11
1961 Z~C~L~r Auftrennung und Charakterisierung yon Humins/~uren 503 Wir danken dem l%nd der chemischen Industrie mud der Deutschen For- schungsgemeinsehaft fiir Unterstiitzung dieser ArboR, den Farbenfabriken Bayer fiir Uber]assung yon Chemik~lien. Herrn W. Ro~- danken wir ftir die Anfnahme der Spektren*. Literatur 1 A_~A1)Ol~I, M. : Atti Reale Accad. naz. Linei, Rend. (6) 2, 337 (1925) ; 18, 72, 195 (1931). -- 2 BA~KEn, S. A., E. J. BOVINE, R. STEPHENS 11. D. H. WI:II~FEI~: J. chem. Soc. (London) 1954, 3468. -- ~ B~Ar, It. J., W. V. Ttro~rE u. K. WhiTE: Biochemic. J. 46, 271 (1950). -- ~ BURKET, ST, C., u. R. M. B~DGE~: J. Amer. chem. Soc. 72, 4397 (1950). -- 5 Jo]tANso~, R. : Nature (London) 172,956 (1953). -- 6 KA~I~E~,P.: Lehrbuch der organischen Chemic, Georg Thieme, Leipzig (1943), 9. Aufl. S. 271. -- ~ LIEGENS,F.: unverSffentlicht. ~ s LINGENS,F., H. J. BURK- H~mDT, H. H E ~ r ~ N U. F. KAUDEW]X: Z. Naturforsch. 12b, 493 (1957). -- 9LnVGENS,F., u. H. ttELL~N: Liebigs Ann. Chem. 680, 87 (1960). -- 10 iV~c~EEL, F. : Chemic der Zucker und Polysaceh~ride, Akad. Verl~gsges. Geest u. Por~ig K.-G. Leipzig (1956) ; 2. Aufl., S. 68,120. -- ~1VO~GT, K. : J. prakt. Chem. (2) ~4, 2 (1886). -- ~2WEYG~ND,F. : Ber. dtsch, chem. Ges. 78, 1259 (1940). Dr. S~EG~ LXUFE~, Degussa, Werk Rheinfelden/Baden, Schliel~fach 68 (friiher: BFA ffir Viruskrankheiten der Tiere, Tiibingen) Agrikul~urohemisohes und bodenkundliohes Institu~ der Universit~t GSttingen Gewinnung, Auftrennung und Charakterisierung yon IIumins~iuren Von W. ZIECH~A~N Mit 5 Tex~abbfldungen (Eingegangen am 27. Oktober 1960) Es gilt heute als sieher, dab die Bildung yon Huminstoffen im so- genannten Humifizierungsprozel3 einen Teil des Inkohlungsvorganges darstelR. Es ist auch weiferhin bekannt, dal3 gerade diese Phase der Inkohlung die am wenigsten erschlossene ist 17. MSglicherweise h/~ngt das damit zusammen, d~$ in diesem Abschnitt der Ubcrgang yon nieder- molekularen zu hSher- bzw. hochmolekularen Systemen erfolg~ und man sich lange nicht einig war, nach welchen Gesichtspunkten ihre Unter- suchung erfolgen sollte, wie man eine umfassende Nomenklatur aufbauen sollte, ja oft auch, welches die Ziele einer experimenfellen Dttrchdringung dieses komplexen Gegenstandes sein sollten**. * IR-Spektren, lest in KBr (Cyclohexan und Dioxan fliissig), aufgenommen mit dem selbstregis~rierenden IR-Spektrographen der Firma E. Lei~z, We~zlar. ** Paradoxerweise soheint das Bediirfnis nach ,,Schuellmethoden" um so drin- gender immer dann zu sein, je komplizierter ein Sachgebiet zu durchdringen ist.

Gewinnung, Auftrennung und Charakterisierung von Huminsäuren

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Page 1: Gewinnung, Auftrennung und Charakterisierung von Huminsäuren

1961 Z ~ C ~ L ~ r Auftrennung und Charakterisierung yon Humins/~uren 503

Wir danken dem l%nd der chemischen Industrie mud der Deutschen For- schungsgemeinsehaft fiir Unterstiitzung dieser ArboR, den Farbenfabriken Bayer fiir Uber]assung yon Chemik~lien. Herrn W. Ro~- danken wir ftir die Anfnahme der Spektren*.

