Giz2011 0585de Geschaeftsmodelle Nachhaltige Entwicklung

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Breitenwirksame Geschftsmodelle fr nachhaltige Entwicklung frdernErfahrungen aus der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

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InhaltEinleitung: Innovationen anschieben Armut mindern 5

Viele Begriffe ein Ziel

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Was macht die deutsche Entwicklungszusammenarbeit?Wie frdert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit breitenwirksame Geschftsmodelle fr nachhaltige Entwicklung? Der Beitrag des BMZ zur Weiterentwicklung der internationalen Debatte Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft Erfahrungen im Programm develoPPP.de BoP-Branchendialoge Geschftsmodelle fr BoP-Mrkte entwickeln

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Beispiele aus der PraxisMrkte entwickeln Biogas-Strom aus Abfllen Solarstrom fr lndliche Regionen Cashewkerne aus biologischem Anbau Versicherung gegen Naturkatastrophen Mobiles Bankkonto fr Baumwollbauern Biowerkstoff aus Pflanzenresten Sanitre Versorgung in Slums Kapital bereitstellen Unternehmergeist strken Sozialunternehmen frdern Existenzschutz fr Millionen afrikanische Familien Rahmenbedingungen schaffen Branchless Banking Bankgeschfte ber Handy Mikrofinanzierung etablieren

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Fazit: Vielversprechende Erfahrungen

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EINLEITUNG

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Innovationen anschieben Armut mindernDrei Milliarden Menschen leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag, eine Milliarde verfgt ber bis zu acht US-Dollar. Zusammen bilden sie den Sockel der weltweiten Einkommenspyramide (Base of the Pyramid). Sie knnen sich die meisten Gter nicht leisten, zum Beispiel Strom, sauberes Trinkwasser oder Telekommunikation. Den grten Teil ihres Einkommens bentigen sie fr Lebensmittel, Kleidung und Brennstoffe, fr anderes bleibt kaum etwas brig. Weil sie nur in kleinen Mengen kaufen, als Kunden wenig Erfahrung haben und selten zwischen Anbietern whlen knnen, zahlen sie besonders hohe Preise die sogenannte poverty penalty. wird, wchst mit dem Wohlstand auch die Kaufkraft der Bevlkerung Unternehmen haben so die Chance, sich frhzeitig in wachsenden Mrkten zu positionieren. Dies erffnet Unternehmen Chancen und gleichzeitig die Mglichkeit, mit angepassten Angeboten einen Beitrag zur Armutsminderung zu leisten. Doch wer in Entwicklungs- und Schwellenlndern investiert, geht auch Risiken ein. Die Hrden beim Markteintritt knnen vielfltig sein, zum Beispiel: instabile politische Rahmenbedingungen, ein unzureichendes Investitionsklima, geringe Rechtssicherheit und Regelung von Eigentumsrechten, Umfang, Qualitt und Verfgbarkeit der Produktionsfaktoren- und -strukturen (Arbeit, Kapital, Boden/Ressourcen), ordnungspolitische Herausforderungen (Wettbewerb und Preisbildung), geringe Innovations- und Leistungsfhigkeit potenzieller Zulieferunternehmen, die ungleiche Verteilung von Wohlstand in den Gesellschaften, geringe Leistungsfhigkeit und Effizienz von ffentlichen und privaten Institutionen, fehlende Daten zu Kauf- und Konsumverhalten, eine schlechte Infrastruktur, fehlende Netzwerke im Land. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit verfgt ber umfangreiche Erfahrung und eine Reihe von bewhrten Instrumenten, um Risiken fr Unternehmen zu minimieren, Potenziale zu nutzen und damit Beitrge zu einer breiten wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten.

MITTLERE BIS HOHE EINKOMMEN: CA. 3 MILLIARDEN MENSCHEN

2 BIS 8 US-DOLLAR AM TAG: CA. 1 MILLIARDEN MENSCHEN

UNTER 2 US-DOLLAR AM TAG: CA. 3 MILLIARDEN MENSCHEN

Zusammen haben diese vier Milliarden Menschen eine Kaufkraft, die auf jhrlich fnf Billionen US-Dollar geschtzt wird.1 Daher sind sie fr zahlreiche Unternehmen in den letzten Jahren immer interessanter geworden, denn am Sockel der Einkommenspyramide befinden sich noch groe unerschlossene Marktpotenziale. Dort, wo durch die internationale Zusammenarbeit nachhaltige Wirtschaftsentwicklung gefrdert

1 The Next Four Billion, International Finance Corporation / World Resources Institute 2007; http://w w w.wri.org/publication/the-next-4-billion

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VIELE BEGRIFFE EIN ZIEL

In der internationalen Diskussion finden sich zahlreiche Begriffe, die unternehmerische Lsungen zur Armutsbekmpfung beschreiben. In den vergangenen Jahren ist regelrecht ein Wettbewerb der Begriffe entstanden. Das BMZ und die Durchfhrungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit untersttzen viele der dahinter stehenden Konzepte, die sie zusammenfassend als Anstze zur Frderung von Breitenwirksamen Geschftsmodellen fr nachhaltige Entwicklung bezeichnen.2 Der folgende berblick stellt die wichtigsten Begriffe vor und erlutert, welche unterschiedlichen Akzente sie setzen.

Viele Begriffe ein Ziel

2 Die darunter verstandenen unternehmerischen Anst ze zur Armut sbekmpfung werden in der internationalen Diskussion meist unter dem Begriff inclusive business zusammengefasst.

VIELE BEGRIFFE EIN ZIEL

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Base of the Pyramid (BoP) Die amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler C.K. Prahalad und Stuart Hart haben dieses Konzept Ende der 1990er Jahre entwickelt. In seinem Buch The Fortune at the Bottom of the Pyramid Eradicating Poverty through Profits (2004) hat Prahalad diesen Ansatz vertieft: BoP bezeichnet hier die Idee, Menschen am Sockel der Einkommenspyramide als Konsumenten in die Aktivitten multinationaler Unternehmen einzubinden, und so Armut zu mindern.3 Niedrige Preise und ein leichter Zugang zu Produkten und Dienstleistungen sollen Arme zu selbstbestimmten Konsumenten machen und ihnen helfen, ihre Produktivitt und Kaufkraft zu erhhen. Stuart Hart und Ted London haben den Begriff weiterentwickelt (BoP 2.0). Sie betonen nicht nur die Einbindung der Armen als Konsumenten, sondern auch die Zusammenarbeit mit ihnen (Co-Creation). Aus ihrer Sicht geht es nicht allein darum, BoP-Mrkte zu erschlieen, sondern diese berhaupt erst zu schaffen (Market Creation). Menschen in Armut als Konsumenten, Produzenten, Mitarbeiter oder Geschftspartner in die Produkterstellung einzubinden dies ist der Grundgedanke des Konzepts Inclusive Business. Es entspricht im Wesentlichen dem Begriff BoP 2.0. Den Begriff nutzen unter anderem das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen United Nations Development Programme (UNDP) innerhalb der Growing Inclusive Markets Initiative und die International Finance Corporation (IFC). Die IFC versteht unter Inclusive Business, dass Unternehmen in Geschftsmodelle investieren, die arme Menschen als Konsumenten, Produzenten oder Lieferanten in ihre Wertschpfungsketten einbeziehen. Fr Unternehmen erffnet dies

neue Mglichkeiten zu wachsen, und gleichzeitig nachhaltige Entwicklung zu frdern. Einkommensschwachen Konsumenten ermglicht dieses Konzept den Zugang zu bezahlbaren, vielfltig und einfach nutzbaren Produkten und zu mehr Wahlmglichkeiten in ihrer Lebensgestaltung. Kleinstproduzenten und Lieferanten erhalten Zugang zu neuen Absatzmrkten und Arbeitspltzen. Inclusive Business untersttzt somit eine sich selbst tragende Entwicklung. Im Unterschied zu den ersten beiden Konzepten sind die Erschlieung neuer Mrkte und Profitmaximierung beim Social Business (Sozialunternehmen) nachrangig. Dieses Konzept hat Muhammad Yunus eingefhrt. Er ist Wirtschaftswissenschaftler aus Bangladesch, Trger des Friedensnobelpreises und einer der Begrnder des Mikrofinanz-Gedankens. Ihm geht es vor allem um die Lsung von sozialen und Umweltproblemen. Nach diesem Verstndnis arbeiten Unternehmen mindestens kostendeckend, smtliche Gewinne werden reinvestiert. Sie bezahlen ihren Mitarbeiter/ innen mindestens marktbliche Lhne und bieten ihnen bessere Arbeitsbedingungen als blich. Investoren erhalten ihren Investitionsbetrag zurck, es werden keine Dividenden ausgezahlt. Einzige Ausnahme: Gehrt ein Social Business Menschen aus armen Bevlkerungsschichten, darf es die Gewinne an die Eigentmer ausschtten. Von Social Business wird teilweise auch gesprochen, wenn Unternehmen ein traditionelles Produkt ohne expliziten ko-sozialen Mehrwert anbieten, und den Gewinn spenden. Bei diesem Verstndnis dient das Social Business als Instrument, um finanzielle Mittel fr philanthropische Zwecke zu erschlieen.

3 Der ursprnglich von Prahalad eingefhr te Begriff Bot tom of the P yramid wird heute in der Regel als Base of the P yramid bezeichnet.

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VIELE BEGRIFFE EIN ZIEL

Social Entrepreneurs (Sozialunternehmer) suchen innovative, pragmatische und nachhaltige Lsungen fr gesellschaftliche Probleme der Profitgedanke steht im Hintergrund. Der Akzent liegt auf den unternehmerischen Persnlichkeiten, die zur Erfllung ihrer selbstgesteckten, gemeinntzigen Ziele geeignete Wirtschaftsbetriebe oder Nichtregierungsorganisationen untersttzen oder grnden. Sie frdern die Hilfe zur Selbsthilfe zum Beispiel auf den Gebieten Bildung, Umweltschutz, Armutsbekmpfung oder Menschenrechte und streben an, ihre Anstze international weiterzuverbreiten. Bill Drayton prgte den Begriff in den 1980er Jahren. Er ist der Grnder von Ashoka, der grten internationalen Nichtregierungsorganisation zur Frderung von Sozialunternehmern. Ursprnglich auf Entwicklungs- und Schwellenlnder fokussiert, arbeitet Ashoka heute auch in Industriestaaten.Gemeinsamkeiten

Unterschiede

Die Begriffe unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass sie andere Aspekte betonen: Base of the Pyramid beschreibt eine Ziel gruppe Menschen mit geringem Einkommen in Entwicklungs- und Schwellenlndern. Inclusive Business zielt darauf ab, Arme als Konsumenten oder Produzenten in Mrkte einzubinden. Social Business definiert sich ber die Art des unternehmerischen Handelns, das nicht auf Gewinne, sondern auf Lsungen fr soziale und kologische Probleme ausgerichtet ist. Social Entrepreneur ist eine besonders innovative Unternehmerpersnlichkeit, die Lsungen fr gesellschaftliche Probleme sucht und diese international verbreitet.

