2,50 E

Johann SebaStian bach bWV 248/i Jauchzet, frohlocket! auf, preiSet die tage WeihnachtSoratorium und eS Waren hirten in derSelben gegend bWV 248/ii am 06.12.2008 herrScher deS himmelS, erhre daS lallen bWV 248/iii herr, Wenn die Stolzen feinde Schnauben bWV 248/Vi So klingt nur dortmund.

Dauer: ca. 2 Stunden 30 Minuten inklusive Pause

DOROTHEE MIELDS SOPRan

InGEBORG DanZ aLT

MaXIMILIan SCHMITT TEnOR

KLaUS MERTEnS BaSS

THOManERCHOR LEIPZIG

GEWanDHaUSORCHESTER LEIPZIG

GEORG CHRISTOPH BILLER DIRIGEnT, THOMaSKanTOR

abo: Chorklang

Wir bitten um Verstndnis, dass Bild- und Tonaufnahmen whrend der Vorstellung nicht gestattet sind.

KOnZERTHaUS DORTMUnD SaMSTaG, 06.12.2008 20.00

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anbetung der Hirten (Tintoretto, 1576 81)

6 I 7 PROGRaMM

JOHann SEBaSTIan BaCH (1685 1750)WEIHnaCHTSORaTORIUM (KanTaTEn 1 3 UnD 6) BWV 248

BWV 248/I : JaUCHZET, fROHLOCKET! aUf, PREISET DIE TaGEJauchzet, frohlocket! Es begab sich aber zu der Zeitnun wird mein liebster BrutigamBereite dich, Zion, mit zrtlichen TriebenWie soll ich dich empfangenUnd sie gebar ihren ersten SohnEr ist auf Erden kommen armGroer Herr, o starker Knigach mein herzliebes Jesulein

BWV 248/II: UnD ES WaREn HIRTEn In DERSELBEn GEGEnD

Und es waren Hirten in derselben Gegend Brich an, o schnes MorgenlichtUnd der Engel sprach zu ihnenWas Gott dem abraham verheienfrohe Hirten, eilt, ach eiletUnd das habt zum ZeichenSchaut hin, dort liegt im finstern StallSo geht denn hin, ihr Hirten, gehtSchlafe, mein Liebster, geniee der RuhUnd alsobald war da bei dem Engel Ehre sei Gott in der Hhe und friede auf Erden So recht, ihr Engel, jauchzt und singetWir singen dir in deinem Heer

Chor Rezitativ (Evangelist) Rezitativ (alt) aria (alt) Choral Rezitativ (Evangelist) Choral, Sopran aria (Bass) Choral

Sinfonia Rezitativ (Evangelist)

Choral Rezitativ (Evangelist, Engel)

Rezitativ (Bass) aria (Tenor) Rezitativ (Evangelist) Choral Rezitativ (Bass) aria (alt) Rezitativ (Evangelist)

Chor (Die Engel) Rezitativ (Bass) Choral

Pause

BWV 248/III : HERRSCHER DES HIMMELS, ERHRE DaS LaLLEnHerrscher des Himmels, erhre das LallenUnd da die Engel von ihnen gen Himmel fuhrenLasset uns nun gehen gen BethlehemEr hat sein Volk getrstDies hat er alles uns getanHerr, dein Mitleid, dein ErbarmenUnd sie kamen eilend und funden beideSchliee, mein Herze, dies selige WunderJa, ja, mein Herz soll es bewahrenIch will dich mit flei bewahrenUnd die Hirten kehrten wieder umSeid froh dieweilHerrscher des Himmels, erhre das Lallen

BWV 248/VI: HERR, WEnn DIE STOLZEn fEInDE SCHnaUBEnHerr, wenn die stolzen feinde schnaubenDa berief Herodes die Weisen heimlich Du falscher, suche nur den Herrn zu fllennur ein Wink von seinen Hndenals sie nun den Knig gehret hatten Ich steh an deiner Krippen hierUnd Gott befahl ihnen im TraumSo geht! Genug, mein Schatz geht nicht von hiernun mgt ihr stolzen feinde schreckenWas will der Hllen Schrecken nunnun seid ihr wohl gerochen

