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Anwaltshaftung ............................................................ 81 Korrektur eines falsch adressierten Schriftsatzes / Vernichtung des ursprünglichen Schriftsatzes (BGH, Beschl. v. 25.10.2018 – V ZB 259/17) Anwaltshaftung ............................................................ 82 Beschränktes Mandat / Entwurf einer Trennungs- und Scheidungs- folgenvereinbarung / Hinweispflicht / Steuerrechtliche Nachteile (OLG Rostock, Urt. v. 25.1.2019 – 24 U 1/17) Anwaltshaftung ............................................................ 85 Ergreifen kostenauslösender Maßnahmen / Einklagen eines verjährten Anspruchs / Deckungszusage von Rechtsschutz- versicherung / Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens (OLG Bamberg, Urt. v. 20.11.2018 – 6 U 19/18) Anwaltshaftung ............................................................ 88 Hinweis auf Möglichkeit der Prozessfinanzierung / Auswahl eines geeigneten Prozessfinanzierers / Prüfung des Finanzierungsvertrages (OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 5.11.2018 – 5 U 33/18) Versicherungsschutz des Rechtsanwalts ..................... 91 Wissentliche Pflichtverletzung / Elementare Kardinalspflicht / Instruktions- und Kontrollpflichten / Ungesicherte Vorleistung (OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.2017 – 12 U 141/16) Inhalt Editorial ........................................................................... 65 GI Entscheidungen ......................................................... 66 GI Literatur-Ecke ............................................................. 94 Notarhaftung ................................................................ 66 Fehlerhafte Belehrung über Amtspflicht / Verjährung / Unzumutbarkeit der Erhebung einer Feststellungsklage (BGH, Urt. v. 7.3.2019 – III ZR 117/18) Anwaltshaftung ............................................................ 71 Elektronische Kalenderführung / Fertigung eines Kontroll- ausdrucks / Organisationsverschulden / Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (BGH, Beschl. v. 28.2.2019 – III ZB 96/18) Anwaltshaftung ............................................................ 73 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand / Unvorhergesehene Erkrankung / Allgemeine Vorkehrungen zur Fristwahrung (BGH, Beschl. v. 19.2.2019 – VI ZB 43/18) Anwaltshaftung ............................................................ 76 Erhebung einer Kündigungsschutzklage / Zugang der Kündigung / Sachverhaltsaufklärung (BGH, Urt. v. 14.2.2019 – IX ZR 181/17) Wirtschaftsprüferhaftung ............................................ 78 Abschlussprüfung / Emissionsprospekt / Prospekthaftung im engeren Sinne (BGH, Beschl. v. 21.11.2018 – VII ZR 232/17) > Ausgabe 3 / 06.2019 / 39. Jahrgang > Informationen für wirtschaftsprüfende, rechts- und steuerberatende Berufe GI aktuell

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  • Anwaltshaftung ............................................................ 81Korrektur eines falsch adressierten Schriftsatzes /Vernichtung des ursprünglichen Schriftsatzes(BGH, Beschl. v. 25.10.2018 – V ZB 259/17)

    Anwaltshaftung ............................................................ 82Beschränktes Mandat / Entwurf einer Trennungs- und Scheidungs-folgenvereinbarung / Hinweispflicht / Steuerrechtliche Nachteile(OLG Rostock, Urt. v. 25.1.2019 – 24 U 1/17)

    Anwaltshaftung ............................................................ 85Ergreifen kostenauslösender Maßnahmen / Einklagen einesverjährten Anspruchs / Deckungszusage von Rechtsschutz-versicherung / Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens(OLG Bamberg, Urt. v. 20.11.2018 – 6 U 19/18)

    Anwaltshaftung ............................................................ 88Hinweis auf Möglichkeit der Prozessfinanzierung /Auswahl eines geeigneten Prozessfinanzierers / Prüfung desFinanzierungsvertrages(OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 5.11.2018 – 5 U 33/18)

    Versicherungsschutz des Rechtsanwalts ..................... 91Wissentliche Pflichtverletzung / Elementare Kardinalspflicht /Instruktions- und Kontrollpflichten / Ungesicherte Vorleistung(OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.2017 – 12 U 141/16)

    Inhalt

    Editorial ........................................................................... 65

    GI Entscheidungen ......................................................... 66

    GI Literatur-Ecke ............................................................. 94

    Notarhaftung ................................................................ 66Fehlerhafte Belehrung über Amtspflicht / Verjährung /Unzumutbarkeit der Erhebung einer Feststellungsklage(BGH, Urt. v. 7.3.2019 – III ZR 117/18)

    Anwaltshaftung ............................................................ 71Elektronische Kalenderführung / Fertigung eines Kontroll-ausdrucks / Organisationsverschulden / Wiedereinsetzungin den vorigen Stand(BGH, Beschl. v. 28.2.2019 – III ZB 96/18)

    Anwaltshaftung ............................................................ 73Wiedereinsetzung in den vorigen Stand / UnvorhergeseheneErkrankung / Allgemeine Vorkehrungen zur Fristwahrung(BGH, Beschl. v. 19.2.2019 – VI ZB 43/18)

    Anwaltshaftung ............................................................ 76Erhebung einer Kündigungsschutzklage / Zugang der Kündigung /Sachverhaltsaufklärung(BGH, Urt. v. 14.2.2019 – IX ZR 181/17)

    Wirtschaftsprüferhaftung ............................................ 78Abschlussprüfung / Emissionsprospekt / Prospekthaftungim engeren Sinne(BGH, Beschl. v. 21.11.2018 – VII ZR 232/17)

    > Ausgabe 3 / 06.2019 / 39. Jahrgang> Informationen für wirtschaftsprüfende,

    rechts- und steuerberatende Berufe

    GIaktuell

    GI_03-19.qxp:GI_03-19 07.06.2019 13:19 Uhr Seite 1

  • Neu im Herbst.

    Das Werk bietet dem Praktiker eine systematische und umfassende Kommentierung des ErbStG samt Erb-schaftsteuer-Richtlinien und -Hinweisen 2019 sowie der relevanten Vorschriften des BewG und aller DBA-ErbSt mit Sichtweisen der Finanzverwaltung, Rechtsprechung und Beratung. Es liefert Lösungen zu wichti-gen Praxisfragen und stellt rechtliche Querverbindungen auch zu verwandten Rechtsbereichen her.

    von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Kommentar mit Bewertung und ErbSt-DBA. Herausgegeben von RA/FAStR Dr. Christian von Oertzen und RiBFH Prof. Dr. Matthias Loose.Bearbeitet von 13 namhaften Experten. 2. Auflage 2019, ca. 1.900 Seiten Lexikonformat, gbd. ca. 160,– €.ISBN 978-3-504-25013-3

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    Mit den

    Erbschaftsteuer-

    Richtlinien2019

  • Editorial

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Wenn Mandanten den Rechtsanwalt oder Steuerberater übereine sog. Rechtstatsache informieren – z.B. den Zugang einerKündigung oder eines Urteils –, ist große Vorsicht beim Be-rater geboten. Der BGH verlangt hier, durch Nachfragen klar-zustellen, wann das Schriftstück tatsächlich im Briefkastenwar.

    Die Prospekthaftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber poten-tiellen Anlegern setzt voraus, dass er sein Testat eigens fürdie Prospektveröffentlichung fertigte. Nur dann hat er eineeigene werbende Prospekterklärung abgegeben. Der BGHstellt klar, dass ein bloßer Bestätigungsvermerk über die Prü-fung eines Jahresabschlusses sich nicht auf den Prospekt be-zieht.

    Das OLG Rostock weitet die steuerliche Belehrungspflichtfür Scheidungsanwälte aus. Wird die Trennungs- und Schei-dungsfolgenvereinbarung von ihm entworfen und sollenGrundstücke übertragen werden, muss er einen Warnhinweisim Hinblick auf die nicht zu überschauenden steuerlichenAuswirkungen geben. Das gilt auch dann, wenn der Anwaltnicht auf dem Gebiet des Steuerrechts tätig ist.

    Das OLG Karlsruhe hat eine wissentliche Pflichtverletzungund den Verlust des Versicherungsschutzes bei einem Anwaltbestätigt, der einen Kaufvertrag ohne gesicherte Vorleistungabwickelte. Die Gefahren bei Sachverhalten mit ungesicher-ten Vorleistungen sind nach der Lebenserfahrung bei jedemBerufsangehörigen bekannt. Das zählt zu seinem Elementar-wissen und kann vorausgesetzt werden.

    In einem Hinweisbeschluss des OLG Köln weist das Gerichtdarauf hin, dass der Rechtsanwalt den Mandanten auch aufdie Möglichkeit einer Prozessfinanzierung durch einen Pro-zesskostenfinanzierer hinweisen muss. Weitergehende Pflich-ten – z.B. bei dessen Auswahl – habe er aber nicht.

    Ihr Dr. Jürgen Gräfe

    GI_03-19.qxp:GI_03-19 07.06.2019 13:19 Uhr Seite 65

    Dr. Jürgen GräfeRechtsanwalt

    GIaktuell Nr. 3/Juni 2019 65

  • GIaktuell Nr. 3/Juni 201966

    sung der Klage gerichtete Berufung der Klägerin wurdedurch Urteil vom 16.12.2014 zurückgewiesen.

    Das LG hat die auf die Nichteinhaltung der Frist des § 17Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG in der damals geltenden Fassungdes OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23.7.2002(BGBl. I S. 2850, 2959) gestützte, dem Beklagten im Mai2015 zugestellte Amtshaftungsklage auf dessen Verjährungs-einrede abgewiesen. Das Kammergericht hat die hiergegengerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrervom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihrKlagebegehren weiter. •

    Aus den Gründen:Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Be-rufungsgericht.

    I. Das Kammergericht hat einen Schadenersatzanspruch derKlägerin aus § 19 Abs. 1 BNotO aus folgenden Gründen fürverjährt gehalten:

    Die Verjährungsfrist habe – nach Entstehung eines mögli-chen Anspruchs durch Zustandekommen des notariellenKaufvertrags – Ende 2004 begonnen und sei am 31.12.2007abgelaufen. Denn die Klägerin und ihr Ehemann hätten je-denfalls 2004 die für den Beginn der Verjährungsfrist erfor-derliche Kenntnis von sämtlichen anspruchsbegründendenUmständen und der Person des Schuldners erlangt. Insbeson-dere hätten sie schon bei der Beurkundung des Vertragsan-gebots gewusst, dass ihnen der Entwurf der Angebotsurkun-de nicht zwei Wochen zuvor zur Verfügung gestellt wordensei und den dortigen Hinweisen entnommen, dass dem be-klagten Notar diesbezüglich eine Amtspflicht aus Gründendes Verbraucherschutzes oblegen habe.

    Ob die Eheleute daraus hätten ableiten können, dass dieSchutzvorschrift des § 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG nicht dispo-nibel sei und der Beklagte deshalb die Beurkundung amts-pflichtwidrig vorgenommen habe, erscheine zwar zweifel-haft. Dies gelte vor allem im Hinblick auf das Urteil des BGHvom 6.2.2014 (IX ZR 245/12, BGHZ 200, 172) zur Anwalts-haftung. Dieses lege nahe, dass allein die Kenntnis der tat-sächlichen Umstände einem Laien noch keine Kenntnis auchder Pflichtwidrigkeit der Handlung seines Rechtsberatersvermittele. Jedoch sei der Rechtsprechung des erkennendenSenats zu folgen, wonach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB grund-sätzlich nicht voraussetze, dass der Geschädigte aus den ihmbekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichenSchlüsse ziehe.

    Zwar müsse sich die Kenntnis des Verletzten einer fahrlässi-gen Amtspflichtverletzung auch auf das Fehlen einer ander-weitigen Ersatzmöglichkeit seines Schadens beziehen. DieseKenntnis sei aber vorhanden, wenn der Geschädigte wisse,dass eine mögliche anderweitige Ersatzmöglichkeit seinenSchaden zumindest teilweise nicht decke. Dies treffe in Be-zug auf die gegen die Verkäuferin erhobene Bereicherungs-klage auf Rückzahlung des Kaufpreises zu, mit der die streit-gegenständlichen weiteren Schadenspositionen, insbeson-

    Notarhaftung• Fehlerhafte Belehrung über Amtspflicht• Verjährung• Unzumutbarkeit der Erhebung einer Feststellungsklage(BGH, Urt. v. 7.3.2019 – III ZR 117/18)

    Leitsätze:1. Hat der Amtsträger durch eine fehlerhafte Belehrungüber den Inhalt seiner Amtspflichten deren Verletzunggegenüber dem Geschädigten verdunkelt, ist diesem –wenn und solange er keinen konkreten Anlass hat, ander Richtigkeit der erteilten Auskunft zu zweifeln – dieErhebung einer Amtshaftungsklage ebenso unzumutbarwie bei einer objektiv unübersichtlichen oder unklarenRechtslage.

