Gefangenen Info #344

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  • 8/6/2019 Gefangenen Info #344

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    gefangenen infounsere solidaritt gegen ihre repression

    |januar 2009|preis: 1,50 |nr. 344 |www.political-prisoners.net

    Schwerpunkt:

    Die mg, das Verfahren und derAktionstag am 13.12.2008

    Inland:

    Christian Klar istendlich frei!

    Griechenland:

    Alexis Presente!

    Wien:

    Int. Symposiumgegen Isolation

    Solidaritt ist unser Schutzund unsere Waffe!

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #344

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    Inhaltsverzeichnis

    2Vorwort

    3 Interview mit der neuenRedaktion des Gefangenen Info

    Schwerpunkt:

    Das mg-Verfahren

    Linke Politik verteidigen!Einfhrung zumThema mg-Verfahren

    Zusammenfassung desAktionstages Feuer und Flammeder Repression

    Gruwort von Ex-Gefangenen im

    mg-Verfahren zum Aktionstag

    Inland

    Kontroverse um Christian KlarsFreilassung?

    Presseerklrungen derRoten Hilfe zur Freilassung vonChristian Klar

    Prozessdelegation zumStammheim-Verfahren

    Freiheit fr Mustafa Atalayin der Kirche gefordert!

    Ende des Oury-Jalloh-Prozesses

    Das Feuer erlischt nichtPaolo Neri Ausstellungen

    in der BRD

    International

    Alexis Grigoropoulos. Presente!Zwischenstand der Festnahmenin Griechenland

    Mexikanische Polizei foltert und

    ermordet 24 Gefngnisinsassen

    Bericht zum 7. InternationalenSymposium gegen Isolation

    Ein Politisches Dokumentder PC p-m

    Schreibt unserenGefangenen!

    Gedicht von Mustafa AtalayEs lebe die Freiheit

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    Liebe Leserinnen und Leser!

    Der bisherige Herausgeber GNN-Verlag hat mit der Freilassung von Christian Klardie Herausgabe des Gefangenen Infos mit der 343. Ausgabe im Dezember 2008eingestellt.

    Trotz der Absichten der ehemaligen Herausgeber, die Zeitung Gefangenen Info zuden Archiven zu verbannen, ist uns die Umstrukturierung des Zeitungskonzeptes was inhaltliche Gliederung und Vertrieb der Zeitung betrifft - weitestgehend ge-

    lungen, wodurch das Gefangenen Info weiterhin ihre Leserinnen und Leser in- undauerhalb der Mauern erreichen wird. Somit setzen wir die Kontinuitt jener Zeitungfort, die seit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989 existiert und einwichtiges Bindeglied zwischen den Kmpfen innerhalb und auerhalb der Mauerndarstellt.

    Fr die Weiterfhrung des Gefangenen Infos sehen wir viele Grnde. Allein die Tat-sache, dass die Bewegung in ihrem Kampf fr eine Gesellschaft frei von Ausbeutungund Unterdrckung immer der Repression des kapitalistischen Systems ausgesetztsein wird, spricht fr eine Zeitung, die fr sich den Anspruch formuliert, die Kmpfedrinnen und drauen zu verbinden. Eine Bewegung darf ihre Gefangenen nicht ver-gessen, da sonst die Repressionsorgane ihr Ziel, politische Menschen mundtot zumachen, erreicht htten. Das werden wir nicht zulassen!

    Unser Beitrag ist es, die Verbindung von Gefangenen und der Bewegung drauenzu strken und uns nicht spalten zu lassen! Das Info muss weiterhin die Funktionerfllen, die Solidaritt voranzutreiben. Deshalb ist das Info in diesem Kampf unserMedium, mit dem wir versuchen, Repression drinnen sowie drauen zu thematisie-ren, den Kampf der Gefangenen zu untersttzen, ihren Alltag hinter Mauern publikzu machen und ihnen eine Informationsquelle zu bieten.

    Menschen, die weggesperrt werden, muss die Mglichkeit gegeben werden, am Le-ben drauen teilzunehmen. Und wir, als Menschen auerhalb der Mauern, mssenuns die Mglichkeiten schaffen, an ihrem Leben teilzunehmen. Alles andere wrdebedeuten, dass die Herrschenden ihr Ziel der Isolation durch Wegsperren erreichthtten! Dem muss sich entschieden entgegengestellt werden!

    In den letzten 20 Jahren war das Info immer wieder Ziel von staatlichen Angriffengewesen, welche 30mal versuchten, die Zeitung mundtot zu machen. Die Tatsa-che, dass sich sofort eine neue Redaktion gefunden hat, die das Projekt weiterfhrt,spricht dabei fr sich!

    Um unsere Leserinnen und Leser auf dem aktuellen Stand halten zu knnen, werdenwir unser Bestes geben, das monatliche Erscheinen weiterhin zu gewhrleisten. Derinternationale Charakter und die themenbergreifenden Berichte werden natrlichbeibehalten! In der aktuellen Ausgabe bildet der Prozess gegen die militante gruppe(mg) unseren thematischen Schwerpunkt. Ausschlaggebend dafr sind neben dembundesweiten Aktionstag am 13.12. vor allem auch die Bedeutung und die politischeTragweite des Verfahrens.

    Wichtig sind uns eure Kritik und Anregungen, die uns helfen, das Info zu verbessern.Insbesondere freuen wir uns ber die Briefe aus den Knsten, von denen wir hoffen,dass sie uns weiterhin zahlreich erreichen werden.

    In diesem Sinne:Drinnen und Drauen - EIN KAMPF!

    Die Redaktion

    E-Mail: [email protected] | www.political-prisoners.net

    Das Gefangenen Info ist aus dem AngehrigenInfo hervorgegangen, welches im Hungerstreikder politischen Gefangenen 1989 entstand.HerausgeberInnen: Netzwerk Freiheit fr allepolitischen Gefangenen und FreundInnen.Eigentumsvorbehalt:Nach diesem Eigentums-

    vorbehalt ist die Zeitung solange Eigentum desAbsenders, bis es den Gefangenen ausgehn-digt worden ist. Zur-Habe-Nahme ist keineAushndigung im Sinne des Vorbehalts. Wirddas Info den Gefangenen nicht persnlich aus-gehndigt, ist es dem Absender mit dem Grund

    der Nichtaushndigung zurckzuschicken.Redaktionsanschrift: GNN-Verlag, NeuerKamp 25, 20 20359 HH, Tel.: 040-43188820,Fax: 040-43188821, E-Mail: [email protected]: Einzelpreis: 1,50. Ein Jahresa-

    bonnement kostet 29,90 (Frderabo 33,20),Buchlden, Infolden und sonstige Weiterver-kufer erhalten bei Bestellungen ab 3 Stck30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eineRechnung bzw. ein Formular fr eine Einzugs-vollmacht, die Sie uns bitte zurckschicken.

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  • 8/6/2019 Gefangenen Info #344

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    Interview mit der neuenRedaktion des Gefangenen InfosGefhrt mit Wolfgang Lettow fr die neue Redaktion des Gefangenen Infos;entnommen aus der Tageszeitung junge Welt

    Foto eines Gefangenen der Repression gegen die Proteste in Griechenland

    Seit fast 20 Jahren informierte das Gefan-

    genen Info ber die Situation der politischen

    Gefangenen in der Bundesrepublik. Mit der

    Freilassung von Christian Klar im nchsten

    Monat, sollte das Magazin vorerst einge-

    stellt werden. Warum?

    Seit seiner Entstehung im Hungerstreik derGefangenen aus RAF und Widerstand imFrhjahr 1989 wurde das Info, zunchst alsHungerstreik Info, dann als Angeh-rigen Info und seit einigen Jahrenals Gefangenen Info im GNN-Ver-lag verlegt. Redaktion, Verlag undInfo haben in den 90er Jahren rund30 Versuche der Bundesanwalt-schaft berstanden, die Zeitungdurch Verfahren mundtot zu ma-chen. Das ist nicht gelungen.Da die Herausgeberin ChristianeSchneider seit Anfang 2008 alsMitglied der Linkspartei im Hambur-ger Landesparlament als Abgeord-nete ttig ist, ist die Verlagsarbeitdeswegen weitgehend eingestelltworden. Mit der Redaktion ist ver-einbart worden, dass das Info biszur Freilassung von Christian Klarim Verlag fortgefhrt und danacheingestellt wird.

    Warum will die neue Redaktion das Maga-

    zin weiterfhren?

    Da das Gefangenen Info bald 20 Jahre exi-stiert und fr viele Menschen eine wichtigeQuelle der Information darstellt, wird es vomNetzwerk Freiheit fr alle politischen Gefan-genen und seinen FreundInnen getragen.Eine neue Ausgabe wird es zum zweitenJanuarwochenende geben, an den Tagenalso, wo zahlreiche Menschen der Ermor-

    dung von Rosa Luxemburg und Karl Lieb-knecht gedenken und ihren Kampf fr einekommunistische Gesellschaft weiterfhren.Vor allem politischen und sozialen Weg-gesperrten ist es wichtig, da sie auf Grund

    ihrer Haftsituation von vielen Informations-quellen abgeschnitten sind.Wir danken vor allen den Gefangenen, diesich fr das Weiterbestehen des Infos f-fentlich einsetzten. Ebenso danken wir al-len Leserinnen und Lesern in der BRD, inEuropa und den USA, fr ihre Treue. DasInfo wird zuknftig weiterhin alle 4 Wochenerscheinen. Digital ist es weiterhin unterwww.political-prisoners.neteinsehbar.

    Whrend in den 1970er und 80er Jahren

    starke Solidarittsbewegungen mit den po-

    litischen Gefangenen existierten, spielt das

    Thema bis auf die letzten RAF-Gefangenen

    heutzutage in der politischen Linken offen-

    bar kaum mehr eine Rolle. Worin liegen die

    Grnde?

    Die Frage ist nicht einfach und ich kann sienur fragmentarisch beantworten.Wir sind alle mit einer sehr starken Repres-sion konfrontiert. Kopfmssig ist uns zwarbewusst, dass Unterdrckung uns abhalten

    und abschrecken soll, da die Herrschendenfr ihre Kriege nach Auen im Innern dafrFriedhofsruhe bentigen.Die Widerstandsbekmpfung im Innern wirdalso immer weiter ausgebaut und verschrft,

    um die deutschen Kriegseinstze - es sindrund 9000 Bundeswehrsoldaten derzeit aufdem Balkan, in Afrika, im Nahen Osten undin Zentralasien im Einsatz - abzusichern.Nach dieser Analyse msste unser Umgangmit der Repression ein offensiver sein: Demist aber leider hug nicht so!

    Genossinnen und Genossen meiden Pro-

    zesse, da sie Angst vor der Erfassung ha-

    ben. Oder lehnen Kontakt mit ver-

    hafteten GefhrtInnen wegen der

    Erfassung ab, d.h. schreiben und

    besuchen sie nicht und lassen sie

    damit alleine. Was ist fr die Weg-

    gesperrten in solchen Situationen

    wichtig?

    Unsere Solidaritt! Die Frage fr unsist doch die: Wie knnen wir unsereVerbundenheit mit den Eingeker-kerten zeigen, die erst einmal durchdie Klassenjustiz bestimmt ist. Wieknnen wir diese Situation fr unsalle umdrehen, um unsere Vorstel-lungen durchzusetzen? Wichtig ist,uns nicht von den Repressionsor-ganen abschrecken und bestimmenzu lassen, sondern von unserem Be-

    drfnis nach Solidaritt auszugehen.Wenn sich die militante Linke aneignet,was der Imperialismus in seinen Niederla-gen immer wieder erfahren mute: Dassseine Macht dort endet, wo seine Gewaltnicht mehr abschreckt, hat sie das ganzeGeheimnis seiner scheinbaren Unbesieg-barkeit aufgelst.(Aus der Hungerstreikerklrung der Gefan-genen der RAF von 1981)

    Wolfgang Lettow fr die neue

    Redaktion des Gefangenen Infos.

    Post an das Gefangenen Info:GNN-VerlagNeuer Kamp 2520357 Hamburg

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    sind inzwischen sang- und klanglos in sichzusammengefallen und mussten eingestelltwerden. Das aufgesplitterte vierte mg-Ver-fahren luft nach wie vor. Des Weiteren ist

    kurz vor Prozessauftakt ein weiteres mg-Verfahren gegen eine Einzelperson ange-strengt worden. Ob es dafr ein separatesAktenzeichen gibt und es sich somit um dassechste (!) mg-Verfahren handelt, oder obes zu dem vierten Verfahren hinzugerech-net wird, ist bislang nicht bekannt.

    Politischer Hintergrund desmg-Prozesses

    Zur Erinnerung: In den frhen Morgenstun-den wurden Axel, Florian und Olli auf einerBrandenburgischen Landstrasse in der

    Nhe der Stadt Brandenburg an der Havel,die fr ihr ehemaliges groes Stahlwerk be-kannt ist, durch ein Mobiles Einsatz Kom-mando (MEK) des Landeskriminalamtes(LKA) Berlin unsanft abgegriffen. Sie sollendurch das MEK-Observationsteam dabeibeobachtet worden sein, wie sie Brandst-ze unter drei Bundeswehr-LKWs auf einemGelnde des deutschen RstungskonzernsMAN abgelegt haben. Der Zugriff erfolgteaufgrund einer Direktive des BKA, das mitdem MEK in stndiger Verbindung standund ber die Entwicklungen in der Nacht innicht nher denierten regelmigen Ab-

    stnden unterrichtet wurde.Zeitlich leicht verzgert, wurde der Berli-ner Soziologe Andrej Holm zu Hause fest-genommen und wie die drei anderen zumErmittlungsrichter am Bundesgerichtshof(BGH) nach Karlsruhe mit einem Hub-schrauber sowjetischen Typs ausgeogen.

