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Galleria4.2008Messe Frankfurt Magazin
Fälschern das Geschäft verdorbenInitiative „Messe Frankfurt against Copying“ verzeichnet viele Erfolge
Global an einem Strang ziehenJustizministerin Brigitte Zypries setzt gegen Plagiatoren auf weltweite Kooperation
Hightech sorgt für besseren SchutzOriginalhersteller vertrauen auf Spitzentechnik im Kampf gegen Nachahmungen
Original oder Fälschung – nichtimmer so leicht zu unterscheiden
Sonderdruck
InhaltGalleria 4.2008 02
Auf Kurs | 04Die Initiative „Messe Frankfurt againstCopying“ bekämpft seit knapp dreiJahren erfolgreich die Produkt- undMarkenpiraterie.
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Inhalt
Auf dem Cover:Während ein falscher Elvis schlimmsten-falls die Ohren strapaziert, verursachenProdukt- und Markenfälschungen Gefahrfür Leib und Leben sowie Schäden inMillionenhöhe.
Editorial: Detlef Braun
Blickpunkt: ProduktpiraterieFälschern das Handwerk gelegtErfolge für „Messe Frankfurt against Copying“
„Wichtig ist, sich zur Wehr zu setzen“Doris Möller über Strategien gegen Produktpiraten
Echte KnochenarbeitDie effiziente Arbeit des Zolls gegen Fälscher
Auf Leben und TodPlagiate verursachen mehr als nur wirtschaftlichen Schaden
Herausforderung für Politik und WirtschaftGastbeitrag von Justizministerin Brigitte Zypries
Der falsche ZwillingPlagiarius-Museum zeigt dreiste Fälschungen
Spitzentechnik gegen ProduktpiraterieWie Hightech den Fälschern das Leben erschwert
Auf Leben und Tod | 12Plagiate verursachen nicht nur wirtschaft-lich einen immensen Schaden. Sie bergenhäufig auch große Gefahren für ihrenBesitzer.
Galleria
Messe Frankfurt Magazin
www.galleria-online.de
Herausgeber
Messe Frankfurt GmbH
Ludwig-Erhard-Anlage 1
60327 Frankfurt am Main
www.messefrankfurt.com
Chefredaktion
Messe Frankfurt,
Unternehmenskommunikation
Gabriele Wehrl
Telefon 069-75 75-56 25
Telefax 069-75 75-67 60
Redaktion
F.A.Z.-Institut für Management-,
Markt- und Medieninformationen GmbH
Mainzer Landstraße 199
60326 Frankfurt am Main
Jan Voosen, Daniel Schleidt
Telefon 069-75 91-24 17
Autoren
Sarah Bautz, Daniel Schleidt, Jan Voosen,
Inka Wichmann, Brigitte Zypries
Fotos
Titel: picture alliance/dpa
3S Simons Security Systems GmbH (S. 19);
Aktion Plagiarius e.V. (S. 16, 17);
Fotolia (S. 9)
Bernd Grundmann (S. 2);
iStock (S. 2, 12, 13);
Messe Frankfurt (S. 3, 6, 7);
picture-alliance/dpa (S. 2, 4-5, 8-10. 10, 11,
14-15, 16-17);
picture alliance/dpa/dpaweb (S. 11);
PolyIC (S. 19);
Thomas Riele/artur (S. 17);
Siemens (S. 18);
Gestaltung
Messe Frankfurt
Medien und Service GmbH
Verlag
Messe Frankfurt
Medien und Service GmbH
Ludwig-Erhard-Anlage 1
60327 Frankfurt am Main
www.verlag.messefrankfurt.com
DruckNK Druck + Medien GmbH, Hammersbach
Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen
einzelnen Beiträge und Abbildungen sind
urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen
Grenzen des Urheberrechts bedarf der
Zustimmung des Verlages. Dies gilt auch für
die Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme
in elektronische Datenbanken und für die
Verbreitung auf CD-ROM und im Internet.
Wir haften in keinem Fall für falsche, man-
gelhafte, nicht oder nur teilweise erfolgte
Eintragungen und Anzeigen. Schadensersatz
ist ausgeschlossen. Für den Inhalt von Ein-
tragungen und Anzeigen und evtl. daraus
entstehende Schäden ist der Auftraggeber
verantwortlich. Erfüllungsort und Gerichts-
stand ist Frankfurt am Main.
© Messe Frankfurt GmbH
Impressum
EditorialGalleria 4.2008 03
Erfolgreicher Kampf gegen Produktpiraten
Als die Messe Frankfurt 2006 die Initiative „Messe Frankfurt against Copying“gegründet hat, verfolgten wir damit vor allem drei Ziele: Wir wollten Aufklärungs-arbeit leisten, unsere Aussteller durch gute Vorbereitung in die Lage versetzen,gegen Fälscher auf Messen vorzugehen, und somit ein faires und inspirierendesGeschäftsumfeld sichern. Dabei stellten manche Zweifler durchaus in Frage, obeine Messegesellschaft bei diesem Thema etwas erreichen kann, zumal es bislangkeine Erfahrungswerte gab – wir waren die erste Messegesellschaft, die eine solcheInformations- und Serviceaktion ins Leben rief.
Umso mehr freut es uns, ein positives Zwischenfazit ziehen zu können: Produkt-fälscher haben erkannt, dass vor und während der Messen strenge Kontrollendurchgeführt werden und Plagiate auf unseren Veranstaltungen demnach einenschweren Stand haben. Daher ist auch auf vielen unserer Messen die Zahl dervom Zoll beschlagnahmten Produkte stark zurückgegangen. Hinzu kommt, dass dieAussteller – nicht zuletzt dank unserer Aufklärungsarbeit – ihre Produkte wesentlichbesser schützen. So werden beispielsweise seit Beginn unserer Initiative immermehr Schutzrechte beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen. Diesermöglicht bei Bedarf schnelles und erfolgreiches Handeln.
Die Messe Frankfurt möchte auch in Zukunft dazu beitragen, dass der von Produkt-piraten verursachte Schaden nachhaltig begrenzt wird. Daher planen wir, denAktionsradius unserer Initiative auf internationaler Ebene zu erweitern, und rückendas Thema „Produktpiraterie“ zum zweiten Mal nach Januar 2006 in den Mittel-punkt unseres Kundenmagazins Galleria.
In der vorliegenden Ausgabe berichten wir darüber, in welchem Maße sich dasBewusstsein von Herstellern und Käufern zum Thema Produktpiraterie veränderthat und welchen Beitrag die Messe Frankfurt dazu leisten konnte (S. 4 – 7).Doris Möller vom Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Marken-piraterie gibt im Galleria-Gespräch zusätzliche Tipps, wie sich Aussteller nochbesser schützen können (S. 8 – 9).
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries erläutert in einem Gastbeitrag die europa-weiten und globalen Aktivitäten gegen Produktfälschungen (S. 14 – 15). Dies zeigt,welche beeindruckenden Dimensionen der Kampf gegen Plagiatoren mittlerweileangenommen hat.
Ich hoffe, die vorliegende Ausgabe gibt Ihnen einen interessanten und informativenEinblick in dieses brisante Thema, und wünsche Ihnen viel Freude und Gewinnbeim Lesen Ihrer Galleria.
Detlef BraunGeschäftsführer der Messe Frankfurt GmbH
Zunächst glaubte Markus Klambeck*an einen Scherz. Ob er sich vorstellenkönne, täuschend echte Imitate einersehr renommierten Textilmarke vertrei-ben zu können, wollte ein Anrufer mitausländischem Akzent von ihm wissen.Klambeck stutzte. Die angesprocheneTextilmarke kennt er nur allzu gut –schließlich ist er einer der Vertrags-händler des Unternehmens, das genaudiese Marke im Original auf den Marktbringt. Als er nach weiteren Ausführun-gen merkte, dass sich sein Gesprächs-partner keineswegs einen Spaß mit ihmerlauben wollte, tat er so, als wolle ereventuell auf den Deal eingehen. Klam-beck gab allerdings vor, sich die Sachenoch einmal überlegen zu müssen.In Wahrheit informierte er nur wenigeMinuten später die Polizei. Der dubioseAnrufer wurde gefasst. Seine „Karriere“als Plagiatehersteller war glücklicher-weise beendet, bevor sie überhauptrichtig begonnen hatte.
Klambeck ist froh, dass die dunklenMachenschaften des Anrufers nicht vonErfolg gekrönt wurden. Dass ein solchesHappy End aber leider nicht der Regel-fall ist und die meisten Fälscher wesent-lich gewiefter vorgehen, weiß er nurallzu gut: „Wenn die Täter jedes Mal soeinfach zu fassen wären, bliebe uns
Vor knapp drei Jahren wurde die Initiative „Messe Frankfurt against Copying“ ins Leben gerufen.Insbesondere die stark rückläufigen Beschlagnahmungen auf den Veranstaltungen zeigen, dass dieAktion gegen Produkt- und Markenpiraterie ein voller Erfolg ist.