Die beschriebenen Begriffe setzen bei der Lsung von sozialen und kologischen Problemen auf unternehmerisches Handeln, weil dies mehrere Vorteile bietet: Entwicklung von unten, weil die Armen eine aktive Rolle einnehmen. Die Erwirtschaftung von Einknften ermglicht sich selbst tragende Geschftsmodelle zugunsten der Armen und erlaubt, erfolgreiche Lsungsanstze weiterzuverbreiten.

WAS MACHT DIE DEUTSCHE ENT WICKLUNGSZUSAMMENARBEIT?

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Unternehmen brauchen verlssliche Rahmenbedingungen und Netzwerke vor Ort, um sich erfolgreich in einem Entwicklungs- oder Schwellenland etablieren zu knnen. Hier kommt die Kompetenz der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit zum Tragen: Sie untersttzt die Partnerlnder dabei, Strukturen und Kapazitten fr eine gute Regierungsfhrung und stabile Wirtschaftspolitik aufzubauen unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen Krfte. Sie frdert transparentes Regierungshandeln, demokratische Entscheidungsprozesse, Rechtsstaatlichkeit, die berwindung von Korruption und nicht zuletzt transparente, leistungsfhige ffentliche Finanzsysteme.

Was macht die deutsche Entwicklungszusammenarbeit?

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Gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen fr unternehmerisches Engagement gehen jedoch hierber hinaus: Sie erfordern unter anderem den Zugang zu physischer und sozialer Infrastruktur, ein gutes Bildungsniveau und ausreichend qualifizierte Arbeitskrfte, einen breiten Zugang zu Finanzdienstleistungen (Kredit, Sparen, Versicherung, Zahlungsverkehr) fr kleine und mittlere Unternehmen sowie sicheren Zugang zu Produktionsmitteln. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit untersttzt die Verbesserung dieser Rahmenbedingungen in ihren Partnerlndern mit Programmen zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung. Die Frderung der lokalen Privatwirtschaft spielt fr die Entwicklungszusammenarbeit wie auch fr auslndische Direktinvestoren eine zentrale Rolle: Wettbewerbs- und innovationsfhige lokale Unternehmen knnen als Zulieferer im Rahmen nachhaltiger Wertschpfungsketten zum Erfolg einer Auslandsinvestition beitragen und Wachstumsimpulse in die Breite tragen. So erffnet die Zusammenarbeit mit multinationalen Unternehmen, vor allem aus Schwellenlndern, der deutschen Entwicklungszusammenarbeit neue Mglichkeiten, um ihre Zielgruppen in den Partnerlndern zu erreichen. Die Durchfhrungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit knnen auslndische Unternehmen mit ihrer Vor-OrtExpertise untersttzen, indem sie Kontakte zu Regierungen, Wirtschaftsverbnden und lokalen Unternehmen herstellen oder ihre Kenntnisse der Lnder, Sektoren und lokalen Rahmenbedingungen weitergeben.

Wie frdert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit breitenwirksame Geschftsmodelle fr nachhaltige Entwicklung?Um breitenwirksame Geschftsmodelle fr nachhaltige Entwicklung zu untersttzen, verfolgt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit einen breit angelegten Ansatz: Verbesserung allgemeiner Rahmenbedingungen fr unternehmerisches Engagement, Behebung von Strukturmngeln in der Privatwirtschaftsentwicklung und die direkte Kooperation mit Unternehmen. Einige Beispiele:Rahmenbedingen strken

Die Durchfhrungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit beraten Ministerien, Zentralbanken und Regulierungsbehrden in Partnerlndern zu wirtschafts- und ordnungspolitischen Fragen, zu Themen der Finanzsystementwicklung, beruflichen Bildung und Privatwirtschaftsfrderung. So werden die Voraussetzungen fr unternehmerisches Handeln geschaffen dazu zhlen die rechtlichen Rahmenbedingungen, um Menschen mit niedrigem Einkommen den Zugang zu sicheren und bezahlbaren Finanzdienstleistungen zu ermglichen, Eigentumsrechte zu gewhrleisten oder ihre Innovationsfhigkeit zu strken.Dialog frdern

Das BMZ und seine Durchfhrungsorganisationen initiieren, begleiten und moderieren Dialoge zwischen Akteuren des Staates, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft weltweit. Um Unternehmen bei der Entwicklung von breitenwirksamen Geschftsmodellen zu untersttzen, wurde zum Beispiel das Format der BoPBranchendialoge entwickelt. Im Rahmen dieser

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Dialoge werden interessierte Unternehmen an die Mglichkeiten der Mrkte am unteren Ende der Einkommenspyramide herangefhrt und haben die Chance, gemeinsam mit Experten die branchenspezifischen Herausforderungen detailliert zu analysieren und zu diskutieren. Auch andere Dialogformate werden mitgestaltet. So hat das BMZ im Bereich der Landwirtschaft im Oktober 2011 eine Fachkonferenz zur Rolle der Entwicklungspolitik bei der Implementierung inklusiver Geschftsbeziehungen zwischen Kleinbauern und Unternehmen initiiert.Entwicklung finanzieren

Synergien schaffen

BMZ, bilaterale Geber und multilaterale Institutionen entwickeln gemeinsam Mechanismen zur Untersttzung von unternehmerischen Anstzen zur Armutsbekmpfung, und bringen diese in internationale Prozesse ein zum Beispiel in die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenlnder (G20). Sie schaffen themenspezifische Foren fr den Erfahrungsaustausch der Institutionen. Durch die enge Abstimmung werden Synergieeffekte erzielt.

Gemeinsam mit anderen bilateralen und multilateralen Gebern begleitet das BMZ Investitionsfonds, die den Zugang zu Finanzdienstleistungen frdern, und so zum Auf- und Ausbau von Finanzmrkten beitragen, zum Beispiel im Bereich Mikroversicherungen. Das BMZ kofinanziert Investitionen in breitenwirksame Geschftsmodelle fr nachhaltige Entwicklung mit dem Programm develoPPP.de, der AfrikaFazilitt und integrierten Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft.Akteure befhigen

Der Beitrag des BMZ zur Weiterentwicklung der internationalen DebatteDas BMZ hat das Potenzial von breitenwirksamen Geschftsmodellen fr nachhaltige Entwicklung fr die Entwicklungszusammenarbeit frh erkannt und setzt sich international dafr ein, dass sich die Rahmenbedingungen fr diese verbessern. Das BMZ organisiert internationale Dialogplattformen, um die Abstimmung zwischen Gebern und den Austausch mit Experten zu ermglichen. Die Ergebnisse dieser Foren speist das BMZ als Empfehlungen in internationale Politikprozesse ein.Konferenz Innovative Geschftsmodelle als Impuls fr Entwicklung (2008)

Damit Banken, Mikrofinanzinstitutionen, Genossenschaften und Nichtregierungsorganisationen Produkte und Dienstleistungen fr arme Bevlkerungsschichten und Kleinstunternehmen anbieten knnen, vermitteln ihnen die Durchfhrungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit technische, wirtschaftliche und organisatorische Kenntnisse. Auch Ausbildungseinrichtungen und Verbnde knnen in gleicher Weise untersttzt werden.

Auf dieser von der GIZ im Auftrag des BMZ durchgefhrten Konferenz wurde einen berblick ber den aktuellen Forschungsstand und die Kriterien zur Beurteilung von Geschftsmodellen, von denen arme Menschen tatschlich profitieren, gegeben. Dauerhafte Kooperationen mit lokalen Partnern und eine lokale Produktion seien anzustreben. Auch wurde die zentrale Rolle von Mikrofinanzierung bei vielen

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Geschftsmodellen (z. B. Informations- und Kommunikationstechnologie, der Versicherungsbranche und Konsumgterindustrie) hervorgehoben und die hohe Zuverlssigkeit von Mikrokreditnehmern gewrdigt. Gleichzeitig wurde empfohlen, private Investitionen in BoPMrkte durch flankierende Manahmen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit zu begleiten, um strukturbildende Effekte und innovative Lsungen zu untersttzen. Das gestiegene Interesse der Wirtschaft an Mrkten der Armen biete Chancen fr innovative Partnerschaften zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Entwicklungsorganisationen.Diskurspapier Geschfte fr Entwicklung Bewertung des BoP-Ansatzes aus entwicklungspolitischer Sicht (2009)

als Motor fr Armutsreduzierung, breitenwirksames Wachstum, nachhaltige Entwicklung und Innovation. Die Geber erkennen den Privatsektor als gleichberechtigten Partner an und heben hervor, dass Entwicklungspartnerschaften mit lokalen und internationalen Unternehmen notwendig seien, um die Millenniumentwicklungsziele (MDGs) zu erreichen. Ferner erneuerten die Geber ihr Bekenntnis, die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit zu steigern wie in der Paris Declaration und Accra Agenda for Action dargelegt. Insbesondere wurde der Beitrag gewrdigt, den die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor zur Erreichung dieser Ziele leisten knne.Studie Fast growth and big impacts: How Emerging Market Multinationals are advancing sustainable development (2011)

Aufbauend auf den Ergebnissen der Konferenz wurde 2009 vom BMZ das Diskurspapier Geschfte fr Entwicklung Bewertung des BoPAnsatzes aus entwicklungspolitischer Sicht herausgegeben.4 Das Diskurspapier analysiert die Relevanz des BoP-Ansatzes fr Unternehmen und die Entwicklungszusammenarbeit, identifiziert Erfolgsfaktoren und leitet Handlungsvorschlge ab.UN Private Sector Forum (2010)

Beim UN Private Sector Forum im September 2010 in New York wurde von elf Geberstaaten, darunter auch Deutschland, das Bilateral Donors Statement in Support of Private Sector Partnerships for Development verabschiedet. 5 Dieses betont die Bedeutung des Privatsektors

In der Entwicklungsdebatte kommen neue Akteure ins Spiel, die bisher kaum im Blickfeld von Entwicklungsorganisationen waren: Multinationale Unternehmen aus Entwicklungs- und Schwellenlndern (Emerging Market Multinationals). Um die Rolle dieser Unternehmen in der nachhaltigen Entwicklung zu untersuchen, hat das BMZ eine Studie in Auftrag gegeben, die anhand von Unternehmensbeispielen aus gypten, Brasilien, China, Indien, Mexiko und Sdafrika das Kooperationspotenzial mit Entwicklungsinstitutionen analysiert.6 Durch ihr operatives Umfeld in Entwicklungslndern kommt diesen Unternehmen eine besondere Rolle in der Entwicklungsdiskussion zu. Ihre Kunden und Zulieferer gehren oftmals den