    In Karlsruhe bekamen die vier Festgenom-menen den Haftbefehl, in dem ihnen dieMitgliedschaft in einer (damals noch) terro-ristischen Vereinigung nach 129a vorge-worfen wurde, in die Hand gedrckt. Fr diedrei in Brandenburg Aufgegriffenen standeine mehrmonatige Untersuchungshaft an.Der Haftbefehl gegen Andrej musste wegenoffensichtlicher Unbegrndetheit und ffent-lichem Druck letztlich nach mehreren Wo-chen aufgehoben werden. Die drei Bran-

    denburger erhielten nach einer HaftprfungEnde November 2007 Haftverschonung,

    einem Gruppenportrait geschrieben, dasssie sich als einen sozialrevolutionrenund antiimperialistischen Zusammenhangbetrachtet, der sich ideologisch auf einer

    kommunistischen Grundlage bewegt. Da-bei orientiert sich die mg hauptschlich anden links- und rtekommunistischen Str-mungen, die sich Anfang der 20er Jahreinnerhalb und auerhalb der Formierungder III. Kommunistischen Internationalen(KomIntern) herausgebildet haben und derab Mitte der 20er Jahre einsetzenden Stali-

    nisierung entgegenwirken wollten.

    Die mg-Verfahren

    Bereits wenige Wochen nach dem ersten mi-litanten Anschlag der mg nahm die Bundes-

    anwaltschaft (BAW) die Ermittlungen gegendie militante gruppe auf. Das erste mg-Er-mittlungsverfahren richtete sich gegen linkeAktivisten aus der Gefangenen-Initiative Li-bertad!. Das Bundeskriminalamt (BKA) unddie BAW gingen bis kurz vor Prozesserff-nung gegen Axel, Flori und Olli davon aus,dass es sich bei dieser Personengruppe umden Ursprungskern der militanten grup-

    pe handelt. Bereits vor diesem Verfahrenwurden diese linken Aktivisten ber Jahrevon den staatlichen Stellen berwacht. Dasie sich in den 80er Jahren u.a. in antiim-perialistischen Zusammenhngen politisch

    engagierten, waren sie fr die bundesdeut-schen Sicherheitsbehrden von Beginn anvon einem erhhten Interesse. Im Jahr 2003kamen zwei weitere mg-Verfahren hinzu.Einmal gegen einen Sohn eines ehemalsbeschuldigten Libertad-Angehrigen undeinmal gegen eine Person, die in den 80erJahren u.a. in der militanten feministischenGruppierung Die Amazonen mitgewirkt

    haben soll. 2006 erfolgte dann das viertemg-Verfahren gegen einen Personenkreis,der u.a. im akademischen Milieu ttig ist.Diese Ermittlungen fhrten dazu, dass berTeile dieser Personen die drei jetzt in BerlinAngeklagten ins Visier der Verfolgungsbe-hrden gerieten. Vor Prozessauftakt des ak-tuellen Verfahrens erfolgte eine Abtrennungder vier linken Wissenschaftler von den dreivor dem Berliner Kammergericht stehendenGenossen. Die ersten drei mg-Verfahren

    Mit diesem Text soll ein kleiner berblickber den aktuell vor dem Berliner Kam-mergericht laufenden 129-Prozess (Mit-gliedschaft in einer kriminellen Vereinigung)

    gegen drei Berliner Aktivisten aus der lin-ken Szene geliefert werden. Die drei bzw.weiteren Personen werden konkret der Mit-gliedschaft in der militanten gruppe (mg) an-geklagt bzw. als Beschuldigte verdchtigt.

    Wer ist die militante gruppe (mg)?

    Die mg hat sich 2001 erstmals in Wort undTat in die politische Arena begeben. ImSommer 2001 war die Debatte um die sog.Entschdigung von ehemaligen Zwangsar-beiterInnen whrend des Nazi-Faschismusin vollem Gange. Die mg unternahm in

    dieser emotionalisierten Debatte um NS-Verbrechen und deren Relativierung einenAnschlag auf die Mercedes-Benz-Nieder-lassung in Berlin und versandte scharfePatronen an den Personenkreis der sog.Entschdigungsstiftung. In den folgendenJahren brachte sich die mg inhaltlich undpraktisch in viele aktuelle Themen ein, dieweit ber den Bereich der Linken virulentwaren. So z.B. durch militante Angriffeauf Einrichtungen der Sozialtechnokratie

    wie Sozialmter und Pilotprojekte der sog.Jobcenter oder verantwortlicher Behr-den staatlicher Abschiebepolitik wie des

    Bundesgrenzschutzes bzw. der Bundes-polizei. Die jeweiligen Taten wurden durchAnschlagserklrungen inhaltlich begrndetund verffentlicht. Insgesamt werden dermg 24 militante Aktionen zugeschrieben.Insbesondere ist die mg durch die Initiativeeiner Militanz-Debatte in der Szene-ffent-lichkeit aufgetreten. Diese seit 2001 begon-nene Diskussion um Wege und Mittel mili-tanter Politik sollte zu einem intensiviertenAustausch klandestiner Gruppenstrukturenbeitragen, um entweder ber den inhalt-lichen Positionsabgleich oder eine direkteVernetzung eine koordinierte Vorgehens-weise auf einer konzeptionellen Grundlagezu ermglichen. Diese Militanz-Debatte ist,um es vorsichtig zu sagen, noch ergebni-soffen und dmpelt seit geraumer Zeit nurnoch vor sich hin.Die mg hat als Selbstcharakterisierung in

    4 | Gefangenen Info | Januar 2009

    schwerpunkt

    Linke Politik verteidigen!Einfhrung zum Thema mg-Verfahren

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    da im Kontext der staatlichen Verfolgunggegen vermeintliche Personenzusammen-hnge der militanten gruppe nicht mehr voneiner terroristischen, sondern nur noch

    von einer sog. kriminellen Vereinigung

    nach 129 die Rede ist. Da die Haftbefehlenach 129a ausgestellt waren, war die Ent-lassung aus der Untersuchungshaft nur dielogische Folge.Nach einer EU-Angleichung der sog. Anti-

    Terrorparagrafen vor einigen Jahren, sinddie Bestimmungen fr das Vorliegen desStraftatbestands 129a etwas enger ge-fasst worden. Danach muss das subjektiveund objektive Tatbestandsmerkmal zusam-menkommen, um von einer terroristischen

    Vereinigung sprechen zu knnen. In demBGH-Haftprfungsbeschluss, in dem die mgals kriminelle und nicht terroristische Verei-nigung eingestuft wurde, ist u.a. darauf ver-wiesen worden, dass die mg-AktivistInnenzwar ber das subjektive Motiv verfgen,als RevolutionrInnen eine grundstzlichegesellschaftliche Vernderung in der BRD

    und darber hinaus erwirken zu wollen,allerdings sind die objektiven Vorausset-zungen der Gruppierung mit den bisher an-gewandten Methoden und Mittel nicht gege-ben, diesen Anspruch auch nur annherndzu erfllen.

    Der 129-Prozess in Berlin

    Seit dem 25. September 2008 luft der Pro-zess gegen Axel, Florian und Olli vor demBerliner Kammergericht, das mit den Ober-landesgerichten (OLG) in anderen Bundes-lndern vergleichbar ist. Dieses Gericht

    ist fr Staatsschutzprozesse nach 129ff.in der Regel zustndig. Allerdings war vorProzessauftakt nicht ganz geklrt, ob die-ser Prozess nach der Herunterstufung von129a auf 129 berhaupt vor dem BerlinerKammergericht stattnden kann und eine

    diesbezgliche Zustndigkeit gegeben ist.Die Verwunderung war bei den Prozess-beteiligten nicht gro, dass aufgrund derbesonderen Bedeutung der inkriminierten

    mg dieser Prozess vor dem Kammergerichteingelutet wurde. Bei einer anderen Ent-scheidung htte das Verfahren an ein Bran-denburger Landgericht abgegeben werden

    mssen. Das htte eine zeitlich unabseh-bare Verzgerung des Prozessauftaktesbedeutet.Bisher sind 16 Verhandlungstage absolviertworden, weitere 9 stehen bislang bis MitteFebruar aus. In der Beweisaufnahme wer-den bis zum jetzigen Zeitpunkt ZeugInnenangehrt, die vom Strafsenat des Kammer-gerichts geladen worden sind. In der Regelhandelt es sich um BeamtInnen von BKAund LKA, die entweder am Schreibtisch mitdem Fall mg betraut sind bzw. vertraut seinwollen oder um aktenkundig gewordeneMEK-Krfte, die bei Observationen und

    dem Zugriff dabei waren. Diese treten in ei-ner Art Karnevalskostm in den ZeugInnen-stand, damit ihr optisches Berufsgeheimnisgewahrt bleibt.Es sind von den VerteidigerInnen bereitsmehrere Befangenenheitsantrge gestellt

    worden, da die Verteidigerrechte aufgrundder elastisch interpretierbaren Aussage-genehmigung von BeamtInnen massivbeschnitten werden. Diese Aussagegeneh-migungen machen es den AnwltInnen na-hezu unmglich, entlastende Ausfhrungenvon den BeamtInnen zu erhalten. Alle dies-bezglichen Fragen werden in der Regelmit dem Hinweis, dass eine Antwort nicht

    von der Aussagegenehmigung gedeckt sei,abgeblockt.

    Eine anwaltliche Eingabe war bislang u.a.aufzuklren, ob es sich bei der mg um einenin sich geschlossenen, homogenen Blockhandelt oder eher um einen Dachverband,unter dem verschiedene Teilgruppen miteiner relativen Autonomie agieren. In demAktenbestand gibt es dazu von Seiten desBKA und der BAW unterschiedliche Deu-tungsmuster. Es ist mglicherweise interes-sant, wie sich die Klassenjustiz die interneStruktur einer klandestinen Organisierungvorstellt.Nach den Weihnachtsferien wird der Pro-zess in eine neue Phase eintreten. Dann

    werden vor allem Beweisantrge von derSeite der VerteidigerInnen mit entspre-chenden ZeugInnenvorladungen erwartet.Vermutlich im Frhjahr wird der Prozess zuEnde gehen. Dabei ist mit einer Verurteilungnach 129 zu rechnen, d.h. dass den Ange-klagten mehrjhrige Haftstrafen drohen.Die einzelnen Details der Prozesstage wer-den regelmig und zeitnah von der Pro-zessbeobachtungsgruppe auf die Home-page des Einstellungsbndnisses gestellt.(Endlich einmal eine Gelegenheit, diesen

    FreundInnen und GenossInnen herzlich zu

    danken!)

    Die Solidaritt mit den Angeklagten

    Die Anfnge der Solidarittsarbeit der ins-gesamt sieben Beschuldigten dieses spezi-schen mg-Verfahrens waren aufgrund der

    Heterogenitt der Beteiligten kompliziert.Eine klare Linie konnte anfangs kaum ent-wickelt werden. Es galt einige Eckpunktezu bestimmen, an denen sich die politischeUntersttzung orientieren konnte. Auch dasgelang erst Monate nach der Haftverscho-nung der drei Brandenburger. Einerseits

    verstndigten sich das Einstellungsbnd-

    nis mit den dann spter auch Angeklagtenber den inhaltlichen Aufhnger Anti-Milita-rismus, da dies wegen des vorgeworfenenAnklagepunktes der versuchten Sabotagevon NATO-Kriegsgert nahe lag. Anderer-seits war klar, dass das mg-Verfahren nicht

    Foto eines Brandanschlages der militanten gruppe (mg)

    losgelst von den eingeleiteten und spterin sich zusammengefallenen 129a-Verfah-ren im Kontext der Repressionswelle gegenden Anti-G8-Widerstand im Sommer 2007betrachtet werden konnte. Des Weiterenist im Verlauf der Soliarbeit von einzelnenBeteiligten deutlich gemacht worden, dassder Staatsschutzangriff nicht auf eine kri-tische Wissenschaft abzielt, sondern ganzkonkret gegen ein kontinuierlich arbeitendeklandestine Struktur, nmlich die militante

    gruppe und mit ihr gegen linke Politik, ge-richtet ist. Teile des solidarischen Umfeldesstellen dies seitdem strker in den Vorder-grund und verteidigen damit linke Politikinsgesamt, insbesondere aber auch dasmg-Projekt.Darber hinaus machte ein Teil der Ange-klagten auf Veranstaltungen im Rahmen ei-ner Infotour durch die BRD zum mg-Prozessdeutlich, dass sie sich als Teil der revoluti-onren Linken verstehen und sich von dermg weder distanzieren noch zu ihr beken-nen werden. Auch auerhalb des Einstel-lungsbndnisses entfalteten sich viele Initi-

    ativen. U.a. wurde auf einer Veranstaltungunter dem Motto Kriegsgert interessiert

    uns brennend die Legitimitt antimilitari-stischer Sabotage hervorgehoben. In einerBroschre unter dem Titel Noch so ein Sieg

    und wir verlieren den Krieg. Die Schlachtvon Asculum und das Berliner mg-Verfah-ren wurde der Versuch unternommen, Teileder bisherigen Soliarbeit und der Anwaltst-tigkeit einer kritischen Zwischenbilanz zuunterziehen. Z.B. wurde kritisiert, dass dierevolutionre Identitt der mg durch die

    tendenzielle Verniedlichung der Gruppen-politik, um darber mglicherweise das Ver-

    einigungsdelikt vom Tisch zu bekommen,ignoriert wurde.