Initiative gegen Produktfälscher erfolgreich etabliert
Na dann fröhliche Weihnacht: Die Nussknackerimitate sehen den Originalen zwar sehr ähnlich, weisen in
Plagiaten auf der Spur:Fälschern das Handwerk gelegt
Blickpunkt | Messe Frankfurt against Copying04 Galleria 4.2008
*Name von der Redaktion geändert
05Messe Frankfurt against Copying | Blickpunkt
großer Schaden erspart.“ Als Koope-rationspartner von renommierten Textil-herstellern hatte Klambeck nicht zumersten Mal mit nachgeahmten Produk-ten zu kämpfen, die dreist unter demLabel der bekannten Firmen in den Um-lauf gebracht werden.
Die durch den Plagiatehandel entstehen-den finanziellen Einbußen für die Unter-nehmen sind immens: Der Deutsche In-dustrie- und Handelskammertag schätztden volkswirtschaftlichen Schadendurch Produkt- und Markenpiraterie fürDeutschland auf 20 bis 30 MilliardenEuro jährlich – ganz zu schweigen von
den Gefahren, die billig hergestellteFälschungen durch ihre mangelhafteQualität für Leib und Leben ihrer Käuferbedeuten können (siehe S. 12 – 13).
Diesen Problemen hat sich die MesseFrankfurt als erste Messegesellschaftöffentlich gestellt und vor knapp dreiJahren die Initiative „Messe Frankfurtagainst Copying“ gegründet. „Um höchs-ten Qualitätsansprüchen weiter gerechtzu werden, haben wir ein erheblichesInteresse daran, dass sich die Ausstellervor Produkt- und Markenpiraterie schüt-zen“, sagt Messe-Geschäftsführer DetlefBraun. Oberstes Ziel der Initiative seies daher, ein faires Geschäftsumfeld zuschaffen, in dem Nachahmungen keineChance haben. Experten der Partner-organisationen und Mitarbeiter derMesse Frankfurt erläutern während der
Veranstaltungen an einem zentralenInfostand, mit welchen Schutzrechtendie Hersteller ihre Marken und Produkteschützen lassen können. Sie geben zu-dem Hinweise, wie sich diese Schutz-rechte am ehesten durchsetzen lassen.Die Messe Frankfurt arbeitet dabei engmit staatlichen Behörden wie dem Deut-schen Patent- und Markenamt, demEuropäischen Amt für Marken- undMusterschutz sowie der ZentralstelleGewerblicher Rechtsschutz beim Zollzusammen. Auch private Organisationenwie die „Aktion Plagiarius“ und der„Aktionskreis Deutsche Wirtschaftgegen Produkt- und Markenpiraterie“gehören zu den Partnern.
„Vor drei Jahren gab es noch vieleZweifel daran, ob eine Messegesell-
schaft bei dem Thema Plagiate erfolg-reich agieren könne“, sagt Braun. Dieaktuelle Bilanz belege jedoch den Erfolgdes nachhaltigen Engagements. Bei-spielsweise ist die Zahl der Beschlag-nahmungen durch den Zoll auf denVeranstaltungen Tendence und DecorateLife in den Jahren 2006 bis 2008 umfast 95 Prozent von 907 auf 49 zu-rückgegangen. Ähnliches gilt für dieAmbiente: Hier sank die Zahl innerhalbvon zwei Jahren von 877 auf 219. DieseReduzierung ist umso bemerkenswerter,da die Kontrollen im gleichen Zeitraumzugenommen haben, bei der Ambientewurden 2008 sogar mehr als doppelt soviele Stände überprüft, als dies im Jahr2006 noch der Fall war. „Die Fälschersind gewarnt“, sagt Barbara Weizsäcker,Leiterin Public Affairs bei der MesseFrankfurt. „Sie wissen, dass auf unserenVeranstaltungen alles getan wird, umProdukt- und Markenpiraterie in dieSchranken zu weisen.“
Außerdem sei es gelungen, die Aus-steller verstärkt für das Thema zu sen-sibilisieren. Am Informationsstand derInitiative „Messe Frankfurt againstCopying“, der auf allen FrankfurterEigenveranstaltungen zum Einsatzkommt, hat der Bedarf an allgemeinenBeratungsgesprächen merklich abge-nommen. „Dies zeigt, dass der über-
Wichtige Kontaktadressen
Deutsches Patent- und Markenamt
www.dpma.de
Telefon: +49 (0)89 21 95-0
Europäisches Amt für Marken- und
Musterschutz (Alicante, Spanien)
www.oami.eu
Telefon: + 34 96 513 91 00
Europäisches Patentamt
www.epo.org
Telefon: +49 (0)89 23 99-0
Weitere hilfreiche Links:
www.markenpiraterie-apm.de
www.stopfakes.gov
www.original-ist-genial.de
Verarbeitung und Qualität aber erhebliche Mängel auf.
Galleria 4.2008
„Die Kooperation mit denVerantwortlichen der MesseFrankfurt vor und währendden Veranstaltungen verliefunkompliziert und reibungs-los.“Claus-Peter Faul,Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
wiegende Teil unserer Aussteller mittler-weile gut über die Möglichkeiten zumSchutz vor Produkt- und Markenpiraterieinformiert ist“, so Weizsäcker weiter.Hierzu trägt neben dem Infostand aufallen Messen vor allem die Informations-broschüre der Messe Frankfurt bei, diejeder Aussteller per Post vor der jeweili-gen Messe erhält.
Mehr Schutz gewünschtZugenommen hat hingegen die Nach-frage nach intensiven Beratungen, beider Ambiente beispielsweise um mehrals 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.„Wir führen dies darauf zurück, dass dieAussteller nun auch detaillierte Hinter-grundinformationen bekommen möch-ten, um sich trotz aller bisher getroffe-nen Maßnahmen noch besser schützenzu können“, erläutert Braun.
Auch die Patentämter können die höhereSensibilität bestätigen: Immer mehrHersteller kümmern sich um gewerb-liche Schutzrechte für ihre Produkte undmelden zudem auch verstärkt Grenzbe-schlagnahmeverfahren beim Zoll an. Dader Plagiatemarkt weiter „boomt“, tunsie offensichtlich gut daran. Dies belegtauch eine aktuelle Studie der Prüfungs-
und Beratungsgesellschaft Ernst &Young: Eine Umfrage unter 2.500 euro-päischen Verbrauchern ergab, dassjeder Vierte von ihnen bereits gefälschteProdukte gekauft hat. Dieser „Markt“scheint also gesellschaftlich akzeptiertund demnach eine permanente Bedro-hung für die Originalhersteller zu sein.90 Prozent der befragten Verbraucherglauben nicht, dass ihr Ansehen beiFreunden und Verwandten gefährdet ist,wenn sie gefälschte Ware kaufen.
Noch alarmierender ist die Tatsache,dass viele dabei scheinbar ohne schlech-tes Gewissen agieren. 74 Prozent derUmfrageteilnehmer sind sich bewusst,dass in Herstellung und Vertrieb vongefälschten Produkten kriminelle Ban-den involviert sind, 79 Prozent nehmenin Kauf, dass Arbeits- und Umwelt-bedingungen vernachlässigt werden.
Christoph Kannengießer, Hauptge-schäftsführer des Markenverbandes,
Blickpunkt | Messe Frankfurt against Copying06 Galleria 4.2008
AutomechanikaTendence/Decorate Life
Light+BuildingMusikmesseAmbientePaperworld/Christmasworld/Beautyworld
Heimtextil0
200
400
600
800
1000
1200 Beratungenim Jahr 2006
Beratungenim Jahr 2007
Beratungenim Jahr 2008
Internationales Engagement wird ausgebaut
Das Problem der Produkt- und Marken-
piraterie ist nicht allein durch Maßnah-
men im Inland in den Griff zu bekom-
men. „Wir können auf unseren Veran-
staltungen in Frankfurt den Grundstein
legen“, sagt Messe-Geschäftsführer
Detlef Braun. Um noch weiterreichende
Erfolge erzielen zu können, müsse
„Messe Frankfurt against Copying“
jedoch auch international präsent sein.
Bereits seit Ende 2006 ist dies auf den
Automechanika-Messen im Ausland der
Fall. In diesem Jahr wurde das Engage-
ment unter anderem auf die Textil-
messen ausgedehnt. Bei der Heimtextil
Russia kam im September erstmals ein
Infostand unter der Marke „Messe Frank-
furt against Copying“ zum Einsatz. „Die
Resonanz auf den Stand war ausgezeich-
net“, sagt Olaf Schmidt, Bereichsleiter
Textilmessen bei der Messe Frankfurt.
Die Unterstützung, die die Messe ihren
Ausstellern in diesem Zusammenhang
auch im Ausland bietet, werde sehr
geschätzt, insbesondere mit Blick auf
die Beratung zu den unterschiedlichen
rechtlichen Voraussetzungen im Ausland.
