung der deutschen Druck- und Schreibschriften und fur diePflege und den Schutz der deutschen Sprache ein,60 denn: Wie eineSeuche greift nun schon seit Jahrzehnten die Fremdwortsucht um sich,und standig werden neue Fremd- und Dummworter ins Deutsche einge-fuhrt.61 Vierteljahreshefte des Bundes mit dem Titel Die deutsche Schriftdienen der Durchsetzung dieser Ziele. Jeder Ausgabe ist auch eine Litera-

    54 Bundesministerium fur Inneres der Republik Osterreich (Hg.), a.a.O., S. 26. Die Einfugungdient der Klarstellung, dass es sich hier tatsachlich um Aula handelt.55 Vgl. z.B. Deutsche Sprachwelt, a.a.O., Impressum auf S. 2 und Bestellliste auf S. 9.56 Stefan Micko und Thomas Paulwitz (Hg.), Engleutsch? Nein, danke!, 1. Aufl., a.a.O., S. 7.57 Stiftung Dokumentationsarchiv des osterreichischen Widerstands (Hg.), Handbuch des osterreich-ischen Rechtsextremismus, Wien 1994. Online abrufbar unter .58 Bayerisches Staatsministerium des Inneren (Hg.), a.a.O.59 Stefan Micko und Thomas Paulwitz (Hg.), Engleutsch? Nein, danke!, 1. Aufl., a.a.O., S. 7.60 Bund fur deutsche Schrift und Sprache (Hg.), Ziele. Online abrufbar unter und .61 Ebd.

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  • 113FREMDWORTDISKUSSION UND RECHTSEXTREMISMUS

    turbeilage beigefugt, welche sprachlich vorbildliche Schriftsteller mitAuszugen ihres Schaffens vorstellt.62

    In der Literaturbeilage eines Sonderhefts, das zum Vereinsbeitrittanregen soll, findet sich ein Abschnitt mit dem Titel Die Pflicht natio-naler Selbsterkenntnis,63 der aus dem Buch Die Epochen der deutschenGeschichte von Johannes Haller stammt, welches erstmals 1923 erschienund noch heute im Buchhandel erhaltlich ist.64 Bezuglich des damalsgerade verlorenen Ersten Weltkrieges schreibt Haller:

    Da wir uns selbst so schlecht kannten, war in der jungsten Vergangenheitunser Ungluck und unsere Schuld. Darum wagten wir uns an Aufgaben, diean sich vielleicht nicht unlosbar, aber fur uns, so wie wir nun einmal warenund sind, zu schwer sein muten. Diesen Fehler vor allem gilt es abzulegen,wenn es noch eine bessere Zukunft, ja uberhaupt eine Zukunft geben soll;und die mu und wird es geben an ihr zu verzweifeln, ware unmannlichund feige, solange noch ein Funken Leben in uns ist. Das deutsche Volk istgefallen, aber tot ist es nicht, wenn es sich nicht selbst zum Tode verurteilt.65

    Wohin diese Auffassung einige Jahre spater gefuhrt hat, ist bekannt.Dennoch empfiehlt der BfdS diese Schrift in seiner Literaturbeilage.

    Der BfdS besitzt ein Verzeichnis lieferbarer Bucher und Veroffentli-chungen, die zumeist im Selbstverlag herausgebracht werden. Unter derBestellnummer 456 findet sich in diesem Verzeichnis das Buch Von deut-scher Sprache und Schrift des inzwischen verstorbenen Dr. Hans Riegel-mann.66 Dieses Buch wird auch vom schon genannten osterreichischenVerein fur Sprachpflege uber das vielgenutzte Postfach 27 in Lang-Enzersdorf vertrieben.67 Es uberrascht daher nicht, dass das Buch auch inder Deutschen Sprachwelt angepriesen wird.68

    Riegelmann taucht auf der in Deutschland verbotenen69 belgischen

    62 Bund fur deutsche Schrift und Sprache (Hg.), Werbeprospekt. Online einsehbar unter.63 Johannes Haller, Die Pflicht nationaler Selbsterkenntnis (Textauszug), Die deutsche Schrift,a.a.O., Literaturbeilage aus Heft 3/1988.64 Ebd.65 Ebd.66 Bund fur deutsche Schrift und Sprache (Hg.), Verzeichnis lieferbarer Bucher und Veroffentli-chungen 1999/2000. Online abrufbar unter und unter.67 Verein fur Sprachpflege (Hg.), Werbeprospekt. Online einsehbar unter.68 Deutsche Sprachwelt, a.a.O., S. 9.69 Ein gerichtliches Verbot fur die Publikation von Inhalten im Internet, wie auch von gedrucktenPublikationen, kann erfolgen, wenn diese nicht mit der deutschen Gesetzgebung in Einklangstehen. Entgegen allgemeiner Auffassungen lasst sich in den meisten Fallen recht leicht feststellen,wer sich hinter einer Webseite verbirgt, auch wenn die Betreiber um Anonymitat bestrebt sind.So kann der Besitzer einer Internetadresse oft problemlos bei der jeweiligen Registrierungsbehordeunmittelbar erfragt werden, oft einschlielich Adresse und Telefonnummer. Fur deutscheAdressen, die auf .de enden, ist die DENIC zustandig. Unter konnen entsprechende Abfragen durchgefuhrt werden.

