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Med Klin Intensivmed Notfmed 2013 · 108:628–633 DOI 10.1007/s00063-013-0257-8 Eingegangen: 15. August 2013 Angenommen: 5. September 2013 Online publiziert: 24. Oktober 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 G. Braun · H. Messmann III. Medizinische Klinik, Klinikum Augsburg Gastrointestinale  Blutungen beim  kardiologischen Patienten Gastrointestinale Blutungen unter oralen Antikoagulanzien (OAK) und/ oder Thrombozytenaggregations- hemmern (TAH) nehmen in ihrer Häu- figkeit deutlich zu. In einer am Klini- kum Augsburg durchgeführten ret- rospektiven Analyse von 729 Patien- ten, die im Jahr 2010 mit einer gas- trointestinalen Blutung aufgenom- men wurden, war bei 51% die Einnah- me von OAK und/oder TAH ursächlich [1]. Seit der Einführung der neuen (N) OAK besteht eine Unsicherheit be- züglich der Vorgehensweise bei Blu- tungskomplikationen unter diesen neuen Substanzen. In dieser Über- sicht wird nun versucht, eine Heran- gehensweise bei schweren gastro- intestinalen Blutungen unter OAK und/oder TAH zu etablieren. Epidemiologie Schwere gastrointestinale Blutungen mit der Notwendigkeit einer Aufnahme auf eine internistische Intensivstation sind immer häufiger durch die Einnahme von OAK und/oder TAH getriggert. NOAK erhöhen im Vergleich zur Standardthera- pie dieses Blutungsrisiko. In einer aktuellen Metaanalyse von 43 randomisierten kontrollierten Stu- dien (151.578 Patienten) wurden Daten von 75.081 Patienten bezüglich des Auf- tretens gastrointestinaler Blutungen aus- gewertet. Bei 1101 mit NOAK behandelten Patienten (1,5%) traten gastrointestinale Blutungen auf, in 89% der Fälle handel- te es sich um Major-Blutungen mit einem Hämoglobin(Hb)-Abfall ≥2 g/dl inner- halb eines Tages, Bedarf von 2–3 oder mehr Erythrozytenkonzentraten, endo- skopischer Diagnose der Major-Blutung bzw. letaler Blutung. Das Blutungsrisiko war abhängig von der Indikation für die NOAK. So traten mehr Blutungen im Ver- gleich zur Standardtherapie bei Patienten mit venöser Thrombembolie und aku- tem Koronarsyndrom (ACS) auf: „num- ber needed to harm“ (NNH): 24, 95% CI: 17–42, bei ACS: NOAK plus TAH) Eben- falls bestand eine Abhängigkeit von der verwendeten Substanz: Dabigatran: Odds Ratio (OR): 1,58, 95% CI: 1,29–1,93, Riva- roxaban: OR: 1,48, 95% CI; 1,21–1,82, Api- xaban: OR: 1,23, 95% CI: 0,56–2,73. Bei der Indikation Vorhofflimmern bestand kein erhöhtes Blutungsrisiko unter Api- xaban [2]. Gemäß einer retrospektiven Betrach- tung von 614 Patienten, die in einem Zeit- raum zwischen den Jahren 1999 und 2010 auf die gastroenterologisch-internistische Intensivstation am Universitätsklinikum Aachen aufgenommen wurden, lag bei 35,7% aller Patienten die Einnahme von OAK und/oder TAH vor, interessanter- weise allerdings bei 51,7% der Patienten mit unterer gastrointestinaler Blutung (UGIB; [3]). Patienten, die unter OAK und/oder TAH eine Blutung entwickeln, sind häu- fig älter, haben mehr Begleiterkrankun- gen, bei Aufnahme einen signifikant ge- ringeren Hb-Wert und nehmen insgesamt deutlich mehr unterschiedliche Medika- mente ein [1]. Tab. 1 Übersicht über die Antikoagulanzien Substanzklasse Leitsubstanzen Unfraktioniertes Heparin (UFH) i.v. Indirekte Faktor-Xa-Inhibitoren Niedermolekulares Heparin (NMH) Enoxaparin s.c. Tinzaparin s.c. Pentasaccharide Fondaparinux s.c. Arixtra® s.c. Kumarinderivate Warfarin p.o. Phenprocoumon p.o. Direkte Thrombininhibitoren Lepirudin i.v. Bivalirudin i.v. Argatroban i.v. Dabigatran p.o. Pradaxa® Direkte Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban p.o. Xarelto® Apixaban p.o. Eliquis® i.v. intravenös, s.c. subkutan, p.o. per os. Redaktion H. Messmann, Augsburg C. Trautwein, Aachen 628 | Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 8 · 2013 Leitthema

Gastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten; Gastrointestinal bleeding in cardiological patients;

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Page 1: Gastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten; Gastrointestinal bleeding in cardiological patients;

Med Klin Intensivmed Notfmed 2013 · 108:628–633DOI 10.1007/s00063-013-0257-8Eingegangen: 15. August 2013Angenommen: 5. September 2013Online publiziert: 24. Oktober 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

G. Braun · H. MessmannIII. Medizinische Klinik, Klinikum Augsburg

Gastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten

Gastrointestinale Blutungen unter oralen Antikoagulanzien (OAK) und/oder Thrombozytenaggregations­hemmern (TAH) nehmen in ihrer Häu­figkeit deutlich zu. In einer am Klini­kum Augsburg durchgeführten ret­rospektiven Analyse von 729 Patien­ten, die im Jahr 2010 mit einer gas­trointestinalen Blutung aufgenom­men wurden, war bei 51% die Einnah­me von OAK und/oder TAH ursächlich [1]. Seit der Einführung der neuen (N)OAK besteht eine Unsicherheit be­züglich der Vorgehensweise bei Blu­tungskomplikationen unter diesen neuen Substanzen. In dieser Über­sicht wird nun versucht, eine Heran­gehensweise bei schweren gastro­intestinalen Blutungen unter OAK und/oder TAH zu etablieren.

Epidemiologie

Schwere gastrointestinale Blutungen mit der Notwendigkeit einer Aufnahme auf eine internistische Intensivstation sind immer häufiger durch die Einnahme von OAK und/oder TAH getriggert. NOAK erhöhen im Vergleich zur Standardthera-pie dieses Blutungsrisiko.

In einer aktuellen Metaanalyse von 43 randomisierten kontrollierten Stu-dien (151.578 Patienten) wurden Daten von 75.081 Patienten bezüglich des Auf-tretens gastrointestinaler Blutungen aus-gewertet. Bei 1101 mit NOAK behandelten Patienten (1,5%) traten gastrointestinale Blutungen auf, in 89% der Fälle handel-te es sich um Major-Blutungen mit einem Hämoglobin(Hb)-Abfall ≥2 g/dl inner-

halb eines Tages, Bedarf von 2–3 oder mehr Erythrozytenkonzentraten, endo-skopischer Diagnose der Major-Blutung bzw. letaler Blutung. Das Blutungsrisiko war abhängig von der Indikation für die NOAK. So traten mehr Blutungen im Ver-gleich zur Standardtherapie bei Patienten mit venöser Thrombembolie und aku-tem Koronarsyndrom (ACS) auf: „num-ber needed to harm“ (NNH): 24, 95% CI: 17–42, bei ACS: NOAK plus TAH) Eben-falls bestand eine Abhängigkeit von der verwendeten Substanz: Dabigatran: Odds Ratio (OR): 1,58, 95% CI: 1,29–1,93, Riva-roxaban: OR: 1,48, 95% CI; 1,21–1,82, Api-xaban: OR: 1,23, 95% CI: 0,56–2,73. Bei der Indikation Vorhofflimmern bestand kein erhöhtes Blutungsrisiko unter Api-xaban [2].

Gemäß einer retrospektiven Betrach-tung von 614 Patienten, die in einem Zeit-raum zwischen den Jahren 1999 und 2010 auf die gastroenterologisch-internistische Intensivstation am Universitätsklinikum Aachen aufgenommen wurden, lag bei 35,7% aller Patienten die Einnahme von OAK und/oder TAH vor, interessanter-weise allerdings bei 51,7% der Patienten mit unterer gastrointestinaler Blutung (UGIB; [3]).

Patienten, die unter OAK und/oder TAH eine Blutung entwickeln, sind häu-fig älter, haben mehr Begleiterkrankun-gen, bei Aufnahme einen signifikant ge-ringeren Hb-Wert und nehmen insgesamt deutlich mehr unterschiedliche Medika-mente ein [1].

Tab. 1 Übersicht über die Antikoagulanzien

Substanzklasse Leitsubstanzen

Unfraktioniertes Heparin (UFH) i.v.