Ziel ist es nun, die Initiative unter dem
Markennamen international bekannter
zu machen. „Schon jetzt gibt es Aktionen,
die sich gegen Plagiate richten, die aber
noch nicht unter dem Dach ,Messe
Frankfurt against Copying’ laufen“, sagt
Schmidt. Das soll sich in Zukunft ändern.
Damit wird ein wertvoller Service für
die Aussteller im internationalen Kontext
etabliert.
Aussteller und Besucher der Heimtextil Russiaprofitierten erstmals von der Initiative „MesseFrankfurt against Copying“.
Aufklärung hilft: Bei den meisten Veranstaltungen nimmt insgesamt der Beratungsbedarf ab.
Beratungsbedarf zum Thema Plagiate
Messe Frankfurt against Copying | Blickpunkt 07
against Copying’, möchten aber künftigunser Engagement ausbauen, um dieFälschungen auf ein möglichst geringesMaß zu reduzieren“, sagt Messe-Geschäftsführer Braun. Auf den Aus-landsmessen der Messe Frankfurt solldie Initiative künftig deutlich stärker inErscheinung treten, um die dubiosenGeschäftspraktiken auch im internatio-nalen Umfeld weiter einzugrenzen(vgl. Infokasten S. 6). Helfen soll weiter-hin auch das seit 2005 auf allen Messengeltende Verbot, eine Kamera mitzu-führen. Wenn keine Produkte fotogra-fiert werden können, fällt die Erstellungeiner Kopie bereits deutlich schwerer.Alle Aussteller erhalten zudem Stickerfür ihren Messestand, die auf das Foto-grafierverbot hinweisen, das Sicher-heitspersonal der Messe kontrolliertparallel dessen Einhaltung. Darüberhinaus muss jeder Aussteller im Vor-feld der Veranstaltung schriftlich ver-sichern, dass er keine unzulässigenKopien von Produkten an seinem Standden Kunden anbietet und die Regelun-gen zum Schutz des geistigen Eigen-tums akzeptiert.
„Unsere Messen sind Präsentations-plattformen für Innovationen und Trends,die von Originalherstellern gesetzt wer-den – und das soll auch so bleiben“,resümiert Braun.
Galleria 4.2008
sieht nur einen Weg, um dieses Pro-blems Herr zu werden: „Eine umfassen-de Aufklärung der Verbraucher bleibtder entscheidende Hebel für die Be-kämpfung von Marken- und Produkt-
piraterie.“ Das fordert auch Doris Möller,geschäftsführendes Vorstandsmitgliedbeim Aktionskreis Deutsche Wirtschaftgegen Produkt- und Markenpiraterie(vgl. Interview auf S. 8 – 10): „Nur wenndie schädlichen Folgen des Plagiate-handels noch anschaulicher und für dieVerbraucher greifbarer kommuniziertwerden, nehmen sie vom Kauf dergefälschten Produkte Abstand.“
Die Messe setzt derweil alles daran, denHandel mit den Kopien weiter einzu-schränken, damit die Verbraucher erstgar nicht in Versuchung geführt werden.„Wir freuen uns über die bisher erzieltenErfolge unserer Aktion ,Messe Frankfurt
Welches Schutzrecht hilft wann?
In Deutschland wird zwischen Marken,
Patenten, Gebrauchs- und Geschmacks-
mustern unterschieden. Marken schützen
geschäftliche Bezeichnungen, dazu zählen
unter anderem Firmen- und Produkt-
namen aber auch Titel von Werken.
Patente werden für technische Erfindun-
gen erteilt, sofern diese neu sind, eine
erfinderische Leistung darstellen und
gewerblich nutzbar sind. Gebrauchs-
muster schützen ebenfalls technische
Erfindungen, allerdings ausschließlich
den technischen Gegenstand selbst, zum
Beispiel Geräte oder Anlagen. Anders als
ein Patent kann ein Gebrauchsmuster je-
doch kein Verfahren schützen, wie bei-
spielsweise einen Produktionsablauf.
Geschmacksmuster schließlich schützen
die zwei- oder dreidimensionale Erschei-
nungsform eines Erzeugnisses oder eines
Teils davon. Hier spielen insbesondere
das Design, Konturen und die Oberflä-
chenstruktur eines Gegenstandes die ent-
scheidende Rolle.
Was kostet die Eintragung eines
Schutzrechtes?
Wer seine Produkte deutschlandweit
schützen möchte, ist beim Deutschen
Patent- und Markenamt an der richtigen
Adresse. Dort gelten folgende Preise
(Orientierungswerte): Patente 410 Euro
(plus Kosten Patentanwalt), Gebrauchs-
muster 40 Euro, Geschmacksmuster
70 Euro und Marken 300 Euro. Für EU-
weiten Schutz müssen sich Hersteller an
das Europäische Amt für Marken- und
Musterschutz bzw. an das Europäische
Patentamt wenden. Dort ist mit folgenden
Kosten zu rechnen (ebenfalls Orientie-
rungswerte): Gemeinschaftsgeschmacks-
muster 350 Euro, Gemeinschaftsmarke
2.050 Euro (bei elektronischer Anmeldung
ca. 150 Euro günstiger) und Patent 1.100
Euro (plus Gebühren für Patenterteilung
in den einzelnen Ländern, Honorar Patent-
anwalt und Kosten für Aufrechterhaltung
des Patents).
Schutzrechte
Auf den Veranstaltungen in Frankfurt kommt der Infostand immer zum Einsatz.
„Wir begrüßen die Initiativeder Messe Frankfurt, diePräsentation von Plagiatenauf der für uns wichtigenMesse Automechanika zuunterbinden.“Erwin Steiner,Entwicklungsleiter Aspöck Systems GmbH
Billigprodukte auch Gefahren für Leibund Leben auslösen können. So könnenminderwertige Textilien zu Hautkrank-heiten führen oder mangelhafte Kompo-nenten in Fahrzeugen verheerende Un-fälle verursachen.
Die Defizite dieser Schattenwirtschaftmüssten also viel stärker ins Licht derÖffentlichkeit rücken. Wo liegen dieMärkte, die Plagiate am ehesten er-möglichen?Natürlich wird immer wieder mit demFinger auf Asien gezeigt. Und esstimmt auch, dass viele Plagiate vondort stammen, insbesondere aus China.Dort sind immense Produktionskapa-zitäten entstanden, die es ermöglichen,die Waren allerorts zu verteilen. Ins-gesamt handelt es sich aber um einglobales Problem.
Was kann der Verbraucher unterneh-men, der definitv ein Originalprodukterstehen möchte?Eine endgültige Sicherheit wird man nie-mandem geben können. Aber wer beiFachhändlern kauft, sollte in der Regelauch tatsächlich die Originalware vomHersteller erhalten.
Es sei denn, der Fachhändler wurdeselbst getäuscht.Auch dieser Fall kann leider vorkommen.Wichtig ist daher – genau wie im Falledes Endverbrauchers –, dass sich alle,
Doris Möller
Die Rechtsanwältin
leitet seit 1988 das
Referat gewerblicher
Rechtsschutz im
Deutschen Industrie-
und Handelskammer-
tag (DIHK) in Berlin. Sie ist Mitinitiatorin
des Aktionskreises gegen Produkt- und
Markenpiraterie e.V. (APM). Seit der
Gründung des APM im Jahr 1997 ist sie
geschäftsführendes Vorstandsmitglied
des Aktionskreises und seit 2001 Secre-
tary der Global Anti-Counterfeiting Group
(GACG) mit Sitz in Paris.
„Wichtig ist, sichzur Wehr zu setzen“
Galleria-Gespräch mit Doris Möller
Frau Möller, Hand aufs Herz, warenSie selbst schon einmal versucht, einPlagiat zu erstehen?Ich will nicht ausschließen, dass ichschon einmal auf eine Fälschung herein-gefallen bin, aber bewusst gekauft habeich definitiv noch kein Plagiat. Diesekriminelle Industrie möchte ich mitmeinem Geld keinesfalls unterstützen.
Viele Käufer sehen das entspannter –sie stören sich nicht an einer Fälschung,wenn das Original gut kopiert ist.Natürlich ist das äußere Erscheinungsbildder gefälschten Produkte tatsächlich häu-fig sehr beeindruckend. Aber dennoch:Wer absichtlich gefälschte Ware kauft,handelt ohne das nötige Unrechtsbe-
wusstsein. Für diese Leute kommt esmeist darauf an, ihrer Umgebung vor-zugaukeln, dass sie sich hochpreisigeMarkenprodukte leisten können. Eitelkeitspielt eine wichtige Rolle.