4 Geschfte fr Ent wicklung Bewer tung des BoP-Ansat zes aus ent wicklungspolitischer Sicht, BMZ 2009; http://w w w.bmz.de/de/publikationen/reihen/strategiepapiere/diskurs016.pdf 5 Abdruck des Statements in: Meeting Report, United Nations Private Sector Forum on the Millennium Development Goals, 22.10.2010; http://www.unglobalcompact.org/docs/news_events/meeting_reports/UN_Private_Sector_Forum_MDGs_Report.pdf 6 Fast growth and big impact s: How Emerging Market Multinationals are advancing sustainable development, GIZ 2011; w w w.giz.de/EMM

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rmeren Bevlkerungsschichten (der BoP) an. Zudem investieren Emerging Market Multinationals zunehmend in den rmsten Entwicklungslndern und bedienen somit Mrkte, die transnationale Unternehmen aus Industrielndern kaum bercksichtigen. Auch der stark steigende Anteil an Emerging Market Multinationals macht sie als Partner in der Entwicklungsdebatte attraktiv. Laut den Vereinten Nationen haben derzeit mehr als 20.000 multinationale Unternehmen ihren Sitz in Entwicklungs- und Schwellenlndern. Die Anzahl an Unternehmen aus Brasilien, China, Indien und Russland hat sich zwischen 2006 und 2008 vervierfacht. Die Studie gibt auch Auskunft ber mgliche Risiken und Herausforderungen bei einer Zusammenarbeit von Entwicklungsorganisationen und Emerging Market Multinationals.Internationales Politikforum Inclusive Business and Effective Partnerships (2011)

Entwicklungs- und Schwellenlndern als Produzenten und Konsumenten in Wertschpfungsketten einbeziehen und ihnen so Zugang zu essentiellen Dienstleistungen, zu Produkten und Arbeitspltzen geben. Die Konferenzteilnehmer diskutierten im ersten Teil der Konferenz die Herausforderungen bei der Zusammenarbeit zwischen Gebern und dem Privatsektor sowie die Rolle der Entwicklungszusammenarbeit bei der Schaffung von Rahmenbedingungen fr breitenwirksame Geschftsmodelle fr nachhaltige Entwicklung. In Workshops wurden Themen wie die Finanzierung, die notwendigen Kompetenzen zur sektorbergreifenden Zusammenarbeit und Anstze fr Matchmaking errtert. Die Teilnehmer riefen die Geber auf, mehr Informationen ber existierende Initiativen zur Verfgung zu stellen und den Austausch zwischen den Gebern zu intensivieren, um bei erfolgreichen Anstzen und Instrumenten besser voneinander lernen zu knnen. Der zweite Teil der Konferenz beschftigte sich mit der Frage, wie eine systematische Einbindung des Privatsektors die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit strken kann und welche Bedeutung breitenwirksamen Geschftsmodellen und Entwicklungspartnerschaften dabei zukommen: Die Frderung des Privatsektors in den Partnerlndern des BMZ biete die Chance, einheimische Ressourcen zu mobilisieren, Beschftigung und Einkommen zu schaffen und privatwirtschaftliches Innovationspotenzial, Know-how und Kapital fr Armutsbekmpfung und Entwicklung zu nutzen. Elizabeth Sandor, Senior Policy Advisor bei der Organisation for Economic Cooperation and Development Development Assistance Comittee (OECD DAC), stellte die Ergebnisse

Im September 2011 lud das BMZ zum internationalen Politikforum Inclusive Business and Effective Partnerships ein. ber 80 internationale Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft diskutierten ber breitenwirksame Geschftsmodelle fr nachhaltige Entwicklung und die Rolle der Privatwirtschaft bei der Steigerung der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit. Das Forum knpfte an die Verabschiedung des Bilateral Donors Statement in Support of Private Sector Partnerships for Development an. Hans-Jrgen Beerfeltz, Staatssekretr im BMZ, betonte die Bedeutung der Privatwirtschaft bei der Gestaltung von nachhaltigen Entwicklungsprozessen in den Partnerlndern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit: Der Privatsektor knne einkommensschwache Menschen in

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einer informellen Arbeitsgruppe vor, die einen gemeinsamen Beitrag zum Vierten High Level Forum on Aid Effectiveness vom 29. November bis 1. Dezember 2011 in Busan (Sdkorea) leisten mchte. Das Statement ist das Ergebnis einer breiten Konsultation von Vertretern des ffentlichen und privaten Sektors. Es unterstreicht die Bedeutung von Partnerschaften fr nachhaltige Entwicklung und stellt konkrete Verantwortungsbereiche fr den ffentlichen und privaten Sektor dar. In der sich anschlieenden Diskussion wurde gefordert, beim Management von Programmen, in denen Privatwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit kooperieren, die Erfahrungen aus der Vergangenheit strker zu bercksichtigen. Die Teilnehmer der Konferenz waren aufgefordert, den Entwurf fr die gemeinsame Erklrung zu diskutieren. Dabei unterstrichen die Teilnehmer die Bedeutung lokaler Partner Unternehmen und nationaler Regierungen fr nachhaltige Ergebnisse bei Entwicklungspartnerschaften. Die Ergebnisse der Konferenz flieen in das Vierte High Level Forum on Aid Effectiveness in Busan ein. Zusammen mit anderen Gebern hat das BMZ erreicht, dass bei dieser Konferenz mehrere Veranstaltungen zur Rolle des Privatsektors fr die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit stattfinden werden. Hierbei wird unter anderem diskutiert, wie Public-Private Partnerships (PPPs), die inklusive Businessmodelle frdern, in Zukunft noch effektiver gestaltet werden knnen und vor allem, wie sie noch weiter verbreitet und auf

bisher unerschlossene Wirtschaftsbereiche ausgedehnt werden knnen. Zudem werden die Prinzipien einer effektiven Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft und die Bedeutung inklusiver Geschftsmodelle im Rahmen von PPPs in der gemeinsamen Erklrung von Vertretern aus Politik und Privatwirtschaft betont. 7 Das Abschlussdokument des High Level Forum hebt die Rolle des Privatsektors in der neuen Architektur der Entwicklungszusammenarbeit hervor. Das BMZ hat auerdem den Ko-Vorsitz der G20Entwicklungssule zu Privatinvestitionen und Beschftigung inne und will in diesem Zusammenhang die Frderung innovativer inklusiver Geschftsmodelle international voranbringen. So wurde ein Ideenwettbewerb zu Inclusive Business Innovation beim G20-Gipfel im November 2011 in Cannes lanciert, um skalierbare und replizierbare Modelle zu identifizieren. Begleitend werden Politikempfehlungen zur Frderung von Inclusive-Business-Anstzen fr den G20-Gipfel 2012 in Mexico erarbeitet, wo die Gewinner des Ideenwettbewerbs ausgezeichnet werden.

Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft: Erfahrungen im Programm develoPPP.deEin Instrument der deutschen Entwicklungspolitik in der Zusammenarbeit mit deutschen und europischen Unternehmen sind Entwicklungspartnerschaften, die das BMZ mit dem Programm develoPPP.de untersttzt.8 Bei diesen Entwicklungspartnerschaften

7 Joint Statement for endorsement by representatives from the public and the private sector at the Four th HighLevel Forum on Aid Effectiveness, Expanding and Enhancing Public and Private Co -Operation for Broad-Based, Inclusive and Sustainable Grow th. 8 Weitere Informationen zum Programm, sowie die Kriterien zur Teilnahme, finden Sie im Internet unter w w w.develoPPP.de

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planen, finanzieren und verwirklichen Unternehmen und die deutsche Entwicklungszusammenarbeit gemeinsam Projekte. Diese Entwicklungspartnerschaften verbinden die Innovationskraft der Unternehmen mit dem Wissen und den Erfahrungen der Entwicklungspolitik. Zwischen 1999 und 2010 hat das BMZ innerhalb des Programms develoPPP.de mehr als 1.300

Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft in ber 70 Lndern initiiert. Sie haben gezeigt, dass sich unternehmerische und entwicklungspolitische Ziele ergnzen und gemeinsam besser erreichen lassen. Die Entwicklungspartnerschaften werden von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG), der Deutschen Gesellschaft fr Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und der sequa gGmbH umgesetzt.

Bilanz des Programms develoPPP.de bis Ende 2010: 253 Entwicklungspartnerschaften zu breitenwirksamen Geschftsmodellen.

Asien berregional 3 Entwicklungspartnerschaften Afrika berregional 10 Entwicklungspartnerschaften 15 Entwicklungspartnerschaften 610 Entwicklungspartnerschaften 1115 Entwicklungspartnerschaften 1620 Entwicklungspartnerschaften

Lateinamerika berregional 5 Entwicklungspartnerschaften

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Wann, wie viele, welches Investitionsvolumen?

Welche Branchen?

192 Entwicklungspartnerschaften, die breitenwirksame Geschftsmodelle verfolgen, sind bereits erfolgreich abgeschlossen, 61 befinden sich in der Durchfhrung. Die beteiligten Unternehmen und die deutsche Entwicklungszusammenarbeit haben im Rahmen von develoPPP.de ber 120 Millionen Euro investiert, 50 Millionen Euro entfielen dabei auf den ffentlichen Sektor.

Mit Abstand die meisten Entwicklungspartnerschaften zur Frderung von breitenwirksamen Geschftsmodellen 89 Projekte wurden in der Lebensmittelbranche durchgefhrt. Das entspricht einem Anteil von 35 Prozent. Auf die Konsumgterbranche (zum Beispiel Kleidung, Schuhe, Elektronik, Haushaltsartikel) entfallen 48 Projekte, das sind 19 Prozent. Industriegter (zum Beispiel Verpackungen, Maschinen, erneuerbare Energie) stehen in 30 Projekten im Mittelpunkt, das entspricht 12 Prozent. 20 Projekte widmen sich der Pharma- und Gesundheitsbranche, das ist ein Anteil von acht Prozent. Vier Prozent (10 Projekte) lassen sich Finanzdienstleistern und der Versicherungsbranche zuordnen.BoP-Entwicklungspartnerschaften

Transport & Logistik 1% Einzelhandel 7%

Versorgungsunternehmen 8%

Automobil 3% Rohstoffe 1% Chemie 1% Baugewerbe 1% Konsumgter 19%

Pharma & Gesundheit 8%

Finanzen & Versicherung 4% Industrie 12%

Nahrungsmittel & Getrnke 35%

Die meisten Entwicklungspartnerschaften zur Frderung von breitenwirksamen Geschftsmodellen wurden in der Lebensmittelbranche angestoen

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Welche Regionen?

