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Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau Band 16 Grasland- und weidebasierte Milchproduktion Internationale Weidetagung vom 21. bis 22. August 2014 in Zollikofen, Schweiz B. Reidy, B. Gregis, P. Thomet (Hrsg.)

Grasland- und weidebasierte Milchproduktion · einer Flächenausdehnung von über 30 % seit 1996 entspricht (BFS, 2014). Durch die Liberalisie- Durch die Liberalisie- rung des Käsemarktes

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Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau

Band 16

Grasland- und weidebasierte Milchproduktion

Internationale Weidetagung vom 21. bis 22. August 2014

in Zollikofen, Schweiz

B. Reidy, B. Gregis, P. Thomet (Hrsg.)

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Grasland- und weidebasierte Milchproduktion Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau Band 16

Referate und Poster der internationalen Weidetagung 2014 in Zollikofen, Schweiz Herausgeber: B. Reidy, B. Gregis, P. Thomet Bild: M. Sutter Druck: Jordi AG, Belp ISBN: 978-3-033-04690-0

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Inhaltsverzeichnis

Förderung der graslandbasierten Milchproduktion als Alternative zu den maisbasierten Systemen und Beitrag zur Nachhaltigkeit (Ökobilanzierung)

Vorträge

Förderung der graslandbasierten Milchproduktion in der Schweiz 5

B. Reidy, S. Ineichen

Ökobilanz der graslandbasierten Milchproduktion: Stärken, Schwächen und Verbesserungspotentiale 11

T. Nemecek, M. Alig, M. Sutter

Wirtschaftlichkeit von Weidehaltung und Stallhaltung im Vergleich 17

Ch. Gazzarin, M. Höltschi

Posterbeiträge

Die Vorzüglichkeit der Weidemilchproduktion – Erfolgsfaktoren für eine wirtschaft- liche Weidenutzung 23

L. Kiefer, F. Menzel, R. Over, E. Bahrs

Optimierung von Milchproduktionssystemen mit Eingrasen – Systemvergleich Hohenrain II 27

P. Hofstetter, F. Akert, L. Kneubühler, P. Kunz, H.-J. Freiy, J. Estermann, W. Gut, M. Höltschi, H. Menzi, R. Petermann, H. Schmid, B. Reidy

Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

Vorträge

Einfluss der Fütterung auf die Zusammensetzung der Milchinhaltsstoffe 32

W. Bisig, C. Bär, M. Sutter, B. Reidy, C, Egger, R. Portmann

Imagewirkung von weidenden Kühen 43

D. Weiß

Posterbeiträge

Fettsäurenmuster der Milch bei Vollweide oder TMR-Fütterung 49

U. Wyss, J. Mauer, H. Frey, P. Hofstetter

Effects of season and breed on milk fatty acid composition 53

T. Baars, M. Liberacka, C. Rohrer, G. Jahreis

Dairy farmers’ attitudes towards grazing – Results from a preliminary survey in Germany 55

T. Becker, M. Kayser, B. Tonn, J. Isselstein

Vergleich der Effekte von Weidefutter und konserviertem Futter auf die Gesund- heit, die ruminale Fermentation und die Leistung bei Milchkühen 58

M. Schären, U. Meyer, D. Albers, G. Breves, J. Isselstein, S. Dänicke

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Inhaltsverzeichnis

Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

Vorträge

Züchten von Kühen für eine effiziente graslandbasierte Milchproduktion 61

P. Thomet, S. Ineichen, H. Jörg

Vergleiche österreichischer Kuhtypen in einem alpinen Low-Input-Weidesystem 71

M. Horn, A. Steinwidder, R. Pfister, W. Zollitsch

Die Auswirkung von Kraftfutter bei weidenden neuseeländischen und schweizer- ischen Holsteinkühen auf die Milchleistung, Futteraufnahme, Aktivität und das Verzehrsverhalten 77

F. Schori, C. Heublein, K.-H. Südekum, F. Dohme-Meier

Posterbeiträge

Untersuchungen zum Energiebedarf von weidenden Milchkühen 80

A. Münger, S. Thanner, F. Schori

Nachkommenvergleich von HF-Bullen unterschiedlicher Populationen in Weide- betrieben im Zeitraum 2010 – 2021 83

E. Leisen, S. König

Professionelle Weideführung, Weidetechnik, Wahl des Weidesystems

Vorträge

Langjährige Erfahrung mit dem Kurzrasenweidesystem für Milchkühe 85

P. Thomet, M. Hadorn, A. Wyss

Professionelles Umtriebsweidesystem für Milchkühe 91

S. Käch, J. Pitt, D. Eastes

Weidebasierte Milchviehhaltung in Deutschland 98

E. Leisen

Weidebasierte Milchproduktion in Bayern 102

S. Steinberger, H. Spiekers

10 Jahre Betreuung von On-farm Weideprojektken mit Milchvieh: Methodik und Ergebnisse 107

H. Kohnen, J. Boonen, G. Conter

Posterbeiträge

SOLID-DSS – eine Online-Anwendung zur Abstimmung von Grundfutterangebot und –bedarf auf Bio Low Input Milchviehbetrieben 114

L. Baldinger, J. Vaillant, W. Zollitsch, M. Rinne

C-Dax Pasturemeter oder Herbometer zur Schätzung der Grasmasse 117

F. Schori

Autograssmilk – EU Projekt zur Kombination automatischer Melksysteme mit Weidehaltung 119

H. Kohnen, G. Conter, D. Kloecker, P. Steichen

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Inhaltsverzeichnis

Unterschiedliche Aufwuchshöhen bei simuliertem Koppelsystem und deren Auswikung auf Ertrag und Graszuwachs 123

W. Starz, A. Steinwidder, R. Pfister, R. Hannes

IG Weidemilch 127

S.Stohler-Rhyner

Milchproduktion mit Wiesenfutter als alleinige Futtergrundlage: Futterbau- und Herdenmanagement eines Vollweidebetriebs 128

S. Ineichen, P.Thomet

Schaffen von vielseitigen, produktiven Pflanzenbeständen zum Weiden

Vorträge

Standardmischungen für die Weidenutzung mit AGFF-Gütezeichen 132

E. Mosimann, R. Frick, D. Suter

Mischungseffekte unter unterschiedlichen Bedingungen 136

O. Huguenin-Elie, R.P. Collins, N.J. Hoekstra, D. Hofer, S. Husse, D. Suter, M. Suter, A. Lüscher

Inhaltsstoffverläufe im Weidefutter auf vielfältigen Dauerweidebeständen im inner- alpinen Klimaraum 142

W. Starz, A. Steinwidder, R. Pfister, R. Hannes

Posterbeiträge

Schätzung der nXP-Gehalte in Futterleguminosen und Wiesenkräutern mittels modifiziertem Hohenheimer Futterwerttest – unter besonderer Beachtung der Gehalte an Tanninen und Gesamtphenolen 148

M. Hamacher, R. Loges, R. Blank, S. Wolffram, F. Taube

Entwicklung von weidetauglichem Rotklee 152

B. Boller, P. Tanner, B. Graf, F. Schubiger

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion in der Schweiz

B. Reidy, S. Ineichen

Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, Schweiz

[email protected]

Geographische und klimatische Rahmenbedingungen Aufgrund der speziellen geographischen und klimatischen Lage am Alpenbogen haben Wiesen und Weiden als Landschaftselement flächenmässig in der Schweiz die grösste Bedeutung. Von den knapp 1.6 Mio Hektaren landwirtschaftlich genutzten Flächen (inklusive Alpwirtschaftsflächen) bestehen rund 80% aus Grasland. Der grösste Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche befindet sich nördlich der Alpen im Mittelland und in den Voralpen. Aufgrund der topographischen Gege-benheiten ist der Anteil an offenem Ackerland mit rund 20% der landwirtschaftlichen Nutzfläche im internationalen Vergleich relativ gering. Die ackerbaulich nutzbaren Standorte finden sich im We-sentlichen im Mittelland, der Region zwischen Jura und Alpen, die zugleich mit 426 Personen pro km2 eine sehr hohe Siedlungsdichte aufweisen (AVENIR SUISSE 2012). Während das Ackerland in zunehmendem Masse in Konkurrenz mit den Siedlungsflächen steht, sind die Alpwirtschaftsflä-chen in Folge abnehmender Nutzungsintensität durch Verwaldung bedroht. Insgesamt hat die landwirtschaftliche Nutzfläche in den letzten 24 Jahren um rund 5.4 % abgenommen (Tabelle 1). Verschiedene agrarpolitische und gesellschaftliche Bestrebungen setzen in jüngster Zeit auf einen vermehrten Schutz der Landwirtschaftlichen Nutzfläche, insbesondere des fruchtbaren Ackerlan-des.

Tab. 1: Flächennutzung in der Schweiz (BFS 2009).

Kategorie 2004/2009 Veränderung seit 1990

Siedlungsfläche 307’897 +23.4% Landwirtschaftsflächen 1’481’669 -5.4%

Obst, Reb- und Gartenbauflächen 50’973 Ackerland 407’069

Davon Kunstwiesen1 133’208 Davon Silomais1 47’643

Naturwiesen, Heimweiden 509’767 Alpwirtschaftsflächen 513’860

Bestockte Flächen (Wald und Gehölze) +3.1% Unproduktive Flächen (Gewässer, Vegetationslose Flächen) -1.1% 1Stand 2011, Schweizerischer Bauernverband

Dank hohen Niederschlagsmengen und einer günstigen Niederschlagsverteilung (Schweizer Mit-telland rund 1’000 – 1’500 mm pro Jahr; langjähriges gesamtschweizerisches Mittel 1’458 mm; Sommerniederschlagsmenge etwa doppelt so hoch wie im Winter) sind in günstigen Futterbaula-gen sehr hohe Trockenmasseerträge an Wiesenfutter möglich. Bei einer fünf- bis sechsmaligen Nutzung sind qualitativ hochwertige Trockensubstanzerträge von 120-140 dt pro ha üblich. Durch die gezielte Förderung von Leguminosen auf Naturwiesen und einer breiten Palette an qualitativ hochstehenden Klee-Gras-Mischungen für Ansaatwiesen ist der Einsatz von Stickstoff für die oben erwähnten Ertragspotenziale mit 120 – 180 kg pro Hektare und Jahr im internationalen Vergleich sehr moderat. Der Einsatz von Leguminosen wirkt sich zudem positiv auf die Versorgung der Wie-derkäuer mit betriebseigenem Futtereiweiss aus. Durch Fortschritte in der des Wiesenfutters sind heute Milchleistungsanteile durch das Wiesenfutter von über 6‘000 kg Milch pro Kuh und Laktation bzw. Flächenleistungen von über 10‘000 kg ECM/ha möglich (THOMET et al., 2008).

Strukturelle Entwicklungen der Schweizer Milchproduktion Die Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe belief sich im Jahr 2012 auf 56‘600 und hat sich damit in-nerhalb von zwölf Jahren um knapp 20 % reduziert. Rund 60 % der Betriebe sind dabei speziali-sierte Weideviehbetriebe und weitere 20 % mit Ackerbau kombinierte Betriebe (BFS, 2014). Vom

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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strukturellen Wandel sind Betriebe mit weniger als 20 ha Nutzfläche am meisten betroffen. Hin-gegen nehmen mit Betriebe mit mehr als 50 ha Nutzfläche sehr stark zu (BFS, 2014). Die durch-schnittliche landwirtschaftliche Nutzfläche pro Betrieb beläuft sich im Jahr 2012 auf 18.6 ha, was einer Flächenausdehnung von über 30 % seit 1996 entspricht (BFS, 2014). Durch die Liberalisie-rung des Käsemarktes im Jahr 2007 und dem definitiven Ausstieg aus der Milchkontingentierung im Jahr 2009, ist der Strukturwandel in der Milchproduktion zur Folge noch stärker ausgeprägt (ERDIN, 2012). Ein Vergleich der Produzentenpreise aus dem Jahre 2000 und dem Jahr 2011 zeigt, dass der Wert der vermarkteten Milch von 64 Eurocent auf 51 Eurocent abgenommen hat, was einer Reduktion von 21 % gleichkommt (BFS, 2013). Wird die landwirtschaftliche Gesamt-rechnung betrachtet, so ist für das Jahr 2013 ein Gesamtproduktionswert von 8.2 Milliarden Euro, bei einer Nettowertschöpfung von 1.5 Milliarden Euro und einer gleichzeitigen Subventionshöhe von über 2.4 Milliarden Euro (BFS, 2014) festzuhalten. Das landwirtschaftliche Einkommen pro Betrieb lag somit bei 45‘900 Euro, pro Arbeitskraft jedoch nur bei 35‘834 Euro, wobei ein Drittel des Einkommens als ausserlandwirtschaftliches Einkommen anzusehen ist (BFS, 2013). Im Jahr 2012 produzierten 27‘140 Betriebe insgesamt 4.08 Mio t Milch. Der grösste Teil dieser Milch wurde für die Käseproduktion (42.7%) verwendet. Weitere grosse Verarbeitungskanäle sind Butter (17.0%) und Konsummilch (11.9%) (SCHWEIZER MILCHPRODUZENTEN et al., 2013). Rund ein Drittel der gesammelten Milch stammt aus silofreier Produktion. 13‘444 Betriebe liegen im Tal- und Hügelge-biet. Diese produzierten rund 2.3 Mio t der vermarkteten Milch. Mehr als die Hälfte der Milch wird durch Betriebe mit einer jährlichen Milchproduktion von 200‘000 kg und mehr produziert. Insge-samt wurden im Jahr 2012 591‘212 Kühe gemolken. Rund 70 % der Kühe werden mittlerweile in Laufställen gehalten, knapp 30 % in Melkständen gemolken (BFS, 2013). Trotz der zunehmenden Spezialisierung und dem Trend hin zu grösseren Herden betreibt der grösste Teil der Schweizerischen Milchproduktionsbetriebe immer noch eine Mischform zwischen der Hochleistungs- bzw. der Vollweidestrategie. Meist werden die Kühe während der Vegetations-zeit auf hofnahen Flächen geweidet. Je nach Futterangebot wird die Ration im Stall mit frischem Wiesenfutter von hoffernen Natur- oder Kunstwiesen bzw. Gras- oder Maissilage und Kraftfutter ergänzt.

Bedeutung des Wiesenfutters in der aktuellen Fütterungspraxis Ein Blick auf die Futtermittelbilanz der Schweiz zeigt, dass im 2010 rund 92 % der Trockenmasse, 90 % der Energie- und 89 % der Proteinversorgung der Raufutterverzehrer durch inländische Fut-termittel zur Verfügung gestellt wird (SBV, 2012). Die entsprechenden Werte beliefen sich in 1990 noch auf 98 % der Trockenmasse, 97% der Energie und 96% des Proteins. In Anbetracht der ge-sellschaftlichen Diskussionen um Futtermittel- bzw. Proteinimporte könnte dem Futterbau in Zu-kunft deshalb wieder eine grössere Bedeutung zukommen. Im Jahre 2012 wurden gesamthaft rund 433‘000 t Eiweissträger importiert, davon 268‘460 t Soja, bei einem Eigenversorgungsanteil an Eiweissträgern der gesamten Tierproduktion von lediglich 17.5 % (SBV, 2014). Seit den neunziger Jahren hat sich der Import von Sojaschrot von 25‘000 auf 250‘000 t mehr als verzehnfacht (BAUR, 2011), was nicht zuletzt auf die Restriktion der Verfütterung von Tiermehlen zurückzuführen ist. Zugleich hat im Zeitraum vom 1990 bis 2009 die Milchmenge pro Kuh von knapp 5‘000 auf 6‘792 kg zugenommen, was unter anderem mit einer Steigerung der Kraftfuttermenge von 381 kg auf 824 kg pro Kuh und Jahr erreicht wurde (ERDIN und GIULIANI 2011). Der höhere Kraftfuttereinsatz und der in den letzten 30 Jahren stark gesteigerte Silomaisanbau dürfte den Anteil Wiesenfutter in der Ration somit deutlich unter die Werte aus den 80er Jahren, welche mit ca. 75 % angegeben wurden, gebracht haben (MENZI und THOMET, 1985, MENZI und GANTNER, 1987). Die Annahme, dass Betriebe mit hohen Einzeltierleistungen zugleich einen hohen Anteil an Kraftfutter verfüttern wurde jedoch gleich von zwei Schweizer Studien widerlegt (CUTULLIC et al., 2012; SCHERRER, 2009). Die Leistung aus dem Wiesenfutter bzw. der Wiesenfutteranteil in der Ration kann somit auch bei Betrieben mit hohen Milchleistungen sehr hohe Werte annehmen. An einem laufenden Projekt werden die Zusammenhänge (Leistung aus dem Wiesenfutter × Milchleistung der Tiere und Kraftfuttereinsatz × Milchleistung der Tiere) auf rund 150 Betrieben aller Höhenstufen und Ausrichtung der Fütterung (mit bzw. ohne Silagefütterung) untersucht (REIDY, 2012). Analysen der Rationszusammensetzung in der Milchviehhaltung sind zurzeit fast nur aus buchhalterischen Daten bekannt. SCHMID und LANZ (2013) haben aufgezeigt, dass in der Talzone rund 50 % der Betriebe einen Wiesenfutteranteil von rund 70 – 80 % aufweisen. Dieser steigt in der Hügelzone auf knapp 80 % und in der Bergzone auf über 90 %. Spezialisierte Milchviehbetriebe haben allge-mein einen höheren Anteil an Wiesenfutter in der Ration (ca. 80 %) als mit Ackerbau kombinierte

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Milchbetriebe (ca. 60 %). Die letztgenannten Betriebe zeichnen sich durch einen deutlich höheren Anteil an Silomais und Kraftfutter aus.

Allgemeine Grundsätze und Ausrichtung der Agrarpolitik 2014 – 2017 Die Grundlage der Schweizerischen Agrarpolitik bildet seit 1996 der Landwirtschaftsartikel der Schweizerischen Bundesverfassung. Dieser verpflichtet die Landwirtschaft für eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichteten Produktion. Mit Inkrafttreten des Artikels im Jahre 1996 wurde die Agrarpolitik reformiert, indem Marktstützungen in Direktzahlungen umgewandelt wurden. Mit dem neuen vierjährigen Planungsrahmen der Schweizerischen Agrarpolitik von 2014 – 2017 wurde das bisherige Direktzahlungssystem wesentlich weiterentwickelt. Das Kernelement der auf Beginn 2014 eingeführten Reform besteht in einer Umwandlung bestehender Beiträge mit teilweise un-spezifischer Zielausrichtung in zielgerichtete Beiträge. Das Direktzahlungssystem differenziert deshalb neu zwischen Beiträgen für Versorgungssicherheit, Kulturlandschaft, Landschaftsqualität, Biodiversität, Produktionssysteme und Ressourceneffizienz. Mit zeitlich begrenzten Übergangsbei-trägen sollen zudem die für einzelne Betriebe teilweise drastischen Einkommenseinbussen sozial-verträglich abgefedert werden (Tabelle 2). Die unter den bisherigen allgemeinen Direktzahlungen aufgeführten umstrittenen tierbezogenen Beiträge, welche in der Vergangenheit hauptverantwort-lich für eine massgebliche Steigerung der Wiederkäuerzahlen waren und somit wesentlich zur Ent-koppelung der Milchproduktion von der betriebseigenen Futtergrundlage beigetragen haben, wer-den neu als flächenbezogene Beiträge im Rahmen der Versorgungssicherheitsbeiträge ausgerich-tet.

Tab. 2: Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems. Bisherige (links) und neue Katego-rien/Beitragstypen (rechts) im Überblick (BLW, 2013).

Bisheriges Direktzahlungssystem Weiterentwickeltes Direktzahlungssystem

Allgemeine Direktzahlungen

· Flächenbeiträge (inkl. Zusatzbeitrag für offenes Ackerland und Dauerkul-turen)

· Beiträge für die Haltung Raufutter verzehrender Nutztiere

· Beiträge für die Tierhaltung unter erschwerenden Produktionsbedin-gungen

· Allgemeine Hangbeiträge

· Hangbeiträge für Rebflächen in Steil- und

· Terrassenlagen

Übergangsbeitrag

Versorgungssicherheitsbeiträge · Basisbeitrag · Produktionserschwernisbeitrag · Beitrag für die offene Ackerfläche und Dauerkulturen

Kulturlandschaftsbeiträge · Alpungsbeitrag · Offenhaltungsbeitrag · Hangbeitrag · Hangbeitrag für Rebflächen · Steillagenbeitrag · Sömmerungsbeitrag

Landschaftsqualitätsbeitrag

Ökologische Direktzahlungen · Beiträge für den ökologischen Aus-

gleich · Beiträge nach der Öko-

Qualitätsverordnung · Beiträge für den biologischen Land-

bau · Beiträge für die extensive Produk-

tion von Getreide und Raps (Exten-so-Produktion)

· Etho-Beiträge · Beiträge für Besonders Tierfreund-

liche Stallhaltungssysteme (BTS) · Beiträge für Regelmässigen Aus-

lauf im Freien (RAUS) · Sömmerungsbeiträge · Beiträge für Ressourcenprogramme

(Stickstoff, Bodenfruchtbarkeit, Bio-diversität, Energie)

· Beiträge für den Gewässerschutz

Biodiversitätsbeiträge · Qualitätsbeitrag · Vernetzungsbeitrag

Produktionssystembeiträge · Beitrag für biologische Landwirtschaft · Beitrag für extensive Produktion von Getreide, Sonnenblumen,

Eiweisserbsen, Ackerbohnen und Raps · Tierwohlbeiträge ·BTS-Beitrag ·RAUS-Beitrag · Beitrag für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion

Ressourceneffizienzbeiträge · Beitrag für emissionsmindernde Ausbringverfahren · Beitrag für schonende Bodenbearbeitung · Beitrag für den Einsatz von präziser Applikationstechnik · Beiträge für Ressourcenprogramme · Beiträge für den Gewässerschutz

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion im Rahmen der neuen Agrarpolitik Mit einem Beitrag für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion wurde im Rahmen der Neu-ausrichtung der Agrarpolitik ein Instrument geschaffen, mit dem die standortangepasste und effizi-ente Nutzung von Wiesenfutter in der Milch- und Fleischproduktion gefördert werden soll. Es han-delt sich dabei um einen Produktionssystembeitrag (vgl. Tabelle 2) welcher als Flächenbeitrag (€/ha Grasland) entrichtet wird. Damit folgt der Ansatz der allgemeinen Umwandlung tierbezogener Beitrage (s.o.) in Flächenbeitrage und verknüpft die Intensität der Tierhaltung und Milchproduktion mit der betriebseigenen Futtergrundlage. Die Förderung der graslandbasierten Milchproduktion im Rahmen der Agrarpolitik 2014-17 wiederspiegelt die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung in der Schweiz. Sie nimmt ihren Ursprung aus einer Motion aus dem Jahr 2011 wo der Bundesrat durch das Parlament beauftragt wurde im Rahmen der Weiterentwicklung der Agrarpolitik Massnahmen vorzuschlagen, um die Milchproduktion der Schweizer Landwirtschaft wieder stärker an die be-triebseigene Futterfläche zu binden (SCHWEIZERISCHER BUNDESRAT 2011). Die Förderung der graslandbasierten Milchproduktion wird über einen Produktionssystembeitrag erwirkt, der aktuell mit rund 164 Euro pro Hektare Grasland (Natur- und Kunstwiesen) abgegolten wird, sofern die Voraussetzungen und Auflagen erfüllt werden. Anspruch auf den Beitrag kann gel-tend gemacht werden, wenn die Jahresration aller auf dem Betrieb gehaltenen raufutterverzehren-den Nutztiere zu mindestens 90 Prozent der Trockensubstanz (TS) aus Grundfutter besteht (Ta-belle 3) und sich der Wiesenfutteranteil in Form von frischem, siliertem oder getrockneten Wiesen- futter der Jahresration auf mindestens 75 Prozent der TS für Betriebe im Talgebiet bzw. 85 Pro-zent der TS für Betriebe im Berggebiet beläuft. Nebst der Kategorie Grundfutter wird die Kategorie Kraftfutter unterschieden. Unabhängig von der Höhenlage des Betriebes darf sich der Kraftfutter-anteil auf maximal 10 % TS der Jahresration belaufen.

Tab. 3: Definition der Grundfuttermittel gemäss Anforderungen an das Förderprogramm der gras-landbasierten Milch- und Fleischproduktion (VERORDNUNG ÜBER DIE DIREKTZAHLUNGEN AN

DIE LANDWIRTSCHAFT, 2013).

Kategorie Grundfutter Wiesenfutter Dauer- und Kunstwiesen/-weiden (frisch/siliert/getrocknet)

Mais Ganzpflanzenmais (frisch/siliert/getrocknet), Mischung aus Spindel und Körnern des Mais-kolbens, Maiskolbenschrot und Maiskolbensilage ohne Lieschblätter

Saftfutter Futterrüben, Zuckerrüben, Zuckerrübenschnitzel (frisch/siliert/getrocknet), Rübenblätter, Chicorée-Wurzeln, Kartoffeln, Abgang aus Obst- und Gemüseverwertung, Biertreber

Weitere Getreide-Ganzpflanzensilage, Stroh Um beitragsberechtigt zu sein, müssen die Betriebe zudem einen nach Höhenstufe abgestuften Mindesttierbesatz an Raufutterverzehrern pro Hektare Grasland aufweisen. Wird dieser unter-schritten, werden die Beiträge anteilsmässig gekürzt. Mit der Vorgabe soll sichergestellt werden, dass das anfallende Wiesenfutter mindestens teilweise durch betriebseigene Raufutterverzehrer genutzt wird. Kontrolliert wird die Einhaltung der Anforderungen auf Basis einer gesamtbetriebli-chen Raufutterbilanz, für welche auch Maximalerträge für die verschiedenen Kategorien von Gras-land vorgegeben sind. Erste Erfahrungen mit der Umsetzung des neuen Instrumentes zeigen, dass die Berechnung der gesamtbetrieblichen Raufutterbilanz für viele Betriebe eine grössere Herausforderung darstellt. Für Betriebe mit Milchleistungen ab 7'000 – 7’500 kg scheint die Beteiligung am Programm zudem eine enge ökonomische Gratwanderung darzustellen. Verschiedene Modellrechnungen zeigen, dass für diese Betriebe unter den aktuellen Rahmenbedingungen eine Beteiligung am Programm nicht lohnenswert erscheint, da der sinkende Erlös durch die tiefere Milchleistung kaum mit den aktuellen GMF-Beiträgen kompensiert werden kann (Rediger und Thalmann, 2013).

Möglichkeiten und Grenzen der graslandbasierten Milchproduktion in der Schweiz Obwohl die meisten Schweizer Betriebe weder typische Hochleistungs- noch Vollweide-Betriebe sind, scheint der Wiesenfutteranteils in der Ration ein direkt kostenwirksamer Faktor zu sein. Mo-dellrechnungen von SCHMID und LIPS (2013) zeigen, dass eine Erhöhung des Wiesenfutteranteils in der Ration um ein Prozent eine ebenso grosse Erhöhung des Arbeitsverdienstes bewirkt und das bei einer gleichzeitig tieferen Milchleistung. Somit zeigt sich, dass die agrarpolitische Mass-nahme der GMF-Beiträge zugleich das Potenzial hat, das landwirtschaftliche Einkommen zu erhö-

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hen und mögliche Milchüberschüsse auf nationaler Ebene zu vermindern mag. Auf eine ähnliche Schlussfolgerung kommt HÖLTSCHI (2013), der Milchviehbetriebe in der Talzone in solche mit ho-hem bzw. tiefem Wiesenfutteranteil in der Ration klassifiziert hat. Werden die beiden Strategien Hochleistungs- vs. Vollweide verglichen, so hat sich aus früheren Untersuchungen gezeigt, dass Betriebe mit einer hohen Einzeltierleistung und hohen Liefermen-gen einen tieferen Arbeitsverdienst erwirtschaften als Betriebe mit einer tieferen Milchleistung pro Kuh und geringeren Liefermengen (HÖLTSCHI, 2010). Dieser Sachverhalt hat sich ebenfalls in einem Grossprojekt, dem Systemvergleich Hohenrain I bestätigt (AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ, 2011). Dabei wurden die Hochleistungsstrategie und die Vollweidestrategie unter direkt vergleich-baren Bedingungen auf einem Gutsbetrieb untersucht. Über einen Bereich von 40 – 80 Rappen (d.h. 23.9 bis 65.8 Eurocent) pro kg Milch, schnitt die Vollweide-Herde bezogen auf das Landwirt-schaftliche Einkommen signifikant besser ab und produzierte unter den gegeben Praxisbedingun-gen einen Mehrgewinn von rund 9’876 Euro pro Jahr. Als wirtschaftliche Erklärung wurde dabei die zu geringe Milchleistungsdifferenz der beiden Herden von nur 2’000 kg Milch angegeben. Aufgrund des hohen Kostenumfeldes der Schweiz können dadurch keine genügend hohen Skaleneffekte erzeugt werden. Dieser Sachverhalt ist jedoch bereits mehrfach beobachtet worden. Im Projekt „Opti-Milch“ (BLÄTTLER et al., 2004), welches diese beiden Strategien bezüglich ihrer Wirtschaft-lichkeit auf je neun Betrieben untersuchte, zeigte sich, dass die Hochleistungsbetriebe die Grös-seneffekte wegen hoher Wachstumskosten und tendenziell sinkenden Milcherlösen nur geringfügig ausnutzen können. Auch aus ökologischer Sicht erscheint die graslandbasierte Milchproduktion einer durch Stallhal-tung basierten intensiven Milchproduktion in der Schweiz wichtige Vorteile aufzuweisen. In Rah-men einer Ökobilanzierung haben SUTTER et al. (2011) gezeigt, dass die Milchproduktion im Voll-weidebetrieb gegenüber einer TMR-basierten Stallfütterung in sieben von dreizehn untersuchten Wirkungskategorien (z.B. Klima- und Umweltschutz, Verbrauch knapper Ressourcen) besser ab-schneidet. Dies wurde vor allem auf den hohen Anteil von Mais und den damit verbunden Ver-brauch von Sojaschrot zurückgeführt. Die Abhängigkeit von externen Proteinquellen maisbetonter Betriebe wurde in einem Vergleich von Milchbetrieben der Tal- und Bergzone in der Westschweiz festgestellt (INEICHEN et al., 2014). Dabei wiesen die Talbetriebe mit rund 30 % einen knapp dop-pelt so hohen Maisanteil in der Ration auf, als flächenmässig vergleichbare Bergbetriebe. Die Eigenversorgung an Protein fiel folglich bei den Talbetrieben mit 80 % rund 10 % tiefer aus als bei den Bergbetrieben. In Anbetracht der gesellschaftlichen Diskussion um den Ersatz von Proteinträ-gern wie Soja in der Milchviehhaltung kommt der graslandbasierten Milchproduktion deshalb eine weitere wichtige Funktion bei der verbesserten Nutzung von heimischen Proteinträgern zu. Auf Grund der Entwicklungen der Produktionskosten in der Milchviehhaltung und den tendenziell sinkenden Milcherlösen, deuten zahlreiche wissenschaftlich fundierte Studien auf eine zunehmen-de Bedeutung der graslandbasierte Milchproduktion für die Schweiz hin. Die Erforschung und lau-fende Optimierung von graslandbasierten Milchproduktionssystemen muss deshalb auch zukünftig ein Kernelement der praxisorientierten landwirtschaftlichen Forschung in der Schweiz darstellen.

Literatur  AVENIR SUISSE (2012): Wie dicht ist die Schweiz besiedelt: http://www.avenir-suisse.ch/?p=15211, abgerufen am 11.08.2014. Agrarforschung Schweiz - Sonderdruck (2011): Systemvergleich Milchproduktion Hohenrain. Agrarforschung

Schweiz 2 (9), 333 – 402. Baur, P.(2011) : Sojaimporte Schweiz: Möglichkeiten und Grenzen der Reduktion/Vermeidung von Sojaim-

porten in die Schweiz. Schlussbericht, Agrofutura AG, Frick. BLÄTTLER, Th., DURGIAI, B., KOHLER, S., KUNZ, P., LEUENBERGER, S., MÜLLER, R., SCHÄUBLIN, H., SPRING P.,

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Ökobilanz der graslandbasierten Milchproduktion: Stärken, Schwächen und Verbesserungspotenziale

T. Nemecek1, M. Alig1, M. Sutter2

1 Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, Zürich, Schweiz 2 Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften

HAFL, Zollikofen, Schweiz

[email protected]

Einleitung Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche in der Schweiz besteht grösstenteils aus Grasland. Für des-sen Nutzung sind wir auf die Tierhaltung hauptsächlich durch Wiederkäuer angewiesen. Die Frage stellt sich, welche dieser Nutzungsstrategien aus Umweltsicht am besten geeignet ist. In diesem Beitrag werden zwei Strategien der Milchproduktion verglichen: eine Produktion mit einem hohen Einsatz von Kraftfutter und Futter, das auf Ackerflächen produziert wurde und eine auf Grasland fokussierte Produktion mit einem unterschiedlich hohen Weideanteil. In der Literatur finden sich teilweise widersprüchliche Ergebnisse. Die spezifischen Methanemis-sionen pro kg Milch aus der Verdauung sinken in der Regel mit zunehmender Milchleistung und mit hoher Verdaulichkeit und Energiedichte des Futters (GERBER et al., 2010; KIRCHGESSNER, 2004), wie sie meist bei Hochleistungskühen zu finden sind. O'BRIEN et al. (2012) fand tiefere Um-weltwirkungen der graslandbasierten Milchproduktion in einer Ökobilanz-Fallstudie auf zwei expe-rimentellen Betrieben. THI TUYET HANH et al. (2013) ermittelte einen erhöhten Flächenbedarf und eine Steigerung der Treibhausgasemissionen in einer konsequentiellen Ökobilanzstudie bei der Umstellung von einer Maissilage-Ration auf ein graslandbasiertes System. ARSENAULT et al. (2009) fand teilweise reduzierte Umweltwirkungen in einem kanadischen Weidesystem, hingegen einen höheren Flächenbedarf. Die Frage kann daher aufgrund der Literatur nicht abschliessend beantwortet werden. Die Umweltwirkungen der graslandbasierten bzw. ackerbasierten Milchproduktion werden durch die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Ackerland und Grasland bestimmt. Deshalb wird in diesem Beitrag zuerst ein Augenmerk auf diese Unterschiede geworfen. Anschliessend werden die Ökobilanzergebnisse aus der Fallstudie Hohenrain dargestellt, gefolgt von den Ergebnissen einer Modellstudie für das Schweizer Talgebiet.

Unterschiede zwischen Ackerland und Grasland Auf dem Ackerland ist sowohl die direkte Produktion von Nahrungsmitteln wie Kartoffeln oder Brotweizen als auch jene von Futtermitteln wie Silomais oder Kleegras möglich. Auf Flächen, wo aus klimatischen Gründen, aufgrund der Topographie oder der Bodenbeschaffenheiten eine ackerbauliche Nutzung ausgeschlossen ist, kann nur Futter für Raufutterverwerter erzeugt werden. Allenfalls wäre eine energetische Nutzung (z.B. Biogas) oder eine stoffliche Verwertung möglich. Die Vielfalt an möglichen Produkten ist daher im Ackerbau viel grösser. Die Hauptnutzung von Grasland erfolgt durch Wiederkäuer, wobei die Milchproduktion pro produzierte Proteineinheit deutlich effizienter und mit weniger Umweltbelastung verbunden ist als die Fleischproduktion (DE

VRIES und DE BOER, 2010). Die Intensitätsunterschiede sind im Grasland wesentlich grösser als im Ackerland. Dies schlägt sich auch in den Umweltwirkungen entsprechend nieder (NEMECEK et al., 2005; NEMECEK et al., 2011). Im Grasland werden – abgesehen von wenigen meist gezielten Her-bizidbehandlungen – wenig Pestizide eingesetzt. Im Ackerbau hingegen ist regelmässiger Pestizid-einsatz ausserhalb des Biolandbaus üblich. Die Eingriffe in den Boden sind im Ackerbau grösser; durch reduzierte Bodenbearbeitung und Direktsaat lassen sie sich allerdings minimieren. Die Folge der Bodenbearbeitung und teilweise fehlenden Bodenbedeckung im Rahmen der Fruchtfolge ist ein höheres Risiko für Erosion und Nitratauswaschung. Die Lachgasemissionen sind stark varia-bel, aber scheinen im Ackerbau höher zu sein als im Grasland (BOUWMAN et al., 2002; REES et al., 2013). Im Rahmen einer Fruchtfolge hat eine Kunstwiese grundsätzlich einen positiven Einfluss auf die Bodenqualität (NEMECEK et al., 2005; OBERHOLZER et al., 2012). Das Biodiversitätspoten-zial ist auf Grasland grundsätzlich höher als auf Ackerland (JEANNERET et al., 2008; NEMECEK et

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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al., 2005; NEMECEK et al., 2011). Dies gilt jedoch in erster Linie für die extensiven Flächen. Bei intensiv bewirtschaftetem Grasland ist das Biodiversitätspotenzial nicht unbedingt höher als im Ackerland. Zu beachten ist zudem, dass Ackerland für einige Organismen ein günstigeres Habitat darstellt als das Grasland. Die möglichen Biomasseerträge sind im Ackerbau höher, wobei in in-tensiv genutztem Grasland in günstigen Lagen ebenfalls sehr hohe Erträge erwirtschaftet werden können. Im Ackerbau können Futtermittel mit höherer Nährstoffkonzentration („Kraftfutter“) produ-ziert werden, was höhere Leistungen in der Milchproduktion und Mast ermöglicht. Im Grasland sind je nach Intensitätsstufe mehrere Ernten pro Jahr möglich bzw. erforderlich, was mit einem entspre-chend hohen Maschinenaufwand verbunden ist. Durch Beweidung lässt sich dieser Aufwand aller-dings minimieren. Im Ackerbau gibt es in der Regel nur eine Ernte pro Jahr. Schliesslich ist der Anteil der Leguminosen im Grasland meist höher. Im europäischen Ackerbau belegen Körner-Leguminosen nur einen sehr geringen Anteil der Fläche, wodurch ihr Potenzial für die symbionti-sche Stickstoff-Fixierung wenig genutzt wird.

Tab. 1: Grundsätzliche Unterschiede zwischen Ackerland und Grasland mit Relevanz für die Um-weltwirkungen.

Ackerland Grasland

Intensitätsunterschiede geringer hoch Pestizid-Einsatz, Ökotoxizität mittel-hoch gering Bodenbearbeitung ja nein Risiko für Nitratauswaschung, Erosion mittel-hoch niedrig Lachgasemissionen höher tiefer Wirkung auf Bodenqualität eher negativ eher positiv Biodiversitätspotenzial gering-mittel gering-hoch Vielfalt an Produkten gross klein Ertragspotenzial höher niedriger Nährstoffkonzentration von Futtermitteln mittel-hoch gering-mittel Ernten eine viele Leguminosen geringer Anteil wichtig

Fallstudie Hohenrain Auf dem Betrieb Hohenrain im Kanton Luzern wurden während den Jahren 2008 bis 2010 zwei Milchproduktionssysteme verglichen: eine stallbasierte Produktion mit einem für schweizerische Verhältnise hohen Kraftfuttereinsatz und eine weidebasierte Produktion mit einem sehr tiefen Kraft-futteriensatz. Die Charakteristiken der beiden Systeme sind in HOFSTETTER et al. (2011) sowie in Tab. 1 dargestellt. Im Versuch wurde Milch mit Silage in der Stallherde und silofreie Milch in der Weideherde erzeugt. Da die Dürrfutterzubereitung mit höheren Umweltwirkungen als die Silage verbunden ist (NEMECEK et al., 2005, wurde noch zusätzlich eine Variante „Weideherde mit Silo“ berechnet. Dabei wurde anstelle von Belüftungsheu Silage angenommen, um eine bessere Ver-gleichbarkeit mit der Stallherde zu erreichen. Die Details der Ökobilanzstudie sind in SUTTER et al. (2013) beschrieben. Die Unterschiede zwischen den beiden Systemen werden durch die unterschiedliche Fütterung sowie durch den Weidegang bestimmt (Abb. 1). Der grössere Kraftfuttereinsatz in der Stallherde geht mit einer höheren Ökotoxizität (aufgrund des höheren Pestizideinsatzes), einer markant höhe-ren Abholzung wegen des Einsatzes von Soja sowie wesentlich höherem Bedarf an mineralischen P- und K-Ressourcen (hier nicht dargestellt, vgl. SUTTER et al., 2013) einher. Die Weidehaltung führt zu deutlich tieferen Ammoniak-Emissionen im Vergleich zur Stallhaltung mit anschliessender Hofdüngerausbringung. Dies wirkt sich günstig für die Weideherde bei der Versauerung und der terrestrischen Ökotoxizität aus. Beim Energiebedarf und der aquatischen Eutrophierung lagen die beiden Systeme gleichauf. Der tiefere Energiebedarf für die Futterbereitstellung bei der Weideher-de wird durch den höheren Futterbedarf und den grösseren Bedarf an Stallfläche kompensiert. Die tieferen Ammoniakemissionen der Weideherde werden durch höhere Nitratverluste – hauptsäch-lich durch die grössere bewirtschaftete Fläche pro kg energiekorrigierte Milch (ECM) und die Ni-tratverluste auf der Weide – ausgeglichen. Deutlich höher fallen bei der Weideherde die Methan-emissionen sowie der Flächenbedarf aus. Die ersteren sind durch die schlechtere Futterverwer-

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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tung bei der Weideherde bedingt (Tab. 2), was zu höheren spezifischen Methanemissionen pro kg ECM führt. Zudem ist auch der Remontierungsbedarf pro kg Milch höher. Der höhere Flächenbe-darf ist auf die tieferen Flächenerträge auf Weideflächen und die geringere Milchleistung zurückzu-führen. Zu beachten ist allerdings, dass bei der Weideherde vor allem Grasland genutzt wird, bei der Stallherde hingegen deutlich mehr Ackerland benötigt wird, wo Nahrungskonkurrenz zum Menschen besteht.

Tab. 2: Charakterisierung der beiden Versuchsherden. FS = Frischsubstanz (nach SUTTER et al., 2013), Futterverwertung nach HOFSTETTER et al. (2011).

Stallherde Weideherde

24 Kühe 28 Kühe

Brown Swiss / Holstein (1:1) Brown Swiss / Swiss Fleckvieh (1:1) Milchleistung 8 900 kg / Standardlaktation Milchleistung 6 074 kg / Standardlaktation Teilmischration mit Mais-/Grassilage und Proteinaus-gleichsfutter (Milchproduktions-Potenzial= 27kg)

Vollweide auf Kurzrasenweide Keine Silage

Kraftfutter nach Bedarf ca. 1 100kg FS / Kuh & Laktation

Kraftfutter nur zu Laktationsbeginn ca. 300 kg FS / Kuh & Laktation

0.78 kg Futter-TS/kg ECM 0.93 kg Futter-TS/kg ECM „Siestaweide“ während Vegetationsperiode (ca. 3 h pro Tag)

Vollweide

Abkalbung ganzjährig mit Häufung von Juni bis September

Abkalbung von Februar bis April

Abb. 1: Ausgewählte Umweltwirkungen für die Milchproduktionssysteme in der Fallstudie Hohen-rain pro kg energiekorrigierte Milch (ECM). Die Balken sind jeweils auf den höchsten Wert (=100%) normiert (nach SUTTER et al., 2013).

Schliesslich erzielte die Weideherde einen Vorteil bei der Biodiversität, wo 6.7 Biodiversitätspunkte mit der Methode SALCA-Biodiversität (JEANNERET et al., 2006) erzielt wurden gegenüber 5.5 Punk-ten für die Stallherde. Durch die Beweidung wird die Heterogenität des Graslandes gefördert, was sich günstig auf die Artenvielfalt auswirkt. Zu erwähnen ist auch, dass sich die Umweltwirkungen der Weideherde von Jahr zu Jahr verringert haben, während jene der Stallherde etwa gleich geblieben sind (SUTTER et al., 2013). Dies zeigt, dass das System der Weideherde noch ein Entwicklungspotenzial hatte.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Stallherde Weideherde Weideherde mit Silo

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Modellstudie für eine durchschnittliche Produktion im Talgebiet Im Rahmen des Projektes „Ökologische Bewertung ausgewählter Schweizer Landwirtschafts-produkte im Vergleich zum Import“ (ÖB-CHInt) wurde eine Modellstudie für das Schweizer Talge-biet durchgeführt (BYSTRICKY et al., 2014). Ausgehend von einem Modellbetrieb für den Betriebs-typ Verkehrsmilch / Tal / ÖLN wurden Varianten für eine ackerbasierte, eine graslandbasierte und eine weidebasierte Variante erstellt (Tab. 3). Die erstere ist der Stallherde in der Fallstudie Hohen-rain ähnlich, die letztere der Weideherde. Die Produktionsdaten beruhen zum Teil auf Modellan-nahmen und zum Teil auf in der Praxis erhobenen Kennzahlen (BYSTRICKY et al., 2014). Die Cha-rakteristiken der verschiedenen Systeme wurden mit Experten verifiziert.