Nicht immer. Manche Menschen be-kennen sich offen zu ihren Plagiaten –ganz nach dem Motto: Die sehengenau so gut aus, sind aber deutlichgünstiger.Auch diese Haltung ist verwerflich. DieKäufer erkennen nicht oder ignorierensogar ganz bewusst, dass gefälschteProdukte von kriminellen Organisationenim großen Stil auf den Markt gebrachtwerden. Sie machen sich nicht klar, wel-ches Unrecht durch ihr Zutun gefördertwird. Das Herstellen von Plagiaten – undübrigens auch ihr Kauf – ist weit mehrals ein Kavaliersdelikt.
Wie kann das Unrechtsbewusstseinin der Gesellschaft für diese Fälle ge-schärft werden?Das ist ein langwieriger Prozess. DenSchnäppchenjägern muss klarwerden,dass der Preis und das äußere Erschei-nungsbild nicht die alles entscheidendenKriterien bei Produkten sind. Deswegenweisen wir immer wieder auf die Risikenhin, die von Plagiaten ausgehen. Dasssie eine kürzere Lebensdauer habenoder nicht einwandfrei funktionieren,sind noch zwei vergleichsweise harm-lose Folgen. Viel gravierender ist, dass
Blickpunkt | Interview mit Doris Möller08
Heimlichkeit als oberstes Gebot: Um Produktenachahmen zu können, benötigen die Fälscherein genaues Bild vom Original.
Fehlendes Unrechtsbewusstsein ist für Doris Möller eine der Haupt-ursachen für den „Erfolg“ von Plagiaten. Sie fordert daher, dieDefizite der Schattenwirtschaft stärker in den Mittelpunkt zu rücken.
spielig ist, werden sie eher davon Ab-stand nehmen.
Welche Rolle spielt der gewerblicheRechtsschutz?Eine sehr wichtige. Vor allem die be-deutsamsten Produkte eines Unter-nehmens müssen patentiert oder alsGebrauchs- oder Geschmacksmusterangemeldet werden. Auch den Marken-namen sollte man ausreichend schützen.
Leider ist die entsprechende Mentalitätdafür noch nicht ausreichend ausge-prägt. Dabei sollten die Hersteller immerim Blick haben, dass eine effektive Ver-folgung der Rechte im Schadensfall nurmöglich ist, wenn die Produkte vorherdurch die angesprochenen Maßnahmenausreichend geschützt worden sind.
Nehmen die Hersteller das Thema Pro-dukt- und Markenpiraterie mittlerweileernster als noch vor einigen Jahren?Ohne Zweifel ist eine größere Sensi-bilität festzustellen. Die Unternehmensind nun eher bereit zuzugeben, dasssie mit Plagiaten zu kämpfen haben.
Schließlich sind enorm viele betroffen.Einige halten sich mit dem Schritt an dieÖffentlichkeit aber nach wie vor zurück,weil sie fürchten, dass dann auch ihreOriginale weniger gekauft werden – ausAngst, es könnte eine Fälschung sein.
Sie raten von dieser defensivenHaltung ab?Ja. Die Originalhersteller müssen ihrenKunden zeigen, dass sie alle Hebel inBewegung setzen, um gegen die Fälschervorzugehen. Das erhöht auch die Glaub-würdigkeit der Firmen. Parallel sollten sieimmer wieder kommunizieren, welcheQualität ihre Originalprodukte haben undwelchen Sicherheitsanforderungen siegerecht werden müssen. Dann ist für denVerbraucher auch leichter zu verstehen,warum er für Originale einen höherenPreis zahlen muss.
Was empfehlen Sie den Unternehmendarüber hinaus?Wichtig ist auch der Erfahrungsaus-tausch. Diesen Aspekt versuchen wirauch von Seiten des Aktionskreisesgegen Produkt- und Markenpiraterie zufördern. Die Firmen können voneinanderlernen, wie sie mit der Fälschungs-problematik umgehen. Nicht in jedemFall muss das Rad neu erfunden wer-den. Ich bin optimistisch, dass wir mitHilfe einer größeren Offenheit die illega-len Praktiken noch besser in den Griffbekommen werden.
die auf einen Plagiatehersteller herein-gefallen sind, zur Wehr setzen. Auf einestrafrechtliche Anzeige sollte man nieverzichten, selbst dann nicht, wennscheinbar wenige Erfolgschancen damitverbunden sind. Aber eventuell hat diePolizei ja bereits mehrere Anzeigen zuein und demselben dubiosen Vertriebs-händler erhalten und kommt so dessendunklen Machenschaften auf die Spur.
Sollte parallel auch der Originalher-steller informiert werden?Dafür sind die Hersteller in aller Regelsehr dankbar. Sie können dann ver-suchen, den Weg des Plagiats nachzu-vollziehen und wichtige Erkenntnisseüber den Ursprung der Fälschung zuerlangen.
Wie kann sich der Markenartiklergegen die Nachahmung seinerProdukte schützen?Zunächst einmal muss er seine gesamteOrganisationsstruktur im Griff haben –von der Entwicklung, über die Produk-tion, das Marketing und den Vertrieb bishin zur Rechtsabteilung müssen alle aneinem Strang ziehen. So können interneLecks am ehesten ausgeschlossen wer-den. Außerdem sollten die Produkte sogestaltet sein, dass es für Fälscherschwierig wird, sie originalgetreu nach-zuempfinden. Schließlich sind auch dieFälscher „Kaufleute“: Wenn der Auf-wand einer Kopie zu groß und zu kost-
„Das Herstellen von Plagiatenund ihr Kauf ist weit mehr alsein Kavaliersdelikt.“Doris Möller, Leiterin des Referatsgewerblicher Rechtsschutz beim DIHK
Diese Bilder kennen vermutlich vieleZeitungsleser, Fernsehzuschauer undInternetnutzer: Turnschuhe rutschen vonLadeflächen, baumeln an Baggerschau-feln, türmen sich auf Förderbändern –und werden schließlich von Schredder-maschinen zerfetzt. Am Ende bleibenbloß Schuhschnipsel übrig, die eine bel-gische Firma später zu Gummimattenfür Sporthallen verarbeitet. Der Auslöserfür diese medienwirksame Aktion: DemZoll war es in Hamburg gelungen, die
Damit hält die Dependance des Zolls inHamburg bis heute den Rekord. Nachaußergewöhnlichen Zolleinsätzen be-fragt, nennt Klaus Hoffmeister als Erstesdiesen Fall. Dann aber räumt der Leiterder Zentralstelle Gewerblicher Rechts-schutz beim Zoll in München ein: „Diemeisten Einsätze verlaufen nicht sonder-lich spektakulär – es gibt keine Verfol-gungsjagden oder Pistolenschüsse, wieman sie aus Film und Fernsehen kennt.“Noch nicht einmal an internationalen
Turnschuhe rechtzeitig als Markenpla-giate zu enttarnen. Von Ende August bisMitte November 2006 beschlagnahmtendie Hamburger Zollbeamten insgesamt117 Container mit gefälschter Ware.Sie bargen mehr als eine Million Sport-schuhe, nämlich 945.384 Plagiate vonNike, 71.864 von Adidas und 33.036von Puma. Der Originalwert hätte über136 Millionen Euro betragen. Damalsvermeldete die OberfinanzdirektionHamburg den weltweit größten Fund.
Eben noch falscher Markenartikel, jetzt Gummischrott: Die im Hamburger Hafen entdeckten Turnschuhfälschungen kamen in die Schreddermaschine.
Echte KnochenarbeitDer Zoll arbeitet nicht immer spektakulär – dafür aber höchst effizient
Allein im vergangenen Jahr haben Zollfahnder Warenplagiate im Wert von 425 Millionen Euroentdeckt: Sie kennen die Tricks der Markenpiraten mittlerweile immer besser – und kommen ihnendaher auch immer häufiger auf die Spur.
müssen die Beamten vor Ort herausfin-den. Nur wenn sie diese Frage bejahenkönnen, dürfen die Männer und Frauenim Einsatz die Container und Kartonsöffnen. An dieser Stelle wird es letztlichdoch spannend – auch wenn Hoff-meister es herunterspielt. Nun gilt es,hinter einer Tarnladung aus drei ReihenBilligturnschuhen die Markenplagiateaufzustöbern. Oder zwischen den Mal-büchern die Zigarettenstangen zu fin-den. Stößt der Zollbeamte auf verdäch-tige Schachteln, braucht er Fingerspit-zengefühl. Sitzt die Plastikfolie nicht zufest? Bröselt der Tabak nicht zu grob?Ist die ganze Ladung nicht irgendwieunordentlich gepackt? So ist dasSchmuggelgut rasch als Plagiatwareeingestuft. Auch Verpackungsdesign,Firmenschriftzug und Unternehmens-farbe sind wichtige Kriterien.
Früher machten sich Zollbeamte oft mitder Unterstützung von Spürhunden aufdie Suche. Heute gibt es noch verlässli-chere Methoden. Am Hamburger Hafenzum Beispiel ist ein riesiger Röntgen-apparat im Einsatz. Seit mehr als zehnJahren durchleuchtet die rund 60 Meterlange Maschine in Verdachtsfällen Last-wagen und deren Container. Die Rönt-genstrahlen durchdringen selbst zenti-meterdicken Stahl – und legen so auchnoch so raffinierte Verstecke offen.
