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stärker bewusst wird. „An der Universität sollte man nicht nur die Baukunst der Antwer- per Kathedralen lehren, son- dern auch die unseres Lan- des.“ Die kulturellen Eliten seien zu sehr auf den Westen hin orientiert, wer an die eige- ne, türkisch-osmanische Tra- dition anknüpft, werde leicht als rückständig angesehen, „dabei sind Modernisierung und rein westliche Ausrich- tung nicht das Gleiche“, sagt der im Stadtteil Galata leben- de Künstler. Seine Kunstprojekte verbin- den deshalb osmanische Moti- ve und zeitgenössische Pro- duktionstechniken. Eine neue Wertschätzung zu erzeugen ist sein Ziel. Wie bei „Pascha“, dem osmanisch-inspirierten Kosenamen. (fra) Ismail Acar empfiehlt den Doppelblick. Nicht nur auf den Westen schielen - aber sich auch nicht im orientali- schen Schmoll- winkel einrich- ten. Nur so kann das Kul- turhauptstadt- jahr fruchtbar werden, sagt der kritische Is- tanbuler Künst- ler, der 2010 ein künstleri- sches Großprojekt verwirk- licht: Er wird den Haydarpasa- Bahnhof, Startpunkt der Bag- dadbahn, mit historisierenden Pascha-Porträts verzieren. Pa- schas waren im osmanischen Reich hohe Beamte, „das Wort wird im Türkischen aber auch als Kosename verwendet: für Menschen, die man liebt.“ Be- malte Stoffe werden die Fens- terhöhlen ausfüllen. Der 38-Jährige kritisiert die Kulturhauptstadt-Agentur weil sie einen zu starken Schwerpunkt auf etablierte Projekte gelegt und zu wenig avantgardistische Strömun- gen berücksichtigt habe. Trotzdem betont er, dass die Türkei nur dann eine Zu- kunft habe, wenn sie sich ih- res kulturellen Erbes wieder Der neue Stolz Künstler Ismail Acar schöpft aus der Tradition Ismail Acar inmitten seiner Kunstwerke Projektauswahl im Kulturhauptstadt-Jahr: Museen: Neuordnung der Mu- seen im Topkapi-Palast Abschluss der Restaura- tion der Hagia Sophia Vorbereitung eines Mu- seums für die archäologi- schen Funde am antiken theodosianischen Hafen Museum zu Orhan Pa- muks Roman „Das Mu- seum der Unschuld“ (ab Herbst) Konzerte Erster Auftritt der Band U2 in der Türkei am 6. September Uraufführung der „Is- tanbul Symphony“ von Arvo Pärt am 7. Juni Festivals Mai: Theaterfestival eu- ropäischer Universitäten Juni: „Istanbul Spirit“: Design-Festival 21. und 22. Juni: Istan- bul of Pina Bausch: Tanz- gastspiel Juli: Internationales Ballettfestival Istanpoli Theater- und Tanzfest u.a. mit den deut- schen Künstlern Meg Stu- art und Rimini Protokoll Oktober: Istanbul Dreams: Tanzshow auf dem Wasser Ausstellungen bis 5.2.: Topkapi-Palast: „Zehntausend Jahre persi- sche Zivilisation“ Februar: „Schätze des Kreml“ (ab Februar) Juni: „Europa am Bos- porus“: Künstler präsen- tieren sich auf Flößen und Stegen Soziokulturelles verschiedene Projekte für die einheimische Be- völkerung sind speziell für junge Künstler, Kinder oder Frauen aus Rand- Stadtteilen konzipiert. Infos Organisationsagentur: Istanbul 2010 European Capitol of Culture, Tel.: 0090/ 212/37702, www.en.istanbul2010.org Touristik-Service Mehrere Reiseveran- stalter haben Hotels in Is- tanbul im Angebot. Zum Beispiel FTI-Touristik mit 14 Unterkünften aller Ka- tegorien. Das Sultanah- met-Hotel nahe der Blau- en Moschee etwa kostet ab 33 Euro pro Person im Doppelzimmer. Flüge mit Turkish Airlines gibt es ab 196 Euro von neun deut- schen Städten aus. www.fti.de www.turkishairlines.de Istanbul im Blickpunkt rangeführt, gibt es einen Aus- tausch mit Tänzern, Designern oder Schauspielern aus ganz Europa (siehe Randspalte). 