Tab. 3: Charakteristiken der untersuchten Fütterungsvarianten.

Fütterungs-variante

Milch-leistung

Futter von Grünland-flächen

Futter von Ackerflächen

Gras- silage

Dürr- futter

Weide-gras

Mais-silage

Kraft-futter

Ackerbasiert (Mais-/ Kraftfut-ter- betont)

9 000 kg je Kuh

40 % 5 % 5 % 30% 20 % der aufgenom-menen Energie

42 % 6 % 5 % 30 % 17 % der TS-Aufnahme1)

Grasland-basiert 6 000 kg je Kuh

mindestens 90 % max. 10 % der TS-Aufnahme

Weidebasiert 6 000 kg je Kuh

min. 50 % max. 10 % der TS-Aufnahme

1) Annahme: Grassilage 6.0, Weidegras 6.2, Heu 5.4 Maissilage 6.3, Kraftfutter 7.6 MJ NEL/kg TS

Grundsätzlich zeigt sich ein ähnlicher Trend wie bei der Fallstudie Hohenrain; bei den Kategorien Treibhauspotenzial, Flächenbedarf, Abholzung, aquatische Eutrophierung P und der terrestrischen Ökotoxizität fällt der Vergleich ähnlich aus, wie in der Studie Hohenrain (Abb. 2). Bei einigen ande-ren Umweltkategorien fällt der Vergleich hingegen für die ackerbasierte Variante günstiger aus, als bei der Fallstudie Hohenrain. Beispielsweise bei den Kategorien Energiebedarf, Versauerung, ter-restrische und aquatische Eutrophierung N sowie der aquatischen Ökotoxizität schneidet die ackerbasierte Variante günstiger ab. Die Futterverwertung liegt mit 0.81 kg TS/kg Milch bei der ackerbasierten Variante ähnlich wie bei der Stallherde in Hohenrain; ist bei den grasland- und wei-debasierten Varianten hingegen mit 1.01 kg TS/kg Milch schlechter als bei der Weideherde in Ho-henrain.

Diskussion Die Ökobilanz-Ergebnisse der Fallstudie Hohenrain fielen in der Tendenz günstiger für die Weide-variante aus. Dies deutet darauf hin, dass die Verhältnisse beim Betrieb Hohenrain für die Weide-herde besonders günstig lagen. Der Standort Hohenrain ist für Graswachstum optimal und weist hohe Erträge im Futterbau auf. Zudem ist der Betrieb arrondiert und eignet sich gut für die Weide-führung. Diese Ergebnisse lassen sich nicht ohne weiteres auf den schweizerischen Durchschnitt übertragen. Die zwei Hauptschwachpunkte des Vollweidesystems aus Umweltsicht sind seine höheren Me-thanemissionen sowie sein höherer Flächenbedarf. Beim Flächenbedarf ist zu beachten, dass es sich zum grössten Teil um Grasland handelt und die benötigte Ackerfläche deutlich geringer ist. Die Nutzung von Grasland kann durchaus erwünscht sein, da kaum alternative Nutzungen inner-halb der Landwirtschaft bestehen. Bezüglich der Methanemissionen besteht noch Forschungsbe-darf. Die Methodik gemäss IPCC (2006) geht von einer konstanten Verlustrate von 6.5% der Brut-to-Energie in Form von Methan aus. Eine breit angelegte statistische Analyse von RAMIN und HUH-

TANEN (2013) bestätigte, dass der Methanausstoss aus der Verdauung der Wiederkäuer stets eine hohe Korrelation mit der aufgenommenen Futtermenge aufwies, durch Einbezug weiterer Parame-ter lässt sich die Schätzung allerdings verbessern. O'NEILL et al. (2011) ermittelte tiefere Methan-emissionen pro kg aufgenommenes Futter und sogar pro kg ECM in einem Raigras-Weidesystem im Vergleich mit einer Total-Mischration. In jener Studie war allerdings die Futterverwertung in bei-

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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den Systemen gleich hoch. Dies zeigt die Bedeutung der Futterverwertung für das Treibhaus-potenzial. Um die Milchproduktion in Vollweidesystemen in Zukunft zu verbessern, muss der Produktivität und Effizienz besondere Beachtung geschenkt werden. Die Tatsache, dass sich die Ergebnisse der Weideherde in Hohenrain von Jahr zu Jahr verbessert haben weist darauf hin, dass ein be-trächtliches Optimierungspotenzial besteht. Weitere Anstrengungen sind notwendig, um die Um-weltwirkungen dieses Systems zu vermindern. Die hier präsentierten Ergebnisse stammen aus einer einzelnen Fallstudie, die nur eine begrenzte Repräsentatitivität hat sowie aus einer Modellstudie, welche nicht alle Aspekte berücksichtigen kann. Für einen abschliessenden Vergleich braucht es Ökobilanzstudien auf einer repräsentativen Stichprobe von Praxisbetrieben.

Abb. 2: Ausgewählte Umweltwirkungen für die ackerbasierte, graslandbasierte und weidebasierte Milchproduktion in der Schweiz pro kg Milch. Die Balken sind jeweils auf den höchsten Wert (=100%) normiert.

Schlussfolgerungen Milchproduktion in einem Vollweidesystem weist tiefere Ökotoxizität, Bedarf an mineralischen Res-sourcen P und K, Abholzung sowie Bedarf an Ackerfläche auf. Der gesamte Flächenbedarf liegt höher und die Treibhausgasemissionen ebenfalls. Bei den übrigen Umweltkategorien gibt es teil-weise widersprüchliche Ergebnisse. Um die Umweltwirkungen des Vollweidesystems noch weiter zu senken, muss insbesondere der Effizienz (Erträge, Verlustminimierung, Futterverwertung) be-sondere Beachtung geschenkt werden.

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0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%100%

Ackerbasiert Graslandbasiert Weidebasiert

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Wirtschaftlichkeit von Weidehaltung und Stallhaltung im Vergleich*

C. Gazzarin1, M. Höltschi2 1 Agroscope, INH Tänikon, Ettenhausen, Schweiz

2 Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung BBZN, Hohenrain, Schweiz

[email protected] *Auszug aus Agrarforschung Schweiz 2 (9): 418-423, 2011

Problemstellung Um im zukünftigen Milchmarkt mit voraussichtlich weniger Grenzschutz bestehen zu können, müs-sen Milchproduktionsbetriebe ihre Kosten senken und in allen Bereichen effizienter werden. In der Schweiz zeichnen sich seit einigen Jahren zwei Strategien zur Kostensenkung und Effizienzsteige-rung in der Milchproduktion ab: Die Stallhaltung mit überdurchschnittlichen Leistungen pro Kuh und intensiver Fütterung im Stall und die Vollweidehaltung mit einer hohen Milchleistung pro Hektare Weidefläche durch Vollweidesystem und saisonaler Abkalbung im Frühling. Um das wirtschaftliche Potential der beiden Produktionssysteme zu vergleichen, ist eine betriebli-che Betrachtung notwendig, damit Schlussfolgerungen für die Praxis abgeleitet werden können.

Versuchsanlage und Vorgehen Im Projekt „Systemvergleich Milchproduktion Hohenrain“ konnten unter weitgehend homogenen Bedingungen beide Systeme, Stallhaltung und Vollweide, verglichen werden. Dazu wurden die Milchkühe des Gutsbetriebs des Bildungszentrums Natur und Ernährung in Hohenrain in zwei Gruppen unterteilt. Hinsichtlich Fläche und Betriebsmanagement hat die Versuchsanalage optima-le Vergleichsbedingungen ermöglicht. Detaillierte Angaben zum Projekt sind in HOFSTETTER et al. (2011) enthalten. Während der dreijährigen Versuchsdauer (2008–2010) erfolgte eine getrennte Buchhaltung für die beiden Herden, die alle Leistungen, Direktkosten und Strukturkosten im elektronischen Kassabuch Agro-Twin Cash (Version 1.70) erfasste. Innerhalb der Buchhaltung wurden die einzelnen Positio-nen der Betriebszweige so weit als möglich nach dem Verursacherprinzip den zwei Produktions-systemen zugeteilt. Schliesslich wurde für beide Herden eine vollständige Kostenrechnung erstellt. Der Abschluss der Buchhaltung wurde durch die AGRO-Treuhand Sursee (LU) vorgenommen.

Vollkostenrechnung Die Vollkostenrechnung basiert auf der Methode wie sie von IFCN (International Farm Comparison Network), EDF (European Dairy Farmers) und bisher auch von der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART angewandt wird. Hierbei wird das System Milchproduktion mit allen Koppelprodukten (Schlachtvieh- und Zuchterlöse) bzw. -leistungen (Direktzahlungen) gesamthaft mit den entsprechenden Kosten- und Leistungspositionen erfasst. Die Ergebnisse werden dann mit der gesamten Milchproduktion ins Verhältnis gesetzt. Für die Simulation wird das IFCN-Simulationsmodell TIPICAL verwendet (HEMME, 2000). Damit lassen sich die Kosten und Leistun-gen eines Milchproduktionssystems detailliert mit Hilfe eines Preis-Mengen-Gerüstes erfassen. Die damit erreichte transparente Darstellung ermöglicht so auch diverse Szenarien- und Varianten-rechnungen.

Zuteilung der Kosten und Leistungen Für die Berechnungen wurden die Versuchsergebnisse der Stall- und Weideherde je einem fiktiven Betrieb (Modellbetrieb) zugeordnet, was eine betriebliche Betrachtung ermöglicht. Die Betriebe – fortan mit dem Kürzel SH-24 (Stallherde mit rund 24 Kühen) und WH-28 (Weideherde mit rund 28 Kühen) bezeichnet – verfügen über eine Nutzfläche von je rund 12 Hektaren (exkl. Ökoflächen), wobei die Stallherde darauf auch ein Teil des Kraftfutters (Energieausgleichsfutter) produziert. Die eigentliche Zuteilung erfolgte bereits weitgehend in der Buchhaltung. Für einzelne Kostenposi-tionen, insbesondere für Strukturkosten, musste der Aufteilungsschlüssel mittels diverser Kalkula-tionsprogramme über Standardwerte hergeleitet werden: Beim Gebäude errechneten sich die In-vestitionen auf Basis von korrigierten Preisen des ART-Preisbaukastens (HILTY et al., 2007). Die Berechnung erfolgte zweistufig über ein stalltypen-basiertes Kalkulationsprogramm (GAZZARIN und

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HILTY, 2002) und über das Simulationsmodell für Milchproduktionssysteme „PARK“ (GAZZARIN et al., 2004), in dem Futterlagerung, Sommerfütterung, Kuhtyp und Melksystem entsprechend be-rücksichtigt werden. Die Abschreibedauer wurde auf 35 Jahre festgelegt. Während für die Ab-schreibung und den Gebäudeunterhalt die berechnete Investition zugrundegelegt wird, errechnen sich die Kapitalkosten basierend auf einer fixen Verbindlichkeit von CHF 500 000.–, die gemäss den Investitionsunterschieden zugeteilt wurden (Stallherde 43 %, Weideherde 57 %). Die Quantifizierung der Arbeitszeit erfolgte einerseits über Messungen, sowohl aus dem Versuch als auch auf vergleichbaren Betrieben aus Arbeitskreisen, die dann in ein Kalkulationsprogramm integriert wurden. Andererseits liess sich die Arbeitszeit aufgrund der entsprechend vorhandenen technischen Ausstattung manuell mit Hilfe des Arbeitsvoranschlages (STARK et al., 2009) berech-nen. Die unterschiedlichen Berechnungsansätze kamen zu einem identischen Arbeitszeitverhältnis von 53 % für die Stallherde und 47 % für die Weideherde. Die Maschinenkosten basieren auf dem bestehenden Maschinenpark, sowohl bei den fixen als auch bei den variablen Kosten. Die Abschreibungen sind gemessen an der Grösse des Gutsbe-triebs eher unterdurchschnittlich, sodass er für die rund halb so grossen Modellbetriebe zu 100 % übernommen wurde. Für den Weidebetrieb wurden hingegen keine Ackerbaumaschinen zugeteilt. Die Allokation der variablen Maschinenkosten wie Unterhalt, Reparaturen und Treibstoffverbrauch ermittelte sich aufgrund der erhobenen Traktorstunden (Verhältnis 76 % für Stallherde und 24 % für Weideherde). Bei den Stromkosten erfolgte aufgrund der Heubelüftung eine Allokation von 30 % (Stallherde) und 70 % (Weideherde). Für die Berechnung der Landkosten (Pachtzinsen) gilt für beide Herden die Annahme von 50 % Pachtland à CHF 800.– je Hektare. Die übrige Hälfte wird zudem mit dem gleichen Betrag als Op-portunitätskosten in die eigenen Strukturkosten eingerechnet. Die Zuteilung der Kontingentskosten basiert auf der effektiven Milchproduktion, während für Was-ser und Aufzuchtkosten (Kälber) die Kuhzahl massgebend war. Die übrigen fixen allgemeinen Be-triebskosten (Telefon, Weiterbildung, Versicherung etc.) wurden auf beiden Herden zu je 80 % zugeteilt. Bei den variablen Kosten sind die Kosten für das Ergänzungsfutter in der Ausgangsvariante bei der Stallherde so berechnet, dass mit den Verkaufserlösen der Ackerprodukte (Futterweizen und Körnermais) die Kosten für den Kraftfutterzukauf verbilligt wurden. Dafür sind die variablen Kosten dieser Ackerkulturen der Stallherde entsprechend belastet worden.

Simulationen Als jährliche Erfolgsgrössen für den Vergleich dienen primär das Einkommen aus der Milch (Leis-tungen abzüglich Fremdkosten) sowie die effektive Arbeitsverwertung je Stunde (Leistungen ab-züglich Selbstkosten ohne kalkulierte Arbeitskosten dividiert durch die Anzahl benötigte Arbeits-stunden). Mit Hilfe des Simulationsmodells TIPICAL werden basierend auf der Ausgangsvariante verschiedene Szenarien und Verfahren simuliert. Als wichtigste Einflussgrösse für das Einkommen gilt der Milchpreis. Dieser soll über einen Bereich von 40 bis 80 Rappen variiert und die Einkommensentwicklung entsprechend abgebildet werden. Die Kosten werden dabei der Einfachheit halber konstant gehalten. Im Weiteren werden der Ausgangsvariante zwei neue Verfahrensvarianten gegenübergestellt:

- Stallherde mit voller Auslastung der Nutzfläche (100 % Kraftfutterimport) - Weideherde mit Silagefütterung

Ergebnisse

Ausgangsvarianten (SH-24 / WH-28) Tab. 1 zeigt die Ergebnisse. Die ersten beiden Spalten (SH-24; WH-28) betreffen die Ausgangsva-riante, auf die zuerst eingegangen wird. Die beiden Spalten rechts werden in den Folgekapiteln „Variante 1“ und „Variante 2“ besprochen. Bei den Leistungen erwirtschaftet die Stallherde insgesamt höhere Produkterlöse, was in erster Linie durch die höhere Milchproduktion bedingt ist. Mit fast vier Kühen weniger werden auf der gleichen Fläche 18 % mehr Milch produziert. Die Weideherde macht den tieferen Milcherlös aber durch höhere Nebenerlöse (Schlachtkühe, Kälber) und höheren Direktzahlungen (mehr Kühe) wie-der mehr als wett und erreicht so eine um fast 2 Rappen höhere Gesamtleistung je Kilogramm Milch.

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Tab. 1: Ergebnisse

Ausgangsvarianten Variante 1 Variante 2SH-24 WH-28 SH-28 WH-28s

Produzierte Milchmenge (Tonnen / Jahr) 194.11 165.21 223.41 165.21 Anzahl Kühe 24.3 27.9 27.9 27.9

Erlöse (CHF / 100 kg Milch) Summe Produkterlöse inkl. Kälber / Schlachtvieh 74.0 72.8 74.5 72.8 Direktzahlungen 15.5 18.6 14.3 18.6

Total Erlöse 89.5 91.4 88.9 91.4

Direktkosten (CHF / 100 kg Milch) SH-24 WH-28 SH-28 WH-28s zugekauftes Futter Milchprod. 10.0 5.7 12.7 5.0 Tierarzt und Medikamente 5.8 5.2 5.8 5.2 Besamung 1.4 1.4 1.4 1.4 Tierarzt Aufzucht 0.5 0.7 0.5 0.7 Einstreu 0.7 0.6 0.7 0.6 Diverse Direktkosten / Sömmerungs-gelder / Lieferrechte 5.2 5.6 5.4 5.6 Tierzukauf 10.4 11.1 10.4 11.1 Total Direktkosten Tiere 34.0 30.5 37.1 29.8

Direktkosten Futterproduktion 3.9 3.8 2.3 3.8

Strukturkosten fremd (CHF/100 kg Milch) SH-24 WH-28 SH-28 WH-28s Unterhalt Maschinen 2.4 0.9 2.4 0.9 Unterhalt Gebäude 1.2 2.0 1.2 1.5 Lohnunternehmer 11.8 0.9 11.7 3.0 Machinenmiete 2.1 0.4 2.1 0.4 Diesel 1.7 0.6 1.6 0.6 Strom, Wasser 2.7 6.3 2.4 3.3 Diverse Kosten (Telefon, Steuern, Buchhaltung etc.) 1.8 2.0 1.5 2.0 Total fremde Sachkosten 23.6 13.1 23.0 11.8

Arbeitskosten (fremd) 0 0 0 0 Pachtzins 2.4 2.9 2.1 2.9 Schuldzinsen 4.2 6.6 4.0 5.4 Total Faktorkosten (fremd) 6.6 9.5 6.1 8.3

Abschreibung Maschinen 6.7 7.1 5.8 7.1 Abschreibung Gebäude 5.9 9.4 5.5 7.2 Total Abschreibungen 12.6 16.5 11.3 14.3

Total Fremdkosten 80.7 73.4 79.9 67.9

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Strukturkosten eigen (CHF/100 kg Milch) Land 2.4 2.9 2.1 2.9 Arbeit 36.8 38.4 33.5 39.0 Kapital 0.8 0.8 0.6 0.7 Total 40 42 36 43

Unternehmergewinn -31 -24 -27 -19

Einkommen Milch (CHF/Jahr) 16'974 29'710 19'991 38'750 Arbeitszeitaufwand (Akh/Jahr) 2'553 2'268 2'670 2'300 Arbeitsproduktivität (kg Milch/Akh) 76 73 84 72 Arbeitsverwertung (CHF/h) 5.3 10.5 6.3 14.4

Hinsichtlich der Direktkosten weist die Stallherde insbesondere beim Futterzukauf deutlich höhere Kosten auf, während sich die übrigen Kostenpositionen weniger stark unterscheiden. Diese liegen bei der Stallherde absolut betrachtet zwar oft höher, können aber durch die grössere Milchproduk-tion weitgehend wieder „verdünnt“, das heisst auf die Menge verteilt werden. Grössere Differenzen sind bei den Strukturkosten auszumachen, vor allem was den Maschinenbe-reich betrifft (inkl. Lohnarbeiten). Hierbei stechen insbesondere die hohen Kosten für Lohnunter-nehmen ins Auge. Diese resultieren aus dem allgemein deutlich höheren Konservierungsaufwand, dem Silomais-Anbau und der Siloballenproduktion, deren Kosten alle einen hohen Anteil für Lohn-unternehmen aufweisen. Dagegen hat die Weideherde aufgrund der silofreien Fütterung klar höhe-re Gebäudekosten und, daraus folgend, auch höhere Kapitalkosten – primär infolge des Dürrfutter-lagers. Die Kostennachteile der Stallherde bei den Maschinen wiegt jedoch schwerer als der höhere Ge-bäudeaufwand für die Weideherde, sodass diese bei den fremden Strukturkosten mit gut 39 Rap-pen fast vier Rappen günstiger liegt als die Stallherde (rund 43 Rappen). Insgesamt resultiert bei den Fremdkosten ein Kostenvorteil für die Weideherde von knapp 8 Rappen je Kilogramm Milch (69.6 Rappen zu 77.2 Rappen). Bei den eigenen Strukturkosten, insbesondere bei den Arbeitskosten produziert die Stallherde trotz der umfangreichen Konservierung und Stallfütterung leicht günstiger als die Weideherde, nämlich um 1.6 Rappen. Auch hier spielt wieder der Vedünnungseffekt eine Rolle, muss doch für die Stall-herde knapp 300 Stunden mehr Arbeit aufgewendet werden. Im Weiteren ist der Kostenvorteil auch auf die maschinelle Rationalisierung mit dem Futtermischwagen zurückzuführen, die sich entsprechend bei den Maschinenkosten bemerkbar macht. Die Arbeitsproduktivität (kg Milch pro AKh) ist für beide Herden nahezu gleich hoch. Mit leicht höheren Leistungen und deutlich tieferen Fremdkosten lässt sich mit der Weideherde schliesslich ein höheres Einkommen erzielen als mit der Stallherde. Das Mehreinkommen liegt bei rund CHF 12 000.–. Aufgrund des geringeren Arbeitszeitaufwandes wird mit der Weideherde zu-dem eine fast doppelt so hohe Arbeitsverwertung erzielt.

Mehr Risiko mit der Stallherde Da der Milchpreis für das Ergebnis eine entscheidende Rolle spielt, soll dieser über einen Bereich von 40 bis 80 Rappen simuliert werden. Abb. 1 zeigt das Einkommen in Abhängigkeit des Milch-preises. Je steiler die Kurve, desto eher ist das Ergebnis vom Milchpreis abhängig. Dabei ist er-sichtlich, dass die Stallherde eine steilere Kurve aufweist und somit auch einem höheren Milch-preis-Risiko ausgesetzt ist. Milchpreise unter 60 Rappen können mit der Stallherde kaum noch verkraftet werden (das Einkommen sinkt unter null). Dagegen hat die Weideherde einen höheren Erlösanteil der Nebenprodukte (Kälber) und der Direktzahlungen und hat im Falle tiefer Milchpreise auch einen Diversifizierungsvorteil.

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Abb. 1: Einkommen in Abhängigkeit des Milchpreises.

Variante 1 „Auslastung der Nutzfläche“ (SH-28) In der Ausgangsvariante wurde für die Stallherde mit rund 1.5 Hektaren eine eigene Kraftfutterpro-duktion vorgegeben. Damit stand weniger Hauptfutterfläche zur Verfügung. Nun sollen diese 1.5 Hektaren ebenfalls in Hauptfutterfläche umgewandelt werden. Das Verhältnis Grünland und Silo-mais wird dabei konstant gehalten. Damit verfügen beide Herden über eine nahezu identische Hauptfutterfläche und Kuhzahl. Die Ergebnisse der Stallherde werden dabei nur leicht verbessert. Auf der Leistungsseite wird der Milcherlös noch stärker gewichtet, während der Direktzahlungsanteil zurückgeht. Die Fremdkosten sinken nur leicht um 0.9 Rappen. Dies kann damit erklärt werden, dass die wichtigen Kostenposi-tionen wie Futterzukauf und Lohnarbeiten einen stark variablen Charakter aufweisen und der Grössenvorteil damit kaum ausgespielt werden kann. Entsprechende Kostenersparnisse resultie-ren einzig aus einer besseren Auslastung von Maschinen und Gebäuden, tieferen Arbeitskosten und tieferen Direktkosten bei der Futterproduktion, indem die hohen Kosten der eigenen Kraftfut-terproduktion weggefallen sind. Dementsprechend verteuert haben sich jedoch die Kosten für den Kraftfutterzukauf. Das Einkommen kann so jährlich nur um knapp CHF 4 300.– verbessert werden.

Variante 2 „Silovariante für Weideherde“ (WH-28s) Im Systemvergleich wurde neben einem unterschiedlichen Sommerfütterungssystem auch ein unterschiedliches Konservierungssystem vorgegeben (Weideherde mit Dürrfutterlager, Stallherde mit Siloballen). Grundsätzlich passt die reine Dürrfutterproduktion auch ideal in eine Vollweidestra-tegie und ermöglicht so über Qualitätsprodukte auch höhere Milchpreise. Dieser Preisvorteil war jedoch im vorliegenden Versuch nicht gegeben, weshalb im Folgenden ein Wechsel zur Silagepro-duktion kostenmässig simuliert wird. In der Variante 2 soll der Vergleich damit mit identischem Futterkonservierungssystem (beide mit Siloballen) betrachtet werden. Ausgehend vom konservierten Dürrfutter erfolgt bei der Weideherde (WH-28s) eine Umrechnung auf Siloballen. Davon ausgehend wurden die Gebäudekosten, die Lohnunternehmerkosten und die Kraftfutterkosten entsprechend angepasst. Die Ergebnisse bei identischer Silo-Futterkonservierung fallen noch deutlicher zugunsten der Weideherde aus. Da in beiden Fällen die Gebäude nicht abgeschrieben, sondern voll bewertet sind, ergeben sich bei der Weideherde deutliche Reduktionen bei den Gebäude- (Abschreibungen, Unterhalt) und Kapitalkos-ten. Ebenfalls deutlich tiefer liegen die Stromkosten. Dagegen steigen erwartungsgemäss die Lohnunternehmerkosten, die aber aufgrund des vergleichsweise geringen Konservierungsanteils immer noch auf einem bescheidenen Niveau liegen. Die Kostenreduktion im Vergleich zur Dürrfut-tervariante liegt bei 5.5 Rappen (Fremdkosten), was schliesslich zu einem Einkommensplus von jährlich rund CHF 9 000.– führt. Der Arbeitszeitaufwand ist bei der Weideherde aufgrund der etwas aufwändigeren Silagefütterung leicht gestiegen, sodass auch die Arbeitsproduktivität gesunken ist. Die Arbeitsverwertung ist je-

‐40'000 

‐30'000 

‐20'000 

‐10'000 

10'000 

20'000 

30'000 

40'000 

50'000 

60'000 

40  50 60 70 80

Einkommen M

ilch / Jahr

Rappen / kg Milch

SH

WH

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doch infolge der tieferen Fremdkosten auf CHF 17.10 angestiegen und liegt damit fast doppelt so hoch als bei der Stallherde.

Diskussion und Schlussfolgerungen Die Ergebnisse des Feldversuches bestätigen grundsätzlich frühere Simulationsrechnungen (GAZ-

ZARIN et al., 2004; 2005). Hierbei zeigte sich, dass bei konstanter Fläche (als Vergleichsbasis) eine Stallfütterung mit der Weidefütterung einkommensmässig erst dann ebenbürtig ist, wenn deutlich mehr Milch pro Kuh produziert wird. Auch HÖLTSCHI (2010) zeigt in einem Quervergleich, dass Betriebe mit hoher Milchleistung pro Kuh und einer grossen Produktionsmenge Milch einen leicht tieferen Arbeitsverdienst aufweisen als Betriebe mit tieferer Milchleistung und kleineren Produk-tionsmenge. Im Hinblick auf den Versuch kann das signifikant tiefere Einkommen der Stallherde folgendermas-sen erklärt werden: Die Milchleistungsdifferenz von rund 2 000 kg (5 900 kg Weideherde zu 8 000 kg Stallherde) ist angesichts des hohen Kostenumfelds in der Schweiz zu gering, um von einem Verdünnungseffekt zu profitieren. Bei einer Stallfütterung bräuchte es eine deutlich höhere Milchleistung je Kuh. Der hohe Anteil an variablen Kosten (Kraftfutterkosten, Lohnunternehmerkosten) bremsen die „Economy of scale“ – mit anderen Worten: der Verdünnungseffekt kommt nur schwach zum Tra-gen. Stattdessen ist das Preisverhältnis zwischen Milch und zugekauftem Futter (und zugekauften Dienstleistungen) eine entscheidende Grösse für den Erfolg dieses Systems. Wenn Kraftfutterprei-se und Dienstleistungspreise (für Arbeiten durch Dritte) nicht im gleichen Masse sinken wie der Milchpreis, ergeben sich entsprechend schlechtere Einkommen. Entsprechend grösser scheint der Zwang zur Produktionsausdehnung, um die fixen Strukturkosten im Gegenzug stärker zu senken. Dies ist aber aufgrund der beschränkten Verfügbarkeit von Flä-chen und erweiterten Lieferverträgen ebenfalls mit Kosten verbunden, die im ungünstigen Fall das Senken der Strukturkosten zumindest mittelfristig wieder zunichtemachen können. Eine konsequente Reduktion der Aufwandsmengen von teuren Positionen wie Futterzukauf, Ma-schinen, Arbeiten für Dritte oder Gebäude (Futterlager) kann somit bei restriktiver Fläche einfacher und schneller realisiert werden. Der geringere Milcherlös wird durch die höheren Nebenprodukter-löse (Fleisch) oder die Direktzahlungen, vor allem aber durch die tieferen Selbstkosten mehr als aufgefangen.

Literatur GAZZARIN, CH. und HILTY, R. (2002): Stallsysteme für Milchvieh – Vergleich der Bauinvestitionen. FAT-Bericht

586, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen.

GAZZARIN, CH. und SCHICK, M. (2004): Milchproduktionssysteme für die Talregion – Vergleich von Wirtschaft-lichkeit und Arbeitsbelastung. FAT-Bericht Nr. 608, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen.

GAZZARIN, CH., AMMANN, H., SCHICK, M., VAN CAENEGEM, L. und LIPS, M., (2005): Milchproduktionssysteme in der Tal- und Hügelregion – was ist optimal für die Zukunft? FAT-Bericht Nr. 645, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen.

HEMME et al. (2010): IFCN Dairy Report 2010, International Farm Comparison Network, IFCN Dairy Re-search Center, Kiel.

HEMME, T. (2000): Ein Konzept zur international vergleichenden Analyse von Politik- und Technikfolgen in der Landwirtschaft. Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 215. Braunschweig.

HILTY, R., VAN CAENEGEM, L. und HERZOG, D. (2007): ART-Preisbaukasten 2007. Baukostensammlung für landwirtschaftliche Gebäude. Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon, Ettenhausen.

HOFSTETTER, P., FREY, H.-J., PETERMANN, R., GUT, W., HERZOG, L. und KUNZ, P. (2011): Stallhaltung versus Weidehaltung - Futter, Leistungen und Effizienz. Agrarforschung 2 (9), 402-411.

HÖLTSCHI, M. (2010): Kostenmanagement in der Milchproduktion – Denksport für Zukunftsbetriebe!, CH-Braunvieh Nr. 10.

STARK, R., SCHICK, M. und MORIZ, C. (2009): ART-Arbeitsvoranschlag 2009: Planungsinstrument zur Kalkula-tion des Personal- und Maschineneinsatzes auf landwirtschaftlichen Betrieben. Software Version 2009. Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen.

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Die Vorzüglichkeit der Weidemilchproduktion Erfolgsfaktoren für eine wirtschaftliche Weidenutzung

L. Kiefer1, F. Menzel1, R. Over1, E. Bahrs2

1 Universität Hohenheim, Institut für landwirtschaftliche Betriebslehre, Stuttgart, Deutschland

2 Landwirtschaftsamt, Göppingen, Deutschland

[email protected]

Einleitung Gegenwärtig ist in Süddeutschland, insbesondere in Grenzertragsregionen, ein Trend zu sinken-den Milchviehbeständen erkennbar, wodurch zunehmend Grünlandflächen aus der Produktion fallen (BFN, 2012). Zudem wurden in der Vergangenheit in landwirtschaftlichen Gunstlagen auf Grund der hohen Preise für Ackererzeugnisse immer mehr Grünlandflächen in Ackerland überführt (HARTMANN, 2012). Dadurch ging die Grünlandfläche in Deutschland im Zeitraum zwischen 1996 und 2010 insgesamt um 637 000 ha zurück, was einem täglichen Verlust von knapp 100 ha ent-spricht (vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT, 1996, 2012). Grünlandumbruchverbote sind ein Beispiel für politische Maßnahmen, um diesen Trend aufzuhal-ten (vgl. MLR BW, 2013). Doch die effizienteste und nachhaltigste Form der Grünlandnutzung ist die betriebswirtschaftliche und ökologische Vorzüglichkeit ohne die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen. Daher propagiert STEINWIDDER (2013) in der Milchproduktion die Weidehaltung als effiziente und gesellschaftlich erwünschte Grünlandnutzungsform. Dabei kann zwischen einer Halbtagsweide mit 7 bis 10 Stunden Weidegang (tagsüber oder nachts) und einer Ganztagsweide mit 20 bis 24 Stunden Weidegang pro Tag differenziert werden. Der höchste Weidegrasanteil in der Futterration lässt sich jedoch bei Vollweidehaltung als besonderer Form der Ganztagsweide mit saisonaler Abkalbung und einer geringen Ergänzungsfütterung erreichen (STEINWIDDER, 2013). THOMET et al. (2011) zeigen, dass insbesondere die Vollweide sowohl produktionstechnisch als auch ökonomisch eine interessante Option der Grünlandnutzung sein kann und dass sie entspre-chend LEISEN et al. (2010) zudem sehr gut mit ökologischer Milchproduktion kombinierbar ist. Der ökologische Landbau ermöglichte schließlich in den vergangenen Jahren deutlich höhere Erzeu-gerpreise (BMELV, 2012). Vorteile der Vollweidehaltung für den Landwirt ergeben sich, sofern aus-reichend arrondierte Flächen vorhanden sind, vor allem durch die im Vergleich zur ganzjährigen Stallhaltung niedrigeren Futterkosten, die aus niedrigerem Maschinen- und Energieeinsatz (FRANK et al., 2011) sowie verringerten Arbeitskosten resultieren (vgl. THOMET, 2006; LEISEN et al., 2010; STEINWIDDER et al., 2010; LFL, 2012). Allerdings können Weidekühe im Vergleich zur Stallfütte-rung auch bei guter Weideführung meist nicht vergleichbare Einzeltierleistungen erzielen (DILLON et al., 2005). Daher stellt sich die Frage, ob die produktionstechnischen Vorteile der Weidenutzung gegenüber der ganzjährigen Stallhaltung dennoch zu einer vergleichbaren oder gar höheren Ren-tabilität führen können. Diese Frage stand im Zentrum eines Forschungsprojekts an der Universität Hohenheim, in wel-chem 81 süddeutsche Milchviehbetriebe mit Weidenutzung hinsichtlich Produktionstechnik und Wirtschaftlichkeit untersucht wurden und auf dessen Ergebnissen der folgende Beitrag aufbaut.

Methode und Stichprobenbeschreibung Die 81 untersuchten Milchviehbetriebe mit Weidenutzung in Süddeutschland wurden zufällig aus-gewählt und u.a. in Bezug auf Produktionstechnik der Weidehaltung, Arbeitswirtschaft und Wirt-schaftlichkeit über drei Wirtschaftsjahre (2009-2011) analysiert. Die Erhebungen zur Wirtschaft-lichkeit, welche v.a. auf Vollkostenrechnungen (BZA) basieren, berücksichtigen folgende Faktorkostenansätze: 15 Euro Stundenentlohnung für Fami-lienarbeitskräfte, 5% Zinsansatz für das eingesetzte Kapital, ortsübliche Pachtansätze für eigene Flächen. Die untersuchten Betriebe befinden sich überwiegend in den Dauergrünlandregionen Baden-Württembergs (Schwarzwald, Allgäu) und in Mischgebieten zwischen Acker- und Grünlandnutzung Bayerns (Oberbayern) und Hessens (Odenwald). Die Höhenlage der Betriebe liegt zwischen 250

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und 1 100 Meter ü. NN. Die Betriebe lassen sich gemäß STEINWIDDER (2013) hinsichtlich ihrer In-tensität der Weidenutzung in 44 Betriebe mit „Halbtagsweide“ (700 bis 2 000 Weidestunden/a) und 37 Betriebe mit „Ganztagsweide“ (2 400 bis 4 800 h/a) unterscheiden, wovon 68 % außerdem eine saisonale Abkalbung betreiben (Vollweide). 48% der Betriebe praktizieren als Weidesystem die Kurzrasenweide, bei welcher das Weidegras einer sehr frühen und andauernden Nutzung unter-zogen wird (vgl. LFL, 2012), während 52% Umtriebs- oder Portionsweide mit weniger Nutzungen pro Jahr und längeren Erholungsphasen für den Grasbestand betreiben (vgl. ELSÄßER und THUMM, 2013).

Ergebnisse und Erfolgsfaktoren zur Wirtschaftlichkeit der Stichprobe im Vergleich zu Be-trieben mit ganzjähriger Stallhaltung Um das wirtschaftliche Potenzial der Weidenutzung einordnen zu können, soll die Stichprobe der Weidebetriebe zunächst mit ganzjährigen Stallhaltungsbetrieben verglichen werden. Dazu zeigt Tab. 1 produktionstechnische Merkmale und ökonomische Kennzahlen jeweils für den Durch-schnitt und das obere Viertel der beiden Gruppen. Die Vergleichsgruppe besteht aus ausgewähl-ten konventionellen Spitzenbetrieben im gleichen Untersuchungsgebiet innerhalb derselben Wirt-schaftsjahre, welche sich durch überdurchschnittliche Flächen- und Bestandsgrößen sowie Leis-tungen in der Produktionstechnik und Wirtschaftlichkeit bei gleichzeitig geringer Weidenutzung auszeichnen (vgl. LEL, 2009; LFL, 2009 bis 2011). Die Weidebetriebe erreichen hingegen höhere Milchpreise durch teilweise ökologische Wirtschaftsweise, höhere Grundfutterleistungen und be-ziehen zudem höhere Förderungen auf die von ihnen bewirtschafteten Flächen. Die Stichprobe der zufällig ausgewählten Weidebetriebe ist im Durchschnitt bei nur etwa halb so großen Kuhzahlen wie der Durchschnitt der Betriebe mit ganzjähriger Stallhaltung in den meisten ökonomischen Kennzahlen unterlegen. Allerdings kann das obere Viertel der Weidebetriebe durchaus mit dem oberen Viertel der ganzjährigen Stallhaltungsbetriebe mithalten bzw. dieses in einigen ökonomi-schen Parametern sogar noch übertreffen. Lediglich in den Gesamtgewinnen pro Betrieb schnei-den die ganzjährigen Stallhaltungsbetriebe aufgrund der doppelt so großen Tierbestände deutlich besser ab.

Tab. 1: Vergleich der Weidebetriebe mit konventionellen Stallhaltungsbetrieben aus Baden-Württemberg und Bayern in Bezug auf produktionstechnische Merkmale sowie ökonomi-sche Kennzahlen (2009-2011; Sortierung nach kalkulatorischem Betriebszweigergebnis).

Einheit Durchschnitt Weide-betriebe

oberes Viertel Weide-betriebe

Durchschnitt RP BW + MR BY1

oberes Viertel RP BW + MR BY1

Betriebe Anzahl 81 20 ca. 600 ca. 150 Kuhbestand Stück 43 49 80 102 Flächenausstattung ha 56 61 74 85 Milchleistung kg/Kuh 6 239 6 264 8 227 8 629 Auszahlungspreis Ct/kg 38.7 44.6 32.7 33.0 Grundfutterleistung kg/Kuh 3 740 4 364 3 385 3 849 Arrondierungsgrad % 59 84 unbekannt unbekannt Weidestunden h/a 2 424 2 881 Niedrig Niedrig Saisonale Abkalbung % 35 55 0 0 Förderung 2. Säule €/ha 253 298 89 97 Kalk. BZE/kg Milch Ct/kg -10.6 1.8 -5.5 1.5 Grundrente €/ha -316 271 -233 407 Gewinn pro kg Milch Ct/kg 17.6 25.6 10.4 15.3 Gewinn pro Kuh €/Kuh 1 098 1 620 906 1 358 Gewinn pro Betrieb €/Betrieb 49 412 85 911 85 961 165 927

1: Rinderreport Baden-Württemberg und Milchreport Bayern (vgl. LEL; LFL, 2009-2011) Vor dem Hintergrund eines wahrscheinlich großen Einflusses von Skaleneffekten bei den größeren Tierbeständen der Betriebe mit ganzjähriger Stallhaltung deuten diese Ergebnisse an, dass die Weidehaltung auch für weitere, vielleicht insbesondere kleinstrukturierte Betriebe mit ausreichen-der Flächenarrondierung eine wirtschaftlich interessante Form der Grünlandnutzung sein könnte. Allerdings weisen die großen Unterschiede innerhalb der Weidebetriebsgruppe zwischen dem Durchschnitt und dem oberen Viertel auf bedeutende Optimierungspotenziale in der Praxis hin. Um diese Optimierungspotenziale zu detektieren und die wesentlichen Bestimmungsfaktoren für den

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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betriebswirtschaftlichen Erfolg zu erfassen, werden im Folgenden multiple lineare Regressionsana-lysen für die Parameter kalkulatorisches Betriebszweigergebnis pro kg Milch, kalkulatorisches Be-triebszweigergebnis pro Betrieb, Grundrente pro ha und Stundenentlohnung im Durchschnitt der drei Wirtschaftsjahre (2009 - 2011) dargestellt. Der Einfluss einzelner Variablen kann sich dabei in Abhängigkeit von der zu betrachtenden ökonomischen Zielgröße unterscheiden. Tab. 2 zeigt die durch die Regression erzielten Bestimmtheitsmaße, welche zwischen 0.465 und 0.660 liegen. Die Beta-Werte geben als standardisierte Koeffizienten den jeweiligen Einfluss der einzelnen Bestimmungsfaktoren an, wobei hohe Werte unabhängig vom Vorzeichen für ein hohes Signifikanzniveau stehen. Leere Felder bedeuten, dass für diesen Bestimmungsfaktor das Signifi-kanzniveau (p < 0.05) nicht erreicht wurde.

Tab. 2: Darstellung signifikanter Bestimmungsfaktoren innerhalb der Stichprobe für verschiedene ökonomische Kenngrößen durch multiple lineare Regression.

Kalk. BZE / kg Milch

Kalk. BZE / Be-trieb

Grundrente / ha

Stunden-entlohnung

Bestimmtheitsmaß R2 0.660 0.571 0.623 0.465 Standardfehler 0.063 14 985 318.1 5.919

Nicht standardisierte Koeffizi-enten für Konstante

B -0.694

SE 0.08

B -103 501

SE 14 066

B -2 086

SE 303

B -3.459

SE 3.470

Standardisierte Koeffizienten für signifikante Bestimmungs-faktoren

Beta Beta Beta Beta

Milchpreis 0.593 0.466 0.413 0.439 Grundfutterleistung in kg ECM/Kuh

- 0.257 0.280 0.358

Weidesystem1 - -0.215 - - Milchleistung in kg ECM/Kuh 0.528 - - - Hauptfutterfläche in ha - - 0.374 - Arbeitsaufwand/Kuh -0.337 - - - Kuhbestand - - - 0.222 Weidestunden/Kuh 0.203 - - - Arrondierter Flächenanteil in % - 0.197 - -

1: Dummy-Variablen: 0 = Kurzrasenweide, 1 = Umtriebs- und Portionsweide Tab. 2 macht deutlich, dass innerhalb der Stichprobe vor allem der Milchpreis (und damit die öko-logische Wirtschaftsweise) einen wesentlichen Einfluss auf den betriebswirtschaftlichen Erfolg von Weidebetrieben hat. Die ökologische Wirtschaftsweise ist zudem mit höheren staatlichen Aus-gleichsleistungen verbunden. Die Merkmale Grundfutterleistung und Milchleistung pro Kuh sowie die Betriebsgröße (Hauptfutterfläche und Kuhbestand) sind nicht unbedingt den Systemen Weide-haltung oder ganzjährige Stallhaltung zuzuordnen, wenngleich sie allgemein eine große Bedeu-tung für den wirtschaftlichen Erfolg von Milchproduktionssystemen haben. Das Weidesystem, der Arbeitsaufwand pro Kuh (saisonale Abkalbung), die hohe Anzahl der Weidestunden und der Anteil arrondierter Flächen sind hingegen typische Merkmale einer intensiven Weidemilcherzeugung (vgl. LEISEN et al., 2010; THOMET et al., 2011; LFL, 2012), wie sie häufig auf Vollweidebetrieben prakti-ziert wird.