    Bemerkenswert ist in letzter Zeit vor allemdie internationalistische Solidaritt, die dieProzessbeteiligten erfahren. So engagiertsich vor allem die Rote Hilfe Internationalmit ihren Sektionen in diesem Prozess.Grubotschaften gab es u.a. auch von denGefangenen der PC p-m (politisch-milit-rische Kommunistische Partei Italien). Dersich international ausgeweitete Aktionstagam 13.12.2008 kann ebenfalls als ein ermu-tigendes Signal einer internationalistischen

    Klassensolidaritt gewertet werden.

    Das geknpfte solidarische Band wird alsoaufzunehmen und zu verstrken sein!

    Redaktion

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    schwerpunkt

    Zusammenfassung des AktionstagesFeuer und Flamme der Repression am 13.12.08

    Fr den 13.12.2008 hatten verschiedenelinke Gruppen zu einem dezentralen Akti-onstag gegen Repression aufgerufen. An-lass ist der momentan laufende Prozessgegen Axel, Florian und Olli, denen nebenversuchter Brandstiftung, die Mitgliedschaftin der militanten gruppe (mg) vorgeworfen

    wird. Der Aktionstag sollte die Solidaritt mitden Angeklagten ausdrcken und ein Zei-chen gegen die zunehmende Repressiongegen linke AktivistInnen setzen. In einigenStdten in der BRD und auch internationalfanden verschiedene Aktionen wie Demons-trationen, Veranstaltungen und Plakat- bzw.Transpiaktionen statt. Im Folgenden einkurzer berblick dazu:

    Berlin:Den Auftakt zum Aktionstag bildete eineDemonstration in Berlin-Kreuzberg am12.12.2008. Etwa 1500 Leute beteiligten

    sich an der Demonstration, die am Abenddurch die Straen von Kreuzberg zog. DieStimmung war recht kmpferisch und dasTempo ziemlich schnell, wodurch die Leuteam Lautsprecherwagen Probleme hattenmit der Demonstration Schritt zu halten.Allerdings wurde die Demonstration durchdas schnelle Tempo auch dynamischer.Vom Lautsprecherwagen wurden mehrereRedebeitrge gehalten, unter anderem voneinigen ehemaligen Gefangenen aus demmg-Verfahren, von der AntifaschistischenRevolutionren Aktion Berlin, dem BerlinerMumia-Bndnis, zwei Beitrge von grie-

    chischen AktivistInnen zur Situation in Grie-chenland und eine Rede zur Notwendigkeitvon antimilitaristischen Aktionen unter demTitel: Was in Deutschland brennt, kann inAfghanistan keinen Schaden anrichten.Die Demonstration verlie kurzzeitig die an-gemeldete Route. Gegen 21 Uhr erreichtedie Demo den Heinrichplatz und wurdenach zwei Redebeitrgen beendet.Im Anschluss an die Demo gab es den Ver-such eine Spontandemo durchzufhren - di-ese wurde allerdings nach einigen hundertMetern von der Polizei gestoppt. Es folgteneinige Platzverweise. Laut dem Berliner Er-

    mittlungsausschuss, hat es insgesamt eineFestnahme sowie fnf Personalienfeststel-lungen gegeben.In der Nacht zum Samstag wurden dieSchaufenster einer Bankliale mit einem

    Brandsatz beworfen sowie das Schaufen-

    ster einer anderen Bank mit Steinen bewor-fen. Auerdem brannte ein Papiercontainerauf der Kreuzung Reichenberger-/Manteuf-felstrae und ein Porsche.Am 16.12. wurde in Treptow ein Polizeireviermit Steinen und Farbaschen attackiert.

    Desweiteren gab es auf der Free Mumia-

    Demonstration am 13. Dezember mehrereTransparente und Schilder mit Bezug zummg-Prozess.

    Bremen:Die geplante Antirepressionsdemo wurdevon den Behrden verboten. Begrndetwurde das Verbot mit drohenden Ausschrei-tungen linker Gruppen. Trotz Verbot undVorkontrollen trafen sich am Samstag gegen14.30 Uhr etwa 300 Personen in der BremerInnenstadt, um gegen staatliche Repressionzu demonstrieren. Die Demonstration wur-de von der Polizei gestoppt und es wurden

    zeitweilig 150 Demonstranten eingekesselt,sowie 170 anschlieend bis Mitternacht inGewahrsam genommen.

    Hamburg:In Hamburg fand am 13. Dezember eineDemonstration zu Menschenrechten undAntirepression statt, die von der Karawaneund dem Bndnis gegen imperialistischeAggression organisiert wurde.Dort gab es einen Antirepressionsblock, dervom Hamburger Solidarittsbndnis gegenUnterdrckung organisiert wurde und andem sich etwa 300 KommunistInnen und

    AnarchistInnen beteiligten. Desweiterengab es am 11. Dezember im Centro Socialeeine Veranstaltung zum Prozess.

    Magdeburg:Im Magdeburger Stadtteil Stadtfeld Ost fandam 13. Dezember eine Spontandemo statt,an der sich ca. 30 AktivistInnen beteiligten.Es wurde gesprht und Farbe auf das ehe-mals besetzte Haus Ulrike geworfen. Au-erdem kam es zum Einsatz von Bengalosund Knallkrpern.In der Nacht vom 12. auf den 13. Dezem-ber wurde zudem eine groe Werbetafel mit

    einem Plakat der Antirepressionsorganisati-on Rote Hilfe International beklebt.Am 14.12. wurde eine Sabotageaktion ge-gen Bundeswehrfahrzeuge durchgefhrt,bei der Reifen zerstochen, Schlsser ver-klebt und Parolen gesprht wurden.

    Frankfurt:In Frankfurt strten 40 AntimilitaristInnenam 13. Dezember eine Veranstaltung, diesich fr die Besatzung Afghanistans aus-sprach. Die Aktion fand im Zusammenhangdes Aktionstages gegen Repression statt.

    Gttingen:An zwei Autobahnbrcken der A7 wurdenzwei Transparente mit der Aufschrift Esgibt zu viele Bundeswehrfahrzeuge undBundeswehr wegtreten! aufgehngt. Des-weiteren wurden in der Gttinger Innenstadtmassenhaft Flugbltter verteilt.

    Lneburg:In Lneburg wurde im Infocafe Anne undArthur im Rahmen des Aktionstages derFilm Wir sind alle Terroristen gezeigt.

    Stuttgart:

    In der Stuttgarter Innenstadt wurden einPlakat aufgehngt und ein Wandbild derRoten Hilfe International gesprht

    Neuseeland:AktivistInnen haben am 13. Dezember einTransparent vor der deutschen Botschaftin Wellington aufgehngt und einen Aufrufverfasst.

    Schweiz:In Zrich gab es im Rahmen des Aktions-tages eine Veranstaltung am 11. Dezem-ber. Dabei gab es eine Live - Schaltung zu

    einem Ex-Gefangenen im mg-Verfahren.

    sterreich:In Wien beteiligten sich am 12. Dezemberca 170 - 200 Menschen an einer Demons-tration. Nach der Demo gab es eine Spon-tandemo mit ungefhr 70 Personen.

    Belgien:In Brssel wurde auf ein Gebude der Ver-tretung des deutschen Chemie-KonzernesBayer folgendes gesprht: SOLIDARITEAVEC LE INCULPES DU PROCES MGBERLIN (Solidaritt mit den Betroffenen

    des mg-Verfahrens in Berlin).

    P.S. Auch wurde der Aktionstag in verschie-denen brgerliche Medien registriert.

    Quelle: http://www.einstellung.so36.net

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    Januar 2009 | Gefangenen Info | 7

    Liebe GenossInnenund FreundInnen,

    wir mchten als einige Ex-Gefangene ausdem mg-Verfahren den InitiatorInnen undTeilnehmerInnen des internationalen Akti-

    onstages gegen staatliche Repression undberwachung fr ihr Engagement herzlichdanken. Diese Initiative ist ein Ergebnisunserer monatelangen Informations- undMobilisierungstour zum mg-Verfahrendurch die gesamte Republik und einigeangrenzende Lnder. Wir wurden vielfachaufgefordert, einen dezentralen Aktionstagvorzuschlagen, an dem sich solidarischeGenossInnen und FreundInnen vor Ort ein-bringen knnen. In einem halben DutzendBRD-Stdten sowie in Zrich und Wien wirdes zum mg-Verfahren und darber hinausVeranstaltungen, Demonstrationen und

    weitere eigenstndige Beitrge geben. Dasmotiviert hoffentlich nicht nur uns, ber dieBegleitung des 129-Prozesses vor demBerliner Kammergericht hinaus die Initiati-ve zu behalten! Dass wir weiterhin mobili-siert zu bleiben haben, zeigt nicht erst derStaatsmord an Alexis in Athen!

    Wir wurden als vermeintliche Angehrigeder militanten gruppe (mg) wegen der Mit-gliedschaft in einer sog. kriminellen Verei-nigung nach 129 angeklagt und sitzenuns seit dem 25. September dieses Jahresunsere Geshlften im Sicherheitssaaldes Berliner Landgerichts breit. Die mg istseit 2001 eine der Gruppierungen aus derrevolutionren Linken, die sich kontinuier-lich und aktiv in einen Debattenprozess umdie Organisierung militanter Politik und dieVerknpfung mit anderen Widerstandsbe-reichen in der BRD eingebracht hat. Vonihrer ideologischen Grundorientierung hersieht sie sich als einen sozialrevolutionr-antiimperialistischen Zusammenhang, dersich u.a. auf linkskommunistische Str-mungen innerhalb der kommunistischenBewegung sttzt. Die Texte der mg sindber die Homepage des Berliner Einstel-lungsbndnisses einzusehen.Das Verfahren gegen uns als vermeintlichemg-Mitglieder ist fr den Aktionstag zwarder inhaltliche Aufhnger, aber es ist ganzin unserem Sinne dieses in den Kontextzu stellen, in den es gehrt. Wir sehen unsseit dem G8-Gipfel in Heiligendamm miteiner Kette von staatlichen Repressions-schlgen konfrontiert. Mehrere Verfahren

    nach dem Gummipara-grafen 129a wurden einge-leitet, Tausende Menschenwurden aktenkundig undsind auf unbestimmte Zeitim Visier der Repressions-

    organe der BRD. Dabeiblieb bisher zu sehr im Hin-tergrund, das weiterhin dieorganisierte migrantischeLinke im Fokus von BKAund Bundesanwaltschaftsteht. Der aktuell laufendeProzess im traditionsbeladenen Bunker vonStuttgart-Stammheim gegen angeblicheFhrungskader der DHKP-C (RevolutionreVolksbefreiungspartei - Front) ist nur einBeleg dafr. Wir solidarisieren uns mit denfnf im Stammheimer Bunker Angeklagten,von denen zwei aufgrund der Isolationshaft

    schwerwiegende gesundheitliche Folgendavongetragen haben. Fr einen der Ange-klagten, fr Mustafa Atalay, luft eine Frei-lassungskampagne, die es zu untersttzengilt!

    Auch im internationalen Rahmen luft dieRepressionsmaschine. Seit Jahren ist dieInitiative des Aufbaues einer Roten Hilfe In-ternational Ziel von Staatsschutzangriffen.So in Belgien und der Schweiz. In Belgienwurden u.a. ehemalige langjhrige Gefan-gene, die sich in den 80er Jahren in derStadtguerilla Kmpfende Kommunistische

    Zellen (CCC) organisierten, mit neuenVerfahren berzogen. In Italien bendensich seit Monaten Mitglieder der Kommuni-stischen Partei politisch-militrisch, der PCp-m vor Gericht. Die PC p-m hat ihre orga-nisatorischen Ursprnge in einer der Tradti-onslinien der Roten Brigaden.Die gefangenen Genossen aus der PC p-mhaben uns in einer Grubotschaft zu un-serem Verfahrensauftakt geschrieben, dassder revolutionre Prozess unter schlechten,aber hugen Umstnden durch Gerichts-

    sle und Knste fhrt. Sie haben recht. Duhast deine politische Identitt weder beimBetreten der Schleuse zum Gericht nochhinter der Knasttr abzugeben. Was so ver-dammt einfach daher gesagt klingt, ist umsoschwerer Tag fr Tag aufrechtzuerhalten.Wir wissen, wovon wir reden. Aber verge-genwrtigen wir uns ein paar Banalitten:Politisches Engagement fr eine Welt ohneAusbeutung und Unterdrckung, d.h. inunserem Verstndnis Fr den Kommunis-mus, das den vorgezeichneten Pfad derGesetze der Klassenjustiz verlsst, wirdden schlagenden Arm der Repressionsor-gane zu spren bekommen. Ohne zynischwirken zu wollen, die Klassenjustiz hat nurdann ihre Aufgabe erfllt, wenn sie die Ord-nung von Ausbeutung und Unterdrckungzu schtzen wei.