Solche technischen Möglichkeiten sind– genau wie die verstärkte Zusammen-arbeit von Herstellerfirmen und Zoll-beamten – für die eindrucksvolle Zahlgefundener Fälschungen mitverantwort-lich: „Das Niveau bleibt konstant hoch“,sagt Hoffmeister. Seit geraumer Zeit ver-zeichnet der Zoll stetig 7.000 bis 10.000Aufgriffe im Jahr. Die Zahl der Funderesultiert freilich nicht allein aus ver-besserter Technik und Kooperation.Hoffmeister dazu: „Wir haben ebenziemlich viele Einfallstore.“
Hamburg, Bremen, Frankfurt und zuneh-mend auch München sind die wichtigs-ten Drehscheiben in Deutschland – dortkommen Markenplagiate insbesondereaus dem asiatischen Raum an: Medika-mente, Zigaretten, Parfüm zum Beispiel.Was der Zoll findet, hängt allerdingshäufig von der aktuellen Mode ab. Läuftein neuer Kinofilm an oder gelangt einneues Videospiel auf den Markt, bekom-men das auch die Zollbeamten an denLandesgrenzen und in Freihäfen zuspüren. Dann sammeln sie aber nichtallein Raubkopien, sondern außerdemdie dazu passenden Werbeartikel. „Esgibt natürlich darüber hinaus Dauer-brenner, die wir Jahr für Jahr immerwieder finden“, sagt Klaus Hoffmeister.„T-Shirts, Kappen Uhren und Taschen derbegehrten Labels gehören zu den Klassi-kern.“ Genauso wie Turnschuhe.
Drehscheiben wie dem Frankfurter Flug-hafen spielen sich allzu oft Abenteuer-geschichten ab. „Das ändert nichts da-ran, dass es sich um echte Knochen-arbeit handelt.“ Auch sein persönlichesAufgabengebiet sieht anders aus, als vonKrimifans vielleicht vermutet: „In ersterLinie beraten und informieren wir. Bei-spielsweise zeigen wir Rechtsinhabern,wie sie ihre Erkennungshinweise verbes-sern können.“ Dabei müssen die Unter-nehmen angeben, was ihre Produktecharakterisiert und wie sie aussehen.
Erfahrung und Gespür gefragtDiese Information ist von wesentlicherBedeutung. Denn wenn die Firmenwollen, dass der Zoll eingreift, müssensie ihn im Grunde beauftragen. „In demAntrag legen die Rechtsinhaber die Erken-nungshinweise dar“, erläutert Hoffmeis-ter. „Wir müssen wissen: Was unterschei-det das Original von einer Fälschung?“Die Zentralstelle verteilt die Informatio-nen, leitet sie weiter an europäischeZollbeamte an Flug- und Seehäfen, anGrenz- und Binnenkontrollstellen. Dortkönnen die Beamten dann aufgrund desDokuments gezielte Kontrollen durch-führen, Risikoanalysen vornehmen undWaren aufhalten. Nun sind langjährigeErfahrung und etwas Gespür gefragt.Ob es sich, wie Hoffmeister sagt, umsensible Sendungen handeln könnte,
Zollfahndung | Blickpunkt 11Galleria 4.2008
Rauchen verboten: Auch gefälschte Zigarettenwerden vom Zoll beschlagnahmt.
Immer wieder gern gefälscht: Armbanduhren sind die Klassiker unter den Fälschungen.
„Irgendwie komisch“ habe sich das Teilangefühlt, sagt der Monteur. Ohne dasser den genauen Grund bestimmen konnte,erweckte das Ersatzteil, das er einbauensollte, sein Misstrauen. Deshalb fragteer beim Hersteller nach, und promptstellte sich heraus: Er hielt eine Fäl-schung in den Händen. Eine Fälschung,die so gut gemacht war, dass sie op-tisch kaum vom Original zu unterschei-den, technisch jedoch absolut minder-wertig war. Nur die Aufmerksamkeit undErfahrung des Monteurs konnte einengrößeren Schaden verhindern.
„Bei jedem Fälschungsfall, der bekanntwird, sind wir froh, wenn keine Men-schenleben in Gefahr waren“, sagtIngrid Bichelmeir-Böhn. Als Juristinkoordiniert sie weltweit die Bekämpfungder Produkt- und Markenpiraterie beider Schaeffler Gruppe, einem großendeutschen Maschinenbaukonzern undAutomobilzulieferer. Ihre Befürchtungensind durchaus berechtigt. Bremsklötzeaus Pressholz, geborstene Kupplungenaus minderwertigem Material – nur inwenigen anderen Branchen sind dieFälschungsbeispiele so abschreckendund die Risiken für Leib und Leben sooffensichtlich.
Angesichts der Gefahren für die Ver-braucher tritt der wirtschaftliche Scha-den fast in den Hintergrund, obwohlauch hier die Zahlen alarmierend sind.„Nach Schätzungen der EuropäischenUnion sorgen Fälschungen allein bei denHerstellern von Automobilersatzteilenfür einen Umsatzverlust von 5 bis 10Prozent“, sagt Bichelmeir-Böhn. DieDunkelziffer liegt völlig im Ungewissen,klar ist nur eines: Die Tendenz steigt.
Galleria 4.2008Blickpunkt | Sicherheitsrisiken12
Plagiate können weit mehr alsnur wirtschaftliche Schäden verursachen
Oft werden die Konsequenzenunterschätzt: In einigen Branchenkönnen Plagiate Menschenlebengefährden, zum Beispiel beiMedikamenten oder Autoteilen.Aufklärung der Käufer und Nutzerist dringender denn je geboten.
Unfallgefahr durch Fälschungen: Billige Ersatzteile bergen oft hohe Sicherheitsrisiken.
Auf Lebenund Tod
Sicherheitsrisiken | Blickpunkt 13Galleria 4.2008
Besonders schlimm betroffen sind nachAngaben der Weltgesundheitsorgani-sation WHO die Entwicklungsländer.Die bekannt gewordenen Fälle sinderschreckend: 2.500 Menschen starbenin Niger 1995 bei einer Meningitis-Epidemie. Ihnen war ein gefälschterImpfstoff verabreicht worden. In denspäten neunziger Jahren fielen in Indienund Haiti mehr als 100 Kinder einem mitFrostschutzmittel versetzten Hustensaftzum Opfer. In Argentinien kamen vorrund drei Jahren gefälschte Eisenpräpa-rate in den Handel. Zwei junge Frauenstarben, eine Schwangere erlitt eineFrühgeburt in der 26. Schwangerschafts-woche.
Wachsendes ProblemDoch auch hierzulande sind Fälschun-gen von Medikamenten ein wachsendesProblem. Martin Fensch, Pressesprecherdes Pharmaherstellers Pfizer, beschreibt:„Während in den Entwicklungsländernvor allem lebensrettende Medikamentegegen Malaria, Tuberkulose und Aidsgefälscht werden, haben es Fälscher inden Industrienationen zum Beispiel aufMedikamente gegen Erektionsstörungen,Hormonpräparate, Steroide und Anti-histamine abgesehen.“ Gerade Potenz-mittelfälschungen sind bei Pfizer ein
„Als wir Ende der neunziger Jahre dieersten Fälschungsfälle bearbeitet haben,kamen sie nur sehr sporadisch vor“, sodie Schaeffler-Juristin. Zudem habe manFälschungen in dieser Anfangszeit meistohne Schwierigkeiten erkennen können:an der extrem schlechten Qualität undder mangelhaften Ausführung vonTeilen, Verpackungen und Kennzeich-nungen. „Das hat sich im Laufe dervergangenen Jahre drastisch geändert,heute legen die Fälscher großen Wertauf Äußerlichkeiten. Viele Fälschungensind dem Aussehen nach perfekt, aufHochglanz poliert und verdecken sominderwertiges Material und mangel-hafte Technik“, sagt Bichelmeir-Böhn.Umso schlimmer, da der Kunde denUnterschied erst dann bemerkt, wenndas Produkt im Ernstfall versagt. Oft istes dann schon zu spät.
Zudem gibt es bei falschen Autoteilenein besonderes Problem: Der Endver-braucher kann sich selbst nur schwerschützen, da er keinen Einblick hat,welche Produkte die Autowerkstatt inseinen Wagen einbaut. „Daher versu-chen wir, mit unserer Aufklärungsarbeitvor allem die Werkstätten, Händler undGroßhändler zu erreichen“, so Bichel-meir-Böhn. „Wir weisen alle potentiellenAbnehmer auf die Gefahren hin, diemit Fälschungen verbunden sind, undstellen Werkzeuge zur Verfügung, mitdenen die Teile auf ihre Echtheit über-prüft werden können.“ Nicht selten lässtsich auf diese Weise Schaden vom Ver-braucher abwenden.
