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Newsletter der Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt)
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Impulse 04|2011
FriEnt ist eine Arbeitsgemeinschaft von: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent‐wicklung (BMZ) | Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) | Friedrich‐Ebert‐Stiftung (FES) | Deutsche Ge‐sellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH | Heinrich‐Böll‐Stiftung (hbs) | Katholische Zent‐ralstelle für Entwicklungshilfe / Misereor | Konsortium Ziviler Friedensdienst | Plattform Zivile Konfliktbe‐arbeitung / Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) | Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF)
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FriEnt‐Team Inhalt
FriEnt‐Team
FriEnt wird 10! Umfangreiche Aktivitä‐ten im Jubiläumsjahr
1
FriEnt‐Rundtisch Nahost: Der Men‐schenrechtsansatz in Palästina
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Mitgliedsorganisationen
FES/ÖNZ: Wahlen in der DR Kongo –Konfliktlinien und Konsequenzen
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EED: Sorge um politische Rahmenbe‐dingungen für zivilgesellschaftliche Friedens‐ und Entwicklungsarbeit
4
ZIF: Briefing zur Vernetzten Sicherheit 5
ZIF: Neue UN‐Empfehlung zur zivilen Friedenskonsolidierung
6
BMZ: INCAF veröffentlicht Planungshil‐fen zu "Armed Violence Reduction"
7
Impuls
Natascha Zupan: Alte und neue Wege beschreiten
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FriEnt Tipps & Infos
Weltentwicklungsbericht 2011 zu "Konflikt, Sicherheit und Entwicklung"
10
Weltbildungsbericht: Bildung durch bewaffneten Konflikt gefährdet
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FriEnt wird 10! Umfangreiche Aktivitäten im Jubiläumsjahr
Am 1. September 2001 gründeten staatliche Organisa‐tionen, kirchliche Hilfswerke, zivilgesellschaftliche Netzwerke und politische Stiftungen mit FriEnt eine einzigartige Vernetzungs‐ und Lernplattform. Seit nunmehr zehn Jahren fördert FriEnt den vertrauens‐vollen Dialog zwischen Staat und Zivilgesellschaft, regt Kooperationen an und unterstützt den Kompetenz‐aufbau bei seinen Mitgliedern.
Im Jubiläumsjahr 2011 blicken wir auf die letzten zehn Jahre entwicklungspolitischer Friedensarbeit zurück. Gemeinsam mit den FriEnt‐Mitgliedern wollen wir daraus aktuelle Herausforderungen ableiten und da‐mit verbundene Handlungsoptionen für staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure diskutieren.
Eine Reihe von Fachgesprächen wird in verschiedenen thematischen Bereichen dazu beitragen. Neben den Fortschritten und „Baustellen“ bei der Integration von Friedensförderung in klassische Sektoren der Entwick‐lungszusammenarbeit – Bildung, Gesundheit und Land – stehen der Blick auf die internationale Ebene, um‐fassende Ansätze sowie Transformations‐ und Demo‐
kratisierungsprozesse auf dem Programm.
Eine achtteilige Essay‐Serie begleitet die FriEnt‐Aktivitäten im Jubi‐läumsjahr. Zum Start geht Natascha Zupan in dieser Ausgabe der FriEnt Impulse ausgewählten Trends der letzten zehn Jahre nach und leitet daraus alte und neue Herausforderungen ab.
Weitere Informationen
Marc Baxmann, FriEnt [email protected]
Natascha Zupan, FriEnt [email protected]
Neuer Name
Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) ‐ mit diesem neuen und einheitli‐chen Namen tragen wir den Entwicklungen der letzten zehn Jahre Rechnung.
Gleichzeitig soll das zehnjährige Jubiläum auch dazu dienen, die Themen, Stärken und Beiträge entwicklungspolitischer Friedensar‐beit sichtbarer zu machen. Zum Start in das Jubiläumsjahr präsen‐tiert die Arbeitsgemeinschaft auch ihr neues Logo. Die etablierte Pfeilform wurde dabei aufgegriffen und weiterentwickelt. Symbo‐lisch steht das Logo damit für die Untrennbarkeit von Frieden und Entwicklung. Bei FriEnt arbeiten die Mitglieder der Arbeitsgemein‐schaft gemeinsam an der konkreten Ausgestaltung. In Kürze wird auch die Homepage überarbeitet. Bereits jetzt freuen wir uns über Ihre Rückmeldungen zum neuen Logo und zum neuen Design der Impulse!
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FriEnt‐Rundtisch Nahost: Der Menschenrechtsansatz in Palästina
Was verstehen wir unter dem „Menschenrechtsansatz“ in der Entwicklungszusammenarbeit und wie systematisch wenden wir ihn an? Welche Erfahrungen existieren in der Umsetzung in Israel und Palästina, wo liegen Chancen und Grenzen für die entwicklungspolitische Frie‐densarbeit und wie können zivilgesellschaftliche und staatliche Akteure ihr Handeln kom‐plementär gestalten? Anknüpfend an den letzten FriEnt‐Rundtisch Nahost standen diese Fragen im Mittelpunkt des Treffens Ende März in Berlin mit knapp 30 Teilneh‐menden.