Diskussion und Schlussfolgerungen Die nicht repräsentative Stichprobe der analysierten Weidebetriebe deutet das Erfolgspotenzial an, das insbesondere ökologisch wirtschaftende Weidebetriebe mit hohen Grundfutterleistungen, ho-hen Weidestundenzahlen, guter Flächenarrondierung und effizienter Arbeitswirtschaft realisieren können. Durch den Vergleich mit konventionellen Spitzenbetrieben Süddeutschlands wurde zwar deutlich, dass (Voll-)Weidehaltung vor dem Hintergrund der häufig schwierigen Umsetzbarkeit (Flächenarrondierung, ausreichend Niederschläge für intensive Weidenutzung, Technisierbarkeit) keine generelle Empfehlung darstellen kann. Zumindest kann diese Form der Milchproduktion al-lerdings, insbesondere bei einer Orientierung am oberen Viertel der Weidebetriebe, zu einer ver-stetigten Nutzung von Grünland führen und dem gesellschaftlich nicht erwünschten, gegenwärtig jedoch feststellbaren Verlust an Grünlandflächen begegnen. Viele Betriebsleiter könnten mit einer Umstellung auf Vollweidehaltung zögern, weil damit ein Paradigmenwechsel in der einzelbetrieblichen Milchproduktion verbunden sein kann. Beratung

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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kann die Motivation zur Umstellung jedoch erheblich fördern, sofern diese aus betriebsstrukturel-len, topografischen und pedologischen Gründen überhaupt möglich ist. Damit könnte die Grün-landbewirtschaftung von Flächen auf Grenzertragstandorten gesichert oder sogar ausgebaut wer-den. Gleichzeitig könnte sie auch auf besseren Standorten eine größere Wertschätzung erfahren. Damit diese Forderungen substantiiert werden können, wären jedoch stärkere Anstrengungen zur überregionalen bzw. internationalen Zusammenarbeit wünschenswert, um die zuvor genannten Ergebnistrends durch umfangreichere Forschungsaktivitäten bestätigen und gleichzeitig stärker in die Praxis tragen zu können. Beispielhaft ist die Möglichkeit zunehmender Züchtungsanstrengun-gen für vollweidegeeignete Milchkühe zu nennen, um ein produktionstechnisch vergleichbares Niveau wie in anderen Ländern mit etablierten Vollweidesystemen erreichen zu können.

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Optimierung von Milchproduktionssystemen mit Eingrasen Systemvergleich Hohenrain II

P. Hofstetter1, F. Akert2, L. Kneubühler2, P. Kunz2, H.-J. Frey1, J. Estermann1, W. Gut1, M. Höltschi1, H. Menzi3, R. Petermann1, H. Schmid1, B. Reidy2

1 Berufsbildungszentrum für Natur und Ernährung BBZN, Hohenrain / Schüpfheim, Schweiz

2 Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, Schweiz

3 Institut für Nutztierwissenschaften, Agroscope, Posieux, Schweiz [email protected]

Einleitung und Problemstellung Die Milchproduzenten in der Schweiz sind gefordert, die Produktivität und die Effizienz zu erhöhen und gleichzeitig die Produktionskosten zu senken. Die relativ kleinen Strukturen und das hohe Kos-tenumfeld in der Schweiz (HÖLTSCHI und HAAS, 2013; GAZZARIN et al., 2014) stellen die Betriebe dabei vor besondere Herausforderungen. Als mögliche Strategien zur Erhöhung der Konkurrenzfä-higkeit wurden bisher vor allem zwei gegensätzliche Milchproduktionssysteme untersucht: Hochleis-tungssysteme mit Mischrationen basierend auf einer maximalen Milchleistung pro Stallplatz sowie Vollweidesysteme, vielfach in Kombination mit saisonaler Abkalbung im Frühling. Das letztgenannte Produktionssystem strebt eine konsequente Reduktion der Kosten von teuren Positionen wie Kraft-futterzukauf oder Maschinen an (DURGIAI, 1996; GAZZARIN et al., 2011). Aufgrund topografischer und struktureller Einschränkungen, wie fehlende Ackerfläche oder schlech-te Arrondierung, praktiziert eine grosse Anzahl der Schweizer Milchproduzenten eine Mischform beider Systeme. Im Produktionssystem „Eingrasen“ werden die Kühe während der Vegetationszeit meist halbtags auf hofnahen Flächen geweidet. Je nach Futterangebot wird die Ration im Stall mit frischem Wiesenfutter von hoffernen Natur- oder Kunstwiesen bzw. Silage und Kraftfutter ergänzt. Dies hat den Vorteil, dass auch nicht arrondierte Flächen zur Produktion von Grünfutter genutzt werden können. Nachteilig sind die unausgeglichenen und schwankenden Nährstoffgehalte des Futters und die höheren Kosten für die Futtergewinnung. Im Vergleich zu Vollweidesystemen fallen die relativ hohen Arbeits- und Maschinenkosten stark ins Gewicht (GAZZARIN und SCHICK, 2004), vor allem wegen der täglichen Bereitstellung des Grünfutters. Infolge der weit fortgeschrittenen Spezialisierung auf die erwähnten Produktionssysteme wurde bisher im Europäischen Umfeld über die Produktionsform „Eingrasen“ wenig Forschung betrieben. In der Bretagne (F) wurden 30 Betrie-be, welche Grünfütterung im Stall praktizierten, untersucht (LACOUR, 2010; LOSQUE et al., 2013). Erstaunlicherweise unterschieden sich die Futterkosten der beteiligten Betriebe nicht von den Durchschnittswerten der übrigen Betriebe, welche keine Grünfütterung im Stall praktizierten. Aus ökologischer Sicht stellt sich auch die Frage nach der Nachhaltigkeit von Hochleistungssyste-men mit Mischrationen. So zeigten SUTTER et al. (2013), dass das Vollweidesystem in zehn von 13 Wirkungskategorien besser abschneidet. Die grösste Schwäche von Hochleistungssystemen, vor allem in jenen Betrieben ohne eigenen Ackerbau, ist der intensive Einsatz von Mais und Kraftfutter. Dies führt in der Schweiz üblicherweise zu einem grösseren Eiweissimport und löst einen hohen Ressourcenbedarf an Phosphor und Kalium aus. Das Weidesystem hingegen bewirkt einen höhe-ren Methanausstoss je Einheit energiekorrigierte (ECM) Milchmenge und einen grösseren Flächen-bedarf. Bei der Reduktion von Kraftfutter ist eine hohe Grundfutterleistung massgebend wie NOTZ et al. (2013) zeigten. In diesem Praxistest wurde durch die Reduktion des Kraftfutters weder eine Be-einträchtigung der Gesundheit, noch der Fruchtbarkeit bei den Kühen festgestellt. Modellversuche anhand süddeutscher Betriebe (ZEHETMEIER et al., 2013) zeigten, dass der Output an menschenverfügbarem Eiweiss im Verhältnis zum Input in Milchproduktionssysteme mit eher tiefer Milchleistung (6‘000 kg Milch/Jahr) und mit Zweinutzungsrassen (z.B. Deutsches Fleckvieh) höher sein kann als in Hochleistungssystemen mit milchleistungsbetonten Kühen (z.B. Holstein-Friesian: 10‘000 kg Milch/Jahr). Seit 1990 stieg die Milchleistung der Schweizer Kühe deutlich an (SBV, 2012). Zugleich wurden in der Schweiz kontinuierlich mehr Eiweissfuttermittel (BAUER, 2011)

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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importiert. Bei den Eiweissträgern steht Sojaschrot an erster Stelle. Wie und mit welchen ökonomi-schen und ökologischen Konsequenzen importierte Proteinträger durch einheimische Proteinres-sourcen vermehrt ersetzt werden können, sind in dem Forschungsprojekt deshalb wichtige Frage-stellungen. Das Hauptziel des Projektes besteht darin, basierend auf einem Systemvergleich praxistaugliche Optimierungsmöglichkeiten für Milchproduktionssysteme mit Verfütterung von frischem Wiesenfut-ter zu prüfen und entsprechende Empfehlungen für die Praxis zu erarbeiten. Im Rahmen des gesamten Projektes sollen folgende Arbeitshypothesen geprüft werden: Durch eine konsequente futterbauliche und produktionstechnische Optimierung des Systems

"Eingrasen" mit einem maximalen Grünfutteranteil in der Ration ist eine wettbewerbsfähige Milchproduktion möglich.

Die Wirtschaftlichkeit, die Effizienz sowie die Nachhaltigkeit werden wesentlich vom gewählten Milchproduktionssystem beeinflusst.

Durch den Einbezug der Pilotbetriebe wird durch den gegenseitigen Austausch eine effiziente Wissenserweiterung erreicht, die Ableitung allgemein anwendbarer Handlungsempfehlungen ermöglicht und ein wirksamer überregionaler Wissenstransfer in die Praxis sichgestellt.

Material und Methoden Im Rahmen eines Systemvergleichs werden von 2014 bis 2016 drei Milchproduktionssysteme untersucht und miteinander verglichen: Vollweide mit saisonaler Blockabkalbung im Frühling (VW), Eingrasen mit durchschnittlich 150 kg Kraftfutter pro Kuh und Jahr (EG150) und Eingrasen mit durchschnittlich 1‘000 kg Kraftfutter pro Kuh und Jahr (EG1000). Der Systemvergleich wird auf zwei Ebenen durchgeführt (Abb. 1). Einerseits werden auf dem Gutsbetrieb des Berufsbildungszentrums Natur und Ernährung in Hohenrain (LU) drei Herden entsprechend der Versuchsanordnung in Ta-belle 1 getrennt gehalten. Andererseits werden entscheidende Erfolgsfaktoren für die jeweiligen Produktionssysteme auf je 12 respektive 13 Pilotbetrieben im Schweizer Mittelland untersucht.

Abb. 1: Versuchskonzept des gesamten Projektes „Optimierung von Milchproduktionssystemen mit Eingrasen – Systemvergleich Hohenrain II“.

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Nachfolgende Messungen und Kalkulationen werden vorgenommen: Futterbau (Natur- und Kunstwiesen, Weide): Produktionsmenge, Zusammensetzung, Nährwerte

und Grashöhe Dünger: Art, Mengen und Zusammensetzung Tierhaltung: Milchmenge und Milchinhaltsstoffe, Body Condition Scoring (BCS), Lebendgewicht

der Milchkühe und Kälbergewicht, Reproduktions- und Gesundheitsdaten, Pansen-pH-Messungen, Aktivitätsmessungen sowie Futterverzehr des eingegrasten Grünfutters auf dem Versuchsbetrieb

Betriebs- und Arbeitswirtschaft: Vollkostenrechnungen Milch und Arbeitszeiterhebungen auf den Pilotbetrieben, Arbeitsproduktivität und Arbeitsverdienst

Nachhaltigkeit: Stoffflüsse und Ökobilanzen Wissenstransfer: Meetings in Arbeitskreisen mit den Pilotbetrieben (Benchmarking), Beurteilung

der Implementation Die angewendeten Methoden und die statistische Auswertung wurden in SUTTER et. al. (2013), GRENZ und THALMANN (2013), ELSÄSSER et al. (2013) sowie in HOFSTETTER et al. (2014) beschrie-ben. Die Berechnung der Futterflächen erfolgt über die Fütterungsplanung FUPLAN nach AGRIDEA

(2011).

Versuchsaufbau Gutsbetrieb Zwecks Simulation der drei eigenständigen Produktionssysteme, wurden Futterflächen und Stall-plätze den jeweiligen Herden zugeteilt. Den drei Herden mit systemangepassten Milchviehrassen stehen je 12 ha Hauptfutterfläche (HFF) zur Verfügung (Tab. 1).

Tab. 1: Versuchsanordnung in CH-Hohenrain (Luzern): Futterflächen und Herden (Beginn 2014).

Parameter Vollweide Eingrasen (EG150) Eingrasen (EG1000)Flächenanteil HFF: Kurzrasenweide, ha Eingrasen, ha Grassilage, ha Dürrfutter, ha Maisilage, ha Ökologische Ausgleichsfläche, ha

7.84

3.32

0.84

3.00 3.88 1.60 1.68 1.00 0.84

3.00 3.88 1.60 1.68 1.00 0.84

Herden: Braunvieh Kühe, Anzahl Produktionszuchtwert Braunvieh (MIW)1 Durchschnittliches Lebendgewicht, kg2

9 110.1

593

7 108.1

654

8 109.9

635 Swiss Fleckvieh (SF) Kühe, Anzahl Produktionszuchtwert SF (ILM)3 Durchschnittliches Lebendgewicht, kg2

9 101.1

600

7 105.0

665

7 104.9

672 Holstein-Friesian Kühe, Anzahl Produktionszuchtwerte Holstein (IPQ)4 Durchschnittliches Lebendgewicht, kg2

7

109.1 657

8 108.5

686 KiwiCross Kühe, Anzahl Gesamtzuchtwert (Abstammung - BW)5 Durchschnittliches Lebendgewicht, kg2

10 94.5 468

Erwartete Milchleistung/Kuh und Jahr, kg 5 500 7 000 9 000 Fütterung: Kraftfutter/Kuh und Jahr6 Winterration Sommerration Galtfütterung

Kein

Grassilage bis Weidebeginn

Kurzrasenweide

Ökoheu

85 kg EAF + 65 kg PAF

Mais-/Grassilage /Dürrfutter (1:1:1)

+0.5 kg PAF Tag-/Nachtweide Eingrasen + EAF

Ökoheu/Krippenreste

430 kg EAF+195 kg PAF + 375 kg LF Mais-/Grassilage /Dürrfutter (1:1:1) +1.5 kg PAF, LF Tag-/Nachtweide Eingrasen + EAF Ökoheu / Krippen-

reste Abkalbung Februar - April ganzjährig ganzjährig

1 MIW (Milchwert) = Teilzuchtwert für die Milchleistungsmerkmale, 2 Durchschnittswerte der 1. Hälfte 2014, 3 ILM: Teilzuchtwert für Milch (Milchmenge und Gehalt), 4 IPQ: Index für die Produktivität und Qualität, kombinierter Zuchtwert für Leistung und Gehalt, 5 BW: Bree-ding worth (Gesamtzuchtwert), annähernde Berechnung über den Abstammungszuchtwert, 6 EAF= Energieausgleichsfutter, PAF= Pro-teinausgleichsfutter, LF = Leistungsfutter.

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Auswahl der Pilotbetriebe In drei Regionen der Schweiz wurden insgesamt 38 Pilotbetriebe über Ausschreibungen in der landwirtschaftlichen Presse und über die lokalen Beratungsdienste gefunden. Sie erfüllen die in Tabelle 2 aufgelisteten Kriterien.

Tab. 2: Kriterienkatalog für die Auswahl der Pilotbetriebe in drei Regionen der Schweiz.

Produktionstyp VW EG150 EG1000 Anzahl Betriebe pro Region 4 4 4 Betriebsstruktur Anzahl Kühe Optimalerweise 6 Betriebe pro Produktionssystem je Grössenkategorie

A (22-49 Kühe/Betrieb) und B (>50 Kühe/Betrieb) Abkalbung von mind. 80% der

Tiere im Frühling, bzw. saisonal

Ganzjährig Ganzjährig

Fütterung Wiesenbestände Natur- und Kunstwiesen Kraftfutteranteil (in kg pro Tier und Jahr)

bis max. 300 < 500 800 bis 1‘200

Sommerfütterung Vollweide, kein Kraft-futter

Halbtagsweide/ Eingra-sen/ Ergänzungsfutter

Halbtagsweide/ Eingrasen/ Ergän-

zungsfutter Winterfütterung Keine Einschränkungen Arbeitstechnische Kriterien (diese Kriterien sind erwünscht, nicht zwingend) Mähsystem Frontmähwerk Stallung Laufstall Melksystem Melkstand oder automatisches Melksystem Betriebswirtschaftliche Kriterien Buchhaltung Vorhanden und einsehbar

Nachhaltigkeit Die Nachhaltigkeit der Pilotbetriebe wird dem Modell (RISE; Response-Inducing Sustainability Eva-luation; Grenz & Thalmann, 2013) unter Berücksichtigung des Umfeldes und aller Aspekte der Nachhaltigkeit beurteilt. RISE zeigt die Stärken und Schwächen des Betriebes, unterstützt die Be-wusstseinsbildung und zeigt Handlungsoptionen für Verbesserungen auf. Zudem werden die Be-triebe mit dem im Interreg-Projekt DAIRYMAN (DAIRYMAN, 2014; Elsässer et al., 2013) entwickel-ten Nachhaltigkeitsindex bewertet und mit den Betrieben dieses Projektes in verschiedenen Län-dern Europas verglichen.

Wissenstransfer und Innovation Ein Hauptziel ist ein effektiver überregionaler Wissenstransfer der erarbeiteten Erkenntnisse in die breite Praxis. Eine erfolgreiche Implementation von neuem Wissen und neuen Technologien er-folgt in mehreren Schritten (ROGERS et al., 2001). Der Innovationsprozess beginnt mit der Kenntnis einer neuen Technologie und der Überzeugung, dass diese sinnvoll angewendet wird. Daraufhin wird eine Entscheidung getroffen, sie zu implementieren. Am Schluss des Innovationsvorganges steht die Bestätigung, sei es in Form von weniger Arbeit oder einem Imagegewinn. Die einzelnen Schritte der Implementation von Wissen und Innovationen sollen dabei im Wissenstransfer- und Kommunikationsprozess bewusst auf Basis der „Best Practices“ Methode (HEANUE et al., 2012) integriert und mit partizipativen Modellen (Arbeitskreise) gefördert werden.

Ergebnisse und Diskussion Die Erhebungen auf dem Gutsbetrieb dienen der Erarbeitung erweiterter wissenschaftlicher Grund-lagen. Diese werden den Ergebnissen auf den Pilotbetrieben gegenübergestellt und diskutiert. Dadurch sollen ein optimaler Wissenstransfer zwischen Praxis, Forschung und Beratung ermög-licht und Innovationsprozesse gefördert werden. Die Stärken und die Wirkungen der verschiede-nen Ebenen des Projektes sind in Abbildung 1 zusammengestellt.

Beteiligte Forschungs- und Umsetzungspartner Neben den hauptverantwortlichen Institutionen HAFL und BBZN (vgl. Autoren) sind das Institut für Nutztierwissenschaften in Posieux und das Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften in Tänikon (Ettenhausen) der Eidg. Forschungsanstalt Agroscope sowie die Beratungsdienste des Kantons

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Förderung der graslandbasierten Milchproduktion

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Bern (Inforama Rüti, Zollikofen) und des Kantons Thurgau (Bildungs- und Beratungszentrums Are-nenberg, Weinfelden) am Projekt aktiv beteiligt. Finanziell wird das Projekt unterstützt von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI, Bern), vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW, Bern), von den Schweizer Milchproduzenten (SMP, Bern), von der Genossenschaft der Zentral-schweizer (ZMP, Luzern) und der Thurgauer (TMP, Weinfelden) Milchproduzenten sowie von der Genossenschaft Vereinigte Milchbauern Mitte-Ost (Gossau SG).

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Einfluss der Fütterung auf die Zusammensetzung der Milchinhaltsstoffe

W. Bisig1, C. Bär1, M. Sutter2, B. Reidy2, C. Egger1, R. Portmann1 1 Agroscope, Institut für Lebensmittelwissenschaften, Bern-Liebefeld, Schweiz

2 Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, Schweiz

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Diverse Studien untersuchten den Einfluss verschiedener Fütterungspraktiken von Kühen auf die Zusammensetzung der Milchinhaltsstoffe. Bisher konzentrierten sich die Untersuchungen auf die Milchfettfraktion. Es wurde aufgezeigt, dass die Milchfettfraktion stark von der Art der Futterration der Kühe beeinflusst wird. Ein hoher Anteil an Wiesenfutter reduziert gemäss mindestens neun Studien den Anteil gesättigter Fettsäuren und erhöht die Anteile einfach und mehrfach ungesättig-ter Fettsäuren (BISIG in THOMET et al., 2011). N-3-Fettsäuren wurden durch reine Grasfütterung gegenüber der jeweiligen Standard-Mischration um 51 bis 330% erhöht. Teilweise wurde auch ein Einfluss der Höhenlage auf das Fettsäuremuster gefunden, insbesondere höhere Gehalte an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) bei höheren Lagen (COLLOMB et al., 2002.; HAUSWIRT et al., 2004; LEIBER et al., 2005; CHILLIARD et al., 2007; BISIG et al., 2008), andere wiederum konn-ten dies nicht bestätigen (BARTL et al., 2008). LEIBER et al., (2005) führten dies auf eine Körper-fettmobilisation zurück, da im Wiesenfutter in der höheren Lage auf 2000 m.ü.M. nicht mehr unge-sättigte Fettsäuren gemessen wurden. Im Übersichtsartikel von BISIG in THOMET et al., (2011) wur-den auch für die konjugierten Linolsäuren (CLA) in der Milch in acht Studien durch Grasfütterung gegenüber der Standard-Mischration um 77 bis 244% höhere Werte gefunden. Diverse Untersu-chungen postulierten oder fanden einen Einfluss der botanischen Zusammensetzung des Wiesen-futters auf das Fettsäurespektrum der Milch (COLLOMB et al., 2002; MARTIN et al., 2009; COPPA et al., 2012), andere konnten diesen Einfluss nicht feststellen (ADLER et al., 2013). N-3-Fettsäuren haben in ausreichend hoher Konzentration positive gesundheitliche Effekte bezüg-lich Herz-Kreislaufkrankheiten und bezüglich gesunder Entwicklung bei Kindern (EFSA, 2011; BLV, 2014). Den CLA werden krebs- und entzündungshemmende Eigenschaften und ein positiver Effekt auf die Körperfettreduktion zugeschrieben (AMARU et al., 2010; WHINGHAM et al., 2007). EFSA hat bisher mangels genügender wissenschaflicher Belege noch keine Gesundheitsanpreisung für CLA bewilligt (EFSA, 2010). Bezüglich des Totalproteingehalts haben Studien gezeigt, dass dieser nur in geringem Masse durch die Fütterung beeinflusst wird. In den meisten Fällen führte eine erhöhte Menge an Kraftfut-ter zu einer Steigerung sowohl des Proteingehalts als auch der Ausbeute bei der Käseherstellung (JENKINS und MCGUIRE, 2006). BRODZIAK et al., (2012) fanden in Milch mit konventioneller weide-betonter Fütterung einen höheren Gehalt an Molkenproteinen als bei TMR-Fütterung. Gemäss KRZYZEWSKI et al., 1997 und BRODZIAK et al., 2012 sind über 50% der Gehaltsänderungen in Kuhmilch durch genetische Faktoren verursacht und etwa 40% durch die Fütterung und weitere Umweltfaktoren. Der Einfluss auf Gesamtgehalt und Zusammensetzung ist beim Fett höher als beim Protein (WALKER et al., 2004). Gemäss diesen Autoren sind vor allem die verfügbare metabo-lisierbare Energie und das verfügbare metabolisierbare Protein im Futter für den Proteingehalt der Milch relevant. Die Veränderungen der einzelnen Proteine wurden bisher noch nicht untersucht. Wahrscheinlich, weil geeignete Quantifizierungsmethoden nicht existierten oder zu aufwändig wa-ren. In einer laufenden KTI-Studie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaf-ten HAFL und Agroscope in Zusammenarbeit mit IP-Susse wird mit einer neu entwickelten Metho-de der Einfluss der Fütterung auf die Proteinzusammensetzung (20 Proteine) von Milch untersucht (REIDY et al., 2013). Ingesamt wurden in Milch bisher 265 Proteine identifiziert, davon 225 in der Fettkügelchenmembran (LE et al., 2013). Milchproteine haben viele verschiedene Funktionen als biologisch hochwertiges Protein und damit Lieferant von essentiellen Aminosäuren, als Transport-vehikel für Kalzium und Phosphat, als antimikrobielle Proteine, Wachstumsfakoren, Enzyme, Hor-mone, Antikörper oder als Immun-Stimulans (HAUG et al., 2007).

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Im Folgenden sollen die Ergebnisse von drei Studien über den Einfluss der Fütterung auf die Zu-sammensetzung der Fettsäuren in der Praxis in der Schweiz dargestellt werden, sowie erste Er-gebnisse einer Vorstudie zum Einfluss auf die Proteinzusammensetzung gezeigt werden.

Material und Methoden

Bergmilchprojekt COLLOMB et al., 2008 und BISIG et al., 2008 sammelten monatlich über ein Jahr Mischmilch von zwölf Molkereien und Käsereien in den fünf Schweizer Berggebieten Engadin, Rheinwald, Tog-genburg, Luzerner Hinterland und Oberes Emmental. Die Höhenlage der Grünlandfutterproduktion für den Sommer betrug 1247 ± 465 m ü.M. und für den Winter 1136 ± 310 m ü.M. Insgesamt wur-den 71 Mischmilchen der Sommersaison (Mai bis Oktober) und 48 der Wintersaison (Dezember bis März) untersucht. Wegen der Fütterungsumstellung zwischen den beiden Jahreszeiten wurden die Resultate der Monate April und November nicht in die Auswertungen einbezogen. Die Herden setzten sich durchschnittlich aus 54 % Braunvieh, 18 % Schweizer Fleckvieh, 7 % Simmentaler-, 14 % Red Holstein-, 5 % Holstein- und 2 % Jersey-Kühen zusammen. Die Milchproben wurden zentrifugiert, der Rahm bei 5°C stark geschlagen, die resultierende Butter geschmolzen und mittels hydrophobem Filter gereinigt. Das reine Milchfett wurde gesammelt und bei -20°C bis zur Analyse gelagert. Nach Auflösung des Milchfettes in reinem Hexan erfolgte die Umesterung der Triglyzeride zu Methylestern der entsprechenden Fettsäuren mittels Kaliumhydro-xid in Methanol gemäss dem ISO-Standard 15885, (1997). Die Fettsäuren wurden mittels Gas-chromatographie (COLLOMB und BÜHLER, 2000) und die CLA-Isomere mittels Silberionen-HPLC gemäss COLLOMB et al., (2004) bestimmt. Eine Kovarianzanalyse wurde durchgeführt, um Effekte der Jahreszeit, des Grünlandfutteranteils und der Höhenlage zu eruieren.

Systemvergleich Hohenrain Im Systemvergleich Milchproduktion Hohenrain wurde von WYSS et al., (2011) u.a. die Milchin-haltsstoffe von zwei Herden unterschiedlicher Fütterung über drei Jahre verglichen: Erstens einer Weideherde mit saisonaler Abkalbung im Frühjahr, Kurzrasenweide rotierend in vier Parzellen von März bis November sowie geringen Kraftfuttergaben (285 kg/Laktation) und zweitens einer Stall-herde mit ganzjähriger - aber im Juni und August gehäufter Abkalbung, gefüttert mit einer Teil-Mischration aus Gras- und Maissilage ergänzt mit höheren Protein-Kraftfuttergaben (1094 kg/Laktation) und etwas Weide. Die Analyse der Milchfettsäurenzusammensetzung erfolgte wie vorangehend beschrieben.

Studie Wiesenmilch In der Vorstudie Wiesenmilch wurde Hofmilch von 12 Landwirtschaftsbetrieben auf die zwei Milch-inhaltstoff-Gruppen Fettsäuren und 20 wichtige Proteine untersucht. Die Betriebe hatten vier unter-schiedliche Fütterungsstrategien: Vollweide, Schweiz klassisch mit hohem Anteil Wiesenfutter, Teilmischration TMR Schweiz mit weniger Wiesenfutter und Teil-/Totalmischration TMR Deutsch-land mit wenig Wiesenfutter und hohen Kraftfuttergaben. Die erfassten Rationen über alle Betriebe im Jahresdurchschnitt setzten sich gemäss Tab. 3 zusammen. Zudem wurde auch konventionelle Milch, Wiesenmilch und Bio-Milch vom Markt aus den drei ver-schiedenen Milch-Einzugsgebieten und Molkereien Estavayer-Jura (Estavayer Lait SA), Suhr (Mit-tellandmolkerei) und Schwyz (Milchhuus Schwyz AG) auf die Fettsäurezusammensetzung unter-sucht.

Tab. 3: Durchschnittliche Zusammensetzung der Futterration der 12 Landwirtschaftsbetriebe übers Jahr (pro Betrieb 10 Messpunkte von Nov. 2011 bis Nov. 2012).

Futterkomponente Von BisAnteil Wiesenfutter (Anteil in TS) 22% 99%Anteil Maissilage (Anteil in TS) 0% 42%Kraftfuttermenge (g/kg ECM) 0 g 273 gECM: Energie-korrigierte Milch

Die Analyse der Fettsäuren erfolge gemäss der vorangehend aufgeführten Methode. Um den Ein-fluss der Fütterung auf die Milchproteine zu untersuchen wurde eine neue Methode entwickelt, welche auf Massenspektrometrie basiert und die Quantifizierung von 20 wichtigen Proteinen in der Milch erlaubt (MATHIS et al., 2012; BÄR et al., 2013). Damit ergab sich erstmals die Möglichkeit,

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Unterschiede zwischen der Menge an individuellen Milchproteinen festzustellen. Die Methode ba-siert auf “Selected Reaction Monitoring”, einer speziellen massenspektrometrischen Messtechnik. Dazu wurden die Proteine zuerst mit Trypsin enzymatisch abgebaut wodurch spezifische Peptide generiert wurden. Jeweils ein Peptid, welches ein gutes Signal im Massenspektrometer zeigte, keine post-translationelle Modifikation oder speziesspezifische Variationen enthielt und in seiner Sequenz einzigartig war, wurde pro Protein gewählt. Diese Peptide wurden zusammen mit iso-topisch markierten Peptiden derselben Aminosäuresequenz (Interner Standard) über eine Chroma-tographie aufgetrennt. Dabei verhielten sich die markierten und die natürlichen Varianten identisch und eluierten somit jeweils als Paar. Die Peptide wurden anschliessend ionisiert und in das Mas-senspektrometer eingespritzt und konnten dank der isotopischen Markierung (geringe Massendif-ferenz) getrennt gemessen werden. Durch den Vergleich der Signalintensität zwischen den natürli-chen und den markierten Peptiden (Standard definierter Konzentration) konnte die absolute Menge des natürlichen Peptids, und damit des ursprünglichen Proteins bestimmt werden (Abb. 1).

Abb. 1: Bestimmungsmethode von 20 Milchproteinen mittels spezifscher Peptidsequenzen, Chromatographie und Massenspektrometrie (MATHIS et al., 2012; BÄR et al. 2013).

Ergebnisse und Diskussion

Bergmilchprojekt Mit steigendem Grünlandfutteranteil in der Ration sank die Konzentration der gesättigten Fettsäu-ren (SFA) signifikant. Gleichzeitig stiegen die Konzentrationen von einfach ungesättigten Fettsäu-ren (MUFA), PUFA, trans-Fettsäuren ohne CLA, n-3-Fettsäuren (n-3 FA), CLA (Abb. 2) und auch das Verhältnis von n-3 zu n-6 Fettsäuren. Der signifikant höhere Anteil an frischem Gras bei höhe-rem Anteil Grünlandfutter erklärte die Reduktion der Konzentration der SFA und die Erhöhung der MUFA und PUFA (KELLY et al., 1998; DHIMAN et al., 1999). Höhere Gehalte an n-3 FA mit steigen-dem Anteil Grünlandfutter wurden auch von den beiden genannten Forscherteams gefunden. Mit steigender Höhenlage der Grünlandfuttergewinnung nahm der Gehalt an SFA signifikant ab und die Konzentrationen der MUFA, PUFA, trans-FA ohne CLA, Alpha-Linolensäure, n-3 FA (Abb.

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3), n-6 FA sowie das Verhältnis n-3 zu n-6 FA stiegen signifikant. Die CLA-Konzentration korrelier-te nicht signifikant mit der Höhenlage der Grünlandfuttergewinnung. Die durch COLLOMB et al., (2002) gefundene niedrigere Konzentration von SFA in hohen Lagen wurde bestätigt. Ebenso fan-den LEIBER et al., (2005) einen geringeren Gehalt an kurz- und mittelkettigen SFA in Milchfett von hochalpin gehaltenen Kühen. Die höhere Konzentration an PUFA und der tiefere Gehalt an CLA in Milch aus höheren Lagen könnten gemäss BUGAUD et al., (2001) auch auf eine reduzierte Biohy-drierung im Pansen bei Tieren, die in den Bergen gefüttert werden, zurückgeführt werden. Eine Mobilisierung von ungesättigten FA aus Körperfett infolge eines Energiedefizits könnte die Werte an MUFA und PUFA mit steigender Höhenlage anheben. Die mit steigender Höhenlage signifikant höhere n-3 FA-Konzentration kann durch den höheren Anteil frischen Grases erklärt werden (DHI-

MAN et al., 1999; KELLY et al., 1998).

Abb. 2: Einfluss des Grünlandfutteranteils auf den Gehalt (g/100 g Milchfett) von wichtigen ernäh-rungsphysiologisch bedeutenden Fettsäuregruppen von Bergmilch (COLLOMB et al., 2008; BISIG et al., 2008).

Abb. 3. Einfluss der Höhenlage der Grünlandfuttergewinnung auf den Gehalt (g/100 g Milchfett) von wichtigen ernährungsphysiologisch bedeutenden Fettsäuregruppen von Bergmilch (COLLOMB et al., 2008; BISIG et al., 2008).

Systemvergleich Hohenrain Milch von Kühen, welche auf der Weide gehalten wurden, hatte insbesondere während der Haupt-weidezeit von April bis Oktober weniger SFA und mehr MUFA und PUFA im Vergleich zu Milch der Stallherde. Im Verlauf der Weidesaison wurde in der Milch der Weideherde ein Anstieg des Ge-

70 80 90 100

% Grünlandfutter

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3

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FA

70 80 90 100

% Grünlandfutter

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halts an n-3 FA von ca. 1.4 auf 2.0 g /100 g Fett gemessen (WYSS et al., 2011). In der Milch der Stallherde wurden übers Jahr gleichbleibende tiefere Werte von durchschnittlich 0.9 g/100 g Fett gefunden. Der deutlichste Einfluss der Weidefütterung konnte im Laufe der Weidesaison bei den CLAs festgestellt werden. Der Gehalt stieg von ca. 0.8 g/100 g Fett im Februar/März auf 2.8 g/100 g Fett im September/Oktober. Bei der Stallherde mit Mischfütterung blieben die Werte übers Jahr mit ca. 0.6 g/100 g Fett praktisch gleich. Einen vergleichbar hohen Anstieg des CLA-Gehaltes durch Grasfütterung gegenüber einer stark silomais-basierten Fütterung konnten COUVREUR et al., (2006) und HURTAUD et al., (2010) feststellen. Details sind im Posterbeitrag von U. Wyss an dieser Tagung ersichtlich.

Studie Wiesenmilch Die Untersuchungen aus den 12 Landwirtschaftsbetrieben, von denen sich 11 in der Talzone be-finden, konnten die Ergebnisse der zwei vorangehenden Arbeiten Bergmilchprojekt und System-vergleich Hohenrain bezüglich der Fettsäurezusammensetzung bestätigten (BÄR und SUTTER, 2014). So wurde in der Milch der Landwirtschaftsbetriebe mit einem höheren Wiesenfutteranteil ein höherer Gehalt an PUFA, an n-3-FA und an CLA festgestellt. Der Anteil an SFA war in Milch von Vollweidebetrieben geringer, ebenfalls in Übereinstimmung mit den vorangehenden Studien. Abb. 4 zeigt den Verlauf des n-3-Fettsäurengehalts in der Milch der vier Fütterungsstrategien (Mittelwer-te der jeweils 3 Hofmilchen pro Fütterungsgruppe) in g/L über ein Jahr.

Abb. 4 Mittelwerte des Omega 3 Gehalts der unterschiedlich produzierten Milchsorten in g/L über den Verlauf eines Jahres (Nov 2011 bis Nov 2012), sowie die Mittelwerte pro Gruppe übers ganze Jahr (Bär und Sutter, 2014).

Milch der Vollweidebetriebe wies über das ganze Jahr mit bis zu 1 g/L im Oktober 2012 den höchs-ten n-3 FA-Gehalt auf. Wie in den beiden vorangehenden Studien stieg der Gehalt im Verlauf der Weideperiode an. Milch der deutschen TMR Betriebe enthielt die niedrigsten Werte (+/- 0.3 g/L), Milch von klassischen Schweizer Betrieben mittlere Werte von 0.45 und 0.7 g/L an n-3 FA. Um den Einfluss von Wiesenfutter noch sichtbarer zu machen, wurden die Einzelwerte der Betriebe [g/L] in Abhängigkeit vom Wiesenfutter- bzw. Maissilage-Anteil aufgetragen (Abb. 5, links bzw. rechts).

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Abb. 5 Gehalt an n-3 Fettsäuren (Omega-3) in Milch der unterschiedlichen Fütterungsstrategien in g/L in Abhängigkeit vom Anteil Wiesenfutter (linke Abbildung) bzw. Maissilage (rechte Abbildung) in der Futterration. 12 Betriebe mit je 10 Messpunkten im Laufe eines Jahres (Bär und Sutter, 2014).

Es zeigte sich eine positive Korrelation des n-3 Fettgehalts der Hofmilchen zum Wiesenfutteranteil in der Ration (Abb. 5). Die Milch der Vollweidebetriebe (Wiesenfutteranteil abhängig von der Jah-reszeit 0.6-1.0) enthielt entsprechend einen hohen n-3-FA-Gehalt, die Milch von ausländischen TMR-Betrieben mit einem Wiesenfutteranteil zwischen 0.2 und 0.4 in der Ration einen niedrigen. Die Werte für den n-3 FS-Gehalt der Milch von klassischen Schweizer Betrieben lagen dazwi-schen. Mit abnehmendem Wiesenfutteranteil stieg der Maissilage-Anteil in der Ration und der n-3 FS-Gehalt sank. Bereits in den vorangehenden Untersuchungen wurde festgestellt, dass Milch von Kühen mit einem hohen Anteil Wiesenfutter in der Ration besonders reich an CLA ist. Die Wiesenmilchstudie bestätigte dies. Die Mittelwerte des CLA-Gehalts von Milch aus wiesenfutterbasierter Produktion waren mit Ausnahme des Wintermonats Februar über das Jahr höher als die Mittelwerte der Milch von TMR-Betrieben oder von klassischen Schweizer Betrieben (Abb. 6). Im Verlaufe der Weide-saison kann wie schon beim Bergmilchprojekt und beim Systemvergleich Hohenrain ein Anstieg festgestellt werden.

Abb. 6 Mittelwerte des CLA-Gehalts von je 3 Hofmilchen der vier verschiedenen Fütterungsstra-tegien im Verlauf eines Jahres (Nov 2011 bis Nov 2012), sowie die Mittelwerte pro Grup-pe übers ganze Jahr (BÄR und SUTTER, 2014).

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In der Auftragung der Einzelwerte gegen den Wiesenfutteranteil zeigte sich die deutliche Korrela-tion eines höheren Wiesenfutteranteils in der Ration mit einem höheren Gehalt an CLA in der Milch (Abb. 7).

Abb. 7 CLA-Gehalt in den unterschiedlich produzierten Milchsorten über den Verlauf eines Jah-res (Nov 2011 bis Nov 2012) in Abhängigkeit vom Anteil Wiesenfutter in der Futterration (BÄR und SUTTER, 2014).

Für den Konsumenten sind vor allem die Gehalte an wertvollen Milchinhaltsstoffen in käuflichen Produkten im Supermarkt von Interesse. Die Gehalte der als besonders hochwertig geltenden Fettsäuren in den kommerziellen Produkten aus den drei Molkereien sind in Tab. 4 dargestellt.

Tab. 4: Vorläufige Ergebnisse zur Fettsäureanalyse der kommerziellen Trinkmilchen aus der Re-gion Suhr bzw. in der Region Schwyz (kommerzielle Proben Juni und Juli 2013) bzw. aus dem Einzugsgebiet von ELSA (kommerzielle Proben November 2011 bis Oktober 2012; Angaben in g/100 g Fett: ALA = Alpha-Linolensäure).

Suhr Schwyz Einzugsgebiet ELSA

Fett-säuren

Konven-tionelle

Milch

(Past)

Wiesen-milch

(Past)

Bio-milch

(Past)

Konven-tionelle

Milch

(Past)

Wiesen-milch

(Past)

Bio-milch

(Past)

Konven-tionelle

Milch

(UHT)

Wiesen-milch

(UHT)

Bio-milch

(UHT)

n =2 n =2 n =2 n =2 n =2 n =2 n=6 n=6 n=6

C18:3 c9c12c15 (ALA)

0.476 0.469 0.685 0.689 0.791 0.793 0.576 0.668 0.812

Omega 3 0.895 0.897 1.294 1.239 1.387 1.394 1.058 1.179 1.478

CLA 0.746 0.731 1.051 1.073 1.173 1.223 0.724 0.688 1.152

PUFA 3.624 3.645 4.332 4.220 4.437 4.494 3.963 3.954 4.747

MUFA 24.195 24.196 24.748 24.787 25.080 24.332 24.029 23.708 24.840

SFA 61.340 60.686 60.957 60.432 60.302 58.290 61.613 62.359 60.243

Erste Ergebnisse zeigten Unterschiede zwischen den verschiedenen Milchtypen Konventionelle-Milch, Wiesenmilch und Bio-Milch. Ausser beim Standort Suhr wiesen die Wiesenmilchen höhere Werte an Alpha-Linolensäure, n-3-Fettsäuren, und für Schwyz auch mehr PUFA und CLA auf. Bio-Milch hatte noch höhere Gehalte dieser Fettsäuregruppen, auch für das Gebiet Suhr und beson-

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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ders deutlich für das Gebiet ELSA-Jura. Besonders deutlich war der Unterschied zwischen den Regionen Suhr und Schwyz. Schwyz ist ein typisches Graslandgebiet, damit waren die Anteile von Wiesenfutter dort höher als im Ackerbaugebiet Suhr. Dies wird im laufenden KTI-Projekt erfasst.

Einfluss der Fütterung auf die Proteinzusammensetzung, Studie Wiesenmilch Der Einfluss der Fütterung auf die Proteinzusammensetzung wird anhand einer Auswahl der untersuchten 20 Proteine aufgezeigt. Abb. 8 zeigt die Auswirkungen des Wiesenfutter bzw. Kraft-futteranteils auf den Alpha-s2-Kasein-Gehalt. Es konnte nur ein geringer nicht signifikanter Einfluss festgestellt werden, tendenziell sinkt der Gehalt leicht mit mehr Wiesenfutter und mit weniger Kraft-futter. Ein ähnlicher Zusammenhang konnte für Beta-Casein beobachtet werden (ohne Abbildung).

Abb. 8 Alpha-s2-Casein-Gehalt der unterschiedlich produzierten Milchsorten in g/L über den Ver-lauf eines Jahres (Nov 2011 bis Nov 2012) in Abhängigkeit vom Anteil Wiesenfutter (linke Abbildung) bzw. Kraftfutter (rechte Abbildung) in der Futterration (BÄR und SUTTER, 2014).

Der Fütterungseinfluss war auch auf das Molkenprotein Lactoferrin, welches für die Eisenabsorp-tion wichtig ist und antimikrobiell wirkt, gering (Abb. 9). Gering war auch der Einfluss auf die Gehal-te von weiteren Molkenproteinen wie Alpha-Laktalbumin oder Laktoperoxidase.

Abb. 9 Lactoferrin-Gehalt der unterschiedlich produzierten Milchsorten in g/L über den Verlauf eines Jahres (Nov 2011 bis Nov 2012) in Abhängigkeit vom Anteil Wiesenfutter (linke Ab-bildung) bzw. Kraftfutter (rechte Abbildung) in der Futterration.

Lactophorin (Proteose-Pepton PP3) ist ein Protein der Fettkügelchenmembran. Es hemmt die Li-poproteinlipase und somit die Lipolyse und es hat schaumbildende und emulgierende Eigenschaf-ten (GIRARDET et al., 1993). Mit höherem Wiesenfutteranteil und tieferer Kraftfuttergabe nahm der Gehalt leicht ab, das Bestimmtheitsmass ist jedoch mit R2 = 0.141 bzw. R2= 0.072 sehr gering (Abb. 10).

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Abb. 10 Der Lactophorin-Gehalt der unterschiedlich produzierten Milchen in g/L über den Verlauf eines Jahres (Nov 2011 bis Nov 2012) in Abhängigkeit vom Anteil Wiesenfutter (linke Ab-bildung) bzw. Maissilageanteil (rechte Abbildung) in der Futterration.

Erste Ergebnisse zum Einfluss der Fütterung auf die einzelnen Proteine lassen kleine Unterschie-de erkennen. Für Kaseine, insbesondere für Alpha-s1-Kasein, welches allein 30 % der gesamten Milchproteine ausmacht, konnte mit der neu entwickelten Methode über den Jahresverlauf ein ähn-liches Verhalten wie für den Gesamtproteingehalt festgestellt werden. Die Einzelpunkt-Darstellungen der Daten für Alpha-s2-Kasein zeigen eine tendenzielle Abnahme bei erhöhtem Wiesenfutteranteil. Es konnte auch eine geringe Abnahme des Fettkügelchen-Membranproteins Lactophorin mit höherem Wiesenfutteranteils festgestellt werden, was aufgrund der Lipolyse-hemmenden Wirkung dieses Proteins eher ein Nachteil wäre.