1600 Jahre lang war Istanbul Hauptstadt verschiedener Welt- reiche. Die Stadt auf zwei Konti- nenten ist nach wie vor Binde- glied zwischen Orient und Ok- zident. Und lebendiger Beweis, dass ein kultureller und religiö- ser Schmelztiegel zwar nicht problemlos ist, aber doch ir- gendwie funktionieren kann. Die alte Stadt ist auch jung: die Hälfte der Bevölkerung ist un- ter 28. Die Metropole pulsiert vor kreativer Energie - nicht nur im neuen Museum Santral Istanbul, das in einem Elektrizi- tätswerk am Goldenen Horn entstanden ist. Und zeigt sich selbstbewusst: Auf den Kultur- hauptstadt-Werbeplakaten an internationalen Flughäfen steht: „Istanbul - die inspirie- rendste Stadt der Welt“. Kutlug Ataman anzuschauen. Werke aus dem hochklassig bestückten Ausstellungshaus sind derzeit im Berliner Gropi- us-Bau ausgestellt: „Wir wol- len zeigen, dass es in der Tür- kei nicht nur Kebap gibt“, so Sariaslan. Über 400 Projekte Die Kulturhauptstadt-Agen- tur hat das ehrgeizige Ziel, die jährliche Besucherzahl am Bos- porus von sieben auf zehn Mil- lionen zu erhöhen: Kulturtou- risten sind begehrt, sie geben großzügiger Geld aus als ande- re Reisende. 426 Kulturhaupt- stadt-Projekte sind bislang be- willigt, 2090 hatten sich um eine Förderung beworben. Bür- gerschaftliches Engagement wurde besonders unterstützt, so Sprecherin Özkan Yavuz. In vielen Initiativen werden Kin- der oder Bewohner aus den Vorortsiedlungen an Kultur he- V ON B ETTINA F RASCHKE ISTANBUL. Wie lang waren die verwundeten Schätze un- ter Pflastern aus Bauplanen verborgen. 16 Jahre stand das deckenhohe Gerüst in der by- zantinischen Kirche und spä- teren Moschee Hagia Sophia in Istanbul, die heute ein Mu- seum ist: Die Mosaike wurden restauriert. Der prächtige Raum war über Jahre von Bau- arbeiten dominiert. Dass die Arbeiten fertig werden und der Zentralbau des byzantini- schen Reiches erlebbar wird, ist einer jener Punkte, wo man am deutlichsten merkt: Istan- bul ist Kulturhauptstadt. Vom 280-Millionen-Euro- Budget (davon weniger als ein Prozent von der EU) gehen Zweidrittel in die Restaurie- rung von Denkmälern und Auffrischung von Museen, die sich mit dem kulturellen Erbe der Metropole zwischen Ori- ent und Okzident beschäfti- gen. Zu viel, sagen Kritiker, die sich eine stärkere Präsenz neuer Strömungen gewünscht hätten (siehe zweiter Text). Doch für die Hauptfinanzie- rer Stadt und Staat war der Ti- tel Ansporn, die Kunst- und Bauschätze in einem geballten Kraftakt fit zu machen. „Istan- bul wird sichtbarer“, sagt Öz- gül Özkan Yavuz, Sprecherin der das Ausnahmejahr organi- sierenden Agentur. Ein Ent- hüllungsprozess ist im Gange – nicht nur mittels Bauplanen- abbau – der zugleich ein Be- wusstwerdungsprozess ist. Das sollen besonders auch die 16 Millionen Bewohner der schillernden Mammutstadt er- leben. Viele haben wenig Be- rührung mit Kunst und Kul- tur, weiß Kuratorin Lora Sari- aslan vom privaten Kunstmu- seum Istanbul Modern. Das Jahr 2010 soll einen Bewusst- seinswandel erreichen. Etwa dafür, sich in ihrem Museum im alten Hafen von Karaköy im September die Ausstellung von documenta-Teilnehmer Im Pulsschlag der Metropole Istanbul will als Kulturhauptstadt Europas das historische Erbe sichern und sich als Schmelztiegel zeigen Prächtige Aussicht: Nusretiye-Moschee mit Blick auf Topkapi-Serail, Hagia Sophia und Sultan-Ahmet-Moschee in Istanbul. Foto: dpa Moderne Kunst im kühl-sachlichen Rahmen: Museum Santral Istanbul auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerks der Stadt. 