Wer wurde gefrdert?

Afrika ist mit 99 Projekten das entspricht 39 Prozent der Entwicklungspartnerschaften, die BoP-Anstze frdern der Kontinent, in dem die meisten breitenwirksamen Geschftsmodelle untersttzt wurden. Danach folgt Asien mit 78 Projekten, das ist ein Anteil von 31 Prozent. Mit einem Anteil von 26 Prozent entfallen 66 Projekte auf Lateinamerika. Jeweils zwei Prozent (fnf Projekte) fanden in Osteuropa und berregional statt.

BoP-Entwicklungspartnerschaften nach Regionen

195 der 253 Entwicklungspartnerschaften zur Frderung von breitenwirksamen Geschftsmodellen untersttzen Arme in ihrer Rolle als Produzenten, das sind mehr als drei Viertel aller Projekte. Knapp ein Viertel befasst sich damit, innovative und auf die Bedrfnisse armer Bevlkerungsgruppen ausgerichtete Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln vor allem in der Konsumgterbranche (19 Prozent), aber auch im Pharma- und Gesundheitssektor (17 Prozent) sowie in der Finanz- und Versicherungswirtschaft (12 Prozent).Anteil der BoP-Entwicklungspartnerschaften, die einkommensschwache Menschen als Konsumenten oder Produzenten in wirtschaftliche Prozesse einbeziehen

berregional 2%

Lateinamerika 26%

Konsumenten 23 % Afrika 39%

Osteuropa 2%

Asien 31%

Spitzenreiter Afrika: Besonders viele Projekte haben auf dem Kontinent mit der grten Armut stattgefunden

Produzenten 77 %

Arme als Produzenten und Konsumenten frdern: 77 Prozent aller Entwicklungspartnerschaften zu breitenwirksamen Geschftsmodellen helfen Kleinbauern, Kooperativen und Kleinunternehmern, ihre Wertschpfung zu steigern

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WAS MACHT DIE DEUTSCHE ENT WICKLUNGSZUSAMMENARBEIT?

BoP-Branchendialoge: Geschftsmodelle fr BoP-Mrkte entwickelnBeim Eintritt in Marktsegmente am unteren Ende der Einkommenspyramide stehen Unternehmen oft vor Hindernissen. Je nach Produkt oder Dienstleistung unterscheiden sich die Anforderungen zum Beispiel an Design, Distributionskanle oder Kundenbetreuung zum Teil erheblich. Um diese Herausforderungen branchenspezifisch diskutieren zu knnen, hat das BMZ die Veranstaltungsreihe BoP-Branchendialoge initiiert. Die Branchendialoge geben Impulse und Empfehlungen fr erste Schritte in Mrkte am unteren Ende der Einkommenspyramide. Die Veranstaltungen richten sich an Unternehmen mit Geschftsideen, die Arme als Konsumenten, als Produzenten, Mitarbeiter oder Geschftspartner einbinden. Ein zweitgiger Workshop bietet Raum, um sich eingehend mit Praxisbeispielen und eigenen Geschftsmodellen auseinanderzusetzen. Als Einstieg in die inhaltliche Diskussion dient bei jeder Veranstaltung eine Studie, die sich mit den Problemen der jeweiligen Branche auseinandersetzt und daraus konkrete Hinweise und Empfehlungen fr Unternehmen ableitet. Interaktive und innovative Dialogformen dienen dem Wissensaustausch und frdern die Vernetzung der Akteure. Die Branchendialoge geben somit einen ersten Einblick in diese Mrkte, in ihr Potenzial, die Rahmenbedingungen und Risiken. Da der Fokus auf einer Branche liegt, knnen die Unternehmensvertreter/innen die Chancen und Herausforderungen ihrer Geschftsmodelle im Detail diskutieren.

In den Jahren 2010 und 2011 wurden zwei Branchendialoge entwickelt und mehrmals durchgefhrt. Beim Branchendialog mit der Energiewirtschaft diskutierten die Teilnehmer/ innen ber den Zugang Armer zu umweltfreundlichen und bezahlbaren Technologien. Speziell fr die Energiebranche ist begleitend zum ersten Branchendialog ein Leitfaden entstanden, der Unternehmen strukturiert durch die einzelnen Schritte bei der Entwicklung eines eigenen Geschftsmodells fhrt.9 Am Ende des Workshops wurde das vom BMZ finanzierte Programm develoPPP.de fr Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft vorgestellt. Auf Wunsch konnten sich Unternehmer/innen ber eine finanzielle und fachliche Untersttzung zu ihrem Projekt beraten lassen. Die Teilnehmer/innen des zweiten Branchendialogs befassten sich mit Mikroversicherungen einem Angebot fr einkommensschwache Haushalte in Entwicklungs- und Schwellenlndern, um sich zum Beispiel gegen Ernteausflle als Folge von Drren oder berschwemmungen abzusichern. Einig waren sich die Teilnehmer darber, dass Mikroversicherungen nur einen Teil zur sozialen Sicherung beitragen knnen daher sei auch in Zukunft die Zusammenarbeit von Entwicklungspolitik und Unternehmen gefragt. Der nchste Branchendialog wendet sich an die Pharmabranche mit dem Thema Zugang zu Medikamenten fr arme Bevlkerungsgruppen. Weitere Veranstaltungen, wie zum Beispiel fr die Agrobusiness-Branche, sind in Planung.

9 Weitere Informationen zu diesem Branchendialog und dem Leit faden Energize the BoP Energy Business Model Generator for Low-Income Market s. A practioners guide finden Sie im Internet unter w w w.Energize-the-BoP.net

BEISPIELE AUS DER PRAXIS

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Mit welchen Ideen sind Unternehmen in BoPMrkten aktiv geworden? Was haben sie bewirkt, welche Herausforderungen haben sie gemeistert? Wie knnen die Rahmenbedingungen verbessert werden, um Marktzugnge fr die Armen zu erleichtern? Aus der Flle an Erfahrungen, die DEG, GIZ, KfW und sequa im Auftrag des BMZ gemeinsam mit Unternehmen gesammelt haben, stellen wir in diesem Kapitel eine Auswahl an Projekten vor. Sie befinden sich in unterschiedlichen Phasen der Durchfhrung und spiegeln wider, welches Spektrum an Beratung und Untersttzung die Durchfhrungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit abdecken.

Beispiele aus der Praxis:Mrkte entwickeln, Kapital bereitstellen, Rahmenbedingungen schaffen

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BEISPIELE AUS DER PRAXIS

Mrkte entwickelnBiogas-Strom aus AbfllenEntwicklungspartnerschaft zwischen Envitec und der GIZ, Indien und Philippinen

Indien und auch die Philippinen sind in ihrer Energieversorgung stark abhngig von fossilen Rohstoffen. Der Ausbau des Anteils an erneuerbarer Energien bietet eine unabhngige und nachhaltige Alternative, ob zur Einspeisung in das Gesamtstromnetz oder als dezentrale Lsung. Besonders in lndlichen Gebieten ist die Stromversorgung unzureichend oft ist die Versorgung zeitlich stark begrenzt oder unzuverlssig. Dadurch ist die Bevlkerung gezwungen,

auf teils teure Alternativen wie Kerosin oder traditionelle Biomasse auszuweichen. Biogasanlagen bieten hier eine gute Mglichkeit, die Stromversorgung mit klimaschonender und kostengnstiger Energie sicherzustellen. Sie ermglichen der lndlichen Bevlkerung auerdem, ein zustzliches Einkommen zu erwirtschaften, indem sie Reststoffe aus der Landwirtschaft an die Biogasanlagen liefern, und die Reste aus der Biogaserzeugung als organischen Dnger nutzen oder vermarkten. In einer strategischen Allianz will die EnviTec Biogas AG, einer der fhrenden Biogasanlagenhersteller in Deutschland, ihr Engagement gemeinsam mit dem indischen Partner Mala-

Der Biogasanlagenhersteller EnviTec Biogas AG frdert gemeinsam mit Malavalli Power Plant Pvt. Ldt. (MPPL) und der GIZ den Bau von Biogasanlagen in Indien und auf den Philippinen.

BEISPIELE AUS DER PRAXIS

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valli Power Plant Pvt. Ldt. (MPPL) und der GIZ in Indien und auf den Philippinen ausweiten. Von 2007 bis 2009 haben die Partner bereits ein gemeinsames Projekt zum Bau von Biogasanlagen in Indien durchgefhrt. Zum Betrieb der Biogasanlagen ist eine zuverlssige Versorgung mit tierischen und pflanzlichen Reststoffen wie Kuh- und Hhnermist und Abfallprodukten der Maniokverarbeitung notwendig. Im Rahmen der Entwicklungspartnerschaft wird die lndliche Bevlkerung an den Projektstandorten in dieses Zuliefersystem eingebunden, und kann somit ihr Einkommen steigern. Bauerngruppen erhalten Schulungen in Silagetechnik, mit deren Hilfe sich pflanzliche Rohstoffe, zum Beispiel Maisbltter, konservieren lassen. Das Endprodukt kann dann als Brennstoff fr die Biogasanlagen vermarktet oder als energie- und nhrstoffreiches Viehfutter genutzt werden. So ist auch in den trockenen Jahreszeiten eine gute Versorgung mglich, und der Milchertrag steigt langfristig. Ein weiteres Ziel des Projektes ist, dass Reststoffe aus der Biogaserzeugung als organischer Dnger verwendet werden knnen eine nachhaltige und umweltfreundliche Alternative zu den verbreiteten chemischen Dngemitteln. Informationskampagnen und Dialogveranstaltungen mit politischen Entscheidungstrgern und Wissenschaftlern tragen dazu bei, den Nutzen und die Technologie von Biogasanlagen bekannt zu machen. In Indien und den Philippinen soll so der Boden fr gesetzliche Rahmenbedingungen zur Nutzung und Einspeisung von erneuerbaren Energietrgern bereitet und der Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung untersttzt werden.

Tierische und pflanzliche Reststoffe, wie Kuh- oder Hhnermist sind fr den Betrieb der Biogasanlagen notwendig und bieten eine zustzliche Einkommensquelle fr Kleinbauern.

Solarstrom fr lndliche RegionenEntwicklungspartnerschaft zwischen Phaesun und der DEG, Mosambik

Nach Sonnenuntergang sitzen die meisten Menschen in Mosambik im Dunkeln. In dem ostafrikanischen Land haben zwei Prozent der Bevlkerung in lndlichen Regionen Zugang zu einem Stromnetz. In den Haushalten brennen abends Kerosinlampen oder Kerzen, Kommunen setzen auf Dieselgeneratoren. Diese Art der Stromversorgung ist teuer und fhrt zu einem hohen CO2-Aussto. In vier bis fnf Jahren sollen Privathaushalte, kleine Gewerbebetriebe und ffentliche Einrichtungen im ganzen Land kleine Solarsysteme nutzen knnen, die auch mit einem niedrigen Einkommen bezahlbar sind.