Indirekte Faktor-Xa-Inhibitoren

Niedermolekulares Heparin (NMH) Enoxaparin s.c.

Tinzaparin s.c.

Pentasaccharide Fondaparinux s.c.

Arixtra® s.c.

Kumarinderivate Warfarin p.o.

Phenprocoumon p.o.

Direkte Thrombininhibitoren Lepirudin i.v.

Bivalirudin i.v.

Argatroban i.v.

Dabigatran p.o.Pradaxa®

Direkte Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban p.o.Xarelto®

Apixaban p.o.Eliquis®

i.v. intravenös, s.c. subkutan, p.o. per os.

RedaktionH. Messmann, AugsburgC. Trautwein, Aachen

628 |  Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 8 · 2013

Leitthema

Page 2: Gastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten; Gastrointestinal bleeding in cardiological patients;

Es bestehen Hinweise, dass insbe-sondere die UGIB unter OAK und/oder TAH schwerer verlaufen als UGIB ohne bestehende Antikoagulation bzw. Throm-bozytenaggregationshemmung. Die Not-wendigkeit der Aufnahme auf eine Inten-sivstation besteht signifikant häufiger, die mittlere Verweildauer ist signifikant län-ger und das Mortalität signifikant höher: 10,5% vs. 1,4% [1].

Blutungen unter Antikoagulation

Eine Übersicht über die Antikoagulanzien gibt . Tab. 1.

Auf Blutungen unter intravenöser Gabe von unfraktioniertem Heparin oder subkutaner Gabe von niedermolekula-rem Heparin soll hier nicht eingegangen werden. Es wird aber darauf hingewiesen, dass mit Protamin ein spezifisches Anti-dot existiert.

Phenprocoumon

Phenprocoumon bewirkt eine kompetitive Hemmung der Vitamin-K-Epoxid- Reduktase und hemmt damit die Karb-oxylierung von Vitamin-K-Epoxid zu aktivem Vitamin K. Es kommt zu einer

verminderten Bildung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X.

Zu beachten ist, dass Phenprocoumon eine Halbwertszeit von 90 bis zu 150 h hat. Eine Phenprocoumontherapie kann mittels Bestimmungen der „international normalized ratio“ (INR) überwacht wer-den.

Ein Vorschlag zur Vorgehensweise bei schweren gastrointestinalen Blutun-gen unter Phenprocoumontherapie ist in . Abb. 1 dargestellt.

Mit Phytomenandion (Vitamin K1) steht bei Blutung ein spezifisches Antidot zur Verfügung. Nach oraler Gabe und bei normaler Leberfunktion ist ein Wirkein-tritt nach 24 h zu erwarten, nach intrave-nöser Gabe immerhin nach 90–180 min Bei zu rascher intravenöser Applikation sind anaphylaktische Reaktionen be-schrieben. Die Halbwertszeit von Phyto-menandion ist deutlich kürzer als die von Phenprocoumon (90–180 min), sodass die Gefahr einer Rebound-Koagulopa-thie im Verlauf besteht.

Bei gastrointestinalen Blutungen mit der Notwendigkeit der Aufnahme auf eine Intensivstation wird die intravenöse Gabe von (20–)40 I.E. Prothrombinkonzentrat (PPSB) pro kgKG empfohlen.

In einer retrospektiven Analyse von 723 Patienten, die unter Phenprocou-montherapie eine Blutungskomplika-tion entwickelten, war auffällig, dass bei 239 Patienten (33,1%) eine klinisch rele-vante Arzneimittelinteraktion vorlag. In erster Linie war hier die gleichzeitige Ein-nahme von TAH zu nennen, in zweiter Linie von nichtsteroidalen Antirheuma-tika (NSAR). In 62,8% der Fälle war die INR bei Aufnahme >3,0 [4].

Neue orale Antikoagulanzien

Prinzipiell muss zunächst zwischen den direkten selektiven Thrombininhibi-toren mit der Leitsubstanz Dabigatran ( Pradaxa®) und den direkten selektiven Faktor-Xa(FXa)-Hemmern mit den Leit-substanzen Rivaroxaban (Xarelto®) und Apixaban (Eliquis®) unterschieden wer-den.

DabigatranDer direkte selektive Thrombinhem-mer Dabigatran wird hauptsächlich re-nal eliminiert, sodass die Halbwertszeit stark von der Kreatininclearance abhän-gig ist. Bei einer Clearance von >80 ml/min beträgt sie 13 h, bei einer Kreati-ninclearance <30 ml/min bis zu 27 h. Die Gabe von Dabigatran ist bei einer Kreatininclearance <30 ml/min kontra-indiziert. Dabigatran ist dialysierbar [5].