Mit schwerwiegenden Folgenmuss man auch beigefälschten Medika-menten rechnen.Denn es ist durchausmöglich, dass solchePräparate entweder überhaupt keinenWirkstoff enthalten oder zumindestnicht den, der auf der Verpackung ange-geben ist. In anderen Fällen wird zwarder richtige Wirkstoff verwendet, jedochin einer viel zu hohen oder zu niedrigenDosierung.
wichtiges Thema, denn das hauseigenePräparat Viagra ist der unangefochteneSpitzenreiter bei den gefälschten Medi-kamenten. „Nach unseren Informationenwurden im Jahr 2006 in Europa siebenMillionen nachgemachter Viagra-Tablet-ten sichergestellt“, so Fensch.
Im Kampf gegen die Plagiatoren istPfizer auf breiter Front aktiv. Neben derengen Zusammenarbeit mit der WHO,dem Zoll und anderen Ermittlungsbe-hörden sei es vor allem wichtig, dieVertriebswege abzusichern sowie un-trügliche Sicherheitsmerkmale für dieVerpackung zu entwickeln, so Fensch.„Apotheker und Patient sollen auf An-hieb erkennen können, ob sie einOriginalpräparat in Händen halten.“
Sich selbst schützen können Patientenam besten, indem sie dem jeweiligen An-bieter kein falsches Vertrauen entgegen-bringen. Das gilt für vermeintlich günstigeAngebote auf Auslandsreisen ebenso wieim Internet. Für den Onlinekauf empfiehltFensch: „Achten Sie darauf, nur bei zuge-lassenen Internetapotheke zu bestellen.“Zudem sei ein wichtiger Indikator, obein Rezept vorgelegt werden müsse odernicht. „Alle unsere Medikamente sindverschreibungspflichtig“, so Fensch.„Wenn bei einem rezeptpflichtigen Arznei-mittel kein Rezept verlangt wird, raten wirdringend vom Kauf ab.“
Viagra oder nicht? Bei gefälschten Medika-menten sind die Inhaltsstoffe oft schädlich.
Blickpunkt | Gastbeitrag Brigitte Zypries14 Galleria 4.2008
Für Deutschland und seine Wirtschaftist der Kampf gegen den Ideenklaubesonders wichtig, schließlich ist esdas Land mit den meisten Erfindungenin Europa. Zunächst sind die Unter-nehmen aufgerufen, von bestehendenSchutzrechten und -möglichkeitenGebrauch zu machen. Nach jüngstenUntersuchungen haben sich 48 Prozentder Unternehmen, die in China Opfervon Produktpiraterie geworden sind,dort keine Schutzrechte eintragenlassen. Die Waren sollten auch durchtechnische Schutzstrategien wie zumBeispiel Hologramme fälschungssichergestaltet werden. Klar ist jedoch auch,dass Unternehmen nicht alles alleinleisten können. Die Politik muss güns-tige Rahmenbedingungen schaffen –sowohl für den Schutz von Rechten desgeistigen Eigentums als auch für derenDurchsetzung.
Effizientes SystemAuf nationaler Ebene existiert bereits eineffizientes System: Bei Fällen von Pro-dukt- und Markenpiraterie ermöglichtinsbesondere der zivilrechtliche einst-weilige Rechtsschutz eine Reaktionbinnen Stunden. Auch die Kontrollenbei der Messe Frankfurt zeigen, dasskriminelle Machenschaften erfolgreichbekämpft werden können – wenn allean einem Strang ziehen. Das sogenannteDurchsetzungsgesetz, das Anfang Sep-tember dieses Jahres in Kraft getretenist, verbessert diesen Schutz noch wei-ter: Jetzt können Inhaber von Rechten
des geistigen Eigentums unter bestimm-ten Voraussetzungen auch von DrittenAuskünfte verlangen, um an die Draht-zieher im Hintergrund heranzukommen.
Aber auch internationale Schutzstra-tegien müssen darauf zielen, weltweitein zufriedenstellendes Niveau für ge-werbliche Schutzrechte und derenDurchsetzung zu schaffen. Der Schutzgeistigen Eigentums war daher aucheines der Hauptthemen der deutschenG8-Präsidentschaft im Jahr 2007. Japan
Von Brigitte Zypries
Produkt- und Markenpiraterie stellt eineGefahr für den Standort Deutschland undeine Bedrohung der globalen Ökonomiedar. Sie gefährdet die Innovationskraftder Wirtschaft und vernichtet Arbeits-plätze. Verbraucher werden durchgefälschte Produkte vielfach betrogen.
Die Zahl der gefälschten Produkte, diean den Außengrenzen der EuropäischenUnion abgefangen wurden, hat sichzwischen 1998 und 2005 verzehnfacht.Nach einer Schätzung der EuropäischenKommission beläuft sich allein inDeutschland der wirtschaftliche Scha-den durch Produktpiraterie und Marken-fälschungen auf circa 30 Milliarden Europro Jahr. Ungefähr 70.000 inländischeArbeitsplätze gehen dadurch jährlichverloren.
Die Initiativen gegen Fälschungen benötigen eine internationale Basis
Herausforderung fürPolitik und WirtschaftDer Schutz des geistigen Eigentums ist eine globale Aufgabe. Um ein effizientes Vorgehenzu ermöglichen, müssen die Aktionen harmonisiert werden. Die Bemühungen hierzu nehmen zu.
Brigitte Zypries
Die Autorin ist seit
Oktober 2002 Bundes-
ministerin der Justiz.
Zuvor war sie unter
anderem Staatssekre-
tärin im Niedersächsi-
schen Ministerium für Frauen, Arbeit
und Soziales und später im Bundes-
ministerium des Innern. Als Schirmherrin
engagiert sie sich für zwei Wettbewerbe,
die dem Schutz des geistigen Eigentums
dienen.
Gastbeitrag Brigitte Zypries | Blickpunkt 15Galleria 4.2008
kommen zur Bekämpfung der Produkt-piraterie (Anti-Counterfeiting TradeAgreement, ACTA). Deutschland be-grüßt diese Verhandlungen, um einensicheren und effizienten rechtlichenRahmen für die internationale Bekämp-fung der Produkt- und Markenpirateriezu schaffen. Darüber hinaus führt dasBundesministerium der Justiz seit Jah-ren einen Rechtsstaatsdialog mit China,um beim Aufbau rechtsstaatlicherStrukturen behilflich zu sein. In diesemDialog spielt der Schutz des geistigenEigentums eine zentrale Rolle.
Ein weiteres wesentliches Element zurVerbesserung der praktischen Durch-setzung gewerblicher Schutzrechte istschließlich die umfassende Informationaller Beteiligten über die bestehendenRechte und ihre Durchsetzung. Dabeimuss auch das Bewusstsein der Öffent-lichkeit für die Gefahren der Marken-und Produktpiraterie geschärft werden.Dieses Ziel verfolgen zum Beispiel dieInformationsangebote des Bundesjustiz-ministeriums mit der Kampagne „Kopienbrauchen Originale“ und die Initiative
hat diese Arbeiten in diesem Jahr fort-geführt. Die G8-Staaten als Industrie-staaten haben eine verbesserte Zusam-menarbeit – insbesondere der Zoll- undStrafverfolgungsbehörden – zur Abwehrvon Produkt- und Markenpiraterie ver-einbart. Zudem wollen sie konkreteHilfspläne für Schwellen- und Entwick-lungsländer erarbeiten, um diese in dieLage zu versetzen, Produkt- und Marken-piraterie wirksamer zu bekämpfen.
Mit den G5-Staaten China, Indien, Brasi-lien, Mexiko und Südafrika hat die deut-sche G8-Präsidentschaft einen Dialoginitiiert: den sogenannten Heiligen-damm-Prozess. Ein Thema dabei ist derSchutz des geistigen Eigentums, um dasBewusstsein in den jeweiligen Länderndafür zu stärken, dass die von ihnenangestrebte Förderung von Innovationenauch den Schutz des geistigen Eigen-tums voraussetzt.
Multilaterale AbkommenDie Europäische Kommission verhan-delt derzeit mit Japan, den USA sowieweiteren Staaten ein multilaterales Ab-
BASCAP (Business Action to StopCounterfeiting and Piracy) der Interna-tionalen Handelskammer.
In diesem Zusammenhang stehen auchzwei Wettbewerbe, deren Schirmherr-schaft ich übernommen habe. Es handeltsich zum einen um den BDI-Schülerwett-bewerb „Ideenliebe“ (www.ideenliebe.de),bei dem Schüler der 8. bis 10. Klasseneingeladen sind, sich kreativ mit demThema geistiges Eigentum zu beschäfti-gen. Daneben suchen Microsoft und dieMesse Frankfurt bei ihrem Wettbewerb„Die Idee“ (siehe Infokasten) bereits zumzweiten Mal Vereinigungen, Institutio-nen, Unternehmen und Einzelpersonen,die sich in besonderer Weise für denSchutz des geistigen Eigentums starkmachen. Ich wünsche mir für beideAktionen große Aufmerksamkeit undviele Teilnehmer. Und natürlich: vielegute Ideen!