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BEISPIELE AUS DER PRAXIS

An diesem Ziel arbeitet das mittelstndische Unternehmen Phaesun aus Memmingen. Die Allguer sind Experten fr die netzunabhngige Stromversorgung mit Solarenergie. Sie werden bei ihrem Vorhaben in Mosambik von der DEG untersttzt. Das Projekt soll nicht nur rentabel sein, sondern auch die Lebensbedingungen der Menschen verbessern helfen: Privathaushalte bekommen Licht, Gesundheitsstationen knnen Medikamente und Impfstoffe besser khlen, Unternehmen mit Zugang zu Strom sind produktiver, und knnen so neue Arbeitspltze schaffen. Um die dezentrale Stromversorgung in entlegenen Gebieten zu verwirklichen, baut Phaesun zusammen mit seinem mosambikanischen Partner Coseba zunchst ein Hndlernetz fr

kleine Solarsysteme in den Provinzen Sofala und Maputo auf. Im Januar 2012 werden die ersten fnf Solarshops ffnen. Sie verkaufen Solarsysteme und Lampen und bieten einen Service zum Aufladen von Lampen und Handys. Ausbildungsangebote verstrken die Breitenwirksamkeit des Projektes: An der Universitt von Maputo hlt Prof. Peter Adelmann von der Hochschule Ulm Vorlesungen ber Photovoltaik-Technologie fr Elektrotechnikstudenten. Nach Projektende bernehmen lokale Lehrkrfte den Unterricht. Fr die praktische Ausbildung der Studenten und Solarhndler wird ein Schulungsraum ausgestattet. Die Projektpartner begleiten die ausgebildeten Solartechniker auf dem Weg in die Selbstndigkeit, unter anderem bieten sie ihnen kaufmnnische Schulungen an. Qualifizierungen, der Aufbau

Netzunabhngiger Strom durch Solarenergie: Die Phaesun GmbH versorgt in Kooperation mit der DEG die lndliche Bevlkerung Mosambiks mit erneuerbarer Energie.

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von Vertrieb, Marketing und Service mit Untersttzung der DEG hat Phaesun den Grundstein dafr gelegt, dass berhaupt ein Markt fr Solaranlagen in Mosambik entstehen kann. Fr die Bevlkerung rechnet sich die Anschaffung einer kleinen Solaranlage. Die sogenannten PicoPV-Systeme bestehen aus einem Panel, einer Lampe mit integrierter Batterie und einem Handyladeadapter. Bislang geben die meisten Haushalte monatlich bis zu zehn USDollar fr Kerosin oder andere Brennstoffe aus, das entspricht einem Drittel ihres Einkommens. Eine Solaranlage fr den Haushaltsgebrauch kostet rund 100 US-Dollar. Die Investition amortisiert sich nach etwa einem Jahr.

beitungsbetriebe hohe hygienische Standards einhalten. Da die Frchte mit der Hand geschlt werden, knnen die verarbeiteten Kerne schnell mit Bakterien belastet werden. Um gesundheitliche Risiken fr die Konsumenten zu vermeiden, ist Sauberkeit bei der Verarbeitung oberstes Gebot. Cashewkerne in hoher Qualitt fr europische Biomrkte zu produzieren das ist das Ziel der gebana AG. Das Unternehmen vertreibt kologisch angebaute Lebensmittel aus Entwicklungslndern, und ist ein Pionier fr Produkte aus fairem Handel in der Schweiz. Um die Voraussetzungen fr qualitativ hochwertige Cashewkerne in dem westafrikanischen Land zu schaffen, untersttzt sequa das Unternehmen seit 2009 in einer Entwicklungspartnerschaft. Bis Ende 2011 soll die Produktion effizienter werden und internationalen Qualittsstandards entsprechen. Im Mittelpunkt der Entwicklungspartnerschaft stehen Schulungen, die Einfhrung eines Qualittsmanagements und der Aufbau von Musterbetrieben fr hochwertige Bio-Exportprodukte, die verschiedene Zertifizierungsstandards erfllen. Die gebana AG hat Multiplikatoren ausgebildet, die zunchst 500 Bauern in biologischem Anbau schulen und kontinuierlich beraten. 800 Mitarbeiter/innen von Verarbeitungsbetrieben werden mit den notwendigen Hygienestandards bei der Cashew-Verarbeitung vertraut gemacht. Unter anderem in der landwirtschaftlichen Kooperative UTAB (Unit de Transformation dAnacarde de Brgadougou), an die 2.000 Kleinbauern angeschlossen sind, entsteht ein Musterbetrieb: Die Projektpartner haben in eine Verarbeitungs- und Packstation investiert, ein Lager gebaut und einen LKW angeschafft, der die Frchte von

Cashewkerne aus biologischem AnbauEntwicklungspartnerschaft zwischen gebana und der sequa, Burkina Faso

Fast 95 Prozent der Bevlkerung in Burkina Faso leben von der Landwirtschaft, doch extreme Wetterbedingungen und die Ausbreitung der Sahara erschweren den Anbau von Grundnahrungsmitteln wie Hirse, Mais oder Reis. Cashewbume hingegen halten diesem Klima besser stand. Die Kerne sind in Europa und den USA sehr begehrt, die Nachfrage steigt jhrlich um 15 Prozent. Der Export von Cashewkernen wre daher eine zustzliche Einkommensmglichkeit fr die Menschen in den lndlichen Regionen. Da es in Burkina Faso zu wenige Verarbeitungsanlagen gibt, werden die Cashewkerne bislang in Indien oder Cte dIvoire weiterverarbeitet. Dem Land gehen so Ertrge entlang der Wertschpfungskette verloren. Um Kerne exportieren zu knnen, mssen die inlndischen Verar-

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BEISPIELE AUS DER PRAXIS

den Produzenten abholt. Auerdem richten sie ein Labor fr nahrungsmitteltechnische Untersuchungen ein. Das Projekt zeigt einen Erfolg versprechenden Weg aus der Armut auf: Es entstehen Arbeitspltze, die Produzenten haben verlssliche Abnehmer, sie erzielen hhere Preise fr ihre Ernte, und steigern so ihr Einkommen. Die Hygieneschulungen helfen nicht nur, die Qualittsstandards zu erfllen, sondern auch, die Gesundheit der Produzenten, Mitarbeiter und deren Familien zu verbessern. Eine Nachahmung dieses Ansatzes, auch in anderen Sektoren wie zum Beispiel dem Mangoanbau, ist von den Projektbeteiligten ausdrcklich erwnscht.

Regenfllen und Strmen betroffen, die die Existenzgrundlage vieler Menschen von einem Moment auf den anderen zerstren. Vor diesem Hintergrund haben der Rckversicherer Munich Re und die GIZ eine strategische Allianz geschlossen: Sie stellt Genossenschaften, die Mikrofinanzdienstleistungen anbieten, eine Versicherung gegen die Folgen von extremen Wetterereignissen zur Verfgung. Zusammen mit dem Dachverband CLIMBS, der die Rolle eines Erstversicherers bernimmt, haben die Projektpartner die Versicherung CLIMBS Catastrophe Protection Policy auf den Markt gebracht. 1.700 lokale Genossenschaften sind unter dem Dach von CLIMBS vereint. So funktioniert die fr die Philippinen entwickelte Versicherung fr Genossenschaften: Wenn eine Naturkatastrophe in Form eines extremen Wetterereignisses eintritt, ist es sehr wahrscheinlich, dass vielen Mitgliedern der Genossenschaften die Existenzgrundlage genommen wird, und sie zumindest vorbergehend nicht in der Lage sind, ihre Kredite weiter zu

Versicherung gegen NaturkatastrophenEntwicklungspartnerschaft zwischen Munich Re und der GIZ, Philippinen

Die Philippinen liegen im sogenannten Taifungrtel. Der Inselstaat ist hufig von starken

Unter Einhaltung hoher Hygienestandards frdert die gebana AG in Kooperation mit sequa die nachhaltige Produktion von Cashewkernen in Burkina Faso.

KOLUMNENTITEL VERSAL

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In einer Entwicklungspartnerschaft mit der GIZ bietet die Munich Re Genossenschaften Rckversicherungsleistungen fr extreme Wetterereignisse an. So knnen diese finanzielle Risiken ihrer Mitglieder besser absichern.

bedienen. Sind viele Mitglieder betroffen, knnen die Genossenschaften leicht in einen finanziellen Engpass geraten. Um dies zu vermeiden, knnen sie sich nun ber CLIMBS versichern. Sie erhalten einen festgelegten Prozentsatz ihres Kreditvolumens als Versicherungsleistung, wenn die gemessene Windstrke oder die Niederschlagsmenge einen bestimmten, vorher festgelegten Wert bersteigen. Aber nicht nur die Genossenschaften sind durch die Versicherung geschtzt im Schadensfall erhalten betroffene Mitglieder eine sogenannte emergency loan, also den Zugang zu wichtigem Finanzkapital. Damit knnen sie ihre Huser zgig wieder aufbauen oder neue Produktionsmittel beschaffen. Ohne diese Versicherungsmglichkeit mssten die Genossenschaften, um ihr Risiko der Zahlungsunfhigkeit zu minimieren, ihre Finanzdienstleistungen zu einem erhhten Preis anbieten. Gerade arme Bevlkerungsgruppen htten dann keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Neben der Produktentwicklung untersttzen GIZ und Munich Re CLIMBS bei der Gestaltung ihrer Dienstleistungen, beim Finanzcontrolling, der Schadensabwicklung, der Weiterbildung

des Personals und bei zentralen Prozessen wie dem Aufbau eines Risikomanagements. Der Bevlkerung wird in Informationskampagnen die Funktionsweise des Produkts und der Nutzen einer solchen Absicherung erklrt. Durch die Zusammenarbeit mit der GIZ konnte Munich Re ihre Expertise in Entwicklungslndern weiter ausbauen und sich als erster Anbieter von indexbasierten Rckversicherungen fr Mikrofinanzinstitutionen positionieren. Bedingt durch den Klimawandel werden extreme Wetterereignisse zunehmen. Fr die Menschen in den betroffenen Regionen wird daher die Absicherung im Katastrophenfall zum Beispiel durch eine Versicherung immer wichtiger. Fr die Versicherungswirtschaft entsteht so ein neuer Wachstumsmarkt.

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Eine Software der Mobile Transactions Zambia Ltd (MTZL) ermglicht Baumwollbauern, Geldtransfer per Mobiltelefon zu erledigen.