Weitere Informationen
Bodo Schulze, FriEnt [email protected]
Links & Literatur
Zunächst gab Andrea Kämpf (Deutsches Institut für Menschenrechte) einen Überblick über die Kernelemen‐te des Menschenrechtsansatzes, wie die Menschen‐rechtsstandards und ‐prinzipien und die dualistische Be‐trachtungsweise von Pflichten‐ und Rechtsträgern. Tsafrir Cohen (medico international) und Giancarlo de Picciotto (Direktion für Entwicklung und Zusammenar‐beit, DEZA) berichteten im Anschluss von der Arbeit vor Ort, ihren Erfahrungen mit dem Menschenrechtsansatz und beschrieben Herausforderungen aus ihren jeweili‐gen Perspektiven.
Die Diskussion zeigte, dass der Menschenrechtsansatz von den Vertreterinnen und Vertretern der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure unterschiedlich sys‐tematisch in der Planung und Durchführung von Vorha‐ben genutzt wird, nicht zuletzt aufgrund seiner Komple‐xität. Dennoch prägt der Ansatz indirekt große Teile der Arbeit vor Ort. So böten Menschenrechte und das Hu‐manitäre Völkerrecht nicht nur einen rechtlichen Rahmen, sondern auch einen politischen Hebel für die Stärkung benachteiligter Gruppen. Ferner integriere die gleichzeitige Arbeit mit Rechts‐ und Pflichtenträgern das Ziel der Veränderung gesellschaftlicher Machtbezie‐hungen bereits in den Arbeitsprozess – und zwar nicht nur beim Einfordern, Erhalten und Stärken der politischen und bürgerlichen, sondern vor allem auch der wirtschaftlichen, so‐zialen und kulturellen Rechte. Denn die langfristige Veränderung gesellschaftlicher Macht‐beziehungen zugunsten marginalisierter Bevölkerungsteile sei nicht nur mittelfristig zur Ver‐besserung der Lebensbedingungen wichtig, sondern langfristig auch zur Bearbeitung von Konfliktursachen von großer Bedeutung.
Human Rights and the Imbalance of Power: The Palestinian‐Israeli ConflictBerghof Handbook Dialogue No. 9 | Marwan Darweish | 2010
The Human Rights‐Based Approach in German Development Cooperation
GTZ, DIMR | 2009
Deutsches Institut für Menschenrechte (DIMR)
medico international
DEZA in Gaza und der Westbank
Die Potentiale für die entwicklungspolitische Friedensarbeit in Palästina und Israel wurden daher als hoch eingestuft, insbesondere wenn der Ansatz stärker als bisher als Analyserah‐men für Vorhaben genutzt würde. So könnte die friedenspolitische Relevanz in einem von großen Machtasymmetrien geprägten Umfeld gestärkt werden – auch im Sinne des „Do no harm“ und der Frage, ob und inwieweit die eigene Arbeit den Status Quo vor Ort festige. Die spezifischen politischen Rahmenbedingungen stellten externe sowie lokale Akteure aller‐dings vor große Herausforderungen: So dürfe die Erbringung staatlicher Leistungen nicht durch Dritte substituiert werden, selbst wenn die Pflichtenträger nicht immer eindeutig i‐dentifiziert und zur Rechenschaft gezogen werden könnten (israelische Regierung, Palästi‐nensische Autonomiebehörde, De‐facto‐Regierung in Gaza). Ebenso erschwere eine schlei‐chende Entdemokratisierung in Teilen der palästinensischen und israelischen Gesellschaft die Arbeit mit rechtsbasierten Ansätzen. Mit Blick auf komplementäres Arbeiten staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure böten sich hinsichtlich Strategien, Ebenen und Partnerzu‐
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gänge große Potentiale, die bislang nur zum Teil genutzt würden. Hierzu seien gemeinsame Kontextanalysen wichtig, um beispielsweise Doppelstrukturen zu vermeiden und Verant‐wortlichkeiten und Rollen zu klären. Zudem müsse die Risikobereitschaft der Akteure realis‐tisch eingeschätzt und der Frage nachgegangen werden, auf welchen (politischen) Ebenen sie bereit sind, Menschenrechte einzufordern.
Vor dem Hintergrund der Umbrüche in Nordafrika und dem Nahen Osten reflektierten die Teilnehmenden im zweiten Teil des Rundtisches die Entwicklungen in der Region und disku‐tierten die Herausforderungen für die Arbeit vor Ort. Beeindruckt von der Kraft der nationa‐len Bewegungen, waren sich alle einig, dass die Unterstützung von außen nicht vorschnell und auf der Grundlage genauer Analysen erfolgen müsste. Der Rundtisch wird diese Ent‐wicklungen weiterverfolgen und sich den Herausforderungen des Menschenrechtsansatzes in Palästina auch in Zukunft widmen.
Mitgliedsorganisationen
FES/ÖNZ: Wahlen in der DR Kongo – Kandidaten, Konfliktlinien, Konsequenzen
Die bevorstehenden Parlaments‐ und Präsidentschaftswahlen in der Demokratischen Repu‐blik Kongo (DR Kongo) waren das Thema einer Podiumsdiskussion, die das Ökumenische Netz Zentralafrika gemeinsam mit der Friedrich‐Ebert‐Stiftung am 18. April 2011 in Berlin veranstaltete.