    Was haben wir dem entgegenzusetzen?Einiges und vieles, was auszubauen ist.

    Zunchst mssen wir verstehen, dass Anti-Repressionsarbeit kein Spartenprogrammunserer Aktivitt sein darf. Wir denken,dass wir in der kommenden Zeit mit regel-migen Schben staatlicher Gewalt zurechnen haben werden. Daraus folgt, dasswir den aktiven Repressionsschutz direkt in

    unsere Politik als revolutionre Linke auf-nehmen mssen. Angeklagte und Gefan-gene aus unseren Reihen haben wir auchnicht in erster Linie als passive Opfer zubetrachten, die wir hauptschlich als karika-tiven Sonderfall anzusehen haben. Gegen-teilig. Geben wir ihnen den Raum, um sichals politisches Subjekt besser behauptenzu knnen. Dazu gehrt u.a. eine Verteidi-gung der politischen und organisatorischenHintergrnde derjenigen, die Staatsschutz-verfahren an der Backe haben oder bereitseingeknastet sind. Nein, keine uneinge-schrnkte Solidaritt zu wem auch immer

    fordern wir hier ein.

    Wir sprechen uns dafr aus u.a. Projektewie die Rote Hilfe International zu unterstt-zen, die sich den Aufbau einer internationa-listischen Klassensolidaritt zum erklrtenZiel setzt; eine Initiative politische Antire-pressionsarbeit mit dem Kampf gegen Ka-pitalismus und Imperialismus zu verbinden.Viele, viele solidarische GenossInnen undFreundInnen wrden wir an dieser Stelleunmittelbar danken wollen. Allein der Platzreicht innerhalb eines kleinen Redebei-trages nicht aus. Stellvertretend wollen wiruns an den Schweizer ko-anarchistischenGefangenen Marco Camenesch wenden,der uns fr den Aktiontag eine kmpferischeGrubotschaft zukommen lie: Hey, lassuns zusammen unsere vielfltigen Waffender Solidaritt weiter schmieden!!

    Freiheit fr alle politischen und sozialenGefangenen!Freiheit fr Mustafa Atalay!Internationale Klassensolidarittaufbauen - Kapitalismus zerschlagen!

    Einige Ex-Gefangene aus dem mg-

    Verfahren

    Gruwort von Ex-Gefangenen im mg-Verfahren zum Aktionstag

    Rote Hilfe International Wandbildaktionen inStuttgart und Magdeburg. (Bild aus Stuttgart)

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    Nach 26 Jahren und 1 Monat ist Chri-stian endlich auf freien Fu. Die Re-daktion wnscht Christian alles Gute.

    Wir verffentlichen dazu zwei Stel-lungnahmen von dem Gefangenen

    Thomas Meyer-Falk und der RotenHilfe. Zur Roten Hilfe ist noch zu sa-gen, dass wir den Begriff Morde lie-ber durch die Bezeichnung Ttung er-setzt htten.Christian Klar war zwar von den Ge-fangenen der RAF mit 26 Jahren amlngsten ohne Unterbrechung inhaf-tiert, aber Brigitte Mohnhaupt war ne-ben den 24 Jahren auch schon in densiebziger Jahren ber 4 Jahre einge-knastet gewesen. Weggeschlossen

    war sie also insgesamt ber 28 Jahre.Redaktion

    Willkommensgru

    Wer Christian einen nanziellen Will-kommensgru schicken will, kann absofort bis Ende Februar 2009 einenBeitrag mit Angabe des Verwendungs-zweck Willkommen berweisen an:

    Unser Konto: Sparkasse MainzKontoinhaber: Freiheit jetzt!Kontonummer: 10 17 12 56 99Bankleitzahl: 550 501 20

    ChristianKlar istendlich frei

    Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte ent-schieden nach 26 Jahren Freiheitsentzug,das ehemalige Mitglied der RAF, ChristianKlar zum 03.01.2009 auf Bewhrung ausdem Strafvollzug zu entlassen.Die meisten Jahre seiner Haftzeit ver-brachte Klar hier in der JVA Bruchsal. In derffentlichkeit wurde ber die Entscheidungdes OLG Stuttgart heftig diskutiert, kaumein Blatt oder Sender der nicht die Stimmedes Volkes (Einsperren fr immer...) zuWort kommen lie.Jedenfalls meinte nun auch der 1. Sprecherder Gefangenenvertretung, Herr Peter L.sich im Lokalblatt von Bruchsal (BruchsalerRundschau/ Badische Neueste Nachrich-ten) mit einem Leserbrief zu Wort meldenzu mssen. Bei der Gefangenenvertretunghandelt es sich um das von den Inhaftierten

    der JVA Bruchsal gewhlte Gremium ge-m 160 Strafvollzugsgesetz. Diesemsoll es ermglicht werden, an der Verant-wortung fr Angelegenheiten von gemein-samen Interesse teilzunehmen, wie es imGesetz heit. Sich also um Probleme desSpeiseplans, der Einkaufsliste und hnlicheDinge kmmern. Manche sprechen von ei-ner Alibieinrichtung, denn mit rechtlich ein-klagbaren Rechten wie bspw. die Personal-vertretung, ist die GV nicht ausgestattet.In der Ausgabe vom 06.12.08 wurde einLeserbrief des besagten 1. Sprechers ab-gedruckt. Nach der freundlichen Einleitung,

    wonach man die Freilassung des HerrnKlar durchaus begre, folgt eine Gene-ralabrechnung mit dem angeblich wenigsozialen Verhalten des Herrn Klar whrendder Haft. So bemngelt Herr L., da sichChristian Klar nicht um weniger intelligenteoder sozial Schwchere unter den Gefan-genen gekmmert habe. Vielmehr erfahreer eine Priviligierung, da er nach ein biss-chen Tisch-Tennis spielen vor Jahren undeinigen Jahren Erfllen der Arbeitspicht,

    nun ohne langjhriges abgestuftes Locke-rungsprogramm entlassen werde, wo esdoch Mitgefangene gebe die viel weniger

    schlimme Dinge angestellt htten als HerrKlar und immer noch, mitunter auch viellnger als die 26 Jahre des Christian Klar,inhaftiert seien.Ob der (ebenfalls zu lebenslanger Haft ver-urteilte) Herr L. sich selbst damit gemeinthaben knnte sei dahin gestellt, jedenfallshaben sich mir gegenber mehrere Mit-glieder der GV dahingehend geuert, derLeserbrief sei so nicht mit ihnen abgespro-chen worden und werde auch nicht von ih-nen gebilligt.Die Lokalzeitung freilich nahm den Leser-brief zum Anlass, in der selben Ausgabe auf

    der Politik-Seite einen lngeren Artikel zuverffentlichen, in welchem der Leserbriefreferiert wird unter der berschrift: Gefan-gene kritisieren Klars Freilassung.Die Stuttgarter Nachrichten bernahmeneine Kurzmeldung, selbst bis in die Bild-Zei-

    Kontroverse umChristian Klars Freilassung?

    tung soll es Peter L. damit geschafft haben.Der Leserbrief hat so einen Geruch, dahier jemand seine persnliche Animosittgegen einen Mitgefangenen ausagierte;denn der Kern seines Leserbriefes zieltdurchaus in eine richtige Richtung. L. mo-niert, da die Bundesjustizminitserin Zy-pries habe verlauten lassen, Herr Klar seiwie jeder andere Hftling behandelt wor-den. Was so selbsverstndlich nicht stimmt,schon angefangen bei den jahrelangenSonderhaftbedingungen! Oder der Verfol-gungseifer des bad.-wrttem. JustizministerProfessor Dr. Goll, was die Verweigerungvon Vollzugslockerungen betrifft.Zutreffend ist, da Langstrafer so gut wie nieohne vorherigen umfangreiches und lang-

    jhriges Lockerungsprogramm in Freiheitentlassen werden; in diesem Punkt wurde

    Herr Klar tatschlich nicht wie jeder ande-re Gefangene behandelt (hierber emprtesich Herr L. ganz besonders). Aber das istdoch schn fr Herrn Klar - und alle ande-ren Gefangenen! Knnen letztere doch nunauf den (laut Bundesjustizministerin) Nor-malfall Christian Klar Bezug nehmen undeine Gleichbehandlung einfordern!

    Die angesprochenen Artikel:

    http://wap.bild.de/BILD/news/vermischtes/2008/12/06/christian-klar/mithaeftlinge-beschweren-sich-ueber-raf-

    terrorist.html

    http://www.sueddeutsche.de/politik/845/450566/text/

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,594750,00.html

    http://www.newstin.de/rel/de/de-010-002190844

    Thomas Meyer-Falk

    Seit 1996 wegenBankraubes zur Fi-nanzierung legalerund illegaler linkerpolitischer Projektein Haft. Er wurde zu16 Jahren und 9 Mo-naten verurteilt.

    Thomas Meyer-Falkc/o JVA Bruchsal, Zelle 3113Schnbornstrasse 32D-76646 Bruchsal

    Soliseiten fr Thomas Meyer-Falk:http://www.freedom-for-thomas.de/http://www.freedomforthomas.word-press.com/

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    Januar 2009 | Gefangenen Info | 9

    weitere Infos ber die Rote Hilfe: www.rote-hilfe.de

    Am heutigen Freitag, den 19.12.2008, wur-

    de Christian Klar nach mehr als 26 JahrenHaft aus der Justizvollzugsanstalt Bruchsalentlassen. Er war nach jahrelanger Sucheam 16. November 1982 festgenommen undseitdem unter Verschluss gehalten wor-den. 1992 wurde er unter anderem wegenangeblicher Beteiligung an den Morden anGeneralbundesanwalt Siegfried Buback, anBankier Jrgen Ponto und an Arbeitgeber-prsident Hanns Martin Schleyer zu lebens-langer Freiheitsstrafe als Gesamtstrafeverurteilt, die aus sechs lebenslangen Ein-zelfreiheitsstrafen und so genannten zeiti-gen Freiheitsstrafen von 15, 14 und zwlf

    Jahren gebildet worden war.

    Die Rote Hilfe hat seit vielen Jahren dielngst berfllige Freilassung der verbliebe-nen Gefangenen aus der Rote Armee Frak-tion (RAF) gefordert. Dass diese Forde-rung nicht durchsetzbar war, zeigt nicht nureine Niederlage der Solidarittsbewegung.Es offenbart auch die Tatsache, dass derUmgang mit den Gefangenen aus der RAFbis zum heutigen Tag, mehr als zehn Jah-re nach ihrer Selbstausung, von einem

    staatlichen Rachebedrfnis geprgt ist. Ins-besondere Christian Klar ist als Symbolgur

    fr den Aufbruch der Stadtguerillagruppenin den 1970er Jahren abgestraft worden; erwar lnger inhaftiert als irgendein andererGefangener aus der RAF.

    Die rechtsstaatlichen Sonderbehandlungen,die den ehemaligen und vermeintlichen Mit-gliedern der Roten Armee Fraktion zuteilwurden, dmpfen die Freude allerdingserheblich. Gekaufte KronzeugInnen, ver-schwundene, unter Verschluss gehalteneoder vernichtete Beweise und Dokumente,ausgehebelte VerteidigerInnenrechte undSondergesetze machten und machen diese

    Verfahren zur offensichtlichen Farce. DerTerrorparagraph 129a erbrigte in den mei-sten Fllen jeden individuellen Tatnachweis.

    Die Rote Hilfe begrtdie Freilassung vonChristian Klar

    Allen Mitgliedern der RAF wurden regelm-

    ig smtliche, whrend ihrer Mitgliedschaftbegangene Taten zur Last gelegt. Den aufdem Gewaltmonopol beruhenden brger-lichen Rechtsstaat wurmte es besonders,dass einige Angeklagte, darunter ChristianKlar, nicht zu justizgeflligen Reuebekun-dungen bereit waren. Erst letztes Jahrwar Christian aufgrund antikapitalistischerBekundungen auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz von Bundesprsident Khler dieUnterschrift unter ein so genanntes Gna-dengesuchm verweigert worden.

    Die Rote Hilfe, nicht nur der Bundesvor-

    stand, sondern alle Ortgruppen, Gremienund Mitglieder, wnschen Christian Klareinen guten Start ins Leben auerhalb derKnste. Bedanken mchten wir uns beiseinem Anwalt Dr. Schneider fr die uner-mdliche Arbeit, die er geleistet hat, und beiall jenen, die sich jahrelang fr die Freilas-sungsforderung eingesetzt haben und da-bei sehr solidarisch miteinander umgegan-gen sind.Der Kampf gegen die politische Justiz undfr die Freiheit der politischen Gefangenenist aber keineswegs berssig geworden.

    So sitzt mit Birgit Hogefeld ein weiteres Mit-

    glied der RAF im Gefngnis, in Stammheimndet zurzeit ein absurdes 129b-Verfahren

    gegen trkische Exil-Linke statt und in Ber-lin mssen sich aktuell drei Genossen we-gen einer vermuteten Mitgliedschaft in dermilitanten gruppe verantworten. UnsereSolidaritt bleibt unteilbar: Angeklagt sindwenige, gemeint sind wir alle!