Schlussfolgerungen Die drei betrachteten Schweizer Studien bestätigen alle den ernährungsphysiologisch vorteilhaften Einfluss eines hohen Wiesenfutteranteils auf die Fettsäurezusammensetzung, insbesondere n-3 Fettsäuren und CLA, welcher bereits früher in diversen Studien festgestellt wurde (BISIG in THOMET et al., 2011). Von der gewichtsmässigen Konzentration her könnte Käse aus Milch produziert mit hohem Wiesenfutteranteil als „reich an Omega-3 Fettsäuren“ bezeichnet werden, pro 100 kcal ge-rechnet jedoch nicht (BLV, 2014; EFSA, 2011). In Tierstudien konnten für CLA antikanzerogene und körperfettreduzierende Wirkungen festgestellt werden. Die gesundheitsfördernde Wirkung auf den menschlichen Organismus wird aktuell in meh-reren Studien überprüft und wurde auch bereits festgestellt (HAUG et al., 2007). Bisher ist jedoch noch keine Gesundheitsanpreisung für Lebensmittel zugelassen (EFSA, 2010). Die vorläufigen Ergebnisse ermöglichen einen ersten Einblick in die Regulation der Proteinzu-sammensetzung bei Veränderung der Rationszusammensetzung. Der Einfluss der Futterration auf die Proteinzusammensetzung scheint gering zu sein. In weiteren Untersuchungen im laufenden KTI-Projekt wird dies noch genauer untersucht.

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Imagewirkung von weidenden Kühen

D. Weiß

ARGE Landnutzung, Tannsberg 6, Grüningen, Deutschland

[email protected]

Milcherzeugung und Landwirtschaft im gesellschaftlichen Kontext Die Milcherzeugung in Mitteleuropa und auch in der Schweiz war in den letzten Jahrzehnten ge-prägt von imposanten Verbesserungen in Hinsicht auf die Tiergesundheit (z.B. sinkende Zellzah-len), Leistungen (Menge und Inhaltstoffe) und Hygiene (Keimzahlen). Die Milch ist heute eines der am intensivsten beprobten Lebensmittel überhaupt, viele Molkereien erfassen in jeder Charge des Einzelbetriebes die Daten für Inhaltstoffe, Zellzahl, Keimzahlen und Hemmstoffe. Trotz dieser enormen Anstrengungen und Leistungen der Milcherzeuger und Verarbeiter ist das Vertrauen und die Wertschätzung der Verbraucher in die Milcherzeuger und Verarbeiter in diesem Zeitraum nicht gestiegen (vgl. DIE ZEIT 2009). Im Vergleich zur Schweine- oder Geflügelfleischerzeugung wird die Milcherzeugung in der Öffentlichkeit (noch) sehr positiv wahrgenommen (vgl. DER SPIEGEL 2013), angesichts der erheblichen Verbesserungen vieler Qualitätsparameter sollte die Wertschätzung des Verbrauchers jedoch steigen und nicht sinken oder stagnieren. Ein wesentlicher Grund für dieses auseinanderdriften von Objektiv messbaren Qualitätsparame-tern und dem subjektiv empfundenen Vertrauen des Verbrauchers in landwirtschaftliche Produkte könnte der allgemeinen strukturellen Entwicklung geschuldet sein. Der Anteil der Landwirte an der Gesamtbevölkerung hat sich gegenüber der Situation im Jahre 1960 um 66 bis 89 % reduziert (Tab 1). Durch die geringe Zahl an Landwirten sind der Kontakt und der Informationsaustausch zwischen Landwirten und der allgemeinen Bevölkerung daher dramatisch eingebrochen, viele Ver-braucher können die komplexen Erzeugungs- und Verarbeitungsketten von Lebensmitteln nicht mehr überblicken. Die Landwirtschaft und auch die verarbeitenden Betriebe sind daher immer stärker gefordert Ihre Produktions- und Verarbeitungsmethoden offensiv zu kommunizieren. Der Wiederstand, den mittlerweile vielen größeren Stallbauprojekten entgegenschlägt ist erheblich. Für viele Bevölkerungsschichten sind große Stallbauprojekte kaum mehr vermittelbar und belasten inzwischen das grundsätzlich positive Image der Landwirtschaft.

Tab. 1: Anteil der Erwerbstätigen im primären Sektor (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei) in den Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz. Quelle: Statistische Bundesämter Wiesbaden, Wien, Bern 2014.

Erwerbstätige primärer Sektor 1960 2013 Rückgang 1960-2013 Deutschland 13,7 % 1,5 % -89 % Österreich 15,0 % 5,1 % -66 % Schweiz 14,5 % 3,6 % -75 %

Umfang Weidehaltung Gesicherte, nachvollziehbare Daten zur Weidehaltung von Milchkühen liegen in Deutschland nicht vor. Das statistische Bundesamt in Deutschland hat im Rahmen der Landwirtschaftszählung 2010 erstmals Daten zur Weidehaltung erfasst (STATISTISCHES BUNDESAMT, 2011). Der erhobene Mit-telwert, „Kühe mit Weidegang“ wird mit überraschend hohen 41 % des gesamten deutschen Milch-bestandes angeben. Im Rahmen dieser Erhebung wurde als Mindestschwelle für die Eingruppie-rung Weidegang eine tägliche Weidedauer von zwei Stunden pro Tag angesetzt, die Mindestdauer der Weide im Jahresverlauf ist nicht definiert. Ebenso ist unklar ob der Weidegang von einzelnen Tiergruppen (Trockensteher) zu einer Überschätzung des Weideanteil der Milchkühe im Rahmen dieser Erhebung geführt hat. Auswertungen von Daten wie beispielsweise des „Milchreports Bay-ern“ zeigen Grünfutteranteilen (inkl. Eingrasen) von weniger als 5 % in der Jahresration (WEIß et al., 2008), analoge Ergebnisse sind auch der Arbeit von KIEFER (2014) zu entnehmen. Es ist davon auszugehen dass der Anteil der Milchkühe die in Deutschland Weidegang erhalten im Bereich zwi-schen 15 und maximal 30 % anzusiedeln ist.

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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In der Schweiz gibt das Bundesamt für Landwirtschaft die Beteiligung der Milchkühe am Agrarum-weltprogram „Regelmäßiger Auslauf ins Freie“ (RAUS) mit der Auflage zum Weidegang mit 80 % an (BUNDESAMT FÜR LANDWIRTSCHAFT, 2014). Der Anteil der Milchkühe die geweidet werden liegt damit bei mindestens 80 % des Gesamtbestandes. Österreich bietet im Rahmen des „Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft“ (ÖPUL) eine Tierschutzkomponente mit ähnlicher Ausrichtung an. Die Beteiligung liegt im Jahr 2010 bei ca. 68 %, sodass davon auszugehen ist, dass mindestens 68 % der Österreichischen Milchkühe Weidegang erhalten (LEITHOLD et al., 2011; BUNDESANSTALT FÜR AGRARWIRTSCHAFT, 2014). Der Anteil von Milchkühen mit Weidegang liegt in Österreich und insbesondere in der Schweiz damit erheblich höher als in Deutschland.

Milcherzeugung aus Sicht von Verbraucherorganisationen, Medien und NGOs Das Warenangebot für den Endverbraucher, auch von Milchprodukten, hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr stark vergrößert und diversifiziert. Verbraucherorganisationen wie beispielsweise die Stiftung Warentest in Deutschland auch kommerzielle Medien wie Ökotest oder diverse Kon-sumentensendungen des Fernsehens erbringen eine gewisse „Wegweiser-Funktion“ und bieten dem Verbraucher Hilfestellung in den überquellenden Regalen der Supermärkte. Die Nutzung die-ser Angebote hat an Bedeutung gewonnen. Gewichtige Impulse im Endkundenmarkt setzten zu-sätzlich Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie beispielsweise Greenpeace oder der WWF. Organisationen die sich um Informationen und um Transparenz in den immer komplexer werden-den Märkten bemühen sind grundsätzlich zu begrüßen. Vielfach besteht leider die Tendenz die Sachverhalte sehr stark zu vereinfachen, mit einer plakativen Aussagen lässt sich eine höhere Aufmerksamkeit erzielen gegenüber einer differenzierten Darstellung von Sachverhalten. Der Öko-landbau genießt insbesondere bei NGOs ein sehr hohes Ansehen und wird immer wieder als posi-tives Beispiel herausgestellt. Im Bereich der Milcherzeugung haben sich Aspekte wie Weidehal-tung, grasbetonte Futterrationen und der regionale Bezug von Futtermitteln (beispielsweise kein Sojaeinsatz) als Anforderungen etabliert die in Produktvergleichen seit vielen Jahren immer wieder thematisiert werden. Diese „weichen“ Faktoren lassen sich analytisch nur sehr schwer abgrenzen. Ansatzpunkte die Herkunft und die Produktionsbedingungen von Milch- und Milchprodukten analytisch zu differenzie-ren bietet die Bestimmung des Fettsäuremusters (COLLOMB et al., 2001) und die stabile Isotopen-analytik (KORNEXL et al., 1997). Als Herkunftsnachweis für Milch wurden beide Analysemethoden erstmalig durch die NGO in der Öffentlichkeit thematisiert (EHRLICH, 2006). Seit der Lancierung dieser Kampagne haben nahezu alle Organisation die sich mit Produkttest im Bereich von Molke-reiprodukten beschäftigen die Analyse des Fettsäuremusters in Ihre Untersuchungen und Bewer-tungen mit aufgenommen. Der Nachweis von geringen Gehalten an Omega 3 Fettsäuren wird als Beleg für eine Mais- und kraftfutterbetonte Fütterung interpretiert und mit einer negativen Bewertungen belegt. Sehr pro-blematisch war und ist für einige Markenanbieter dass Aussagen und Markenclaims bezüglich der Herkunft der Milch und der Fütterung der Milchkühe offensichtlich nicht der Wahrheit entsprechen (prominentes Beispiel der Begriff „Alpenmilch“). Molkereien die Ihre Markenclaims ehrlicher posi-tionieren haben in den vergangenen Jahren von diesen Diskussionen profitiert und konnten Ihre Absatzmengen, die Wertschöpfung und vielfach auch den Auszahlungspreis für die Milchlieferan-ten verbessern. Verbraucherorganisationen, den Medien und insbesondere auch NGOs gelang es in den letzten Jahren immer besser Trends und Themen zu setzten. Das Ziel dieser Aktionen ist es über die Be-einflussung des Verbraucherverhaltens Einfluss auf die Unternehmen und die Politik auszuüben. Das Wunschbild dieser Organisation hinsichtlich der Milcherzeugung ist eindeutig: Gefordert wird Weidegang und der sparsame Einsatz von Mais und Konzentratfuttermitteln. Diesem Wunschbild kommt eine low-cost Strategie mit hohen Weideanteilen am nächsten. Durch den starken Gegen-satz zwischen den Optimierungsstrategien Low cost vs. High Input fällt es insbesondere NGOs sehr leicht das Thema emotional aufzuladen und damit eine größere Aufmerksamkeit zu erzielen.

Weidemilcherzeugung aus betriebswirtschaftlicher Sicht In Deutschland beschäftigte sich die angewandte Forschung im Bereich der Milcherzeugung in den letzten Jahrzehnten im Wesentlichen mit Effizienzsteigerungen durch höhere Milchleistungen, kür-zerer Aufzuchtdauer und Arbeitszeiteinsparungen durch größere Bestände und Automatisierung. Auch in der Ausbildung und Beratung wurde in der Vergangenheit der Schwerpunkt auf diese

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Themen gelegt. In der Schweiz, aber auch in Österreich hat die Weidehaltung aus verschiedens-ten Gründen einen wesentlich höheren Stellenwert (höhere Konzentratfutterpreise, Berggebiet, kleinere Betriebsstrukturen). Insbesondere in der Schweiz haben einige Akteure der angewandten Forschung Ihre Arbeitsschwerpunkte bereits vor längerer Zeit auf das Thema Weide fokussiert (z.B.: THOMET und BLÄTTLER, 1998). Diese Aktivitäten führten in jüngster Zeit zu einer Vielzahl von Projekten und Untersuchungen an verschiedensten angewandten Forschungseinrichtungen, so dass viele Fragestellungen zur weidebasierten Milcherzeugung in Mitteleuropa neu bearbeitet werden konnten. Verschiedenste on-farm Untersuchungen zeigen, dass bei gegebenen Standort-voraussetzungen, eine weidebasierte low-cost Milcherzeugung betriebswirtschaftlich zumindest ebenbürtig wenn nicht sogar vorteilhafter gegenüber einer ganzjährigen Stallhaltung und der Opti-mierung der Milchleistung ist (DILLON et al., 2005; STEINWIDDER et al., 2010; KIEFER, 2014). Dem gesellschaftlichen Wunschbild der Bereitstellung von Weidemilch kann daher, zumindest auf Grünlandstandorten, ohne Mehrkosten entsprochen werden. Anders herum ausgedrückt: Gelingt es die höhere Wertschätzung des Verbrauchers für Weidemilch in höhere Marktpreise umzusetzen ist es möglich das Wertschöpfungspotential der Landwirte zu erhöhen.

Vermarktungskonzepte mit landwirtschaftlichem Hintergrund Die Marke oder das Label ist für den Produzenten und die Verarbeiter die einzige Möglichkeit mit dem Endkunden zu kommunizieren und damit auf eine besondere Qualität hinzuweisen. Die Marktanteile von Markenartikel im deutschen Milchmarkt sind jedoch ernüchternd und liegen je nach Produktgruppe nur zwischen 26 und 56 % (NIELSEN MARKET TRACK, 2009). Zu berücksichti-gen ist ferner dass nur wenige dieser Marken einem Premiumsegment zugeordnet werden können. Der ohnehin schon geringe Anteil von Markenartikeln im Milchbereich zusätzlich durch eine große Zahl von B- und C-Marken geschwächt, die ähnlich wie Handelsmarken, im Wesentlichen über den Preis beworben werden. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet liegt hierin wohl genau die Chance im Milchmarkt. Im Vergleich zu anderen Lebensmittelgruppen ist der Anteil von Markenartikeln niedrig. Wenn es ge-lingt einen nachvollziehbaren Mehrwert für den Kunden anzubieten, so könnte der Anteil von Mar-kenware im Milchmarkt wieder steigen. Milchprodukte in Basisqualität sind austauschbar und füh-ren unweigerlich zu einem massiven Preisdruck. Markenprodukte die zusätzliche Qualitätskriterien erfüllen können Alternativen aufzeigen. Das Ziel sollte sein, die Milch als besonderes Lebensmittel zu vermitteln, hierfür sind reale Geschichten und transparente Lieferketten notwendig.

Erfolgsfaktoren landwirtschaftliches Marketing Erfolgreiche Markenprogramme die landwirtschaftliche Themen besetzten müssen für alle Partner (Erzeuger, Verarbeiter, Händler) eine angemessene Wertschöpfung ermöglichen. Dies bedeutet dass idealerweise die landwirtschaftliche Urproduktion nicht kostenaufwändiger sein sollte gegen-über einer konventionellen Produktion. Analog gilt dies für den Verarbeiter und Händler. Das Mehrwertpotential auf Endkundenebene ist begrenzt auf Aufpreise in Höhe von 10 bis 50 %. Je geringer der Aufpreis ist, desto größere Marktanteile und damit sinkende Verarbeitungs- und Lo-gistikkosten können realisiert werden. Weidemilch bzw. Wiesenmilch kann auf Grünlandstandorten tendenziell kostengünstiger erzeugt werden wie „Stallmilch“. Das System Weidemilch zeichnet eine extreme Transparenz aus, die Kuhherde ist während der Vegetationsperiode auf der Weide und damit jederzeit einsehbar. Die Weidehaltung steht für nahezu alle Verbraucher als Synonym für eine artgerechte Haltungsform, das Tier kann sich frei bewegen und hat viel Platz.

Weidekuh als Kommunikationsträger In Deutschland betreibt die Werbewirtschaft 332.800 Werbeflächen, wie Plakat oder Großflächen-werbung. Der Jahresumsatz 2013 der mit diesen Werbeflächen erwirtschaftet wurde betrug 891 Mio €. Mit jeder einzelnen Werbefläche erzielte die Werbewirtschaft daher einen Jahresumsatz von 2.670,- € (FACHVERBAND FÜR AUßENWERBUNG E.V., 2014). In Deutschland wurden 2013 4,3 Mio Milchkühe gehalten. Während die Stallhaltung von der Bevölkerung in der Regel kritisch gesehen wird, wird der Weidehaltung sehr viel Sympathie entgegengebracht. Jede einzelne Weidekuh kann daher als potentieller Werbeträger für Milch und Milchprodukte wirken. Sicherlich kann die Werbe-wirkung einer einzelnen Weidekuh nicht mit dem Potential eines am optimalen Standort platzierten Plakates mit regelmäßig wechselnden Kampagnen mithalten, wenn man den Werbewert einer Milchkuh mit 1 % des Wertes eine Werbeplakates bemisst dann wäre der Werbewert aller Deut-schen Milchkühe mit 115 Mio € zu bewerten.

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Die Situation mit dem Produktionssystem Weidemilch (low-cost Milcherzeugung) über ein Erzeu-gungssystem zu verfügen welches auf höchste Zustimmung und Sympathien in der Bevölkerung stößt ist in der modernen Tierhaltung einmalig. Die aktuell üblichen Formen der Schweine, Geflü-gelfleisch und Eiererzeugung ist nicht oder nur unter sehr großem Kommunikationsaufwand ver-mittelbar. Die Milcherzeugung unter Einbeziehung der Weidehaltung kann, ohne Mehrkosten auf der Ebene der Produktion zu verursachen, einen sehr wichtigen Beitrag leisten das positive Image der Milchprodukte zu erhalten und deutlich auszubauen. Bisher zahlt eine Molkerei in Deutschland einen „Weidemilchzuschlag“ in Höhe von 0,5 Cent pro kg Milch, die Schwarzwaldmilch aus Freiburg. Die „Schwarzwälder Weidemilch“ wird als Premium-produkt vermarktet und hat maßgeblich dazu beigetragen die Marktposition des Unternehmens zu stärken und das Vermarktungsgebiet zu erweitern. In den Niederlanden ist das Thema Weidemilch wesentlich präsenter. Die Stiftung „Weidemelk“ bündelt Vertreter aus der Landwirtschaft, den Molkereien, Verbrauchern und NGOs. Einerseits stellt dies eine Kommunikationsplattform dar, andererseits legt diese Stiftung Kriterien für die Defi-nition von Weidemilch fest. Die meisten niederländischen Molkereien bezahlen einen Weidemilch-zuschlag, obwohl nur ein Bruchteil der erfassten Weidemilch separat vermarktet werden kann. Aktuell erhalten 76 % der niederländischen Milchkühe für mindesten 120 Tage pro Jahr und 6 Stunden pro Tag Weidegang. Die größte Molkerei der Niederlande FrieslandCampina investiert rund 26 Mio € in das Thema Weide (Zuschläge Milchpreis, Unterstützung Stiftung Weidemelk, Unterstützung Praxisforschung usw.). Die Weidehaltung wird von FrieslandCampina als sehr wich-tigen Baustein erachtet das positive Image des Unternehmens weiter zu stärken (FRIESLANDCAM-

PINA, 2014). Umgerechnet auf die einzelne Weidekuh deren Milch in den Niederlanden an Fries-landCampina geliefert wird entspricht dies einem Betrag von 33 € pro Jahr.

Welche weitere Themenfelder gibt es? Die Nachfrage nach vertrauenswürdigen Marken ist im Markt vorhanden, es stellt sich die Frage welche Eigenschaften von Milch und Milchprodukten können genutzt werden um solche authenti-schen Marken aufzubauen. Angesichts des ausnehmend positiven Images der Landwirtschaft (KÖCHER, 2009) kann die Milchbranche von einer stärkeren horizontalen Vernetzung profitieren. Unter Einbeziehung der Milcherzeuger bieten sich Potentiale folgende Themengebiete zu beset-zen:

Gentechnikfreie Fütterung: In Mitteleuropa ist es im wesentlichen Sojaschrot was als gentechnisch veränderte Futterkomponente in der Milchviehfütterung eingesetzt wird. Ein Ersatz von Sojaschrot ist für die Rinderernährung unproblematisch und ohne Mehrkosten realisierbar (SPIEKERS et al., 2000).

Heumilch: Sehr erfolgreich ist die ARGE Heumilch in Österreich, innerhalb kürzester Zeit ist es gelungen das Heumilchsiegel in Österreich einzuführen und Preisaufschläge durch-zusetzten.

Optimierung Fettsäuremuster: Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigen Zusammen-hänge zwischen den verabreichten Futterrationen und dem Fettsäuremuster des Milchfet-tes (JAHREIS et al., 1995; COLLOMB et al., 2001). Die Gehalte vor allem von Omega 3 Fett-säuren und konjugierten Linolsäuren können durch verschiedene Maßnahmen wie Grün-landfütterung, Alpfütterung oder den Zusatz von Fetten (Rapsschrot, Rapskuchen, Lein-saat) optimiert werden. Eine Veränderung der Gehalte einzelner Fettsäuren bis zum Faktor drei ist möglich. Grundsätzlich ist die Optimierung des Fettsäuremusters beim Wiederkäuer nur begrenzt möglich. Eine Auslobung eines optimierten Fettsäuremusters in Hinblick auf einen gesundheitlichen Zusatznutzen ist nach aktueller Gesetzeslage (EU health-claim Verordnung) mit der durch die Rationsgestaltung möglichen Manipulationen ausgeschlos-sen. In Deutschland weist Milch aus Grünlandgebieten einen etwa doppelt so hohen Ome-ga 3 Anteil wie Milch aus Ackerbauregionen aus.

Grünlandfütterung: Natürliche Grünlandgunstlagen führen zu einer nahezu ausschließli-chen Verfütterung von Gras- und Grasprodukten in der Milchviehhaltung (siehe auch WEIß et al., 2009). In einigen europäischen Regionen ist ein solches Verfahren der Standard der Milcherzeugung. Gelingt es die Erfassungsgebiete von Molkereien, bzw. einzelner Produk-tionschargen an diesen natürlichen Standortvoraussetzungen zu orientieren kann das Ar-gument einer reinen Grünlandfütterung ohne Zusatzkosten genutzt werden. Unter Umstän-

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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den wäre es sogar möglich auch den Aspekt eines verbesserten Fettsäuremusters ent-sprechend aufzugreifen (z.B. Streichfähigkeit bei der Butter).

Regionalität/Herkunftsgarantie: Käse ist wahrscheinlich das Lebensmittel mit der größten Tradition in Hinblick auf Aussagen zur Herkunft des Produktes. Begriffe wie Emmental, Ap-penzell oder Gruyère sind zum Gattungsbegriff für Käsearten geworden. Der gesamte Markt für Käsespezialitäten ist eng mit dem Thema Regionalität und Herkunft verknüpft (AOC). Im Frischproduktebereich und auch in der Schokoladenindustrie wird der Begriff „Alpenmilch“ jedoch exzessiv genutzt. Damit wird dieses sehr positiv besetze Thema Her-kunftsregion stark verwässert.

Nachhaltigkeit (Energie, CO2, CH4, N2O): Eine umfassende Ökobilanzierung für die Milcherzeugung, Verarbeitung und den Vertrieb ist ein sehr komplexes Unterfangen (DEM-

MELER und HEIßENHUBER 2003; NEMECEK et al., 2004; KREUZER et al., 2008) und liefert teilweise widersprüchliche Ergebnisse. Eine abschließende Bewertung oder allgemeingülti-ge Empfehlungen sind zum aktuellen Zeitpunkt sicherlich nicht möglich. Aus Verbraucher-sicht wird von einer Premium-Marke jedoch erwartet das Aussagen zu diesem Themen-komplex getroffen werden können. Für diesen Themenaspekt ist ein intensiver Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu fordern um nachvollziehbare Aussagen treffen zu können und Argumente und Meinungen nicht als leere Marketingblasen zerplatzen zu las-sen.

Soziale Attribute (z.B. faire Mich): Der Ansatz Agrarprodukte „fair“ zu handeln hat für Produkte aus Entwicklungsländern (z.B. Kaffee, Bananen) eine lange Tradition. Mittlerweile sind eine breite Palette von Lebensmittel aus Entwicklungsländern mit verschiedensten „Fair“ Handelszertifizierungen auf dem Markt und erreichen teilweise beachtliche Marktan-teile. Auch für Milchprodukte wurde von verschiedenen Organisationen und Unternehmen der Aspekt einer „fairen“ Preisgestaltung zum Thema gemacht. Im Wesentlichen hängt der Erfolg einer solchen Kommunikationsstrategie von der Transparenz und Glaubwürdigkeit einer Marke ab.

Schlussfolgerungen Optimal umgesetzte Weidesysteme sind hinsichtlich der Produktionskosten auf Grünlandstandor-ten konkurrenzfähig. Gleichzeitigt entspricht die Weidehaltung dem Wunschbild des Verbrauchers nach einer naturnahen Nutztierhaltung. Die stellt eine bemerkenswerte win-win Situation dar, die in vergleichbarer Form bei keiner anderen Nutztierart vorhanden ist. Es empfiehlt sich, die Weidehal-tung deutlich zu fördern und die Kuh auf der Weide aktiv als Imageträger und Kommunikationsmit-tel zu nutzen.

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Fettsäurenmuster der Milch bei Vollweide oder TMR-Fütterung

U. Wyss1, J. Mauer2, H. Frey3, P. Hofstetter4 1 Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INT, Posieux, Schweiz

2 Agroscope, Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM, Bern, Schweiz 3 Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung BBZN, Hohenrain, Schweiz

4 Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung BBZN, Schüpfheim, Schweiz

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Um im zukünftigen Milchmarkt bestehen zu können, sind die Schweizer Milchproduzenten gefor-dert, Kosten zu senken und effizienter zu werden. Im Projekt «Systemvergleich Milch-produktion Hohenrain» wurden am Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung (BBZN) in Hohenrain Luzern zwei Herden in unterschiedlichen Milchproduktionssystemen von 2008 bis 2010 verglichen. Ein System war weidebetont mit einer saisonalen Abkalbung und einer restriktiven Kraftfutterfütterung. Beim zweiten System handelte es sich um eine Stallfütterung. Hier wurde eine Teil-Mischration aus Gras- und Maissilage verfüttert, die bedarfsgerecht mit Kraftfutter ergänzt wurde. In sieben Teilprojekten wurden verschiedene Aspekte untersucht. Im vorliegenden Bericht werden Daten zur Milchqualität, im speziellen das Fettsäurenmuster der Milch, diskutiert.

Material und Methoden Im Projekt „Systemvergleich Milchproduktion Hohenrain“ wurden auf dem gleichen Betrieb auf je rund 16 ha zwei Milchproduktionssysteme verglichen. Beim weidebetonten System (Weideherde) kalbten die 28 Kühe zwischen Februar und April ab. Die Weidesaison dauerte von März bis No-vember. Die Kraftfuttermenge betrug 285 kg pro Kuh und Jahr. In der zweiten Herde bestand aus 24 Kühe. Diese kalbten ganzjährig ab mit einer Häufung im Juni und August. Während der Vegeta-tionszeit konnten diese Kühe während drei Stunden pro Tag auf eine Weide. Die Teil-Mischration im Stall bestand aus Mais- und Grassilage. Im Durchschnitt wurde pro Kuh und Jahr zusätzlich 1094 kg Kraftfutter über eine Futterstation zugefüttert. Die Milchmengen und Milchinhaltsstoffe wurden über die offiziellen Milchleistungsprüfungen der Zuchtverbände bestimmt. In allen drei Jahren wurden monatlich in Tankmilchproben, getrennt nach den beiden Milchproduktionssystemen, verschiedene Fettsäuren bestimmt. Die Analysen wurden nach der Methode von COLLOMB und BÜHLER (2000) durchgeführt. Detaillierte Angaben zum Projekt «Systemvergleich Milchproduktion Hohenrain» sind bei HOFS-

TETTER et al. (2011) beschrieben.

Ergebnisse und Diskussion Die durchschnittliche Milchproduktion betrug bei der Weideherde 6'074 kg und bei der Stallherde 8‘900 kg pro Kuh und Standardlaktation. Bedingt durch die saisonale Abkalbung in der Weide-gruppe nahm die durchschnittliche Milchmenge pro Kuh während des Jahres kontinuierlich ab. In der Stallgruppe, mit einer stärkeren Verteilung der Abkalbungen, war die durchschnittliche Milch-produktion über das Jahr stabiler, mit einer leichten Zunahme Ende des Sommers. Die Fett- und Eiweissgehalte nahmen in der Weidegruppe in allen drei Jahren zuerst ab und dann gegen Ende der Laktation wieder zu (Abb. 1a). Bei der Stallgruppe waren die Fett- und Eiweissgehalte in der Tankmilch im Verlauf des Jahres konstanter (Abb. 1b). Die Milch der Kühe der Stallherde wies 2008 und 2010 im Durchschnitt einen um 0,3%-Punkte höheren Fettgehalt im Vergleich zur Wei-deherde auf. 2009 war der Unterschied nur 0,1 %-Punkte. Die durchschnittlichen Eiweiss-gehalte waren in beiden Herden sehr ähnlich. Dass die Milch in der Spätlaktation deutliche Veränderungen gegenüber der durchschnittlichen Milchzusammensetzung aufweist ist bekannt (KEFFORD et al., 1995; LUCEY, 1996). Wird in eine Käserei nur Milch von saisonal abkalbenden Kühen abgeliefert, dann sind negative Auswirkungen auf die Verarbeitungstauglichkeit der Milch zu erwarten (LUCEY, 1996).

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Abb. 1a und b: Fett- und Eiweissgehalte der Milch der Weide- und Stallherde.

Das Milchfett enthält Fettsäuren (FS) unterschiedlicher Zusammensetzung. Einige davon sollen sich positiv auf die Gesundheit der Menschen auswirken (HAUG et al., 2007). Dazu gehören die mehrfach ungesättigten FS wie Omega-3-FS und die konjugierten Linolsäuren (CLA). Im Vergleich zur Stallgruppe wies die Milch der Weidekühe besonders zwischen April und Oktober weniger gesättigte FS auf (Abb. 2a). Dafür konnten in dieser Milch mehr einfach und mehrfach ungesättigte FS festgestellt werden. Bei der Weidegruppe stieg die CLA bis zum September in allen drei Jahren kontinuierlich von 0.5 bis zu 3.4 g pro 100 g Fett an (Abb. 2b). Bei der Stallgruppe betrugen die CLA-Gehalte durch-schnittlich 0.6 g pro 100 g Fett und variierten nur zwischen 0.3 und 0.8 g während des ganzen Jah-res. Die CLA-Gehalte bei der Weidegruppe sowie der Verlauf während der Weideperiode waren ähnlich wie die Gehalte, welche COLLOMB et al. (2008) bei Untersuchungen im Berggebiet gefun-den haben. Die Ergebnisse decken sich auch mit Untersuchungen von WHITE et al. (2001), die zeigten, dass weidebetonte Rationen im Vergleich mit einer Teil-Mischration zu höheren Gehalten an langkettigen ungesättigten FS und CLA in der Milch führten. Auch die Omega-3-FS nahmen bei der Weideherde in allen drei Jahren von 1.3 auf 2.2 g pro 100 g Fett zu (Abb. 2c). Diese Werte waren im Sommer doppelt so hoch wie bei der Stallherde. Ähnliche Unterschiede bei den Omega-3-FS konnten auch MARTIN et al. (2007) beim Vergleich von gras-betonten mit maissilagebetonten Rationen feststellen. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass ein hoher Anteil von Weidegras in der Ration das Fettsäurenmuster der Milch positiv beeinflusst. Doch die Gehalte an CLA und Omega-3-FS sind dennoch in der Weidemilch zu niedrig, um diese nach schweizerischem Recht und auch EU Recht ausloben zu können.

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Abb. 2 a bis c.: Verlauf der gesättigten Fettsäuren, konjugierten Linolsäuren und Omega-3-FS im Laufe des Jahres in der Milch der Weide- und Stallherde.

Schlussfolgerungen Die Fett- und Eiweissgehalte der Milch der Weidegruppe variierten im Laufe des Jahres viel

stärker als diejenige der Stallherde. Bei der Verarbeitung von grossen Anteilen von Weide-milch kann es daher gewisse Probleme geben.

Die Milch der Weideherde wies weniger gesättigte, dafür mehr einfach und mehrfach unge-sättigte FS sowie im Speziellen mehr CLA und Omega-3-FS im Vergleich zur Stallherde auf. Die Werte sind jedoch zu niedrig, um dies ausloben zu können.

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Effects of season and breed on milk fatty acid composition

T. Baars1, M. Liberacka1, C. Rohrer2, G. Jahreis2 1. Juchowo Research Farm, Silnowo, Polen

2. Institute of Nutrition, F. Schiller University, Jena, Deutschland

[email protected]

Introduction Cow breeds affect the fat content as well as the fatty acid (FA) composition of the milk. The effect of breeds, however, is limited and a higher heritability is found in the FA composition expressed as proportion of total milk yield (kg ECM) compared to the total milk fat yield (kg fat). Although the main effect on FA composition is based on feeding and season, there is a need to investigate, to what level the choice of breed and animal selection can affect the FA composition. In this study, we investigated the potential of two cow breeds, i.e. Holstein (HF) and Brown Swiss (BS) to influence fat content and fatty acid composition. The trial was performed on a biodynamic farm with a low overall input of concentrates per kg of milk produced. The sampling periods allowed to evaluate the effects of both breed and season (fodder). It was hypothesised that the effect of the sampling period (fodder) is major compared to the effect of breeds.

Methodology

Sampling of milk In August and September, cows (N = 14, 7 HF and 7 BS) were grazed in mixed groups in the same paddocks day and night, additionally receiving 2.3 kg of hay. In October, cows received hay with-out grass as their main fodder. Concentrates were distributed twice a day depending on the milk yield and stage of lactation (Table 1). Cows from the HF and BS breed were paired based on birth, day of calving and udder health status, yielding seven pairs. At three successive monthly milking control dates during August, September and October 2012, milk samples were taken from every cow from the evening milking. Milk was sampled in tubes of about 100 ml, frozen at -18o C within one hour after milking and stored until further analysis. A total of 42 milk samples was collected and analysed based on breeds (2x), time (3x) and pair of cows (7x).

Tab.1: Intake of the cows in kg dry matter (DM) based on a total estimated intake of 17.0 kg DM.cow-1.day-1.

kg DM cow-1 day-1 percentage of DM Date grass hay wheat lupine maize % concentrate % grass

13.08.2012 10.3 2.3 2.0 1.14 1.29 26.0% 60.4% 12.09.2012 10.5 2.3 2.0 1.07 1.14 24.8% 61.7% 11.10.2012 0.0 13.0 2.0 1.00 1.10 23.5% 0.0%

Statistics Data were analysed using a general linear mixed model in SPSS (21.0) with main factors breed (HF vs. BS), sampling period (Aug and Sept vs. Oct) and cow. P-values below a level of 0.05 were considered significant.

Results and discussion

Fatty acid composition and breed FA were expressed as percentage of milk fat. Most FA levels were higher in the HF breed, with the exception of total saturated FA (SFA) C4:0 and C16:0 and some mono-unsaturated FA (MUFA), C10:1 and C14:1c9, which were higher in the BS breed. The higher levels of different groups of FA in the milk fat of the HF breed are small and vary be-tween 9 and 34 %. Several trans C18:1 FA were increased by 17-20 %, several cis C18:1 FA by 9-34 %, C20:3c8,11,14 and C20:4c5,8,11,14 by 30 %, and C20:5n-3 and C22:5n-3 by 21-23 % in the HF breed. Correspondingly, MUFA, poly-unsaturated FA (PUFA), omega-3 (n-3) and n-6 FA were also higher in HF, although the absolute differences were small (10 % increase).

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Fatty acid composition, season and fodder Results will be mentioned with a repetitive difference between the two months of grazing (August and September) versus the ratio based on only conserved fodder (hay) (October). The changes in fodder intake from grass to hay (September to October) give rise to a much larger differences in different groups of single FA. In the comparison of either August to October or September to Octo-ber, the short and medium chain FA are highest in August. In all other comparisons, differences between September and October are largest. Values highest in September are mono-ene (C16:1, C18:1) in a trans conjugation as well as rumenic acid (RA) and alpha linolenic acid (ALA). Looking at the summarized FA with the exception of the n-6/n-3 ratio and SFA, most other values were sig-nificantly highest in the September samples.

Conclusion In August and especially September, the milk fat has a more favourable composition, which be-came visible in terms of RA, VA and ALA content and an improved ratio of both n-6/n-3 and C18:1t11/C18:1t10. Based on the changes of the single FA, which were highly significant (P<0.001), differences between the two breeds HF and BS lasted on average 18 % (range 8-34 %), whereas differences through changes of diet from September to October lasted 56% (range 1-300 %).

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Dairy farmers’ attitudes towards grazing Results from a preliminary survey in Germany

T. Becker1, M. Kayser1, B. Tonn2, J. Isselstein2

1Georg-August University Göttingen, Department of Crop Science, Location Vechta, Deutschland

2Georg-August-University Göttingen, Department of Crop Sciences, Deutschland

[email protected]

Abstract The generally positive perception of grazed grassland combines aspects of landscape, aesthetic values, biodiversity and concern for animal welfare. Many consumers are in favor of grazing and there is a rising political interest to support farms, which let their cows graze. In order to under-stand the motivations and the constraints dairy farmers are facing, 46 German dairy farmers were interviewed. Besides questions concerning factors like farm size, milk yield or number of cows, the farmers were asked about their attitudes towards grazing. Farmers, who let their cows graze, gen-erally judge grazing more positive than farmers from non-grazing-farms. On top of that, they de-note their knowledge about grazing as good; farmers from non-grazing farms and from siesta-grazing farms describe their knowledge about grazing management as poor. Grazing farms usually have a greater proportion of grassland that is close to the farm.

Introduction Despite economic or animal welfare aspects, the personal preference of the farmer determines to a great extent the dairy management and whether grazing plays a role. The opinion of a farmer about the effects of grazing on labor, economy, environment and society is affected by his personal preferences and experiences. Experiences in one aspect tend to influence the evaluation of others like economy or labor input (VAN DEN POL-VAN DASSELAAR et al., 2008). In Denmark, farmers from non-grazing farms did have a less positive attitude towards grazing than farmers from grazing farms. They were especially critical about proper access to pastures for cows and the distance to the farm; and generally associated grazing with a reduced milk production (KRISTENSEN et al., 2010).

Material and Methods

Farms In 2012 and 2013, 46 dairy farmers in Germany were interviewed by students from the Faculty of Agricultural Sciences of the Georg-August University Göttingen. This survey provided detailed in-formation on the structure of the farms, on the dairy and grassland management. Additionally, farmers answered questions concerning the advantages and disadvantages of grazing and their general attitude towards grazing. Since nine farmers did not provide enough information concern-ing their attitude towards grazing, these farms where excluded from further analysis. A full data set from 37 farms was analyzed. From a total of 52 questions about farmers’ attitudes towards grazing, 26 were concerned with their opinion about grazing in general and 26 covered possible implica-tions of grazing for their own farm: 18 questions were related to advantages of grazing, 32 ques-tions asked for disadvantages of grazing and restraints from applying grazing on the farm.

Classification In order to evaluate the importance of grazing for the diet of the herd on each farm, several ques-tions from the questionnaire were combined. If the grazing time was zero, farms were classified as non-grazing farms (NGF). If grazing time was less than three hours and grazing was mainly used for animal welfare purposes but not significantly contributing to the diet of the herd, farms were classified as siesta-grazing-farms (SGF). If access to pasture exceeded three hours per day, the amount of grassland per cow was considered for further assessment: In case farms had less than 0.08 ha grazed grassland and mixed grassland (cutting + grazing) per cow, the possible intake of grass was considered to be negligible (c.f. KURATORIUM FÜR TECHNIK UND BAUWESEN IN DER LAND-

WIRTSCHAFT, 2009; c.f. VAN DEN POL-VAN DASSELAAR et al., 2010) and farms were deemed SGF as

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well. If the grazed grassland and the mixed grassland exceeded 0.08 ha per cow, the farm was considered as a grazing-farm (GF). This evaluation procedure resulted in the following classifica-tion: At 13 farms, cows did not have access to grazing (NGF), 18 farms were considered as graz-ing farms (GF) and 6 farms practiced siesta grazing (SGF).

Results and Discussion

Farm structure Farms (GF, SGF and NGF) did not differ significantly in size and there was no significant difference between them in total grassland area and grassland for cutting-only. As expected, the groups dif-fered significantly in the amount of grassland used for grazing, whereas GF showed the highest amount. There is also a significant difference in the amount of mixed grassland area (cutting and grazing) between the groups. Again, the GF have the highest amount of mixed grassland. The ar-ea of grassland, which can be easily accessed by cows and that is close to the farm, is significantly higher at the GF than at the SGF and NGF farms. The milk yield per cow is largest at the NGF.

Tab. 5: Some data on farm structure and dairy production for the three groups of farms in the sur-vey (n = 37). Values with different superscripts are significantly different P<0.05.

Production system

Grazing-Farm (GF)

Siesta-Grazing-Farm (SGF)

Non-Grazing-Farm (NGF)

Farm structure Mean SD Mean SD Mean SD

Agricultural land (ha) 233 316 142 54 116 52

Grassland (meadow + pasture) (ha) 73 53 31 20 39 20

Grazed grassland (ha) 6.7a 7.4 1.6 1.2 0.1b 0.4

Mixed Grassland (cutting and grazing) (ha)

20.4a 16.8 4.6b 5.6 4b 10.1

Grassland close to farm (ha) 14a 12 2b 0.8 0.6b 1.3

Number of milking cows 97 95 87 38 100 65

Milk per cow and year (l) 8 313a 1 489 9 262 1 204 9 644b 1 409

Attitude towards grazing in general We found that farmers, who let their cows graze, generally have a positive attitude towards graz-ing. This is in line with findings from VAN DEN POL-VAN DASSELAAR et al. (2008) and KRISTENSEN et al. (2010). Out of 32 questions that expressed negative aspects of grazing, GF and NGF signifi-cantly differed 11 times. In each case, the NGF did express a stronger agreement with the nega-tive aspects of grazing than the GF farms. The answers of SGF were usually between these two groups. There was no significant difference in herd size among the three groups. Interestingly, GF did have fewer reservations to combine even large herds with grazing than the NGF. Farmers, who do not let their cows graze, consider their knowledge about grazing lower than do GF. At the same time, they do have many constraints towards grazing. Limited knowledge could be an important reason for their skeptical attitude towards grazing. Compared to SGF and NGF, GF have significantly more grassland that is close to the farm. On the other hand, the NGF perceive the lack of grassland adjacent to the farm as an important constraint for grazing. Similarly to findings from Denmark, farmers in our study who did not use grazing (NGF) assumed that grazing would reduce the dairy performance of their herd (KRISTENSEN et al., 2010).

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Abb. 11: Attitude of farmers towards grazing I: Answers on a Likert Scale from 1 to 5: 1 = agree, 2 = partially agree, 3 = neither agree nor disagree, 4 = partially disagree, 5 = disagree; means with standard deviation. Questions posed were: Grazing is related to: a) high labor input, b) risks to animal health (parasites, injuries, extreme weather), c) difficulties in heat detection and control cow health, d) reduced performance due to high-er energy requirements for maintenance or reduced feed intake, e) difficulties to supply cows with water, min-erals and supplemental feeds.

Abb. 12: Attitude of farmers towards grazing II: Answers on a Likert Scale from 1 to 5: 1 = agree, 2 = partially agree 3 = neither agree nor disagree, 4 = partially disagree, 5 = disagree; means with standard deviation. Questions posed were: Grazing is complicated because: f) large herds are difficult to manage on grassland, g) it can cause damage to the soil structure, h) of ecological disadvantages, i) the farmers knowledge of grazing management is to small j) the grassland is not close to our farm/milking parlour.

Conclusions Farmers, who let their cows graze, judge this production system more positive than non-grazing farms or siesta-grazing farms. If grazing is to be promoted among dairy farmers, it is important to consider the personal opinions and attitudes of farmers, as well as farm structural limitations such as grassland close to farm, which seems to be more important than economic factors. At least some of the negative aspects that farmers attribute to grazing seem to be based on prejudices.

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1

2

3

4

5

Siesta-Grazing-Farm

Non-Grazing-Farm

Grazing-Farm

a b c d

1

2

3

4

5

Siesta-Grazing-Farm

Non-Grazing-Farm

Grazing-Farm

f g h i j

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Vergleich der Effekte von Weidefutter und konserviertem Futter auf die Gesundheit, die ruminale Fermentation und die Leistung bei Milchkühen

M. Schären1, U. Meyer1, D. Albers2, G. Breves3, J. Isselstein4, S. Dänicke1 1 Institut für Tierernährung, Friedrich-Loeffler-Institut FLI, Bundesforschungsinstitut für

Tiergesundheit, Braunschweig, Deutschland 2 Feldversuchsstation für Grünlandwirtschaft und Rinderhaltung, Landwirtschaftskammer

Niedersachsen, Ovelgönne, Deutschland 3 Physiologisches Institut, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Hannover

4 Abteilung Graslandwissenschaft, Fakultät für Agrarwissenschaften, Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen, Deutschland

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Im Bundesland Niedersachsen, aber auch in anderen Regionen Deutschlands und Europas, ist in den letzten Jahren ein deutlicher Rückgang der Weidehaltung von Milchvieh zu beobachten, der von einem gleichzeitigen Anstieg der ganzjährigen Stallhaltung begleitet wird. In einer Erhebung aus dem Jahre 2010 hat das Statistische Bundesamt festgestellt, dass noch 68% der Milchkühe in Niedersachsen Zugang zur Weide erhalten; 46% dieser Tiere unter 12h/Tag (STATISTISCHES BUN-

DESAMT, 2011). Da der ganzjährigen Stallhaltung eine immer größere Bedeutung zukommt hat das Bundesland Niedersachsen ein Verbundsprojekt lanciert, das über die nächsten fünf Jahre die Auswirkungen der jeweiligen Systeme auf die Tiere, die Umwelt, die Verbraucher und den Land-wirten erforschen soll. Das Verbundsprojekt wird von der Universität Göttingen und der Landwirt-schaftkammer Niedersachsen in Zusammenarbeit mit dem Grünlandzentrum Niedersach-sen/Bremen koordiniert. Das Projekt umfasst neun Module in denen die einzelnen Schwerpunkte durch die verschiedenen Projektpartner bearbeitet werden (Abb. 1). Die zentralen Fragestellungen hierbei sind (Quelle: www.systemanalyse-milch.de):

Welche Effekte haben die Systeme (Weidegang/Stallhaltung) auf Tiergesundheit (u.a. Klauen-, Eutergesundheit und Parasitosen), Verhalten und Wohlbefinden der Tiere?