Daniel Stroux, der Interimsleiter der Wahldivision der Blauhelmmission MONUSCO in der DR Kongo erläuterte die technische und logistische Unterstützung von Seiten der Vereinten Na‐tionen bei den anstehenden Wahlen. Aufgrund organisatorischer Schwierigkeiten bei der Wähler‐ und Kandidatenregistrierung in allen Provinzen ist derzeit noch unklar, ob die Wah‐
len wie geplant im November stattfinden werden. Eine schwach ausgebildete Infrastruktur und die teure, technisch aufwendige Erstellung der Wählerlisten und Wahlzettel tragen dazu bei, die Wahlvorbereitung ebenso zu verzögern wie das ausstehende Wahlgesetz, das vom Parlament immer noch nicht abschließend beraten und beschlossen ist. Sollten die Wahlen des Präsidenten und des Parlaments allerdings nicht wie in der Verfassung vor‐gesehen bis zum 6. Dezember stattgefunden haben, würde dies zu einem Legitimationsproblem der amtierenden Regierung füh‐ren.
Weitere Informationen
Ilona Auer‐Frege. ÖNZ [email protected]
Jean Claude Kibala, Vize‐Gouverneur des Süd‐Kivu, betonte die Bedeutung von Wahlen auf lokaler Ebene für eine Vertiefung des kongolesischen Demokratisierungsprozesses. Seit über 40 Jahren ist in der DR Kongo nicht mehr auf Provinz‐, Distrikts‐ und Gemeindeebene gewählt worden. Im Gegensatz zu den Prä‐sidentschafts‐ und Parlamentswahlen sind auch dieses mal von
Geberseite bislang keine finanziellen Mittel für Lokalwahlen eingeplant. Für Kibala ist der Aufbau eines funktionierenden Staatsapparates allerdings eng verknüpft mit den Partizipa‐tionsmöglichkeiten der Bevölkerung auf lokaler Ebene. Nur mündige, aktive Bürger könnten sich für wirtschaftliche Fortschritte einsetzen und vor Ort Politiker aufgrund ihrer Leistungen bewerten und gegen Korruption direkt vorgehen.
Florian Dähne, FES [email protected]
Links & Literatur
Ökumenische Netz Zentralafrika
FES International / Afrika
Der kongolesische Pfarrer und Menschenrechtsaktivist Jean‐Gottfried Mutombo unterstrich die Bedeutung freier Wahlen als Identitätsstifter für die kongolesische Bevölkerung. Aller‐
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dings müsse, um die Wahlen gerecht und fair abhalten zu können, ein viel stärkeres Be‐wusstsein innerhalb der Bevölkerung geschaffen sowie eine stärkere Sensibilisierung über die Bedeutung von Wahlen in einem demokratischen Prozess angestoßen werden. Nach wie vor sei die Korruption nicht ernsthaft angegangen und neben der herrschenden Straflosig‐keit eines der zentralen Probleme in der Gesellschaft. Diese Faktoren hätten zu einer Desil‐lusionierung in der Zivilgesellschaft geführt, die sich von den Wahlen 2006 massive Verbes‐serungen erhofft hatte, inzwischen aber kaum noch die Erwartung hege, dass Wahlen tat‐sächlich zu positiven Veränderungen in ihrem von Gewalt und Korruption geprägten Umfeld führen könnten.
Die Journalistin Andrea Böhm merkte an, dass sich die Durchführung von zweiten freien Wahlen in einem fragilen Staat wie der DR Kongo immer schwieriger gestalte als die hoffnungsbringenden ersten freien Wahlen nach einem politischen Umsturz. Vor allem ginge es dem amtierenden Machthaber zumeist um eine erfolgreiche Wiederwahl, bei der vielfach unlautere Mittel eingesetzt würden. Die Verfassungsänderung zu Gunsten der Wahlchancen Kabilas sei ein gutes Beispiel dafür und hätte auf viel nachdrücklichere Kritik bei den internationalen Gebern stoßen müssen. In der DR Kongo sei das fehlende Demokratieverständnis zudem ein fundamentales Problem, was sich auch in dem Bedeutungsdefizit von Opposition zeige. Die oppositionelle Position werde oftmals nicht als Möglichkeit gesehen, sich konstruktiv in das politische Geschehen einzubringen.
Konsens der Teilnehmenden war, dass den Wahlen eine große Bedeutung für die politische Zukunft des Landes zukommt. Neben der Hoffnung auf eine fortschreitende Institutionalisie‐rung demokratischer Prozesse durch und mit Wahlen bestehen allerdings auch berechtigte Sorgen bezüglich der zu erwartenden Freiheit und Fairness der bevorstehenden Urnen‐gangs. Eine gewaltsame Eskalation bestehender Konflikte und Machtkämpfe im Vorfeld, während und nach den Wahlen steht weiterhin zu befürchten.
EED: Sorge um politische Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Friedens‐ und Entwicklungsarbeit
Die Mitglieder von ACT Alliance, dem weltweiten Bündnis protestantischer Hilfswerke, zei‐gen sich besorgt über den schwindenden politischen Handlungsspielraum für zivilgesell‐schaftliche Organisationen. Diese Sorge bestätigt sich in den Ergebnissen von 14 Länderstu‐dien, die nun in einem ACT Policy Briefing zusammengefasst wurden. Der EED hat als Mit‐glied der ACT Alliance gemeinsam mit der Afrikanischen Kirchenkonferenz Länderstudien zu Ghana, Sambia und Burkina Faso beigetragen.