    Die Rote Hilfe e.V. fordert auch weiterhin:

    Weg mit den Gesinnungsparagraphen129a und 129b!Freiheit fr alle politischen Gefangenen!

    Mathias Krause fr den

    Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.

    Kurzmeldungen:

    Dsseldorf: Der 129bProzess wegen vermeint-licher Mitgliedschaft in derDHKP-C (RevolutionreVolksbefreiungspartei-Front) gegen den am 08.April 2007 verhafteten Fa-

    ruk Ereren beginnt am 15.Januar 2009 vor dem Dsseldorfer OLG.Ihm wird angelastet, seit 1994 der oberstenFhrungsriege der DHKP-C anzugehrenund Mitglied des Zentralkomitees der Orga-nisation zu sein. Ihm werden Mord, Mord-versuch, Rdelsfhrerschaft sowie mehrereSprengstoffanschlge zur Last gelegt. DerProzess ist vorerst bis Juni 2009 terminiert.

    Dsseldorf: Am 08. und09. Dezember 2008 fandvor dem Dsseldorfer OLG

    ein 129a Prozess gegendie in Athen lebende Jour-nalistin Heike Schraderwegen vermeintlicher Mit-gliedschaft in der DHKP-C

    statt. Der Prozess endete nach zwei Ver-handlungstagen mit einer Bewhrungs-strafe von einem Jahr und zehn MonatenHaft auf drei Jahre. Der Prozess wurde vonProzessbeobachterInnen verschiedenerOrganisationen mitverfolgt. Darber hinauswurde in verschiedenen Erklrungen dieAbschaffung der 129a und b gefordert.

    Stuttgart: Am 15. Januar2009 beginnt in Stuttgart-Stammheim ein 129aProzess gegen Thomas K.,dem die Mitgliedschaft inden Revolutionren Zellen(RZ) vorgeworfen wird. Da-rber hinaus wird Thomas

    K. von der Bundesanwaltschaft eine fh-rende Rolle in den RZ zugeschrieben. Ersoll an der Verfassung einiger programma-tischer Texte der RZ mageblich beteiligtgewesen sein. Thomas K. war im Dezember

    1987 abgetaucht und hat sich im Dezember2006 freiwillig den Behrden gestellt. ImJuli 2007 erschien die Anklageschrift.

    Nordrhein-Westfalen:Nach dem landeswei-ten Repressionsschlag inNRW am 05. November2008, wobei es zu den Ver-haftungen von Nurhan Er-dem (Foto), Cengiz Obanund Ahmet Istanbullu kam,

    steht in Krze ein weiteres 129b Verfahren

    in Dsseldorf an. Den drei Betroffenen wirdvorgeworfen, fr die DHKP-C Spenden-gelder gesammelt zu haben und fr die Or-ganisation als Gebietsverantwortliche ttiggewesen zu sein.

    Auf nach Berlin zur bundesweitenDemo am Samstag,den 21. Mrz 2009 aus Solidarittmit den Angeklagten immg-Verfahren und allenpolitischen Gefangenen weltweit.

    Internationale KonferenzWiderstand und Solidarittam 22. Mrz 2009 in Berlin

    Nhere Ankndigungenfolgen.

    Berliner 18.3. Vorbereitungskreis www.political-prisoners.net

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    129b Verfahren in Stuttgart-Stammheim- Aufruf zur Prozessbeobachtung- Aktion in Hamburger Kirche fr die Freilassung von Mustafa Atalay

    Wir dokumentierenden Aufruf vomKomitee gegen 129:

    Auf Montag, den 26. Januar 2009, mobi-lisieren wir auf eine Delegation zum Pro-zess in Stuttgart-Stammheim, um uns mitden Gefangenen solidarisch zu zeigen.Im November 2006 wurden bei bundeswei-ten Razzien 59 Wohnungen und Vereins-rume durchsucht und teilweise verwstet.Basierend auf dem Vorwurf der Mitglied-

    schaft in einer terroristischen Vereinigungim Ausland (129b) wurden Mustafa Ata-lay, Ahmet D. Yksel, Hasan Subasi, De-vrim Gler und Ilhan Demirtas verhaftet.Sie sollen Mitglieder in der DHKP-C (Re-volutionre Volksbefreiungspartei-Front)sein, welche in der Trkei aktiv ist und seit2002 auf den so genannten Anti-Terror-Listen der EU steht.Der Prozess luft seit dem 17. Mrz 2008in Stuttgart-Stammheim und ist der erste129b-Prozess, der sich gegen mehrereLinke richtet. Mit diesem Prozess soll einPrzedenzfall fr den 129b geschaffen

    werden, dessen Ausgang fr alle weiterenVerfahren nach diesem Paragraphen rich-tungweisend sein wird und den Weg fr dieKriminalisierung weiterer Strukturen ebnenwird. Trotz oder gerade wegen der Be-deutung und politischen Brisanz wird derProzess von einem medialen Schweigenbegleitet. Es wird versucht, ihn mit allenSkandalen auf rechtlicher wie auf mensch-licher Ebene hinter geschlossenen Trenbis zu einer Verurteilung fortzufhren.

    Mit der Prozessdelegation am Montag,den 26. Januar 2009, wollen wir diesesSchweigen ein Stck durchbrechen. Daherrufen wir dazu auf sich mit den Gefange-nen solidarisch zu zeigen und sich an derProzessdelegation zu beteiligen, um dieMauern der Isolation und des Schweigenszu brechen.

    Freiheit fr Mustafa Atalay, Ahmet D. Yk-sel, Hasan Subasi, Devrim Gler und IlhanDemirtas!Hoch die Internationale Solidaritt!

    Treffen fr die Prozessbeobachtung:Montagt, den 26. Januar 2009, 9:00 UhrJVA Stuttgart StammheimAsperger Str. 4970439 Stuttgart

    Komitee gegen 129

    Fr Fragen: [email protected]

    Heilig Abend gegen 23 Uhr anllich derChristmesse der Predigt der Bischn Ma-

    ria Jepsen im Hamburger Michael, der ei-ner der Hauptkirchen dieser Stadt ist. Einehandvoll Menschen verlassen ihre Pltze,gehen zum Altar, bemchtigen sich desMikrofons und fordern ffentlich die Freilas-sung des haftunfhigen Mustafa Atalay.Weiterhin mge sich die Bischn fr

    Mustafa Atalay einsetzen. Sie und ein wei-terer Geistlicher weigerten sich Stellung zunehmen und wollten ihren Gottesdienst wei-terfhren.Die DemonstrantInnen liessen sich abernicht abwimmeln und hielten eine kurze

    Rede zu Mustafa Atalay! Danach ber-reichten sie Jepsen Hintergrundmaterialeinschlielich diverser Gutachten zu Musta-fa und verteilten eine Resolution, mit derAufforderung seiner Freilassung. Danachgab es sogar unerwartet Beifall von den Kir-chenbesucherInnen.Wren mehr InterventionistInnen anwesendgewesen, htte mensch lnger bleiben kn-nen.Die DemonstrantInnen verlieen unbehel-ligt die Kirche.

    Diese Erklrung wurde verteilt:

    Mustafa Atalay ist einer der fnf Angeklag-ten im 129b- Prozess vor dem Oberlan-desgericht Stuttgart. Ich bin ein Journalistund ein Sozialist - kein Terrorist hat er aufden Anklagevorwurf der Mitgliedschaft ineiner auslndischen terroristischen Vereini-gung erwidert.Mustafa Atalay ist 52 Jahre alt und lebt seit2000 in Deutschland als politischer Flcht-ling. Er bendet sich seit November 2006

    ununterbrochen in Untersuchungshaft. Diemeiste Zeit davon war er isoliert unterge-bracht und er hat strenge Sonderhaftbedin-

    gungen.Mustafa Atalay ist schwer herzkrank. 2006erlitt er einen Infarkt. Ihm mussten drei By-psse gelegt werden. Seine Festnahmeerfolgte aus einer Rehabilitationsklinik he-raus. Zwei Bypsse sind wieder verstopft.Whrend der Haft waren am Herzen weitereEingriffe ntig. Wegen der Herz-Kreislauf-probleme und anderer Erkrankungen erhlter tglich 8 bis 10 Medikamente.Mustafa Atalay war ber 15 Jahre im Ge-fngnis in der Trkei. Er wurde schwer gefol-tert und hat bleibende krperliche Schdenerlitten. Ein vom Gericht bestellter Gutachter

    hat das Vorliegen eines posttraumatischenBelastungssyndroms festgestellt.Mustafa Atalay muss sofort aus der Haftentlassen werden!Mehr als hundert Menschen und Grup-pen, darunter aber auch Prominente, wie

    die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke(Die Linke) und der Schriftsteller Peter O.Chotjewitz, haben diesen Solidarittsaufruffr die sofortige Freilassung von MustafaAtalay unterzeichnet. Gemeinsam mit Ah-met Dzgn Yksel, Ilahn Demirtas, DevrimGler und Hasan Subasi wird Mustafa vomStaatschutzsenat in Stuttgart-Stammheimvorgeworfen, Spenden zur Finanzierungdes bewaffneten Kampfes der Revolutio-nren Volksbefreiungspartei - Front (DH-KP-C) in der Trkei gesammelt zu habenund somit Mitglied einer auslndischenterroristischen Vereinigung zu sein. Erst-malig kommt damit in Deutschland der Pa-

    ragraph 129b (Untersttzung einer terrori-stischen Vereinigung im Ausland) gegendie politische Linke zur Anwendung.

    Devrim Gler, einer der 5 Gefangenen ausdem Stuttgarter 129b-Verfahren zu Musta-fas Gesundheitszustand:So mache ich mir ernsthafte Sorgen umMustafa, der tglich 9-10 Tabletten ein-nehmen muss. Seine Gesichtsfarbe nimmtwhrend der Verhandlung solch einen grau-schwrzlichen Ton an, dass man es mit derAngst zu tun bekommt. Dennoch versuchter sich, soweit es ihm mglich ist, nichts

    anmerken zu lassen und sich tapfer zu hal-ten.Da trotz der Solidaritt das zustndige Ge-richt bisher Mustafa nicht freigelassen hat,hielten es die Menschen fr notwendig f-fentlich im Michel zu intervenieren, um mehrDruck auszuben.

    Reaktionen

    Durch diese Aktion konnte auch das Schwei-gen der brgerlichen Zeitungen durchbro-chen werden: Die Hamburger Morgenpostberichtete am 27.12.2008 in einem Artikel

    davon: Bischn Jepsen nahm den Vor-fall in ihrer Predigt auf und versprach dasAnliegen an die zustndige Behrden wei-terzuleiten.Auch gab es dazu Verffentlichungen in derOnlinezeitung www.scharf-links.de und beiIndymedia, sowie weitere Unterschriften.

    * Die Solidarittserklrung kann per E-Mailuntersttzt werden:[email protected]

    Fr Informationen bezglich der Freilas-

    sungskampagne fr Mustafa Atalay:

    www.no129.info

    www.political-prisoners.net

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    Wir haben in dieser Zeitschrift schon meh-rere Photos von Mosaiken aus Marmor vonPaolo Neri, die Gefangene aus der RAF zei-gen, abgebildet.

    Paolo wird in Mrz mit seinen Werken

    hierher kommen:

    - In Hamburg im Rahmen des 18. Mrz vonSonntag, den 15.3. bis Mittwoch, den 18.3:

    Centro SocialeSternstrae 2Backsteingebude Ecke Neuer Kamp, U-Bahn Feldstrae20357 Hamburg

    - In Bremen von Donnerstag, den 19.3. bisSonntag, den 22.3:

    Galerie Cornelius HertzRichard Wagner Strae 2228209 Bremen

    Daten fr Berlin und Stuttgart folgen!