Literatur 1 A_~A1)Ol~I, M. : Atti Reale Accad. naz. Linei, Rend. (6) 2, 337 (1925) ; 18, 72,

195 (1931). -- 2 BA~KEn, S. A., E. J. BOVINE, R. STEPHENS 11. D. H. WI:II~FEI~: J. chem. Soc. (London) 1954, 3468. -- ~ B~Ar, It. J., W. V. Ttro~rE u. K. WhiTE: Biochemic. J. 46, 271 (1950). -- ~ BURKET, ST, C., u. R. M. B~DGE~: J. Amer. chem. Soc. 72, 4397 (1950). -- 5 Jo]tANso~, R. : Nature (London) 172,956 (1953). -- 6 KA~I~E~, P.: Lehrbuch der organischen Chemic, Georg Thieme, Leipzig (1943), 9. Aufl. S. 271. -- ~ LIEGENS, F.: unverSffentlicht. ~ s LINGENS, F., H. J. BURK- H~mDT, H. H E ~ r ~ N U. F. KAUDEW]X: Z. Naturforsch. 12b, 493 (1957). -- 9LnVGENS, F., u. H. t t E L L ~ N : Liebigs Ann. Chem. 680, 87 (1960). -- 10 iV~c~EEL, F. : Chemic der Zucker und Polysaceh~ride, Akad. Verl~gsges. Geest u. Por~ig K.-G. Leipzig (1956) ; 2. Aufl., S. 68,120. -- ~1 VO~GT, K. : J. prakt. Chem. (2) ~4, 2 (1886). -- ~2 WEYG~ND, F. : Ber. dtsch, chem. Ges. 78, 1259 (1940).

Dr. S ~ E G ~ LXUFE~, Degussa, Werk Rheinfelden/Baden, Schliel~fach 68 (friiher: BFA ffir Viruskrankheiten der Tiere, Tiibingen)

Agrikul~urohemisohes und bodenkundliohes Institu~ der Universit~t GSttingen

Gewinnung, Auftrennung und Charakterisierung yon IIumins~iuren

Von W. ZIECH~A~N

Mit 5 Tex~abbfldungen

(Eingegangen am 27. Oktober 1960)

Es gilt heute als sieher, dab die Bi ldung yon Huminstoffen im so- genann t en Humifizierungsprozel3 einen Teil des Inkohlungsvorganges darstelR. Es ist auch weiferhin bekannt , dal3 gerade diese Phase der Inkoh lung die am wenigsten erschlossene ist 17. MSglicherweise h/~ngt das dami t zusammen, d~$ in diesem Abschn i t t der Ubcrgang yon nieder- molekularen zu hSher- bzw. hochmolekularen Sys temen erfolg~ u n d m a n sich lange n ich t einig war, nach welchen Gesichtspunkten ihre Unter - suchung erfolgen sollte, wie m a n eine umfassende Nomenk la tu r au fbauen sollte, ja oft auch, welches die Ziele einer experimenfel len Dtt rchdringung dieses komplexen Gegenstandes sein sollten**.

* IR-Spektren, lest in KBr (Cyclohexan und Dioxan fliissig), aufgenommen mit dem selbstregis~rierenden IR-Spektrographen der Firma E. Lei~z, We~zlar.

** Paradoxerweise soheint das Bediirfnis nach ,,Schuellmethoden" um so drin- gender immer dann zu sein, je komplizierter ein Sachgebiet zu durchdringen ist.

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504 W. Zi~cm~A~r Bd. 181

ttuminstoffe stellen ein Gemisch /~hnlich aufgebauter, organischer, hSher- bzw. hochmolekularer Verbindungen dar, die als typische boden- eigene Stoffe des ttumifizierungs- bzw. Inkohlungsprozesses in charakte- ristischer Anh~ufung zu beobachten sind.

Aus dieser komplexen Gruppe yon l~aturstoffen lassen sich trotzdem 3 Untergruppen heraussch/~len, deren Abtrennung sowohl experimentell mSgtich, als auch theoretisch sinnvoU erscheint. Es sind dies die

Humins/~ure-Vorstufen, Humins/~uren, Humine.