Welche Auswirkungen haben die Weidefütterung und die Fütterung mit konserviertem Fut-ter auf die ruminale Fermentation bei Milchkühen? Welche Wechselwirkungen bestehen zur Gesundheit und zum Wohlbefinden?

Welche Strategien zur Optimierung der Weidewirtschaft für die Milcherzeugung gibt es? Welches System berücksichtigt die Anforderungen an eine umwelt-, klima- und ressour-

censchonende Milcherzeugung am besten? Wie sind die Systeme betriebswirtschaftlich zu bewerten? Gibt es Konsumpräferenzen und Akzeptanzunterschiede für Weide- und Stallmilch?

Für die Datenerhebung wurden zum einen 60 Milchbetriebe in Niedersachsen ausgewählt, zum anderen arbeiten einige Institute mit eigenen landwirtschaftlichen Versuchseinrichtungen. Im Mo-dul, welches die Tierernährung und die Ernährungsphysiologie im Fokus hat, kooperieren das Physiologische Institut der TiHo Hannover und das Institut für Tierernährung des Friedrich Loeffler Instituts (FLI) mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. In einem vergleichenden Exaktfütte-rungsversuch auf der Versuchsstation des Instituts für Tierernährung in Braunschweig sollen die Einflüsse von siliertem und konserviertem Futter auf die Tiergesundheit untersucht werden. Dabei steht insbesondere die Untersuchung der Effizienz der Stickstoff-Nutzung bei einem gleichzeitigen überschüssigen Proteinangebot auf der Weide im Hinblick auf die Tiergesundheit im Mittelpunkt. Im Bereich der Pansenfermentation soll untersucht werden, welche Veränderung im Pansen aus einem Wechsel von einer Mischration aus Gras- und Maissilage sowie Kraftfutter (TMR) auf fri-sches Gras resultieren und ob die Pansenazidose auch ein Problem bei weidenden Tieren darstel-len könnte.

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Mehrwerte der grasland- und weidebasierten Milchproduktion

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Abb. 1: Die neun Module des Verbundprojektes „Systemanalyse-Milch“Quelle: www.systemanalyse-milch.de.

Material und Methoden Der Versuch begann Ende April dieses Jahres und umfasst einen Zeitraum von insgesamt 10 Wo-chen. Sechzig Tiere der Rasse Deutsche Holstein wurden dafür in eine Stall- und eine Weidegrup-pe zu je 30 Tieren mit jeweils 5 am Pansen und Dünndarm fistulierten Tieren aufgeteilt (im Mittel 170. Laktationstag und 25 kg Milch pro Tier und Tag). Die Stallgruppe verblieb im Verlauf der gesamten Versuchsdauer in Stallhaltung und erhielt eine TMR bestehend aus 35% Grassilage, 35% Maissilage und 30% Kraftfutter. Die Weidegruppe er-hielt zunächst in einer Vorweide-Periode über einen Zeitraum von 1 Woche täglich 3 Stunden Zu-gang zur Weide. Danach wurden die Tiere über 2 Wochen halbtags geweidet, um schliesslich zu einer 6- wöchigen ganztägigen Weidehaltung überzugehen. Während des teiltägigen Weideganges hatten die Tiere im Stall zusätzlich Zugang zu einer TMR. Diese entsprach derjenigen der Stallgruppe, wobei eine Zufütterung von Mg-Oxid zur Prävention einer Weidetetanie erfolgte. Die Weidegruppe erhielt ab dem Tag des ganztägigen Weideganges zweimal täglich jeweils nach dem Melken 1 kg pelletiertes Kraftfutter, bestehend aus Gerste, Wei-zen und Mais zu gleichen Anteilen, sowie einer Mineralstoffvormischung. Es wurden zwei Standweiden zu je 6 ha mit einer konstanten Aufwuchhöhe zwischen 6 und 7cm genutzt, die vor Beginn der Weidenutzung bonitiert wurden. Der Aufwuchs wurde dreimal wöchent-lich mit Hilfe eines „Rising Plate Meters“ (RPM) gemessen und das Weidemanagement dement-sprechend angepasst. Desweiteren wurden 12 Weidekörbe genutzt, um sowohl den Futterzu-wachs auf der Weide, als auch die Futteraufnahme der Tiere dreimal im Verlauf des Versuchs zu schätzen. Um die Futterqualität zu bestimmen, wurden dreimal wöchentlich Weideproben gewonnen und zu einer wöchentlichen Sammelprobe für eine Weender Futtermittelanalyse sowie für die Analyse auf ADF, NDF und Zucker vereint. Auch wurden regelmässig Proben der TMR, der Silagen und des Kraftfutters für die Analysen gesammelt. Um den Einfluss von Wetterbedingungen auf den Ver-suchsablauf erfassen zu können, wurden Daten einer Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes in unmittelbarer Nähe zur Weide eingeholt. Die Futteraufnahme der Tiere im Stall wurde über automatische Wiegetröge bestimmt. Um die Futteraufnahme der Tiere auf der Weide zu schätzen, wurde die n-Alkan Methode angewendet. Die n-Alkan Marker (C32 und C36) wurden über das Kraftfutter verabreicht und an zwei Zeitpunk-ten im Versuch wurden über eine Woche morgens und abends gewonnene Kotproben tierindividu-ell gepoolt (BERRY et al., 2000; DOVE und MAYES, 2006). Die tierindividuelle Milchleistung wurde zweimal täglich im Melkstand erfasst und die Milchinhalts-stoffe wurden zweimal wöchentlich bestimmt. Um den Körperkonditionsverlauf zu schätzen, wurde

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sowohl die Lebendmasse zweimal täglich nach dem Melken als auch alle zwei Wochen der „Body Condition Score“ (BCS) der Tiere erfasst. Um die Stickstoffnutzung und mögliche Einflüsse auf die Tiergesundheit zu überwachen, wurden von allen Tieren wöchentlich eine Urinprobe und eine Blutprobe entnommen. In der Urinprobe soll über die Kjeldahl-Methode die Stickstoffkonzentration gemessen werden. Im Blut soll im gleichen Zusammenhang die Harnstoffkonzentration analysiert werden. Als weitere Indikatoren für die Tiergesundheit wurden die BHB- (β-Hydroxybuttersäure), NEFA- (“non-esterified-fatty-acids” oder nicht veresterte Fettsäuren) und Glukose-Konzentrationen, als Parameter des Energiestoffwechsels und Transaminasen, als Indikatoren einer möglichen Leber-belastung wöchentlich im Blut gemessen, sowie das rote und weiße Blutbild erfasst. Um Veränderungen im Pansen zu erfassen, wurden bei den fistulierten Tieren wöchentlich ver-schiedenste Proben gewonnen. Die Partikelverteilung im Pansen wurde an drei definierten Stellen im Pansen mit einem an der Universität Hohenheim entwickelten Probenehmer erfasst (TAFAJ et al., 2001). Diese Proben sollen mittels einer Nasssiebung aufgearbeitet werden. Pansensaftproben für die Fermentationsparameter pH, kurzkettige Fettsäuren (SCFA), Ammoniak und Lipopolysac-charide (LPS) wurden sowohl ventral im Pansensee über eine Handpumpe, als auch im mediodor-salen Bereich, durch Pressen des Festinhaltes durch ein Passiertuch gesammelt. Dadurch soll eine eventuelle Veränderung im Gradienten der Fermentationsparameter illustriert werden. Um Veränderungen in der Pansenmikroflora zu untersuchen sollen einerseits die Protozoenpopulation in den einzelnen Pansensaftproben ausgezählt und andererseits an einigen Zeitpunkten mittels der SSCP-Methode die Bakterien- und Arachaenpopulation analysiert werden (REMLING et al., 2013). Veränderungen in der mikrobiellen Proteinsynthese im Pansen sollen über eine Purinanalyse in den wöchentlichen tierindividuellen Urinproben geschätzt werden (HIGGS et al., 2013). An einem Zeitpunkt während der ganztägigen Weidehaltung wurden bei den fistulierten Tieren über 24 Stun-den Pansensaftproben in einem Intervall von 3 Stunden gesammelt, um den Verlauf der Fermenta-tionsparameter im Tagesverlauf zu charaktersieren. Um histologische Veränderungen im Pansen während einer Anpassung an eine Weidefütterung zu erfassen, wurden an drei Zeitpunkten im Versuch Biopsien der Pansenzotten bei den fistulierten Tieren entnommen. Um die Gefahr einer Pansenazidose in den einzelnen Haltungssystemen abzuschätzen, wurden kontinuierliche Messungen des Pansen-pH-Wertes mit intraruminalen pH-Messboli (Dascor Inc., Escondido, CA, USA) bei den fistulierten Tieren im Rahmen eines assoziierten Teilprojektes der Universität Hohenheim durchgeführt (PENNER et al., 2006).

Ausblick Der Versuch wurde Ende Juni erfolgreich abgeschlossen. Die Aufarbeitung der gesammelten Pro-ben hat zeitgleich mit dem Versuch begonnen und wird noch bis ins nächste Jahr andauern. Erste Ergebnisse sind Mitte nächsten Jahres zu erwarten.

Literatur BERRY, N. R., SCHEEDER, M.R.L., SUTTER, F., KRÖBER, F.T. and KREUZER, M. (2000): The accuracy of intake

estimation based on the use of alkane controlled-release capsules and faeces grab sampling in cows. An-nales De Zootechnie, Paris. Institut national de la recherche agronomique, 1960-2000.

DOVE, H. and R. W. MAYES (2006): Protocol for the analysis of n-alkanes and other plant-wax compounds and for their use as markers for quantifying the nutrient supply of large mammalian herbivores. Nature Pro-tocols 1(4), 1680-1697.

HIGGS, R. J., SHEAHAN, A.J., MANDOK, K., VAN AMBURGH, M.E. and ROCHE, J.R. (2013): The effect of starch-, fiber-, or sugar-based supplements on nitrogen utilization in grazing dairy cows. Journal of Dairy Science 96 (6), 3857-3866.

PENNER, G.B., BEAUCHEMIN, K.A. and MUTSVANGA, T. (2006): An evaluation of the accuracy and precision of a stand-alone submersible continuous ruminal pH measurement system. Journal of Dairy Science 89 (6), 2132-2140.

REMLING, N., RIEDE, S., LEBZIEN, P., MEYER, U., HÖLTERSHINKEN, M., KERSTEN, S., BREVES, G., FLACHOWSKY, G. and DÄNICKE, S. (2013): Effects of fumaric acid on rumen fermentation, milk composition and metabolic parameters in lactating cows. Journal of Animal Physiology and Animal Nutrition DOI: 10.1111/jpn.12152.

STATISTISCHES BUNDESAMT (2011): Land- und Forstwirtschaft und Fischerei; Wirtschaftsdünger, Stallhaltung, Weidehaltung. Landwirtschaftszählung/Agrarstrukturerhebung 2010 Fachserie 3, Heft 6, Wiesbaden.

TAFAJ, M., MAULBETSCH, A., JUNCK, B., STEINGASS, H. and DROCHNER, W. (2001): Research note: A method for studying local differences in ruminal fermentation in dairy cattle. Archives of animal nutrition 54 (4), 341-347.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Züchten von Kühen für eine effiziente graslandbasierte Milchproduktion

P. Thomet, S. Ineichen, H. Jörg

Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), Zollikofen, Schweiz

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Einleitung und Problemstellung Nach wie vor ist die Milchleistung pro Kuh und Jahr (kg Milch/Kuh/J), resp. der Stalldurchschnitt (durchschnittliche Jahresmilchleistung einer Herde), für die betriebswirtschaftlichen Überlegungen und Planungen der mitteleuropäischen Länder die dominante Grösse in der Milchviehzucht. Er-staunlich ist die Tatsache, dass dieser Leistungsparameter von den Zuchtverbänden weder nach dem Körpergewicht noch dem Fütterungssystem korrigiert bzw. standardisiert wird. Nur die Fett- und Eiweissgehalte, sowie die Laktationsdauer werden zur Beurteilung der Milchleistung herbeige-zogen, was bei weitem nicht genügt, um die tatsächliche Produktionsleistung von Milchkühen in Systemen vergleichbar zu machen (THOMET und REIDY, 2013). Die jahrzehntelange einseitige Aus-richtung auf die Jahres-Milchleistung hat dazu geführt, dass die Kühe heute auch in Grünlandre-gionen Stalldurchschnitte von 6500 bis 8500 kg erbringen, gegenüber nur 4500-5500 kg vor 25 Jahren (KNAUS, 2009). Dieser Zuchtfortschritt kann jedoch nur zum Teil mit einer echten geneti-schen Verbesserung der Milchleistung erklärt werden, weil der Kraftfuttereinsatz (g KF/kg Milch) gleichzeitig gestiegen ist. Ebenfalls zugenommen haben Körpergrösse und Körpergewicht. Damit stiegen auch der Erhaltungsbedarf für die Nutzungszeit der Kühe und der Futteraufwand für die Aufzucht einer Kuh (THOMET und BURGOS, 2007). Ausserdem zeigt KNAUS (2009) in einer Untersu-chung der österreichischen und bayerischen Kuhpopulationen auf, dass die Leistungssteigerung der letzten Jahrzehnte mit einer deutlichen Abnahme der Fruchtbarkeit und Lebensdauer verbun-den ist. Aus Wirtschaftlichkeits- und Effizienzgründen sollten Milchkühe jedoch mindestens vier Laktationen Milch produzieren.

Im vorliegenden Beitrag wird aufgezeigt, dass die Milchleistung des gesamten Produktionssystems bezogen bzw. charakterisiert durch seine Fläche und die betriebseigene Futtergrundlage im Zen-trum der Betrachtungen stehen sollte und nicht mehr die hohe Einzelkuh-Jahresleistung, welche auf Futterzukäufe und letztlich betriebsexterne Flächen angewiesen ist. Zunehmend wichtige Ge-sichtspunkte sind die Ressourceneffizienz und die damit verbundene standortgerechte Milchpro-duktion. Unter den erwarteten zukünftigen Rahmenbedingungen wird das fruchtbare, für den Ackerbau geeignete Land knapp. Dieses wird von der Menschheit gleichzeitig als Baugrund, Pro-duktionsstandort für menschliche Nahrung, als Futterbasis für die Nutztierhaltung und für die Ener-gieproduktion beansprucht, was zunehmende Konkurrenz und damit höhere Preise für die Mais- und Kraftfutterbasierte Milchproduktion zur Folge haben wird. Es kann davon ausgegangen wer-den, dass die grünland- und weidebasierte Milchproduktion aus diesem Grund in den nächsten Jahrzehnten an Bedeutung gewinnen wird. Im Sinne grösstmöglicher Effizienz und ganzheitlicher Systemoptimierung geht es in Zukunft darum, besser zu analysieren, welche Flächenansprüche die heutigen Milchproduktionssysteme aufweisen. In dieser Betrachtung sind sowohl die Flächen, von welchen die zugekauften Futtermittel stammen einzuschliessen, als auch die Futterkonvertie-rungseffizienz von Wiederkäuern im Vergleich zu Monogastrier. Somit ist es naheliegend, dass dabei auch der Anteil direkt menschlich verwertbarer Biomasse in den Jahresrationen von Milch-viehherden ein relevantes Kriterium sein wird, um die Art und Weise der Milchproduktion zukünftig auszurichten.

Die europäische Gesellschaft wünscht sich eine möglichst auf die betriebseigenen Futterflächen bzw. eine auf das Grünlandpotential ausgerichtete Milchproduktion. Das Erreichen einer hohen Flächenproduktivität und Futterkonvertierungseffizienz sind die wichtigsten produktionstechnischen Ziele. Die Abbildung 1 verdeutlicht diese Zusammenhänge. Dabei spielt es eine Rolle, welche Fut-termittel zu Milch konvertiert werden sollen. Futter von Wiesen und Weiden – als wichtigste Res-source im Alpenraum – steht dabei im Gegensatz zu Kraftfutter, wobei das Getreide auch direkt als menschliche Nahrung oder als Futter für Monogastriere dienen könnte. Anhand von ausgewählten

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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und spezialisierten Milchproduktionsbetrieben im Schweizer Mittelland wird in diesem Beitrag untersucht, welche Flächenansprüche Hochleistungs- und Vollweidebetriebe aufweisen und wel-che Anteile in der Jahresration der Milchviehherden von betriebsexternen- bzw. Schattenflächen stammen. Ergänzend wurden auch ein paar wenige Biotriebe und solche mit schwierigen natürli-chen Standortverhältnissen einbezogen. Am meisten interessiert die Frage nach der echten Leis-tungsfähigkeit der heute auf diesen Betrieben vorhandenen Kuhtypen und welche Zuchtziele in Zukunft definiert werden sollen, um die mitteleuropäischen Kuhrassen erfolgreich für die effiziente gras- und weidebasierte Milchproduktion weiterzuentwickeln.

Abb. 1: Vereinfachte Darstellung des Unternehmens Milchproduktion. Die Milchkuh und der Stall-platz sind übliche, aber nicht hinreichende Bezugsgrössen.

Material und Methoden Im Hinblick auf die Internationale Weidetagung vom 21. & 22. August 2014 in der Schweiz wurde die physische Effizienz von 14 Milchproduktionsbetrieben untersucht. Sämtliche Betriebe sind pro-fessionell geführte, spezialisierte Milchviehbetriebe und verfügen über eine solide Datenbasis. Sie stammen vorwiegend aus der futterwüchsigen Mittellandregion der Kantone Bern, Aargau und Lu-zern. Vier Betriebe betreiben eine Hochleistungsstrategie mit einer mais- und kraftfutterbasierten Fütterung und repräsentieren einen wachsenden Typ von Milchproduktionsbetrieben. Sie dienen als Vergleich zur Vollweidestrategie an den futterwüchsigen Lagen im Mittelland, wo auch intensi-ver Ackerbau möglich ist. Je ein Betrieb repräsentiert schwierige Standortverhältnisse in einer sommertrockenen Hanglage (Jura Baselland) und an einem niederschlagsreichen Nordabhang im Napfgebiet (Luzerner Hinterland, Bergzone 1). Die zwei Teilbetriebe des Systemvergleichs Milch-produktion Hohenrain sind ebenfalls in die Analyse einbezogen. In einem interdisziplinären For-schungsprojekt wurden die Produktivität und Wirtschaftlichkeit von einer Stall- und einer Weide-herde, auf je 15,7 ha Futterproduktionsflächen, während den Jahren 2008-2010 unter direkt ver-gleichbaren Bedingungen untersucht (HOFSTETTER et al., 2014).

Die Gunst für das Wiesenfutterwachstum der 14 Betriebe wurde aufgrund der drei Standortfakto-ren Niederschläge, Boden, Gelände und Höhenlage mit einer Note von 1-4 eingestuft: 1 = sehr produktiv > 130 dt TM/ha/J; 2 = 110-130 dt; 3 = 90-110 dt; 4 = 70-90 dt (Tab. 2).

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Die Datenerhebung erfolgte mittels Fragebogen und bezog sich auf das Dreijahres-Mittel 2011-2013. Ausgewählte Angaben zur anschliessenden Berechnung von Kennzahlen werden in Tabelle 1 gemacht. Mehr zur Berechnungsmethode von Futterkonvertierungseffizienz und Flächenleistung ist im letztjährigen AGGF-Tagungsband dokumentiert (THOMET und REIDY, 2013).

Tab. 1: Angaben zu den Begriffen, Erhebungen und Berechnungen. Effizienz-Analyse von spezia-lisierten Milchviehbetrieben, CH-Mittelland, Produktionsjahre 2011-2013.

Raufutter Futter von Wiesen und Weiden, Ganzpflanzenmais, Ganzpflanzengetreide

Grundfutter Raufutter plus Zuckerrübenschnitzel und Biertreber

Kraftfutter Futter mit erhöhtem Energie- und/oder Proteingehalt; unterschieden wurde zwischen Proteinträgern, Energieträgern, Leistungsfutter, Getreidemischung, CCM; Futterkartoffeln und Futterrüben wurden als Kraftfut-ter eingestuft

ECM Energiekorrigierte Milch kg ECM = (0.038 * %Fett + 0.024 * %Eiweiss + 0.816) * kg Jahresmenge / 3.14

Milchmenge (t ECM)

Verkaufte Milch + Kälbermilch (Aufzucht, Tränker, Mast) + Milch für den Haus-halt, umgerechnet auf kg ECM aufgrund der Milchgehalte der verkauften Milch

Viehbestand Anhand der offiziellen Tierverkehrsdatenbank können folgende Parameter ge-nau angegeben werden: mittlere Kuhzahl, Kälberkategorien (Aufzucht, Tränker, Mast), Jungviehanteil an Ri GVE und übrige raufutterverzehrende GVE, Anzahl Erstlaktierende, Anzahl Abgangskühe

Jahresration der Milch-viehherde (t TM)

TM-Menge und Zusammensetzung berechnet aufgrund der Winter- und Som-merfütterungspläne für die laktierenden und trockenstehende Kühe sowie den Angaben zur Dauer der betreffenden Perioden

Berechnung der Energiekonzentration in der Jahresration (MJ NEL/kg TM) aufgrund standardisierter NEL-Gehalte der verschiedenen Futterarten; kontrol-liert und angepasst mittels Vergleich des Jahres-Energiebedarfs der Milchkuh-herde in MJ NEL (y) mit dem Energieangebot der Jahresration; y= 0.310 *kg LG 0.75 *1.24 * 365 * Anzahl Milchkühe + kg ECM * 3.14. Der Koeffizient 0.310 basiert auf den Angaben von GRUBER et al. (2007). Der Faktor 1.24 bedeutet eine 24 %-ige Erhöhung des Erhaltungsbedarfes für das wachsende Kalb, die weitere Gewichtszunahme der jungen Kühe sowie die Gewichtsveränderungen (WÜEST, 1995).

Mittleres Lebendgewicht Kühe (kg/Kuh)

Schätzwert des Landwirtes; zum Teil lagen auch mehrmalige Messergebnisse von Wägungen aller Kühe vor; das Gewicht der Schlachtkühe diente ebenfalls als Anhaltspunkt.

Schattenfläche Für zugekauftes Kraftfutter und Grundfutter und wurde aufgrund der TM-Mengen je ein Flächenbedarf angenommen. Folgende TM-Erträge (dt/ha) dien-ten zur Berechnung des Flächenbedarfs: Dürrfutter und Grassilage 100, Zu-ckerrübenschnitzel 100, Ganzpflanzenmais 140, Kartoffeln & Futterrüben 120, Proteinträger 40, Milchviehfutter 55, Energieträger/Getreide/CCM 70.

Flächenleistung Milch kg ECM/ha FF =gesamte für die Produktion der Jahresration Milchviehherde, inklusive Trockenstehzeit benötigte standarisierte Produktionsfläche - Betriebseigene korrigierte Raufutterfläche + Schattenfläche für das Kraftfut-

ter + Fläche für die Bilanz von zu- und verkauftem Grundfutter

Nahrungseffizienz Folgende Angaben dienten für die Berechnung: 1 kg Milch 2.74 MJ; 1 kg Schlachtgewicht 9.34 MJ (WILKINSON 2011)

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Ergebnisse und Diskussion

Produktivität der Systeme und Flächenbedarf Die Flächenleistungen der 14 analysierten Betriebe variieren in Abhängigkeit der Standortgunst zwischen 7‘500 und 14‘500 kg ECM/ha (Tab. 2). Die Hochleistungsbetriebe mit viel Silomais in der Jahresration erreichen nicht höhere Leistungen als die Vollweidebetriebe, obwohl an allen vier Standorten mit Maiserträgen im Bereich von ca. 180 dt TM/ha gerechnet werden kann. Der Er-tragsvorteil von Mais relativiert sich, wenn die notwendige Schattenfläche für den Anbau von Pro-teinträgern zum Rationsausgleich mitberücksichtigt wird. Der Anbau von Körnerleguminosen ist zudem mit deutlich geringeren Ertragsleistungen pro Hektare verbunden (ca. 40-50 dt/ha). Eine frühere Untersuchung, in welcher die Produktivität von Spitzenbetrieben im deutschen und schwei-zerischen Bodenseeraum untersucht wurde, ergab ein vergleichbares Ergebnis (HENGGELER, 2005). Die Milcherträge lagen durchschnittlich um 11‘000 kg ECM/ha. Die vier untersuchten Hochleistungsbetriebe produzieren ihre grossen Milchmengen nur zu einem Teil auf den betriebseigenen Futterflächen. Rund 38% der beanspruchten Futterflächen liegen ausserhalb der Betriebe. Sie sind hier als Schattenflächen bezeichnet. Weitaus die meisten davon liegen in Südamerika, von wo aus grosse Mengen Sojaextraktionsschrot nach Europa und in die Schweiz importiert werden. Die einzigen landeseigenen Proteinträger für die Milchviehfütterung sind Nebenprodukte aus dem Rapsanbau. Die vorhandenen Mengen sind relativ unbedeutend.

Je ein Vollweidebetrieb bei Luzern (LU 4) und im Berner Seeland (BE4) erreichten in unserer Ana-lyse die höchsten Flächenleistungen. Beide legen grossen Wert auf ein professionelles Weidema-nagement und messen regelmässig mit dem Rising-Plate-Meter (RPM) die Grashöhe, um gewähr-leisten zu können, dass die Besatzstärke bzw. der Weidedruck stets nahe dem Optimum ist (= maximale MJ NEL-Verzehr der Weideherde pro Hektare für die aktuelle und die nachfolgenden Nutzungen). Das wichtigste Kriterium ist dabei die Richtgrösse von 7 clic‘s (komprimierte Grasnar-benhöhe von 3.5 cm) beim Verlassen der Weidekoppel. Ziel ist es, möglichst die gesamte nutzbare Biomasse durch die Weideherde aufnehmen und in Milch umwandeln zu lassen. Im suboptimalen Falle, würde bis zur nächsten Weidebestossung ein grosser Teil des aktuell vorhandenen Blattge-webes abgebaut bzw. an Qualität verlieren, was den Flächenertrag (kg ECM/ha) reduzieren würde. Das saubere Abfressenlassen stellt somit einerseits die Qualität der Folgeaufwüchse sicher und zum anderen eine hohe flächenbezogene Milchleistung. Um den Verzehr auf der Weide zu maxi-mieren bzw. Weideverluste zu minimieren, wird ein vergleichsweise hoher Viehbesatz bzw. Wei-dedruck angestrebt. Sämtliche zu einem bestimmten Zeitpunkt nutzbare Biomasse soll von der Herde aufgenommen werden. Damit dies gelingt, ist Futterkonkurrenz zwischen den Kühen nötig. Bezogen auf die Milchproduktion (kg ECM) gilt dabei folgender quantifizierbarer Zusammenhang: 8 % individueller Leistungsverlust pro Kuh = 20 % Mehrleistung pro Hektare (MCCARTHY et al., 2011). Der Zielkonflikt zwischen individueller Leistung und System- bzw. Flächenleistung zeigt, dass die Jahresmilchleistung bei der Beurteilung der Systemleistung Milch nur beschränkt sinnvoll und zur Beurteilung unterschiedlicher Milchproduktionssysteme ungeeignet ist.

Die tiefste Flächenleistung Milch 10‘813 kg ECM/ha/J (Gunstnote 1) wurde mit der Weideherde im Systemvergleich Hohenrain erzielt, obwohl der Standort sehr günstig für das Graswachstum ist. Die gegenüber der Stallherde um fast 2‘000 kg ECM tiefere Leistung der als Weide genutzten Flä-chen wird zum Teil damit erklärt, dass im ersten Jahr weder die neu angesäten Flächen, noch die Braun/Fleckviehkühe und die Weideführer an das neuartige System angepasst waren. Die Drillrei-hen der neu angesäten Weideflächen waren im ersten Jahr noch nicht geschlossen. Die Besatz-stärke und der Weidedruck waren besonders in der ersten Versuchshälfte noch zu tief, weil sich die Verantwortlichen nur zögerlich wagten, einen hohen Weidedruck auszuüben, weil sie negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeitsleistung befürchteten. Die Weideherde bestand während den drei Versuchsjahren aus je 50% Braunvieh- und Fleckviehkühen. Diese eingesetzten Kühe waren den Vollweidebedingungen noch nicht angepasst. Die Differenz in der Flächenleistung zwischen den beiden getesteten Milchproduktions-Systemen nahm im Verlauf des Versuches kontinuierlich ab und setzt sich weiter fort.

Die fünf untersuchten konventionellen Vollweidebetriebe düngen ihre Weideflächen im Verlaufe der Weidesaison mit 3-4 Gaben Ammonsalpeter (100 kg/ha/Gabe). Gegenüber den Biobetrieben ermöglicht dies einen erheblicher Ertragsvorteil. Pro Kilogramm gedüngtem Stickstoff wurde in einem

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Tab. 2. Charakterisierung und Effizienzanalyse von 14 spezialisierten Milchproduktionsbetrieben. (Mittelwerte der Jahre 2011-13)

1 Systemvergleich Hohenrain (HoS=Stallherde, HoW=Weideherde), Mittelwerte der Jahre 2008 bis

2010 2 Umstellungsbetrieb auf Bio, seit 2012 3 Kleegras-Grünfütterung im Stall; Zuchtbetrieb, hoher Anteil verkaufter Jungkühe

4-jährigen N-Düngungsversuch auf Weiden eine N-Wirkung von 16 kg TM oder ca. 16 kg ECM gemessen (THOMET et al., 2007). Ein Teil von diesem Stickstoff kommt via Harn der Kühe wieder auf die Flächen zurück und führt nochmals zu einem Mehrertrag. Berücksichtigt man diese Folge-wirkung ebenfalls, ergibt sich ein Mehrertrag von 21-22 kg TM bzw. ECM (JAKOB, 1991; DELABY et al., 1996). Bio-Vollweidebetriebe müssten also an einem Mittellandstandort mit einer Reduktion der Flächenleistung von 2000 kg ECM/ha/Jahr rechnen. Der Spitzenbetrieb BE4 hat in den Jahren

Kanton BE 1 BE 2 AG 1 Ho S1

Ho W1

LU 1 LU 2 LU 3 BE 3 BE 42

LU 4 AG 23

LU 5 BL 1

Postleitzahl  der Gemeinde 4537 3019 5642 6260 6260 6274 6026 6023 3047 3236 6248 4852 6130 4305

1 Angaben zu den Betrieben

Gunst für Graswuchs  (1 = sehr gut; 4 = mässig) 1 2 1 1 1 1 1 1 2 1 1 3 4 4

Höhe  ü.M.  (m) 465 610 400 615 615 515 520 540 555 438 525 410 715 400

Anzahl  Kühe 50 58 105 24 28 54 57 58 26 55 48 43 48 30

Jahresration der Milchviehherde (t TM) 356.4 419.5 760.4 163.7 155.7 279.5 316.6 314.1 143.3 325.0 267.0 241.5 243.2 162.9

TM‐Anteile der Futtermittel 

Weide  0.12 0.17 0.04 0.07 0.58 0.61 0.61 0.61 0.61 0.58 0.55 0.47 0.52 0.68

Dürrfutter 0.19 0.04 0.16 0.05 0.37 0.37 0.21 0.23 0.29 0.15 0.38 0.29 0.26 0.12

Grassilage 0.15 0.23 0.27 0.44 0.17 0.16 0.08 0.25 0.12 0.15 0.19

Maissilage 0.24 0.33 0.31 0.30

Andere 0.11 0.06 0.11

Kraftfutter  0.19 0.23 0.23 0.15 0.04 0.02 0.01 0 0.02 0.02 0 0.01 0.08 0

Total 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00

NEL‐Gehalt der Jahresration (MJ NEL/kg TM) 6.55 6.56 6.47 6.50 6.40 6.28 6.34 6.31 6.27 6.37 6.27 6.25 6.29 6.42

2 Flächen für die FutterproduktionGrundfutterfläche für die Kühe 22.3 33.3 45.8 10.9 14.0 22.0 28.8 25.7 12.4 25.8 26.8 26.6 23.8 22.9

Schattenfläche für das Kraftfutter (ha) 14.3 20.8 36.6 4.6 1.0 0.8 0.5 0 0.4 0.8 0.1 0.6 3.0 0

Gesamter Futterflächenbedarf für die Kuhherde 36.6 54.1 82.4 15.5 15.0 22.8 29.3 25.7 12.8 26.6 26.8 27.2 26.8 22.9

%‐Anteil der Schattenfläche an der gesamten 

Futterfläche für die Produktion der Jahresration39.1 38.5 44.4 31.2 6.5 3.4 1.8 0 3.4 3.0 0.3 2.1 11.3 0

Schattenfläche für das Kraftfutter detailliert (ha)

     Milchviehfutter (5500 k TSg = 1ha) 7.2 1.0 10.6 0.7 0.5 0.4

     Proteinträger inkl. Sojaschrot (4000 kg = 1ha) 5.1 15.3 22.4 3.2 0.2 0.5

     Energiefutter spezial  (4000 kg TS = 1ha) 2.0

     Getreide/Körnermais/CCM  (7000 kg TS  = 1ha) 4.5 3.7 1.5 1.0 0.0 0.4 0.8 2.6

     Kartoffeln oder Futterrüben (14000 kg TS= 1 ha) 0.1 0.1

3 Effizienzparameter 

Netto‐Flächenleistung (kg ECM/ha) 12'336 10'043 11'411 12699 10'813 12'905 12'348 13'649 11'562 14'686 10'722 9'626 9'316 7'648

Futterkonvertierungseffizienz (FKE)

FKE 1 (kg ECM/kg TS) 1.27 1.29 1.24 1.20 1.04 1.05 1.14 1.12 1.03 1.20 1.08 1.08 1.03 1.08

FKE 2 (kg ECM/10 MJ NEL) 1.94 1.98 1.91 1.85 1.62 1.68 1.80 1.77 1.65 1.88 1.72 1.73 1.64 1.68

4 NahrungseffizienzNahrungsenergie  Milch ( MJ/ha  FF) 33'800 27'519 31'267 34'796 29'627 35'359 33'834 37'398 31'680 40'240 29'379 26'376 25'526 20'955

Besatzs tärke   (Kühe/ha) 1.4 1.1 1.3 1.5 1.9 2.4 1.9 2.3 2.0 2.1 1.8 1.6 1.8 1.3Potentiel le  Nahrungsenergie  von den Schlacht‐

kühen bei  4 Jahren Nutzungsdauer (MJ/ha  FF)1'040 795 998 1'233 1'310 1'421 1'159 1'318 1'346 1'255 1'135 996 1'078 889

Gesamter Nahrungsenergie‐Output (MJ/ha  FF) 34'840 28'313 32'266 36'029 30'937 36'780 34'993 38'717 33'026 41'495 30'515 27'372 26'604 21'843%‐Antei l  Fleisch an produzierter 

Nahrungsenergie  aus  Milch + Fleisch3.0 2.8 3.1 3.4 4.2 3.9 3.3 3.4 4.1 3.0 3.7 3.6 4.1 4.1

5 Kühe

Rasse RH (RH) SH½ BV     

½ SH

½ BV     

½ SF

NZH     

KC

NZH     

KC

NZH     

KC

SF       

KC

NZH     

KCSF SF

NZH     

KC

SF       

KC

Jahresleistung (kg ECM/Kuh/365 Tag) 9'094 9'398 8'958 8'372 5'759 5'457 6'340 6'041 5'699 7'093 5'997 6'079 5'241 5'907

Kraftfuttereinsatz (g FS/kg ECM) 171 205 209 131 54 16 9 0 26 16 4 12 90 0

Lebendgewicht  (kg/Kuh) 670 650 685 698 610 525 520 510 580 530 555 550 530 600

Mittlere Trockenstehzeit (Tg/Kuh/Jahr) 45 52 50 37 85 82 75 82 105 62 70 65 101 85

Standardisierte Leistung nach Gewicht                   

(kg ECM/600 kg Kuh/J)8'371 8'851 8'111 7'474 5'688 6'031 7'058 6'824 5'846 7'785 6'358 6'489 5'752 5'907

Differenz zur unkorr.Leistung (kg ECM/K/J) ‐722 ‐548 ‐847 ‐898 ‐71 575 718 783 147 692 361 410 511 0

Mittlere Zwischenkalbezeit der Herde (Tg) 395 402 404 405 373 368 365 366 365 368 365 372 368 362

Besamungs index 1.9 2.0 2.1 2.1 1.6 1.4 1.7 1.5 1.5 1.6 1.5 1.5 1.5 1.8

Hochleistung Vollweide saisonal Bio‐Vollweide Hanglage

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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2009-11 Flächenleistungen um 15‘000 kg erreicht. Nach der Umstellung auf Bio ab 2012 wird sich nun dieses Niveau voraussichtlich auf ein Wert von 12-13‘000 kg senken, sofern alle anderen Fak-toren beibehalten werden.

Ressourcen- und Nahrungseffizienz der Milchproduktionssysteme Die 10 untersuchten Vollweidebetriebe, die ihre Milchproduktion bewusst und konsequent auf die Veredelung ihres Wiesen- und Weidefutters ausrichten, setzten nur sehr wenig Kraftfutter ein. Sie beanspruchen im Gegensatz zu den Hochleistungsbetrieben knapp 13-mal weniger betriebsfrem-de Schattenfläche (3% versus 38%) und produzieren somit ressourceneffizient. Der quantitative und qualitative Futterertrag von Wiesen und Weiden ist entscheidend, welche Milchleistung an einem Standort erzielt werden kann. Die Vegetationsdauer, die Bodenfruchtbarkeit, die Düngung, sowie die Niederschlagsmenge und –verteilung bestimmen weitgehend, wieviel nutzbare Biomas-se an einem gegebenen Standort wächst. Im Schweizer Mittelland sind es je nach Standortgunst 100-140 dt TM/ha. Für schwierige Verhältnisse (Hanglagen, flachgründige Böden, Sommertro-ckenheit entsprechend weniger. Das Ertragspotential ist oft ungenügend bekannt. In der Schweiz hat sich die Referenzmessung mit Hilfe der Methode von CORRALL und FENLON (1978; versetzter Schnitt alle 4 Wochen, 100 kg Ammonsalpeter/Schnitt) bewährt. Der Futterwert des Wiesen- und Weidefutters wird vor allem von der Nutzungsintensität, der botanischen Zusammensetzung, der Saison und der Futterkonservierung bestimmt. Auf den untersuchten Betrieben bewegen sich die Energiegehalte von Weidefutter im Bereich von 6.3 bis 7.2 MJ NEL/kg TM. Die höchsten Werte ergeben sich jeweils im Frühjahr bis gegen Ende Mai. In der zweiten Vegetationshälfte ist der Rohproteingehalt im Verhältnis zum NEL-Gehalt zu hoch. Die Harnstoffwerte in der Milch der Voll-weide erreichen dadurch Werte von über 40 mg/dl Milch. Die Nährwerte des konservierten Futters sind erheblich tiefer (Grassilage 5.8 – 6.2 MJ NEL/kg TM; Dürrfutter 5.2 – 6.0 MJ), weshalb die Vollweidebetriebe bestrebt sind, möglichst viel Weidefutter direkt in Milch zu konvertieren. Der mitt-lere Anteil an Weide in der Jahresration der 10 Vollweidebetriebe betrug 58%. Nur ein Betrieb (AG2) fütterte im Stall noch Kleegras zu, wenn das Futter auf den Weideflächen wegen Trocken-heit nicht mehr ausreichte.

Die Flächenleistung Milch ist ein gutes Mass für die physische Leistungsfähigkeit eines Milchpro-duktionsbetriebes. Die eigenen Futterproduktionsflächen sind genau bekannt, ebenso die produ-zierte Milch und das gekaufte Futter. Ungenauigkeiten der Datenerhebung können sich bei tempo-rärem Flächenabtausch zwischen Betrieben oder der Futterlagerzuweisung ergeben. Deshalb empfiehlt es sich Mittelwerte mehrerer Jahre zu verwenden. Mit dem Effizienz-Parameter Flächen-leistung können nur Betriebe mit vergleichbaren Standortverhältnissen verglichen werden. Besser wäre es, die potentiell nutzbare Biomasse einer Fläche quantitativ und qualitativ zu kennen, um entsprechend zu messen, welche Menge Milch (kg ECM/ha) ein Produktionssystem daraus zu generieren vermag. Wird dies aus dem geschätzten Ertragspotential der untersuchten Vollweide-betriebe (Gunstzahlen von 1-4) gemacht, kann festgestellt werden, dass die besten Betriebe aus 1 kg TM gewachsener und nutzbarer Biomasse ca. 1 kg ECM zu erzeugen, der schlechteste (HoW) 0.8 kg. Die Berechnung der Flächenleistungen Milch der betreffenden Betriebe führte zu ähnlichen Unterschieden. Um eine Verwechslung mit dem Begriff Futterkonvertierungseffizienz (FKE, kg ECM pro kg TM verzehrtes Futter) zu vermeiden, könnte hier von Biomasse-Konvertierungs-effizienz gesprochen werden (BKE, kg ECM pro kg TM gewachsenes und nutzbares Futter). Die Differenz zwischen diesen beiden Grössen sind die quantitativen und qualitativen Verluste, sowie die unterschiedliche Nutzung bzw. Steuerung des Milchproduktionspotentials durch die Tiere bzw. den Betriebsleiter. Die Differenzen werden umso grösser, je mehr der Anteil an konserviertem Fut-ter in der Ration zunimmt.

Die Futterkonvertierungseffizienz (FKE) der Hochleistungsbetriebe lag im Mittel bei 1.25 kg ECM/kg TM der Jahresration für die Milchvieherde, jenes der Vollweide lag bei 1.1 kg ECM. Bezo-gen auf die Verwertung der Futterenergie ergaben sich folgende Werte: 1.92 versus 1.73 kg ECM/10 MJ NEL. Die Milchleistung der HL-Kühe war 50% höher jene der VW-Kühe (8955 kg ver-sus 5961 kg ECM/Kuh/J), der Unterschied in der Konvertierung von Futterenergie zu Nahrungs-energie in der Milch jedoch nur 11%. In diesem Vergleich sind die Interaktionen mit Aufzuchtauf-wand und Nutzungsdauer noch nicht berücksichtigt, wodurch sich die Effizienz weiter zu Gunsten der Vollweidebetriebe verschieben dürfte.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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In Bezug auf die Nahrungseffizienz wird festgestellt, dass in einem Milchproduktionsbetrieb viel mehr Nahrung via Milch, als via Fleisch generiert wird. Mit der Annahme, dass alle Kühe der unter-suchten spezialisierten Milchproduktionsbetriebe 4 Laktationen genutzt werden und keine Kälber und Rindviehmast betrieben wird, wäre der Nahrungsbeitrag aus der Milch 97 % und jener aus der Verwertung der Schlachtkühe potentiell „nur“ 3 %.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist im Hinblick auf die Diskussion der Nahrungseffizienz der untersuch-ten Betriebe von Bedeutung. Die Fütterung der Kühe der Hochleistungsbetriebe basiert zu einem grossen Teil auf Futtermitteln, die einerseits essbar sind und/oder via die Monogastrier Schweine und Hühner effizienter in Nahrung umgewandelt werden können. WILKINSON (2011) gibt für die Konvertierung von Futterprotein in Nahrungsprotein folgende Werte an (kg Futterprotein/kg essba-res Protein): Rindfleisch 14.9, Kuhmilch 5.6, Schweinefleisch 4.3, Eier 3.2, Poulet 3.0). Die Mono-gastrier verwandeln Proteinträger also rund 60% effizienter in Nahrung um als Milchkühe. Verstärkt wird diese Betrachtungsweise der Nahrungseffizienz, wenn die Art und Weise der Milchproduktion in futterwüchsigen Grünlandgebieten diskutiert wird. In diesem Fall macht es wenig Sinn, wertvol-les Protein in Wiederkäuersystemen mit der genannten schlechten Effizienz einzusetzen. Im Futter von Wiesen und Weiden hat es genügend bis zu viel Protein, das im Tier zu hochwertigem Eiweiss veredelt werden kann. Allerdings ist die Jahresleistung pro Kuh tiefer als in Hochleistungs-Systemen, in welchen die Rationen mit Mais, Getreide und Ackerbau-Nebenprodukten zuerst energiekonzentriert und mit Protein ausgeglichen werden. Die Wiederkäuer-Verdauung ist jedoch prinzipiell darauf ausgerichtet, faserreiche Zellwände im dreiteiligen Bioreaktor (Pansen, Netzma-gen, Blättermagen) ab- und umzubauen. Der mengenmässig wichtigste Stoff ist dabei die Cellulo-se. Diese ist für die Monogastrier wegen der β-glykosidischen Bindung zwischen den Glucose-Molekülen durch körpereigene Enzyme nicht verwertbar. Die Fermentationsprozesse zum Abbau der hohen Mengen an Cellulose im dreiteiligen Bioreaktor (Pansen, Netzmagen, Blättermagen) einer ausschliesslich mit Gras gefütterten Kuh erfordert deshalb vergleichsweise mehr Zeit, als eine mit Kraftfutter gefütterten Kuh, welche einen Teil der Stärke und des Proteins aus dem Kraft-futter durch körpereigene Enzyme im Dünndarm aufnehmen kann. Die tägliche Energie- und Nähr-stoffaufnahme der Kühe in gras- und weidebasierten Produktionssystemen ist aus diesem Grund beschränkt und dadurch auch die Jahres-Milchleistung.