    Am Montag, dem 8. Dezember, wurdenvom Dessauer Landgericht die beiden an-geklagten Polizisten freigesprochen. DerVorsitzende Richter Steinhoff erklrte, es

    htte keinen rechtsstaatlichen Prozessgegeben, der Prozess sei eine Farce ge-wesen, da Polizeizeugen im Prozess vielewidersprchliche Aussagen gemacht habenund logen.Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jal-loh qualvoll in der Zelle Nr. 5 im DessauerPolizeigewahrsam, in der knapp drei Jahrezuvor Mario Bichtermann, ein Obdachloser,starb. Oury Jalloh war verhaftet worden,weil er Frauen belstigt haben soll. Die Po-lizeidirektion verbreitete die Behauptungdes Dienstgruppenleiters (DGL) Schubert,er habe sich selbst angezndet, nachdem

    er verhaftet worden war, er sei betrunkengewesen und habe zudem Marihuana undKokain konsumiert. Es wurde der Eindruckerweckt, dass Oury Jalloh sterben wollte.Obendrein bediente sich die Polizeidirek-tion der rassistischen Klischees, dass alleSchwarzen mit Drogen dealten und siebesonders triebhaft seien. Obwohl nichteinmal eine Anzeige erstattet worden war,galt und gilt fr Oury Jalloh die Unschulds-vermutung nicht, ble Nachrede und Ver-unglimpfung des Todesopfers sind erlaubt.Der rassistische Unterton war, Oury Jal-loh sei ein Wirtschaftschtling, der das

    Asylrecht missbrauche und abgeschobengehre - und obendrein noch obiges tue,selbst schuld.Dieses rassistische Verhalten wurde nichtgeahndet, das Innenministerium bernahmdie abenteuerliche Behauptung des DGLSchubert. Der DGL ist fr den Gewahr-samsbereich verantwortlich. Unter Schu-

    berts Verantwortung war bereits MarioBichtermann gestorben. Die Aufgabe derStaatsanwaltschaft ist es, bevor sie eineAnklageschrift verfasst, Ermittlungen anzu-

    stellen. Aber in diesem Fall legte sie einenZeitablauf zugrunde, der nur auf DGL Schu-berts Aussage beruhte. In diesem Prozessbasierte die Anklage auf Aussagen desHauptangeklagten.Das Landgericht Dessau folgte diesem Kon-strukt. Im Prozess konnten die Polizistenungestraft lgen und ihre Aussagen mit Hil-fe des Justiziars der Polizeidirektion Dessauabsprechen. Die Aufgabe eines Justiziars istes, darauf zu achten, dass in seinem Aufga-benbereich keine Rechtsbrche passieren.Die Aufgabe eines Richters ist es, einenrechtsstaatlichen Prozess zu fhren, Zeu-

    gen zu vernehmen und Falschaussagen zuunterbinden. In diesem Prozess wurde nurein einziger Polizist als Zeuge vereidigt, beieinem weigerte sich der Richter Steinhoff,ihn als Zeugen zu vereidigen. Auerdembehinderte er die Befragung der Zeugendurch die Nebenklage.Diese wissentlichen Pichtverletzungen al-ler Beteiligten machten einen rechtsstaatli-chen Prozess unmglich. Der Verdacht liegtnahe, dass dieser Prozess gefhrt wurde,um die Polizei rein zu waschen.Whrend im Landgericht der Freispruch frdie angeklagten Polizisten verkndet wur-

    de, griff die Polizei die Demonstration derInitiative In Gedenken an Oury Jalloh vorder Polizeidirektion Dessau an, kesselte sieein und drohte die Demonstration aufzu-lsen. ProzessbeobachterInnen, die davonerfuhren, verlangten eine Unterbrechungdes Prozesses und zeigten ihre Trauer undihre Wut ber das Urteil. Dies wurde spter

    von der Presse als Tumulte und Emoti-onen abqualiziert. Ein Aktivist wurde bru-tal im Gerichtssaal verhaftet. Vor dem Land-gericht wurde die Demonstration nochmals

    angegriffen.

    Konsequenzen:

    Der Rechtsstaat hat sowohl im Prozessum den Tod von Laye-Alama Cond (ge-storben am selben Tag in Bremen durchgewaltsame Verabreichung von Brechmit-teln) als auch im Prozess um den Tod vonOury Jalloh versagt. Dies ist nur die Spitzeder Rechtlosigkeit. Seit 1993 starben durchdeutsche Polizisten 128 Menschen. Keinerder tatbeteiligten Polizisten ist zu mehr als1 Jahr auf Bewhrung verurteilt worden. Wir

    fordern eine unabhngige Kommission, dieden Tod von Oury Jalloh untersucht. Dieskann aber nur der Anfang einer Aufarbei-tung der Polizeigewalt in der BRD sein.Des Weiteren mssen Kontrollstellen frPolizeigewalt, die unabhngig von den In-nenministerien sind, in den Bundeslnderneingerichtet werden. Der permanente sog.Polizeiskandal in Sachsen-Anhalt ist keinisoliertes Phnomen, sondern zeigt, dassder Rechtsstaat weder bei Polizeigewaltnoch bei Gewalt von Nazis gegen Unbe-queme, MigrantInnen und Asylbewerbe-rInnen funktioniert.

    Oury Jalloh - das war Mord!Gegen Polizeigewalt und Rassismus!

    http://www.ludwigstrasse37.de

    Ende des Oury-Jalloh-Prozesses:

    Institutioneller Rassismusund organisierte Verantwortungslosigkeit

    DAS FEUER ERLISCHT NICHTPrsentation einer Ausstellung

    Der Titel stammt aus einem Gedicht, dasPablo Neruda anlsslich des Todes derGenossin Tina Modotti geschrieben hat.Ich habe mich entschieden, diesen Satz zubernehmen fr das Werk, das ich am fer-tigstellen bin. Es besteht aus acht Mosaikenaus Marmor, wovon sieben bereits beendetsind, das achte zu Sigurd Debus ist in Be-arbeitung. Die Portraits reprsentieren mi-litante, deutsche Angehrige der RAF und

    des Widerstandes, welche in den Gefng-nissen der Bundesrepublik Deutschland ge-storben sind.Ich habe die Absicht, diese Ausstellungin Europa zu zeigen, vor allem aber inDeutschland. Ich denke, dass ich nicht er-

    klren muss, dass dieses Werk nicht ver-kuich ist.

    Walter Benjamin bemerkt in seinem WerkDer Autor als Produzent, dass ein Kunst-werk zusammen mit der richtigen politischenTendenz auch jede andere knstlerische

    Qualitt beinhalten soll. Dem Knstler, derfr das Proletariat eintritt, stellt sich dieFrage nach dem richtigen politischen In-halt als auch die Frage der knstlerischenQualitt. Die Tendenz eines Werkes kannim politischen Sinne nur richtig sein, wennes auch richtig ist aus dem knstlerischenBlickwinkel.Es wre wnschenswert, wenn die Ausstel-lungsrume dem Betrachter eine Distanzvon mindestens fnf Metern zum Bild er-mglichen knnten. Die Masse der Mosa-ike variiert ungefhr zwischen fnfzig undhundert Kilo.

    Bilder im Internet:

    http://www.bibliotecamarxista.org

    /manifesti.htm

    unter mosaici artistici

    Januar 2009 | Gefangenen Info | 11

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #344

    12/20

    die berwachung totalisiert. Werden Flcht-linge an den Auengrenzen in den Tod ge-trieben, werden vermeintliche Dealer mittels

    Brechmitteln ermordet, wird auf diejenigen,die diese Verhltnisse angreifen, scharf ge-schossen.Alexis war nicht unschuldig. Er war schuldigfr ein besseres Leben eingetreten zu sein.Er ist wie wir ein Rebell ohne Grund, weildie kapitalistische Wirklichkeit uns Grundgenug zur Auehnung und Revolte ist. Weil

    wir die Rationalitt und vermeintliche Sach-lichkeit der heimgekehrten Cohn-Benditsund Joschka Fischers verachten. EinenFrieden mit einem System, das weltweit Ar-mut, Krieg und Ausbeutung exportiert. Wirlehnen uns auf, weil wir ein Leben lebenwollen, das diesen Namen verdient.Alexis ist unser Freund und Weggefhrte. Erist nicht verschwunden, sondern anwesend.In unseren Kmpfen, unserem Begehren,der Explosion unserer Wut. Sein Namehallt, wie die Schsse, die ihn gettet ha-ben, von den Wnden der Stdte. Man hrtseine Schritte in den Straen. Sie erzhlenvon unserem und seinem Trotz nicht kleinbeizugeben. Dem Mut und der Notwendig-keit dem vermeintlich Unabnderlichen zuwidersprechen und ein fr allemal in Rich-tung einer gerechteren Welt in Bewegungzu geraten. Einer Welt die Unterdrckungund Ausbeutung, Sexismus und Rassis-

    mus nicht als gegeben hinnimmt, sonderndie den Aufstand probt. Einem Alltag, dersich von Kapitalismus und Lohnarbeit be-freit. Der jeden Tag aufs neue die falschenWahrheiten und Normen, die wir vornden,

    in Frage stellt.

    Regierung strzen!

    Wir sind an der Seite der hungerstreikendenGefangenen in Griechenland, der kmp-fenden Student_innen, der Streikenden inden Fabriken, Bros und Lden. Wir sindauf der Strae mit den Autonomen in Exar-

    chia und den Schler_innen, die ihre Schu-len besetzen. Wir sind an der Seite aller die-ser Menschen, weil unsere Sehnsucht nachVernderung sich auf der Strae trifft. Weildie Welt ein Dorf ist und wir mittendrin. WeilRegierung strzen auf griechisch das selbemeint. Wir die selbe Sprache sprechen, diegleichen Lieder mgen und das Glas beiden hohen Tnen splittert.

    Hren wir nicht mehr auf zu schreien!

    NO JUSTICE - NO PEACE!CAPITALISM KILLS!

    Autonome aus Hamburg

    internat

    ional

    Zwischenstandder Festnahmen inGriechenland

    246, davon 66 im Knast plus 50 Mi-grantInnen und Flchtlinge, die so-

    fort zu 18 Monate ohne Bewhrungverurteilt worden sind und unter derGefahr der Abschiebung stehen.

    Die Verhaftungen fanden infolgenden Stdten statt:

    Thessaloniki:21 Festnahmen,davon 3 Minderjhrige

    Kozani:34 Festnahmen

    Ptolemaida:7 Festnahmen

    Larissa:25 Festnahmennach dem Antiterrorgesetz

    Patras:21 Festnahmen,davon 9 Minderjhrige.

    Chania:6 Festnahmen

    Iraklio:22 Festnahmen, darunter11 Eltern und 7 Minderjhrige

    Volos:6 Festnahmendarunter 5 Minderjhrige

    Rethimno:1 Festnahme

    Kavala:2 Festnahmen

    Kastoria:1 Minderjrige

    Zakynthos:6 Festnahmen,davon 5 Minderjrige

    Rhodos :18 Festnahmen

    Quelle:Athen, Indymedia, Dezember 2008

    Am Samstag, den 6. Dezember wurde der15jhrige Alexis Grigoropoulos von einemPolizisten in Athen erschossen. Die Erschie-

    ung von Alexis fand statt vor dem Hinter-grund zahlreicher politischer Auseinander-setzungen. Der grte Teil der griechischenGefangenen befand sich bis vor kurzem ineinem Hungerstreik fr bessere Haftbedin-gungen, an den Universitten des Landesbrodelt die Unruhe und am Mittwoch beginntein schon lnger angesetzter Generalstreikgegen die Politik der Regierung.Ein Ort wo viele solcher Kmpfe zusam-mentreffen, ist der Athener Stadtteil Exar-chia. Als ein Streifenwagen der Polizei dortam Samstag mit Steinen beworfen wurde,hat ein Beamter seine Pistole gezogen unddreimal geschossen. Eine Kugel traf Alexisin die Brust, er starb noch auf dem Weg insKrankenhaus. Die Staatsanwaltschaft wirftdem Polizisten, der abgedrckt hat, Tot-schlag vor. Er selbst sagt, es waren Warn-sche. Wir sagen es war Mord!In ganz Griechenland ist es daraufhin zuProtesten gekommen. Universitten wurdenverbarrikadiert, Verkehrswege blockiert undmehrere groe Demonstrationen fandenstatt. In fast allen Landesteilen Griechen-lands bleiben die Schulen aus Protest ge-gen die Ermordung von Alexis geschlossen.Innenminister Prokopis Pavlopoulos undsein Stellvertreter haben ihren Rcktritt an-

    geboten, aber Ministerprsident Konstanti-nos Karamanlis lehnte ab. Der Protest gehtweiter, entwickelt sich zur Revolte und derenndet sich auch in anderen europischen

    Stdten wieder. In London und Berlin wur-den Botschaften besetzt und in vielen Std-ten gibt es Solidarittsdemonstrationen.

    In Athen wurde auf uns alle geschossen!

    Wir sind wtend und bestrzt ber dieSchsse in Athen. Wir sehen darin keinenEinzelfall und auch kein berreagiereneines einzelnen Beamten, sondern einen

    roten Faden der Repression, welcher vonGenua ber Gteborg nach Athen reicht. DerEinsatz von Schuwaffen gegen Demons-trant_innen ist kein Einzelfall. Wir erinnernuns z.B. an die G8/ASEM Demonstration,whrend der ein Polizist in Hamburg seinePistole zog. Vom Hamburger Innensenatorgab es fr diese letzte Manahme unmittel-bar vor dem Schuss volle Rckendeckung:Der Polizist habe gem seiner Einsatzvor-schriften gehandelt. Der SPD reichte selbstdas nicht: Sie fordert mehr Hrte gegen lin-ke Straftter und hetzt gegen politische Be-wegungen. Dieser Zynismus hat seine blu-

    tige Entsprechung in Exarchia gefunden.Die Schsse auf Alexis sind Ausdruck undSpitze einer europaweit zunehmenden Re-pressionsspirale, die zunehmend mehr Totefordert. Unter dem Stichwort der InnerenSicherheit werden Gesetze verschrft und

    Alexis Grigoropoulos. Presente!Fr autonome Bewegungen und denantikapitalistischen Flchenbrand

    12 | Gefangenen Info | Januar 2009

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #344

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    Gefangenenaufstnde sind regelmssigemediale Randnotizen. Man sieht ttowierte,wild gestikulierende Mnner auf dem Dachund anschliessend Horden von Polizisten,die der Situation wieder Herr werden. Soauch in Baja California Sur. Genauer hinge-schaut zeigen sich typische Ereignisse ausder Vorhlle der Globalisierung.Am Tag der Menschenrechte, dem 10. De-zember 2008, publizierte die Menschen-rechtsstelle des Bundesstaates Baja Ca-lifornia (Halbinsel nahe der Grenze zurUSA) ganze 22 Empfehlungen im Zusam-menhang mit den Gefngnisaufstnden imKnast La Mesa vom 14. und 17. September.Die staatlichen Menschenrechtsbros sind

    in Mexiko normalerweise zahnlose Papier-tiger (zugegeben, die Schweiz besitzt nichtmal eine solche Behrde). Doch unter die-sen Empfehlungen bendet sich eine an

    das lokale Parlament, um einen politischenProzess gegen den Polizeiminister, Danielde la Rosa Anaya, zu erffnen, eine ande-re fordert von Justizministerium die Erff-nung einer Untersuchung und das Zitierendes Polizeichefs als Angeklagter, eine drit-te fordert eine ffentliche Entschuldigungdes Gouverneurs Jos Guadalupe OsunaMilln gegenber den Familien der Insas-sen des Gefngnisses. Was geschah denn,

    dass die staatliche Menschenrechtsbehr-de scharf schiesst gegen ihre Mitesser amBuffet der Macht?