    2. Verkündet der Geschädigte in einem Vorprozess, mitdem er auch im Erfolgsfall nur Ersatz eines Teils seinesSchadens von einem Dritten erlangen kann, dem Amts-träger den Streit, hemmt dies die Verjährung des ge-samten Amtshaftungsanspruchs (Fortführung von BGH,Urt. v. 11.2.2009 – XII ZR 114/06, BGHZ 179, 361). •

    Zum Sachverhalt:Die Klägerin verlangt von dem beklagten Notar Schaden-ersatz wegen Amtspflichtverletzung aus eigenem und ererb-tem Recht ihres verstorbenen Ehemanns.

    Am 29.12.2003 beurkundete der Beklagte ein Angebot derKlägerin und ihres Ehemanns zum Abschluss eines Kaufver-trags über zwei Eigentumswohnungen. In den Vorbemerkun-gen zum Vertragsangebot der Urkunde heißt es u. a.:

    „Im Hinblick auf die seit dem 1.8.2002 geltenden Neurege-lungen des Beurkundungsgesetzes (§ 17 Abs. 2a, Satz 2BeurkG) erklärte/en die/der Erschienene/en, dass ihr/ihm/ihnen der Text der heutigen Beurkundung nicht zweiWochen zuvor zur Verfügung gestellt wurde.

    Der Notar wies auf die Gefahren hin, die auftauchen könn-ten, wenn ein Verbraucher nicht ausreichend Gelegenheiterhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundungauseinander zu setzen sowie auf seine diesbezüglichen Amts-pflichten, den Verbraucher zu schützen.

    Die/Der Erschienene/en erklärte/en hierzu jedoch, sie/erwünsche/en ausdrücklich trotz dieses Hinweises die sofortigeBeurkundung.“

    Die Verkäuferin nahm das Angebot am 18.2.2004 an.

    Im Frühjahr 2013 erhob die Klägerin gegen die VerkäuferinKlage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags mit der Begrün-dung, die nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen unangemessen lange Bindungsfrist des Angebotshabe dessen wirksames Zustandekommen verhindert, undverkündete dem Beklagten den Streit. Die gegen die Abwei-

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  • dere die Finanzierungskosten, nicht geltend gemacht werdenkonnten.

    Schließlich sei der Verjährungsbeginn nicht dadurch hinaus-geschoben worden, dass eine unübersichtliche oder zweifel-hafte Rechtslage vorgelegen habe, die selbst ein rechtskundi-ger Dritter nicht habe einschätzen können und die es derKlägerin unzumutbar gemacht habe, rechtzeitig Klage – undsei es auch nur Feststellungsklage – wegen schuldhafter Amts-pflichtverletzung zu erheben. Schon damals sei in der Litera-tur überwiegend vertreten worden, dass ein Abweichen vonder nicht zur Disposition der Urkundsbeteiligten stehendenRegelfrist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG nur dann inBetracht komme, wenn im Einzelfall sachliche Gründe dieVerkürzung der dem Verbraucher zugedachten Schutzfristrechtfertigten und der gesetzlich bezweckte Übereilungs- undÜberlegungsschutz auf andere Weise gewährleistet sei.

    II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nichtstand.

    1. Die Würdigung der Vorinstanz, die Verjährung habe kennt-nisabhängig Ende 2004 begonnen und sei dementsprechendmit Ablauf des 31.12.2007 eingetreten, wird durch die vonihr insoweit getroffenen Feststellungen nicht getragen.

    Schadenersatzansprüche wegen Verletzung notarieller Amts-pflichten verjähren nach § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO in Verbin-dung mit § 195 BGB regelmäßig in drei Jahren. Die Verjäh-rungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schlussdes Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) undder Gläubiger von den den Anspruch begründenden Um-ständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangtoder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (Nr. 2).

    a) aa) Zwar ist ein möglicher Amtshaftungsanspruch – dessenBestehen die Vorinstanzen unterstellt haben, so dass es auchder Revisionsentscheidung zugrunde zu legen ist – spätes-tens durch die Beurkundung der Annahmeerklärung der Ver-käuferin 2004 entstanden. Denn mit dem Zustandekommendes notariellen Kaufvertrags und der Begründung der Kauf-preisforderung ist der Schaden bei der Klägerin und ihremEhemann eingetreten. Davon umfasst sind nach dem Grund-satz der Schadeneinheit auch die erst später zur Kaufpreis-finanzierung eingegangenen und fällig gewordenen streit-gegenständlichen Darlehensverpflichtungen.

    Denn der eingeklagte Anspruch gründet sich auf eine abge-schlossene Handlung des Beklagten – die amtspflichtwidrigeBeurkundung des Vertragsangebots trotz Nichteinhaltungder Wartefrist – und ist daher bereits mit Eintritt des erstenTeilschadens in Gänze entstanden (vgl. Senat, Urt. v.11.1.2007 – III ZR 302/05, BGHZ 170, 260, 270 Rdnr. 25und BGH, Urt. v. 2.7.1992 – IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69,70 f. und v. 1.12.2005 – IX ZR 115/01, NJW-RR 2006, 694,696 Rdnr. 23).

    bb) Soweit die Subsidiaritätsklausel des § 19 Abs. 1 Satz 2BNotO das Fehlen einer zumutbaren anderweitigen Ersatz-möglichkeit dieses Gesamtschadens verlangt, war auch diese

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    weitere Tatbestandsvoraussetzung für das Entstehen einesauf den Vorwurf der Fahrlässigkeit gestützten fälligen Amts-haftungsanspruchs 2004 gegeben. Dem steht nicht entge-gen, dass die Klägerin zwar nicht den Finanzierungsschaden,wohl aber den Kaufpreisschaden gegen die Verkäuferingerichtlich geltend machen konnte, was sie schließlich 2013auch getan hat.

    Denn das Bestehen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit,die – wie hier – von vornherein nur geeignet ist, den ent-standenen Schaden teilweise, nicht aber in voller Höhe abzu-decken, hindert die Entstehung eines insgesamt einklagbarenAnspruchs nicht (vgl. BeckOGK/Dörr, BGB, 2019, § 839 Rdnr.785; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2014, § 199Rdnr. 42).

    Steht nämlich fest, dass durch die anderweitige Ersatzmög-lichkeit der Schaden keinesfalls in voller Höhe ausgeglichenwird, kann der Geschädigte Feststellungsklage hinsichtlichdes gesamten Amtshaftungsanspruchs erheben und dabeider Möglichkeit eines teilweisen Schadenersatzes von dritterSeite Rechnung tragen, indem er beantragt, die Ersatzpflichtdes Amtsträgers festzustellen, soweit sein Schaden nicht an-derweitig gedeckt wird (vgl. BGH, Urt. v. 26.11.1987 – IX ZR162/86, BGHZ 102, 246, 249 f. und BeckOGK/Dörr).

    b) Allerdings haben die Eheleute die für den Verjährungsbe-ginn erforderliche Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2BGB nicht schon 2004 erlangt.

    aa) Bei Amtshaftungsansprüchen beginnt die Verjährung nach§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst, wenn der Geschädigte weiß oderohne grobe Fahrlässigkeit wissen muss, dass die in Redestehende Amtshandlung widerrechtlich und schuldhaft warund deshalb eine zum Schadenersatz verpflichtende Amts-pflichtverletzung darstellt (vgl. Senat, Urt. v. 24.2.1994 –III ZR 76/92, NJW 1994, 3162, 3164; v. 2.4.1998 – III ZR309/96, BGHZ 138, 247, 252; v. 14.3.2002 – III ZR 302/00,BGHZ 150, 172, 186; v. 16.9.2004 – III ZR 346/03, BGHZ160, 216, 231 und v. 11.1.2007, a.a.O., S. 271 Rdnr. 28).

    Die Vorschrift ist dem früheren § 852 Abs. 1 BGB nachgebildetund kann deshalb auch unter Rückgriff auf dessen Norminhaltund die dazu ergangene Rechtsprechung ausgelegt werden(vgl. Senat, Beschl. v. 19.3.2008 – III ZR 220/07, NJW-RR2008, 1237 Rdnr. 7). Danach genügt es im Allgemeinen,dass der Verletzte die tatsächlichen Umstände kennt odergrob fahrlässig nicht kennt, die eine schuldhafte Amtspflicht-verletzung als naheliegend und mithin eine Amtshaftungs-klage – und sei auch nur als Feststellungsklage – als so aus-sichtsreich erscheinen lassen, dass ihm ihre Erhebung zuge-mutet werden kann.

    Die erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden undder Person des Ersatzpflichtigen setzt aus Gründen der Rechts-sicherheit und Billigkeit grundsätzlich nicht voraus, dass derGeschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch dierichtigen rechtlichen Schlüsse zieht, diese also zutreffendrechtlich würdigt. Daher beeinflussen rechtlich fehlerhafteVorstellungen seinerseits den Beginn der Verjährung in der

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  • Dies entsprach bereits 2003 der Ansicht der Bundesnotar-kammer (vgl. Rundschreiben 20/2003 v. 28.4.2003, S. 2 und4) und – abgesehen von abweichenden Einzelmeinungen(vgl. Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO/BeurkG, 2. Aufl. 2004,§ 17 BeurkG Rdnr. 39g; Bamberger/Roth/Litzenburger, BGB,1. Aufl. 2003, Bd. 3 § 17 BeurKG Rdnr. 22; Bohrer, DNotZ2002, 579, 593) – der fast einhelligen Auffassung in derLiteratur (vgl. nur Staudinger/Hertel, BGB, Neubearb. 2004,vor §§ 127a, 128 Rdnr. 530; Winkler, BeurkG, 15. Aufl. 2003,§ 17 Rdnr. 197; Huhn/von Schuckmann/Armbrüster, BeurkG,4. Aufl. 2003, § 17 Rdnr. 187; Brambring, ZfIR 2002, 597,602, 606; Jost, ZGS 2002, 346, 348; Solveen, RNotZ 2002,318, 325; Rieger, MittBayNot 2002, 325, 329; Sorge, DNotZ2002, 593, 604; Hertel, ZNotP 2002, 286, 289; Strunz,ZNotP 2002, 389).

    Angesichts dieser überschaubaren Rechtslage hätte ein Rechts-kundiger schon damals einschätzen können, dass die Erhe-bung einer Amtshaftungsklage, wenn auch nicht risikolos, sodoch erfolgversprechend sei.

    cc) Die Rechtsunkenntnis des von einer schuldhaften Amts-pflichtverletzung betroffenen Bürgers ist jedoch über die vor-stehende Fallgruppe hinaus verjährungsrechtlich auch dannunschädlich, wenn bei ihm durch eine objektiv unzutreffendeBelehrung des Amtsträgers eine Fehlvorstellung über dessenPflichtenumfang hervorgerufen wurde und er keinen konkre-ten Anlass hatte, der Richtigkeit der erteilten Information zumisstrauen.

    Es wäre widersprüchlich, wenn sich der schuldhaft pflicht-widrig handelnde Amtsträger (bzw. die an seiner Stelle nachArt. 34 Satz 1 GG haftende Körperschaft) im Rahmen derVerjährungseinrede gegenüber einem Amtshaftungsanspruchauf den Tatbestand des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufenkönnte, wenn er durch die von ihm objektiv fehlerhaft er-teilte Belehrung über seine Amtspflichten dem Geschädigtengegenüber verdunkelt hat, dass er diese Pflichten verletzthat. In einer solchen Situation ist dem Geschädigten die Er-hebung einer Amtshaftungsklage ebenso unzumutbar wiebei einer objektiv unübersichtlichen oder unklaren Rechtslage,wenn und solange kein konkreter Anlass besteht, die Richtig-keit der erteilten Auskunft über die Amtspflicht in Zweifel zuziehen.

    Eine derartige Fallgestaltung enthält der vorliegend zu beur-teilende Sachverhalt. Die vom beklagten Notar erteilte Beleh-rung über seine aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG (a.F.)folgenden Amtspflichten führte die urkundsbeteiligte Klägerinund ihren Ehemann objektiv in die Irre. Der Belehrung ließsich nicht entnehmen, dass den Notar nicht nur eine Warn-,sondern prinzipiell auch eine Wartepflicht traf (siehe bb).