Ressourceneffiziente Milchproduktion erfordert einen anderen Kuhtyp Die untersuchten Vollweidebetriebe haben den Kuhtyp an ihr Produktionssystem angepasst. Die meisten von ihnen vollzogen eine Verdrängungszucht mit NZ-Holstein und Kiwi-Cross. Die ent-sprechende Genetik stammt zum grossen Teil aus Neuseeland und wird via Samendosen in die Schweiz importiert. Die NZ-Holstein (NZH) und Kiwi-Cross- Kühe (KC) waren mit ca. 525 kg Le-bendgewicht deutlich leichter als die Kühe der Hochleistungsbetriebe (670-700 kg). Oft sind die mittleren Gewichte von Fleckviehkühen in der Schweiz, in Süddeutschland und Österreich noch höher. In den Zuchtzielen von Fleckvieh, Red Holstein und Holstein Kühen werden Lebendgewich-te von 650-850 kg genannt. Es ist aber eine Tatsache, dass das Körpergewicht von den Zuchtver-bänden in der Beurteilung der Jahres-Milchleistung bisher unberücksichtigt bleibt. Rund die Hälfte des gesamten Energie- bzw. Futterbedarfs einer Kuh bis zum Ende der dritten Laktation wird für die Aufzucht, das heisst den Körperaufbau, für die Trockenstehzeit und für die Unterhaltung des Bioreaktors (Erhaltungsbedarf während den Produktionsphasen) verbraucht. Dieser Aufwand kann als Fixkosten bezeichnet werden, die es zu amortisieren gilt. Für die Aufzucht einer Herde von grossen Kühen wird in der Aufzuchtphase erheblich mehr Futter benötigt, als für eine mit kleinrah-migen, die aus der gleichen Futtermenge gleich viel Milch produziert (THOMET und BURGOS, 2007). Eine unterschiedliche Laktationsdauer wird korrigiert und auf 305 Tage standardisiert, nicht aber das Körpergewicht, das für den Erhaltungsbedarf, unabhängig vom Produktionssystem, eine gros-se Rolle spielt. Die Viehzucht und Milchviehfütterung beschränkt sich einseitig und stark auf die Jahres-Milchleistung und nur auf die Produktionsphasen im Leben einer Kuh und blendet die Auf-zucht und Trockenstehzeit, und die sich dadurch ergebenden Interaktionen der einzelnen Lebens-phasen aus. Die untersuchten Hochleistungsbetriebe wiesen eine durchschnittliche Milchleistung von 8955 kg/Kuh/Jahr aus, jene der Vollweidebetriebe 5961 kg, bei Lebendgewichten von 676 kg versus 551 kg (inklusive Weide-Fleck- und Braunviehkühe). Die Korrektur bzw. Standardisierung der Leis-tungsbeurteilung auf eine 600 kg schwere Kuh würde eine Überschätzung der Leistung von 754 kg/Kuh/J der Hochleistungskühe und eine Unterschätzung von 571 kg der Vollweidekühe ergeben.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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STEINWIDDER et al. (2008) kommt aufgrund von Modellrechnungen, die auf dem Datenmaterial von Versuchskühen in den Forschungsanstalten Mitteleuropas beruhen, zur Aussage, dass der Kraft-futtereinsatz für die Produktion von einem Kilogramm Milch mit zunehmendem Körpergewicht steigt. Die Verzehrskapazität der Versuchskühe nahm relativ zur Körpermasse ab. Dies erforderte bei gleicher Futterkonvertierungseffizienz eine höher konzentrierte Ration mittels Kraftfutter. Wurde die Ration für grossrahmige Kühe nicht entsprechend angepasst, produzierten sie weniger effizi-ent, weil der Energiebedarf für die Erhaltung (Fixkosten) relativ zur produzierten Milch stieg. Sollte dieser Zusammenhang generell zutreffen, hat die Milchviehzucht im Alpenraum in zweifacher Hin-sicht eine ineffiziente Kuh gezüchtet: In Anbetracht der angestrebten graslandbasierten schweize-rischen Milchproduktion wäre die vertiefte Überprüfung der Erkenntnisse von STEINWIDDER (2008) äusserst nützlich.

Die Milch- und Fruchtbarkeitsleistung der NZ-Holstein Genetik wurde in einem grossangelegten Versuch auf Vollweidebetrieben mit den Schweizer Rassen verglichen (PICCAND et al., 2013). Die Überlegenheit in der Milchproduktion bezogen auf das metabolische Körpergewicht (kg ECM/kg LGmet) betrug gegenüber den Braunvieh- und Fleckviehkühen je 19%. Die grossrahmigen Schwei-zer Holstein SH waren in diesem Parameter vergleichbar, hingegen in ihrer Fruchtbarkeitsleistung deutlich unterlegen, was die Gesamteffizienz eines weidebasierten Milchproduktionssystems mas-siv herabsetzen würde. Die SH-Kühe bauten ihre Körpersubstanz bei Vollweidehaltung zu stark ab. Umgekehrt verhielten sich die Fleckviehkühe. Ihre Fruchtbarkeitsleistung war besser als jene der Brown-Swiss und der spezifisch an Weidebedingungen angepassten NZ-Kühe .

Die beiden Spitzenbetriebe LU 3 und BE 4 bestätigen die hohe Milchproduktionseffizienz der NZ-Holstein Genetik. Beide versuchen, die Konvertierungsleistung noch weiter zu steigern, indem sie vermehrt Kiwi-Cross bzw. Kreuzungstiere NZ-Holstein x NZ-Jersey in ihre Herden einbauen. GRAINGER und GODDARD (2007) bestätigen in einer Review-Arbeit zu Milchviehrassen und ihrer Futterkonvertierungseffizienz, dass dies eine realistische Option ist. Ein weiterer indirekter Beleg für die Relevanz der Kuhtypenfrage liefert die Vollweideherde im Systemvergleich Hohenrain. Sie bestand zu je 50 % aus Braunvieh- und Fleckvieh-Kühen. Das für den Standort relativ schlechte Resultat von „nur“ 10‘813 kg ECM/ha/FF lässt sich teilweise mit der zu wenig an die Vollweide an-gepasste Kühe erklären. Aufgrund der Resultate aus dem Weidekuhgenetik-Projekt, darf ange-nommen werden, dass mit den NZ-Holstein-Kühen eine um mindestens 1000 kg ECM/ha höhere Flächenleistung hätte erzielt werden können (PICCAND et al., 2013). Diese Kühe sind kleinrahmig und nur 480-520 kg schwer und zeigen ein anderes Weideverhalten als die einheimischen Kuhty-pen. Die NZ-Holstein-Kühe fressen auch das nahe den Geilstellen reichlich vorhandene Futter, welches von den meisten Braunvieh- und Fleckviehkühen gemieden wird. Sie vermögen die auf der Weide angebotene und nutzbare Biomasse somit zu einem höheren Anteil aufzunehmen. Eine vertiefte Untersuchung zu diesem Aspekt des Weideverhaltens führte zum Ergebnis, dass die Fresszeit der NZ-Holstein an Geilstellen 2,4-mal länger war als jenes der Vergleichstiere, 16,3a versus 6.9b sec/min (KUNZ et al., 2010). Die gut sichtbaren Geilstellen um die Kotfladen bedecken auf einer optimal genutzten Weide eine Fläche von 15-18%. Dort ist wegen der hohen Düngungs-intensität das Futterangebot erheblich höher als in den Zwischenbereichen. Wenn nun ein grosser Teil der dort aktuell vorhandenen Biomasse von den Kühen verzehrt und zu Milch veredelt wird, lässt sich die Flächenleistung nochmals steigern.

Empfehlungen für die Milchviehzucht im Alpenraum

Die diskutierten Ergebnisse geben Anlass dazu, die heutige Zuchtarbeit in Frage zu stellen. Be-wegt sich die Milchviehzucht in der richtigen Richtung, wenn die Kühe wegen der Selektion auf die Jahresleistung und der Schauzucht immer grossrahmiger, aber abhängiger vom importierten Kraft-futtereinsatz und nährstoffreichen Futterrationen werden? Im Sinne von Ressourceneffizienz und standortgerechter Produktion ist diese Entwicklung nicht weiterzuführen. Jene Kuhtypen sind ge-fragt, die aus dem betriebseigenen Raufutter – vornehmlich Wiesen- und Weidefutter - am meisten Milch erzeugen können (HAIGER und KNAUS 2010; PEYRAUD et al., 2009; DELABY et al., 2010; DELA-

BY et al., 2009). Von der irreführenden Überbewertung der Jahres-Milchleistung ist Abstand zu nehmen. Mindestens aber muss diese nach Körpergewicht korrigiert und standardisiert werden. Vorgeschlagen wird eine Standardisierung auf Kilogramm energiekorrigierter Milch pro 600 kg schwere Kuh. Diese Standardisierung ist ein erster essentieller Schritt, der rasch umgesetzt wer-den kann. Dieser Reformschritt allein ist jedoch nicht genügend, um die effizienten Raufutterkühe optimal selektieren zu können. Eine weitere Korrektur und Standardisierung nach Produktionssys-

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tem und Kraftfuttereinsatz wäre ebenfalls erforderlich. Weil das relativ schwierig umzusetzen ist, besteht alternativ die Möglichkeit, die Stierenauswahl und die Nachzuchtprüfung nur noch in Be-trieben vorzunehmen, die grasland- und weidebasiert produzieren. Im Sinne des Aufbaus eines nachhaltigen Ernährungssystems Schweiz sollen die staatlichen Mittel nur noch für die Zucht von ressourceneffizienten Kühen eingesetzt werden, die aus betriebseigenem Wiesen- und Weidefutter möglichst viel hochwertige Nahrung erzeugen können. Die Ernährung der Menschen und der Mo-nogastrier Schweine und Hühner würde dadurch weniger konkurriert. Eine weitere Bedingung wird jedoch aus folgendem Sachverhalt ersichtlich: Nur mit einer grossen Population an Raufutterkühen ist der Selektionserfolg und der züchterische Fortschritt genügend gross. Die heutige Verzettelung der Zuchtverbände in sehr viele Unterpopulationen ist nicht zielführend.

Die Nahrungseffizienz erfordert eine milchbetonte Kuh. Die Veredelung des Futters in Gunstlagen für das Graswachstum ist via Milch viel effizienter als via Rindfleisch. Aus dem gleichen Grund kommt der Langlebigkeit und der langen Nutzungsdauer der Kühe ebenfalls eine grosse Bedeu-tung zu. Diese sollte mindestens 4-5 Laktationen betragen. Ohne eine sehr gute Fruchtbarkeit und hohe Stoffwechselstabilität ist dieses Ziel nicht zu erreichen. Die Kühe müssen sich gut an die grossen Schwankungen des Nährwertes von Wiesen- und Weidefutter und an das variable Ange-bot (Sommertrockenheit) anpassen können.

Zusammengefasste Aussagen

Die Milchproduktion der Hochleistungsbetriebe im Schweizer Mittelland ist nur noch zum Teil standortgerecht. Sie ist von importierten Protein- und Energieträgern abhängig. Für die Produktion des eingesetzten Kraftfutters wird 40% der für die gesamte Jahresration benö-tigten Fläche beansprucht. Der grösste Teil davon sind Flächen ausserhalb der Schweiz und Europa.

Die Flächenleistung Milch (inklusive Schattenflächen für Kraftfutter) der konventionellen saisonalen Vollweidebetriebe ist durchschnittlich mindestens so hoch wie jene der Hoch-leistungsbetriebe mit Maisanbau. Die Werte liegen an guten Standorten im Schweizer Mit-telland im Bereich von 11‘000 bis 14‘000 kg ECM/ha Futterfläche.

Die besten Vollweidebetriebe schaffen eine Biomassen-Konvertierungsleistung von Wie-sen-und Weidefutter zu Milch von 1 : 1 (1 kgECM/ 1 kg TMgewachsen und nutzbar). Die Futterkon-vertierungseffizienz der saisonalen Vollweidebetriebe beträgt durchschnittlich 1.10 ECM/kg TMverzehrt, jene der Hochleistungsbetriebe 1.25.

Die Milchproduktion ist in Wiederkäuersystemen die viel effizientere Form der Veredelung von Raufutter zu Nahrung als Rindfleisch. Die Verwertung des Schachtkörpers am Ende eines Kuhlebens generiert nur etwa 3% Anteil an der Nahrungsproduktion (Milch und Fleisch).

Aus Sicht der Nahrungseffizienz ist der Einsatz von Kraftfutter in der Milchviehfütterung und Rindermast fragwürdig. Dies gilt insbesondere für Eiweissträger wie Sojaschrot. Dieses wird via die Monogastrier Schweine und Hühner (Fleisch & Eier) viel effizienter in Nahrung umgesetzt.

Erste Untersuchungen weisen darauf hin, dass grossrahmige Kühe mehr Kraftfutter pro kg Milch benötigen als kleinrahmige, was es näher aufzuklären gilt.

In der Schweiz und anderen Grünland-Gunstlagen ist die Milchviehzucht besser auf die Ressource Wiesen- und Weidefutter auszurichten. Die Bedeutung der Jahres-Milchleistung in der Selektion ist massiv zu reduzieren bzw. in Richtung Raufutter-Konvertierungs-effizienz, Fruchtbarkeit und Langlebigkeit zu korrigieren. Die Standardisierung der Milch-leistung nach dem Körpergewicht ist ein erster Schritt, um eine echte Vergleichbarkeit von Leistung zu ermöglichen. Die Zucht auf grosse Tiere ist kritisch zu hinterfragen bzw. zu be-enden.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Vergleiche österreichischer Kuhtypen in einem alpinen Low-Input (LI)-Weidesystem

M. Horn1, A. Steinwidder2, R. Pfister2, W. Zollitsch1 1BOKU-Universität für Bodenkultur, Department für Nachhaltige Agrarsysteme, Institut für

Nutztierwissenschaften, Österreich 2LFZ Raumberg-Gumpenstein, Institut für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der

Nutztiere, Österreich

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Low-Input (LI) Milcherzeugungssysteme zeichnen sich durch ihren starken Fokus auf grundfutter-basierte Milcherzeugung, geringe Abhängigkeit von externen Resourcen und hohe Akzeptanz beim Konsumenten aus. Deshalb stellen sie auch für alpine Regionen, in denen Dauergrünland die mit Abstand am weitesten verbreitete Form der Landnutzung ist, eine wertvolle Alternative für die Zukunft dar (STEINWIDDER et al., 2011a; THOMET et al., 2011). Um die Jahresverläufe von Graswachstum und Milchleistung zu synchronisieren ist in traditionellen Vollweidegebieten wie Irland oder Neuseeland die Blockabkalbung im Frühjahr weit verbreitet. Für die erfolgreiche Umsetzung eines LI-Weidesystems im Alpenraum müssen Milchkühe also nicht nur in der Lage sein konserviertes Grundfutter und frisches Weidegras effizient in Milch um zu wandeln, sondern auch innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters wieder trächtig zu werden (HORAN et al., 2005; EVANS et al., 2006). In weiten Teilen der Welt und auch in alpinen Regionen lag der Fokus der Milchviehzucht während der letzten Jahrzehnte sehr stark auf der Verbesserung der Milchleistung. Parallel dazu verlor die Weidefütterung von Milchkühen zusehends an Bedeutung während ganzjährige Stallhaltung und der Einsatz von Maissilage und Kraftfutter zunahmen. Das wiederum wirft die Frage auf, ob sich Milchkühe aus herkömmlichen Zuchtprogrammen für LI-Weidesysteme eignen, in denen hohe An-sprüche an die Stoffwechselstabilität, Robustheit und Fruchbarkeit der Milchkühe gestellt werden (DILLON et al., 2003b). Um dieser Frage nachzugehen wurden in im Rahmen des EU-Projekts SOLID (Sustainable Orga-nic and Low Input Dairying, www.solidairy.eu) österreichisches Braunvieh (BV) und Holstein Frie-sian aus Lebensleistungszucht (HFL) in einem alpinen Vollweidesystem verglichen. Die vorliegen-de Arbeit fasst ausgewählte Erkenntnisse aus drei Studien (HORN et al., 2013; HORN et al., 2014a; HORN et al., 2014b) mit folgenden Fragestellungen zusammen:

Studie 1: Exisieren Rassenunterschiede hinsichtlich der Eignung für ein alpines LI-Weidesystem?

Studie 2: Welchen Einfluss hat das Abkalbedatum auf Rationszusammensetzung und Leis-tung?

Studie 3: Wie reagieren die beiden Kuhtypen auf die Reduktion der Kraftfutterergänzung zu Laktationsbeginn?

Untersuchte Kuhtypen und Management Nach der Zweinutzungsrasse Fleckvieh ist BV mit ca. 51.000 Herdbuchkühen die am weitesten verbreitete Milchrasse in Österreich. Im seit 1998 existierenden Gesamtzuchtwert werden die Merkmalskomplexe Milch, Fleisch und Fitness zu 48, 5 bzw. 47 % gewichtet (ZAR, 2013). Im Jahr 2013 betrug die durchschnittliche Milchleistung des österreichischen BV 7.111 kg Milch bei 541 kg Fett und Eiweiss und die mittlere Zwischenkalbezeit lag bei 417 Tagen (ZUCHTDATA, 2013). Im Gegensatz dazu wurde HFL in den letzten 50 Jahren in einem alternativen Zuchtprogramm auf hohe Lebensleistung gezüchtet. Die eingesetzten Stiere wurden primär nach herausragender Le-bensleistung ihrer Verwandten ausgewählt. Des Weiteren waren hervorragende Fitness (Nut-zungsdauer, Persistenz, Fruchtbarkeit etc.) und die Milchinhaltsstoffleistung in kg wichtige Selek-tionskriterien, während Milchmengenleistung und Exterieur nur eine untergeordnete Rolle spielten (HAIGER, 2006). Im Vergleich zur österreichischen Holsteinpopulation führte dies zu leichteren Tie-

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ren mit stark unterdurchschnittlichen Zuchtwerten für Milch, aber überdurchschnittlich hohen Zuchtwerten für Fitness. Beide Kuhtypen wurden am biologisch bewirtschafteten Lehr- und Forschungsbetrieb des LFZ Raumberg-Gumpenstein (Seehöhe 680 m, Jahresdurchschnittstemperatur 7°C, Jahres-niederschlagsmenge 1.014 mm) in einer gemeinsamen Herde gehalten und in einem Vollwei-desystem gemanaget. Um den Weideaufwuchs effizient zu nutzen wurde versucht die Abkalbun-gen in der Winterfütterungsperiode (November bis März) zu konzentrieren. In der Winterfütte-rungsperiode bestand die Ration aus 4.4 kg Heu, Grassilage ad libitum und wechselnden Mengen an Kraftuffutter (eine detaillierte Angabe der eingesetzten Kraftfuttermengen erfolgt gemeinsam mit den jeweiligen Versuchsergebnissen), wobei das Kraftfutter hauptsächlich während der Stallfütte-rungsperiode eingesetzt wurde. Während der Vegetationszeit hatten die Kühe freien Zugang zu Kurzrasenweiden und erhielten zusätzlich 1,5 kg Heu pro Tag. Die mit dem Rising Plate Meter gemessene Zielaufwuchshöhe lag zwischen 3,7 und 5,2 cm. Über die Jahre 2008 bis 2012 ver-brachten die Tiere im Schnitt 207 Tage pro Jahr auf der Weide.

Ergebnisse und Diskussion

Exisitieren Rassenunterschiede? Um dieser Fragestellung nachzugehen wurden Milchleistungs-, Lebendmasse- und Fruchtbar-keitsdaten von 91 Laktationen (n=42 BV und 49 HFL) aus den Jahren 2008 bis 2011 ausgewertet. Die relativen Gesamt-, Milch- und Nutzungsdauerzuchtwerte der Versuchskühe in dieser Periode waren 96, 92 und 102 für BV und 79, 61, und 112 für HFL. Der Kraftfutterverbrauch betrug ca. 480 kg pro Kuh und Laktation. Die statistische Auswertung erfolgte mit einem gemischten Modell (SAS 9.2). Die Ergebnisse der Milchleistung, des Lebendmasseverlaufs während der Laktation und der Güst-zeit reflektieren die unterschiedlichen Zuchtziele der beiden Kuhtypen (Tabelle 1). Ähnliche Ergeb-nisse wurden bereits von DILLON et al. (2003a) und (2003b) berichtet. Die ECM-Leistung von BV lag auch im weidebasierten LI-System deutlich über jener von HFL, was sich durch die signifikant längere Laktationsdauer und die über die gesamte Laktation hinweg höhere Lebendmasse von BV erklären lässt. Unter Einbeziehung der unterschiedlichen Laktationsdauern und Lebendmassen unterschied sich die produzierte Tagesmilchmenge je kg metabolische Lebendmasse jedoch nicht. Die Verläufe der Lebendmassen beider Rassen deuten im Weiteren darauf hin, dass HFL deutlich weniger Milch aus Körperreserven produzierte da bei BV ein signifikant höherer und länger andau-ernder Verlust von Lebendmasse beobachtet wurde. Weil auf Fruchtbarkeit gezüchtete Rinder auch eher dazu neigen Nährstoffe und Energie für den Erhalt der Körperkondition und für Repro-dukion anstelle zur Milcherzeugung zu verwenden (FRIGGENS et al., 2013), ist dies auch ein Erklä-rungsansatz für die signifikant kürzere Güstzeit von HFL.

Tab. 6: Einfluss der Rasse auf Milchleistung, Lebendmasse und Fruchtbarkeit (Studie 1).

BV HFL sea PRasse

Laktationslänge, d 326 297 40,1 0,016 ECM-Leistungb, kg 6.402 5.354 622,8 <0,001 ECM pro LM0,75c, kg/d 0,17 0,17 0,011 0,747 Lebendmasse, kg 600 539 16,4 <0,001 Woche des LM-Nadird 24 19 7,1 0,012 LM-Verlust bis Nadire, % 12 10 3,8 0,037 Besamungsindex, n 1,6 1,5 - 0,306 Güstzeit, d 103 73 39,6 0,016

aResidualstandardabweichung, benergiekorrigierte Milchleistung, cmetabolische Lebend-masse, dniedrigste Lebendmassemessung während der Laktation, eberechnet als relativer Lebendmasseverlust von der Abkalbung bis zum Nadir

Welchen Einfluss hat das Abkalbedatum? Zur Beantowrtung dieser Frage wurden aus dem oben beschriebenen Datensatz aus den Jahren 2008 bis 2011 nur jene Tiere ausgewertet die nach Beginn der Winterfütterungsperiode abkalbten. Um eine saisonale Abkalbung zu simulieren, wurden alle Parameter der 73 Laktationen (n=34 BS und 39 HFL) auf eine Laktationslänge von 305 Tagen bezogen. Die in der Auswertung inlkudierten

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Tiere wiesen relative Gesamt-, Milch und Nutzungsdauerzuchtwerte von 96, 91 und 102 für BV sowie 79, 61 und 112 für HFL auf. Die Daten wurden mit einem gemischten Modell ausgewertet (SAS 9.2). Das Abkalbedatum wurde relativ zum Weidebeginn ausgedrückt (RAD) und ging als Regressionsvariable ins Modell mit ein. Ausgewählte Ergebnisse für drei beispielhafte Abkalbe-daten (RAD -150: November, RAD -90: Januar, RAD -30: März) sind in Tabelle 2 dargestellt. Wie erwartet stieg der Weideanteil in der Ration bei Winterabkalbung im Vergleich zur Herbstab-kalbung stark an. Die Frühjahrsabklabung führte allerdings zu keiner weiteren Steigerung des Weideanteils, was durch die relativ kurze Vegetationszeit am Versuchsstandort zu erklären ist, sodass im Frühjahr kalbende Kühe gegen Laktationsende wieder auf Stallfütterung umgestellt werden mussten. Die kürzere Stallfütterungsperiode und die auf 2 kg begrenzte Kraftfutterzuteilung während der Weidezeit führten zum starken Rückgang des Kraftfutterverbrauchs bei Frühjahrsab-klabung im Vergleich zur Herbstabkalbung. Vergleichbare Zusammenhänge zwischen Abkalbe-zeitpunkt und Rationszusammensetzung wurden bereits von DILLON et al. (1995) und STEINWIDDER et al. (2011b) ermittelt. Der signifikante Leistungsrückgang von BS scheint in engem Zusammen-hang mit der Reduzierung der Ergänzungsfütterung zu stehen. Im Gegensatz dazu war der Ein-fluss des Abkalbedatums auf die ECM-Leistung von HFL weit weniger ausgeprägt. Dies führte da-zu, dass BV durch die niedrigere Ergänzungsfütterung bei Frühjahrsabklabung seinen genetisch bedingten Leistungsvorteil verlor (VEERKAMP et al., 1994). Durch die längere Winterfütterung bei Herbstabkalbung konnte BV sein genetisches Potential besser ausschöpfen, was sich auch durch die höhere Milchleistungssteigerung je kg zusätzlichem Kraftfutter von BV im Vergleich zu HFL zeigte (KENNEDY et al., 2003). Dem entsprechend war auch der Einfluss des Abkalbdatums auf die Tageszunahmen bei BV weitaus ausgeprägter als bei HFL. Wie bereits von GARCIA and HOLMES (2001) beschrieben, wiesen im Herbst abkalbende Tiere eine höhere Persistenz auf, was auf eine zweite Laktationspitze durch den Weideaustrieb in der Mitte der Laktation zurück zu führen ist.

Tab. 7: Einfluss der Rasse und des relativen Abkalbedatums auf Rationszusammensetzung, Milch-leistung und Lebendmasse (Studie 2)*.

BV HFL P Wert

RADa

-150 RAD -90

RAD-30

RAD -150

RAD-90

RAD -30

Rasse RAD Rasse ×

RADb Weideanteil, % 44 55 57 42 55 54 <0.001 <0.001c 0.008c KF-Verbrauchd, kg TM

727 467 208 532 438 329 <0.001 <0.001 <0.001

ECM-Leistunge, kg 6 450 5 865 5 281 5 383 5 334 5 284 0.447 0.003 0.013

Persistenz 0.71 0.58 0.58 0.64 0.53 0.53 0.420 0.007c 0.734c

Lebendmasse, kg 602 595 588 543 540 538 0.025 0.358 0.692

Tageszun.f, kg/d -0.31 -0.13 0.05 -0.04 0.02 0.08 0.665 <0.001 0.003 *aus Platzgründen wurde in dieser Tabelle auf die Angabe der Residualstandardabweichung verzichtet. Die Werte sind bei Horn et al. (2014a) zu finden, arelatives Abkalbedatum, bWechselwirkung zwischen Rasse und relativem Abkalbe-datum, cquadratischer Effekt des Abkalbedatums, dKraftfutterverbrauch pro Kuh und Laktation, eenergiekorrigierte Milch-leistung, fmittlere Tageszunahme.

Wie reagieren die beiden Kuhtypen auf eine Reduktion der Kraftfutterergänzung zu Laktationsbe-ginn? Dieser Fragestellung wurde im Zuge eines zweijährigen Fütterungsversuchs (2012 und 2013) nachgegangen. Die beiden Rassen wurden auf zwei Fütterungsregime (FR), Kontrolle (K) und Low (L), aufgeteilt, wobei den Tieren der Gruppe L jeweils nur die halbe Kraftfuttermenge der Gruppe K angeboten wurde. Die insgesamt 50 Laktationen (n= 21 BV und 29 HFL) wurden mit einem ge-mischten Modell (SAS 9.2) statistisch ausgewertet. Die relativen Gesamt-, Milch- und Nutzungs-dauerzuchtwerte der im Versuch stehenden Kühe betrugen 100, 95 und 108 für BV sowie 82, 64 und 113 für HFL. Die Ergebnisse in Tabelle 3 zeigen, dass beide Rassen in ähnlichem Ausmaß auf die Reduzierung des Kraftfuttereinsatzes zu Laktationsbeginn reagierten (keine signifikanten Wechselwirkungen zwischen Rasse und Fütterungsregime). Die numerisch sichtbaren Unterschiede, wie z.B. der stärkere Rückgang der ECM-Leistung bei BV im Vergleich zu HFL (720 bzw. 451 kg) konnten nicht statistisch abgesichert werden. Wie in den Studien 1 und 2 war HFL auch während des zweijähri-

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gen Fütterungsversuches deutlich leichter als BV. Beide Rassen wiesen ähnliche Körperkonidtio-nen auf, allerdings wurde bei HFL und bei den Tieren der Gruppe L der BCS-Nadir etwas früher beobachtet. Da der absolute BCS-Verlust von der Abkalbung bis zum Nadir in beiden FR ähnlich war weist dies darauf hin, dass die Tiere der Gruppe K zwar zu Laktationsbeginn weniger Körper-reserven mobilisierten, auf diese aber in späterer Folge während der Weidezeit zurückgriffen (DELABY et al., 2009). Die Reduktion der Kraftfutterergänzung zeigte keinerlei negative Auswirkun-gen auf die Fruchtbarkeit der beiden Rassen, was sich mit den Ergebnissen anderer Autoren deckt (HORAN et al., 2004; DELABY et al., 2009). Auch die Rasse zeigte keinerlei Einfluss auf die Frucht-barkeit während des Fütterungsversuches. Dies stimmt zwar mit den vergleichbaren ECM-Leistungen und Köperkonditionsverlusten beider Rassen, allerdings nicht unterschiedlichen Selek-tionsschwerpunkten sowie den Ergebnissen von Studie 1 überein.

Tab. 1: Einfluss der Rasse und des Fütterungsregimes auf Milchleistung, Körperkondition und Fruchtbarkeit (Studie 3).

BV HFL P Wert

K L K L sea Rasse FR Rasse×FRb

KF-Verbrauchc, kg TM 642 281 593 278 130.9 0.535 <.001 0.556 Laktationslänge, d 309 300 295 286 28.2 0.281 0.363 0.995

ECM-Leistungd, kg 6 363 5 643 6 021 5 570 593.8 0.585 0.014 0.505

Lebendmasse, kg 585 593 533 537 38.2 0.006 0.650 0.843

BCS Lak.-Woche 1 3.14 3.28 2.96 3.18 0.281 0.179 0.055 0.596

BCS-Nadire 2.35 2.31 2.34 2.35 0.155 0.850 0.773 0.679

Woche des BCS-Nadir 31 28 26 24 3.8 0.090 0.175 0.680

Besamungsindex, n 1.6 1.4 1.4 1.6 - 0.861 0.893 0.928

Güstzeit, d 79 68 81 78 33.9 0.853 0.055 0.716 aResidualstandardabweichung, bWechelwirkung zwischen Rasse und Fütterungsregime, cKraftfutterverbrauch pro Kuh und Laktation, energiekorrigierte Milchleistung, eniedrigste Körperkonditionsbeobachtung während der Laktation Schlussfolgerungen Das im Vergleich zu HFL stärker auf Milchleistung selektierte BV erbrachte in allen drei Auswer-tungen höhere Milchleistungen (+1.048, +510 und +207 kg ECM für BV im Vergleich zu HFL). Gleichzeitig war BV auch über alle drei Studien hinweg signifikant schwerer, was in Zusammen-hang mit dem stärkeren Selektionsfokus auf Milchleistung und der engen genetischen Korrelation zwischen Milchleistung und Lebendmasse zu sehen ist. Hinsichtlich des Effizienzkriteriums „pro-duzierte Milchmenge pro kg metabolische Lebendmasse“ wurde in keiner der drei Auswertungen ein signifikanter Rassenunterschied festgestellt. Im Vergleich zu HFL reagierte die Milchleistung von BV sensibler auf Veränderungen der Ergän-zungsfütterung was darauf hindeutet, dass BV unter den beschriebenen Versuchsbedingungen nicht in der Lage war sein volles genetisches Milchleistungspotential auszuschöpfen. Diese Beob-achtung konnte allerdings nur in Studie 2 statistisch abgesichert werden. Die höher leistenden und schwereren BV-Tiere zeigten in den Studien 1 und 2 allerdings auch eine deutlich stärkere und länger andauernde Mobilisation von Lebendmasse. Wie Ergebnisse der Lite-ratur sowie der Studie 1 zeigen, kann sich dies negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken. Während in Studie 1 HFL hinsichtlich Fruchtbarkeit noch deutlich überlegen war und mit einer mittleren Zwi-schenkalbezeit von 353 Tagen dem Rhythmus einer saisonalen Abkalbung folgen konnte, wurden in Studie 3 keine signifkanten Unterschiede zwischen den Rassen oder Fütterungsregimen im Be-zug auf die Fruchtbarkeit der Versuchstiere beobachtet. Obwohl die Unterschiede zwischen den Milchzuchtwerten in allen drei Studien annähernd identisch waren (+31, +30 und +31 Punkte für BV im Vergleich zu HFL), könnte die Abnahme der Differenzen in der Milchleistung sowie der Nut-zungsdauerzuchtwerte zwischen HFL und BV von Studie 1 bis 3 (-10, -10 und -5 Punkte für BV im Vergleich zu HFL) eine mögliche Erklärung hierfür darstellen. Mit mittleren Güstzeiten von 73 und 79 Tagen bewegten sich in Studie 3 beide Kuhtypen auf einem ausgezeichneten Niveau. Auch wenn die Fruchtbarkeitsergebnisse der beiden Rassen sich je nach Auswertung unterschieden, deuten sie nicht darauf hin, dass in LI-Weidesystemen grundsätzlich mit negativen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit und Gesundheit der Tiere zu rechnen ist, denn auch in Studie 1 lag die Güst-zeit von BV deutlich unter dem Durchschnitt der österreichischen Kontrollkühe.

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Aus den vorliegenden Versuchsergebnissen kann keine eindeutige Empfehlung für oder gegen einen der verglichenen Kuhtpyen für die alpine Vollweidehaltung gegeben werden. Allerdings kann die um 60 kg niedrigere Lebendmasse von HFL und die damit verbundene geringere Belastung der Grasnarbe speziell auf geneigten Weideflächen von Vorteil sein. Im Bezug auf den Abkalbe-termin unter alpinen Bedingungen zeigte sich, dass für Herden mit einem höheren genetischen Leistungspotential bei Abkalbung im Herbst betriebswirtschaftliche Vorteile zu erwarten sind, wäh-rend es für HFL sinnvoll erscheint die Kostenvorteile der Frühjahrsabkalbung zu nutzen. Wie bereits in einer Reihe von Studien aus Österreich, Süddeutschland und der Schweiz betont (THOMET et al., 2004; STEINBERGER et al., 2009; STEINWIDDER et al., 2010) unterstreichen auch die hier präsentierten Ergebnisse auf das Potential alpiner Vollweidesysteme. Mit dieser ressourcenef-fizienten Form der grünlandbasierten Milcherzeugung konnten auch unter alpinen Klimabedingun-gen Weidegrasanteile von über 50 % der Jahresration erreicht werden, ohne dass negative Aus-wirkungen auf die Fruchtbarkeit und Tiergesundheit der Milchkühe auftraten.

Danksagung Die Autoren bedanken sich für die finanzielle Unterstützung der Europäischen Gemeinschaft im Zuge des Siebten Rahmenprogrammes FP7-KBBE.2010.1.2-02, Gemeinschaftsprojekt SOLID (Sustainable Organic Low-Input Dairying; Finanzierungsvereinbarung no. 266367). Besonderer Dank gebührt den MitarbeiterInnen des Bio-Instituts für die Kooperation und die Betreuung der Versuchstiere. Abschließend danken die Autoren Hannes Roherer für die Unterstützung bei der Erhebung der Daten, sowie Walter Starz und Birgit Fürst-Waltl für die Hilfe bei der statistischen Auswertung.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Die Auswirkungen von Kraftfutter bei weidenden schweizerischen und neuseeländischen Holsteinkühen auf die Milchleistung, Futteraufnahme,

Aktivität und das Verzehrsverhalten

F. Schori1, C. Heublein1,2, K.-H. Südekum2, F. Dohme-Meier1 1Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften, Schweiz

2Universität Bonn, Institut für Tierwissenschaften, Deutschland

[email protected]

Einleitung In der Schweiz im biologischen Landbau ist der Einsatz von Kraftfutter bei Wiederkäuern auf 10% der Jahresration begrenzt (BIO SUISSE, 2014). Die EU Verordnung zum ökologischen/biologischen Landbau ist deutlich liberaler und setzt einen Raufutteranteil für Pflanzenfresser von mindestens 60% in der Tagesration voraus. Während den ersten drei Laktationsmonaten darf überdies beim Milchvieh der minimale Raufutteranteil 50% der Tagesration betragen (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?uri=CELEX:32008R0889 [10.6.2014]). Verschiedenste Grün-de können für eine Einschränkung der Kraftfuttergaben bei Pflanzenfressern bzw. Wiederkäuern aufgeführt werden z.B.: Wiederkäuer können mit ihrem Vormagensystem im Gegensatz zu Mono-gastriern Zellwandbestandteile, wie Zellulose und Hemizellulose, sehr effizient aufschließen und verwerten. Durch die Aufnahme von schnell fermentierbarem Kraftfutter sinkt der pH-Wert des Panseninhaltes (WALES und DOYLE, 2003), was wiederum die Verdaulichkeit der Ration herab-senkt und die mikrobielle Proteinsynthese limitiert (DE VETH und KOLVER, 2001). Ausserdem sollte aus ethischen Gründen die Fütterung von Pflanzenfresser bzw. Wiederkäuer nicht in Konkurrenz stehen zur menschlichen Ernährung. Nicht zuletzt sind die Kosten für Kraftfutter aufzuführen, die pro Energieeinheit deutlich höher sind im Vergleich zu frischem Gras (ZIMMERMANN, 2006). Für einen Kraftfuttereinsatz spricht die stetige Zunahme der Milchleistung der Kühe, der folglich ge-stiegene Nährstoffbedarf und letztendlich die notwendige Energiekonzentration in Milchviehratio-nen. Verschärfend kommt bei weidebetonten Produktionssystemen hinzu, dass bei hohem Weide-druck bzw. effizienter Nutzung der Biomasse die individuelle Futteraufnahme der Kühe begrenzt ist (DELAGARDE et al., 2001). Als Folge können bei Kühen mit hohen Tagesleistungen eine negative Energiebilanz und der Verlust an Körperkondition auftreten, was wiederum mit herabgesetzter Fruchtbarkeit, beeinträchtigter Gesundheit und eingeschränktem Tierwohl in Verbindung gebracht wird (ROCHE et al., 2009). Ausserdem kann bei erhöhter Nachfrage an Milch und Milchprodukten bzw. bei hohen Milchpreisen mit Kraftfutter die Milchleistung etwas gesteigert werden (PEYRAUD et al., 2010). In Neuseeland werden Holsteinkühe speziell für weidebetonte, Low-Input Milchproduktionssysteme gezüchtet (MIGLIOR et al., 2005). Ihre Reaktion auf eine Kraftfutterergänzung unterscheidet sich bezüglich Futteraufnahme, Substitutionsrate und Mehrleistung von der von Kühen mit hohem Milchleistungspotenzial (HORAN et al., 2006). Allgemein ist wenig bekannt über die Auswirkungen einer Kraftfutterergänzung auf das Verhalten, insbesondere das Verzehrsverhalten, und die Aktivi-tät von weidenden Milchkühen. In der vorliegenden Studie wurden die Auswirkungen einer Kraftfutterergänzung bei zwei unter-schiedlichen Holsteinkuhtypen in einem weidebetonten Produktionssystem unter Biolandbau-Bedingungen auf die Milchleistung, Futteraufnahme, Aktivität und das Verzehrsverhalten unter-sucht.

Material und Methoden Der Versuchsaufbau entsprach einer Crossover-Studie mit zwei Durchgängen, die aus je einer 21-tägigen Adaptations- und 7-tägigen Sammelperiode bestanden. Insgesamt wurden im Versuch 24 Holsteinkühe, davon 12 Schweizer Holsteinkühe (HCH) und 12 Holsteinkühe neuseeländischen Ursprungs (HNZ), eingesetzt. Die Kühe unterschieden sich in ihrem Körpergewicht (HCH: 609 ± 90 kg vs. HNZ: 560 ± 72 kg) und in ihrer Körperkondition (BCS; HCH: 2.4 ± 0.28 vs. HNZ: 2.9 ± 0.24). Aufgrund der Anzahl an Laktationen (HCH: 2.3 ± 1.6 vs. HNZ: 2.7 ± 2.0), Tage in Laktation (HCH: 109 ± 18 d vs. 114 ± 17 d) und dem Alter der erstlaktierenden Kühe wurden Kuhpaare gebildet.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Für die separat geführte Versuchsherde entsprach das Weidesystem einer Umtriebsweide mit einer Aufenthaltsdauer pro Parzelle von 2 bis 5 Tagen. Beim Bestossen der Parzellen betrug die Wuchshöhe 129 ± 16 mm und beim Verlassen 57 ± 7 mm. Gemessen wurden die Wuchshöhen mit dem C-Dax Pasturemeter (C-Dax Ltd., Palmerston North, NZ). Pro Tag erhielten die Versuchstiere 16 Stunden Zugang zur Weide. Die beweideten Flächen des Biobetriebes „Schulbauernhof von Sorens“ entsprachen überwiegend gräserreichen Dauergrünland-Beständen. Während den beiden Sammelperioden wies das Weidegras durchschnittlich folgende Energie- und Proteingehalte pro kg Trockensubstanz (TS) auf: 6.3 ± 0.24 MJ und 6.1 ± 0.32 MJ Nettoenergie Laktation (NEL) sowie 174 ± 23 g bzw. 172 ± 25 g Rohprotein (RP). Die Kuhpaare der Gruppe KF0 erhielten kein Kraftfut-ter und die der Gruppe KF6 6kg, aufgeteilt in 2 Rationen pro Tag. Die eingesetzte, kommerzielle Bio-Getreidemischung wies pro kg TS folgende Gehalte auf: 8.1 ± 0.05 MJ NEL und 117 ± 2 g RP. Im Stall standen den Kühen Viehsalz und Mineralstoffe in Leckschalen zur freien Verfügung. Über die Sammelperiode wurde die Milchmenge täglich erfasst und Milchproben an 3 Tagen zur Be-stimmung der Milchinhaltsstoffe genommen. Die Futteraufnahme auf der Weide wurde mittels der Doppelmarkermethode mit n-Alkanen (MAYES et al., 1986) geschätzt. Während 72 h wurden das Verzehrsverhalten mittels der MSR-Kaurekorder (Datenlogger MSR 145, MSR Electronics GmbH, Hengart, CH) und die Aktivität der Kühe mittels Pedometer (IceTagTM, IceRobotics Ltd., Edin-burgh, UK) erhoben. Am 4. und 5. Tag der Sammelperiode wurde um 7.00 und 14.00 Uhr je eine Blutproben an der Jugularvene entnommen. Die statistische Auswertung erfolgte mit einem linea-ren gemischten Modell mittels Systat-13 und R.