2 Fotos: Fraschke Nach 16 Jahren wird das Gerüst in der Kuppel ab- gebaut: Die Mosaike in der Kirche und späteren Moschee Hagia Sophia sind restauriert. Foto: nh Im Blickpunkt Zur Eröffnung des Kulturhaupt- stadtjahrs am 10. Januar wird es auf dem Szechenyi-Platz einen Umzug geben. Es folgt jede Men- ge Programm (Kosten: 32 Mio. Euro) - vom Frühlingsfestival mit Klassik und zeitgenössischer Kunst (15. März-12. April) bis zum „Rock Marathon“ (5.-11. Juli). Übersicht auch auf Eng- lisch: www.pecs2010.hu (Werk im Entstehen) zum Prinzip. Dabei ist das, was entsteht, beachtenswert. So etwa die Rundum-Erneuerung des Vier- tels um die ehemalige Porzel- lanmanufaktur Zsolnay. „Als sich die Stadt um den Titel be- warb“, erzählt Projekt-Mana- ger und Architekt Gabor Szta- nics, „arbeitete eine Gruppe von Kreativen und Architek- ten ein Konzept aus. Grundge- danke: diese Stadt soll wieder lebbar gemacht werden.“ Die Zsolnay-Manufaktur ist ein spektakuläres Industrie- denkmal aus dem 19. Jahrhun- dert. Die Familie Zsolnay zele- brierte ihr aufstrebendes Bür- gertum. Jetzt soll auf 3,5 Hekt- ar ein Künstler- und Studen- V ON G REGOR M AYER PECS. In der südungarischen Stadt Pécs (dt. Fünfkirchen) dröhnten Bauarbeiten bis zur letzten Minute. Wenn am Sonntag die 160 000-Einwoh- ner-Stadt den Kulturhaupt- stadttitel übernimmt, ist so gut wie nichts fertig. In den Planungsjahren herrschten bei den Verantwortlichen In- kompetenz und Chaos. Für die Verwaltung hatte sich der Kul- turhauptstadt-Auftrag als eine Nummer zu groß erwiesen. Drei Programmdirektoren wurden verschlissen, die Bau- arbeiten viel zu spät begon- nen. Jetzt erhebt man das Un- fertige zur Tugend, das Schlag- wort vom „Work in progress“ Leben in der Porzellanfabrik Pécs will sich im Kulturhauptstadtjahr als überregionales Zentrum etablieren tenviertel entstehen. Eine neue Heimstätte wird auch eine der bedeutendsten Zsol- nay-Privatsammlungen der Welt finden. Der ungarisch- stämmige amerikanische Zsol- nay-Liebhaber Laszlo Gyugyi überlässt seine 600 Prachtstü- cke der Kulturhauptstadt. Pécs solle als interregionales kultu- relles in die Nachbarländer ausstrahlen, meint Pro- grammdirektor Csaba Ruzsa. Starke Bindungen bestün- den aber auch zu Deutsch- land, weil in der Stadt noch tausende Angehörige der deutschen Volksgruppe leben. Das Geld für 2010 kommt zu 85 Prozent von der EU. Zehn Prozent muss die Stadt aufbringen, fünf Prozent die Republik Ungarn. Für 125 Mio. Euro wird die Stadt um- und neugebaut. Der barocke und Renaissance-Stadtkern soll in neuem Glanz erstrahlen. Neu gebaut werden eine Konzert- halle und eine Biblio- thek. (dpa) So voll wird es nicht immer sein: Beim Konzert mit Placido Domin- go drängten sich Besucher vor der Kathedrale in Pécs. Foto: dpa Samstag, 9. Januar 2010 Kultur SZ-KU1