Ausgeprägte additive Effekte werden bei gleichzeitiger Einnahme von TAH und NSAR beobachtet. P-Glykoprote-in-Inhibitoren (beispielsweise Amioda-ron, Makrolide, Spironolacton) führen zu einer Wirkverstärkung. Interaktionen mit Cytochrom-P-450-Enzymen scheinen nicht vorzuliegen [5].

Ein Vorschlag zur Vorgehensweise bei schweren gastrointestinalen Blutungen unter Dabigatrantherapie ist in . Abb. 2 dargestellt.

Laborchemisch erscheint, aus Sicht der Autoren und falls vorhanden, eine Dabigatranspiegelbestimmung und eine Thrombelastometrie (ROTEM®) insbe-sondere bei Patienten mit unklarer Anam-nese sinnvoll. Talspiegel >200 ng/ml (10–16 h nach Einnahme) gehen ebenso wie eine aktivierte partielle Thromboplastin-zeit (aPTT) >80 s mit einem erhöhten Blutungsrisiko einher [10]. Der Einnah-

Aufnahme auf die Intensivstation

Durchführung kreislaufstabilisierender Maßnahmen

Protonenpumpeninhibitor (PPI) i.v.

Notfalllabor inklusive Blutbild, Quick-Wert,

"international normalized ratio" (INR),

partielle Thromboplastinzeit (PTT)

Blutgasanalyse inklusive Laktat

Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten

Phytomenandion als spezi�sches Antidot i.v.

Dosierung: 10 – 20 mg über 20 – 30 min

(Risiko anaphylaktischer Reaktionen)

Prothrombinkonzentrat (PPSB) i.v.

Dosierung: (20–)40 I.E./kgKG langsam i.v.

Endoskopie

Erneute Kontrolle von Quick-Wert, INR und PTT eine Stunde

nach PPSB-Gabe

cave: Rebound-Koagulopathie im Verlauf

Abb. 1 9 Schwere gastrointestinale Blutungen unter oraler Phenprocoumon-therapie

629Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 8 · 2013  | 

Page 3: Gastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten; Gastrointestinal bleeding in cardiological patients;

mezeitpunkt sollte auf der Anforderung vermerkt sein. Eine Thrombelastometrie kann eine gleichzeitig bestehende Hyper-fibrinolyse oder einen Fibrinogenmangel detektieren, auch wenn die Anwesenheit und Wirkung von Dabigatran wohl mit-tels Thrombelastometrie nicht diagnos-tiziert werden können. Alle Maßnahmen zur Kreislaufstabilisierung und Behand-lung der Gerinnungsstörung sollten eine Endoskopie nicht wesentlich verzögern.

Bei schweren gastrointestinaler Blu-tung unter Dabigatran mit der Notwen-digkeit der Aufnahme auf eine Intensiv-station wird aktuell noch die hochdosierte PPSB-Gabe (30–50 I.E./kg KG) empfoh-len. Dies ist zumindest kritisch zu hin-terfragen. In einer Studie an 12 gesunden männlichen Patienten konnte der Dabi-gatraneffekt durch PPSB-Gabe nicht an-tagonisiert werden [6]. Vorteile der PPSB- Gabe sind die ubiquitäre Verfügbarkeit und die Erfahrung im Umgang mit PPSB.

Gelegentlich wird die Gabe von rekombinantem FVIIa (NovoSeven®) oder „factor VIII inhibitor bypassing ac-tivity“ (FEIBA®) als aktiviertes Prothrom-binkomplexpräparat, beide angewendet in der Therapie der Hämophilie, empfoh-len. Das nicht unerhebliche thrombogene Potenzial dieser Präparate ist aber zu be-achten. Auch hier liegen nur beschränkte klinische Daten vor. Es gibt aber deutliche Hinweise, dass zumindest FVIIa bei Blu-tungen unter Dabigatran wirkungslos ist. Die NovoSeven®-Gabe kann nicht mehr empfohlen werden.

Weiterhin kann eine Nierenersatzthe-rapie, entweder konventionell und oh-ne Heparin oder alternativ mit Citrat, er-folgen [7]. Prinzipiell muss darauf hin-gewiesen werden, dass bei guter Nieren-funktion und endoskopisch beherrschba-rer Blutung auch auf eine PPSB-Gabe ver-zichtet werden kann.