    Zwar war der Klägerin und ihrem Ehemann nach den rechts-fehlerfrei getroffenen und von der Revision insoweit nichtangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aufgrunddes mitverlesenen Hinweises in der Einleitung der Urkundebewusst, dass ihnen entgegen der Vorgabe des § 17 Abs. 2aSatz 2 Nr. 2 BeurkG der Urkundentext nicht zwei Wochenvor der Beurkundung zur Verfügung gestellt worden war,

    GIaktuell Nr. 3/Juni 201968

    Regel nicht, zumal er sich jederzeit rechtlich beraten lassenkann. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis desGeschädigten den Verjährungsbeginn hinausschieben.

    bb) Dies kommt in Betracht, wenn die Rechtslage im Einzelfallso unübersichtlich oder zweifelhaft ist, dass sie selbst einrechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag(st. Rspr. des Senats, vgl. nur Senat, Urt. v. 24.2.1994, a.a.O.;v. 2.4.1998, a.a.O.; v. 14.3.2002, a.a.O.; v. 16.9.2004, a.a.O.,S. 231 f.; v. 3.3.2005 – III ZR 353/04, NJW-RR 2005, 1148,1149; v. 11.1.2007, a.a.O., S. 271 Rdnr. 28 [jeweils zu § 852BGB a.F.]; Beschl. v. 19.3.2008, a.a.O., S. 1237 f. Rdnr. 7 undUrt. v. 11.9.2014 – III ZR 217/13, BeckRS 2014, 19722 Rdnr.15 [jeweils zu § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB]).

    Eine derart unübersichtliche oder unklare Rechtslage war –wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat – in Bezug aufdie Frage der Disponibilität der Vorschrift des § 17 Abs. 2aSatz 2 Nr. 2 BeurkG in der für die streitgegenständliche Be-urkundung maßgeblichen Fassung nicht gegeben. Nach die-ser Regelung soll der Notar bei Verbraucherverträgen daraufhinwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheiterhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundungauseinander zu setzen; bei Verbraucherverträgen, die derBeurkundungspflicht nach § 311b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3BGB unterliegen, geschieht dies in der Regel dadurch, dassdem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäftszwei Wochen zuvor zur Verfügung gestellt wird.

    Die Regelfrist soll den Verbraucher vor unüberlegtem Han-deln schützen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht desRechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum OLG-Vertretungsänderungsgesetz, BT-Drucks. 14/9266, S. 50 f.).Ein Abweichen von ihr kommt nur in Betracht, wenn imkonkreten Einzelfall nachvollziehbare Gründe – auch unterBerücksichtigung der Interessen des Verbrauchers – es recht-fertigen, sie zu verkürzen. Voraussetzung für die Nichtein-haltung der Frist ist deshalb, dass dafür ein sachlicher Grundvorliegt und der gesetzlich bezweckte Übereilungsschutz desVerbrauchers auf andere Weise gewährleistet ist. Danachsteht die Einhaltung der Regelfrist nicht zur Disposition derBeteiligten. Insbesondere ist eine – wie hier – in die notarielleUrkunde aufgenommene Verzichtserklärung des Verbrau-chers ohne Bedeutung.

    Dies gilt umso mehr, als jemand, der sich überhastet zueinem Grundstückskaufvertrag überreden und diesen unmit-telbar von einem Notar beurkunden lässt, ohne sich hinrei-chend mit dem Vertragsgegenstand vertraut zu machen, sichauch dazu drängen lassen wird, auf die Einhaltung derPflichten aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG zu verzichten.Ist die zweiwöchige Wartefrist nicht eingehalten und ihremSchutzzweck auch nicht auf andere Weise Genüge getan,obliegt dem Notar aus Gründen des Verbraucherschutzes dieAmtspflicht, eine Beurkundung trotz eines entgegenstehen-den Wunsches der Urkundsbeteiligten abzulehnen (vgl.Senat, Urt. v. 7.2.2013 – III ZR 121/12, BGHZ 196, 166, 172Rdnr. 25, S. 173 Rdnr. 19 f. und v. 25.6.2015 – III ZR 292/14,BGHZ 206, 112, 116 Rdnr. 16 f.; KG, Beschl. v. 27.6.2008 –9 W 133/07, juris Rdnr. 12 f.).

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    sich Gefahren aus dem Umstand ergeben konnten, dass einVerbraucher nicht ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorabmit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu set-zen, und dem beklagten Notar diesbezüglich Amtspflichtenzum Schutz des Verbrauchers oblagen. Eine vollständigeKenntnis der Eheleute von Regelungsinhalt und -zweck des§ 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG – die das Berufungsgerichtangenommen hat – folgt daraus aber nicht.

    Denn ein Rechtsunkundiger konnte weder dem Wortlaut der –nur von einer Hinwirkungspflicht des Notars sprechenden –Vorschrift selbst noch dem in der Urkunde enthaltenen Hin-weis entnehmen, dass der Notar die Beurkundung verschiebenmuss, wenn er im Beurkundungstermin feststellt, dass demVerbraucher der Entwurf der Urkunde nicht zwei Wochen zu-vor zur Verfügung gestellt und dem damit verfolgten Schutz-zweck nicht auf andere Weise Genüge getan worden ist.

    Dies hätte der Beklagte klarstellen müssen. Die Klägerin undihr Ehemann waren damit über den Inhalt der gesetzlichenAmtspflichten des Beklagten aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2BeurkG unzureichend aufgeklärt worden.

    Sie hatten auch keinen Anlass, die Richtigkeit der ihnen er-teilten Belehrung des Beklagten in Zweifel zu ziehen. EinUrkundsbeteiligter darf sich grundsätzlich darauf verlassen,dass der Notar seinen Amtspflichten ordnungsgemäß nach-kommt (Senat, Urt. v. 11.9.2014 – III ZR 217/13, WM 2015,445 Rdnr. 20), und dementsprechend auch darauf vertrauen,dass ihm erteilte notarielle Belehrungen über Art und Um-fang dieser Amtspflichten zutreffen.

    Für den Verjährungsbeginn kommt es daher auf die behaup-tete Rechtsunkenntnis der Klägerin und ihres Ehemannsdarüber, dass sie den Beklagten von deren Einhaltung nichtwirksam dispensieren konnten, nicht mehr an.

    dd) Ebenso stellt sich nicht mehr die vom Berufungsgerichtals entscheidungserheblich angesehene Frage, ob das Urteildes IX. Zivilsenats vom 6.2.2014 (IX ZR 245/12, BGHZ 200,172) Anlass zu einer Abkehr von dem Grundsatz gibt, dassder Verjährungsbeginn von der Kenntnis oder grob fahrlässi-gen Unkenntnis des Verletzten von den anspruchsbegrün-denden tatsächlichen Umständen und der sich daraus erge-benden Zumutbarkeit einer Klageerhebung abhängt. Inso-weit ist lediglich anzumerken, dass der Senat diese Entschei-dung nicht im Gegensatz zu seiner Rechtsprechung sieht.

    Der IX. Zivilsenat hat in dem Urteil vom 6.2.2014 – im Übri-gen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtspre-chung des III. Zivilsenats (a.a.O., Rdnr. 11) – maßgeblich aufdie Besonderheit abgestellt, dass der Mandant wegen desspeziellen anwaltlichen Vertrauensverhältnisses Kenntnis vonTatsachen erlangen muss, die aus seiner subjektiven Sicht einrechtsfehlerhaftes Vorgehen seines Anwalts nahe legen(a.a.O., Rdnr. 15 ff. und Urteil vom selben Tag – IX ZR217/12, AnwBl. 2014, 654 Rdnr. 8 sowie Kayser, AnwBl.2014, 802, 805).

    2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Amtshaftungs-anspruch sei verjährt, erweist sich auch nicht aus anderenGründen als richtig (§ 561 ZPO). Dass der Klageanspruch –wie vom Beklagten in der Revisionsverhandlung angeführt –kenntnisunabhängig nach Ablauf der Höchstfrist von zehnJahren verjährt wäre, lässt sich den im Berufungsurteil ge-troffenen Tatsachenfeststellungen nicht mit Gewissheit ent-nehmen, zumal die Vorinstanz sich – von ihrem Standpunktaus folgerichtig – nicht mit dieser Frage befasst hat. Für dasweitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

    Nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB verjähren Schadenersatzan-sprüche, die nicht auf der Verletzung des Lebens, des Kör-pers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, ohne Rück-sicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis inzehn Jahren von ihrer Entstehung an. Die danach gemäߧ 187 Abs. 1 BGB am 19.2.2004 begonnene zehnjährigeVerjährung dürfte allerdings noch vor ihrem Ablauf am18.2.2014 (vgl. § 188 Abs. 2 BGB) durch die Zustellung deszu den Akten gereichten klägerischen Streitverkündungs-schriftsatzes vom 30.4.2013 an den Beklagten in dem gegendie Verkäuferin geführten Vorprozess gehemmt worden sein.

    a) Nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB wird die Verjährung durch dieZustellung der Streitverkündung gehemmt, wobei nach § 204Abs. 2 Satz 1 BGB die Hemmung sechs Monate nach derrechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendi-gung des eingeleiteten Verfahrens endet. Der Schriftsatzvom 30.4.2013, mit dem die Klägerin dem Beklagten unterVerweis auf dessen subsidiäre Haftung als Notar aus § 19Abs. 1 Satz 1 BNotO wegen einer Verletzung der Amtspflichtaus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG den Streit verkündethat, dürfte diesem bei regelmäßigem Prozessverlauf im Mai2013 zugestellt worden sein.

    Das die Berufung der Klägerin gegen die erstinstanzlicheKlageabweisung im Vorprozess zurückweisende Berufungs-urteil vom 16.12.2014 ist ihren Prozessbevollmächtigtenoffenbar am 18.12.2014 zugestellt worden, weshalb derVorprozess, in dem anscheinend keine weiteren Rechtsmitteleingelegt wurden, mutmaßlich am 19.1.2015 rechtskräftigabgeschlossen war. Noch vor Ablauf der sich anschließendenNachfrist von sechs Monaten dürfte die Verjährung sodannerneut nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die im Mai 2015erfolgte Erhebung der Amtshaftungsklage gehemmt wordensein.

    b) Voraussetzung für den Eintritt der Hemmungswirkung derStreitverkündung ist, dass sie – wie hier – vom Anspruchs-berechtigten ausgeht (vgl. BGH, Urt. v. 4.3.1993 – VII ZR148/92, NJW 1993, 1916) und prozessual zulässig ist (vgl.Senat, Urt. v. 18.12.1961 – III ZR 181/60, BGHZ 36, 212,214; BGH, Urt. v. 9.10.1975 – VII ZR 130/73, BGHZ 65, 127,130 f.; v. 11.2.2009 – XII ZR 114/06, BGHZ 179, 361, 366Rdnr. 18 und v. 12.11.2009 – IX ZR 152/08, BeckRS 2009,89265 Rdnr. 9).

    Dazu muss zunächst der Streitverkündungsschriftsatz inhalt-lich den Anforderungen des § 73 Abs. 1 ZPO genügen, wasvorliegend zu bejahen ist. Vor allem aber ist nach § 72 Abs. 1

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  • klagt worden ist (BGH, Urt. v. 21.2.2002 – IX ZR 127/00,NJW 2002, 1414, 1416 und v. 8.12.2011, a.a.O.).

    Die Verjährungshemmung erfasst auch dann den gesamtenAnspruch des Streitverkünders, wenn die im Vor- und imFolgeprozess verfolgten Ansprüche nicht inhaltlich identischsind oder nicht auf derselben Rechtsgrundlage beruhen; esgenügt, dass zwischen ihnen eine enge materiell-rechtlicheVerknüpfung besteht und sie das gleiche wirtschaftliche Zielverfolgen (BGH, Urt. v. 11.2.2009, a.a.O., S. 372 Rdnr. 36,vgl. auch S. 373 Rdnr. 38).