Demnach gibt es einen Trend zur restriktiven Verregelung von zivilgesellschaftlichen Aktivi‐täten seitens des Staates. Laut ACT Alliance leiden zivilgesellschaftliche Akteure unter ande‐rem unter Negativkampagnen, administrativen Restriktionen oder direkter Strafverfolgung. Damit werden die internationalen Verpflichtungen im Rahmen der Reformen zur Wirksam‐keit der Entwicklungszusammenarbeit konterkariert. So haben sich die Geber‐ und Partner‐ländern im Accra Aktionsplan aus dem Jahr 2008 auf die Gewährleistung und Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen („Enabling Environment“) für eine wirksame Arbeit zivilge‐sellschaftlicher Akteure verständigt. Gerade in fragilen Situationen und in von Konflikten be‐troffenen Ländern sei dieser Trend besonders besorgniserregend.
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Die Ergebnisse der Studien werden von der ACT Alliance in die aktuellen Vorbereitungsprozesse für die vierte Mi‐nisterkonferenz über die Wirksamkeit der Hilfe in der Stadt Busan in Südkorea eingebracht. Gleichzeitig beschäf‐tigt sich die Zivilgesellschaft im Rahmen des internationa‐len „Open Forums“ mit der Wirksamkeit der Entwick‐lungszusammenarbeit. In diesem Rahmen wurden aus 75 Länderbeispielen fünf Minimalkriterien gefiltert, die auf Länderebene gegeben sein sollten, wenn von „günstigen Rahmenbedingungen“ für eine wirksame Entwicklungsar‐beit der Zivilgesellschaft ausgegangen werden soll. Dabei handelt es sich um: (1) Versammlungsfreiheit, (2) rechtli‐che Anerkennung zivilgesellschaftlicher Organisationen, (3) Recht auf freie Meinungsäußerung, (4) das Recht in‐nerhalb der Gesetze frei von ungerechtfertigter Einmi‐schung des Staates zu arbeiten, (5) das Recht darauf, Fi‐nanzmittel und Unterstützung für diese Arbeit zu mobili‐sieren und sicherzustellen.
Weitere Informationen
Peter Lanzet, EED [email protected]
Links & Literatur
Changing political spaces of Civil Soci‐ety Organisations ACT Alliance | 2011
Shrinking political spaces for civil so‐ciety action ACT Alliance | Policy Brief | 2011
The enabling environment for Civil Society is shrinking ACT Alliance | Policy Brief | 2011
Istanbul Principles for CSO Develop‐ment EffectivenessDie besonderen Herausforderungen, die sich für zivilge‐
sellschaftliche Organisationen in Konflikten und fragilen Situationen stellen, behandelt das Open Forum in einem eigenen Konsultationsprozess.
Open Forum thematic consultation on CSOs working in situations of conflict
ZIF: Briefing zur Vernetzten Sicherheit
Das ZIF beleuchtet in einem neuen Briefing das Konzept der Vernetzten Sicherheit. Dieses lässt sich demnach verstehen als ein ganzheitliches Konzept, um Ressourcen der militäri‐schen und polizeilichen Sicherheitskräfte, der zivilen Friedenskräfte, der Diplomatie und der Entwicklungszusammenarbeit, auf nationaler, internationaler und auf lokaler Ebene, ressort‐ und institutionenübergreifend abzustimmen und – durch Bündelung oder Arbeitsteilung – optimiert einzusetzen. Ziel ist es, internationale Konflikte wirksam zu bearbeiten und damit indirekt zur Sicherheit Deutschlands beizutragen.
Seit 2006 ist Vernetzte Sicherheit ein offizielles Konzept der deutschen Sicherheitspolitik. Damit betrifft es auch friedenserhaltende Einsätze internationaler Missionen, an denen deutsche Institutionen und Entsandte teil‐nehmen. Allerdings wird der Begriff nicht einheitlich ge‐braucht und ist Gegenstand innenpolitischer Kontrover‐sen. Eine Begriffsklärung ist deshalb wiederholt einge‐fordert worden.
Instrumentell zielt das Konzept auf die Kohärenz der deutschen Aktivitäten untereinander sowie auf das Zu‐sammenspiel von internationalen und lokalen Akteuren auf der multilateralen Ebene und in den Konfliktregio‐nen. Seine Umsetzung erfordert eine Kombination von dauerhaften Institutionen, die vernetztes Handeln er‐
möglichen, sowie von Ad‐hoc‐Arrangements, die auf den konkreten Konflikt maßgeschnei‐dert sind. In der Praxis stellt sich die Frage, wo sich personelle, finanzielle und organisatori‐sche Investitionen in neue Arrangements der Vernetzten Sicherheit lohnen – und wo die Grenzen zur Vernetzung anerkannt werden müssen.
Weitere Informationen
Andreas Wittkowsky, ZIF A.Wittkowsky@zif‐berlin.de
Links & Literatur
Das Konzept der Vernetzten Sicherheit: Dimensionen, Herausforderungen, Grenzen Andreas Wittkowsky und Jens Philip Meier‐johann | ZIF | 2011
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Im Zentrum der innenpolitischen Kontroverse steht die Befürchtung der Kritiker, dass Ver‐netzte Sicherheit eine zunehmende Militarisierung der deutschen Außenpolitik und die Un‐terordnung der zivilen Politikbereiche unter das Militärische bedeute. Genährt worden sind diese Befürchtungen vor allem durch die Debatte über die Vernetzung ziviler und militäri‐scher Akteure in Afghanistan. Vernetzte Sicherheit erfordert in solchem Kontext die Berück‐sichtigung der legitimen Interessen aller beteiligten Akteure – seien sie staatlich oder nicht‐staatlich.