Huminsiiure-Vorstu]en sind solche Antefle, die mit kleinem Teilchen- gewicht noeh fiberaus reaktionsf/~hig sind und unter den fiblichen Be- dingungen zu den Huminsauren unter Verlust reaktiver Gruppen und VergrSSerung des Teilchengewichtes aufoxydiert werden. Den Huminen kommt, im Gegensatz zu den beiden anderen Anteilen, kein saurer Cha- rakter mehr zu, sie greffen schon welt in Inkohlungsvorg/~nge ein und sind Fdr unsere Betrachtungen ohne Belang.

Zur Unterscheidung der Humins/~ure-Vorstufen und der Humins/s seien in aller Kfirze einige MSglichkeiten aufgefiihrt (Tab. i) 19.

Tabelle 1. Zur experimenteUen Unterscheidung yon Huminsdiuren uncl ihren Vorstu]en

Teilehengewieht (T~) Wanderung im elektr.

Feld (Elektrophorese) Liehtabsorption UV-Bereieh IR-Bereieh

Fluorescenz reaktives Verhalten gegen- fiber O n in w&l~rigen LS- sungen oder Suspension fiber SiO~

reaktives Verhalten gegen- fiber stickstoffhaltigen Stoffen (milde Bedin- gungen)

allgemeines Verhalten innerhalb des Humi- fizierungsprozesses

bioehemisehes Verhalten

Vorstufen I Humins~m'en

Tg (u maximal

~axima vorhanden oder angedeutet

seharfe Banden

mitunter 02-Aufnahme , VergrS- ~erung des Teilchen- gewiehtes --~ Humin- s~urell

Einbau yon Stiekstoff, -hvI-I~-, > l~H-Gruppen

Aufbau-, gegebenenf~lls Umbaureaktionen

teilweiser Wuehsstoffeharakter

~g (Humins~uren) keine

monotones Spektrum, keine Maxima wenig und aufgeweitete Banden, starke Unter. grundabsorlotion

keine

keine l%eaktion

keine Reaktion

Abbaureaktion

heine nennenswerte Wirkung

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1961 Gewinuung, Auftrennung und Charakterisierung yon Humln,~uren 505

Entsprechend dieser allgemeinen Charakteristik werden die Humin-

s/~ure-Vorstufen vornehmlich einen chemischen, die I-lumins~uren einen physikalischen EinfluB auf ihre Umwel t ausfiben. Ihre Stellung innerhalb dcr Humiflzicrungs- bzw. Inkohlungsvorg~ngc gibt das nachfolgende Schema wieder (Abb. 1, siche S. 507).

Strukturchemische Stellung der Humins~iuren Um die besonderen Schwlerigkei~en herauszuarbeiten, die sieh e/her analy~isehen

Bearbeitung dieser Stoffgruppe entgegenstellen, sei ein Wor~ fiber die strukr chemisehe Stellung der ttumins/~ure-Vorstufen und Huminsauren gesagt.

Die Kumins~urebilduug in ihrer ersten Phase, also die Bfldung yon Zwisehen- stufen bzw. Humins/~ure-Vorstufen, stellt eine Radikalisierung aromatischer Systeme dar, die durch einen elektrophflen Vorgang eingeleitet wird. Ffir Hydrochinon, das gebrauehliche Ausgangsmaterial ffir Modellversuehe, stellen sich diese Vorgange fo]gendermaBen dar 5,x~:

OH ~0 ~ e

, + --It+ --H+

OH OH

-1~ l :0:'.6: (~r ]0"

OH

"-= -~ hzw.

OH

[(

( - - o

o

Ionisierung des Hydrochinons,

elektrophiler Angriff des Sauerstoffs: Radikalisierung

0-Radikal

C-Radikal

Der Radikaleharak~er dieser Zwisehenstufen konnte erwiesen werden, dureh die Untersuehung der Gfiltigkeit des Lambert-Beersehen Gesetzes, den EiufluB yon UV-Lioht auf die Reaktionsgesehwindigkeit, die Hemmung der Bfldungsreaktion naeh Zugabe von Styrol bzw..NO (Naehweis yon O- und C-l~adikalen im IR- Spektrum) is.