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    Internetseite der Europaischen Stiftung zur Forderung Freier HistorischerForschung (Vrij Historisch Onderzoek, VHO) auf.70 Die Stiftung hat nacheigenen Angaben zum Ziel, eine offentliche Debatte uber das in gang[sic] zu bringen, was allgemein als Holocaust umschrieben wird, undwill mit allen moglichen gesetzlichen Mitteln jenen Personen, Institu-tionen und Organisationen [% entgegentreten], die [%] Personendeswegen anzeigen, anklagen, verurteilen oder sonstigen Schadenzufugen, weil sie nicht an die Existenz von Gaskammern glauben.71 Derbundesdeutsche Verfassungsschutz bestatigt, dass die Stiftung rechtsex-trem und revisionistisch ist und die Massenvernichtung von Juden in denGaskammern der Konzentrationslager wahrend des zweiten Weltkrieges[leugnet].72

    Riegelmann wird auf der oben genannten Internetseite der StiftungVHO dafur gelobt, dass er beim Prasidenten der Universitat Gottingendagegen protestierte, dem Historiker Dr. Wilhelm Staglich wegen der Ver-offentlichung der inzwischen verbotenen Monographie Der Ausschwitz-Mythos73 den Doktortitel zu entziehen. Auch im Archiv der rechtsextremenZeitung Unabhangige Nachrichten finden sich Beitrage von Riegelmann, indenen er revisionistische Standpunkte bezuglich der Kriegsschuld verbrei-tet.74

    Ebenfalls auf der Literaturliste des BfdS findet sich unter derBestellnummer 3017 das Buchlein Verlust der Sprache. Zur Uberfremdung desDeutschen75 von Hartwig Wilde.76 Dieselbe Abhandlung von Wilde findetsich auch in dem Buch Deutsche Annalen 1995. Jahrbuch des Nationalge-schehens, das 1995 im Druffel-Verlag erschienen ist.77 Auch der bekannteDortmunder Verein Deutsche Sprache (VDS) setzt diesen Druffel-Titel auf

    70 Vrij Historisch Onderzoek (Hg.), Vernunft wird Unsinn. Spate Rache fur den Auschwitz-Mythos. Online einsehbar unter .71 Vrij Historisch Onderzoek (Hg.), Stichting Vrij Historisch Onderzoek About us. Online ein-sehbar unter .72 Bundesministerium des Inneren der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), a.a.O., S. 103.73 Wilhelm Staglich, Der Ausschwitz-Mythos, Tubingen 1978. Das Buch ist inzwischen gerichtlich ver-boten, und der deutsche Verlag Grabert wird im o.g. deutschen Verfassungsschutzbericht desJahres 2000 auf S. 109 als rechtsextremistisch bezeichnet. Uber den US-Internetbuchhandler Ama-zon.com ist das Buch jedoch noch beziehbar: und .74 Hans Riegelmann, Kriegsschuld die unbewaltigte Gegenwart: Der 1. September 1939. DasGeschehen nach Aussage und Urteil der Anderen, Unabhangige Nachrichten, 8 (1988). Online ein-sehbar unter bzw. .75 Hartwig Wilde, Verlust der Sprache. Zur Uberfremdung des Deutschen, 2. Aufl., Ahlhorn 2001.76 Bund fur deutsche Schrift und Sprache (Hg.), Verzeichnis lieferbarer Bucher und Veroffentli-chungen 1999/2000, a.a.O.77 Hartwig Wilde, Verlust der Sprache. Zur Uberfremdung des Deutschen, Deutsche Annalen 1995.Jahrbuch des Nationalgeschehens, Berg am Starnberger See 1995, S. 25772.