Grundsätzlich geht es bei Vernetzter Sicherheit nicht um die Unterordnung des Zivilen unter das Militärische, sondern um die Ausrichtung ziviler und militärischer Ressourcen auf das gemeinsame Ziel Sicherheit. Der umfassende, vernetzte Einsatz ziviler konfliktvermeidender oder ‐mindernder Ressourcen soll gerade die Notwendigkeit militärischen Handelns mini‐mieren.
Der Sicherheitsbegriff und die abgeleiteten Ziele bleiben im Konzept aber unbestimmt. Eine entsprechende Klärung des Sicherheitsbegriffs bleibt also eine Aufgabe deutscher Friedens‐ und Sicherheitspolitik. Möglicherweise findet sich dabei ein Begriff, der sowohl den instru‐mentellen Aspekt der Vernetzung als auch die inhaltliche Bestimmung umfasst.
ZIF: Neue UN‐Empfehlung zur zivilen Friedenskonsolidierung
Zivile ExpertInnen und Experten leisten im Rahmen von UN‐Missionen einen wesentlichen Beitrag zur Friedensförderung und ‐konsolidierung. UN‐Generalsekretär Ban Ki Moon hatte im Jahr 2009 in seinem Bericht über ‚Peacebuilding in the Immediate Aftermath of Conflict’ eine Überprüfung angefordert, wie dieser Beitrag verbessert werden könnte. Eine unabhän‐gige Beratergruppe hat nun im März 2011 zahlreiche Empfehlungen vorgelegt. Eine aktuelle ZIF‐Kurzinfo fasst die wichtigsten Empfehlungen des Berichts zusammen.
Ownership ‐ Die Erfahrung zeigt, dass Friedenskonsolidie‐rung nur erfolgreich sein kann, wenn betroffene Gesell‐schaften eigenständige Fähigkeiten im Umgang mit Konflik‐ten und den damit einhergehenden Veränderungsprozessen entwickeln. Eine zentrale Herausforderung liegt deswegen in der Erkennung, Stärkung und dem wirksamen Einsatz von nationalen Kapazitäten sowie der raschen Wiederherstel‐lung grundlegender Regierungsfunktionen. Bei der Umset‐zung von Maßnahmen sollten nationale Experten daher Vor‐rang haben.
Weitere Informationen
Andreas Hirblinger, ZIF A.Hirblinger@zif‐online.de
Links & Literatur
Partnership ‐ Viele der in Friedenseinsätzen benötigten zivi‐len Kapazitäten können durch den Personalpool der UN nicht abgedeckt werden. Außerhalb dieses Pools existiert jedoch in vielen UN‐Mitgliedsstaaten eine beträchtliche An‐zahl geeigneter Experten. Die Vermittlung ziviler Kapazitäten aus externen Pools scheitert jedoch oft an schlechter Koordination. Hier mangelt es an einem Mechanismus, der die ad‐ministrativen Beziehungen zwischen Mietgliedsländern, Vermittlungsorganisationen, Missi‐onen und den UN koordiniert und so erfolgreiche zivile Partnerschaften zur Personalvermitt‐lung etabliert. Deswegen wird empfohlen, eine zentrale Koordinationsstelle einzurichten.
Civilian Capacity in the aftermath of Conflict ZIF Kurzinfo | 2011
Website der UN‐Beratergruppe
Expertise ‐ Wie der Bericht feststellt, benötigen die Vereinten Nationen ein besseres Perso‐nalmanagement um rechtzeitig auf die ständig wechselnden Verhältnisse in den Frie‐denseinsätzen reagieren zu können. Das System sollte einen schnellen Überblick über die tatsächlich zur Verfügung stehenden Kapazitäten bieten sowie Lücken erfolgreich identifizie‐ren. Empfohlen wird deswegen unter anderem die Einführung eines Cluster‐Systems, im
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Rahmen dessen Kernaktivitäten der Friedenskonsolidierung (beispielsweise die Justiz oder der wirtschaftliche Wiederaufbau) koordiniert werden.
„Nimble“ ‐ Damit UN‐Missionen gut auf wechselnden Verhältnisse reagieren, und die zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Mittel effektiv einsetzen können, sollten sie sich möglichst „flink“ anpassen können. Der Bericht kritisiert diesbezüglich auch die kon‐zeptionelle Überfrachtung der UN im Rahmen der friedenserhaltenden Maßnahmen. Des‐wegen empfiehlt der Bericht unter anderem die Haushaltsbefugnisse von Missionsleitungen zu stärken und Mittel nach dem Prinzip des komparativen Vorteils zu vergeben.
BMZ: INCAF veröffentlicht Planungshilfen zu "Armed Violence Reduction"
Im Rahmen der Arbeiten zu "Armed Violence Reduction ‐ AVR" hat das „International Net‐work on Conflict and Fragility“ (INCAF) des OECD Entwicklungsausschuss (DAC) Ende März drei so genannte "Programming Notes" als Planungshilfen veröffentlicht.