Ergebnisse und Diskussion Kühe, die Kraftfutter erhielten produzierten mehr Milch (28.0 vs. 24.0 kg d-1, P<0.001) als Kühe ohne Kraftfutterergänzung, wobei HCH eine höhere Milchleistung hatten als HNZ (27.5 vs. 24.5 kg d-1, P<0.05). Es bestand eine Interaktion zwischen Kuhtyp und Kraftfutter (P<0.05), die darauf hin-deutet, dass HCH besser in der Lage waren, Kraftfutter für die Milchproduktion zu nutzen. Im Ein-klang mit der Studie von HORAN et al. (2005) produzierten HNZ weniger zusätzliche Milch pro kg Kraftfutter (0.8 vs. 0.5 kg kg-1, P<0.05). Die energiekorrigierte Milchmenge unterschied sich zwi-schen den Varianten KF0 und KF6 (22.7 vs. 24.6 kg d-1, P=0.001), aber nicht zwischen HCH und HNZ (24.1 vs. 23.2 kg d-1, P=0.4). Wie bei BARGO et al. (2002) hatten Kühe, die kein Kraftfutter erhielten, einen höheren Milchfettgehalt (3.8 vs. 3.2%, P<0.001). Dies könnte auf Veränderungen der Pansenfermentation bei den mit Kraftfutter ergänzten Kühen hindeuten. Der Proteingehalt der Milch wurde durch die Verabreichung von Kraftfutter nicht erhöht (3.3 vs. 3.4%, P=0.13), jedoch hatten die HNZ einen höheren Proteingehalt (3.5% vs. 3.2%, P<0.01). Wie in anderen Studien (BARGO et al., 2002; MCEVOY et al., 2008) verdrängte Kraftfutter die Aufnahme von Weidegras (12.1 vs. 9.4 kg Trockensubstanz (TS) Gras d-1, P<0.001), wobei die gesamte Futteraufnahme mit Kraftfutter höher war (12.1 vs. 14.7 kg TS d-1, P<0.001). Zu vermerken ist, dass die Schätzungen des Gras- bzw. Gesamtverzehrs ungewöhnlich tief ausfielen. Die Schätzung über den Energiebe-darf der Kühe und die Energiekonzentration der Futtermittel ergaben Gesamtfutteraufnahmen um 17 kg TS. Folglich sind die Verzehrsdaten mit Vorsicht zu interpretieren. Die Dauer der Futterauf-nahme sank bei den mit Kraftfutter ergänzten Kühe deutlich (558 vs. 448 min d-1, P<0.001), was auch auf einen reduzierten Verzehr an Weidegras schliessen lässt. Weiter hatte die Kraftfutterer-gänzung keine Auswirkung auf die Wiederkaudauer der Kühe (P=0.15), jedoch käuten die HNZ längere Zeit wieder (414 vs. 389 min d-1, P<0.05) als die HCH, was schon in früheren Untersu-chungen festgestellt wurde (SCHORI und MÜNGER, 2014). Ob Kraftfutter ergänzt wurde oder nicht hatte keine Auswirkungen auf die Anzahl Kauschläge pro Bolus (54 vs. 53, P=0.26). Mit durch-schnittlich 53 Kauschlägen pro Boli lag dieses Merkmal gemäss ROSENBERGER et al. (1990) im Referenzbereich, was auf eine ausreichende Strukturversorgung der Milchkühe hindeuten würde. Die Entwicklung der Milchfettgehalte weist dagegen auf Veränderungen der Pansenfermentation hin. Es sollte überprüft werden, ob die Anzahl Kauschläge pro Bolus ein zuverlässiger Indikator für eine ausreichende Strukturversorgung und optimale Pansenfermentation ist. Kühe, die Kraftfutter erhielten, bewegten sich weniger (368 vs. 420 min d-1, P<0.001) und verbrachten mehr Zeit mit Liegen (577 vs. 516 min d-1, P<0.001), folglich könnte der Energiebedarf für die physische Aktivität der mit Kraftfutter ergänzten Kühe reduziert sein. Tendenziell längere Zeit mit Liegen verbrachen die HNZ verglichen mit den HCH (566 vs. 526 min d-1 P=0.053).

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Schlussfolgerungen Die bescheidene Auswirkung des Kraftfutters auf die energiekorrigierte Milchleistung eröffnet die Frage der Wirtschaftlichkeit, besonders bei engen Kraftfutter-Milch Preisverhältnissen. Natürlich sollten dabei die längerfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit und Fruchtbarkeit der Milchkühe mitberücksichtigt werden, sowie an das Produktionssystem angepasste Milchkühe eingesetzt wer-den. Weiter wird durch den Verzehr von Kraftfutter Weidegras aus der Ration verdrängt. Ausser-dem sollte das Kriterium Anzahl Kauschläge pro Wiederkauboli als zuverlässiger Indikator für eine optimale Pansenfermentation überprüft werden.

Danksagung Die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaus (AGFF) hat dieses Projekt grosszügig unterstützt.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Untersuchungen zum Energiebedarf von weidenden Milchkühen

A. Münger, S. Thanner, F. Schori

Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften, Posieux, Schweiz

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Milchkühe benötigen Energie zunächst für die Erhaltung lebenswichtiger Körperfunktionen ein-schliesslich Verdauung und Metabolismus der Nährstoffe, sodann für Bewegung (Muskeltätigkeit) und für den Ausgleich bei Kälte- wie Hitzebelastung. Dazu kommen die produktiven Leistungen Milch und Körpersubstanzansatz und die Trächtigkeit. Weidende Tiere unterscheiden sich bezüglich Energiehaushalt von solchen, die an der Krippe ge-füttert werden, in zweierlei Hinsicht. Die eine ist, dass weidende Tiere in der Regel eine Ration verzehren, die einerseits vergleichsweise faserreich ist und damit einen höheren Verdauungs- und Verwertungsaufwand erfordert, und andererseits häufig einen Proteinüberschuss aufweist, dessen Stoffwechselprodukte auch mit zusätzlichem Energieaufwand verwertet oder ausgeschieden wer-den müssen. Dies charakterisiert allerdings Rau- beziehungsweise Wiesenfutter-reiche Rationen generell, auch wenn sie an der Krippe aufgenommen werden. Von BRUINENBERG et al. (2002) wur-de für diesen rationsbedingten Mehraufwand ein Zuschlag von 10 % zum Erhaltungsbedarf vorge-schlagen. Ein zweiter Aspekt ist der zusätzliche Aufwand für die Nahrungsaufnahme auf der Weide: Das Tier muss seine Futterplätze aufsuchen; die darin investierte Energie variiert in Abhängigkeit vom Zu-stand der Weide, dem Weidesystem und den topografischen Gegebenheiten. In der Regel ist auch der Energieaufwand für das eigentliche Fressen (Abreissen, Zerkauen) des Futters etwas höher als bei Krippenfütterung. Einen nicht unbedeutenden Aufwand stellt der tägliche Weideauf- und -abtrieb dar. Ausserdem sind die weidenden Tiere potenziell stärkeren Witterungsschwankungen ausgesetzt und müssen demnach mehr Energie in die Thermoregulation stecken; dieser Aufwand, beziehungsweise der Unterschied zu Stallhaltung ist allerdings in den meisten Situationen ver-gleichsweise gering. Die Messung dieser zusätzlichen Energieaufwendungen auf der Weide und ihre Zuordnung zu den verschiedenen Ursachen sind sehr aufwändig. Dementsprechend existieren wenig Daten dazu, die es erlauben, strukturierte Bedarfsnormen und Fütterungsempfehlungen zu formulieren, die den mannigfaltigen Produktionssystemen und -bedingungen Rechnung tragen.

Eigene Untersuchungen Am Institut für Nutztierwissenschaften von Agroscope wurden Untersuchungen an Milchkühen durchgeführt, um zur Beurteilung des zusätzlichen Bedarfs bei Weide einen Beitrag zu leisten. Dabei wurde eine neuere Methodik für die Bestimmung des Energieaufwandes von weidenden Tieren verwendet (KAUFMANN et al., 2011). Sie erlaubt, die Wärmeproduktion der Tiere aus ihrer CO2-Abgabe abzuleiten, die ihrerseits aus der CO2-Kinetik im Blut (d.h. anhand von Blutproben) geschätzt werden kann. Die Wärmeproduktion stellt die Summe aus dem Erhaltungsbedarf, zu-sätzlicher Muskelarbeit und den metabolischen Energieverlusten bei der Produktion dar. Näheres zur Methodik ist in den nachfolgend zitierten Publikationen zu finden. Im ersten Versuch (DOHME-MEIER et al., 2014) wurde an drei Zeitpunkten während der Weidesai-son jeweils wechselweise eine Gruppe von weidenden Kühen mit einer Gruppe verglichen, die geschnittenes Gras von derselben Parzelle an der Krippe verzehrte. Die Kühe hatten eine ver-gleichsweise hohe Milchleistung (im Mittel rund 37 kg/Tag) und erhielten deshalb auch durch-schnittlich rund 6 kg Kraftfutter. Neben Verzehrs- und Produktionsdaten und dem Energieaufwand wurden verschiedene Parameter des Bewegungs- und Futteraufnahme-/Wiederkauverhaltens er-hoben, mit dem Ziel, die Variationen der Wärmeproduktion den diversen Aktivitäten zuordnen zu können. Über die gesamte Untersuchung konnte ein Mehraufwand an Energie von rund 20 % bei den weidenden Tieren nachgewiesen werden. Bringt man vom gesamten Energieaufwand jeweils noch den Teil in Abzug, der gemäss den aktuellen Fütterungsempfehlungen (ALP, 2008) berech-net, der Milchproduktion zugeschrieben werden kann, was einer groben Berechnung des Erhal-tungsbedarfs inklusive zusätzlicher Aktivität entspricht, beträgt die Differenz dieser Werte 40 %.

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Ein Vergleich mit dem Norm-Erhaltungsbedarf (ALP, 2008) ergibt für die Stallgruppe übereinstim-mende Werte, für die Weidegruppe folglich wiederum eine Differenz von rund 40 %. Im zweiten Versuch (THANNER et al., 2014) ging es um den Vergleich von Holstein-Milchkühen vom schweizerischen mit solchen vom neuseeländischen Typ, bei Vollweide unter Bedingungen des Biologischen Landbaus. Das Leistungsniveau dieser Kühe war tiefer (18,3 kg / Tag energiekorri-giert) und sie erhielten kein Ergänzungsfutter. Die erhobenen Parameter waren weitgehend iden-tisch mit Versuch 1. Der Vergleich der beiden Tiertypen ergibt, bezogen auf metabolisches Kör-pergewicht, für den wie oben berechneten Erhaltungs- und Aktivitätsaufwand einen etwas tieferen (18 %) Wert bei den Neuseeland-Holstein. Stellt man die Ergebnisse dem Norm-Erhaltungsbedarf gegenüber, liegen die Schweizer Holstein um 87 % höher, die neuseeländischen um 57 %.

Diskussion Die noch schmale Datenbasis wie auch methodische Einschränkungen und Ungenauigkeiten for-dern Zurückhaltung bei der Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse. Auch eine Zu-ordnung des Energieaufwands zu den verschiedenen Elementen der Aktivität als Grundlage für eine faktorielle Bedarfsberechnung ist bisher noch nicht mit genügender Genauigkeit möglich. Der Unterschied der Ergebnisse der zwei Versuche kann zumindest teilweise mit grösseren Distanzen und Höhendifferenzen zu den Weideparzellen erklärt werden. Ausgehend von den eigenen Untersuchungen und in Anlehnung an andere Systeme der Bedarfs-ermittlung und Fütterungsempfehlungen für Rindvieh wurde ein Vorschlag für den Einbezug der zusätzlichen Energieaufwendungen von weidenden Kühen erarbeitet, der in die Fütterungsemp-fehlungen von Agroscope aufgenommen werden soll (Tab. 1). Er trägt vor allem unterschiedlichem Bewegungsbedarf Rechnung und ist, angesichts der präsentierten Ergebnisse der eigenen Versu-che, eher konservativ formuliert. Abgesehen von der beschränkten Datengrundlage ist dabei aber vorerst noch die Diskussion darüber ausgeklammert, ob allenfalls der Normwert für den Grund-Erhaltungsbedarf bei Grünfutterrationen (BRUINENBERG et al., 2002) oder sogar generell aufgrund der höheren Produktionsintensität moderner Milchviehtypen (GRUBER et al., 2010) anzuheben sei.

Tab. 1: Zuschläge (%) zum Energie-Erhaltungsbedarf von Milchkühen bei Weidehaltung.

Mittlere Distanz zu den Weideparzellen

(Höhenunterschiede werden 10-fach gewichtet zur Distanz addiert)

100 200 400 800 1000

intensiv, Umtriebsweide

10 15 20 30 35

intensiv, Kurzrasenweide

15 20 25 35 40

extensiv (Alpweide)

25 30 35 45 50

Schlussfolgerungen Der zusätzliche Energiebedarf weidender Tiere kann beträchtlich sein, aber auch sehr stark variie-ren. Ein Ansatz, ihn in strukturierter Art in Bedarfsschätzungen einzubeziehen, wird hier vorge-schlagen. Zusätzliche und präzisere Daten werden jedoch benötigt, um diese Empfehlungen noch besser zu stützen oder detaillierter auszuarbeiten.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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Nachkommenvergleich von HF-Bullen unterschiedlicher Populationen in Weidebetrieben im Zeitraum 2010 – 2021

E. Leisen1, S. König2 1 Landwirtschaftskammer NRW, Münster, Deutschland

2 Institut Tierzucht und Haustiergenetik, Uni Göttingen, Göttingen, Deutschland

[email protected]

Abstract In the past decades in Germany, low-input pasture-based farms have focussed on bulls bred for high-input production systems. Genetic evaluation of those bulls is mainly based on phenotypic daughter records without or little grazing rather than supported by a high level of concentrates in the feed. In contrary, in New Zealand (NZ), genetic evaluation as well as the breeding goal is fo-cussing on superior HF genetics for pasture based systems. Previous studies have shown that cows from NZ are more efficient in terms of milk yield per hectare, overall profitability, fertility, and nitrogen balance. The aim of our research project over a period of 12 years is the comparison of two strains of Holstein-Friesian genetics (NZ vs. others) in pasture-based dairy farms in Germany and Austria for a multitude of traits. Meanwhile 4603 straws from NZ were used.

Ausgangslage Die Zuchtwerte der auf Weidebetrieben in Deutschland mittels künstlicher Besamung eingesetzten Bullen basieren seit Jahrzehnten auf Töchterleistungen mit relativ wenig oder keinem Weidegang, aber vergleichsweise hohem Kraftfuttereinsatz (High input system). Neuseeländische HF-Bullen dagegen sind speziell für die Anforderungen in Weidebetrieben (insbesondere geringer Kraftfutter-einsatz) gezüchtet worden (Low input system). In mehreren Weideversuchen zeigte beim direkten Vergleich die neuseeländische Genetik Vorteile gegenüber der europäischen Genetik: Die Neu-seeländer hatten eine bessere Fruchtbarkeit (HORAN et al., 2004), eine bessere Flächeneffizienz (THOMET et al., 2010), eine bessere Wirtschaftlichkeit (MCCARTHY et al., 2007) und bei saisonaler Abkalbung auch eine bessere Stickstoffeffizienz (RYAN et al., 2010). Mit neuseeländischer Genetik sind deshalb Verbesserungen sowohl bei Gesundheit, Leistung, Wirtschaftlichkeit und Umwelt zu erwarten. Bevor eine allgemeine Empfehlung herausgegeben werden kann, müssen sich die Kühe neuseeländischer Herkunft allerdings noch langjährig unter unterschiedlichen Standort- und Hal-tungsbedingungen Mitteleuropas bewähren. Zu prüfen ist neben dem Populationsvergleich für eine Vielzahl von Merkmalen, unter anderem wie sich die Klauengesundheit dieser an die Weide ange-passten Population unter den Stallbedingungen des Winterhalbjahres entwickelt.

Folgende Hypothesen gilt es hierbei zu untersuchen:

1. Gezielt ausgesuchte HF-Bullen aus Zuchtprogrammen in Mitteleuropa und Nordamerika lie-fern für Weidehaltung angepasste Genetik, auch wenn sie im High input sytem aufgewach-sen sind.

2. Für Betriebe mit viel Weidegang bietet der Einsatz von Holsteingenetik aus Neuseeland Vorteile im Vergleich zu den Bullen, deren Töchterleistungen in Stallhaltungssystemen er-bracht wurden. Neuseeländer HF-Kühe können für Weidebetriebe vorteilhaft sein.

3. Die Selektionsstrategie im Betrieb entscheidet über die angepasste Genetik. Der eingesetz-te Bulle hat nur begrenzten Einfluss.

Material und Methoden Als Rasse wurden Holstein-Friesen (häufigste Rasse auf Öko-Betrieben in Norddeutschland) deut-scher und neuseeländischer Herkunft gewählt. Der Vorteil für zukünftige Zuchtprogramme: Neu-seeland hat eine sehr große Population. Die Zuchtverbände erstellten eine Liste der für die Prüf-systeme geeigneten Bullen mit ihren Zuchtwerten. Die notwendigen Daten (Stammdaten, Leis-tungsdaten, Gesundheitsdaten) werden beim VIT in einer Datenbank gespeichert und der Universi-tät Göttingen, Departement für Nutztierwissenschaften, für genetisch statistische Analysen zur Verfügung gestellt.

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Kuhtyp für die grasland- und weidebasierte Milchproduktion

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In beteiligten Betrieben werden folgende Anpaarungen verglichen:

1. 20 % der Herde: Ausgewählte Bullen aus Neuseeland

2. 20 % der Herde: Ausgewählte Bullen aus den Zuchtprogrammen in Mitteleuropa

3. 60 % der Herde: Bullen entsprechend den Vorstellungen des Landwirtes

Umfang der Untersuchungen

Anzahl teilnehmender Betriebe: 50 Betriebe in Deutschland und Österreich

Auswahl der Bullen: 6 neuseeländische und 6 deutsche HF-Bullen.

Zeitrahmen: 2010 – 2021: In die Untersuchungen mit einbezogen werden die F1- und die F2-Generation, letztere soll mindestens bis zur 3. Laktation begleitet werden:

Besamung 2010 Kälber F1-Generation 2011 Kühe F1-Generation 2014 Kälber F2-Generation 2015 Kühe F2-Generation 2018 1. Laktation Kühe F2-Generation 3. Laktation bis 2021

Literatur Horan, B., Mee, J.F., Rath, M., O’Connor, P. and Dillon, P. (2004): The effect of strain of Holstein-Friesian

cow and feed system on reproductive performance in seasonal-calving milk production systems. Animal Science 79, 453-467.

McCarthy, S., Horan, B., Dillon, P., O’Connor, P., Rath, M. and Shalloo, L. (2007): An economic comparison of three divergent strains of Holstein-Friesian dairy cows in various pasture-based milk production sys-tems. Journal of Dairy Science 90, 1493-1505.

Ryan, W., Hennessy, D., Boland, T. and Shalloo, L. (2010): Nitrogen balances for three strains of dairy cows and contrasting intensive grassland systems. In: Grassland in a changing world. 23th General Meeting of the European Grassland Federation, Kiel, 1067 – 1069.

Thomet, P., Piccand, V., Schori, F., Troxler, J., Wanner, M. and Kunz, P. (2010): Efficiency of Swiss and New Zealand dairy breeds under grazing conditionson Swiss dairy farms. In: Grassland in a changing world. 23th General Meeting of the European Grassland Federation, Kiel, 1018 – 1020.

Danksagung: Die Untersuchungen wurden im Rahmen des Projektes „Leitbetriebe ökologischer Landbau in NRW“ mit finanzieller Unterstützung des Landes und der beteiligten Landwirte durchgeführt.

.

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Professionelle Weideführung, Weidetechnik, Wahl des Weidesystems

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Langjährige Erfahrung mit dem Kurzrasen-Weidesystem für Milchkühe

P. Thomet1, M. Hadorn1, A.Wyss 2

1 Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), Zollikofen, Schweiz

2 Landwirtschaftsschule BZ Wallierhof, Riedholz, Schweiz

[email protected]

Einleitung und Problemstellung

Der sparsame Umgang und die möglichst produktive Nutzung von knapper werdenden Ressour-cen wie Energie, Arbeit und fruchtbarer Boden stehen bei der weidebasierten Milchproduktion im Zentrum. Wenn die Milchkuh einen möglichst hohen Anteil ihres Jahresfutterbedarfes direkt auf der Weide deckt, kann viel Arbeit und Energie (Treibstoff) für die Bereitung von Futterkonserven ein-gespart werden. Die anfallende Hofdüngermenge ist viel kleiner, weil der grösste Teil der Exkre-mente während 200 Tagen direkt auf die Weidefläche wieder verteilt werden. Das Milchproduk-tionspotential des Weidefutters ist im grünen und relativ jungen Zustand wesentlich höher als im konservierten und im Stall gefütterten. Mit einer professionellen Weideführung können deshalb auf Vollweidebetrieben an futterwüchsigen Standorten sehr hohe Flächenleistungen Milch erzielt wer-den. Die Weide-Milchproduktion vereint damit naturnahe Haltung mit Ressourcen-Effizienz und hoher Produktivität.

Im vorliegenden Beitrag geht es um die Frage, ob eine hochproduktive Milchproduktion auch mit dem arbeitsextensiven und einfachen Weidesystem Kurzrasenweide langfristig möglich ist und die ausschliessliche Fütterung von Hochleistungskühen mit Weidegras während der Sommermonate ohne Probleme machbar ist. Zudem soll aufgezeigt werden, mit welchem Anteil Weidefutter in der gesamten Jahresration von Milchvieherden im Schweizer Mittelland gerechnet werden kann, wenn Vollweide betrieben wird – keine Ergänzungsfütterung im Stall erfolgt - und die Weideperiode von früh bis spät im Jahr ausgenutzt wird.

Material und Methoden

Zwei Betriebe in der Region Bern-Solothurn, Schweizer Mittelland, die seit vielen Jahren Kurzra-sen-Vollweide betreiben und regelmässig bei Projekten der Hochschule für Agrar-, Forst und Le-bensmittelwissenschaften (HAFL) mitmachen, bildeten die Grundlage für den Nachweis der lang-jährigen Flächenproduktivität Milch (Tab. 1).

Das Grundfutter stammte auf den zwei Betrieben von auf ehemaligem Ackerland angelegten Gras-Weissklee-Mischungen. Inzwischen sind die Bestände in typisches beweidetes Grünland überge-gangen. Weitere Arten wie Plantago major, Bellis perennis, Agrostis stolonifera und Poa annua haben Einzug gehalten. Die wichtigsten bestandesbildenden Gräser sind nach wie vor Lolium pe-renne und Poa pratensis. Der Weissklee hat nach ein paar Jahren auf Bestandesanteile um die 15 % abgenommen.

Die Flächenproduktivität wurde nach der im AGGF-Tagungsband 2013 vorgestellten Methode be-rechnet (THOMET und REIDY, 2013).Das Milch- und Futterjahr, welches in dieser Untersuchung als Bezugsbasis diente, datiert jeweils ab dem 1. April bis zum 31. März des Folgejahres. Für das zu-gekaufte Futter wird ebenfalls eine standardisierte Produktionsfläche angenommen; dabei wird der Produktion von eiweissreichem Kraftfutter mehr Flächenbedarf als von energiereichem zugeord-net.

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Professionelle Weideführung, Weidetechnik, Wahl des Weidesystems

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Tab. 1: Pionier-Vollweidebetrieben mit Kurzrasenweide und Blockabkalbung Ende Winter im Schweizer Mittelland (Mittelwerte der Jahre 2008-2013).

Bremgarten BE Hessigkofen SO

Produzierte Milchmenge (kg ECM/J) 154‘400 289’200

Anzahl Kühe 27 45

Milchleistung (kg/Kuh/J) 5‘719 6‘427

Mittleres Lebendgewicht der Kühe (kg) 580 575

Rinder-Grossvieheinheiten (GVE) 30 50

Wiesen-und Weidefläche (ha) 13.08 13.27

Landwirtschaftliche Nutzfläche (ha) 20.3 27.1

Beginn abkalben 3. Feb 31. Jan

Letzte Kuh abgekalbt 15. Apr 17. Apr

Jahresration 1 (Anteile TM)

Weide 0.67 0.59

Grassilage & Dürrfutter 0.32 0.32

Maissilage 0 0.08

Kraftfutter 0.01 0.01

Kraftfuttereinsatz (g TM/kg ECM) 18 12

Mittl. Jahresniederschlag 1961-901 (mm) 1’028 1’112

Höhenlage m ü.M. 580 605

1 Normwerte des Bundesamtes für Meteorologie für die Stationen Herzogenbuchsee BE, Bern-Liebefeld und Hessigkofen SO

Ergebnisse und Diskussion

Erfolgreiche Weideführung = hoher Weidedruck, keine Ergänzungsfütterung Im Frühjahr wurde möglichst früh mit dem Beweiden sämtlicher für die Weidesaison vorgesehenen Flächen begonnen werden. Dies war auf den beiden Betrieben in der Regel um Mitte März der Fall (Tab. 2). Zu diesem Zeitpunkt „ergrünten“ die Flächen erst. So war es möglich, in der ersten Hälfte April, wenn das Hauptwachstum der Weiden einsetzte, zur Vollweide ohne Ergänzungsfütterung im Stall überzugehen. Die Kühe mit sehr hohen Tagesleistungen erhielten noch bis zur zweiten Hälfte Mai vereinzelt kleine Kraftfuttergaben. Dann bestand die Futterration der Weideherde nur noch aus Weidegras. Dieses wurde kontrolliert ab Mitte April auf einer mittleren, mit dem Doppel-meter gemessenen Bestandeshöhe von 6 cm gehalten, indem ab Mitte Mai die Fressfläche pro Kuh entsprechend den Graswachstumsverhältnissen bis auf 30-40 Aren pro Kuh erhöht wurde. Ab September wurden sämtliche erreichbaren Graslandflächen beweidet. Ab Mitte Oktober genügte dann der Futterwuchs in der Regel nicht mehr. Nachts wurden die Tiere im Stall behalten und er-gänzend mit Grassilage gefüttert bis die ganze Kuhherde im Verlaufe des Dezembers trockenge-stellt wurde.

Die stetige Beweidung fand jeweils auf mehreren Koppeln statt (Intervall zwischen den Bestossun-gen maximal 1 Woche). Im Frühjahr genügten 2-3 Koppeln, die restlichen 2-3 wurden in der Regel in der ersten Maihälfte siliert und dienten dann zur Vergrösserung der Weidefläche gegen Ende Mai. In dieser Zeit musste am meisten darauf geachtet werden, dass das Gleichgewicht zwischen Futterwuchs und Futterbedarf stimmte. Ein hoher Weidedruck in den Wochen zwischen Mitte April und zweite Hälfte Mai erwies sich als Schlüssel für die optimale Weideführung. Dieser hohe Wei-dedruck auf der kurzrasigen Weide hat sich weder nachteilig für die Tagesmilchleistung noch für die Fruchtbarkeitsleistung der Kühe ausgewirkt. Der Besamungsindex lag auf beiden Betrieben im Mittel der 12 Vollweidejahre bei 1.5. Die mittlere Tages-Milchleistung bewegte sich im Mai zwi-schen Werten von 24 und 27 kg ECM pro Kuh. Es zeigte sich, dass das Futter von der Weide al-

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Professionelle Weideführung, Weidetechnik, Wahl des Weidesystems

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lein für die Erbringung dieser Leistungen ausreichte. Nur Kühe mit Leistungen über 30 kg ECM/Tg erhielten noch ein wenig Kraftfutter.

Tab. 2: Weidetechnische Angaben zu den zwei Kurzrasenweide-Pionierbetrieben (2007-2013).

Bremgarten BE Hessigkofen SO

Besatzstärke im Mai (a/Kuh) 25 24

Besatzstärke im Juli (a/Kuh) 29 40

Wiesen-und Weidefläche (ha) 13.1 19.7

Anzahl Koppeln Mitte Mai 2 4

Anzahl Koppeln Mitte Sommer 3 6

Weidebeginn im Frühjahr 20. Mrz. 17. Mrz

Beginn-Vollweide 10. Apr 15. Apr

Ende Vollweide 20. Okt 20. Okt

Ende Weiden 30. Nov 17. Nov

Milchleistung Mitte Mai (kg/Kuh/Tag) 24.3 26.4

Milchleistung Mitte Juli (kg/Kuh/Tag) 18.8 20.8

Milchleistung Mitte Okt (kg/Kuh/Tag) 13.7 16.9

Hofdünger (Menge/ha) 7 t Mist 35 m3 VG

Zeitpunkt Hofdüngerausbringung Ende Nov Feb

Mineralischer N-Dünger AS AS

Menge mineralische N-Dünger 110 115

Nach dem Melken wurden die Kühe nicht in die gleiche Koppel zurückgeschickt, sondern wechsel-ten diese, was die Zeit für das Reinholen und das Austreiben der Kühe nach dem Melken verkürz-te. Die Flächen in der Nähe des Stalles wurden als Nachtweiden ausgeschieden, um die Kühe am Morgen in der Nähe des Stalles zu haben. In den ersten Jahren wurden die Bestandeshöhen re-gelmässig mit dem Doppelmeter gemessen. Mit der Erfahrung diente die Ausdehnung und das Aussehen der Geilstellen vermehrt als wertvoller Indikator für den richtigen Weidedruck. Oft sank in Trockenperioden die durchschnittliche Bestandeshöhe auf Werte gegen 5 cm, ohne dass ein merkliches Absenken der Tagesmilchleistung festzustellen war. Offenbar ermöglichte der höhere TM-Gehalt im Futter trotzdem einen genügend hohen TM-Verzehr. Bei länger andauernden Re-genperioden wurde das Weiden nie eingestellt, auch dann nicht, wenn viele mit Wasser gefüllte Trittlöcher entstanden. Einzig bei Schnee im Frühjahr wurden die Kühe im Stall behalten. Das dauerte jeweils maximal 1-2 Tage.

Die Pflanzenbestände wurden nicht besonders gepflegt. Die Weiden wurden im Verlaufe der 12 Jahren mit ganz wenigen Ausnahmen nie nachgemäht. Bei dem stets hohen Weidedruck konnten keine schlecht gefressenen Weidebereiche entstehen, die hätten nachgemäht werden müssen.

Die Zufütterung im Stall erfolgte erst, wenn der Futterwuchs im Herbst nicht mehr zur Vollernäh-rung der Herde genügte. Während der Hauptweidesaison erhielten die Kühe im Stall kein Ergän-zungsfutter, mit Ausnahme von 1-2 kg Dürrfutter/Kuh/Tag bei extremen, mehrere Tage dauernden Nässeperioden. Ab Ende Juni stiegen die Harnstoffwerte in der Milch bis im September/Oktober jeweils auf Werte weit über 40 mg/dl, was auf einen erheblichen Rohproteinüberschuss im Weide-futter schliessen liess. Dem wurde jedoch keine grössere Bedeutung beigemessen und das Dog-ma der ausgeglichenen Ration ignoriert. Hingegen wurde die Nachtweide ab Oktober weggelas-sen, um die Aufenthaltsdauer der Herde auf der Weide zu verkürzen. Französische Untersuchun-gen haben gezeigt, dass damit die Nitratauswaschung unter den spät in der Weideperiode anfal-lenden Harnstellen erheblich reduziert werden kann (VERTES et al., 1997).

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Professionelle Weideführung, Weidetechnik, Wahl des Weidesystems

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Der Stickstoff erwies sich als wichtiger ertragsbestimmender Faktor, wie in einem vierjährigen N-Düngungsversuch auf den Weiden der beiden Betriebe nachgewiesen werden konnte (THOMET et al., 2007). Pro Kilogramm Stickstoff wurde im Mittel von 4 Jahren eine Ertragssteigerung von 16 kg TM gemessen, unabhängig davon ob die Versuchs-Stickstoffmenge 150 kg N/ha/Jahr frühjahrsbe-tont, gleichmässig, sommer- oder herbstbetont ausgebracht wurden. Beide Betriebe düngten je-doch entsprechend den Richtlinien für den Ökologischen Leistungsnachweis nur ca. 100 kg N/ha pro Weidesaison in Form von Ammonsalpeter, verteilt auf 4 Gaben, beginnend Mitte Mai. Die letz-te Gabe erfolgte bewusst zur Verlängerung der Weide im Herbst.

Hohe Netto-Flächenleistungen sind möglich (kg ECM/ha Grünland) Die Milchleistungen pro Hektare Futterfläche auf den zwei Vollweidebetrieben übertrafen die Erfah-rungswerte der konventionellen Milchproduktionssysteme im Talgebiet. Im Jahr 2002 führte die AGFF (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaues) einen Wettbewerb durch, um die Betriebe mit besonders hohen Flächenleistungen zu finden. Die 98 Teilnehmer aus dem Talgebiet wiesen einen Durchschnitt von 10’563 kg/ha auf. Im Jahr 2004 untersuchten wir 12 süddeutsche und 11 schweizerische Top-Betriebe mit besonders hohem Silomaisanteil in der Grundfutterration und hohen Milchleistungen pro Stallplatz. Sie wiesen im Durchschnitt eine Netto-Flächenleistung von „nur“ 11'000 kg ECM auf (Maximalwert: 14’003 kg ECM/ha; HENGGELER, 2005). WEISS et al. (2008) analysierten 599 Bayerische Milchproduktionsbetriebe. Der Mittelwert des Bezugsjahres 2007 lag bei 9760 kg/ECM/ha. In dieser Untersuchung zeigte sich eine starke Korrelation zwischen der Flächenleistung und dem Gewinn pro Kilogramm Milch, nicht jedoch mit der Milchleistung pro Kuh oder mit der Rasse der Kühe.

Die erzielten Flächenleistungen waren in den 12 Erhebungsjahren erstaunlich stabil, obwohl die gemessenen TM-Erträge von Jahr zu Jahr aufgrund der unterschiedlichen Niederschlagsverhält-nisse erheblich schwankten und die auf ehemaligem Ackerland etablierten Weissklee-Grasmischungen im Verlaufe der Jahre erfahrungsgemäss etwas an Produktivität hätten nachlas-sen können. Sogar im extremen Trockenjahr 2003 blieb die Jahres-Milchproduktion relativ hoch. Eine Teilerklärung dafür ist die Tatsache, dass im Frühjahr 2004 schon sehr früh mit dem Weiden begonnen werden konnte und Ende Winter weniger konserviertes Futter benötigt wurde. Es könnte auch sein, dass die stete Verbesserung der Weidekuh-Genetik auf den beiden Betrieben das Nachlassen der Produktivität der Weideflächen kompensiert hat.

Die Betriebe Hessigkofen und Bremgarten wiesen Teilflächen mit schlechterer Produktivität (Wald-rand, Flächen mit Staunässe) auf, die in dieser Auswertung nicht korrigiert wurden.

Wie weit sich die Produktivität mit einer professionellen Umtriebsweide (KÄCH und PITT, 2014), wie sie in diesem Tagungsband vorgestellt wird, noch gesteigert werden könnte, kann nicht beantwor-tet werden. Die Erfahrungen in der Literatur zeigen, dass sich bei guten Niederschlagsverhältnis-sen im Sommer vergleichbare Ergebnisse erreichen lassen (ERNST et al., 1980). In Frankreich er-gaben sich bei Weidesystem-Vergleichen an sommertrockenen Standorten Unterschiede um 10% zugunsten der Umtriebsweide (HODEN et al., 1987). Unsere Daten belegen, dass im Schweizer Mittelland die Wahl des Kurzrasen-Weidesystems auch langfristig möglich. Zum gleichen Schluss kamen MCMEEKAN und WALSHE (1963) an einem graswüchsigen Standort in Hamilton NZ. Dort ergab der 16-jährige Weidesystemvergleich ein Vorteil der Umtriebsweide von 8%. Der unerwartet geringe Unterschied wurde auf den Umstand zurückgeführt, dass auf der Umtriebsweide Futter-überschüsse konserviert und in Futterdefizitperioden den Kühen gefüttert wurden. Wäre dies auch auf der Kurzrasenweide geschehen, hätte es keinen Unterschied gegeben, wie die Autoren vermu-teten. Der grosse Weidesystem-Vergleichsversuch in Neuseeland wurde ohne mineralische Stick-stoffdüngung durchgeführt.

Die Referenz-Ertragsbestimmungen mit der Methode Corrall und Fenlon (1978) in der Jahren 2002-2006 ergab an den beiden Standorten TM-Erträge von 110-120 dt/ha. Somit kann für ein weidebetontes Milchproduktionssystem bei sehr guter Weideführung mit einer Futterkonvertierung von 1 : 1 von gewachsener und nutzbarer Biomasse zu Milch (1 kg ECM/kg TMgewachsen & nutzbar) ge-rechnet werden.

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Abb. 1: Netto-Flächenleistungen Milch von zwei Kurzrasenweide-Pionierbetriebe im Verlaufe der

letzten 12 Jahre (kg ECM/ha Futterfläche, inklusive Winter- und Trockensteherfütterung).

Wichtigste Empfehlungen zur erfolgreichen Führung der Kurzrasenweide für Milchkühe

Die Erfahrungen der beiden Weide-Pionierbetriebe lassen sich in 8 Punkten zusammenfassen (Tab. 3).

Tab. 3: Tipps zur erfolgreichen Führung der Kurzrasenweide für Milchkühe.

1. Gewähltes Weidesystem konsequent durchziehen; Zufütterung im Stall nur bei extremer Futter-knappheit

2. Früher Weidebeginn bereits ab Mitte März; grossflächiges Überweiden bis ca. 10. April

3. Besonders hoher Weidedruck im Frühjahr zwischen 20. April und Ende Mai ist entscheidend; ver-kleinern der Weidefläche am "magischen Tag" (Beginn des starken Graswachstums); keine Angst vor zu wenig Gras auf der Weide (vor allem im Frühjahr)

4. Besatzstärke immer im Auge behalten und rasch anpassen; hohe Besatzstärke anstreben; Control-ling durch Richt-Bestandeshöhe von 6 cm; je nach Bedarf während der Vegetationszeit Weidefläche vergrössern oder Futter wegkonservieren; kein Nachmähen der Weiden nötig

5. In der ersten Maihälfte konservieren von Erweiterungsfläche, zur Überbrückung des Futterengpas-ses Ende Mai

6. Auch bei Nässeperioden ruhig weiterweiden, keine Angst vor Trittschäden!

7. Gute Phosphorversorgung der Böden sicherstellen; Schweinegülle oder alle zwei Jahre minerali-sche P2O5-Düngung; ca. 4 Stickstoffgaben-Gaben von 150 kg/ha Ammonsalpeter ab Mitte Mai

8. Agile, weidetaugliche, kleinere Kühe züchten

Schlussfolgerungen

Die graslandbasierte Vollweide-Milchproduktion auf Kurzrasenweiden erweist sich im Schweizer Mittelland als nachhaltig produktiv und effizient. Die Schwankungen der Flächenleistungen Milch von Jahr zu Jahr sind relativ gering.

Weidegras allein genügt während der Vegetationsperiode zur Ernährung einer laktierenden Milch-viehherde. In der gesamten Jahresration - inklusive Galtphase - kann ein Weideanteil von etwa zwei Dritteln bezogen auf die Trockenmasse erreicht werden.

0

2'000

4'000

6'000

8'000

10'000

12'000

14'000

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

kg ECM/ha Futterfläche

Bremgarten Hessigkofen

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Literatur CORRALL, A.J. and FENLON, J.S. (1978): A comparative method for describing the seasonal distribution of production from grasses. Journal of Agricultural Science, Cambridge 91, 61-67.

ERNST, P., LE DU, Y.L.P. and CARLIER, L. (1980): Animal and sward production under rotational and continu-ous grazing management - a critical appraisal. Proc. int. Eur. Grassland Fed. on the role of nitrogen in inten-sive grassland production, Wageningen, Pudoc, 119-126.

HODEN, A., FIORELLI, J.L., JEANNIN, B., HUGUET, L., MULLER, A. et WEISS, P. (1987): Le pâturage simplifié pour vaches laitières: synthèse de résultats expérimentaux. Fourrages 111, 239-257.

HENGGELER, M. (2005): Milchproduktionspotential von Silomais in der Praxis. Diplomarbeit an der Schweize-rischen Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen, 60 S. (unveröffentlicht)

KÄCH, S, und PITT, J. (2014): Professionelles Umtriebsweidesystem für Milchkühe. Mitteilungen der Ar-beitsgemeinschaft Grünland und Futterbau 16 (in diesem Band).

McMeekan, C.P. and Walshe, M.J. (1963): The inter-relationships of grazing method and stocking rate in the efficiency of pasture utilization by dairy cattle. Journal of Agricultural Science 61, 147-166.

THOMET, P., STETTLER, M., HADORN, M. und MOSIMANN, E. (2007): N-Düngung zur Lenkung des Futterangebo-tes von Weiden. Agrarforschung 14, 464-469.

THOMET, P. und REIDY, B. (2013): Entwicklung von neuen Effizienzparametern zur Charakterisierung von Milchproduktionssystemen. Tagungsband der 57. Jahrestagung der AGGF 2013 in Triesdorf, 70-76.

VERTES, F., SIMON, J.C., LE CORRE, L. et DECAU, M.L.(1997) : Les flux d’azote au pâturage. II- Etude des flux et de leurs effets sur le lessivage. Fourrages 151, 263-280.

WEIß, D., DORFNER, G., AUERSWALD, K. und THOMET, P. (2008): Flächenproduktivität - Milch von 499 bayri-schen Betrieben. Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau 9 , 71-75.

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Professionelles Umtriebsweidesystem für Milchkühe

S. Käch1, J. Pitt1, D. Eastes2 1Islerenhölzli 291, 3236 Gampelen, Schweiz

2Otaika, Whangarei 0147, New Zealand

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Die Vollweide, d.h. Milchproduktion mit ausschliesslicher Weidefütterung während der Vegeta-tionsperiode, ist mittlerweile anerkannt als Betriebsstrategie zur Senkung von Produktionskosten und effizienter Nutzung natürlicher, betriebseigener Ressourcen (DILLON et al., 2005; THOMET et al., 2011; STEINBERGER et al., 2012). Die Kostenvorteile der Weidefütterung kommen in Regionen mit hohem Graswachstum und einem Milchpreis-Kraftfutter-Index unter 1.5 besonders zum Tragen (IFCN, 2014). Doch wie kann die Weidenutzung weiter verbessert werden; das Graswachstum optimal genutzt und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit gesteigert werden? Untersuchungen in Neu-seeland zeigen auf, dass der Schlüsselfaktor für den Betriebserfolg eine möglichst hohe Ausnut-zungsrate der gewachsenen Biomasse ist: Je mehr Gras geweidet werden kann, desto besser das Ergebnis (SIDDC, 2008). Deshalb ist eine gekonnte Weideführung von grosser Bedeutung. Es gilt, das Graswachstum zu fördern und Verschwendung zu minimieren. Im Rahmen einer Diplomarbeit der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL (EASTES, 2008) wurde während der Weidesaison 2008 auf dem Betrieb Pitt-Käch in Gampe-len das Umtriebsweidemanagement optimiert. Die Weideführung erfolgte nach dem Vorbild der Lincoln University Dairy Farm (LUDF). Die Erkenntnisse waren aufschlussreich und motivierend; die Betriebsleiter führen die Weiden nach wie vor nach den gleichen Prinzipien und können nun-mehr auf eine mehrjährige Erfahrung zurückblicken.

Material und Methoden Der Betrieb Pitt-Käch umfasst 29.8 ha landwirtschaftliche Nutzfläche (LN), die Weidefläche beträgt 18.23 ha, aufgeteilt in 31 Schläge. Die Parzellen sind flach und der tiefgründige Boden besteht aus sandigem Torf. Die botanische Zusammensetzung ist typisch für Weiden im Talgebiet, die aus schweizerischen Standardmischungen (hauptsächlich Nr. 440, aber z.T. auch Nr. 430 oder Raigras-Weissklee-Wiesenrispen-Mischungen) hervorgegangen sind. Englisches Raigras und Weissklee herrschen vor, begleitet von Wiesenrispe, Knaulgras, Timothe, Löwenzahn und auf einigen Schlägen Chico-rée. Die ältesten Bestände sind 10-jährig; Erneuerungen werden regelmässig vorgenommen. Die Niederschlagsmenge beträgt durchschnittlich 850 mm /Jahr (Ø 2002 -2013; Messtation Ins BE/Werkhof); bei Bedarf können 80 % der Weideflächen mit einem Bewässerungshaspel bewäs-sert werden. Die Graswachstumskurve, erhoben durch Mosimann gemäss CORRALL und FENLON (1977) (Abb. 1) illustriert das hohe Wachstumspotential des Standortes.

Abb. 1: Graswachstumskurve in Gampelen 2008, 2009 und 2011 (MOSIMANN, 2014).

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Professionelle Weideführung, Weidetechnik, Wahl des Weidesystems

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Während der Sommermonate wird ein Wachstum von 50 kg TS/ha/Tag kaum unterschritten, was eine Besatzstärke von mehr als 3 Kühen mit einem Verzehr von 16 kg TS pro ha erlaubt. Seit 1996 wird Vollweide betrieben, ab 2003 mit Blockabkalbung im Februar bis März. Die Herde umfasst während der Weideperiode 55 bis 60 Milchkühe; mit zunehmendem Anteil Kreuzungstieren neu-seeländischer Abstammung. Aktuell besteht der Milchkuhbestand aus 68% NZ-Ho- x NZ-Je-Kreuzungen, 25% NZ-Holstein-Tieren sowie weiteren Kreuzungen mit einem mittleren Lebendge-wicht von 530 kg (Wägung vom 4. Juni 2014). Die Ration besteht im Sommer vorwiegend aus Weidegras; im Winter wird Grassilage und Heu verfüttert. Kraftfutter wird lediglich als Lockfutter und als Mineralstoffträger im Melkstand verabreicht (ca. 90 kg pro Kuh und Laktation) (Abb. 2.).