    Eine andere Beurteilung wäre mit dem Grundsatz der Scha-deneinheit unvereinbar. Gegenstand der Verjährung ist nach§ 194 Abs. 1 BGB der materiell-rechtliche Anspruch – hierder auf Schadenersatz gerichtete Amtshaftungsanspruch aus§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO. Ein Schadenersatzanspruch ent-steht regelmäßig schon mit dem Eintritt des ersten (Teil-)Schadens, weil dann seine Tatbestandsmerkmale vollständigverwirklicht sind, und umfasst alle durch die Schädigungs-handlung vorhersehbar verursachten nachfolgenden Schä-den. Insoweit unterscheidet er sich etwa vom Aufwendungs-ersatzanspruch aus § 670 BGB, der bei Vorliegen seinergesetzlichen Voraussetzungen im Übrigen erst durch jedeeinzelne Aufwendung beziehungsweise jedes einzelne frei-willige Vermögensopfer jeweils begründet wird und dement-sprechend sukzessive verjährt (Senat, Urt. v. 5.7.2018 – III ZR273/16, NJW 2018, 2714, 2717 Rdnr. 27).

    Da eine einheitliche Entstehung des Amtshaftungsanspruchs– wie bereits dargelegt – auch dann anzunehmen ist, wennnur für einen Teil des Schadens nach § 839 Abs. 1 Satz 2BGB beziehungsweise § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO eine ander-weitige Ersatzmöglichkeit fehlt und es für die den Verjäh-rungsbeginn auslösende Kenntnis nach § 199 Abs. 1 Nr. 2BGB ausreicht, wenn der Geschädigte weiß, dass die in Be-tracht kommende anderweitige Ersatzmöglichkeit seinenSchaden teilweise nicht deckt (vgl. BGH, Urt. v. 26.11.1987– IX ZR 162/86, BGHZ 102, 246, 249 f.), vollzieht sich diekenntnisabhängige Verjährung dieses Anspruchs einheitlich.Für seine kenntnisunabhängige Verjährung und – gleichsamspiegelbildlich – deren Hemmung kann nichts anderes gel-ten.

    3. Nach alldem ist das angefochtene Berufungsurteil aufzu-heben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).

    Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden, da derRechtsstreit nicht entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1,Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird vielmehr noch wei-tere, für das Bestehen des Anspruchs bedeutsame Feststel-lungen insbesondere zu der vom Beklagten substantiiert inAbrede gestellten Kausalität der Verletzung seiner Amts-pflichten aus § 17 Abs. 2a BeurkG für den Kaufvertragsab-schluss sowie gegebenenfalls belastbare ergänzende Feststel-lungen zur Frage des Verjährungseintritts zu treffen haben. •

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    ZPO erforderlich, dass die Partei für den Fall des ihr ungünsti-gen Ausgangs des Rechtsstreits einen Anspruch auf Schad-loshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt.

    Die Hemmungswirkung erstreckt sich nur auf Ansprüche, dievon den Angaben in der Streitverkündungsschrift umfasstsind (BGH, Urt. v. 12.11.2009, a.a.O., m.w.N.) und tritt nichtein, wenn – auch vom Standpunkt der streitverkündendenPartei aus – der der Streitverkündung zugrunde liegendevermeintliche Anspruch sowohl in tatsächlicher als auch inrechtlicher Hinsicht in keiner Weise von dem Ausgang desRechtsstreits berührt werden kann (BGH, Urt. v. 21.2.2002 –IX ZR 127/00, NJW 2002, 1414, 1416; v. 11.2.2009, a.a.O.,S. 373 Rdnr. 38 und v. 8.12.2011 – IX ZR 204/09, NJW2012, 674, 675 Rdnr. 9).

    c) Danach war die Streitverkündung an den Beklagten pro-zessual zulässig und entfaltete materiell-rechtlich verjährungs-hemmende Wirkung in Bezug auf den gesamten Amtshaf-tungsanspruch der Klägerin.

    Soweit es den entstandenen Kaufpreisschaden betraf, wardie für eine zulässige Streitverkündung erforderliche Abhän-gigkeit des Amtshaftungsanspruchs von einem für die Kläge-rin ungünstigen Ausgang des Bereicherungsprozesses gegendie Verkäuferin gegeben. Denn in Bezug auf diesen (Teil-)Schaden haftete der Beklagte nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotOfür die ihm vorgeworfene fahrlässige Amtspflichtverletzungnur subsidiär.

    Hängt aber die Haftung des Notars gerade davon ab, dass derGeschädigte nicht anderweitig Ersatz verlangen kann, ist derAusgang eines Prozesses gegen einen möglicherweise primärhaftenden Dritten für ein späteres Klageverfahren gegen denNotar präjudiziell und deshalb eine Streitverkündung ihm ge-genüber ohne Weiteres zulässig (vgl. Senat, Urt. v. 18.12.1961,a.a.O., S. 214 f.; v. 22.1.2004 – III ZR 99/03, NJW-RR 2004,1069, 1071; v. 3.3.2005 – III ZR 353/04, NJW-RR 2005,1148, 1149 und v. 6.7.2007 – III ZR 13/05, NJW-RR 2007,277, 278).

    Zwar bot die bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsklagegegen die Verkäuferin in Bezug auf den Finanzierungsscha-den – wie ausgeführt – von vornherein keine anderweitige,primäre Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2BNotO, weshalb insoweit auch keine Abhängigkeit des Amts-haftungsanspruchs vom Ergebnis des Vorprozesses bestand.

    Daraus ergibt sich jedoch keine Einschränkung der Zulässig-keit der Streitverkündung und ihrer verjährungshemmendenWirkung in Bezug auf den Gesamtanspruch der Klägerin.Denn die erforderliche Präjudizialität muss nicht für den An-spruch in seiner ganzen Höhe gegeben sein (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, Neubearb. 2014, § 204 Rdnr. 82 Buchst. f.).

    Dementsprechend spielt es für die Reichweite der Wirkungder Streitverkündung grundsätzlich keine Rolle, ob in demVerfahren, in dem die Streitverkündung erfolgt, – wie hier –nur ein Teil des Schadens, welcher dem in der Streitverkün-dungsschrift bezeichneten Anspruch zugrunde liegt, einge-

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  • im elektronischen Fristenkalender. Danach sei die Eintragungdurch Abzeichnung mit Kürzel auf der Handakte zu bestäti-gen. Die Mitarbeiterinnen seines Prozessbevollmächtigtenseien angewiesen, die Abzeichnung erst vorzunehmen, nach-dem man sich vergewissert habe, dass Frist und Vorfrist ord-nungsgemäß im Kalender gespeichert seien.

    Der Antragsteller hat weiter vorgetragen, durch das Dialog-feld „Eingabekontrolle“ der Software R. erfolge programm-seitig durch das automatisierte Auslesen aller zur Akte ge-speicherten Fristen die durch den BGH geforderte Fehlerkon-trolle. In der Eingabemaske „Eingabekontrolle“ seien sämtli-che zu der betreffenden Akte im elektronischen Fristenkalen-der gespeicherten Fristen aufgelistet.

    Dies ermögliche die Kontrolle der Eingabe und Abspeiche-rung der Fristen, da nach dem Bestätigen durch Anklickendes grünen Hakens die Software die abgespeicherten undeingetragenen Fristdaten aktuell auslese und sich damit pro-grammseitig nachvollziehen lasse, dass die Eingabe im elek-tronischen Fristenkalender entsprechend verarbeitet undgespeichert worden sei. Sei also eine abgespeicherte Frist inder Programmmaske „Eingabekontrolle“ aufgeführt, so seisichergestellt, dass diese auch im elektronischen Fristenka-lender eingetragen und abgespeichert sei.

    Die Mitarbeiterinnen seines Prozessbevollmächtigten seienangewiesen, die korrekte Speicherung des Fristbeginns, desFristablaufs und des Fristgrundes in der entsprechenden Akteund in der Programmmaske „Eingabekontrolle“ zu kontrol-lieren und die Eintragung durch Abzeichnung mit Kürzel aufder Handakte erst nach Kontrolle des Dialogfeldes „Eingabe-kontrolle“ zu bestätigen.

    Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantragzurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und be-gründete Rechtsbeschwerde des Antragstellers. •

    Aus den Gründen:Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist jedoch, ihre Zuläs-sigkeit unterstellt, jedenfalls unbegründet.

    1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Antrag auf Wie-dereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet, weilder Antragsteller nicht ohne sein Verschulden an der Wah-rung der Berufungsbegründungsfrist verhindert gewesen sei(§ 233 ZPO i.V.m. § 221 Abs. 1 BauGB). Die elektronischeKalenderführung eines Prozessbevollmächtigten dürfe grund-sätzlich keine geringere Überprüfungssicherheit bieten alsdie eines herkömmlichen Fristenkalenders. Würden die Ein-gaben in den EDV-Kalender nicht durch Ausgabe der einge-gebenen Einzelvorgänge über den Drucker oder durch Aus-gabe eines Fehlerprotokolls durch das Programm kontrolliert,sei darin ein anwaltliches Organisationsverschulden zu sehen.

    Daran gemessen liege ein anwaltliches Organisationsver-schulden des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vor,das sich der Antragsteller gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen

    Anwaltshaftung• Elektronische Kalenderführung• Fertigung eines Kontrollausdrucks• Organisationsverschulden• Wiedereinsetzung in den vorigen Stand(BGH, Beschl. v. 28.2.2019 – III ZB 96/18)

    Leitsätze:1. Bei der Fristeingabe in den elektronischen Fristen-kalender muss eine Kontrolle durch einen Ausdruck dereingegebenen Einzelvorgänge oder eines Fehlerproto-kolls erfolgen. Unterbleibt eine derartige Kontrolle, soliegt ein anwaltliches Organisationsverschulden vor(Bestätigung BGH, Beschl. v. 12.4.2018 – V ZB 138/17,NJW-RR 2018, 1267 und v. 17.4. 2012 – VI ZB 55/11,NJW-RR 2012, 1085).

    2. Werden die Fristeingabe in den elektronischenFristenkalender und die anschließende Eingabekontrollein zwar mehrstufigen, aber ausschließlich EDV-gestütz-ten und jeweils nur kurze Zeit benötigenden Arbeits-schritten am Bildschirm durchgeführt, besteht eine er-höhte Fehleranfälligkeit. Den Anforderungen, die an dieÜberprüfungssicherheit der elektronischen Kalenderfüh-rung zu stellen sind, wird durch eine solche Verfahrens-weise nicht genügt. •

    Zum Sachverhalt:Der Antragsteller wendet sich gegen die Belastung ihm ge-hörender Grundstücke mit einer beschränkt persönlichenDienstbarkeit zu Gunsten der Antragsgegnerin.

    Mit dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am16.2.2018 zugestelltem Urteil hat das LG dessen Anträgeauf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Hiergegenhat er fristgemäß Berufung eingelegt. Die Berufungsbegrün-dung ist erst am 27.4.2018 beim OLG eingegangen.

    Der Antragsteller hat beantragt, ihm wegen der Versäumungder Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in denvorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat er unterVorlage von eidesstattlichen Versicherungen der Rechtsan-walts- und Notarfachangestellten G. vorgetragen, eine Über-prüfung habe ergeben, dass zwar die Berufungsbegrün-dungsfrist zutreffend mit der Vorfrist in der Handakte seinesProzessbevollmächtigten eingetragen worden sei und dieansonsten zuverlässige vorgenannte Angestellte die Eintra-gung im elektronischen Fristenkalender durch Abzeichnungmit Kürzel bestätigt habe, jedoch die Berufungsbegrün-dungsfrist und die Vorfrist nicht im Fristenkalender der ver-wendeten Software R. gespeichert gewesen seien.

    Die Mitarbeiterin G. sei angewiesen worden, die Berufungs-fristen mit rotem Stift unter Angabe des Fristgrundes, einerVorfrist für Berufung und Berufungsbegründung von jeweilszwei Wochen und der Fristabläufe in die Innenseite derHandakte einzutragen. Anschließend erfolge die Eintragung

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  • lassen müsse. Nach dessen Vortrag werde die korrekte Spei-cherung von Fristen in den elektronischen Fristenkalender inder Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten nicht durch Fer-tigung eines Kontrollausdrucks überprüft. Die Abläufe ausdem Programm R. stellten nicht hinreichend sicher, dass Ein-gabefehler oder -versäumnisse durch Mitarbeiter der Kanzleimit geringem Aufwand rechtzeitig erkannt und beseitigtwerden könnten.

    Nach dem Vortrag des Antragstellers solle die Programm-maske „Eingabekontrolle“ die Kontrolle der Eingabe undSpeicherung der Fristen ermöglichen. Das von ihm beschrie-bene Vorgehen sei indes mit der Fertigung eines Kontrollaus-drucks nicht vergleichbar. Das Fehlerrisiko sei bei der elektro-nischen Eingabe von Datumsangaben erheblich höher als beider handschriftlichen Übertragung eines Datums. Es sei da-her auch bei einem elektronischen Fristenkalender angezeigt,die vorherige Eingabe über einen entsprechenden Ausdruckzu kontrollieren. Erst hierdurch werde gewährleistet, dasssich menschliche Fehler durch eine weitere von einem Mitar-beiter vorgenommene Kontrolle korrigieren ließen.