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PR, IQ, Travel, Turkey, Ismail Acar

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stärker bewusst wird. „An derUniversität sollte man nichtnur die Baukunst der Antwer-per Kathedralen lehren, son-dern auch die unseres Lan-des.“ Die kulturellen Elitenseien zu sehr auf den Westenhin orientiert, wer an die eige-ne, türkisch-osmanische Tra-dition anknüpft, werde leichtals rückständig angesehen,„dabei sind Modernisierungund rein westliche Ausrich-tung nicht das Gleiche“, sagtder im Stadtteil Galata leben-de Künstler.

Seine Kunstprojekte verbin-den deshalb osmanische Moti-ve und zeitgenössische Pro-duktionstechniken. Eine neueWertschätzung zu erzeugenist sein Ziel. Wie bei „Pascha“,dem osmanisch-inspiriertenKosenamen. (fra)

Ismail Acarempfiehlt denDoppelblick.Nicht nur aufden Westenschielen - abersich auch nichtim orientali-schen Schmoll-winkel einrich-ten. Nur sokann das Kul-turhauptstadt-jahr fruchtbarwerden, sagtder kritische Is-tanbuler Künst-ler, der 2010 ein künstleri-sches Großprojekt verwirk-licht: Er wird den Haydarpasa-Bahnhof, Startpunkt der Bag-dadbahn, mit historisierendenPascha-Porträts verzieren. Pa-schas waren im osmanischenReich hohe Beamte, „das Wortwird im Türkischen aber auchals Kosename verwendet: fürMenschen, die man liebt.“ Be-malte Stoffe werden die Fens-terhöhlen ausfüllen.

Der 38-Jährige kritisiert dieKulturhauptstadt-Agenturweil sie einen zu starkenSchwerpunkt auf etablierteProjekte gelegt und zu wenigavantgardistische Strömun-gen berücksichtigt habe.

Trotzdem betont er, dassdie Türkei nur dann eine Zu-kunft habe, wenn sie sich ih-res kulturellen Erbes wieder

Der neue StolzKünstler Ismail Acar schöpft aus der Tradition

Ismail Acar inmitten seiner Kunstwerke

Projektauswahl imKulturhauptstadt-Jahr:Museen:Neuordnung der Mu-

seen im Topkapi-PalastAbschluss der Restaura-

tion der Hagia SophiaVorbereitung eines Mu-

seums für die archäologi-schen Funde am antikentheodosianischen Hafen

Museum zu Orhan Pa-muks Roman „Das Mu-seum der Unschuld“ (abHerbst)KonzerteErster Auftritt der Band

U2 in der Türkei am 6.September

Uraufführung der „Is-tanbul Symphony“ vonArvo Pärt am 7. JuniFestivalsMai: Theaterfestival eu-

ropäischer UniversitätenJuni: „Istanbul Spirit“:

Design-Festival21. und 22. Juni: Istan-

bul of Pina Bausch: Tanz-gastspiel

Juli: InternationalesBallettfestival

Istanpoli Theater- undTanzfest u.a. mit den deut-schen Künstlern Meg Stu-art und Rimini Protokoll

Oktober: IstanbulDreams: Tanzshow aufdem WasserAusstellungenbis 5.2.: Topkapi-Palast:

„Zehntausend Jahre persi-sche Zivilisation“

Februar: „Schätze desKreml“ (ab Februar)

Juni: „Europa am Bos-porus“: Künstler präsen-tieren sich auf Flößen undStegenSoziokulturellesverschiedene Projekte

für die einheimische Be-völkerung sind speziellfür junge Künstler, Kinderoder Frauen aus Rand-Stadtteilen konzipiert.

InfosOrganisationsagentur:

Istanbul 2010 EuropeanCapitol of Culture, Tel.:0090/ 212/37702,www.en.istanbul2010.org

Touristik-ServiceMehrere Reiseveran-

stalter haben Hotels in Is-tanbul im Angebot. ZumBeispiel FTI-Touristik mit14 Unterkünften aller Ka-tegorien. Das Sultanah-met-Hotel nahe der Blau-en Moschee etwa kostetab 33 Euro pro Person imDoppelzimmer. Flüge mitTurkish Airlines gibt es ab196 Euro von neun deut-schen Städten aus.www.fti.dewww.turkishairlines.de

Istanbul imBlickpunkt

rangeführt, gibt es einen Aus-tausch mit Tänzern, Designernoder Schauspielern aus ganzEuropa (siehe Randspalte).