Mobiles Bankkonto fr BaumwollbauernEntwicklungspartnerschaft zwischen Dunavant und der DEG, Sambia

80 Prozent der Menschen in Sambia haben kein Bankkonto. Bankdienstleistungen sind teuer, im ganzen Land gibt es kaum mehr als 200 Filialen. Bezahlt wird berwiegend in bar. Der Geldtransfer ist aufwendig, die Menschen nehmen stundenlange Wege auf sich, um eine Zahlung zu leisten, oder warten wochenlang auf die Auszahlung ihres Lohnes. Auch Unternehmen leiden unter dieser Situation. Dunavant Zambia kauft Baumwolle von sambischen Kleinbauern und verarbeitet den Rohstoff zu Fasern. 70.000 Bauern im ganzen Land beliefern das Unternehmen. Bevor Dunavant im Jahr 2010 ein mobiles Bezahlsystem eingefhrt hat, dauerte es oft ber zwei Wochen, bis die Bauern ihr Geld in den Hnden hielten. So riskierte Dunavant, dass die Bauern trotz bestehender Vertrge ihre Ernte an andere Abnehmer verkauften. Dunavant ist an dem Start-up-Unternehmen Mobile Transactions Zambia Limited (MTZL) beteiligt, das 2009 eine eigene Software fr mobile Finanzdienstleistungen auf den Markt

gebracht hat. Die Nutzer bentigen lediglich ein Mobiltelefon, der Geldtransfer erfolgt sicher ber SMS mit einem PIN-Code. MTZL hat fr Dunavant eine Schnittstelle programmiert, die Mobiltelefone mit der Datenbank des Unternehmens verbindet, in der alle Lieferungen und Zahlungen gespeichert sind. Dunavant unterhlt im ganzen Land 73 Baumwolllager, an jedem Standort ist ein Mitarbeiter fr die Auszahlungen zustndig. Mit dem mobilen Bezahlsystem erhalten die Baumwolllieferanten ihr Geld innerhalb eines Tages. Sie knnen sich ihren Lohn direkt auszahlen lassen oder zum Beispiel gegen Saatgut und Dngemittel einlsen. Damit mobile Finanzdienstleistungen mglichst vielen Baumwollbauern in Sambia zugnglich werden, haben Dunavant und MTZL gemeinsam mit der DEG von 2009 bis 2010 eine Entwicklungspartnerschaft abgeschlossen. Das Ziel: ein landesweites Vertriebsnetz mit zuverlssigen, gut geschulten Agenten fr den mobilen Geldtransfer. Mit der Investition hat Dunavant Kosten fr Bankleistungen gesenkt, die Loyalitt der Bauern gestrkt und deren Lebensbedingungen verbessert. Im ersten Schritt hat MTZL 15 Vertriebstrainer durch einen Partner ausbilden lassen. Bis heute wurden ber 200 Agenten fr den Vertrieb der

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mobilen Bankdienste angeworben und geschult. Da 70 Prozent der Bevlkerung Sambias kein Mobiltelefon haben, knnen Kunden bei einem von MTZL bevollmchtigten Agenten Geld abheben oder berweisen. Kunden mit einem eigenen Mobiltelefon knnen ihr mobiles Konto bald auch zum Sparen nutzen. Das Projekt hat bislang 20.000 Menschen den Zugang zu Finanzdienstleistungen ermglicht. 80.000 Kleinbauern nutzen elektronische Gutscheine, um Lebensmittel und andere Gter von Hilfsorganisationen wie dem Welternhrungsprogramm zu erhalten. Seit Mrz 2009 sind ber 170.000 Geldtransfers mit einem Volumen von rund zehn Millionen US-Dollar durchgefhrt worden.

Biowerkstoff aus PflanzenrestenEntwicklungspartnerschaft zwischen Tecnaro und sequa, Brasilien

Manchmal mssen Produkte erst entwickelt und Mrkte geschaffen werden, um armen Menschen neue Einkommensquellen zu ermglichen: Aus Pflanzenfasern und pflanzlichen Reststoffen wie Lignin lassen sich umweltfreundliche Werkstoffe herstellen, welche die Eigenschaften von Holz und Kunststoff vereinen. Die Materialien werden als Granulat geliefert, bei 180 Grad Celsius lassen sie sich formen zum Beispiel zu Mbeln, Spielzeug, Musikinstrumenten, Armaturenbrettern, Motorenteilen oder Haushaltswaren. Das deutsche Unternehmen Tecnaro GmbH, das aus der Fraunhofer-Gesellschaft hervorgegangen ist, hat derartige Werkstoffe erfunden und dafr mehrere Auszeichnungen erhalten.

Gemeinsam mit der DEG baut MTZL in Sambia ein landesweites Vertriebsnetz mit geschulten Vertretern auf, um auch Baumwollbauern ohne eigenes Handy den Zugang zu dem Geldtransfersystem zu ermglichen.

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BEISPIELE AUS DER PRAXIS

Bei der Produktion von Zucker fallen in Brasilien jedes Jahr 150 Millionen Tonnen Bagasse ausgepresste Pflanzenfasern an. Ein groer Teil wird verbrannt, dabei entstehen klimaschdliche Treibhausgase. In einer Entwicklungspartnerschaft zusammen mit sequa haben Tecnaro und die brasilianische Ausbildungsorganisation SENAI-CIMATEC ein thermoplastisches Material entwickelt, das Bagassefasern enthlt. Daraus sollen knftig Kunststoffprodukte fr den brasilianischen Markt hergestellt werden. Mitarbeiter von SENAI wurden zu Multiplikatoren ausgebildet, die eigenstndig Produkte auf der Basis von Bagasse entwickeln, und die ihr Wissen an Studenten, Konstrukteure, Zulieferer und Anwender weitergeben. Brasilianische Unternehmen knnen den preisgnstigen Werkstoff nutzen, um kostengnstige Produkte zu entwickeln. Bei der SENAI-CIMATEC haben Studierende an der Entwicklung des Werkstoffs und dem Bau einer Pilotanlage fr die Herstellung von Formteilen mitgearbeitet. Dass der Wissenstransfer funktioniert hat, zeigt sich auch darin, dass SENAI nach Abschluss des ersten Projektes weitergeforscht hat, um WerkIn Brasilien gewinnt die Tecnaro GmbH aus Bagasse, einem Abfallprodukt der Zuckerherstellung, umweltfreundliche Werkstoffe

stoffe aus Sisal- und Holzfasern zu erproben. Inzwischen sind etwa 30 Partnerschaften mit Unternehmen geschlossen worden, die sich der Forschung und Entwicklung von Produkten aus Naturfasern widmen. Verluft diese Entwicklung weiterhin so dynamisch, knnte das Technologietransferprojekt eine direkte armutsmindernde Wirkung fr die lndlichen Regionen Brasiliens haben. Wenn sich ein Markt fr den biologischen Werkstoff etabliert, knnen Kleinbauern ihre Produktionsabflle wirtschaftlich nutzbar machen. In einer zweiten, bis 2012 geplanten Entwicklungspartnerschaft sind sequa und Tecnaro in mehreren Bundesstaaten Brasiliens aktiv: Biobasierte und kompostierbare Werkstoffe werden an lokale Gegebenheiten und Rohstoffe angepasst. Damit man sie vielfltig einsetzen kann, fhren die Projektpartner zahlreiche Schulungen zu Weiterverarbeitung und Produktentwicklung durch.

Sanitre Versorgung in SlumsDie GIZ begleitet ein Pilotprojekt fr sanitre Versorgungslsungen in Bangladesch

Die sanitre Versorgung in informellen Siedlungen rund um den Globus stellt eine enorme Herausforderung dar. Die komplexe Struktur der stdtischen Elendsviertel begrenzt die Mglichkeiten, mit konventionellen, infrastrukturbasierten Versorgungssystemen schnell Abhilfe zu schaffen, und den dringenden sanitren Versorgungsbedarf der Bewohner zu decken. Da der Bau fester Versorgungssysteme wegen eigentumsrechtlicher Probleme, Platzmangel und begrenzter finanzieller Ressourcen nicht mglich ist, knnen sich die meisten Haushalte

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Die Einwegtoilette Peepoo des schwedischen Sozialunternehmers Anders Wilhelmson beugt einer Verunreinigung stdtischer Slums vor und stellt vor allem fr Frauen und Kinder einen Zugewinn an Privatsphre und Sicherheit dar.

keine Toilette oder Latrine bauen. Die sehr wenigen Gemeinschaftstoiletten werden schlecht bewirtschaftet, und es gibt Streitigkeiten um die Instandhaltung. Hinzu kommen politische und soziale Aspekte, die dazu fhren, dass die Nutzung der Gemeinschaftstoiletten nur bestimmten Bewohnern der stdtischen Elendsviertel vorbehalten ist. Der schwedische Architekt, Sozialunternehmer und Ashoka-Fellow Anders Wilhelmson hat eine innovative Idee verwirklicht: Er vermarktet unter der Bezeichnung Peepoo Einwegtoiletten fr die Bewohner stdtischer Elendsviertel in Entwicklungslndern. Bei der Peepoo-Toilette handelt es sich um eine biologisch abbaubare Kunststofftte, die innen mit einer Gaze-Schicht versehen ist und die menschliche Exkremente sterilisiert so wird eine Verunreinigung der unmittelbaren oder weiteren Umgebung verhindert. Nach der Verwendung kann die Tte durch Zuknoten verschlossen, einen Tag lang ohne Geruchsbelstigung gelagert und anschlieend vergraben werden. Die

sterilisierende Wirkung dieser mobilen Toilette beruht auf Harnstoffpulver, das die Krankheitserreger in menschlichen Exkrementen binnen weniger Wochen abttet. Danach zerfllt die Tte zu wertvollem, unbedenklichem Kompost. Die GIZ in Bangladesch und das von der GIZ im Auftrag des BMZ durchgefhrte Programm Nachhaltige Sanitrversorgung ecosan haben in einer Feldstudie im Frhjahr 2009 geprft, inwieweit auf diese Weise die Bewohner von stdtischen Elendsvierteln oder Menschen in anderen Notsituationen kurzfristig eine sanitre Versorgung erhalten knnen. Die Machbarkeitsstudie ergab, dass die berwiegende Mehrheit der Nutzer mit den Toilettenbeuteln zufrieden war. Die Bereitstellung der Toiletten erspart den Menschen nicht nur lange Wege und Zeit, sie schafft auch eine angemessene Privatsphre, vor allem fr Frauen und Kinder, die beim Verrichten ihrer Notdurft im Freien und nach Einbruch der Dunkelheit oft dem Risiko von Belstigung und Gewalt ausgesetzt sind. Bei der Peepoo-Lsung von Wilhelmson

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BEISPIELE AUS DER PRAXIS

geht es nicht nur um die Toilette an sich, sondern auch um Geschftschancen: Eine PeepooToilette soll zum Preis von etwa drei Euro-Cent verkauft und nach der Benutzung fr einen Euro-Cent zurckgekauft werden. Den Dnger, der aus den kompostierbaren mobilen Toiletten entsteht, knnen Hndler dann wiederum verkaufen. So soll ein sich selbst tragender, Ertrag bringenden Kreislauf in Gang gebracht werden. In Kibera, einem Elendsviertel in der kenianischen Hauptstadt Nairobi, testet der schwedische Hersteller der mobilen Toiletten zurzeit ein Franchising-Modell, mit dem tglich etwa 4.000 Menschen versorgt werden. 2012 soll die Produktion von Peepoo-Toiletten bis auf 500.000 Einheiten pro Tag gesteigert werden.