    Vor diesem Hintergrund sei es auch unter Berücksichtigungder weiter fortschreitenden Digitalisierung als Organisations-verschulden zu bewerten, dass der Mitarbeiterin G. die sen-sible und fehlerträchtige Aufgabe ohne Anweisung zur Fer-tigung eines Kontrollausdrucks übertragen worden sei. Diegewählte Handhabung, sich ohne Kontrollausdruck aus-schließlich auf die Software R. und eine reine Bildschirmkon-trolle zu verlassen, stelle keine ausreichende Fehlerkontrolledar.

    Da somit eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nichtzu bewilligen gewesen sei, sei die Berufungsbegründungs-frist verstrichen.

    2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfungstand.

    Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsteller nichtin seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch aufwirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 GG in Verbindung mitdem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei die Wie-dereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund vonAnforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevoll-mächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicherRechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien denZugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumtenInstanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zurechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr., z.B. Senat,Beschl. v. 26.7.2012 – III ZB 57/11, NJW-RR 2012, 1462Rdnr. 10 m.w.N.).

    Der Antragsteller hat die Frist zur Berufungsbegründungversäumt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdehat das Berufungsgericht die beantragte Wiedereinsetzungzu Recht abgelehnt, weil ein dem Antragsteller zuzurechnen-des (§ 85 Abs. 2 ZPO) Verschulden seines Prozessbevollmäch-tigten vorliegt.

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    a) aa) Die Verwendung einer elektronischen Kalenderführungdarf keine hinter der manuellen Führung zurückbleibendeÜberprüfungssicherheit bieten (BGH, Beschl. v. 12.4.2018 –V ZB 138/17, NJW-RR 2018, 1267 Rdnr. 7; v. 17.4.2012 –VI ZB 55/11, NJW-RR 2012, 1085 Rdnr. 8; v. 2.2.2010 –XI ZB 23/08 und XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rdnr. 12 undv. 12.10.1998 – II ZB 11/98, NJW 1999, 582, 583; BSG,NJW 2018, 2511 Rdnr. 9).

    Bei der Eingabe von Fristen in den elektronischen Fristenka-lender bestehen spezifische Fehlermöglichkeiten. Dazu zäh-len nicht nur Datenverarbeitungsfehler der EDV, sondernauch Eingabefehler, insbesondere durch Vertippen. Das be-deutet, dass der Rechtsanwalt, der laufende Fristen in einemelektronischen Fristenkalender erfasst, durch geeignete Orga-nisationsmaßnahmen die Kontrolle der Fristeingabe gewähr-leisten muss.

    Dies kann durch einen Ausdruck der eingegebenen Einzel-vorgänge oder eines Fehlerprotokolls erfolgen. Werden dieEingaben in den EDV-Kalender nicht durch Ausgabe der ein-gegebenen Einzelvorgänge über den Drucker oder durch Aus-gabe eines Fehlerprotokolls durch das Programm kontrolliert,ist darin nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein anwalt-liches Organisationsverschulden zu sehen.

    Die Fertigung eines Kontrollausdrucks ist erforderlich, umnicht nur Datenverarbeitungsfehler des EDV-Programms,sondern auch Eingabefehler oder -versäumnisse mit gerin-gem Aufwand rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen(BGH, Beschl. v. 12.4.2018 a.a.O., Rdnr. 9; v. 17.4.2012a.a.O.; v. 2.2.2010 a.a.O.; v. 12.12.2005 – II ZB 33/04, NJW-RR 2006, 500 Rdnr. 4 f.; v. 12.12.1998 a.a.O.; v. 20.2.1997– IX ZB 111/96, NJW-RR 1997, 687; v. 23.3.1995 – VII ZB3/95, NJW 1995, 1756, 1757; BSG a.a.O.; BFH, Beschl. v.22.5.2018 – XI R 22/17, juris Rdnr. 17).

    bb) Eine solche Anweisung bestand in der Kanzlei des Pro-zessbevollmächtigten des Antragstellers nicht. Insbesonderewurde kein Kontrollausdruck gefertigt. Dieser ist indes er-forderlich.

    (1) Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Auffassung derRechtsbeschwerde – nicht aus dem Beschluss des VI. Zivilse-nats vom 17.4.2012 (a.a.O.). Soweit dort als hinreichendeKontrollalternative (zur Ausgabe der eingegebenen Einzelvor-gänge über den Drucker) die Ausgabe eines Fehlerprotokollsdurch das Programm genannt wird, beinhaltet auch dies dieFertigung eines Ausdrucks.

    In dem Beschluss wird ausdrücklich erkannt, dass die Ferti-gung eines Kontrollausdrucks nicht verzichtbar, sondern er-forderlich ist, und dass andernfalls von einem anwaltlichenOrganisationverschulden auszugehen ist. Gleiches ergibt sichetwa aus den Beschlüssen des BGH vom 12.4.2018 und2.2.2010 (jew. a.a.O.: Fertigung eines Kontrollausdruckserforderlich), v. 12.12.2005 (a.a.O., Rdnr. 5: stets ein Schrift-stück) und v. 20.2.1997 (a.a.O.: in jedem Fall ein Ausdruck)sowie des Bundessozialgerichts vom 28.6.2018 (a.a.O.:Fertigung eines Kontrollausdrucks erforderlich).

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    (2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dienach der Büroorganisation des Prozessbevollmächtigten desAntragstellers praktizierte automatisierte programmseitigeEingabekontrolle nicht gleich effektiv und sicher wie eineKontrolle anhand eines Papierausdrucks. Sie erfolgt aus-schließlich EDV-gestützt über die Einsichtnahme in die imDialogfeld „Eingabekontrolle“ auf dem Bildschirm angezeig-ten Daten. Eine solche Kontrolle ist deutlich anfälliger insbe-sondere für ein sogenanntes Augenblicksversagen der mit ihrbeauftragten Mitarbeiter als eine Kontrolle mittels einesAusdrucks.

    (a) Der Büroalltag dieser Personen ist geprägt durch zahlrei-che Arbeitsvorgänge, die in kurzer Abfolge zu erledigen sind.Nicht selten müssen sie wegen anderer vordringlicher Aufga-ben oder Aufträge unterbrochen werden (z.B. eingehendeTelefonate, Anfragen von anwesenden Mandanten, eiligeAufträge der Rechtsanwälte). Dies birgt die Gefahr, dass eineAufgabe und der Stand ihrer Erledigung, etwa wenn sie be-gonnen, aber unterbrochen wurde, in Vergessenheit geratenbeziehungsweise irrig als vollständig erledigt erinnert wer-den. Eine solche Gefahr besteht in erhöhtem Maße, wenndie Aufgabe in zwar mehrstufigen, aber ausschließlich EDV-gestützten und jeweils nur kurze Zeit benötigenden Arbeits-schritten am Bildschirm durchzuführen ist.

    Dies gilt auch für die nach Anweisung des Prozessbevoll-mächtigten des Antragstellers gehandhabte Verfahrensweisebei der Eintragung von Fristen in den elektronischen Kalen-der. Wird beispielsweise nach Eingabe einer Frist in dem ent-sprechenden Dialogfeld versehentlich nicht das Bestätigungs-feld (grüner Haken), sondern das unmittelbar daneben lie-gende Feld mit der Kennzeichnung „X“ betätigt, sind dieordnungsgemäße Speicherung der Frist und ihre Kontrollenicht sichergestellt.

    Ein solches „Augenblicksversagen“ ist nicht nur theoretischerNatur, sondern liegt im Rahmen des – vorstehend beschrie-benen – Büroalltages im Bereich des durchaus Naheliegen-den, etwa wenn nach einer Unterbrechung der Fristeintra-gung ihr Bearbeitungsstand in Vergessenheit geraten ist undder Eingabedialog mit dem Eingabekontrolldialog verwech-selt wird.

    (b) Sieht die Arbeitsanweisung des Rechtsanwalts dagegenvor, bei Eintragung von Fristen in einen elektronischen Fris-tenkalender stets einen Kontrollausdruck zu fertigen, bestehteine erheblich geringere Gefahr einer unvollständigen undnicht kontrollierten Fristeingabe. Das Fehlen eines erforderli-chen Kontrollausdrucks springt unmittelbar ins Auge, insbe-sondere wenn der Vorgang im Rahmen einer Arbeitsroutinevon erfahrenem Büropersonal durchgeführt wird.

    Es ist ein Warnzeichen, das der mit der Fristeintragung be-fassten Person deutlich signalisiert, dass die Fristeingabenoch nicht kontrolliert und möglicherweise sogar noch nichtabgeschlossen wurde. Nur der durch den Ausdruck herbei-geführte – in vorliegendem Zusammenhang sinnvolle –„Medienbruch“ zwischen Eingabe am Bildschirm und Kon-trolle mittels eines Ausdrucks gewährleistet mithin ein hohes

    Maß an Sicherheit in Bezug auf eine zutreffende Fristeingabeund -speicherung.

    Dieses erforderliche Kontrollniveau wird seitens der vomAntragsteller beschriebenen rein elektronischen Fristeingabeund Eingabekontrolle ohne „Medienbruch“ nicht erreicht.Die in kürzester Zeit nacheinander in demselben Medium(Bildschirm) durchführbare Fristeingabe und Eingabekontrollebirgt vielmehr, wie ausgeführt, eine erhöhte Fehleranfällig-keit. Diese ist letztlich die Kehrseite des von der Rechtsbe-schwerde genannten erleichterten Kontrollaufwandes. DenAnforderungen, die an die Überprüfungssicherheit einerelektronischen Kalenderführung zu stellen sind, wird aufdiese Weise nicht genügt.

    3. Nach alledem hat das Berufungsgericht zu Recht die be-antragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigertund die Berufung als unzulässig verworfen. •

    Anwaltshaftung• Wiedereinsetzung in den vorigen Stand• Unvorhergesehene Erkrankung• Allgemeine Vorkehrungen zur Fristwahrung(BGH, Beschl. v. 19.2.2019 – VI ZB 43/18)

    Leitsätze:1. Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungendafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erfor-derliche auch dann unternommen wird, wenn er unvor-hergesehen ausfällt. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenesPersonal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungenfür einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache miteinem vertretungsbereiten Kollegen treffen. Durch kon-krete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechts-anwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einensolchen konkreten Ausfall vorhersehen kann.

    2. Ein Rechtsanwalt muss, wenn er unvorhergesehenerkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrungunternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist.Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehenerkrankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal könnensich darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvorim Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkeh-rungen für Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffenhatte, zu kontaktieren und um die Beantragung einerFristverlängerung zu bitten. Für die Begründung einesWiedereinsetzungsantrags ist deshalb die Darlegungund Glaubhaftmachung notwendig, dass aufgrund derErkrankung selbst diese Maßnahme nicht möglich oderzumutbar war bzw. – bei pflichtgemäßem Treffen derallgemeinen Vorkehrungen – gewesen wäre. •

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  • sei. Das vorgelegte Attest bescheinige lediglich eine Arbeits-unfähigkeit; daraus könne die Art der Erkrankung nicht be-urteilt werden.

    Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beklagte mit derRechtsbeschwerde. •

    Aus den Gründen:Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil dieVoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist entge-gen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2ZPO) erforderlich; insbesondere verletzt der angefochteneBeschluss nicht den Anspruch des Beklagten auf Gewährungwirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. demRechtsstaatsprinzip; vgl. BVerfG, NJW 2003, 281 m.w.N.).

    1. Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollenRechtsschutzes gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzungin den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen andie Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu ver-sagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nichtverlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer inder Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutba-rer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weiseerschweren (st. Rspr., siehe nur Senatsbeschl. v. 10.4.2018 –VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085 Rdnr. 5 m.w.N.).