1600 Jahre lang war IstanbulHauptstadt verschiedener Welt-reiche. Die Stadt auf zwei Konti-nenten ist nach wie vor Binde-glied zwischen Orient und Ok-zident. Und lebendiger Beweis,dass ein kultureller und religiö-ser Schmelztiegel zwar nichtproblemlos ist, aber doch ir-gendwie funktionieren kann.Die alte Stadt ist auch jung: dieHälfte der Bevölkerung ist un-ter 28. Die Metropole pulsiertvor kreativer Energie - nichtnur im neuen Museum SantralIstanbul, das in einem Elektrizi-tätswerk am Goldenen Hornentstanden ist. Und zeigt sichselbstbewusst: Auf den Kultur-hauptstadt-Werbeplakaten aninternationalen Flughäfensteht: „Istanbul - die inspirie-rendste Stadt der Welt“.

Kutlug Ataman anzuschauen.Werke aus dem hochklassigbestückten Ausstellungshaussind derzeit im Berliner Gropi-us-Bau ausgestellt: „Wir wol-len zeigen, dass es in der Tür-kei nicht nur Kebap gibt“, soSariaslan.

Über 400 ProjekteDie Kulturhauptstadt-Agen-

tur hat das ehrgeizige Ziel, diejährliche Besucherzahl am Bos-porus von sieben auf zehn Mil-lionen zu erhöhen: Kulturtou-risten sind begehrt, sie gebengroßzügiger Geld aus als ande-re Reisende. 426 Kulturhaupt-stadt-Projekte sind bislang be-willigt, 2090 hatten sich umeine Förderung beworben. Bür-gerschaftliches Engagementwurde besonders unterstützt,so Sprecherin Özkan Yavuz. Invielen Initiativen werden Kin-der oder Bewohner aus denVorortsiedlungen an Kultur he-

VON B E T T I NA FRA SCHK E

ISTANBUL. Wie lang warendie verwundeten Schätze un-ter Pflastern aus Bauplanenverborgen. 16 Jahre stand dasdeckenhohe Gerüst in der by-zantinischen Kirche und spä-teren Moschee Hagia Sophiain Istanbul, die heute ein Mu-seum ist: Die Mosaike wurdenrestauriert. Der prächtigeRaum war über Jahre von Bau-arbeiten dominiert. Dass dieArbeiten fertig werden undder Zentralbau des byzantini-schen Reiches erlebbar wird,ist einer jener Punkte, wo manam deutlichsten merkt: Istan-bul ist Kulturhauptstadt.

Vom 280-Millionen-Euro-Budget (davon weniger als einProzent von der EU) gehenZweidrittel in die Restaurie-rung von Denkmälern undAuffrischung von Museen, diesich mit dem kulturellen Erbeder Metropole zwischen Ori-ent und Okzident beschäfti-gen. Zu viel, sagen Kritiker,die sich eine stärkere Präsenzneuer Strömungen gewünschthätten (siehe zweiter Text).

Doch für die Hauptfinanzie-rer Stadt und Staat war der Ti-tel Ansporn, die Kunst- undBauschätze in einem geballtenKraftakt fit zu machen. „Istan-bul wird sichtbarer“, sagt Öz-gül Özkan Yavuz, Sprecherinder das Ausnahmejahr organi-sierenden Agentur. Ein Ent-hüllungsprozess ist im Gange– nicht nur mittels Bauplanen-abbau – der zugleich ein Be-wusstwerdungsprozess ist.Das sollen besonders auch die16 Millionen Bewohner derschillernden Mammutstadt er-leben. Viele haben wenig Be-rührung mit Kunst und Kul-tur, weiß Kuratorin Lora Sari-aslan vom privaten Kunstmu-seum Istanbul Modern. DasJahr 2010 soll einen Bewusst-seinswandel erreichen. Etwadafür, sich in ihrem Museumim alten Hafen von Karaköyim September die Ausstellungvon documenta-Teilnehmer