    Mexiko wird von einer Welle von Ressen-timents gegenber Verbrecher berzogen.Die tglich zunehmende Opferzahl im vonder Regierung Caldern tlpelhaft und ein-seitig militrische gefhrten Kampf gegendie Drogenmaa (Geldwsche ist beispiels-weise kein Thema, niemand wird verurteilt,Gesetze dagegen gibt es kaum, der neueInnenminister verteidigte der Geldwscheverdchtigte Firmen) ist eine Geschichte.

    Aber noch mehr beschftigt Fernsehsenderund Presse die Entfhrungen. Denn dieserlukrative Geschftsbereich des Hampagenannten kriminellen Untergrunds nimmtentweder zu oder wird mindestens strkerbeleuchtet. Betroffen sind naturgemss Fa-milien aus der Oberschicht, die Lsegeldfor-derungen begleichen knnen. Des fterendauern die Entfhrungen endlos lange undenden gar mit dem Tod der Opfer, was dieverzweifelten Angehrigen dann medien-wirksam den Behrden vorwerfen.Inzwischen hngt in fast jedem Dorf Mexi-kos ein grosses Transparent mit dem Bild

    einer Ratte oder eines vermummten Krimi-nellen und den markigen Worten, dass hiermit Ratten kurzer Prozess gemacht werde.Eine Strassenecke weiter macht die GrnePartei Mexikos (ein konservativer, korrupterFamilienbetrieb, der mit der PRI verbandelt

    ist) Propaganda fr ihre Forderung nach derEinfhrung der Todesstrafe fr Entfhrer.Die Todesstrafe wird tglich in Feuilletonund Fernsehen diskutiert, wobei die gros-se Parlamentskammer Mexikos in einemAnug von Vernunft die Diskussion darber

    am Dienstag abgelehnt hatte. Gleichentagswurden aber im Senat im Fast-track-Verfah-ren weitere Menschenrechtsverletzungendurchgedrckt: Das Allgemeine Gesetzzum System der ffentlichen Sicherheitbeinhaltet die verfassungswidrige Militari-sierung von Polizeistrukturen und die ber-wachung der Mobiltelefongesprche. Diesozialdemokratische PRD bedauerte ver-geblich, dass sie den Gesetzesentwurf erstvor 10 Minuten erhalten habe und deshalbeine tiefere Diskussion wolle. Innerhalb ei-ner Tagessession wurde diskutiert und ab-gesegnet, fertig lustig. Die Verbrechensbe-kmpfung heiligt alle Mittel.

    In diesem Setting des manufacturing con-sent ist auch die Aufstandsbekmpfung imKnast von La Mesa zu sehen: FranciscoJavier Snchez Corona, der Ombudsmannder Menschenrechtsbehrde von Baja Cali-fornia, konstatiert, dass nur die Ermordungvon 24 Insassen nachweisbar sei, denn andiesen Leichen wurde eine Autopsie durch-gefhrt. Aber es habe eine unbekannteAnzahl von toten Insassen, die nicht iden-tiziert werden konnten, da sie verbrannt

    wurden. Wobei 10 Scke mit Knochen si-chergestellt wurden. Die Autopsie der nichtverbrannten Leichen ergab, dass 18 der 24Insassen vorstzlich mit Schssen gettetwurden (11 in den Kopf, sechs in den Ober-

    krper). Zudem ist in den meisten Fllen dieBallistik eindeutig: Die Schsse durchque-ren die Krper von oben nach unten, wasmit den Zeugenaussagen korrespondiert,dass die bundesstaatliche Prventivpolizei(PEP) aus dem Helikopter auf die aufstn-dischen Gefangenen schoss.Der erste Gefangenenaufstand fand sei-nen Anfang, als der Kommandant JorgeEduardo Gonzlez Montero mit Hilfe vonzwei Schliessern 23 Insassen folterte, umherauszunden, wem eine Portion Mari-huana und ein Handy gehre. Bei dieserFolter wurde der Insasse Israel Blanco Mr-

    quez zu Tode geprgelt. Aus Anlass diesesMordes rebellierten die Hftlinge im BlockNr. 5 tags darauf, am 14. November. Undam 17. November folgten ihrem Beispieldie Frauen aus dem Block 7, die auf dasDach kletterten, um Essen, medizinischeVersorgung und Wasser zu fordern. Daraufwurden die Gefangenen mit Trnengas undSchlgen von Hundertschaften der Polizeiangegriffen. Die aufstndischen Hftlingeergaben sich schliesslich. Anschliessendbegann die Schiesserei. Eine unvorstellbareSafari aus dem Helikopter auf Insassen, diesich in einem letzten Aufbumen gegen

    die Unmenschlichkeit gewehrt hatten. DieAusgrenzung, Entrechtung, Entmenschli-chung und letztlich Vernichtung der Glo-balisierungsverlierer erreicht Niveaus, dieerschaudern lassen.

    Baja California Sur:

    Massaker nachNiederschlagung vonGefngisaufstnden

    - Direkte Solidaritt mit Chiapas -

    Januar 2009 | Gefangenen Info | 13

    Kurzmeldungen:

    Israel/ Palstina:Ahmad Saadat, der Ge-neralsekretr der PFLP(Volksfront zur BefreiungPalstinas), wurde EndeDezember 2008 von einemisraelischen Militrgerichtzu 30 Jahren Haft verurteilt.

    Er wurde als Kopf der Organisation ausge-macht, die die Verantwortung fr verschie-dene Aktionen zu tragen hat. 2006 wurdeSaadat von israelischen Soldaten aus dem

    palstinensischen Gefngnis in Jericho inein israelisches Gefngnis verschleppt undwartete seither auf seinen Prozess.

    Kolumbien: Die Revolutio-nren Streitkrfte Kolumbi-ens (FARC) haben in einerErklrung die einseitigeFreilassung von sechs ihrerGefangenen angekndigt.Wie die Alternative Nach-richtenagentur Neues Ko-

    lumbien (ANNCOL) unter Berufung auf eineMitteilung der Guerilla meldet, benden sich

    unter den Gefangenen drei Polizisten, einSoldat und zwei Zivilpersonen. Bei letzterenhandelt es sich um den frheren Gouver-neur Alan Jara und den Ex-AbgeordnetenSigifredo Lpez.

    Trkei: Der DHKP-C

    (Revolutionre Volksbe-freiungspartei-Front) Ge-fangene Ercan Kartal wur-de durch das IstanbulerSchwurgericht Nr. 14 wegender Ermordung von zde-mir Sabanci, Nilgn Hasefe

    und Haluk Grgn und wegen dem An-schlagsversuch gegen Kenan Evren, denJuntachef des Putsches vom 12. Septem-ber 1980 und 7. Premierminister der Trkei,erneut zu erschwerter, lebenslanger Haftverurteilt. Kartal bendet sich seit 1996 im

    Gefngnis und ist seit 2000 der Isolations-

    haft ausgesetzt.

    Spanien/ Baskenland:Nachdem Mitte NovemberMikel Garikoitz Aspiazuverhaftet wurde, kam esAnfang Dezember zu dreiweiteren Verhaftungen vonmutmalichen Mitgliedernder ETA. Bereits wenige

    Tage zuvor wurden 14 ReprsentantInnender baskischen Linken Abertzale bei einerRazzia verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen,

    mit der ETA kollaboriert zu haben, eine ter-roristische Vereinigung gegrndet zu ha-ben, sowie vorantreibende Krfte innerhalbder verbotenen Kommunistischen Parteider baskischen Territorien (EHAK) zu sein.

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    Im Folgenden dokumentieren wir, soweit esuns aus sprachlichen Grnden mglich ist,die Beitrge aus den verschiedenen Ln-dern. Wir haben sie zusammengefasst undstellen sie euch in 2 Teilen zur Verfgung.Viel Spa beim lesen und lernen!

    1.Tag / Freitag, 19. Dezember 2008

    Am ersten Tag sprachen verschiedene Ver-treter zum Schwerpunkt Migrationspolitikund der Situation der Asylsuchenden in denso genannten Gastlndern.Offensichtlich ist, dass die Migrationspolitikder EU mit der Sicherheitspolitik dem sogenannten Kampf gegen den Terrorismus -verbunden ist. Nach auen drckt sich diesin den verschrften Einwanderungsbestim-mungen und der militrischen Abschottungder EU nach auen (Festung Europa)aus.Nach innen sind Menschen mit Migrations-

    hintergrund mit einer sich verschrfendenRepression konfrontiert (Rasterfahndung,Abschiebehaft, Polizeikontrollen auf denStraen und Bahnhfen usw.). Zunehmendwerden Flchtlinge und MigrantInnen nichtals politische Flchtlinge anerkannt, son-dern als Problem der Inneren Sicherheitdargestellt. Vor allem muslimische Men-schen werden mit einer zunehmender Re-pression in den so genannten Gastlndernkonfrontiert. Ein Sprecher der AnatolischenFderation machte auf die zunehmendepolitische Repression gegen Menschenaus der Trkei aufmerksam, besonders in

    Deutschland und Frankreich.Historisch gesehen ist die Migrationspoli-tik schon immer an auenpolitischen Inte-ressen gekoppelt. Ein Beispiel ist, dass zuZeiten des Kalten Krieges (bis 89) Flcht-linge aus den osteuropischen Lndernkeine Probleme in der Aufnahme des jewei-ligen Gastlandes hatten. Im Gegenteil: Eswurde (aus rein propagandistischen Inte-ressen) begrt. Gleichzeitig hatten es tr-kische Menschen nach dem Militrputsch1980 sehr schwer einen Antrag auf Asyl ge-nehmigt zu kriegen. Seit 1990 ist eine An-gleichung der repressiven Migrationspolitik

    auf EU Ebene zu beobachten.Auch heute haben die repressiven Einwan-derungsbestimmungen zur Folge, dassviele MigrantInnen in die Illegalitt gedrngtwerden. Heute umso mehr, da die Aner-kennung des Aufenthaltsrechts auf legalem

    14 | Gefangenen Info | Januar 2009

    Seit dem Jahr 2002 ndet das Internationa-

    le Symposium gegen Isolation jhrlich imZeitraum des 19. bis 22. Dezember statt.Anlass ist das Massaker im Jahre 2000 inden trkischen Knsten. Am Morgen des19. Dezember strmten zeitgleich 8500schwer bewaffnete Soldaten und Gen-darmen 20 Gefngnisse in der Trkei. Di-ese Operation mit dem zynischen NamenRckkehr ins Leben kostete 28 revolutio-nren Gefangenen das Leben. Zu diesemZeitpunkt befanden sich 1150 politischeGefangene in 48 Knsten im Hungerstreik,300 von ihnen bereits im Todesfasten. DieHandlanger des trkischen Staates warenbewaffnet mit Przisionsgewehren, Nacht-sichtgerten, Flammenwerfern, Panzern,Hubschraubern, Nerven-, Rauch- und Gas-bomben, Bulldozern, Baggern, Vorschlag-hmmern, Schwei- und Bohrmaschinen.ber 20.000 Trnengas-, Nerven-, Rauch-und Pfefferbomben wurden in die Gefng-

    nisse geworfen. Mehrere hundert revoluti-onre Gefangene wurden schwerverletztins Krankenhaus eingeliefert, 34 von ihnengelten bis heute als ofziell Verschwun-

    dene. Die GenossInnen leisteten einen ve-hementen Widerstand gegen die Angreifer,so dass in manche Gefngnisse erst nach2 bis 3 Tagen vorgedrungen werden konn-te. Ihnen und ihrem bewundernswertenKampf und Mut gilt unsere ganze Solidari-tt. Dieses Massaker ist nicht das Einzige,welches der trkische Staat verbte, um dieKampfkraft der revolutionren Gefangenenauf brutalste Weise zu brechen und die Ein-

    fhrung der F Typ Gefngnisse entgegendes entschlossenen Widerstandes der Ge-fangenen und der revolutionren Bewegungauerhalb der Gefngnisse durchzusetzen.Bereits in den Jahren zuvor verbte derStaatsapparat der Trkei Massaker u.a. inden Gefngnissen von Ulucanlar, mrani-ye, Diyerbakir und Buca, bei denen 28 Ge-fangene ermordet wurden.Gleichzeitig sehen sich die revolutionreBewegung und die zahlreichen Kollektivevon Familienangehrigen der Gefangeneneiner massiven Repression des trkischenStaates ausgesetzt.