Dar/iberhinaus sind im Experiment nooh folgende Reaktionen, veto Semi- ehinonradikal (VII) ausgehend verifizier~ 5,1s,19:

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506 W. Z I ~ . c : a ~ Bd. 181

Radikalpolymerisation, die schlieBlioh zu n-kernigen Radik~len fiihr~, woboi mit steigendem n eine asymp~otisch sich 0 n~hernde ReaktionsgeschwindigkeR beobachtet wurde:

OH OH OH OH

(V) usw.

Eine Disproportioniertmg eines Semichinonradikals unter 1%iiekbildung der Hyd~'oxystruk~ur und Neubfldung eines Chinons:

II

0 OH

0 OH

Huminsguren r

Weiterhin bei Re~k~ion yon C- und O-Radik~len die Bfldung von-~therbriieken, eine besonders wiehtige Yerknfipfungsart bei Humins~uren:

1% R R R

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1961 Gewinnung, Auftrennung und Charak~erisierung yon Hurninsguren 507

Seh]iel~lieh kSnnen effolgen

Dimerisierung, Telomerisation und Radikaltransfer.

RadikMrenktionen sind bei Modellsubs~anzen, bier Polyoxyphenole nieht ver- wunderlieh, sie konn~en ~ber aueh -- und d~s isg reehg bemerkenswer~ -- bei na~fir- lichen Substra~en naehgewiesen werdenS, zo. Dnmit besgimmen derar~ige Reak~ions- ~ypen die Anfangsphase der Bildtmg na~iirlieher Huminstoffe und sehon yon diesem Reaktionsgesehehen her wird die SonderstelIung dieser Gruppe yon Naturs~offen deu~lich.

Zwei besondere Schwierigkei~en ~reten nun noeh hinzu. Neben die, in eiaer gewissen Phase bes~immenden trod dominierenden RadikM-

re~kgionen, ~reten aueh solehe rein ionischen Charak~ers, wie z. B. die Konden- sation enrbonyl-~unk~ioneller Spal~s~iieke mi~ phenolischen Struk~ure]emengen, die

L r" r~dd~ahkche Au.~g~,,Tgsslol'fe . . (n/ederoToleg.Ad&,u- ~ Zwbckmsb/en |

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J/z,g'oblung

Abb. i. Die Stellung "TOn Humins~ure-Vors~ufen, Huminss und Huminen im Hamifizierungsprozeg (schematisch)

/lum/nsloffe

//uml~sr --//um/~#uren --//um/ne

direkto Carboxylierung aromatisoher Kerne, besonders yon mehrwertigen Phenolen oder die hydrolytische Kernsp~l~ung geeignet subs~ituierter Phenolderiva~e, um nur einige zu nennen.

SohlieBlieh ffihren daneben reine Polykondensa~ionen duroh VergrSBerung des Teflehengewiohtes in den Bereieh der hSher- oder gar makromolekularen Stoffe.

Zusammenfassend l~l~t sioh fiber eine s~ruktursystematisehe Einordiaung der Humins~urert und auoh der Humins~ure-Vors~u~en sagen, dab es sioh mindes~ens um hShermolekul~re Stoffe handel,, -- bei den Humins~uren ganz sicher -- die aus einer kaum angebbarenAuzahl yon Bausteinen bes~ehen, die duroh keiae einheitliohe Bindungsform miteinander verk~liipf~ sind. Fassen wir sie als eine Gruppe yon Stoffen auf, die aus heterogenen Bausteinea in heterogener Bindung au/gebau~ sind. Zur Kontras~ierung liegen sieh erg~nzend die Augaben der Tab. 2 anffihren.

Hieraus ergeben sieh wichtige Konsequenzen ffir die analy~ische Boarbeitung dieser S~offe. Da eine quantitative Gewinnmag unver~nder- ger Bauste ine dureh hydroly~ischen Abba u n ieh t m6gliela is~, k a n n aueh eine LSsung des Sequenzproblems n ieh t in Angriff genommen werden. Zudem ist ja aueh die Anordnung der Bauste ine mehr oder weniger zuf/~llig, so dab dieser an sieh Mare Begriff hler seine Umrisse verHert. Nine Kons t i tu~ionsermi t t lung ist bier gegenstandslos, gel&nge sie, w/~re dami t n u t eine Aussage fiber einen zeitlich u n d rgumlieh besehr/~nkten Ninzeffall gewonnen, keinesfalls aber eine Veral lgemeinerung mSglich.