    2. Davon ausgehend ist die Begründung, mit der das Beru-fungsgericht dem Beklagten die form- und fristgerecht be-antragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen dieVersäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt hat,rechtlich nicht zu beanstanden.

    a) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss ein Rechts-anwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zurWahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommenwird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Per-sonal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einensolchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Per-sonal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einenVerhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertre-tungsbereiten Kollegen treffen (Senatsbeschl. v. 10.4.2018 –VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085 Rdnr. 7; v. 24.4.2018 – VI ZB48/17, VersR 2018, 1212 Rdnr. 9; v. 6.3.1990 – VI ZB 4/90,VersR 1990, 1026; BGH, Beschl. v. 26.9.2013 – V ZB 94/13,NJW 2014, 228 Rdnr. 7; v. 18.9.2008 – V ZB 32/08, NJW2008, 3571 Rdnr. 9). Durch konkrete Maßnahmen im Einzel-fall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorberei-ten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehenkann (BGH, Beschl. v. 26.9.2013 – V ZB 94/13, NJW 2014,228 Rdnr. 7; v. 18.9.2008 – V ZB 32/08, NJW 2008, 3571Rdnr. 9; jew. m.w.N.).

    b) Dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Beklag-ten zum Wiedereinsetzungsgesuch lässt sich nicht entneh-men, dass er allgemeine Vorkehrungen für einen unvorher-gesehenen Verhinderungsfall getroffen hätte.

    GIaktuell Nr. 3/Juni 201974

    Zum Sachverhalt:Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadenersatz wegenEigentumsverletzung in Anspruch. Das LG hat der Klagestattgegeben. Gegen das am 23.7.2018 zugestellte Urteilhat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten rechtzeitigBerufung eingelegt. Diese hat er mit am 25.9.2018 beiGericht eingegangenem Schriftsatz begründet und zugleicheinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Standgestellt.

    Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei am Montag,24.9.2018, dienstunfähig erkrankt gewesen, und diesanwaltlich versichert. Nach gerichtlichem Hinweis hat er diesunter anwaltlicher Versicherung dahingehend konkretisiert,dass er am 24.9.2018 unvorhergesehen mit hohem Fieberans Bett gefesselt gewesen sei. Vorkehrungen für diesen seit20 Jahren erstmals eingetretenen Fall seien nicht getroffenworden, zumal solche in einer Einzelkanzlei nicht möglichseien. Die wirksame Beauftragung eines Vertreters habeaufgrund seiner gesundheitlichen Lage ebenso wenig erfol-gen können wie die Beantragung einer Fristverlängerung;gesundheitsbedingt sei „gar nichts mehr möglich“ gewesen.

    Am 25.9.2018 habe er einen Arzt aufsuchen können, amAbend desselben Tages sei er wieder körperlich in der Lagegewesen, in die Kanzlei zu gehen, den Wiedereinsetzungsan-trag zu stellen und die versäumte Prozesshandlung nachzu-holen. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat einärztliches Attest nachgereicht, das ihn vom 24. bis einschließ-lich 28.9.2018 für nicht arbeitsfähig erklärt.

    Mit Beschluss vom 9.10.2018 hat das Berufungsgericht diebeantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abge-lehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Prozessbevoll-mächtigte des Beklagten habe schon nicht ausreichend dar-gelegt, dass ihm die Einschaltung eines Vertreters oder dieBeantragung einer Fristverlängerung nicht möglich gewesensei. Die bloße Behauptung, mit Fieber an das Bett gefesseltgewesen und zu keinerlei Tätigkeit in der Lage gewesen zusein, reiche hierfür nicht aus.

    Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, inwiefern der Pro-zessbevollmächtigte des Beklagten durch seine Krankheitdaran gehindert gewesen sei, einen Vertreter zu erreichen,der für ihn einen Fristverlängerungsantrag habe stellenkönnen. Es gehöre zu den Sorgfaltspflichten eines Einzelan-walts, für unvorhergesehene Verhinderungen zumindest dieVorkehrung zu treffen, entweder selbst oder gegebenenfallsüber eine angestellte Bürokraft einen Kollegen erreichen zukönnen, der sich zu einer Vertretung bereit erkläre. Hierzugehöre das Vorhalten von entsprechenden Telekommunikati-onsmitteln und Kontaktinformationen.

    Dass dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten auch beiBeachtung dieser Vorkehrungen am 24.9.2018 keinerleiKommunikation möglich gewesen sei, sei mit Fieber undBettlägerigkeit nicht ausreichend erklärt. Darüber hinaushabe der Prozessbevollmächtigte des Beklagten auch nichtglaubhaft gemacht, in einem Maße erkrankt gewesen zusein, dass ihm überhaupt kein Tätigwerden möglich gewesen

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  • GIaktuell Nr. 3/Juni 2019 75

    Vielmehr hat er sich darauf berufen, dass Vorkehrungen ineiner Einzelkanzlei nicht möglich seien. Aus der Rechtsbe-schwerdebegründung ergibt sich zudem die rechtsirrige Auf-fassung der beklagten Partei, ihr Prozessbevollmächtigterhabe für unvorhergesehene Krankheitsfälle, anders als dasBerufungsgericht meine, allgemeine Vorkehrungen nichttreffen müssen. Soweit sich die Rechtsbeschwerde hierzu aufden Beschluss des BGH vom 22.10.2014 – XII ZB 257/14(NJW 2015, 171 Rdnr. 18) beruft, verneint dieser lediglichdie Pflicht zur Bestellung eines Vertreters als konkrete Vor-sorgemaßnahme für einen krankheitsbedingten Ausfall. DiePflicht, allgemeine Vorkehrungen für den Krankheitsfall zutreffen, bleibt davon unberührt, was sich auch aus den Ver-weisungen in diesem Beschluss auf andere Entscheidungen,unter anderem auf den Beschluss des BGH vom 18.9.2008 –V ZB 32/08 (NJW 2008, 3571 Rdnr. 9), ergibt.

    In dem von der Rechtsbeschwerde ebenfalls herangezogenenBeschluss des BGH vom 11.4.2017 – II ZB 5/16 (juris Rdnr. 16)heißt es zwar, der Rechtsanwalt sei grundsätzlich nicht ge-halten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankungvorsorglich einen Vertreter zu bestellen, um Fristwahrungenzu ermöglichen. Selbst wenn damit, trotz der Bezugnahmeauf den Beschl. v. 22.10.2014 – XII ZB 257/14, gemeint ge-wesen sein sollte, dass auch nicht im Rahmen der allgemei-nen Vorkehrungen eine Vertretung organisiert werden müs-se, wäre dies jedenfalls nicht tragend.

    Denn nach dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sach-verhalt praktizierte der dortige Prozessbevollmächtigte fürden Fall seiner Verhinderung eine ständige Vertreterregelungmit einer Rechtsanwältin (juris Rdnr. 6), weshalb über dieFrage zu entscheiden war, ob der Prozessbevollmächtigtenicht trotz seiner Krankheit in der Lage war, Kontakt zu die-ser Rechtsanwältin aufzunehmen (juris Rdnr. 17 ff.).

    c) Das Versäumnis des Prozessbevollmächtigen des Beklag-ten, allgemeine Vorkehrungen für eine Vertretung im Krank-heitsfall zu treffen, hat sich auf die Versäumung der Beru-fungsbegründungsfrist ausgewirkt (vgl. zu diesem ErfordernisSenatsbeschl. v. 6.3.1990 – VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026;BGH, Beschl. v. 26.9.2013 – V ZB 94/13, NJW 2014, 228Rdnr. 9).

    aa) Ein Rechtsanwalt muss zwar, wenn er – wie hier – unvor-hergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwah-rung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist(Senatsbeschl. v. 10.4.2018 – VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085Rdnr. 7; v. 6.3.1990 – VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026; BGH,Beschl. v. 26.9.2013 – V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rdnr. 10;v. 18.9.2008 – V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rdnr. 9).

    Die Art und Schwere seiner Erkrankung kann ihn im Einzelfallaußerstande setzen, noch irgendwelche fristwahrenden Maß-nahmen zu ergreifen (vgl. Senatsbeschl. v. 6.3.1990 – VI ZB4/90, VersR 1990, 1026 für den Fall der Einlieferung desRechtsanwalts durch den Notarzt in ein Krankenhaus undVerlegung auf die Intensivstation; BGH, Beschl. v. 18.9.2008– V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rdnr. 12).

    Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen er-krankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal können sichaber darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvor im Rah-men der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für Ver-hinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte, zu kontaktieren undum die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten (vgl.Senatsbeschl. v. 24.4.2018 – VI ZB 48/17, VersR 2018, 1212Rdnr. 9; v. 10.4.2018 – VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085 Rdnr. 8;BGH, Beschl. v. 26.9.2013 – V ZB 94/13, NJW 2014, 228Rdnr. 11).

    Für die Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags ist des-halb die Darlegung und Glaubhaftmachung notwendig, dassaufgrund der Erkrankung selbst diese Maßnahme nicht mög-lich oder zumutbar war bzw. – bei pflichtgemäßem Treffender allgemeinen Vorkehrungen – gewesen wäre (vgl. BGH,Beschl. v. 26.9.2013 – V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rdnr. 11).

    bb) Gemessen daran reichen, wie vom Berufungsgericht zu-treffend gesehen, die Darlegungen zur Begründung desWiedereinsetzungsantrags nicht aus. Danach litt der Prozess-bevollmächtigte des Beklagten an hohem Fieber und wardeshalb an das Bett gefesselt. Damit mag es ihm unmöglichgewesen sein, selbst einen Fristverlängerungsantrag zu stel-len oder sich (erst jetzt) auf die Suche nach einem vertre-tungsbereiten Rechtsanwalt zu machen und diesen mit derFristverlängerung zu beauftragen.

    Daraus ergibt sich indes nicht, dass er, hätte er bereits imRahmen der zu treffenden allgemeinen VorkehrungenVorsorge für eine Vertretung getroffen und entsprechendeKontaktdaten bereitgehalten, nicht in der Lage gewesenwäre, den Vertreter zu benachrichtigen und diesen um dieBeantragung einer Fristverlängerung zu bitten. Da es sich umdie erste Fristverlängerung gehandelt hätte, hätte diese auchnicht aufwendig begründet werden müssen (vgl. Senats-beschl. v. 20.2.2018 – VI ZB 47/17, VersR 2018, 1277 Rdnr.8; BGH, Beschl. v. 26.9.2013 – V ZB 94/13, NJW 2014, 228Rdnr. 11 m.w.N.).

    Dem steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdenicht die Behauptung des Prozessbevollmächtigten des Be-klagten entgegen, ihm sei gesundheitsbedingt „gar nichtsmehr möglich“ gewesen. Auch hohes Fieber führt gewöhnlichnicht zu absoluter Handlungsunfähigkeit. Es hätte daher nach-vollziehbarer Darlegung dazu bedurft, dass es dem Prozess-bevollmächtigten nicht einmal möglich und zumutbar gewe-sen wäre, mit einer Vertretung, hätte er für diese Vorsorgegetroffen, zu kommunizieren.

    cc) Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass das Berufungs-gericht den Vortrag des Prozessbevollmächtigten, es sei ihm„gar nichts mehr möglich“ gewesen, nicht als durch dasärztliche Attest glaubhaft gemacht angesehen hat. EinAttest, das lediglich Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, reicht zurGlaubhaftmachung völliger Handlungsunfähigkeit nicht aus(vgl. BGH, Beschl. v. 22.10.2014 – XII ZB 257/14, NJW 2015,171 Rdnr. 21; v. 11.4.2017 – II ZB 5/16, juris Rdnr. 20 f.;BVerfG, NJW-RR 2007, 1717, 1718). •

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  • Anwaltshaftung• Erhebung einer Kündigungsschutzklage• Zugang der Kündigung• Sachverhaltsaufklärung(BGH, Urt. v. 14.2.2019 – IX ZR 181/17)

    Leitsatz:Zur Frage, inwieweit sich ein Rechtsanwalt auf Angabenseines Mandanten über den Zeitpunkt des Zugangseines Kündigungsschreibens verlassen darf. •

    Zum Sachverhalt:Die Klägerin nimmt den Beklagten unter dem rechtlichenGesichtspunkt der Anwaltshaftung auf Schadenersatz inAnspruch.

    Der Arbeitgeber der Klägerin erklärte mit Schreiben vom22.12.2011 die außerordentliche Kündigung ihres Arbeits-verhältnisses. Das Kündigungsschreiben wurde durch einenBoten am selben Tag um 10:52 Uhr in den Briefkasten derKlägerin eingeworfen; es trug die Aufschrift „per Boten“.Anfang Januar 2012 suchte der Ehemann der Klägerin denBeklagten auf, legte ihm das Kündigungsschreiben vom22.12.2011 mit der Erklärung vor, es sei der Klägerin am23.12.2011 zugestellt worden, und beauftragte ihn namensseiner Ehefrau, eine Kündigungsschutzklage zu erheben.