Chor Rezitativ (Evangelist) Chor (Die Hirten) Rezitativ (Bass)

Choral aria (Duett Sopran, Bass)

Rezitativ (Evangelist) aria (alt)

Rezitativ (alt)

Choral Rezitativ (Evangelist)

Choral Chor

Chor Rezitativ (Evangelist, Herodes)

Rezitativ (Sopran) aria (Sopran) Rezitativ (Evangelist) Choral Rezitativ (Evangelist) Rezitativ (Tenor) aria (Tenor) Rezitativ (Sopran) Choral

anbetung der Knige (Bloemaert, 1624)

8 I 9

IM SPannUnGSfELD ZWISCHEn aLT UnD nEU JOHann SEBaSTIan BaCHWEIHnaCHTSORaTORIUM

EnTSTEHUnG UnD REZEPTIOnWas wre die adventszeit und das Weihnachtsfest ohne das Weihnachtsoratorium BWV 248 von Johann Sebastian Bach? Was fr uns heute unvorstellbar ist, war nach Bachs Tod hchst-wahrscheinlich sogar noch zu seinen Lebzeiten normalitt. Wie so viele andere Werke be-rhmter Komponisten ist auch dieses fr lange Zeit in der Versenkung verschwunden. Erst 1857 wurde es von Eduard Grell mit der Berliner Singakademie in stark gekrzter Version wieder aufgefhrt.

Bach hatte das Weihnachtsoratorium in seiner funktion als Thomaskantor anlsslich der Weihnachtsfeierlichkeiten fr die Gottesdienste in den beiden Leipziger Hauptkirchen St. Thomas und St. nikolai 1734/35 komponiert. Die Konstellation der Wochentage fhrte dazu, dass das Oratorium aus sechs Teilen besteht, denn fr den Sonntag zwischen neujahr und Epiphania musste eine zustzliche Kantate geschrieben werden.

Die Urauffhrung dieses Zyklus erstreckte sich vom ersten Weihnachtstag 1734 bis zum Epiphaniafest am 6. Januar 1735. fr die Leipziger waren diese ersten auffhrungen im litur-gischen Kontext allerdings kein auergewhnliches Ereignis. Sie waren es gewohnt, von Bach wchentlich in den Gottesdiensten neue Kompositionen zu hren, denn dies war Bestandteil sei-ner arbeit als Thomaskantor. Wer wre da wohl fr eine auffhrung des Weihnachtsoratoriums geeigneter als der traditionsbewusste Thomanerchor Leipzig, in dessen Repertoire das Werk seines einstigen Kantors eine bedeutende Rolle spielt? Schlielich fhren sie dieses Oratorium regelmig am Originalschauplatz im Rahmen der Weihnachtsgottesdienste auf.

Die Kantaten 1 3 erklangen in den Gottesdiensten an den ersten drei Weihnachtsfeiertagen (25. 27. Dezember), von denen wir heute den aufgrund der konomisierung weggefallenen dritten kirchlichen Weihnachtstag kaum noch kennen. Die vierte Kantate ist fr das fest der Beschneidung Christi (neujahr), die fnfte fr den ersten Sonntag nach neujahr (es war der 2. Januar 1735) und die sechste fr das fest der Offenbarung Christi (Epiphania) komponiert. Heute hat sich dieses Oratorium aus der rein liturgischen funktion die es zweifelsohne immer noch besitzt gelst und sich auch einen festen Platz in den Konzertslen erobert, wobei es aufgrund der Lnge nicht komplett mit allen sechs Kantaten gespielt wird. Meist werden wie auch heute die Teile vier und fnf weggelassen.

Die Texte zum Weihnachtsoratorium lieferte unter Bercksichtigung des Lukas- und Matt-hus-Evangeliums vermutlich Christian friedrich Henrici, genannt Picaneder. neben den Bibel-

10 I11 WERKE

texten sind auch einzelne Strophen aus Kirchenliedern von Paul Gerhard (16071676) in das Weihnachtsoratorium eingeflossen, wie zum Beispiel die erste Strophe aus Ich steh an deiner Krippe hier im gleichnamigen Choral nr. 59.