Ein spezifisches Antidot (Antikörper-fragment) befindet sich derzeit in Ent-wicklung [8].

RivaroxabanDer direkte selektive Faktor-Xa-Hem-mer wird nur zu einem Drittel renal eli-miniert. Die Halbwertszeit ist damit na-hezu unabhängig von der Kreatininclea-rance und beträgt im Mittel 10 h. Rivaro-

xaban ist nicht dialysierbar und bei einer Clearance <15 ml/min kontraindiziert [5].

Die gleichzeitige Einnahme von CYP3A4-Inhibitoren und P-Glykoprote-in-Inhibitoren (Amiodaron, Makrolide, Grapefruit, Voriconazol) kann zu einer deutlichen Wirkverstärkung führen.

Ein Vorschlag zur Vorgehensweise bei schweren gastrointestinalen Blutungen unter Rivaroxabantherapie (exemplarisch für Faktor-Xa-Hemmer) ist in . Abb. 3 dargestellt.

Talspiegel >150 ng/ml (gemessen 16–24 h nach Einnahme) weisen auf ein

erhöhtes Blutungsrisiko hin (Anmerkung: Apixabantalspiegel >100 ng/ml weisen auf ein erhöhtes Blutungsrisiko hin). Mittels Thrombelastometrie kann eine signifi-kante Rivaroxaban-Wirkung nicht ausge-schlossen werden [17].

Bei schwerer gastrointestinaler Blu-tung unter Rivaroxaban mit der Notwen-digkeit der Aufnahme auf eine Intensiv-station wird ebenfalls die hochdosierte PPSB-Gabe (30–50 I.E./kgKG) empfoh-len. In der genannten Studie an den 12 ge-sunden männlichen Patienten konnte der Rivaroxabaneffekt durch PPSB-Gabe an-

Zusammenfassung · Abstract

Med Klin Intensivmed Notfmed 2013 · 108:628–633 DOI 10.1007/s00063-013-0257-8© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

G. Braun · H. MessmannGastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten

ZusammenfassungGastrointestinale Blutungen unter neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) und/oder Thrombozytenaggregationshemmern (TAH) nehmen in ihrer Häufigkeit zu. Gastroin-testinale Blutungen verlaufen unter dieser Medikation schwerer als ohne, wobei dies insbesondere bei der unteren gastrointes-tinalen Blutung der Fall zu sein scheint. Mit Einführung der NOAK entstand eine Unsi-cherheit im Umgang mit Blutungskomplika-tionen. Der Beitrag soll helfen, einen Algo-rithmus für den Umgang mit schweren gas-trointestinalen Blutungen unter Dabigatran, Rivaroxaban und TAH zu etablieren. Für Blu-tungen unter Phenprocoumon per os stehen mit Phytomenandion und Prothrombinkon-zentrat (PPSB) etablierte Therapieansätze zur Verfügung. Betont werden soll die Abhängig-keit der Halbwertszeit von Dabigatran von

der Nierenfunktion. Bei der Festlegung der weiteren Vorgehensweise erscheinen Spie-gelbestimmungen von Dabigatran und Riva-roxaban sinnvoll. Eine Messung der Thrombo-zytenfunktion sollte bei Blutungen unter TAH durchgeführt werden. Trotz geringer Evidenz wird aktuell bei Blutungen unter Dabigatran und Rivaroxaban eine hochdosierte PPSB- Gabe empfohlen. Bei schweren Blutungen unter TAH kann trotz normaler Thrombozy-tenzahl die Gabe von Thrombozytenkonzen-traten erforderlich sein. Bei Blutungen unter Azetylsalizylsäure (ASS) soll die ASS- Gabe rasch fortgesetzt werden.

SchlüsselwörterAntikoagulans · Phenprocoumon · Rivaroxaban · Dabigatran · Thrombozytenaggreagtionshemmer

Gastrointestinal bleeding in cardiological patients

AbstractOral anticoagulation and antiplatelet therapy are risk factors for gastrointestinal (GI) bleed-ing. GI bleeding—especially lower GI bleed-ing—seems to be associated with a poor-er outcome. With the introduction of dabiga-trane and rivaroxaban, difficulties in the ma-nagement of bleeding complications arose. Thus, the goal of the authors was to establish a standard operating procedure (SOP) for the treatment of severe GI bleeding associated with rivaroxaban, dabigatrane, and antiplate-let therapy. Bleeding complications during phenprocoumon treatment should be treat-ed with prothrombin complex concentrates and vitamin K1. Dabigatrane elimination is highly dependent to the renal function. The

measurement of drug concentrations of dabi-gatrane and rivaroxaban is useful to indicate an increased risk of bleeding complications. Severe bleeding associated with dabigatrane or rivaroxaban therapy should trigger pro-thrombin complex therapy, whereby in cases with severe bleeding associated with anti-platelet therapy platelet transfusion should be initiated. Low-dose aspirin should be con-tinued after 24 h.