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508 W. Zi~c~A~x Bd. 181

Welches aber k6nnen nun angesichts dieser besonderen ProblemIage die Ziele analytisehen Arbeitens bei diesen wiehtigen Na~urstoffen sein ?

Tabelle 2. Die 8truktursystematische Stellung der Huminsto//e Kunststoffe Natttrs~offe

homogene Bausteine in ~erlon fast alleKohlenhydrateund homogener Bindung PAN, PVC deren Derivate (Pektine,

Polygthylen Chitin nsw.) Polystyrol nsw.

fast Mle Peptide nnd EiweiBstoffe

heterogerle Bausteine in homogener Bindung

heterogene Bausteine in heterogener Bindtmg

Mischpolymerisate Buna S

Polyurethane

Synthetische Humin- s~uren

natiirliche tIumins~uren

Wir wissen, dab das Fortsehreiten des Humifizierungsprozesses sieh manifestiert in einem Verlust reaktiver Gruppen und einer VergrSBerung des Teilchengewichtes. tiler ist also die M6glichkeit gegeben, eindeutig zu entscheiden, welche Position ein Substrat innerhalb dieses Natur- vorganges einnimmt; die Frage also nach der noeh verbliebenen Reak- tionsfiihigkeit bzw. nach der Zugeh6rigkeit zur Gruppe der IIumin- s~uren oder deren Vorstufen; ffir bestimmte Probleme eine iiberaus wichtige Entseheidung. Eng damit verknfipf~ ist das Problem der Ein- heitliehkeit, also der Streubereich der Teilchengewiehte, den~ eine strenge Einheitlichkeit wird bier nieht zu erwarten sein.

In gewissen Einzelf/~llen wird eine exakte Aufkl/~rung gewisser ]3ezirke des tIumins/~ureteilehens zur Beantwortung ge~etischer Fragen yon Wiehtigkeit sein.

Gewinnung natiirlieher ltumins~iuren Gew6hnlich erfolgt ihre Gewinnung durch L6sen mi~ mehr oder

weniger alkalisch reagierenden Solverttien mit anschliel3ender S/~ure- f/~llung. ModeHversuche haben jedoch mit aller Deutlichkeit gezeigt, dM3 gerade unter diesen Bedingungen, (die Anwesen_heit yon Luftsaucrstoff ist gew6hnlich in den seltensten F/~llen ausgeschlossen) eine Weiterreak- tion der reaktiven IIumins/~ure-Vorstufen im Sinne des tIumifizierungs- prozesses erfolgt, sie werden also w/ihrend des Extraktionsvorganges zu I-Iumins~uren aufoxydiert s. Eine so geftihrte Extraktion hat dann zur Folge, dab

1. Die Humlns/iure-Vorstufen iibersehen werden, und 2. die Ausbeute der IIumins/~uren verf/~lseht wird 2~.

Damit mug aber eine vSltig falsehe Benrteilung der ,,in vivo" ge- gebenen Verh/~ltnisse einhergehen.

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1961 Gewinnung, Auftrennung und Charakferisierung yon Huminsauren 509

Wenn auch eine alkalische Extraktion schnell zu einem Ergebnis fiihrt, wird man doch angesichts dieser Bedenken, eine zeitraubende und miihevolle Extrakt ion mit organischen L6sungsmitteln versuchen mfissen.

Ein vornehmlich aus Eichenmoder bestehendes IIuminsaurepraparat " wurde mit organischen L6sungsmitteln extrahiert 3 (Tab.3).