Falsche „Silberlinge“: Auch in der Musikbranchesind Raubkopien ein gewaltiges Problem.
Wettbewerb „Die Idee“
Mit dem Wettbewerb „Die Idee“ wollen
die Organisatoren Microsoft Deutschland
und die Messe Frankfurt die gesell-
schaftliche Anerkennung für geistiges
Eigentum in der heutigen Wissens-
gesellschaft fördern. Teilnehmen können
alle, die in ihrem beruflichen Umfeld
herausragende Beiträge zum Schutz des
geistigen Eigentums geleistet haben.
Die Bewerbungsfrist läuft noch bis
zum Frühjahr 2009. Anmeldungen sind
per E-Mail unter den Adressen
und [email protected] möglich.
Dort gibt es auch jeweils weiterführende
Informationen. Die Gewinner werden
am Tag des geistigen Eigentums am
26. April 2009 gekürt. Der Sieger erhält
die Wandertrophäe „Die Idee“, eine
Bronzeskulptur des Künstlers Bertrand
Freiesleben.
Auf den ersten Blick ist kaum ein Unter-schied auszumachen. Wie Zwillingestehen die beiden Sets mit Salz- undPfefferstreuern nebeneinander in derVitrine. Beide scheinen dieselbe elegantgerundete Form zu haben, dieselbe matteMetalloberfläche mit schwarzem Kunst-stofffuß, sogar die Anzahl der Streulöcherist gleich. Und doch: Wer sie genauerbetrachtet, bemerkt kleine Unterschiede.Beschaffenheit und Farbe der Oberflächezum Beispiel sind nicht exakt identisch,und auch die Größe variiert leicht. Zudemweist das eine Stück dort, wo unten derKunststoffring ansetzt, kleine unschöneVerarbeitungsfehler auf. Und während dasunversehrte Exemplar mit der Qualitäts-marke WMF gekennzeichnet ist, trägt dasleicht angeschlagene Set lediglich einenAufdruck chinesischer Schriftzeichen, ver-sehen mit den englischen Zusätzen „Salt“und „Pepper“.
Spätestens beim fehlenden Firmenlogowird klar: Es sind Original und Plagiat,
die da nebeneinander stehen. Und siesind nicht allein. In jeder der Vitrinendes „Museum Plagiarius“ im bergischenSolingen findet sich solch ein falschesZwillingspärchen. Produkte aller Art sinddarunter: Gießkannen und Umhänge-taschen, Handfeger und Thermos-kannen, Duschköpfe und Stehlampen,Stühle und Waschbeckenarmaturen.„Ideen werden in allen Branchen ge-klaut“, erklärt Christine Lacroix. „Ent-sprechend groß ist die Bandbreite derbetroffenen Produkte. Wir haben auchzwei Kettensägen in der Ausstellungund sogar ein ganzes Motorrad samtPlagiat.“
Lacroix ist die Geschäftsführerin desAktion Plagiarius e.V. Seit 1977 verleihtdie Aktion jedes Jahr einen Preis,genauer gesagt einen Anti-Preis: Mitihm werden die dreistesten Plagiatorenausgezeichnet, denen man im Jahr zu-vor auf die Schliche kommen konnte.„In rund dreißig Jahren ist da einiges
zusammengekommen“, sagt die diplo-mierte Betriebswirtin. „Das Museumist für uns eine gute Möglichkeit, diePreisträger einer breiten Öffentlichkeitvorzuführen.“ Genau das ist auch dasoberste Ziel der Aktion: die Übeltäteröffentlich anzuprangern. Im Kampfgegen Plagiatoren, die auf Kosten derOriginalhersteller – und zuletzt auch derKunden – schnelles Geld machen wol-len, ist dies eine legitime und durchausbewährte Methode.
Mehr als 18.000 Gäste hat das Museumseit seiner Eröffnung im Frühjahr 2007
Der falsche ZwillingWerke von Produktpiraten werden der Öffentlichkeit präsentiert
Ein Salz- und Pfefferstreuerset bekam den Plagiarius 2008.
Eines der besten Mittel gegen Ideenklau ist, ihn öffentlichanzuprangern. Diesen Ansatz verfolgt „Aktion Plagiarius e.V.“Wichtigstes Ziel ist die Aufklärung der Verbraucher. Ein eigenesMuseum sorgt für zusätzliche Unterstützung.
Ob Kinderspielzeug, Motorrad oder Kettensäge: Plagiatoren haben unterschiedlichste Produkte im Visier.
Blickpunkt | Museum Plagiarius16 Galleria 4.2008
Museum Plagiarius | Blickpunkt 17
auf das Gelände des Südparks nahedem Solinger Bahnhof gelockt. Dabeisind die Besuchergruppen fast ebensovielfältig wie die ausgestellten Produkte:Verbände und Vereinigungen kommen
ebenso dorthin wie Studenten samtProfessor, Familien und Schulklassen.„Gerade Kinder und Jugendliche sindfür uns eine wichtige Zielgruppe“, be-tont Lacroix. „Viele junge Menschenhaben ein stark ausgeprägtes Marken-bewusstsein und interessieren sich fürdas Thema. Das ist für uns eine großeChance, frühzeitig Aufklärungsarbeit zuleisten.“
Doch Unwissenheit herrscht nicht nurbei den Jugendlichen. Auch Erwachsenemachen sich häufig nur wenig Gedan-ken über die negativen Auswirkungenvon Plagiaten, zum Beispiel darüber,
dass durch den wirtschaftlichen Scha-den in letzter Konsequenz auch der eige-ne Arbeitsplatz gefährdet sein könnte.„Das Gute an unserer Sammlung ist,dass bei uns jeder Produkte findet, dieer aus seinem direkten Umfeld kennt“,so Lacroix. Und das sind eben nichtdie teuren Luxusartikel, sondern Gegen-stände aus dem Alltag wie Küchenwaageund Wasserhahn. „Mit diesen Produktenidentifizieren sich die Menschen – unddamit steigt die Chance, sie für Produkt-piraterie zu sensibilisieren.“
Im Museum gibt es zudem eindrucksvolleBeispiele, die das zum Teil eklatanteSicherheitsrisiko von Plagiaten verge-genwärtigen. Wie eben das Motorrad,das zwar im Design dem Original sehrnahe kommt, in der technischen Um-setzung jedoch gravierende Mängelaufweist. „Das würde beim TÜV inDeutschland niemals zugelassen wer-den“, versichert Lacroix. Ein besondersdrastisches Beispiel ist auch die ausge-stellte Kettensäge des Qualitätsher-stellers Stihl. „Beim Plagiat war derHebel zum Auslösen der Kettenbremseschon in der Verpackung abgebrochen.“
Ein Qualitätsdefizit, das im Zweifelsfalllebensgefährliche Konsequenzen habenkann.
Zwar liegt das Herstellerland in derMehrzahl der Fälle im asiatischen Raum,doch Lacroix warnt nachdrücklich voreinseitigen Urteilen: „Wer die Schuldnur China in die Schuhe schieben will,macht es sich eindeutig zu einfach.“Nicht selten säßen die Auftraggeber inDeutschland, und auch die Mitverant-wortung des deutschen Handels dürfenicht verschwiegen werden. Neben demMuseum und der jährlichen Preisver-leihung ist der Plagiarius-Verein dasganze Jahr über aktiv, unter anderemmit Vorträgen und Wanderausstellun-gen. „Unser Tagesgeschäft ist die Erst-beratung von betroffenen Designern undFirmen“, sagt Christine Lacroix. Für dieSensibilisierung der Verbraucher jedochbleiben Wettbewerb und Museum dasHerzstück der Aktion. „Wir wünschenuns, dass die Besucher das Museummit einer anderen Einstellung verlassen.Dann haben wir einen wesentlichenBeitrag zur Aufklärung geleistet.“
Die goldene Nase, die er sich
auf Kosten anderer verdient,
ist dem schwarzen Zwerg ins
Gesicht geklebt: Als Sinnbild
des Ideenraubes wird der
Plagiarius jedes Jahr auf der
Frankfurter Messe Ambiente an
die dreistesten Plagiatoren
verliehen. Gewählt werden
die Preisträger von einer jährlich wech-
selnden Fachjury. Vater des Preises wie
auch der Aktion Plagiarius ist der deut-
sche Designer Rido Busse. 1977 hatte er
auf der Ambiente das Plagiat einer von
ihm gestalteten Briefwaage entdeckt.
Der betreffende Plagiator wurde zum
ersten Preisträger des Plagiarius, den
Busse dafür ins Leben rief.
Infos und Anmeldung zum Wettbewerb
unter www.plagiarius.com
Gezeigt wird es gemeinsam mit anderen Preisträgern im Museum Plagiarius Solingen.