KeywordsAnticoagulants · Phenprocoumon · Rivaroxaban · Dabigatran · Platelet aggregation Inhibitor

630 |  Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 8 · 2013

Leitthema

Page 4: Gastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten; Gastrointestinal bleeding in cardiological patients;

tagonisiert werden [6]. Auch hier gilt, dass gerade bei guter Nierenfunktion und en-doskopisch beherrschbarer Blutung ggf. auch abgewartet werden kann.

Ein spezifisches Antidot befindet sich mit PRT064445 als modifizierter Fak-tor Xa in Entwicklung [9].

Thrombozytenaggre-gationshemmung

Es muss zwischen dem Cyclooxygenase-hemmer ASS und den ADP-Rezeptor- Antagonisten unterschieden werden. Bei den ADP-Rezeptor-Antagonisten unter-scheidet man die Thienopyridinderivate Ticlopidin (1. Generation), Clopidogrel (2. Generation) und Prasugrel (3. Gene-ration) von dem Cyclopentyltriazolopyri-midin Ticagrelor.

ASS, Clopidogrel und Prasugrel bewir-ken eine irreversible Hemmung, Ticagre-lor eine reversible Hemmung der Throm-bozytenaggregation. Clopidogrel und Pra-sugrel sind Pro-Drugs. Ticagrelor ist ein oral applizierter aktiver Metabolit. Die Bioaktivierung von Clopidogrel ist u. a. vom Isoenzym CYP2C19 abhängig, was eine mögliche Erklärung für die ausge-prägten interindividuellen Schwankun-gen im Ansprechen sein kann [13].

Ein Vorschlag zur Vorgehensweise bei schweren gastrointestinalen Blutungen unter TAH ist in . Abb. 4 dargestellt.

Unabhängig von der Thrombozyten-zahl empfehlen die Autoren die Bereit-stellung von Thrombozytenkonzentra-ten und ihre Gabe bei gastrointestinalen Blutungen, die eine intensivmedizinische Behandlung erfordern.

Eine Messung der Thrombozyten-aggregation (z. B. mittels Multiplate®) gibt rasch Auskunft über das Ausmaß der Hemmung der Thrombozytenfunk-tion und kann die Gabe von Thrombo-zytenkonzentraten triggern. Zwischen-zeitlich wurde die Existenz eines optima-len Levels der Plättchenhemmung disku-tiert. Man spricht vom „enhanced respon-der“ mit einem erhöhten Risiko für Ma-jor-Blutungen und vom „low responder“ mit dem Risiko für Stentthrombosen [14].

Die orale Gabe von ASS sollte nach Beherrschung der Blutungsepisode zügig fortgesetzt werden. In einer im Jahr 2010 erschienen Arbeit wurden 156 Patien-

Aufnahme auf die Intensivstation

Durchführung kreislaufstabilisierender

Maßnahmen

Protonenpumpeninhibitor (PPI) i.v.

Notfalllabor inklusive Blutbild, Quick-Wert,

"international normalized ratio" (INR),

partielle Thromboplastinzeit (PTT)

Blutgasanalyse inklusive Laktat

Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten

Dabigatran-Spiegel

Rotationsthrombelastometrie (ROTEM®)

Sicherstellung einer ausreichenden Diurese

Prothrombinkonzentrat (PPSB) i.v.

Dosierung: (30–)50 I.E./kgKG langsam i.v.

in Ausnahmefällen:

"factor eight inhibitory bypassing activity" (FEIBA) i.v.

(Dosierung: 50 I.E./kgKG langsam i.v.)

Endoskopie

Nierenersatztherapie

Abb. 2 9 Schwere gastrointestinale Blutungen unter ora-lem Dabigatran. (Adaptiert nach [11])

Aufnahme auf die Intensivstation

Durchführung kreislaufstabilisierender Maßnahmen

Protonenpumpeninhibitor (PPI) i.v.