    F-Typ Gefngnisse sind ein deutsches Ex-portprodukt, welches bereits in den 70erJahren nachdem es an den Gefangenenaus der RAF erprobt wurde durch Deutsch-land an sterreich, Spanien, Peru, Chile,

    Erster Teil des Berichts vom

    7. internationalen Symposium gegen Isolationvon der Roten Hilfe OG Magdeburg& dem Netzwerk Freiheit fr alle politischen Gefangenen

    Italien und Uruguay exportiert wurde. Zieldieser Isolationshaft und Foltermethode istes, die Identitt von Gefangenen zu brechenund ihre Widerstandskraft zu zersetzen. In-ternational als weie Folter bekannt, ver-stt es gegen die UN Menschenrechts-kommission, da die Gefangenen durch denEntzug jeglicher Sinnenswahrnehmung in

    eine lebensbedrohliche Situation kommenknnen.Das Jahr 2000 das Jahr der Gefngnis-massaker in der Trkei - stellt auch eineneue Etappe des Todesfastenwiderstandesder revolutionren Gefangenen in derTrkei dar, welcher sich gegen die Isolati-onshaft im allgemeinen und im speziellengegen die F-Typ Gefngnisse richtete. Am20. Oktober 2000 treten hunderte revolutio-nre Gefangene der DHKP-C, TKP-ML undTKIP in einen unbefristeten Hungerstreik,denen sich hundert weitere revolutionreGefangene aus anderen Organisationen

    anschlieen werden. Am 28. Mai 2002 be-endeten fast alle Organisationen das To-desfasten. Die Gefangenen der DHKP-Csetzten den Todesfastenwiderstand fort,da die Forderungen der Abschaffung derF-Typ Gefngnisse nicht erreicht wurden.Es kann sein, dass euch unsere Metho-den nicht gefallen, dann leistet mit anderenMitteln Widerstand. Zeigt uns eure Alterna-tiven. Wenn wir eine Alternative nden, kn-

    nen wir es gemeinsam beurteilen. Am 22.Januar 2007 endete der Todesfastenwider-stand, nachdem das Justizministerium denErlass 45/1 verffentlicht hatte. In dieser

    Phase verloren 122 Menschen das Lebenund ber 600 Menschen wurden durch dieZwangsernhrungsfolter schwer krank.

    In diesem Jahr kamen vom 19. bis zum 22.Dezember fortschrittliche und revolutionreKrfte aus unterschiedlichen Lndern undOrganisationen in Wien (sterreich) zu-sammen, um diesem Massaker zu geden-ken und gleichzeitig nach Perspektiven imgemeinsamen Kampf gegen Imperialismusund Repression zu debattieren. Es gabzahlreiche Beitrge, die zum einen die all-gemeine Situation der unterdrckten Klasse

    in den jeweiligen Lndern, den internationa-len Charakter der Repression (Antiterror-gesetze) und die sich ebenfalls verschr-fende Situation der politischen Gefangenenreektierten und nach Lsungsanstzen

    suchten.

    Fotos von der Protestdemonstration in Istanbul/ Gazi am 19.12.2008

    internat

    ional

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #344

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    Wege immer unwahrscheinlicher wird. Circa8,6 % der Menschen in der EU, also ca. 41Mio. Menschen, haben einen Migrations-hintergrund. Ca. 26 Mio. von ihnen besitzenkeine EU-Staatsbrgerschaft, ca. 10 Mio.haben einen illegalen Status in der EU.

    2.Tag / Samstag, 20 Dezember 2008

    Der 2. Tag wurde mit einer Gedenkminutean alle gefallenen GenossInnen begonnen.

    I. Wie knnen wir unsere Grundrechteund Freiheiten verteidigen?Die Darlegung von Befreiungskampf undpolitischem Aktivismus als Terrorismus

    Schottland: Ein Vertreter der ScottishCampaign against Criminalizing Communi-tiesDie Antiterrorgesetze und die SchwarzenListen werden weltweit seit dem 11. Sep-tember 2001 durch die Europische Unionund die USA durchgesetzt. Jedoch gab essolche Antiterrorgesetze schon vor dem 11.September. Man denke nur an die Kommu-nistInnenverfolgung (z.B. 1956 KPD Ver-bot und Notstandsgesetze in Deutschlandusw.).Der 11. September beschleunigte vielmehrdie Verschrfung der weltweiten Antiterror-gesetze. Durch sie wird weltweit das legi-time Recht auf Selbstverteidigung und dasRecht auf Widerstand abgeschafft und jeg-licher Widerstand gegen imperialistischeKriege und Besatzungen als terroristischeingestuft und kriminalisiert.In der EU und auf der ganzen Welt werden

    Gruppen und Organisationen durch die sogenannten Schwarzen Listen verboten.Sie werden weltweit benutzt, was sich an-hand der Kriminalisierungen im Basken-land, in Griechenland, Dnemark, Deutsch-land, Trkei, Palstina... nachweisen lsst.Dabei ist festzuhalten, dass die berwie-gende Mehrheit der kriminalisierten Grup-pen revolutionre / nationale Befreiungsor-ganisationen sind (ETA, DHKP-C....).Die Kriminalisierung betrifft auch Exilstruk-turen nationaler Befreiungskmpfe. Es wirdversucht ihnen den Al Quaida Stempelaufzudrcken. Aber auch Solidarittsstruk-

    turen sehen sich einer immer verschr-fenden Repression ausgesetzt. So wirdauch zunehmend passive Untersttzungkriminalisiert.

    Die Antiterrorgesetze kriminalisieren nebenlinken und fortschrittlichen Gruppen auch Mi-grantInnen, die politisches Asyl beantragenund aus bestimmten Krisenregionen stam-men. So werden Angehrige bestimmterGemeinden kollektiv als terroristisch undverbrecherisch eingestuft. Beispiel hierfrist die Tatsache, dass im Zeitraum 1992 1996 Grobritannien nur 2 % der kolumbia-

    nischen Asylantrge als AsylbewerberInnenanerkannt hat. hnlich verhlt es sich mitAsylbewerberInnen aus Palstina, Indien,der Trkei und Kurdistan. Dabei werdennicht nur Mitgliedschaften in der entspre-chend als terroristisch eingestuften Gruppe

    Januar 2009 | Gefangenen Info | 15

    oder Organisation geahndet, sondern auchUntersttzungshandlungen. Ein Beispiel:Die AsylantragstellerInnen werden gefragt,ob sie in ihrer Gemeinde als terroristischdenierte Gruppen / Organisationen unter-sttzen (z.B. die PKK). Wenn sie bejahen,wird ihr Antrag wegen Untersttzung vonTerrorismus abgelehnt, wenn sie verneinenwird argumentiert, dass sie dann ja keinerpolitischen Verfolgung unterliegen knntenund folglich wird der Asylantrag nicht aner-kannt.Allein im Jahre 2003 wurden 71.000 Men-schen in Grobritannien als potenzielleTerroristen auf der Strae polizeilich durch-sucht. Dies betraf zum grten Teil Migran-tInnen - vor allem mit muslimischem Hinter-grund.Die Gesetze sind ein Angriff auf die inter-nationale Solidaritt. Als das mssen siebegriffen und bekmpft werden.

    Dnemark: Ein Vertreter von OprorOpror, was bersetzt Aufruhr heit, be-steht seit dem Jahre 2004 und zhlt 700 Mit-glieder. Ziel dieser Organisation ist es unteranderem die Terrorgesetze anzugreifen, umdie internationale Solidaritt sowie die Legi-timitt der Befreiungskmpfe zu verteidigen.So werden Befreiungsbewegungen nanzi-ell untersttzt. Es wurden im Jahre 2006ffentlich 100.000 Kronen fr die PFLP unddie FARC gesammelt und gespendet. Be-zweckt wurde hiermit die Terrorgesetze alsdiskriminierende Politik herauszufordernund eine ffentliche Debatte anzustoen.Die Debatte ber die Widerstandsfragegewinnt in Dnemark an Bedeutung vor

    dem Hintergrund, dass es whrend des2ten Weltkrieges in Dnemark bewaffnetePartisanengruppen gab, die zu dieser Zeitschon als terroristisch diffamiert wurden. ImFrhjahr 2009 wird gegen Opror mit allerWahrscheinlichkeit die Anklage erhoben.Die Frage ist, ob das Verfahren ihrerseitsberhaupt anerkannt werden kann, denn esist ein illegitimes Verfahren. Die GruppeFighters and Lovers wurde wegen hn-licher Untersttzungsaktionen (Druckenvon PFLP und FARC T-Shirts, deren Erlsgespendet wurde) zu Gefngnisstrafen von6 Monaten und 60 Tagen verurteilt.

    Gemeinsam mit demokratischen Organisa-tionen wollen sie gegen die Terrorgesetz-gebungen vorgehen. Die Basis ist ganzsimpel: Wenn alle anderen Mittel zu demo-kratischeren und sozialeren Verhltnissennichts bringen, ist es legitim zu den Waffenzu greifen. Und alle anderen haben dasrecht dies zu untersttzen weltweit!

    Deutschland: Eine Vertreterin des Ko-mitees gegen die 129 ging auf die Ver-folgung von Revolutionren mittels derAnti-Terror-Paragrafen 129ff ein. Dabeibenannte sie den 129b-Prozess in Stuttg-

    art-Stammheim, bei dem fnf Revolutionrewegen der Mitgliedschaft in der DHKP-Cangeklagt sind, und den 129-Prozess inBerlin gegen drei Revolutionre, denen dieMitgliedschaft in der militanten Gruppe (mg)vorgeworfen wird.

    sterreich: Angeklagter TierrechtsaktivistNach einer brachialen Hausdurchsuchungam 21. Mai 2008 wurde er durch 35 mas-kierte Bullen mit vorgehaltener Waffe alsangeblicher Anfhrer einer kriminellen Or-ganisation ohne konkrete Beweise verhaftetund inhaftiert. Es folgte die Durchsuchungvon weiteren 27 Wohnungen und Bros aufhnliche Weise. Es wurde die komplette In-frastruktur (Computer, CDs usw.) beschlag-nahmt, welche bis heute bei den Bullenliegt.Er ist aktiv in der Tierrechtsbewegung,welche ein militantes Vorgehen gegen dieEntrechtung von Tieren befrwortet. DieTierrechtsbewegung erzielte durch ihreHandlungen erheblichen Sachschaden(z.B. gegen den Vertrieb von Pelzmnteln).Nach verschiedenen Aktionen wurden dieStaatsschutzorgane aktiviert und viele Ak-tivistInnen berwacht. Es bildete sich eineSonderkommission aus 35 Personen, wel-che die berwachung von Konten und Per-sonen durchfhrte.1,5 Jahre lang lief die berwachung vongroen Personenkreisen mittels 278a(kriminelle Vereinigung). Dieser Paragraphgibt, wie die 129 in der BRD, weit rei-chende Ermittlungsbefugnisse und wird ge-gen politisch Aktive eingesetzt.Es wurde von ihm ein 39 tgiger Hunger-streik gemacht, weil zunchst keine Grn-de fr die Inhaftierung genannt wurden. Esgab eine starke Solidarittsbewegung, fasttgliche Demonstrationen. Nach 104 Tagenmussten er und 10 Andere aufgrund des po-litischen Drucks und der Solidaritt aus derUntersuchungshaft entlassen werden. Der

    Prozess steht jedoch noch aus (Mindest-strafe 5 Jahre).Die Art und Weise der Hausdurchsuchungenwurde von der hchsten gerichtlichen In-stanz als gesetzlich korrekt gedeckt.In sterreich wird gegen eine Organisati-on nach dem 278a unter anderem dannermittelt, wenn ein Sachschaden von mind.3000 Euro vorliegt. Dabei muss die Organi-sation nicht mit Namen auftreten. Die Tier-rechtsbewegung wird kriminalisiert, weil sieihre Ziele konsequent verfolgt, welche demstatus quo und den wirtschaftlichen wiepolitischen Interessen entgegensteht. Eine

    Mitgliedschaft nach dem 278a besteht,wenn es nach der Polizei geht (bis dato gibtes hierzu in sterreich kein rechtskrftigesUrteil), wenn man die Ziele einer krimi-nellen Organisation untersttzt (z.B. Flug-bltter, Internet etc.). Die Polizeiarbeit wirddurch die Gerichte, inklusiver der hchstenInstanzen, gedeckt.

    Der zweite Teil des Berichts folgt in der

    Februar Ausgabe des Gefangenen Infos!

    Rote Hilfe Ortsgruppe Magdeburg

    & Netzwerk Freiheit fr allepolitischen Gefangenen

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #344

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    16 | Gefangenen Info | Januar 2009

    Seit einigen Monaten ist der weltweite Ka-pitalismus in die schwerste Krisenphaseseit jener von 1929 eingetreten. Trotz destheatralischen Gefuchtels aller Eierkpfeder Wirtschaft, die deklamieren es ist nichtdas Ende des Kapitalismus, ist der aktu-elle Einbruch zumindest eine Totenmesseder Illusion des Finanzierungsgesetzes

    1.

    Es