Tabelle 3. Au/trennung eines natiirlichen Huminsto//priiparates

]56sungsmi~tel Sedimentat ionskonstant e prozentualer s �9 i0 -~8 see Antefl

Q]0

Alkohol Ace~on Dioxan Dime~hylformamid Pyridin

Frakbion 1 Frakbion 2 l~raktion 3 Fraktion 4 Fraktion 5

0,75 =k 0,Ol (Flotafion) 0,58 =k 0,01 1,11 =k 0,09 1,15 =]= 0,08 1,20 =k 0,05

20% 17% 34~ 19% 10~

Aus diesen Daten 1/~Bt sich eine ffir dieses Substra~ charakteristische Vcrteilungskurve gewinnen. I-I/eraus ist ersichtlich, dab die Gruppe der Huminsaurevorstufen noch recht ansehnlich vertreten ist, dab also ein /~uBersf reaktionsf/~higes Material vorliegt, welches sich am Bcginn des ttumifizierungsprozesses befin- det (Abb. 2).

Diese Annahme kann dureh einen Modcllversueh bewiesen wer- den, durch eine Ver~nderung der iso- lierten Fraktionen fiber Kiesels~urc mit Luftsauerstoff (vgl. Tab. 1). Nun ist die Verteilung eine vollkommen andere (gestrichel~e Kurve, Abb. 2) : die Gruppe der Humins/iure-Vor- stufen is~ fast vollst~ndig zugunsten der der Humins/~uren vers chwunden.

6O

/ 70 / / X

0 i I o,~ ~s /,0 7,2

Abb. 2. Schematische Darstel lung der Auftren- nung eines nati ir l ichen Huminstoffpr~para tes

]]in gleicher Befund ist in Gegenwart yon OH-Ionen zu erwarten, womit aber gezeig~ wird, dab bei einer Extraktion unter diesen Bedingungen in der Tat die Humins/~ure-Vorstufen fibersehon werden mfissen.

Auftrennung Die Anwendung verschiedener L6sungsmittel fiihrt gewStmlich, wie

eben gezelgt, schon zu einer gewissen Vorfraktionicrung, die im Einzeffall papierelektrophoretiseh bzw. papierchromatographisch fiberpriift werden kann. In der Regel wird die l~ixierung einer typischcn Verteilungskurve jedoeh nut mit anderen Mitteln zu erreichen seim

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5i0 W. ZIECnlgANl~ Bd. 181

Drei Verfahren haben sich hier besonders bew/~hrt: Die Trennung im elektrisehen Feld als S~ulenelektrophorese6,1~, die Trennung im Sehwerefeld der Ultrazentrifuge (bei etwa 180000 g)10,11, und die adsorptionsehromatographisehe Trermung an Aluminiumoxid weehselnder Akt iv i t~t~ . Die Leistungsfghigkeit dieser Methoden, oft aueh kombiniert an-

gewandt, sei an einigen Beispielen demonstriert. Die elektrophoretisehe Auftrennung einer stiekstoffhaltigen t Iydro-

ehinon-I-Iumins~nre ergab 2 Fraktionen. Die Best immung der Sedimentationskonstanten ergab nur fiir die

obere Frakt ion einen ver t re tbaren Weft. Der Verlauf der Sedimentation der unteren Frakt ion hingegen erwies deutlieh, dab dieser Anteil noeh uneinheitlieh war.

Nine Anftrennung im pr~parat iven Rotor bei 180000 g lieB naeh mehreren Stunden eine am Boden befindliehe Fraktion ohne Sehwierig- keiten gewinnen, wghrend die Isolierung dreier anderer mehr oder we- niger willkiirlieh erfolgen muBte.

Immerh ia konnte fiir den obersten Anteil keine Sedimentationskon- stante ermittelt werden, fiir die anderen beiden jedoeh solehe mi t betr/~ehtlicher Abweiehung n (Abb. 3).

Die Auftrennung einer stiekstofffreien tIydroehinon-Huminss nnter Verwendung versehiedener Aluminiumoxidpr/~parate ergab 7 Frak- tionen, die sieh hinsiehtlieh ihrer Spektren (Abb. 4) kaum unterseheiden, jedoeh deutliehe Abweiehungen ihrer Sedimentationskonstanten er- gaben14,1~ (Tab. 4).