Notfalllabor inklusive Blutbild, Quick-Wert,

"international normalized ratio" (INR),

partielle Thromboplastinzeit (PTT)

Blutgasanalyse inklusive Laktat

Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten

Rivaroxabanspiegel

Rotationsthrombelastometrie (ROTEM®)

Sicherstellung einer ausreichenden Diurese

Prothrombinkonzentrat (PPSB) i.v.

Dosierung: (30–)50 I.E./kgKG langsam i.v.

ggf. Tranexamsäure i.v.

in Ausnahmefällen:

"factor eight inhibitory bypassing activity" (FEIBA®) i.v.

(Dosierung: 50 I.E./kgKG langsam i.v.)

EndoskopieAbb. 3 9 Blutungen unter Rivaroxaban p.o. (Adaptiert nach [12])

631Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 8 · 2013  | 

Page 5: Gastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten; Gastrointestinal bleeding in cardiological patients;

ten mit Ulkusblutung unter ASS nach endoskopischer Intervention unter-sucht. Von ihnen erhielten 78 Patienten im Anschluss ASS und Pantoprazol, die anderen ASS und Placebo. In der ASS-Gruppe verstarb ein Patient, in der Place-bogruppe immerhin 10 Patienten. Ledig-lich die Reblutungsrate war in der ASS-Gruppe höher (8 Patienten vs. 4 Patien-ten, [15]). Dies wird in Kauf genommen.

Gerade unter dualer Thrombozyten-aggregationshemmung unmittelbar nach erfolgter Koronarintervention ist eine engmaschige Zusammenarbeit mit den Kollegen der Kardiologie erforderlich. Die Risiken für die Entstehung einer Stent-thrombose (z. B. erfolgte Hauptstamm- oder Mehrgefäßintervention, Stentthrom-bose in der Vorgeschichte) müssen in Relation zur Gefahr einer erneuten Blu-tung gesetzt werden.

» Das Stentthromboserisiko muss in Relation zur erneuten Blutungsgefahr gesetzt werden

Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit eines „bridging“ mit Tirofiban als GPI-IB/IIIA-Antagonist mit einer Halbwerts-

zeit von knapp 2 h. Es ist zu beachten, dass eine Tirofibanwirkung durch die Gabe von Thrombozytenkonzentraten nicht antagonisierbar ist.

Transfusionsregime

In einer kürzlich publizierte Arbeit wur-de ein restriktives Transfusionsregime (Transfusionstrigger: Hb <70 g/l, Post-transfusionsrange: 70–90 g/l, 444 aus-gewertete Patienten) bei oberer gastro-intestinaler Blutung (OGIB) mit einem „liberalerem“ Regime (Transfusionstrig-ger: Hb <90 g/l, Posttransfusionsrange: 90–110 g/l, 445 ausgewertete Patienten) verglichen. Ausgeschlossen waren Patien-ten mit akutem Koronarsyndrom, sym-ptomatischer peripherer arterieller Ver-schlusskrankheit oder Insult. Die Über-lebensrate nach 45 Tagen (als primärer Endpunkt) war signifikant höher in der Gruppe mit restriktivem Transfusionsre-gime [16], sodass bei schwerer OGIB ein Transfusionstrigger von <70 g/l sinnvoll erscheint. Eine Ausnahme sind Patienten im hämorrhagischen Schock.

Prognose

In der Aachener Studie war die Reblu-tungsrate unter OAK und/oder TAH nicht höher als ohne Medikation. Die Le-talität bei akuter gastrointestinaler Blu-tung mit vorhergehender TAH (gesamt) war signifikant niedriger (7,1% vs. 14,8%), die Letalität bei akuter gastrointestinaler Blutung mit vorhergehender OAK (ge-samt) ebenfalls (2,9% vs. 14,9%; [2]).

Wie bereits erwähnt erscheint aber insbesondere die UGIB unter OAK und/oder TAH schwerer zu verlaufen als ohne Medikation. Die Notwendigkeit der Auf-nahme auf eine Intensivstation ist signi-fikant häufiger, die mittlere Verweildauer signifikant länger und die Mortalität sig-nifikant höher: 10,5% vs. 1,4% [1].

Einen wichtigen Prognosemarker stellt der maximale Laktatwert am Aufnahme-tag dar: Ein deutlich erhöhter Laktatwert ist ein unabhängiger Prädiktor für die Letalität [3].