Die GIZ sieht in den mobilen Toiletten eine wichtige Zwischenlsung, die eine menschenwrdige sanitre Versorgung von stdtischen Armen und Menschen in Notsituationen ermglicht. Die mobilen Toiletten ersetzen jedoch keine dauerhafte, nachhaltige Sanitrinfrastruktur. Doch solange eine solche nicht in Sicht ist, knnen innovative Lsungen wie Peepoo im Zusammenspiel mit sozialem Unternehmertum die Grundbedrfnisse vieler Menschen in Entwicklungslndern kurzfristig erfllen und deren Lebenssituation verbessern.

Im Rahmen einer Feldstudie haben die GIZ und das Programm Nachhaltige Sanitrversorgung ecosan untersucht, inwiefern Slumbewohner durch die Peepoo-Innovation kurzfristig eine sanitre Versorgung erhalten knnen.

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Kapital bereitstellenUnternehmergeist strkenFrderbeteiligung der KfW Entwicklungsbank am Fonds Aavishkaar II, Indien

Die indische Beteiligungsgesellschaft Aavishkaar Venture Management Services investiert seit 2002 in junge Unternehmen, die innovative Produkte und Dienstleistungen fr die Grundversorgung armer Bevlkerungsgruppen anbieten. Aavishkaar untersttzt Geschftsmodelle in diesen Sektoren: Gesundheit, Wasser und Hygiene Berufliche Bildung und Grundbildung Landwirtschaft Erneuerbare Energien Die KfW Entwicklungsbank beteiligt sich an der zweiten Auflage eines Fonds (Social Entrepreneurship Fund Aavishkaar II) zur Untersttzung sozialen Unternehmertums, der vor allem Investitionen in den lndlichen Regionen Indiens vornehmen wird. Dort leben besonders viele Menschen mit niedrigem Einkommen. Entsprechend der sozialen Mission des Fonds prft Aavishkaar vor und whrend jeder Investition neben der wirtschaftlichen Tragfhigkeit, welchen sozialen und kologischen Nutzen ein Unternehmen stiftet vor allem den Fokus auf einkommenschwache Zielgruppen sowie faire Bedingungen fr Arbeitnehmer/innen und Lieferanten. Der Fonds untersttzt die Unternehmer bei der Umsetzung ihrer Mission, beobachtet und misst den sozialen Nutzen, den sie erbringen, und verffentlicht die Ergebnisse.

Der Fonds sieht Beteiligungen an 20 bis 25 Unternehmen vor. Dabei konzentriert sich Aavishkaar auf Geschftsmodelle mit hohem Wachstumspotenzial und niedrigem Kapitalbedarf bis zu einer Million US-Dollar bei Erstbeteiligungen und maximal drei bis vier Millionen bei Folgefinanzierungen. Diese Unternehmen htten ansonsten geringe Chancen, Wagniskapital zu erhalten, denn die meisten kommerziellen Investoren rechnen nicht damit, dass Geschfte mit armen Bevlkerungsgruppen rentabel sind. Sie konzentrieren sich daher auf hohe Kapitalbeteiligungen ab fnf Millionen US-Dollar und auf Branchen wie zum Beispiel die Informationstechnologie. Einige Beispiele fr Unternehmen, die vom Vorgngerfond Aavishkaar India Micro Venture Capital Fund gefrdert wurden: Ein Hersteller von Wasseraufbereitungsanlagen fr lndliche Kommunen, ein Produzent fr mobile Sanitranlagen sowie ein Unternehmen, das besonders preisgnstige Geldautomaten fr die Bargeldauszahlung in abgelegenen Drfern entwickelt.

Sozialunternehmen frdernRegionaler Social-Entrepreneurship-Dachfonds Asien der KfW Entwicklungsbank

Die KfW Entwicklungsbank plant die Grndung eines Regionalfonds fr Investitionen in das Eigenkapital asiatischer Sozialunternehmen. Dieser Fonds wird sich auf Frhphasenfinanzierungen konzentrieren, weil hier der grte Engpass fr die Entwicklung innovativer und Erfolg versprechender Geschftsmodelle zugunsten armer Bevlkerungsgruppen besteht. Es ist ein

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gesonderter Finanzierungsrahmen geplant, um Investitionen mit Beratungsleistungen zu begleiten und eine einheitliche Wirkungsmessung einzufhren. Das Fondskonzept sieht vor, durch Tranchen mit unterschiedlichem Risiko- und Ertragsverhltnis eine mglichst groe Bandbreite an interessierten Investoren zu erreichen. Angesprochen werden so unter anderem philanthropisch ausgerichtete private Investoren, die mit ihrem Kapital einen mglichst hohen kologischen und sozialen Mehrwert schaffen wollen. Der Regionalfonds wird die Finanzierungssituation sozialer Unternehmer verbessern, die die Grundversorgung armer Bevlkerungsgruppen unter anderem mit Energie, Wasser oder Gesundheitsdienstleistungen verbessern und zu bergeordneten Zielen wie Treibhausgasminderung und lndlicher Entwicklung beitragen.

Existenzschutz fr Millionen afrikanischer FamilienKfW Entwicklungbank beteiligt sich am LeapFrog-Mikroversicherungsfonds

Drre, sintflutartige Regenflle, Heuschreckenplagen oder schwere Erkrankungen eine dieser Katastrophen reicht, um afrikanischen Familien die Existenzgrundlage zu nehmen. Gegen diese Risiken sind arme Menschen in Afrika, die von weniger als zwei US-Dollar pro Tag leben mssen, in der Regel nicht abgesichert. Deutschland hat sich deshalb am weltweit ersten und grten Investmentfonds beteiligt, der Mikroversicherungen fr Arme frdert. Der Fonds mit dem Namen LeapFrog verfgt ber rund 140 Millionen US-Dollar. Dieses Investitionskapital ist der Schlssel dafr, Versicherungsprodukte fr mglichst viele Arme zugnglich zu machen. Zwar werden in Lndern wie Ghana und Uganda schon Mikroversicherungen angeboten. Doch oft fehlt Kapital, um neue Produkte zu entwickeln, mehr Versicherungen zu vertreiben und im Schadensfall alle betroffenen Versicherten auszahlen zu knnen. Weniger als drei Prozent der armen Bevlkerung in Afrika haben eine Mikroversicherung abgeschlossen. Der Markt ist jedoch riesig: Laut einer Studie der Microinsurance Innovation Facility von 2009 bentigen 700 Millionen Afrikaner eine Absicherung durch Mikroversicherungen. 2008 wurden afrikaweit 54,7 Milliarden US-Dollar an Versicherungsprmien eingenommen, das entsprach lediglich 1,3 Prozent des weltweiten Prmienaufkommens. 80 Prozent dieser Prmienzahlungen fr Versicherungen stammen allein aus Sdafrika. In den

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Die GIZ untersttzt die indonesische Zentralbank bei der Etablierung mobiler Finanzdienstleistungen, damit Menschen ohne Zugang zu einer Bank bargeldlos bezahlen oder Geld berweisen knnen.

anderen 52 Lndern Afrikas fehlt bislang noch eine Versicherungswirtschaft, die auch die Risiken armer Menschen absichert. Die Konzentration auf wenige Lnder und Produkte will Deutschland zusammen mit anderen Gebern berwinden. Dazu soll weltweit privates und ffentliches Kapital eingesammelt werden, um einen Markt fr Mikroversicherungen aufzubauen. Deutschland ist ber die KfW Entwicklungsbank mit rund 20 Millionen Euro der mit Abstand grte Einzelfinanzier des Fonds LeapFrog, der neben Asien auch fr Afrika Mikroversicherungen zunchst in Kenia, Ghana, Uganda und Sdafrika anbietet. 7,2 Millionen Menschen will LeapFrog in Afrika bis 2019 mit Mikroversicherungen versorgen. Die Kontrollstruktur: Ein Vertreter Deutschlands ist im Aufsichtsgremium des Fonds. Der Fonds wiederum entsendet Vertreter in die gefrderten Mikroversicherungsunternehmen, die darauf achten, dass der Fonds und die gefrderten Unternehmen mglichst schnell ihre Ziele erreichen und dabei ausschlielich faire und bezahlbare Versicherungen konzipiert werden. Zum Beispiel kosten Policen zur Absi-

cherung von Familien fr den Fall, dass Vater oder Mutter, die das Familieneinkommen erwirtschaften, ernsthaft erkranken, je nach Land und Versicherungssumme zwischen 0,70 und 5,90 US-Dollar im Jahr. Familien knnen dank einer Mikroversicherung auch im Notfall ihre Kinder ernhren, sie zur Schule schicken oder rztlich versorgen lassen. Die ersten durch LeapFrog gefrderten Versicherungsunternehmen befinden sich in Sdafrika und Kenia. In diesen und anderen Lndern, wie zum Beispiel Uganda und Ghana, sind die Finanzmrkte bereits gut entwickelt, es gibt Mikrobanken und andere Mikrofinanzinstitutionen mit bestehenden Vertriebsnetzen.