+

f e/nhe/ll ) H = 2,730%

u.F. ~ff~ ~zo~goSv ~ = $,37Sv

_ (u, veinhe//L) 1 Y = G, SZSv a b

Abb. 3. 8chema~ische Darstellung der Auftrermung einer 8ynthesehuminsaure im elektrischen Fel d (a)und im

Schwerefeld der Ultrazentrifuge (b)

Tabelle 4. S e d i m e n t a t i o n s k o n s t a n - ten eine8 a n einer A l u m i n i u m o x i d - si iule au]getrennten H u m i n s g u r e .

gemisches

S2o = 1,13 . 10 -13 [sec] s~o = 0,45 10 -13 [see] (b~A) s~o = i,63 10 -13 [sec] %0 = 1,i2 10 -1~ [see] (n3A) S2o = 0,759 10 -la [sec] (n2A) s20:1,69 10 -la [see] (nlA) s20= 1,397 10 -la [see]* * s~0 ~ Flotationskonstante.

Wean einerseits zur Beurteilung bodenphysikalischer, bodenchemi- scher, mikrobiologiseher, kolloidehemischer Fragen stets der Gesamt- komplex, also das hier und jetzt vorliegende uneinheitliche Substra~ beriicksichtigt werden muB, kann andererseits eine exakte Charakteri- sierung oder die Gewinnung allgemeiner, verbindlieher Gesichtspunkte nut yore m5gliehst sauber getrermten Pr~parat ausgehen.

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1961 Gewinnung, Auf~rennung und Ch~rakterisierung yon ttuminsauren 511

riO00 3000 Z500 2000

IHHHirri~EL L J 1 1 J J J L ~i

%

I I P I I ] I I a

1500 "lJO0 HO0 /000 000 050 800 75-0 I i 1 ' I i I I I i I I I I I I

,4

I I I r r I i i I r

7 8 S 7O /7 f2 73

Abb.4. Die IR-Spektren einzelner Fraktionen eines Huminsiiuregemisches, das an der Aluminium- oxidsS, ule aufgetrennt wurde

der X-H-V~lenzschwingungen, sowie bei 1,8--2,5 tt nech Kombinations- schwingungen der C~0 , -CH- und[ 0t[-Gruppen. Besoaders aufschluB- reich is~ das Gebiet zur Kl~rtmg der ilb~r~us wichtigen Frage, inwieweit es ~ur Ausbildung yon Wasserstoffbriicken kommt. Erst im infraroten Bereich des NaC1-Prismas (2--14#) lassen sich Strukturelemente bei Humins/~uren ausfindig maehen (vgl. Abb. 5), die jedoch gelegentlieh, bei uneinheitlichen Priiparaten, infolge der hohen Grundabsorption nich~ beobachte~ werden kSnnen. Eine umfassendere Charakterisierung liil]t sich gewinnen, wenn hierzu noch die Kenntnis des Teilchengewichtes bzw. einer abgelei~eten GrSl]e tritt. GewShnlich geniigt fox relative Aus- ~agen die in tier Ultrazentrifuge gewonnene normierte SedimentG~tions- kenstante, da alte kiassischen VerfaZren der TeiIehengewichtsbestim- mung bier versagen 15.

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512 W. ZIEOItl~IANN Bd. 181

Eine Berechnung der Teflchengewichte nach der Svedberg-Formel fiihr~ zu keinen gesicher~en und verwertbaren Ergebnissen, da sich der Diffusionskoeffi- zient nut recht ungenau ~ngeben laBt. Im iibrigen geniigt die normier~e Sedimen- tationskonst~nte volla~ff.

Um die Ziele der analytischen Bemiihungen und ihre bcsonderen Schwierigkeiten bei diesen Naturstoffen noch einmal besonders heraus- zuheben, seien abschlieBend einige Ergebnisse mitgeteilt, die sich aus Abbauversuchen natiirhcher und kiinstlicher Praparate ergaben~, v.