Die Mehrheit der Menschen, die direkt oder indirekt durch bewaffnete Gewalt ums Leben kommen, ist inzwischen außerhalb von klassischen Konflikt‐ und Kriegsgebieten zu verzeich‐nen und zum großen Teil auf (organisierte) Kriminalität und Gewalt im persönlichen Umfeld
zurückzuführen. Genau hier setzen die neuen konzepti‐onellen Analysen, Ansätze und Initiativen zu AVR an. Sie stellen die Menschen, die unter bewaffneter Gewalt und einem hohen gesamtgesellschaftlichen Gewaltni‐veau leiden, in den Mittelpunkt.
Weitere Informationen
Christoph Bleis, GIZ [email protected]
Links & Literatur
AVR versteht sich damit als konzeptionelle Klammer, unter der diese Ansätze zusammen mit klassischen Sek‐toren der Entwicklungszusammenarbeit wie Bildung und Gesundheit kombiniert und umgesetzt werden können. Eine solche integrierte Perspektive bietet die Möglich‐keit, das Thema Gewalt in seinen verschiedenen Dimen‐sionen und Ausprägungen kohärent zu bearbeiten und gleichzeitig zur Prävention beizutragen.
Folgende Programming Notes können über die OECD Library Website bestellt und/oder als PDF‐Datei heruntergela‐den werden:
Reducing the Involvement of Youth in Armed Violence
Preventing and Reducing Armed Vio‐lence in Urban Areas
Linking Security System Reform and Armed Violence Reduction
Die nun veröffentlichten Planungshilfen brechen die konzeptionellen Debatten zu Gewaltprävention für die operative Ebene runter und zeigen konkrete Möglichkei‐ten und Empfehlungen für die Planung und Durchfüh‐rung von AVR‐orientierten Maßnahmen auf.
Armed Violence Reduction – Enabling Development OECD/DAC | 2009
Das BMZ hat durch das GIZ‐Sektorprogramm „Frieden und Sicherheit“ aktiv die Arbeitsgruppe zu AVR inner‐halb der OECD unterstützt und die Erstellung des Pa‐piers zur Reduzierung von Jugendgewalt finanziell ge‐fördert.
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Impuls
Alte und neue Wege beschreiten
Die Herausforderungen entwicklungspolitischer Friedensarbeit der kommenden Jahre auf zwei Seiten zu skizzieren ist eine Herausforderung an sich. Das Feld ist weit und reicht von Reformprozessen bei den Vereinten Nationen und der Europäischen Union, über Klimawan‐del, die Verknappung natürlicher Ressourcen, die Rolle neuer Geber wie China, Indien und Brasilien, Diskussionen über Kohärenz, statebuilding, „good enough governance“ und „hybri‐de Institutionen“ bis hin zu aktuell noch schwer zu durchdringenden politischen Umwälzun‐gen im Nahen Osten und Nordafrika. Der folgende Impuls klammert all dies aus und konzent‐riert sich auf eine Frage: Welche „Bausteine“ machen zukünftig das Handlungsfeld aus?
Baustein Nr. 1: Debatten erweitern und „strukturelle Prävention“ klären
„Conflict, Security, and Development“ – unter diesem Titel veröffentlichte die Weltbank vor wenigen Tagen ihren diesjährigen Weltentwicklungsbericht (WDR). Sie sendet damit ein wichtiges politisches Signal, denn der WDR 2011 widmet sich erstmals gezielt der Frage, vor welchen Herausforderungen Entwicklung(szusammenarbeit) in von Gewalt geprägten Situa‐tionen steht. Zentrale Erkenntnisse aus Praxis und Wissenschaft werden hier gebündelt: Die Bedeutung von Vertrauensbildung zwischen staatlichen Institutionen und Bürgern während Wiederaufbau‐ und Reformprozessen, die generationsübergreifende Dauer solcher Prozesse oder die Notwendigkeit, wiederkehrende Gewaltdynamiken zu beachten, sowie kreative und durchaus risikobehaftete Ansätze zu entwickeln, um nur einige zu nennen.
Gleichzeitig spiegelt kaum eine andere Veröffentlichung aus dem entwicklungspolitischen Kontext die diskursive Annäherung von Außen‐, Sicherheits‐ und Entwicklungspolitik so stark wider, wie dieser Bericht. Schon jetzt ist absehbar, dass er mit seiner griffigen Forderung nach mehr „citizen’s security, justice and jobs“ der neue Star in der Debatte um Sicherheit und Entwicklung werden wird. Nachdrücklich zeigt er Ent‐wicklungspolitik und ‐praxis auf, dass physische Sicherheit (Polizei, Armee), ein funktionierendes Justizwesen und ein‐kommensschaffende Maßnahmen für die Prävention und die Bearbeitung unterschiedlichster Gewaltphänomene un‐abdingbar sind.
Weitere Informationen
Natascha Zupan, FriEnt [email protected]
So wichtig diese Aspekte sind, arbeitet man an der Schnittstelle von Frieden und Entwick‐lung, offenbart sich hier auch eine Schwachstelle des Berichts – und der in den letzten Jah‐ren geführten Diskussionen über die Handlungsoptionen entwicklungspolitischer Akteure. Denn trotz eines gewachsenen Bewusstseins über die Komplexität von Krisen‐ und Nach‐kriegssituationen, trotz des in der Entwicklungspolitik vertretenen weiten Verständnisses von „menschlicher Sicherheit“, und trotz der Arbeit an „strukturellen Ursachen“ von Ge‐waltkonflikten hat sich die Debatte über die Handlungsfelder entwicklungspolitischer Frie‐densarbeit in den letzten Jahren verengt ‐ und nach außen verlagert.