Der Plagiarius„Ideen werden inallen Branchen geklaut.“Christine Lacroix,Geschäftsführerin Aktion Plagiarius e.V.
Galleria 4.2008
Das Fußballtrikot des Weltmeisters stehthoch im Kurs. In vielen Sportgeschäftenleuchtet den Kunden das Azzurri-Blauder Shirts entgegen, in denen die italie-
nische Nationalmannschaft 2006 inDeutschland die Fußballweltmeister-schaft gewonnen hat. Doch gerade zuderlei Großereignissen floriert nicht nurder Handel mit Originaltrikots der Sport-artikelhersteller wie etwa bei ItaliensAusrüster Puma. Es sind auch tausendevon Fälschungen im Umlauf und mitihnen zahlreiche Probleme: Denn erstenskosten Plagiate die Betriebe, die inForschung und Entwicklung investieren,bares Geld. Zweitens sorgt die im Ver-gleich zum Original meist deutlichschlechtere Qualität der Fälschungenfür beträchtliche Imageschäden. Und
drittens erhält der Kunde ein minder-wertiges Produkt.
Längst suchen Unternehmen aus allenBranchen nach Lösungen, um ihreProdukte präventiv vor Nachahmernzu schützen. Einer Studie des VerbandsDeutscher Maschinen- und Anlagenbau(VDMA) zufolge nutzen zwar 56 Prozentder deutschen Unternehmen bereitsdiverse technische Möglichkeiten,etwa eine Kennzeichnung der Produkte(33 Prozent) oder den Schutz durchSoftware (20 Prozent). Dennoch zeigtdie Studie auch: Viele Unternehmen
Produktpiraten lassen sich nicht nur mit juristischen Mitteln bekämpfen. Unternehmen könnenFälschern auch mit technischen Mitteln ein Schnippchen schlagen. Denn mittlerweile bietetder Markt zahlreiche Möglichkeiten, die eigenen Produkte gegen Plagiate zu schützen.
Weiterführende Informationen
Eine Produktdatenbank mit einer ausführ-
lichen Liste aktueller Anbieter finden Sie
unter www.produktpiraterie.org. Eine
vom Bundesbildungsministerium geförder-
te Plattform zu Innovationen gegen Pro-
duktfälschungen ist die Initiative ConImit
(Contra Imitationen): www.conimit.de.
Wie sich Unternehmen gegen Fälschungen schützen können
Spitzentechnikgegen Produktpiraterie
Schutz für Originale: ein fälschungssichererFunkchip auf Basis der RFID-Technologie.
Galleria 4.2008
befassen sich überhaupt nicht mit dieserThematik. „Ein großes, noch brachliegen-des Potenzial“, hat auch Peter Früauf,stellvertretender Geschäftsführer imFachverband Elektrische Automationim VDMA, ausgemacht – und meintdie 44 Prozent der Unternehmen, diedie Studie identifiziert hat. Viele dieserFirmen weisen dabei schlichtweg daraufhin, dass ihnen sinnvolle technischeMöglichkeiten nicht bekannt sind.
Dabei gibt es längst vielfältige Ange-bote, um Produkte vor Produktpiraten zusichern. Ein Beispiel ist der Secutag, mitdem auch Puma seine Artikel schützt.Das Produkt der 3S Simons SecuritySystems GmbH mit Sitz im nordrhein-westfälischen Nottuln arbeitet mitMikrofarbcodepartikeln. Mit einer Größezwischen 5 und 45 Mikrometern sindsie mit dem bloßen Auge zwar nicht zuerkennen – ein Mikrometer entsprichteinem Millimeter geteilt durch denFaktor 1.000. Aber schon ein einfachesStabmikroskop reicht aus, um schnellden Unterschied zwischen Original undFälschung zu offenbaren. „Zudem lohntes sich für Produktpiraten nicht, die ausunterschiedlichen Farbschichten beste-henden Partikel zu kopieren – das ist zuteuer“, sagt Angelina Rayak, Sales-managerin bei 3S. Seit 14 Jahren wirdder Secutag auf Etiketten zum Beispiel
von Puma-Produkten aufgebracht –„und wurde bislang nie kopiert“, soRayak. „Die Partikel sind sogar vorGericht als Beweismittel anerkannt“,lobt Thomas Ehmer, globaler Leiter fürgewerbliche Schutzrechte der Puma AG.Mittlerweile wird Secutag auch beiArzneimitteln eingesetzt, wo die Ge-fahren gefälschter Produkte für dieVerbraucher besonders hoch sind.
Chip als DatenspeicherWeitere Beispiele gibt es zuhauf:Siemens hat kürzlich einen fälschungs-sicheren Funkchip auf Basis der RadioFrequency Identification-Technologie(RFID) entwickelt, mit dem Waren allerArt auf ihre Echtheit hin überprüft wer-den können. „Der Vorteil von RFID ist,dass hier weitere Daten wie Herkunfts-ort oder Seriennummern gespeichertwerden können“, erklärt Früauf. DieChips seien aber noch recht teuer.
Ein anderes Beispiel sind sogenannteHologramme des Multitechnologie-konzerns 3M. Das 3M Confirm Labelzum Beispiel wirkt auf den ersten Blickwie ein gewöhnliches Etikett. Beleuchtetman es aber mit einem speziellen Gerät,wird eine verdeckte Grafik sichtbar undzeigt so die Echtheit des Produkts an.Eine ähnliche Wirkung hat der soge-nannte Holospot aus dem Hause tesa.
Auch Software wird häufig zum Pro-duktschutz eingesetzt, zum Beispielfür die Steuerung von Maschinen. DieKäufer der Geräte erhalten dann Pass-wörter, anhand derer sie diese Steue-rungen zunächst aktivieren müssen,bevor die Geräte einsatzfähig sind.
Die Produktpiraten haben längst erkannt,dass sie nicht nur die Waren selbst fäl-schen müssen, und arbeiten daran, auchdie Sicherheitssysteme nachzuahmen.Deshalb erwartet Früauf, dass sich inden kommenden Jahren zwischen denFälschern und den Entwicklern neuerSicherheitstechnologien ein Wettrennenentwickeln wird, „so wie zwischen Haseund Igel“. Bleibt zu hoffen, dass die Tech-nologieentwickler die Rolle des listigenIgels übernehmen.
LOPE-C als Weltpremiere
Chancen, neue Produkte und aktuelle
Entwicklungen in der organischen und
gedruckten Elektronik sind der Schwer-
punkt der ersten „LOPE-C“ (Large-area,
Organic & Printed Electronics Convention),
die vom 23. bis 25 Juni 2009 von der
Organic Electronics Association (OE-A) mit
namhaften Experten aus Wirtschaft und
Wissenschaft im Congress Center der
Messe Frankfurt veranstaltet wird. „Die
organische und gedruckte Elektronik wird
sich zu einer der wichtigsten Technologien
des nächsten Jahrzehnts entwickeln“, pro-
phezeit Wolfgang Mildner, Vorsitzender
der OE-A und Geschäftsführer des Unter-
nehmens PolyIC mit Sitz in Fürth. Organische
Elektronik kann zum Beispiel bei flexiblen
Solarzellen, als druckbare RFID-Etiketten,
für aufrollbare Displays oder als energieeffi-
ziente Beleuchtung zum Einsatz kommen.
Ein wichtiges Einsatzgebiet dieser Technik
ist auch der Bereich Produktschutz.
Zahlreiche Unternehmen werden auf der
LOPE-C ihre Entwicklungen in diesem
Bereich präsentieren. „Die LOPE-C wird in
Zukunft einmal pro Jahr stattfinden, um
den wachsenden Informationsbedarf bei
Anwendern, Produzenten und Entwicklern
zu decken“, so Barbara Kaelberer, Projekt-
leiterin der ausrichtenden Messe Frankfurt
Ausstellungen GmbH.
Besondere Etiketten schützen guten Wein.
Das Trikot des Weltmeisters – als Imitation.
Hightech gegen Plagiate | Blickpunkt 19
Schutz vor Produkt- undMarkenpiraterie
Produktnachahmung und -piraterie nehmen ständig zu und machenSchätzungen zufolge bereits 8% des Welthandels aus. Vor diesem Hinter-grund will die Initiative „Messe Frankfurt against Copying“ über effektiveSchutzmöglichkeiten von Marken, Mustern und Modellen informieren undauch die Durchsetzung des Schutzes z.B. über Grenzbeschlagnahmethematisieren. In Partnerschaft mit den nationalen und europäischenStellen für gewerblichen Rechtsschutz sowie den wichtigsten privatenNon-Profit-Initiativen auf diesem Gebiet bieten wir dazu auf der Messeeine prominente Informationsplattform.
Besuchen Sie unseren Informationsstand auf der Messe oderkontaktieren Sie uns unter [email protected] Telefon +49 69 75 75-12 73