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Rahmenbedingungen schaffenBranchless Banking Bankgeschfte ber HandyGIZ bert Finanzinstitutionen, Indonesien

Die zunehmende Verbreitung von Mobiltelefonen macht es mglich: Mobile Finanzdienstleistungen bieten Menschen in Entwicklungs- und Schwellenlndern den Zugang zu elektronischem Zahlungsverkehr und zu einem Sparkonto. Vor allem in lndlichen Regionen, wo Banken nicht prsent sind, bieten Supermrkte, Tankstellen, Postfilialen oder Kioske diese grundlegenden Finanzdienstleistungen im Auftrag von Zahlungsdienste-Anbietern an. Die Kunden knnen ohne ein regulres Bankkonto zu niedrigen Gebhren Bargeld einzahlen und abheben, eine berweisung durchfhren oder Einkufe bezahlen auch wenn sie kein eigenes Mobiltelefon haben. Das bislang erfolgreichste Beispiel fr mobile Bankgeschfte stammt aus Kenia: Der Mobilfunkanbieter Safaricom hat 2007 in Zusammenarbeit mit Vodafone ein System fr den bargeldlosen Zahlungsverkehr ber Mobiltelefone in dem ostafrikanischen Land eingefhrt. Heute besteht das Vertriebsnetz aus 23.000 Agenten, 13 Millionen Kunden nutzen den Service MPESA, zusammen haben sie bislang ber 350 Millionen US-Dollar transferiert. 10 Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit frdert die Rahmenbedingungen fr derartige Geschftsmodelle zugunsten der armen Bevl-

Die GIZ untersttzt die indonesische Zentralbank bei der Etablierung mobiler Finanzdienstleistungen durch den Austausch mit erfahrenen Regulierern innovativer Finanzprodukte aus anderen Lndern.

kerung mit vielfltigen Anstzen: Finanzierung der Infrastruktur fr den mobilen Zahlungsverkehr, Beratung von Regulierungsbehrden und Mikrofinanzinstitutionen und Untersttzung beim Aufbau von Agentennetzwerken. In Indonesien befindet sich der Markt fr mobile Bankgeschfte noch in einem frhen Entwicklungsstadium. Von den 250 Millionen Einwohnern des Inselstaates hat lediglich ein Fnftel ein Bankkonto. Mobiltelefone sind mit 100 Millionen Nutzern weit verbreitet ein guter Ausgangspunkt fr die Einfhrung mobiler

10 Die Zahlen stammen aus einem BBC-Ar tikel ber M-PESA vom November 2010, http://w w w.bbc.co.uk/news/business-11793290 11 Die Zahlen zu Indonesien (Einwohner und Mobilfunkteilnehmer) spiegeln den Stand von 2008 wider. Sie stammen aus der Publikation Mobile Banking in Indonesia, International Finance Corporation (2010); http://w w w.trpc.com.hk/bank/repor t s/mobile_banking_100216.pdf

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Finanzdienstleistungen fr Menschen, die sonst keine Finanzprodukte erhalten wrden.11 Die GIZ hat 2008 im Auftrag des BMZ begonnen, lndliche Banken, die indonesische Zentralbank die auch Regulierungsbehrde ist und Anbieter von Zahlungsdiensten an einen Tisch zu bringen, um ber innovative Finanzprodukte zu beraten und ein Pilotprojekt zu initiieren. Die GIZ ermglichte den Austausch mit erfahrenen Regulierern aus anderen Lndern. Eine Machbarkeitsstudie half der indonesischen Zentralbank, die Ausgangssituation im Land einzuschtzen. Schlielich wurde mit Untersttzung der GIZ ein privater Anbieter gefunden, der eine zentrale Zahlungsverkehrsplattform fr die lndlichen Banken realisieren kann. Deren Freigabe durch die indonesische Zentralbank ist der nchste Schritt beim Aufbau mobiler Finanzdienstleistungen fr die breite Bevlkerung.

Mikrofinanzierung etablierenGIZ Politikberatung, Uganda

Der Finanzsektor in Uganda ist in den letzten Jahren betrchtlich gewachsen: 2010 haben 28 regulierte Banken die Bevlkerung in 488 Zweigstellen mit Finanzdienstleistungen versorgt. Die meisten Kunden leben in den stdtischen Ballungsgebieten, auf dem Land erreichen diese Banken lediglich ein Drittel der Menschen. Vor allem arme, lndliche Haushalte, landwirtschaftliche Betriebe und kleine Handwerksbetriebe, die bargeldlos bezahlen, sparen oder einen Mikrokredit bekommen wollen, wenden sich daher oft an nicht regulierte, informelle Finanzdienstleister. Diesen fehlen die technische Ausstattung und qualifiziertes Personal. Auerdem wirtschaften sie hufig nicht nachhaltig und richten ihre Produkte zu wenig auf die Bedrfnisse der Kunden aus.

Gemeindeversammlung in einem Dorf in West-Uganda: Durch das Gesetz zur Bankenaufsicht haben verschiedene Mikrofinanzinstitutionen den Sprung aus dem informellen Sektor geschafft.

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BEISPIELE AUS DER PRAXIS

Die GIZ untersttzt den Mikrofinanzverband AMFIU bei der Einfhrung eines Berichtssystems, welches es Kunden ohne finanzielle Sicherheiten erleichtert, sich eine Kredithistorie aufzubauen. Davon profitiert auch dieser Maniok-Bauer aus Nord-Uganda.

Seit 2003 gibt es ein Gesetz zur Bankenaufsicht und -regulierung die GIZ hat die Zentralbank und die Regierung Ugandas bei dessen Entwicklung beraten. Mikrofinanzinstitutionen, die auch Einlagen privater Sparer aufnehmen wollen, mssen sich seitdem regelmig kontrollieren lassen und ein nachhaltiges Wirtschaften nachweisen. Viele ehemals informelle Mikrofinanzinstitutionen haben seit Inkrafttreten der Regulierung den Sprung in den formalen Sektor geschafft und das Vertrauen von rund 400.000 Kunden gewonnen. Bis 2014 soll auch ein rechtlicher Rahmen fr die rund 2.000 informellen Spar- und Kreditgenossenschaften (SACCO) und andere, noch nicht regulierte Mikrofinanzinstitutionen geschaffen werden. Auch die Regulierung elektronischer Zahlungssysteme fr mobile Bankgeschfte ist geplant. Um die Guthaben zu schtzen, hat die Zentralbank mit Hilfe der KfW Entwicklungsbank und der GIZ einen Einlagensicherungsfonds eingerichtet. Zum Schutz der Mikrofinanzinstitutionen vor Kreditausfllen frderten GIZ und KfW Entwicklungsbank den Aufbau einer Kre-

ditauskunftei, an die alle regulierten Finanzinstitutionen angeschlossen sind. Armen Kunden, die keine Sicherheiten haben, erleichtert das System den Zugang zu Krediten, weil sie sich eine positive Kredithistorie aufbauen knnen. Die GIZ untersttzt den ugandischen Mikrofinanzverband AMFIU und seine rund 120 Mitglieder dabei, ein Berichtssystem einzufhren. Mit dessen Hilfe senden die Mitglieder ihre Geschftsdaten zur Auswertung an AMFIU. Im ersten Schritt sind 70 SACCOs an das System angeschlossen worden, 20 von ihnen haben bereits Berichte abgeliefert. SACCOs knnen dadurch ihre Leistungen besser verfolgen, vergleichen und analysieren. GIZ und KfW Entwicklungsbank arbeiten in diesem Programm mit internationalen Partnern zusammen mit der Weltbank, der Danish International Development Agency (DANIDA), dem International Fund for Agricultural Development (IFAD), der Alliance for Financial Inclusion (AFI) und der Partnerschaftsinitiative Making Finance Work for Africa (MFW4A).

FAZIT

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Vielversprechende ErfahrungenBreitenwirksame Geschftsmodelle fr nachhaltige Entwicklung der Ansatz ist noch jung, doch die bisherigen Erfahrungen sind vielversprechend. In den kommenden Jahren geht es darum, Wissen aufzubauen, Neuland zu betreten, Projekte zu reflektieren und Erfahrungen mit anderen zu teilen mit internationalen Gebern, Unternehmen und weiteren gesellschaftlichen Krften. Was haben wir gelernt? Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass die Projekte je nach Kontext unter anderen Voraussetzungen starten. Wo die Rahmenbedingungen fr bestimmte Produkte schon gut geregelt sind zum Beispiel der Markt fr Mikroversicherungen auf den Philippinen knnen Unternehmen ihr Geschftsmodell zgig umsetzen, sodass sie innerhalb weniger Jahre viele arme Menschen erreichen. Vorreiter in einem Markt sind wichtig, weil sich in einem Land erprobte Lsungen oft gut auf andere Lnder bertragen lassen. So zum Beispiel mobile Bankgeschfte, eine Lsung, die in Kenia groen Erfolg hat und heute auch unter anderem in Sambia vielen Menschen hilft. Andere Beispiele zeigen, dass breitenwirksame Geschftsmodelle einen langen Atem brauchen, etwa die Regulierung mobiler Finanzdienstleistungen in Indonesien. Adquate rechtliche Rahmenbedingungen entstehen nicht von heute auf morgen, sie nehmen oft viele Jahre in Anspruch: Die gesellschaftlichen Krfte mssen in einen Dialog treten und ihre Interessen und Vorstellungen aushandeln. Die Menschen in den Entwicklungslndern mssen sich mit neuen Produkten erst auseinandersetzen, zum Beispiel in Burkina Faso, wo Kleinbauern die anspruchsvolle Verarbeitung von Cashewnssen lernen. Die Chancen, die dies fr sie hat, sind enorm, denn der weltweite Markt fr die Delikatesse wchst und wchst. Oft mssen Mrkte aber berhaupt erst einmal geschaffen werden, so wie der Markt fr den innovativen Biowerkstoff aus Pflanzenresten eines deutschen Mittelstndlers. Hier sind viel Forschung, aber auch ffentlichkeitsarbeit und Aufklrung gefragt. Diese zeitintensiven Entwicklungsphasen zu untersttzen, sowohl den gesellschaftlichen Krften in den Entwicklungslndern als auch den investierenden Unternehmen zu helfen, ins Gesprch zu kommen, im Dialog zu bleiben ist eine der Aufgaben und Kompetenzen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. In Zukunft wird es wichtig sein, erfolgreiche Geschftsmodelle, wie wir sie in dieser Publikation vorgestellt haben, fr eine weitaus grere Zahl von Menschen zugnglich zu machen. Denn erst dann knnen sie ihre breite armutsmindernde Wirkung voll entfalten. Hierzu bedarf es eines genauen Verstndnisses der Erfolgsfaktoren und der Schaffung passender Rahmenbedingungen.

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In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit hoffen wir, mit dem Ausbau unserer Beratungs- und Dialogangebote mehr Unternehmen davon berzeugen zu knnen, dass sich der Einsatz lohnt. Dieses Ziel verfolgen wir mit einem dreifachen Interesse: Wir wollen durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen fr die Entwicklungszusammenarbeit lernen und diese noch effektiver und wirksamer gestalten. Unternehmen wollen wir helfen, ihre Innovationen in den dynamisch wachsenden

Mrkten am Sockel der Einkommenspyramide zu etablieren. Beides soll unserem obersten Ziel dienen, Armut weltweit zu berwinden. Wir frdern breitenwirksame Geschftsmodelle im Interesse der Armen weltweit. Diese werden durch die Einbindung in Mrkte zu Akteuren, die ihre Zukunft in die Hand nehmen knnen.

Angestellte des Kunden-Call Centers von AllLife, einem sdafrikanischem Anbieter von Lebensversicherungen fr Kunden mit HIV und Diabetes.

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