Was ist mit dieser Verengung und Verlagerung gemeint? Zugespitzt formuliert, spricht ein Großteil der entwicklungspolitischen Akteure unter sich über Milleniumsentwicklungsziele und die Paris Agenda, aber kaum über Frieden und Do no harm. Der weitaus kleinere Teil hingegen spricht mit Außen‐ und Sicherheitspolitikern über Fragilität, Governance, Si‐cherheits‐ und Justizsektorreform, selten jedoch mit anderen entwicklungspolitischen Ak‐
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teuren über den Zusammenhang von Gesundheit, Bildung oder ländlicher Entwicklung und Friedensförderung.
Parallele Diskurse und Abgrenzungen zwischen Sektoren und Politikbereichen sind keine Sel‐tenheit. Ohne Zweifel ist dies nicht zuletzt eine Frage begrenzter Kapazitäten, es ist aber auch eine Frage von Prioritäten. Die Diskussionen über Afghanistan, whole‐of‐government Strategien, erweiterte Sicherheit und zivil‐militärische Zusammenarbeit haben so viele Res‐sourcen auf staatlicher wie zivilgesellschaftlicher Seite absorbiert, dass kaum Raum für das Nachdenken über alternative Ansätze, eine Konkretisierung der eher vage formulierten „strukturellen Prävention“ und sektorspezifisches Mainstreaming blieb. Geht man jedoch davon aus, dass mangelnde oder ungleiche Zugänge zu wirtschaftlichen Ressourcen, politi‐scher Partizipation oder Bildung häufig Ursache von Gewaltkonflikten sind, so besitzen klas‐sische entwicklungspolitische Sektoren bei entsprechend friedens‐ und konfliktsensibler Planung viele Potentiale für präventive oder friedensfördernde Arbeit.
Akteure der entwicklungspolitischen Friedensarbeit müssen in Zukunft Diskurs und Praxis in beide Richtungen erweitern und klären: einerseits gilt es, den internen Dialog wieder aufzu‐nehmen und gemeinsam mit den Kollegen der klassischen Sektoren die Potentiale zu kon‐kreten Handlungsansätzen auszubauen, andererseits müssen sie den politikfeldübergreifen‐de Dialog zu Frieden und Entwicklung weiterführen. Dabei wird entscheidend sein, ob sich dieser externe Dialog auf „citizen’s security, justice and jobs“ konzentriert und entwick‐lungspolitische Friedensarbeit (staatlicher Akteure) in Zukunft eng mit Justiz‐ und Sicher‐heitssektorreform sowie ökonomischen Quick‐Impact Maßnahmen assoziiert wird, oder ob es gelingt, ein umfassenderes Verständnis von Gerechtigkeit und Sicherheit – freedom from want and freedom from fear ‐ einzubringen.
Baustein Nr. 2: Paradigmen hinterfragen und Strategien weiterentwicklen
Entwicklungspolitische Friedensarbeit hat seit Mitte der 90er Jahre auf zwei Aspekte abge‐hoben. Neben der schon erwähnten „strukturellen Prävention“ ging und geht es um die För‐derung und Stärkung von Institutionen und Mechanismen, die eine gewaltfreie Austragung von Konflikten ermöglichen. Demokratieförderung, Menschenrechtsschutz und Versöh‐nungsarbeit heute ihren festen Platz in der Entwicklungszusammenarbeit.
Einen ebenso festen, aber weniger offensichtlichen Platz haben die mit diesen Ansätzen verbundenen „Theorien des Wandels“: Versöhnung durch Dialog und Begegnung, eine an marktwirtschaftlichen Prinzipen ausgerichtete, liberale Demokratie, Strafverfolgung und Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft als Brückenbauer oder Motor demokratischer Reform‐prozesse, Allparteilichkeit und Vermittlung ‐ all diese Eckpfeiler nachhaltiger Friedensförde‐rung fußen nicht zuletzt auf unseren eigenen Erfahrungen friedlicher Transformation nach dem Zweiten Weltkrieg.
Doch obwohl vor Blaupausen gewarnt und kontextspezifische Strategieentwicklung als zent‐ral erachtet wird, greift ein Großteil externer Akteure unter häufig selbst auferlegtem Zeit‐druck auf etablierte Ansätze zurück. Hierzu gehören beispielsweise Wahrheitskommissionen und Strafgerichte. Aber welche Vorstellungen von Gerechtigkeit und Wahrheitsfindung ha‐ben Menschen in so unterschiedlichen Kontexten wie Kambodscha, der Demokratischen Re‐publik Kongo oder Kolumbien? Und welche Schritte müssen zivilgesellschaftliche Akteure gehen, um in einer tief gespaltenen, hierarchisch geprägten Gesellschaften zum Brücken‐bauer zu werden? Führt Dialog tatsächlich zu Versöhnung, oder vertieft er nicht mitunter die Gräben zwischen Bevölkerungsteilen, weil Ungleichheiten und Marginalisierung nach wie vor Bestand haben? Und wie glaubwürdig können wir in Afghanistan, Bosnien oder Palästina für Frieden und die Universalität von Menschenrechten eintreten? Dies ist kein Plädoyer für die Relativierung von Werten oder den Rückzug aus politisch sensiblen Handlungsbereichen.