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    seine Literaturliste.78 Laut deutschem Verfassungsschutzbericht bildet derDruffel-Verlag gemeinsam mit anderen kleineren Verlagen heute dieVerlagsgesellschaft Bern, deren ehemalige Einzelunternehmen seitJahrzehnten einen festen Platz im rechtsextremistischen Verlagsbereichinne [haben].79 Das Institut fur Sprach- und Sozialforschung derUniversitat Duisburg bescheinigt dem BfdS folglich einen rechtsextre-me[n] Hintergrund,80 und auch die Stiftung Dokumentationsarchiv desosterreichischen Widerstands spricht von dem rechtsextreme[n] Bund furdeutsche Schrift und Sprache.81

    Abschlieend bleibt anzumerken, dass im September 1999 in Graz dasNetzwerk deutsche Sprache gegrundet wurde, um die verschiedenenInitiativen zum Schutz der deutschen Sprache in den deutschsprachigenLandern Europas zu koordinieren.82 Nicht alle Vereinigungen, die sichim Netzwerk engagieren, sind hier besprochen worden. Erwahnt wurdeschon der BfdS, der nach eigenen Angaben Mitglied im Netzwerk ist,ebenso wie auch der schon zuvor genannte Wiener Verein Mutterspra-che.83 Auch der VDS ist im Netzwerk vertreten.84 Es kann mithin von einerstarken Zusammenarbeit aller Sprachschutzvereine gesprochen werden,die offensichtlich bis hin zu gemeinsam koordinierten Aktionen geht.

    SCHLUSSBETRACHTUNG

    Sicherlich ist es unangemessen, alle hier erwahnten Vereine, die sich demSchutz der deutschen Sprache verschrieben haben, pauschal als rechtsex-tremistisch zu bezeichnen. Wie diese Untersuchung jedoch zeigen konnte,konnen einige dieser Vereinigungen, und zwar insbesondere der ARKUSund der BfdS, aber durchaus als rechtsextrem eingestuft werden.

    Auch konnte bewiesen werden, dass die beiden Vereine fur Rechtschrei-bung und Sprachpflege VRS und BVR eindeutige Verbindungen zum poli-tisch rechten Lager haben und dagegen offensichtlich auch nichts zuunternehmen gedenken. Dasselbe muss bezuglich des BuchleinsEngleutsch? Nein, danke! festgehalten werden: Deren Herausgeber bzw.

    78 Verein Deutsche Sprache (Hg.), Literaturliste. Online einsehbar unter .79 Bundesministerium des Inneren der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), a.a.O., S. 109.80 Martin Dietzsch und Anton Maegerle, Gralshuter der deutschen Schrift und Sprache, Internetbib-liothek, Duisburger Institut fur Sprach- und Sozialforschung (Hg.). Online einsehbar unter.81 Stiftung Dokumentationsarchiv des osterreichischen Widerstands (Hg.), Rechtsextreme deut-sche Homepages. Online einsehbar unter . Hervorhebungen so im Originaltext.82 Verein Deutsche Sprache (Hg.), Netzwerk deutsche Sprache. Online einsehbar unter.83 Bund fur Deutsche Schrift und Sprache (Hg.), Die deutsche Schrift. Vierteljahreschrift zur Forderungder deutschen Sprache und Schrift, 4 (2000), S. 23.84 Verein Deutsche Sprache (Hg.) Die Entschlieung der Bodenseekonferenz. Online einsehbarunter .

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    deren herausgebende Organisation, der osterreichische Arbeitskreis furKultur und Geschichte (AKG), hat enge Verbindungen zur rechtsextre-men Osterreichischen Landsmannschaft.

    Einzig der Dortmunder Verein Deutsche Sprache (VDS) hat erkannt,wie schadlich Kontakte zu politisch rechtsgerichteten Individuen undOrganisationen ihrer sprachlichen Sache sein konnen. Deshalb geht manauch mehr oder weniger erfolgreich gegen Rechtsextremisten in den ei-genen Reihen vor. Ob dies aber derzeit schon mit ausreichender Konse-quenz geschieht, sei dahingestellt.

    Ebenfalls konnte gezeigt werden, wie stark die einzelnen Sprachschutz-vereine miteinander verbunden sind. Sei es nun durch die Zugehorigkeitzum Netzwerk deutsche Sprache (BfdS, VDS und Wiener VereinMuttersprache) oder einfach dadurch, dass einige Personen Mehrfach-amter inne haben: So etwa Thomas Paulwitz, der einerseits Koordinatordes ARKUS ist oder war, und der andererseits Mitherausgeber der Deut-schen Sprachwelt und des Buchleins Engleutsch? Nein, danke! ist. Auch derOsterreicher Stefan Micko erfullt mehrere Funktionen: Er ist ebenfallsHerausgeber der Deutschen Sprachwelt und von Engleutsch und engagiertsich zudem im AKG und im Wiener Verein Muttersprache.

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