Fazit für die Praxis

F  Die UGIB unter OAK und/oder TAH verläuft deutlich schwerer als ohne.

F  Bei Blutungen unter oralem Phenpro-coumon existieren mit Phytomenan-dion und PPSB spezifische Antidote. Eine INR-Bestimmung gibt sofort Aus-kunft über das Maß an Antikoagula-tion.

F  Die Halbwertszeit von Dabigatran ist stark von der Nierenfunktion abhän-gig.

F  Bei Blutungen unter NOAK erscheint eine Spiegelbestimmung in Korrela-tion zum Einnahmezeitpunkt sinnvoll. Bei Blutungen unter TAH erscheint  eine Messung der Thrombozyten-aggregation sinnvoll.

F  Aktuell wird bei Blutungen unter  NOAK noch die hochdosierte PPSB-Gabe empfohlen (30–50 I.E./kgKG i.v.).

F  Unabhängig von der Thrombozyten-zahl kann bei schweren Blutungen unter TAH die Gabe von Thrombozy-tenkonzentraten erforderlich sein.

F  Bei Blutungen unter „dual antiplatelet therapy“ (DAPT) ist eine enge Zusam-menarbeit mit den Kollegen der Kar-diologie erforderlich.

Aufnahme auf die Intensivstation

Durchführung kreislaufstabilisierender Maßnahmen

Protonenpumpeninhibitor (PPI) i.v.

Notfalllabor inklusive Blutbild, Quick-Wert,

"international normalized ratio" (INR),

partielle Thromboplastinzeit (PTT)

Blutgasanalyse inklusive Laktat

Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten und

Thrombozytenkonzentraten

Multiplate®

ggf. Thrombozytenkonzentrate i.v.

ggf. Desmopressin in Minirin® i.v.

ggf. Tranexamsäure in Cyklokapron® i.v.

Endoskopie

Azetylsalizylsäure 100 mg p.o. nach 24 h fortsetzen

Rücksprache mit den Kollegen der Kardiologie

Abb. 4 9 Schwere gastrointestinale Blutungen unter Thrombozytenaggre-gationshemmung

632 |  Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 8 · 2013

Leitthema

Page 6: Gastrointestinale Blutungen beim kardiologischen Patienten; Gastrointestinal bleeding in cardiological patients;

F  Bei schwerer gastrointestinaler Blu-tung erscheint als Transfusionstrigger Hb <70 g/l sinnvoll.

Korrespondenzadresse

Dr. G. BraunIII. Medizinische Klinik, Klinikum AugsburgStenglinstr. 2, 86156 Augsburggeorg.braun@ klinikum-augsburg.de

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. G. Braun und H. Messmann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur

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4500 Todesfälle durch nosoko­miale Infektionen vermeidbar

Die systematische Identifikation von Infek-

tionsproblemen verhindert bis zu 30% der

jährlichen nosokomialen Infektionen. Dazu

ist ein krankenhausweites Infektionsprä-

ventionsmanagement notwendig, das über

die passive Umsetzung von Leitlinien und

Empfehlungen hinausgeht.

Mit 38% verursachen neben den körper-

eigenen Keimen vor allem die Keime von

anderen Patienten und dem Pflegepersonal

Krankenhausinfektionen mit teilweise

drastischen Folgen bis hin zum Tod. Zusätz-

lich zum Schutz des Patienten, bewirken

Präventionsprogramme in Kliniken die

Eindämmung des Mehraufwandes an

Zeit und die Verringerung der benötigten

finanziellen Ressourcen, die nosokomiale

Infektionen mit sich bringen.

Die Implementierung eines solchen Pro-

grammes bedeutet zunächst steigende

Kosten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht

gesehen, zahlt sich dies auf lange Zeit

gesehen jedoch aus und wird dem steigen-

den Bedarf an Hygienestandards gerecht.

Von den 600 000 Patienten, die jährlich an

Infektionen erkranken, sind dadurch bis zu

180 000 Fälle – davon 4500 Todesfälle - ver-

meidbar. In der ersten krankenhausweiten

Präventionsstudie ALERTS des Universitäts-

klinikums Jena erforschen derzeit Wissen-

schaftler, wie Präventionsprogramme

dauerhaft zur Senkung der nosokomialen

Infektionsraten beitragen können.

Quelle:

Deutsche Gesellschaft

für Innere Medizin e.V.,

www.dgim.de

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