    Nachdem der Beklagte eine Deckungszusage der Rechts-schutzversicherung eingeholt hatte, reichte er am 13.1.2012Klage beim Arbeitsgericht ein. Die Klage wurde, nachdemder Beklagte einen auf eine Abfindungszahlung gerichtetenVergleich widerrufen hatte, mit der Begründung abgewie-sen, die nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG beste-hende Klagefrist von drei Wochen sei – ausgehend voneinem Zugang des Kündigungsschreibens am 22.12.2011 –bereits am 12.1.2012 abgelaufen. Die Berufung der Klägerinhatte keinen Erfolg.

    Die Klägerin nahm den Beklagten zunächst auf Erstattungdes Vergleichsbetrags und der Kosten des Berufungsverfah-rens mit dem Vorwurf in Anspruch, er habe den Vergleichpflichtwidrig widerrufen. Die Klage wurde in erster Instanzabgewiesen. Die zunächst eingelegte Berufung nahm dieKlägerin später zurück.

    Nunmehr verlangt die Klägerin vom Beklagten wegen derverspäteten Einreichung der Kündigungsschutzklage dieErstattung von Verdienstausfall, den sie für die Zeit vom1.7.2012 bis zum 31.8.2014 mit insgesamt 25.770,22 EURbeziffert. Das LG hat die auf Erstattung dieses Betrags nebstZinsen gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen. Das OLGhat die Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt dieKlägerin ihr Begehren weiter. •

    Aus den Gründen:Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an dasBerufungsgericht.

    1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte habeseine Pflichten mit der Einreichung der Kündigungsschutz-klage am 13.1.2012 nicht schuldhaft verletzt. Er habe sichauf die Angabe des Ehemannes der Klägerin, dass die Kündi-gung am 23.12.2011 zugestellt worden sei, als Tatsachen-angabe verlassen dürfen. Es handle sich bei dieser Angabenicht um eine sogenannte Rechtstatsache.

    Der Umstand, dass ein Schreiben bereits am Tag vor derEntnahme aus dem Briefkasten zugegangen sein könne,könne auch bei juristisch nicht vorgebildeten Mandanten alsbekannt vorausgesetzt werden und habe den Beklagtennicht zu Nachfragen veranlassen müssen. Er habe vorausset-zen dürfen, dass ein Mandant, der einen Zustellungszeit-punkt mit Bestimmtheit behaupte, dies auf der Grundlagetue, dass er seinen Briefkasten täglich leere und dabei dasSchreiben am Vortag nicht vorgefunden habe. Im Übrigenkönne nicht festgestellt werden, dass eine Nachfrage desBeklagten zur Einhaltung der Klagefrist geführt hätte, weildie Klägerin nicht vorgetragen habe, was dem Beklagten aufeine Nachfrage geantwortet worden wäre.

    Der Beklagte habe die Unrichtigkeit der Angabe des Ehe-mannes auch nicht erkennen müssen. Er habe aus der Auf-schrift „per Boten“ auf dem Kündigungsschreiben nicht aufeine Zustellung bereits am 22.12.2011 schließen müssen.

    2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfungnicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hatder Beklagte die ihm obliegenden vertraglichen Pflichtenschuldhaft verletzt (§ 675 Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB).

    Die von der Klägerin gewünschte Kündigungsschutzklagemusste nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KSchG innerhalb einer Fristvon drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigungerhoben werden. Der Beklagte durfte die Einreichung derKlage deshalb nur dann bis zum 13.1.2012 aufschieben,wenn gesichert war, dass die Kündigung nicht vor dem23.12.2011 zugegangen war. Ohne weitere Nachfragendurfte er hiervon selbst dann nicht ausgehen, wenn – wasdas Berufungsgericht zugrunde gelegt hat – der Ehemannder Klägerin ihm mitteilte, dass die Kündigung am 23.12.2011zugestellt worden sei.

    a) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur richtigen und vollständi-gen Beratung des Mandanten setzt voraus, dass er zunächstdurch Befragung seines Auftraggebers den Sachverhalt klärt,auf den es für die rechtliche Beurteilung ankommen kann.Ist der mitgeteilte Sachverhalt unklar oder unvollständig, darfder Rechtsanwalt sich nicht mit der rechtlichen Würdigungdes ihm Vorgetragenen begnügen, sondern muss sich bemü-hen, durch Befragung des Ratsuchenden ein möglichst voll-ständiges und objektives Bild der Sachlage zu gewinnen(BGH, Urt. v. 21.11.1960 – III ZR 160/59, NJW 1961, 601,602; v. 2.4.1998 – IX ZR 107/97, NJW 1998, 2048, 2049;

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  • v. 19.1.2006 – IX ZR 232/01, NJW-RR 2006, 923 Rdnr. 22m.w.N.).

    Auf die Richtigkeit tatsächlicher Angaben seines Mandantendarf der Rechtsanwalt dabei so lange vertrauen und brauchtinsoweit keine eigenen Nachforschungen anzustellen, als erdie Unrichtigkeit der Angaben weder kennt noch erkennenmuss (etwa BGH, Urt. v. 21.4.1994 – IX ZR 150/93, NJW1994, 2293; v. 2.4.1998, a.a.O.). Dies gilt jedoch nur fürInformationen tatsächlicher Art, nicht für die rechtliche Be-urteilung eines tatsächlichen Geschehens.

    Bei rechtlichen Angaben des Mandanten muss der Anwaltdamit rechnen, dass der Mandant die damit verbundenenBeurteilungen nicht verlässlich genug allein vornehmen kann,weil ihm entsprechende Erfahrungen und Kenntnisse fehlen(BGH, Urt. v. 15.1.1985 – VI ZR 65/83, NJW 1985, 1154,1155).

    Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts dient in der Regelgerade dem Zweck, die rechtliche Beurteilung eines Sachver-halts in fachkundige Hände zu legen. Die Ausnahme, dasssich ein Rechtsanwalt grundsätzlich auf tatsächliche Angabenseines Mandanten verlassen darf, gilt deshalb nicht in Bezugauf Informationen, die nur scheinbar tatsächlicher Natur sind(BGH, Urt. v. 21.11.1960, a.a.O.; v. 15.1.1985, a.a.O.).

    Teilt der Mandant insbesondere sogenannte Rechtstatsachenmit, hat der Anwalt sie durch Rückfragen in die zugrundelie-genden tatsächlichen Umstände und Vorgänge aufzulösenoder, sofern dies keine zuverlässige Klärung erwarten lässt,weitere Ermittlungen anzustellen (BGH, Urt. v. 21.4.1994,a.a.O.; Beschl. v. 7.3.1995 – VI ZB 3/95, NJW-RR 1995, 825,826; Urt. v. 20.6.1996 – IX ZR 106/95, NJW 1996, 2929,2931; v. 18.11.1999 – IX ZR 420/97, NJW 2000, 730, 731;Weinland in: Henssler/Gehrlein/Holzinger, Handbuch derBeraterhaftung, Kap. 3 Rdnr. 128; Vill in: G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung,4. Aufl., § 2 Rdnr. 42; Heinemann in: Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 4. Aufl., § 10 Rdnr. 17;Fahrendorf/Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts,9. Aufl., Rdnr. 495 ff.).

    b) Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte im Streitfallseine Pflichten verletzt.

    aa) Angaben des Mandanten über den Zugang einer Kündi-gung betreffen – nicht anders als Angaben über die Zustel-lung eines Urteils (vgl. dazu BGH, Urt. v. 21.41994, a.a.O.;Beschl. v. 7.3.1995, a.a.O.) – eine sogenannte Rechtstatsache(vgl. BGH, Beschl. v. 17.7.2002 – IX ZR 418/98, juris Rdnr. 4;dazu Jungk, BRAK-Mitt. 2002, 267).

    Der im Gesetz verwendete Begriff des Zugangs wird rechtlichbestimmt. Der Zugang einer Willenserklärung unter Abwe-senden setzt voraus, dass sie so in den Bereich des Empfän-gers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen dieMöglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu neh-men (BGH, Beschl. v. 21.6.2011 – II ZB 15/10, WM 2011,1531 Rdnr. 15).

    GIaktuell Nr. 3/Juni 2019 77

    Wird ein Brief in den Briefkasten des Empfängers eingewor-fen, ist der Zugang bewirkt, sobald nach der Verkehrsan-schauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist (BGH,Urt. v. 5.12.2007 – XII ZR 148/05, NJW 2008, 843). EinSchreiben gilt deshalb dann als am Tag seines Einwurfs inden Briefkasten als zugegangen, wenn nach den Gepflogen-heiten des Verkehrs eine Entnahme durch den Adressatennoch am gleichen Tag zu erwarten war (vgl. OLG Karlsruhe,Urt. v. 9.2.2018 – 8 U 117/17, juris Rdnr. 19 ff.).

    Erreicht eine Erklärung den Briefkasten des Empfängersdagegen zu einer Tageszeit, zu der nach den Gepflogenhei-ten des Verkehrs eine Entnahme durch den Adressaten nichtmehr erwartet werden kann, ist die Willenserklärung nichtmehr an diesem Tag, sondern erst zu einem späteren Zeit-punkt zugegangen (vgl. etwa BAG, NJW 1984, 1651 f.).

    bb) Vor diesem Hintergrund durfte der Beklagte die Mittei-lung, das Kündigungsschreiben sei am 23.12. zugestellt wor-den, nicht ohne weiteres seinem Vorgehen zugrunde legen.Das vom Ehemann der Klägerin vorgelegte Kündigungs-schreiben datierte vom 22.12.2011 und war mit der Auf-schrift „per Boten“ versehen. Danach kam in Betracht, dassdas Schreiben bereits am 22.12.2011 durch einen Boten zueiner Tageszeit in den Briefkasten der Klägerin eingeworfenwurde, als mit einer Entnahme noch am selben Tag gerech-net werden konnte.

    Eine solche Möglichkeit konnte der Beklagte auch nicht auf-grund der Äußerung des Ehemannes der Klägerin ausschlie-ßen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Mitteilung desEhemannes, die Zustellung sei am 23.12.2011 erfolgt, zwei-felsfrei dahin zu verstehen gewesen wäre, dass am Tag zu-vor der Briefkasten nach dem Zeitpunkt geleert worden sei,zu dem noch mit einer Entnahme gerechnet werden konnte,und dabei das Kündigungsschreiben nicht vorgefunden wor-den sei.

    Ein solches Verständnis der Mitteilung würde voraussetzen,dass der Ehemann der Klägerin sich erkennbar der Kriterienbewusst war, die für die Bestimmung des Zeitpunkts des Zu-gangs maßgeblich sind. Dafür gab es jedoch keine Anhalts-punkte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kannein solches Bewusstsein weder allgemein vorausgesetzt wer-den, noch sind Umstände festgestellt, die im Streitfall demBeklagten Gewissheit über entsprechende Kenntnisse desEhemannes der Klägerin hätten verschaffen können.

    Der Beklagte war deshalb verpflichtet, sich durch Nachfragenbeim Ehemann der Klägerin oder bei der Klägerin selbst Klar-heit darüber zu verschaffen, ob das Kündigungsschreibennicht bereits am 22.12.2011 zugegangen sein konnte. Fallsdies nicht sicher ausgeschlossen werden konnte, war er ver-pflichtet, den sichersten Weg zu wählen und die Kündigungs-schutzklage bereits am 12.1.2012 einzureichen. Indem derBeklagte die Angabe des Ehemannes der Klägerin seinemweiteren Vorgehen ungeprüft zugrunde legte, handelte erpflichtwidrig. Dafür, dass der Beklagte die Pflichtverletzungnicht zu vertreten hätte (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), sprichtnichts.

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  • 3. Die Zurückweisung der Berufung wird auch nicht von derBegründung des Berufungsgerichts getragen, die Klägerinhabe nicht schlüssig vorgetragen, dass eine unterstelltePflichtverletzung des Beklagten den eingetretenen Schadenverursacht habe, weil sie nicht dargelegt habe, was demBeklagten auf eine Nachfrage zum Zeitpunkt des Zugangsgeantwortet worden wäre. Diese Beurteilung beruht aufeinem Verfahrensfehler. Das Berufungsgericht durfte die Dar-legung der Klägerin nicht als unschlüssig behandeln, ohneihr weitere Gelegenheit zum Vortrag zu geben.