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Im Gegenteil. Schließlich ist Friedensentwicklung auf das Engste mit Werten verknüpft – und läuft je nach Kontext umso schneller Gefahr, entwertet zu werden.
Wenn entwicklungspolitische Friedensarbeit auch in Zukunft glaubwürdig und nachhaltig Veränderungsprozesse begleiten und unterstützen möchte, muss sie sich der Herausforde‐rung stellen, nach 15 Jahren Praxis und Forschung ihre Paradigmen zu hinterfragen, inne zu halten, Bilanz zu ziehen und neue Wege bei der Strategieentwicklung zu gehen.
Natascha Zupan ist Leiterin des FriEnt‐Teams.
FriEnt Tipps & Info
Weltentwicklungsbericht 2011 zu "Konflikt, Sicherheit und Entwicklung"
Die Instrumente und Strategien der internationalen Gemeinschaft zur Befriedung von Ge‐waltkonflikten und zur Transformation fragiler Staaten sind aktuellen Herausforderungen häufig nicht gewachsen und müssen angepasst werden. So die zentrale Erkenntnis des Weltentwicklungsberichts 2011 der Weltbank, der vor kurzem veröffentlicht wurde.
Etwa 1,5 Milliarden Menschen leben heute in Staaten, die von Gewaltkonflikten oder einem hohen Maß an krimineller Ge‐walt gekennzeichnet sind. In der großen Mehrheit handelt es sich um Entwicklungsländer. Anders als noch vor einigen Jahr‐zehnten vermischen sich in diesen Staaten heute oft politische Konflikte, sozial motivierte Gewalt, Kleinkriminalität, organi‐sierte Kriminalität und Terrorismus zu komplexen Gewaltkreis‐läufen, die die Entwicklung hemmen. Um die Gewaltkreisläufe zu durchbrechen und Perspektiven für eine friedliche Entwicklung zu schaffen, fordern die Autoren klare Prioritäten für Entwicklung.
Links & Literatur
World Development Report 2011: Conflict, Security, and Development
Demnach sind Investitionen in die Sicherheit der Menschen, in den Aufbau von Jus‐tiz/Rechtssystemen und in die Schaffung von Arbeitsplätzen ganz zentral, um weitere Ent‐wicklung zu ermöglichen.
Der Bericht empfiehlt eine Reihe von Maßnahmen, um Vertrauensbildung und institutionel‐le Reformen zu unterstützen. Dazu gehören Programme zur Gewaltprävention und Arbeits‐beschaffungs‐Maßnahmen auf Gemeindeebene und eine stärkere Einbeziehung von Frauen und von lokalen Einrichtungen zur Konfliktlösung. Internationale Entwicklungsagenturen sol‐len ihre Hilfe stärker darauf ausrichten, Programme zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Verbesserung von Polizei und Justiz in fragilen Staaten zu finanzieren.
Die Präsentation und Diskussion des Berichts in Deutschland wird am 23. Mai 2011 im BMZ stattfinden. Neben einer Vorstellung der zentralen Erkenntnisse werden Vertreter von BMZ, AA, BMVg und der Zivilgesellschaft darüber diskutieren, wie die Ergebnisse des Berichts in der deutschen Außen‐, Sicherheits‐, und Entwicklungspolitik umgesetzt werden können.
Weltbildungsbericht: Bildung durch bewaffneten Konflikt gefährdet
Von den weltweit 67 Millionen Kindern, die keine Schule besuchen, leben 28 Millionen in Ländern in Konfliktsituationen. Bewaffnete Konflikte nehmen diesen Kindern ihre Zukunft. Das ist das Fazit des UNESCO‐Weltbildungsbericht 2011, der am 1. März 2011 am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York vorgestellt wurde. Sexuelle Gewalt, gezielte Angriffe auf Schulen und weitere Menschenrechtverletzungen gefährden Bildung
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Der Bericht „Die unbeachtete Krise: Bewaffneter Konflikt und Bildung“ warnt, dass die internationale Gemeinschaft die im Jahr 2000 eingegangenen Ziele zur „Bildung für alle“ nicht erreichen wird. Obwohl es viele Fortschritte gibt, wer‐den die meisten Ziele deutlich verfehlt, insbesondere in Re‐gionen mit dauerhaften Konflikten. Der Bericht kritisiert, dass Bildung der am stärksten vernachlässigte Bereich im unterfinanzierten System humanitärer Hilfe ist.
Links & Literatur
The Hidden Crisis: Armed Conflict and Education Education for All Global Monitoring Report 2011
Die unbeachtete Krise: Bewaffneter Konflikt und Bildung Kurzfassung | Hrsg. von Deutsche U‐NESCO‐Kommission e.V. (DUK) | Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Stärkere gemeinsame Anstrengungen von Partnerländern und Gebern seien laut Bericht erforderlich, um die sechs EFA Ziele bis 2015 zu erreichen.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und die Deutsche UNESCO‐Kommission veröffentlichen zum weltweiten Launch eine deutschspra‐chige Kurzfassung des Berichts.
Impressum
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ISSN: 1861‐8642
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V.i.S.d.P: Natascha Zupan
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