Bach hat zudem weitere bekannte Kirchenlieder unter anderem von Martin Luther verwendet, darunter die siebte Strophe aus Gelobet seist du Jesu Christ im Choral nr. 28 Dies hat er alles uns getan.

DIE PaRODIE InTERPRETaTIOnSHILfE UnD aRBEITSKOnOMIEDirekt zu Beginn des Weihnachtsoratoriums treffen wir auf eine typische Kompositionsmethode Bachs, die sich an vielen weiteren Stellen dieses Werks finden lsst: die Parodie. Bach greift fr den weltberhmten Eingangschoral Jauchzet, frohlocket! auf, preiset die Tage auf die Musik des Chores Tnet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten zurck, der wie andere Teile des Oratori-ums aus seinem Dramma per musica zum Geburtstag der Knigin/Kurfrstin Maria Josepha BWV 214 von 1733 stammt.

Der weltliche Titel impliziert in diesem fall den musikalischen Verlauf des Stckes. Es be-ginnen die Pauken und die Trompeten treten hinzu. allein die Verwendung dieser beiden Instru-mente weist auf den feierlichen Charakter der Komposition hin, der bereits in der ursprnglichen Verwendung vorhanden war. Bach bedient sich hier auch am Dramma per musica. Herkules auf dem Scheideweg BWV 213, einer Kantate zum Geburtstag des Kurprinzen friedrich Chris-tian von Sachsen am 5. September 1733. Sie lieferte unter anderem mit der arie Ich will dich nicht hren, ich will dich nicht wissen die Vorlage fr die arie Bereite dich, Zion, mit zrt-lichen Trieben nr. 4. Diese beiden skularen Kompositionen zhlen zu den sogenannten Glck-wunschkantaten und verweisen auf den freudigen Hintergrund des Weihnachtsoratoriums: die Geburt Jesus Christus.

Bei der sechsten Kantate gestaltet sich die musikalische Deutung durch die Parodie schwie-riger, denn hier hat Bach sich auf eine seiner Kirchenkantaten (sie wird auch unter der nummer BWV 248 gefhrt) bezogen, die 1734 oder frher entstanden ist. Von ihr sind lediglich einige Instrumentalstimmen, aber keine Textpassagen erhalten, so dass man ber den Inhalt heute nichts mehr wei. Dennoch zeigt dieses Beispiel, dass sich Bach bei der Parodie nicht auf seine weltlichen Werke beschrnkt, auch wenn sie deutlich in der berzahl sind. So ist im fnften Teil der Chor Wo ist der neugeborne Knig der Juden nr. 45 aus dem Chor Pfui dich, wie fein zerbrechst du den Tempel nr. 39b der Matthus-Passion entstanden. Der grte kirchenmu-sikalische Einfluss auf das Weihnachtsoratorium entspringt jedoch den Kirchenliedern, die nicht Teil der Parodie sind.

WERKE

Die arbeitsweise der Parodie hat sicher auch konomische Hintergrnde, wobei sie den geringeren Teil der Komposition ausmacht die Berichte des Evangelisten, die meisten Rezi-tative, einige Chre, Chorle und arien sind neu komponiert. Bedenkt man, dass Bach Sonntag fr Sonntag und an allen kirchlichen feiertagen eine neue Komposition liefern musste, so ergibt sich ein ungeheueres arbeitsaufkommen, zumal dies nicht seine einzige aufgabe war. Es wre aber falsch, Bach zu unterstellen, er habe sich arbeit ersparen wollen, denn er hat die verwen-deten lteren Musikstcke nicht einfach nur wrtlich zitiert. Er hat sie soweit bernommen, dass sie klar erkennbar waren, um die mit ihnen implizierten, inhaltlichen Verknpfungen zu gewhrleisten. Er hat aber entscheidende Details wie Rhythmus, Melodiefhrung, Stimmlage, Klangfarbe oder auch die Tonart fr den neuen Kontext verndert und so die Musik zur Textaus-deutung perfektioniert. Bach wollte