Wellenl~'nge il. [TLm.] ~OO 500 400 350 300 250 200

i ~ i i i l

/#*~% I i I i I I I t I i I kx I I

L i . j ttum/ns~@e ( & ) ~ . ~""

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17. xgenzoch/;;on " - / (Rel~renzspe~'/rurn )

F r i I I I

15 20 Z5 30 35 r ~E 50 A.'ellenzahl ~, ~ ~o-~[ om -1]

Abb. 5. Die Bildung einer Synthesehumlns~ure aus tIydro- chinon in Gegenwart yon Kieselsaure

Eine auf fiblichem Wege (also in Gegenwart alkalisch reagierender LSsungsmittel) gewonne- ne tIumins&ure aus l~ie- derungsmoortorf wurde zunBehst einer totalen Protolyse (2 n Salzs&ure) unterworfen. Es zeigte sieh, dab ein fiberaus ho- her Antefl, n~mlich 42~ im Hydrolysat wiederge- funden werden konn~e. Diescr Anteil bestand zu 940/0 aus Kohlen- hydraten, also einem Sub- strat, welches bestenfalls a]s Ausgangsmaterial fidr Humifizierungsvor- gange in Betracht kommt. Die Kohlenhydratkompo- nente besteht, wie weitere Untersuchungen ergaben,

praktisch aus reiner Glucose. Wie sich weiterhin herauss~ellte, hat diese Komponente keineswegs die Funktion einer Briicke zwisehen aromatis chen Bausteinen, sondern stellt eine Randzone um einen mehr oder weniger humifizierten Kern dar. 1VISglicherweise lag die D-Glucose in Form yon Cellulose oder ahnlichen Verbindungen vor. Erstaunlich ist hier die relativ leiehte t tydrolysierbarkeit mit 2 n Salzsaure. Es muB d~her angenommen werden, dab bei den Glueoseresten die primare tIydroxyl- gruppe bereits oxydiert ist. Die Isolierung yon Furfurol trotz Fehlen yon Pentosen reehtfertigt diesen SchluB 2. Ein mit der , ,entzuckerten" t tumiu- s~ure durchgefiihrter nitrierender Abbau ergab einen nicht mehr ver- gnderlichen Anteil yon 69~ sodann gelbgefs aromatisehe l~itro- verbindungen (12~ sowie COs, Essigsaure, Propionsaure und Oxal- s~ure.

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1961 Gewinnung, Auftrennung nnd Charakterisierung yon tIumins~uren 513

0bgleich eine weitere Dars te l lung dieser Abbanversuche hier n ieh t erfolgen kann , ergeben sieh doch schon hier~us wiehtige Befunde ftir die S t ruk tu r der Humins/~uren.

Wir erfassen einen iiberaus stabi len Kern , der hinsiehtl ich der Humi- fizierung bzw. Inkoh lung sehon relat iv welt fortgeschrit ten ist. Die Kern- peripherie, also die Teile, die unmi t t e lba r u m den K e r n geiagert sind und als niedermolekulare Ni t ro~romaten anfallen, s ind in geringerem MaBe humifiziert. Von der Koh lenhydra tkomponen te der Randzone gilt dies in extremer Weise, sic s ind pr~ktiseh noeh im S tad ium der Ausgangsstoffe, also eigentlieh noeh n ieht Huminstoffe (vgl. Abb. 1). Trotzdem stellt ein solches Teilehen mi t ]3ezirken unterschiedliehen t tumifizierungsgr~des, elne E inhe i t dar u n d verhiflt sich La ehemiseher u n d physikaliseher Hin- sieht auch so. Wir h~ben also Grund, neben der vorhin dargestel l ten /~uBeren eine innere, intramolekulare, im lViolekiil yon innen naeh auBen fortsehreitende Humifizierung zu postulieren. D a mi t aber. is~ ein neues Problem aufgeworfen, welches sich mi t ehemischen u n d physikalisehen Methoden sehr wohl bearbei ten lgiBt, die Frage n~mlieh, wieweit s ind welehe Bezirke eines nat i i r l iehen Huminsihlretei lehens im Znge einer inneren I tnmi f i z i e rung fortgeschri t ten mid wie l~Bt sieh darans ein Bild der s Humif iz ie rung gewinnen ?

Literatnr 1 KlCXgT~, 1%.: Diss. G6~ingen 1959. -- ~ N~IT~ , N. J.: Die Chemie des

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Priv.-Doz. Dr. W. ZIEe~XN, Agrikulturchem. u. bodenkundliches Institut der Universi~s G6~tingen,

Nikolausberger Weg 7

Z. analyt. Chem., Bd. 181 33