    Die Klägerin hatte es zunächst offenbar für unerheblich ge-halten, im Einzelnen dazu vorzutragen, was dem Beklagtenauf eine Nachfrage zum Zeitpunkt und zu den Umständendes Zugangs geantwortet worden wäre. Weder sie noch derBeklagte noch das LG waren auf diesen Gesichtspunkt zusprechen gekommen. Erstmals das Berufungsgericht hieltnäheren Vortrag der Klägerin hierzu für erforderlich. Es er-teilte aber entgegen § 139 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 ZPOerst in der Berufungsverhandlung den Hinweis, es sei nichtersichtlich, dass eine Nachfrage des Beklagten einen Sachver-halt ergeben hätte, der zu einer früheren KlageeinreichungAnlass gegeben hätte.

    Ob dieser Hinweis seinem Inhalt nach geeignet war, derKlägerin ausreichend klar vor Augen zu führen, was nochvorzutragen war, kann dahinstehen. Jedenfalls musste dasBerufungsgericht der Klägerin Gelegenheit geben, zu diesemPunkt substantiiert vorzutragen. Die dem Prozessbevollmäch-tigten eingeräumte Möglichkeit, sich sofort in der Berufungs-verhandlung zu äußern, genügte in Abwesenheit der Kläge-rin und ihres Ehemannes nicht. Wenn es offensichtlich ist,dass die Partei sich in der mündlichen Verhandlung nicht ab-schließend erklären kann, muss das Berufungsgericht auchohne einen Antrag auf Schriftsatznachlass auf geeigneteWeise Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

    Erlässt das Berufungsgericht in diesem Fall ein Urteil, ohneeine solche Gelegenheit gegeben zu haben, verstößt esgegen den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör (vgl.BGH, Beschl. v. 10.3.2011 – VII ZR 35/08, BauR 2011, 1200Rdnr. 11 m.w.N.). Nach dem Vorbringen der Revision hättedie Klägerin in einem nachgelassenen Schriftsatz vorgetragenund durch das Zeugnis ihres Ehemannes unter Beweis ge-stellt, dass ihr Ehemann auf eine Frage des Beklagten, obangesichts des Datums des Kündigungsschreibens vom22.12.2011 und des Zusatzes „per Boten“ auch eine Zustel-lung zur üblichen Zustellzeit am 22.12.2011 in Frage kom-men könne, mit „ja“ geantwortet hätte. Es kann nicht aus-geschlossen werden, dass das Berufungsgericht in diesemFall zu einer anderen Beurteilung des Ursachenzusammen-hangs gelangt wäre.

    4. Die Zurückweisung der Berufung stellt sich nicht aus an-deren Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Klage ist, wiedas Berufungsgericht mit Recht angenommen hat und auchdie Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt, zulässig. Dievon der Klägerin zunächst gegen den Beklagten erhobeneSchadenersatzklage steht der vorliegenden Klage wegen desunterschiedlichen Streitgegenstands weder unter dem recht-

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    lichen Gesichtspunkt der anderweitigen Rechtshängigkeit(§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) noch – nach Zurücknahme derBerufung im dortigen Verfahren – unter demjenigen dermateriellen Rechtskraft des im anderen Prozess ergangenenUrteils (§ 322 Abs. 1 ZPO) entgegen. Gegenstand der zu-nächst erhobenen Klage war sowohl eine andere Pflichtver-letzung als auch ein anderer Schaden (vgl. BGH, Urt. v.17.3.2016 – IX ZR 142/14, WM 2016, 2091 Rdnr. 18).

    5. Das Berufungsurteil war danach aufzuheben (§ 562 Abs.1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, istsie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Beru-fungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). •

    Wirtschaftsprüferhaftung• Abschlussprüfung• Emissionsprospekt• Prospekthaftung im engeren Sinne(BGH, Beschl. v. 21.11.2018 – VII ZR 232/17)

    Leitsatz (d. Red.):Den Abschlussprüfer, dessen Prüfberichte zu den Jah-resabschlüssen in einem Emissionsprospekt abgedrucktsind, trifft keine Prospekthaftung als Garant, wenn erkeine eigenen Prospekterklärungen, sondern nur die ge-setzlich vorgeschriebenen Prüftestate abgegeben hat. •

    Zum Sachverhalt:Der Kläger nimmt den Beklagten als Wirtschaftsprüfer we-gen der Erstellung von in Anlageprospekten veröffentlichtenTestaten zur Prüfung der Jahresabschlüsse der F. B. K. (imFolgenden: F. B.) auf Schadenersatz in Höhe von 10.000 EURin Anspruch.

    Der Kläger gewährte der F. B. am 16.8.2013 ein Nachrang-darlehen in Höhe von 10.000 EUR.

    Der Beklagte fertigte als Abschlussprüfer Prüfberichte zu denJahresabschlüssen der F. B. für die Jahre 2007 bis 2011, diein den jeweiligen Emissionsprospekten abgedruckt wurden.Die Emissionsprospekte enthielten zudem Vermerke, mitwelchen der Beklagte seine Prüftätigkeit im Hinblick auf diejeweiligen Jahresabschlüsse bestätigte.

    Im April 2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Ver-mögen der F. B. eröffnet.

    Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hatdie Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revisionzugelassen, weil das Verfahren als Musterverfahren für eineVielzahl weiterer vergleichbarer Klageverfahren gegen denBeklagten geführt werde „und die Sache deshalb für denOberlandesgerichtsbezirk Dresden grundsätzliche Bedeu-tung“ habe.

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  • Das Berufungsgericht hat, soweit es für die Revision vonBedeutung ist, ausgeführt:

    Der Kläger mache einen Schadenersatzanspruch wegen einerProspekthaftung im engeren Sinn ausdrücklich nicht geltend.Er habe das landgerichtliche Urteil, soweit darin Ansprüchewegen einer Prospekthaftung abgelehnt worden seien, inder Berufung nicht angegriffen. Auch in der mündlichen Be-rufungsverhandlung habe der Kläger bekräftigt, dass er sol-che Ansprüche nicht verfolgen möchte. Der Senat habe da-her keine Veranlassung gehabt, solche Ansprüche zu prüfen.

    Selbst wenn Ansprüche aus bürgerlich-rechtlicher Prospekt-haftung im engeren Sinn Gegenstand der Berufung wären,würde eine Haftung des Beklagten nach diesen Grundsätzenaus materiell-rechtlichen Gründen ausscheiden. Solche An-sprüche richteten sich gegen Personen, die für die Geschickedes Unternehmens und damit für die Herausgabe des Pro-spekts verantwortlich seien. Dazu zählten die Initiatoren,Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Mana-gement bildeten oder beherrschten.

    Darüber hinaus hafteten Personen, die hinter der Gesell-schaft stünden und neben der Geschäftsleitung besonderenEinfluss bei der Initiierung des Prospekts ausübten und des-halb Mitverantwortung trügen, ohne dass es darauf ankom-me, dass sie hierdurch nach außen in Erscheinung getretenseien. Diese Verantwortlichkeit gründe sich allgemein auf dasVertrauen, das diesem Personenkreis von Anlegern typischer-weise entgegengebracht werde. Voraussetzung dafür sei,dass ihnen als „Hintermännern“ faktisch eine SchlüsseIfunk-tion zukomme, die mit derjenigen der Geschäftsleitungvergleichbar sei.

    Nach diesen Grundsätzen hafte der Beklagte nicht. Es seinicht ersichtlich, dass er maßgebliche Einflussmöglichkeitenauf die Gestaltung des Prospekts gehabt habe, an die typi-scherweise Vertrauen der Anleger geknüpft sei. Ihm kommekeine weitergehende Funktion zu als die eines berufsmäßi-gen Sachkenners, der lediglich als sogenannter Garant derProspekthaftung unterliegen könnte. Grundsätzlich habe derBGH zwar anerkannt, dass Rechtsanwälte oder Wirtschafts-prüfer als mögliche Garanten in diesem Sinn in Frage kom-men könnten. Als Inhaber einer solchen Garantenstellunghafteten Personen mit Rücksicht auf eine allgemein aner-kannte und hervorgehobene berufliche und wirtschaftlicheStellung allerdings nur, sofern sie gerade durch ihr nachaußen in Erscheinung tretendes Mitwirken an dem Emissi-onsprospekt einen besonderen zusätzlichen Vertrauenstat-bestand geschaffen hätten.

    In dem Emissionsprospekt der F. B. sei eine auf die Gestal-tung bezogene Mitwirkung oder eine Kontrolle des Prospektsdurch den Beklagten nicht offengelegt worden. Sie sei auchnicht anzunehmen, weil der Beklagte lediglich Abschlussprü-fungen nach §§ 316, 317 HGB vorgenommen habe.

    Anders als in den Fällen, in denen der Wirtschaftsprüfer diePrüfung des gesamten Prospekts der Kapitalanlage übernom-men habe und der betreffende Prüfbericht in den Prospekt

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    aufgenommen worden sei oder er als im Prospekt benannterMittelverwendungstreuhänder im Rahmen eines Kapitalanla-gemodells die Ordnungsmäßigkeit des Mittelzuflusses undder Mittelverwendung geprüft habe, sei der Beklagte durchdie in dem Prospekt der F. B. vom Juli 2013 veröffentlichtenBestätigungsvermerke über die Prüfung der Jahresabschlüsseder F. B. für 2010 bis 2012 nicht dergestalt als Kontrollorganin das Kapitalanlagesystem als solches eingebunden gewe-sen, dass es gerechtfertigt sei, ihn einer prospektmäßigenVertrauenshaftung hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwick-lung des Unternehmens in der Folgezeit zu unterwerfen.

    Denn die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lagebe-richts von Kapitalgesellschaften durch einen Abschlussprüfer,die bei kleinen Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB)freiwillig erfolgen könne, sei keine umfassende Rechts- undWirtschaftlichkeitsprüfung, sondern nur eine Rechnungsle-gungsprüfung. •

    Aus den Gründen:1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.

    Das Berufungsgericht hat die Revision nach § 543 Abs. 2Satz 1 Nr. 1 ZPO zugelassen, weil eine Vielzahl vergleichbarerRechtsstreite gegen den Beklagten geführt werde und dieSache deshalb für den Bezirk des OLG Dresden grundsätzli-che Bedeutung habe. Damit ist ein Zulassungsgrund nichtdargetan.

    a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu,wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftigeund klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einerunbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswe-gen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheit-lichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zwei-felhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechts-vorschrift Unklarheiten bestehen.

    Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechts-frage vom BGH bisher nicht entschieden ist und von einigenOLG unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in derLiteratur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (vgl.BGH, Beschl. v. 23.1.2018 – II ZR 73/16 Rdnr. 12; v.22.9.2015 – II ZR 310/14 Rdnr. 3, ZIP 2016, 266; v.14.7.2011 – VII ZR 113/10 Rdnr. 2, NJW 2011, 3086).

    Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Wirtschafts-prüfer gegenüber den Anlegern aus einer Prospekthaftungim engeren Sinn haftet, ist geklärt (vgl. BGH, Urt. v.24.4.2014 – III ZR 156/13 Rdnr. 16, 21 f., NJW 2014, 2345;Urt. v. 21.2.2013 – III ZR 139/12 Rdnr. 12 ff., NJW 2013,1877; v. 17.11.2011 – III ZR 103/10 Rdnr. 19 f., BGHZ 191,310; Urt. v. 14.6.2007 – III ZR 185/05 Rdnr. 15, NJW-RR2007, 1479; v. 15.12.2005 – III ZR 424/04, NJW-RR 2006,611, juris Rdnr. 19).

    b) Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich im vorliegen-den Fall nicht. Davon geht ersichtlich auch das Berufungs-gericht selbst aus, das ausdrücklich darauf hinweist, dass es

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  • GIaktuell Nr. 3/Juni 201980

    seine Entscheidung nach dem von der höchst- und oberge-richtlichen Rechtsprechung für die Wirtschaftsprüferhaftungaufgestellten Grundsätze getroffen habe. Dass und gegebe-nenfalls welche Rechtsfragen zur Entscheidung des Revisi-onsgerichts gestellt werden sollen, lässt sich weder der Zulas-sungsentscheidung noch den weiteren Entscheidungsgrün-den entnehmen.

    Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revi-sionsgerichts in mehreren denselben Sachverhaltskomplexbetreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt derSache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung.Dies gilt auch dann, wenn es sich zwar um eine Vielzahl vonEinzelverfahren handelt, es aber nicht ersichtlich ist, dassderen tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht Allgemein-interessen in besonderem Maße berührt (vgl. BGH, Beschl. v.23.1.2018 – II ZR 73/16 Rdnr. 14; v. 22.9.2015 – II ZR310/14 Rdnr. 5, ZIP 2016, 266).

    2. Die Revision hat au