Im Pulsschlag der MetropoleIstanbul will als Kulturhauptstadt Europas das historische Erbe sichern und sich als Schmelztiegel zeigen

Prächtige Aussicht: Nusretiye-Moscheemit Blick auf Topkapi-Serail, Hagia Sophia und Sultan-Ahmet-Moschee in Istanbul. Foto: dpa

Moderne Kunst im kühl-sachlichen Rahmen:Museum Santral Istanbul auf dem Gelände desehemaligen Kraftwerks der Stadt. 2 Fotos: Fraschke

Nach 16 Jahren wird das Gerüst in der Kuppel ab-gebaut: Die Mosaike in der Kirche und späterenMoschee Hagia Sophia sind restauriert. Foto: nh

Im BlickpunktZur Eröffnung des Kulturhaupt-stadtjahrs am 10. Januar wird esauf dem Szechenyi-Platz einenUmzug geben. Es folgt jedeMen-ge Programm (Kosten: 32 Mio.Euro) - vom FrühlingsfestivalmitKlassik und zeitgenössischerKunst (15. März-12. April) biszum „Rock Marathon“ (5.-11.Juli). Übersicht auch auf Eng-lisch:www.pecs2010.hu

(Werk im Entstehen) zumPrinzip.

Dabei ist das, was entsteht,beachtenswert. So etwa dieRundum-Erneuerung des Vier-tels um die ehemalige Porzel-lanmanufaktur Zsolnay. „Alssich die Stadt um den Titel be-warb“, erzählt Projekt-Mana-ger und Architekt Gabor Szta-nics, „arbeitete eine Gruppevon Kreativen und Architek-ten ein Konzept aus. Grundge-danke: diese Stadt soll wiederlebbar gemacht werden.“

Die Zsolnay-Manufaktur istein spektakuläres Industrie-denkmal aus dem 19. Jahrhun-dert. Die Familie Zsolnay zele-brierte ihr aufstrebendes Bür-gertum. Jetzt soll auf 3,5 Hekt-ar ein Künstler- und Studen-

VON GR EGOR MAY ER

PECS. In der südungarischenStadt Pécs (dt. Fünfkirchen)dröhnten Bauarbeiten bis zurletzten Minute. Wenn amSonntag die 160 000-Einwoh-ner-Stadt den Kulturhaupt-stadttitel übernimmt, ist sogut wie nichts fertig. In denPlanungsjahren herrschtenbei den Verantwortlichen In-kompetenz und Chaos. Für dieVerwaltung hatte sich der Kul-turhauptstadt-Auftrag als eineNummer zu groß erwiesen.

Drei Programmdirektorenwurden verschlissen, die Bau-arbeiten viel zu spät begon-nen. Jetzt erhebt man das Un-fertige zur Tugend, das Schlag-wort vom „Work in progress“

Leben in der PorzellanfabrikPécs will sich im Kulturhauptstadtjahr als überregionales Zentrum etablieren

tenviertel entstehen. Eineneue Heimstätte wird aucheine der bedeutendsten Zsol-nay-Privatsammlungen derWelt finden. Der ungarisch-stämmige amerikanische Zsol-nay-Liebhaber Laszlo Gyugyiüberlässt seine 600 Prachtstü-

cke der Kulturhauptstadt. Pécssolle als interregionales kultu-relles in die Nachbarländerausstrahlen, meint Pro-grammdirektor Csaba Ruzsa.

Starke Bindungen bestün-den aber auch zu Deutsch-land, weil in der Stadt nochtausende Angehörige derdeutschen Volksgruppe leben.

Das Geld für 2010 kommtzu 85 Prozent von der EU.Zehn Prozent muss die Stadtaufbringen, fünf Prozent dieRepublik Ungarn. Für 125 Mio.Euro wird die Stadt um- undneugebaut. Der barocke undRenaissance-Stadtkern soll inneuem Glanz erstrahlen. Neugebaut werden eine Konzert-halle und eine Biblio-thek. (dpa)

So vollwird es nicht immer sein: BeimKonzertmit PlacidoDomin-go drängten sich Besucher vor der Kathedrale in Pécs. Foto: dpa

Samstag, 9. Januar 2010 KulturSZ-KU1