Abb. 2: Futterjahresprofil 2013; in Prozent des maximalen Verzehrs.

Seit 2012 wird der Betrieb Pitt-Käch biologisch bewirtschaftet; es wird folglich kein synthetischer Dünger mehr eingesetzt. In den letzten drei Jahren kamen nur noch betriebseigene Hofdünger zum Einsatz: Kompostierter Mist und Vollgülle; letztere wird mit einem Schleppschlauchsystem ausgebracht. In den Jahren 2008 bis 2011 wurden durchschnittlich 100 Einheiten mineralischer Stickstoff (in Form von Harnstoff oder Ammonsalpeter) verwendet.

LUDF-Weidesystem Eine wöchentliche Beschreitung der Weiden (farmwalk) mit gleichzeitiger Messung der Grashöhe mit dem neuseeländischen Jenquip® Herbometer (rising plate meter, RPM) ermöglicht, einen Überblick über die vorhandene Biomasse zu erhalten. Die Masseinheit des RPM entspricht 0.5 cm komprimiertem Gras. Die RPM-Messungen können anhand folgender Gleichung zur Schätzung des Trockensubstanz-Etrages verwendet werden: kg TS/ha = RPM-clics x 140 + 500. Die Biomas-sedeckungen jedes Schlages werden, sortiert nach Höhe ihrer Deckung, graphisch dargestellt. Diese Art von Weideprofil (feed wedge) kann beispielsweise mit dem Programm Agrinet (www.agrinet.ie) erstellt werden (Abb. 3) oder mit Excel®.

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Abb. 3: Beispiel eines Weideprofils (PITT-KÄCH, 1. Juli 2013).

Die Ziel-Biomassedeckung wird defniniert von der Zieleingangs- und der Zielausgangshöhe. Diese zwei Richtwerte werden an den Extremitäten der Graphik angebracht und durch eine Linie verbun-den. Die Zielabtriebshöhe liegt konstant bei 7 clics, d.h. 1480 kg TS/ha. Dies ist die Höhe, die einen möglichst vollständigen Verzehr des hochverdaulichen Grases erlaubt. Reste, die darüber liegen bedeuten einerseits einen Verlust, andererseits beeinträchtigen sie die Qualität der Folge-nutzung. Die Zieleingangshöhe wird wöchentlich neu berrechnet aus dem Tagesbedarf der Herde (kg TS/Tag; abhängig von Laktationsstadium und Gewicht der Kühe) und der Rotationsdauer. Der Tagesbedarf wiederum ergibt sich aus der Besatzstärke (Anzahl Kühe/ha) und dem Verzehr (kg TS/Tag). Die Rotationsdauer wird an die Bildung von 3 Blättern des Englischen Raigrases angepasst; 28 Tage im Frühjahr und Herbst; 18 während der Wachstumspitze und 21 Tage im Sommer.

Ergebnisse und Diskussion

Zieleingangshöhe Die Umsetzung der Zieleingangshöhen, d.h. die Beweidung optimalen Stadium, bereitete im ersten Jahr noch einige Schwierigkeiten (Abb. 4). Nicht nur die Zieleingangshöhe wurde deutlich über-schritten, sogar die gemäss HOLMES und ROCHE (2007) als maximale Eingangshöhe definierte Zielgrösse von 3000 kg TS/ha resp. 18 clics wurde regelmässig übertroffen. Ab 2009 wurden die Lehren gezogen; die Zieleingangshöhe konnte während der ganzen Weidesaison respektiert wer-den.

Zieleingangshöhe

Zieldeckung

Zielabtriebshöhe

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Abb. 4: Zieleingangshöhe und realisierte Eingangshöhe 2008 sowie 2009 bis 2012.

Welche Umstände und Denkprozesse führten bei den Betriebsleitern zum Durchbruch bzw. welche hinderten sie daran, bereits im ersten Jahr die Weiden mit der vorgegebenen Biomassedeckung zu bestossen? Sicherlich lag es nicht am theoretischen Verständnis der LUDF-Weidevorgaben. Diese wurden von der Diplomandin Eastes hervorragend erläutert und leuchteten von Beginn weg ein: Die Bestossung der Weiden mit Gras im optimalen Nutzungsstadium erlaubt, das Wachstums-potential auszunutzen bei gleichzeitig hervorragender Grasqualität. Es werden mehr Triebe gebil-det und folglich mehr Blattmasse im Verhältnis zu den Stengeln. Klee wird begünstigt und die Ver-gilbung und Verholzung verhindert; dadurch kann den Kühen Futter mit hoher Schmachhaftigkeit und Verdaulichkeit angeboten werden. Schliesslich erfolgt auch die Wiederaufnahme des Wachs-tums rasch (HOLMES et al., 2002; HOLMES und ROCHE, 2007; EASTES und VAN BYSTERFELDT, 2009). Tatsache war, dass die ersten berechneten Zieleingangshöhen im Frühjar 2008 den Betriebsleitern als kurz erschienen und deutlich kürzer waren, als die in den Vorjahren praktizierten Eingangshö-hen, mit denen man nicht grundsätzlich schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Würden denn die Kühe mit Gras unter 18 clics/3000 kg TS/ha wirklich genügend Futter aufnehmen können, sich ausreichend versorgen und einem übermässigen Verlust an Korperkondition vorbeugen können? Würde dieses „kurze“ Gras genügend Struktur aufweisen, damit Kühe einerseits nicht unter Pan-senübersäuerung, andererseits unter Durchfall leiden würden? Würden die Harnstoffwerte nicht in die Höhe schnellen und die Herdenfruchtbarkeit beeinträchtigen? Diese Ängste verleiteten die Betriebsleiter mehrmals dazu, sich über die Empfehlungen der Diplo-mandin Eastes hinwegzusetzen. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und die re-gelmässigen Diskussionen mit Eastes führten zwar nicht zum sofortigen Erreichen der Zielvorga-ben, aber zur Einsicht, dass die Vorgaben zu besseren Weideergebnissen führen würden. Ab 2009 erfolgte die Beweidung nach LUDF-Empfehlungen; die maximale Eingangshöhe wurde kaum noch überschritten. Der Zustand und die Leistung der Kühe und der Ertrag der Weiden liessen die Be-triebsleiter ihre Struktur- und Versorgungsängste überwinden. Dass die gehegten Befürchtungen zwar falsch, aber weit verbreitet sind, zeigen ROCHE et al. (2009), ROCHE und GIBBS (2011) sowie KOLVER et al. (2002) wiederholt auf. ROCHE (2011) fasst zudem die wichtigesten Fakten zur Fütte-rung in Weidesystemen eindrücklich zusammen: Weidegras weist genügend Rohfaser auf. Dünner Kot wird in TMR-Systemen in Verbindung mit Azidose gebracht; solche Rückschlüsse können in Weidesystemen nicht gezogen werden. Vielmehr ist der dünne Kot auf den hohen Wassergehalt des Grases zurückzuführen. Hohe Harnstoffwerte führten in verschiedenen unter Weidebedingun-gen durchgeführten Versuchen in Neuseeland nicht zu verschlechterten Fruchtbarkeitsresultaten. Dies steht im Gegensatz zu Untersuchungen mit hohen Anteilen Kraftfutter in Stallsystemen (z.B. FERGUSON und CHALUPA, 1989), die mit erhöhten Embryoverlusten einhergingen und in landwirt-schaftlichen Beratungskreisen im In- und Ausland regelmässig als allgemeingültig kolportiert wer-den.

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Zielabtriebshöhe Die Ueberschreitung der Zieleingangshöhe im ersten LUDF-Jahr führte dazu, dass die Ausgangs-höhe von 7 clics/1480 kg TS/ha nicht durchgehend erreicht wurde (Abb. 5). In den Fällen (43 von 315 Nutzungen) mit unbefriedigender Abtriebshöhe kam das Mulchgerät zum Einsatz. 2009 konnte das Nachmulchen halbiert werden; in den Folgejahren erfolgte der Einsatz immer spärlicher (Tab. 1).

Abb. 5: Realisierte Abtriebshöhen 2008 und 2009 bis 2012.

Tab. 1: Einsatz des Mulchgerätes zum Erreichen der Ziel-Abtriebshöhe (Anzahl nachgeputzte Weiden).

Jahr 2008 2009 2010 2011 2012

Einsätze des Mulchgerätes 43 20 9 6 3

Tiefes Abweiden auf 7 clics durch die Kühe zu erreichen erfordert einen Lernprozess, sowohl von der Herde als auch von den Betriebsleitern. Nach jedem Melken wird in der Regel eine neue Halb-tagesportion zugeteilt. Wurde die vorhergehende Ration nicht genügend abgefressen, kehren die Kühe noch einmal auf die alte Weide zurück. Dies kann zu unruhigem Verhalten der Tiere führen und den Halter zur sofortigen Zuteilung der neuen Weide verleiten. Dies lernen die Kühe rasch und trainiert sie, den Weidewechsel einzufordern, auch wenn noch schmackhafte Weideresten zum Verzehr vorhanden wären. Hier gilt es für den Weidemanager, nebst der Messung mit dem RPM die Qualität der Weidereste adäquat einzuschätzen. Ist das Rücksenden in die Weide des Vortages zumutbar? Falls ja, gilt es, das Vorhaben zu Ende zu bringen und konsequent zu bleiben. Gemäss neuerer LUDF-Praxis (SIDDC, 2011) wird die Zielausgangshöhe flexibler gehandhabt. Die Bandbreite liegt nun zwischen 7 und 8 clics RPM (1480-1620 kg TS/ha) Weidereste. Die Uebernahme der neuen LUDF-Leitlinie, aber vor allem die deutlich bessere Führung bezüglich Eingangshöhen machen, dass das tiefe Abweiden heute auf dem Betrieb Pitt-Käch nicht mehr mit Stress für Kühe und Halter verbunden ist.

Gras- und Milchertrag Aus erhebungstechnischen Gründen wurde die Berechnung des Graswachstums auf die Kalen-derwochen 15 bis 43 beschränkt und kumuliert nicht das Wachstums der ganzen Vegetationspe-riode. Trotzdem ergibt sich ein hoher Grasertrag. Die mit der Corall und Fenlon- Methode erhobe-nen Werte liegen 2008 leicht, 2009 und 2011 deutlich über den mit dem RPM geschätzen Werte (Tab. 2). Die Unterschiede zu analysieren würde vertieftere Ueberlegungen erfordern. Wird der Ertrag mit der vereinfachten RPM-Formel (0.5 clics entsprechen 140 kg TS/ha) unterschätzt oder führt die Erhebung von TS-Erträgen von Weiden, die alle eine Ruhezeit von zwischen 1 und maxi-mal 28 Tagen aufweisen zu tieferen Wachstumsraten? Für die Weideführung scheint die exakte Bestimmung des Ertrages nicht prioritär: Relevant sind die hohen Milcherträgen bezogen auf die

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Weidefläche und die sehr hohe Umwandlungsrate von gewachsener - wenn auch nur geschätzter - Trockensubstanz in Milch.

Tab. 2: Grasertrag nach RPM und Milchleistung (Woche 15 bis 43).

Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013

   Woche 15 bis 43

TS-Ertrag (C&F) dt/ha 133.10 123.50 129.94

TS-Ertrag (RPM) dt/ha 125.11 96.47 95.27 104.19 106.19 111.42

ECM kg 262 739 285 987 275 175 295 401 292 631 261 937

ECM/kg TS RPM (exkl. Konservierung-

schnitte) 1.15 1.63 1.58 1.55 1.51 1.29

ECM/ha (exkl. Konservierung-

schnitte) 14 405 15 679 15 086 16 195 16 043 14 361

ECM/Kuh Durchschnitt

W 15 - 43 24.1 25.4 24.0 26.1 24.5 21.9

kg ECM/100 kg Kuh Durchschnitt

W 15 - 43 4.33 4.62 4.29 4.76 4.51 4.14

Seit der Einführung des LUDF-Weidemanagements konnten folglich durchwegs befriedigende Ta-ges- und Jahres-Milchleistungen erzielt werden, auch wenn sich der Fokus der Betriebsleiter mehr auf Flächen- als Pro-Tier-Leistungen richtet. Die Flächenproduktivität, berechnet mit der AGFF-Methode (Tab. 3), die über das ganze Jahr und die gesamte Futterfläche bzw. zugekauften Fut-termittel berechnet wird, ist hoch und liegt, verglichen mit anderen Betrieben im Schweizer Mittel-land (THOMET und JÖRG, 2014), im obersten Bereich.

Tab. 3: Angaben zur Herde, Jahresmilchleistungen und Flächenproduktivität nach der AGFF-Methode.

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Weidefläche 18.24 18.24 18.24 18.24 18.24 18.24 18.24

Kraftfuttermenge/Kuh/Laktation (kg) 260 180 120 100 90 90 90

vermarktete Milch energiekorrigiert (kg) 365 873 363 593 370 640 357 923 387 092 364 545 346 107

Fett g/kg 44.50 45.70 44.60 46.60 46.70 47.34 45.67

Eiweiss g/kg 33.80 34.10 33.20 33.50 33.90 34.61 34.69

Durchschnittliche Anzahl Kühe 53 54 53 54 53 54 54 durschnittliches Lebendgewicht der Kühe (kg)

580 557 550 560 548 542 530

vermarktete Milch/Kuh (kg) energiekorr.

6 903 6 733 6 993 6 628 7 304 6 751 6 409

Flächenproduktivität nach AGFF-Methode kg ECM/ha 14 073 14 223 13 012 15 114 13 029

Abkalbeverlauf Der Abkalbeverlauf, der einen Hinweis auf die Fruchtbarkeit in saisonalen Herden liefert, wurde durch die Einführung der strafferen Weideführung mit dem LUDF-System nicht beeinträchtigt - im Gegenteil (Tab. 4). Das von den Betriebsleitern gesteckte Ziel, 50 % der Abkalbungen in zwei Wo-chen nach dem geplanten Abkalbebeginn hinter sich zu bringen, konnte erreicht werden und die Abkalbeperiode wurde auf 6 bis 8 Wochen reduziert.

Tab. 4: Abkalbeverlauf 2007 bis 2013.

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Abkalbeverlauf (% Abkalbungen in … Tagen)

50% in … Tagen 14 14 15 11 12 15 12

80% in … Tagen 45 30 25 21 30 31 21

100% in … Tagen 96 106 86 56 55 52 42

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Schlussfolgerungen Das 2008 anlässlich einer Diplomarbeit nach Vorbild der Lincoln University Dairy Farm auf dem Raigras-fähigen Betrieb Pitt-Käch eingeführte und angepasste Weidesystem verhilft zu guten Wei-deeträgen, einer beachtlichen Ausnutzungsrate der gewachsenen Biomasse und folglich einer hoher Flächenproduktivität. Die Anwendung ist, unter Beizug geeigneter Hilfsmittel (Rising Plate Meter, Software z.B. Agrinet.ie), einfach und erfordert maximal 2 Stunden Arbeitsaufwand pro Wo-che. Die Umsetzung bedingt hingegen, dass im deutschen Sprachraum gängige Parameter, die häufig zur Beurteilung der Wirkung der Weide auf die Kühe herbeigezogen werden (z.B. Kotkonsistenz, Rohfaser- und Rohproteingehalt des Weidegrases, Harnstoffgehalt der Milch) hinterfragt oder gar ignoriert werden. Effizientes Weiden erfordert weidespezifische Forschung und Beratung und nicht Extrapolationen von Krippenfütterungssystemen.

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THOMET, P., CUTULLIC, E., BISIG, W., WUEST, C, ELSÄßER, M., STEINBERGER, S. and STEINWIDDER, A. (2011): Merits of full grazing systems as a sustainable and efficient milk production strategy. Grassland Science in Europe 6, 273-285.

Thomet, P. und Jörg, H. (2014): Züchten von Kühen für eine effiziente graslandbasierte Milchproduktion. In: Reidy, B., Gregis, B., Thomet, P., (Hrsg): Grasland- und weidbasierte Milchproduktion. Internationale Wei-detagung 21. bis 22. August 2014 in Zollikofen, Schweiz, in diesem Band.

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Weidebasierte Milchviehhaltung in Deutschland

E. Leisen

Landwirtschaftskammer NRW, Nevinghoff 40, Deutschland

[email protected]

Situation im konventionellen Landbau Fundierte Zahlen zum Umfang der weidebasierten Milchviehhaltung fehlen für Deutschland. Wo es Untersuchungen dazu gibt, beziehen sich diese nicht auf den tatsächlichen Anteil, den die Weide an der Ration hat. Vielmehr gibt es regional Angaben zum Umfang des „Weidegangs“. Das bedeu-tet, es wird festgehalten, wieviel Zeit die Kühe auf die Weide gehen können. Bezogen auf die tat-sächliche Futteraufnahme dürfte der Weideanteil an der Gesamtration in Norddeutschland in der Weideperiode schätzungsweise bei etwa 10 % liegen. In einigen ausgesprochenen Grünlandregionen (Marsch, Mittelgebirge, Niederrhein, Voralpenge-biet u.a.) gibt es noch mehrere Betriebe mit umfangreichem Weideanteil in der Ration. Meist sind dies kleinere oder mittlere Betriebe, im Einzelfall auch Betriebe mit mehr als 100 Milchkühen. Die Jungrinderaufzucht, die im weiteren Sinne ebenfalls zur Milchviehhaltung zählt, erfolgt in den Grünlandregionen noch verbreitet im Sommer auf der Weide, vor allem im Anschluss an die Be-samung.

Gründe für den Rückgang der Weidehaltung Gleich mehrere Gründe sind zu nennen: Sehr hohe Pachtpreise (bis weit über 1000 €/ha) bei ver-gleichsweise kostengünstigem Kraftfutter, wachsende Bestände, Nutzung des Melkroboters aber auch fehlende Erfahrung in Praxis und Beratung über die Möglichkeiten und Chancen der Weide-haltung. Ein wichtiger Grund auch: Die Fehleinschätzung der Flächenproduktivität bei Weidegang.

Gegenläufige Aktionen Dem Wunsch der Verbraucher entsprechend vermarkten einige Molkereien Milcherzeugnisse mit der Bezeichnung Weidemilch (z.B. Arla, Campina, Breisgaumilch). Die Grundlage für diese Milch bildet vorwiegend das Futter im Stall, die Kühe aber haben „Weidegang“. Dies kann gesundheits-förderlich sein. Bei sehr begrenzter Weidefläche trägt die Weide aber nur wenig zur Ernährung der Tiere bei.

Situation im ökologischen Landbau: Milchvieh In der ökologischen Milchviehhaltung ist möglichst viel Weidegang erwünscht, wenn auch nicht zwingend vorgeschrieben, sofern die Tiere Auslauf haben. Praktisch hat der Weidegang in den meisten Öko-Betrieben in Norddeutschland aber eine herausragende Bedeutung: Im Mittel von 204 Öko-Milchviehbetriebe (Erhebung auf etwa 80 % der an eine Molkerei abliefernden Betriebe, Projekt Öko-Leitbetriebe) besteht die Sommerration zu über 60 % aus Weidefutter. Vor allem klei-nere, aber auch Betriebe mit 50 – 100 Kühen, einige sogar mit bis zu 200 Kühen haben auch überdurchschnittlich hohe Weideanteile (Tab. 1). Der mehrjährige Trend zeigt: In 45 % der Betriebe wurde der Weidegang seit 2004 ausgedehnt, in 18 % der Betriebe sogar um 33 %-Punkte (Tab. 2), was etwa einer Verdoppelung des bisherigen Weideumfangs entspricht. Einen Rückgang des Weideumfangs gab es dagegen nur bei 17 % der Betriebe.

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Tab. 1: Weidegang in Öko-Betrieben in Norddeutschland 2011.

Tab. 2: Trends beim Weideanteil * in Sommerration.

Wirtschaftlichkeit der Weidehaltung bei Milchvieh Ein Vergleich von Betrieben mit unterschiedlichem Weideumfang zeigt: Betriebe mit mehr als 60 % Weideanteil in der Sommerration wirtschaften zu 72 % überdurchschnittlich gut, trotz geringerer Kraftfuttergaben (im Vergleich zu Betrieben mit weniger als 40 % Weideanteil: 11,8 statt 19,8 dt/Kuh) und einer um 1054 kg ECM/Kuh niedrigeren Jahresmilchleistung. Bei geringerem Weide-umfang sind dagegen nur 42 bzw. 45 % der Betriebe überdurchschnittlich wirtschaftlich (Tab. 3).

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Tab. 3:Anteil erfolgreicher Betriebe bei unterschiedlichem Weideumfang.

Weideumfang (1): < 40 % 40 - 60 % ab 65 %

Anteil überdurchschnittlich erfolgreicher Betriebe (2): 42% 45% 72% Mittelwerte 5-jähriger Auswertung: Milchleistung [kg ECM/Kuh] 7 467 6 960 6 413 Kraftfuttermenge (3) [dt E III/Kuh] 19.8 15.1 11.8

Kraftfuttermenge (3) [kg KF/kg ECM] 0.265 0.217 0.184

Anzahl Betriebe 16 18 16 (1) Anteil Weide an Gesamtration im Sommer (2) Überdurchschnittlich erfolgreiche Betriebe erzeugen die Milch bei gleicher Kuhzahl dddkos-tengünstiger als die übrigen Betriebe (3) inkl. energiereichem Saftfutter

Situation im ökologischen Landbau: Jungvieh Jungvieh kommt in allen Öko-Betrieben auf die Weide. Der Weidebeginn fällt je nach Betrieb aber unterschiedlich aus: Während der Tränkeperiode in den ersten 3 Monaten gehen erst wenige Käl-ber auf die Weide. In 2 Betrieben haben die Kälber aber direkt nach der Geburt Weidegang. Zur Vermeidung von Verwurmung werden die Flächen gewechselt. Die neu zugeteilte Fläche wird vor-her abgemäht (außer bei Wurmkur). Bis zum 6. Monat gelangen die Kälber bei fast der Hälfte der Betriebe auf die Weide, bis zum Ende des 1. Lebensjahres auf mehr als 2/3 der Betriebe. 31 % der Betriebe lassen die Jungrinder erst im 2. Lebensjahr auf die Weide. Diese Betriebe stre-ben meist ein niedriges Erstkalbealter und hohe Zunahmen im ersten Lebensjahr an (Tab. 4).

Tab. 4: Weidegang von Jungrindern. Anzahl der Betriebe: 91

Alter der Tiere bei Weidebeginn

nach der Ge-burt direkt

in den ersten 3 Monaten

in den ersten 6 Monaten

innerhalb des 1. Jahres

im 2. Lebens-jahr

% der Betriebe

2 11 45 69 100 Tabelle 5 zeigt die Dauer des Weidegangs im 2. Lebensjahr. In der Mehrzahl der Betriebe stehen die Jungrinder während des gesamten Sommerhalbjahres auf der Weide, bei einigen allerdings erst nach dem 1. Schnitt. Wo die Standortbedingungen es zulassen, bleiben die Tiere auch fast das ganze Jahr über auf der Weide.

Tab. 5: Weidedauer im 2. Lebensjahr. Anzahl der Betriebe: 91

Weidedauer in Monaten

4 – 5 6 7 8 9 ganzjährig

% der Betriebe

5 26 55 8 3 3

Kosteneinsparung bei Aufzucht auf der Weide: 30.000 € bei 30 Färsen möglich Die Aufzuchtkosten auf der Weide liegen deutlich niedriger als im Stall. Dies gilt besonders, wenn die spätere Kuh mit einbezogen wird. Nachfolgende Berechnung bezieht sich auf die Aufzucht in-nerhalb von 27 Monaten in einem Praxisbetrieb in den Höhenlagen der Eifel. Bei guter Weidefüh-rung und sofern auf die Gesundheit der Tiere geachtet, muss das Erstkalbealter nicht höher ausfal-len als im Stall. Aufzuchtkosten im engeren Sinn: Die geringeren Futterkosten ergeben sich durch die geringen Kosten auf der Weide. Das Weidefutter deckt 55 % des gesamten Futterbedarfs der Aufzucht. Durch die Nutzung als Kurzrasenweide fällt die Flächenleistung deutlich höher aus als bei Schnitt-nutzung. Darüber hinaus kann der Herbstaufwuchs abgeweidet werden. Hier entstehen kaum Nut-zungskosten. Denn dieser Aufwuchs verursacht bei Schnittnutzung Kosten, die durch den Wert des Futters meist nicht gedeckt werden. Ein Teil der Weidefläche besteht aus Naturschutzflächen. Unter Berücksichtigung der Prämien fallen hier keine Kosten an. Um die 700 g Tageszunahmen

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werden erzielt und das auch bei wenig wertvollen Pflanzenbeständen. Diese Ergebnisse stimmen überein mit Untersuchungen im Westmünsterland: Die Zusammensetzung des Pflanzenbestandes hat keinen Einfluss auf Gewichtszunahmen des Einzelrindes. Schlechte Zunahmen auf der Weide waren vielmehr auf zu starke Zunahmen im Winter davor zurückzuführen (zu fett auf die Weide). Folgekosten als Kuh: Untersuchungen zum Einfluss der Aufzuchtbedingungen zeigen: Auf der Weide aufgezogene Rinder erzielten als Kühe im gleichen Zeitraum eine um 2000 kg ECM höhere Lebensleistung. Werden nur die Futterkosten berücksichtigt, ergeben sich hieraus Kostenvorteile von etwa 600 € (bei 30 ct/kg futterkosten-freiem Milcherlös). Die Gründe für die höhere Lebensleis-tung unter anderem: Bessere Gelenke und gesündere Klauen. Kosteneinsparung bei Färsenaufzucht (€/erzeugter Färse): Kostengünstigeres Grundfutter: 271 € Geringerer Flächenbedarf, besserer Pflanzenbestand 60 € Nutzung des Herbstaufwuchses 60 € Nutzung kostengünstiger Flächen (geringe Pacht, Prämie) ? € höhere Milchleistung (in Versuch: 2000 kg ECM/Kuh höhere Lebensleistung) 600 € Danksagung

Die Untersuchungen wurden im Rahmen des Projektes „Leitbetriebe ökologischer Landbau in NRW“ mit finanzieller Unterstützung des Landes und der EU durchgeführt. Mein Dank gilt allen Landwirten, die unent-geltlich die Daten zur Verfügung stellten.

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Weidebasierte Milchproduktion in Bayern

S. Steinberger, H. Spiekers

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Poing/Grub, Deutschland

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Die Versorgung der Weidetiere während der Vegetationsperiode ausschließlich mit Weidegras (Vollweidehaltung) war in den Grünlandregionen bis in die 70er Jahre durchaus üblich. Auch eine saisonale Abkalbung in den Wintermonaten wurde in den Weideregionen als selbstverständlich angesehen. Seit dieser Zeit ist ein kontinuierlicher Rückgang der Weidehaltung allgemein und der Vollweidehaltung im Speziellen zu beobachten. Die Gründe hierzu sind vielschichtig. Sicherlich spielen die Flächenvoraussetzungen der Betriebe eine gewichtige Rolle. Die Tierbestände sind in den vergangenen Jahrzehnten laufend aufgestockt worden. Hofnahe, arrondierte Weideflächen konnten jedoch im Verhältnis zur Tierzahl nicht mitwachsen, meist wurden diese in den Dörfern aufgrund des außerlandwirtschaftlichen Flächenverbrauchs sogar verringert. Der zusätzliche Flä-chenbedarf wurde über weiter entfernte Pachtflächen abgedeckt, welches ein Beweiden mit Milch-kühen unmöglich machte. Die züchterische Entwicklung zu einer möglichst hohen Einzeltierleistung beschleunigte ebenfalls den Rückgang der Weidewirtschaft. Aus mehrerlei Gründen ist die maximale Futteraufnahme und somit Milchleistung je Tier auf der Weide begrenzt. Die steigende Milchleistung je Kuh erforderte eine zunehmende Ergänzungsfütterung von Konserven und Zukaufsfuttermitteln. In Zeiten niedriger Kosten für Arbeit, Energie und Zukaufsfuttermittel war diese Strategie betriebs-wirtschaftlich meist erfolgreich. So konnten absolut steigende Kosten über mehr Erlös abgedeckt werden. In Zeiten sinkender Erlöse und steigender Produktionskosten ist der Ansatz, den Gewinn je Einheit durch massive Senkung der Produktionskosten zu steigern, eine sinnvolle Alternative und in der Industrie eine durchaus erfolgreiche Strategie. Ein nicht zu unterschätzender Grund für den Rückgang der Weidewirtschaft liegt in der sehr guten Technisierbarkeit der Ganzjahresstallhaltung. Die Industrie gab hier entsprechende Impulse. Als Beispiele seien die Mechanisierung der Grasfütterung im Stall mit Frontmähwerk, Ladewagen und befahrbarem Futtertisch, die Einführung der Ganzjahressilage und des Futtermischwagens sowie die neuesten Entwicklungen der Automatisierung in der Melk-, Fütterungs- und Stallhaltungstech-nik genannt. Nicht zuletzt waren Weidebetriebe in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart dem „kollegialen“ Druck ausgesetzt, unmodern, ja rückständig zu sein. Für den Betriebserfolg sind jedoch grundsätzlich zwei Strategien möglich. Die übliche high-cost-Strategie hat eine maximale Verwertung des Stallplatzes zum Ziel. Alternativ sind low-cost-Strategien insbesondere mit Weide-gang erfolgversprechend (SPIEKERS et al., 2009). Eine gut organisierte Weideführung besticht durch tiefst mögliche Futterkosten, dadurch verliert die Milchleistung je Kuh an Bedeutung und die Milchleistung je Hektar Weidegras tritt in den Vordergrund. Veränderungen auf Ebene der Kosten und Erlöse erfordern eine Anpassung der Produktionstechnik.

Material und Methoden Das Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft der Bayerischen Landesanstalt für Landwirt-schaft untersuchte im Rahmen des Pilotprojektes „Vollweide mit Winterkalbung“ das System der Vollweidehaltung mit Kurzrasenweide in Kombination mit einer saisonalen Abkalbung in den Win-termonaten (STEINBERGER et al., 2012). Sechs private Milchviehbetriebe wurden in die vorliegende Untersuchung einbezogen. Von den Milchviehbetrieben wirtschafteten zu Beginn des Projektes vier Betriebe nach den Vorgaben des ökologischen Landbaus. Ziel des Projektes war die Überprü-fung der Machbarkeit des Systems unter bayerischen Bedingungen sowie die Ableitung von Emp-fehlung für die Praxis und die Beratung.

Ergebnisse Zunächst stand die Einführung der Kurzrasenweide im Vordergrund. Nach anfänglichen Umset-zungsschwierigkeiten (Gewöhnung der Betriebsleiter) bereitete die Umstellung auf dieses Weide-system keine nennenswerten Schwierigkeiten. Während der Projektlaufzeit konnte eine wesentli-

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che Verbesserung der Narbendichte und deren Zusammensetzung beobachtet werden. Ebenso konnte eine fast vollständige Verdrängung der Hauptunkräuter Bärenklau, Wiesenkerbel, scharfer Hahnenfuß und vor allem des stumpfblättrigen Ampfers erreicht werden (STEINBERGER, 2009). Grundvoraussetzung zum Gelingen der Kurzrasenweide ist das Einhalten einer Aufwuchshöhe von 5 – 7 cm. Hierzu wurde eine wöchentliche Aufwuchsmessung auf den Weideflächen durchgeführt. Somit konnte ein weitgehend konstantes Weidefutterangebot erreicht werden, was sich in einer ausgesprochenen Stoffwechselstabilität der Kühe widerspiegelte. Die Gesamtweidedauer während der Vegetation betrug bei allen beteiligten Betrieben knapp 200 Tage. Unterschiede ergaben sich je nach den Wachstumsbedingungen der Weideflächen und de-ren Verfügbarkeit in den Vollweidetagen. Hier lag die Streuung der einzelnen Jahre bei 137 bis 192 Tagen (Abb.1). Vor allem die Verfügbarkeit ausreichender Weideflächen im Spätsommer entschied über die Dauer der Vollweideperiode.

Abb. 1: Gesamt- und Vollweidetage der einzelnen Betriebe 2007 – 2010.

Nach Abzug der Zufütterung von Grob- und Kraftfutter, vor allem während der Übergangszeiten im Frühjahr und Herbst ergaben sich im Mittel der Beobachtungsjahre „Kuhbesätze“ (Kuh/ha Weide-fläche) von 2.1 – 3.1 Kühe/ha für die gesamte Weideperiode. Eine lange Herbstweide mit gerin-gem Graszuwachs und entsprechender Zufütterung senkten den „Kuhbesatz“/ha über die gesamte Weidedauer ab. Für die Vollweideperiode konnten 2.4 – 3.1 Kühe/ha ermittelt werden. Auf die Be-satzdichte hatten die Ertragsleistung der Fläche und die Vegetationsdauer den Haupteinfluss. Hierbei machten sich Jahreswitterungseinflüsse hinsichtlich Wachstumsintensität der Weideflä-chen deutlich bemerkbar. Vor allem 2007 zeichnete sich auf Grund der milden Witterung durch sehr hohe Graszuwächse aus. Dies spiegelte sich in den Kuhbesätzen während der Vollweidepe-riode von 3.0 – 3.9 Kühe/ha wider. Im Gegensatz dazu steht das Jahr 2010, welches sich durch ein kaltes und trockenes Frühjahr und einen verregneten Sommer auszeichnete. Als Folge sanken die Kuhbesätze auf 1.8 -3.4 Kühe/ha ab. Die Umstellung auf eine weitgehend saisonale Abkalbung vollzogen die Betriebe innerhalb von zwei Jahren. Die Nachzucht wurde entsprechend der angestrebten Abkalbezeiträume belegt (STEINBERGER, 2010). Nach erfolgter Umstellung bereitete die saisonale Abkalbung hinsichtlich Fruchtbarkeit der Tiere in den Fleckviehherden keine Probleme. Etwa 10 – 15 % der zur Belegung vorgesehenen Tiere schieden jährlich wegen nicht rechtzeitig erfolgter Trächtigkeit aus. Die Be-triebe erreichten nach der Umstellung die erforderliche Zwischenkalbezeit von etwa 370 Tagen. Hochleistende Deutsch Holsteinkühe und Braunviehkühe wurden zum Teil allerdings nicht recht-zeitig trächtig und wurden bis zu zwei Jahren durch gemolken. Diese Tiere erhöhten in den ent-sprechenden Betrieben die durchschnittliche ZKZ beträchtlich, obwohl der Großteil der Herde frist-gerecht trächtig wurde. Die Stalldurchschnitte der beteiligten Betriebe konnte trotz Umstellung auf saisonale Abkalbung sowie der Umsetzung der Vollweide weitgehend konstant gehalten werden. Zu Projektende wiesen die Betriebe Milchleistungen von 6 000 – 7 000 kg Milch je Kuh und Jahr auf. Der Kraftfutterver-brauch je Kuh und Jahr betrug zwischen 7.0 und 9.2 dt. Nach Abzug des energetischen Milch-erzeugungswertes (2.1 kg Milch/kg) ergaben sich Grobfutterleistungen von 4 400 bis 4 900 kg

75

100

125

150

175

200

225

A B C D E F

Gesamtweidetage Vollweidetage

Tage

Betrieb:

760 NN 630 NN 740 NN 700 NN 610 NN 410 NN

Höhenlage

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Milch. Eine Ausnahme bildete Betrieb D, welcher während der Winterperiode eine einphasige TMR ohne Gruppenbildung verfütterte. Zusätzlich wurde der nachlassende Graszuwachs im Herbst durch Zufütterung von Kartoffelpülpe ausgeglichen. Dadurch erreichte die Grobfutterleistung je Kuh lediglich 3 100 bis 3 600 kg. Der vorgegebene Zeitkorridor für die Abkalbungen von November bis Februar hat sich bewährt. Die Kühe konnten in den Wintermonaten je nach betrieblichen Möglichkeiten „leistungsgerecht“ versorgt werden (Abb.2).

Abb. 2: Notwendige Energiekonzentration während der Laktation (ca. 7 500 kg Milch) bei Vollwei-de.

Frühjahr- und Sommerabkalbungen bereiteten den Kühen unter Vollweidebedingungen Probleme und die Laktationskurve fiel deutlich ab. Beim Verlauf der Milchinhaltsstoffe konnte ein deutliches Absinken des Milchfettgehaltes während der Weideperiode festgestellt werden. Der Milcheiweiß-gehalt blieb zunächst konstant, gegen Ende der Weidezeit stiegen die Werte im Mittel bis auf 3.75 % an. Die Milchharnstoffwerte stiegen unter Vollweidebedingungen teilweise über 60 mg/100ml an. Es konnten keine nachteiligen Auswirkungen hinsichtlich Stoffwechselstabilität und Klauengesundheit beobachtet werden. Der Milchzellgehalt erhöhte sich während der Sommermo-nate. Der Verlauf entsprach etwa dem der Ablieferungsmilch in Bayern. Die in regelmäßigen Abständen durchgeführten BCS- und RFD-Ermittlungen ergaben Vorteile für die Abkalbungen in den Wintermonaten. Diese Kühe entsprachen dem zu erwartenden Kondi-tionsverlauf während der Laktation. Eindeutig zu Ungunsten der Kühe erwiesen sich Frühjahrs- und Sommerabkalbungen. Hierbei setzte ein starker Konditionsabbau zu Laktationsbeginn ein. So dass die vermeintlich höhere Milchleistung während der Weidezeit von frühjahrs- und sommerab-kalbenden Kühen auf Kosten der Körpersubstanz zu Stande kam (Abb.3 und Abb. 4).

Abb. 3: Laktationsverlauf der ECM im Jahr Abb. 4: BCS-Verlauf nach Kalbemonat - nach Kalendermonat – Mehrkalbskühe Mehrkalbskühe.

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Auf Grund der Dokumentation der Flächenzuteilung, der Weidetage und der Milchmenge konnte eine Rückrechnung auf die wahrscheinliche Futteraufnahme je Kuh und Tag sowie die tägliche Milchmenge erfolgen. Es konnten nach erfolgter Umstellung (2009 und 2010) während der Vollweideperiode TM – Auf-nahmen von 15 – 17 kg je Kuh und Tag berechnet werden. Die erzielte Milchleistung je Kuh lag in diesem Zeitraum bei 18 – 22 kg Milch. Die Berechnungen des Milchertrages je Hektar beweidete Fläche erreichten je nach betrieblichen Voraussetzungen und Jahr 6 000 – 12 000 kg Milch (Abb. 5).

Abb. 5: Erzeugte Milchmenge je Hektar Weide der Pilotbetriebe; abzgl. Zufütterung.

Die Ermittlung der Energieerträge in MJ NEL/ha erfolgt unter Berücksichtigung des Energiebedar-fes für Erhaltung (+ 15 % Zuschlag für Bewegung) und der Milchbildung. Im Mittel der Jahre erge-ben sich gefressene Energieerträge von 40 000 bis 70 000 MJ NEL/ha. Probeschnitte auf einer Kurzrasenweide über drei Jahre ergaben im Mittel Energiegehalte von etwa 6.5 MJ NEL/kg TM. Daraus abgeleitet ergaben sich für die Betriebe tatsächlich gefressene Erträge von 60 bis 110 dt TM/ha. Die Differenzen lagen in den unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen sowie den natürli-chen Wachstumsvoraussetzungen begründet (Tab.1).

Tab. 1: Errechnete Energie- und Massenerträge je Hektar Kurzrasenweide (KRW).

Kurzrasenweide

Nettoertrag (gefressen) / ha

Bruttoertrag ( + 5%Weideverlust) / ha

MJ NEL/kgTM 6.5

Betrieb MJ NEL dt/ha dt/ha

A 49 408 76 80

B 59 059 91 95

C 39 089 60 63

D 57 197 88 92

E 68 242 105 110

F 51 694 80 84

Die begleitenden ökonomischen Auswertungen durch das Institut für Agrarökonomie der LfL zu den Milchviehbetrieben zeigten erhebliche Unterschiede zwischen den Betrieben. Grundsätzlich gelang es den Weidebetrieben mit saisonaler Abkalbung aber, trotz ansteigender Energie- und Zukauffutterkosten ihre Direkt- und Arbeitserledigungskosten in der Projektphase zu senken. Auch die grundsätzlichen Kostenvorteile der Weide gegenüber der Grassilageerzeugung wurden deut-lich. Die arbeitswirtschaftlichen Effekte des Systems in Bezug auf neue Arbeitsrhythmen und -routinen wirkten sich in den Pilotbetrieben auch auf den Nebenerwerb und den privaten Lebens-

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

14000

A B C D E F

2007 2008 2009 2010Weidejahr:

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bereich aus, konnten aber ökonomisch nicht gemessen werden. Im Fazit zeigte sich, dass eine konsequente Anwendung des Systems Vollweide mit Winterkalbung ökonomische Möglichkeiten zur Milchviehhaltung liefert.

Diskussion Mit der Einführung der „Vollweide mit Winterkalbung“ wurde auf den Pilotbetrieben absolutes Neu-land betreten. Die Umstellung auf eine saisonale Abkalbung brachte für die Betriebsleiter große Vorteile. Anfallende Arbeitsabläufe ließen sich rationalisieren. Die konzentrierten Arbeitsblöcke (Weide, Abkalbung, Kälberaufzucht, Besamung etc.) führten zu einer strukturierteren Arbeitserle-digung. Der gewählte Abkalbezeitraum hat sich bewährt. Bei Abkalbungen von November bis Februar ist ein normaler Laktationsverlauf zu erwarten. Eine Optimierung der Fütterung zu Laktationsbeginn in den Wintermonaten mit anschließender Kurzrasenweide als Vollweide ermöglicht Herdenleistun-gen von bis zu 7 500 kg Milch bei einem Kraftfutteraufwand von ca. 10 – 12 dt je Kuh und Jahr. Insgesamt konnte nach fünf Jahren eine deutliche Verbesserung der Fruchtbarkeitslage der Her-den verzeichnet werden. Kühe mit Fruchtbarkeitsproblemen schieden frühzeitig aus. Ein wichtiger Gesichtspunkt hinsichtlich Verbesserung der Fruchtbarkeit ist sicherlich der zeitlich begrenzte Be-legzeitraum. Die Landwirte konzentrierten sich während weniger Monate vollends auf die Brunst-beobachtung und erreichten so einen wesentlich höheren Erkennungsgrad der Brunstsymptome als bei kontinuierlicher Abkalbung übers Jahr. Vergleichbare Ergebnisse konnte STEINWIDDER et al., (2010) in einer Studie zur Vollweidehaltung im Berggebiet erzielen. Der Gesundheitsstatus der Kälber hat sich auf den Pilotbetrieben im Zuge der Umstellung auf sai-sonale Abkalbung merklich verbessert. Dies ist auf eine Unterbrechung der Infektionskette wäh-rend der Sommermonate zurückzuführen. Außerdem wirkt sich der zeitlich begrenzte Anfall an Kälber in kurzer Zeit positiv auf die Versorgungsintensität der betreuenden Person aus. Nach Ein-führung der KRW in der Jungviehaufzucht stellte das Erreichen eines Erstkalbealters von 24 – 26 Monaten für die Betriebe keine Schwierigkeit dar (STEINBERGER, 2010). Das Weidesystem „Kurzrasenweide“ stellt in der Gesamtheit betrachtet das effizienteste Weide-system dar. Die Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung zeigten sich in der Notwendigkeit der regelmäßigen Aufwuchsmessung und der daraus resultierenden Konsequenz zur Steuerung des Tierbesatzes. Das kontinuierliche Abweiden von jungem Gras ermöglichte eine hohe Flächen-leistung. Je nach betrieblicher Ausgangslage wurden im Milchviehbetrieb Flächenleistungen von 6 000 bis 12 000 kg ECM je Hektar beweidete Fläche erreicht. Untersuchungen der LK NRW an der Ökomilchviehherde in Haus Riswick, Kleve, ergaben bei Kurzrasenweide ebenfalls Flächen-leistungen von über 10 000 kg Milch je Hektar Weidegras (PRIES et al., 2011). Die errechneten Energieerträge (MJ NEL je Hektar, aus Milchleistung/Zuwachs und Erhaltungsbedarf) der Kurzra-senweide lagen über den betriebsspezifisch zu erreichenden Erträgen bei Schnittnutzung.

Ausblick Für eine ganzheitliche Betrachtung des Systems „Vollweide mit Winterkalbung“ sind weitere For-schungsvorhaben einschließlich der Winterperiode erforderlich. Vor allem in der Jungviehaufzucht ist die Weidehaltung stärker zu focusieren. Aktuell wird ein Projekt zur Optimierung der Weidehal-tung auf Jungviehalmen durchgeführt. Wird eine stärkere Integration der Weidehaltung in der Pro-duktion gewünscht, ist es dringend erforderlich die Beratung mittels „Fachberater - Weide“ auszu-bauen.

Literatur SPIEKERS H., DORFNER G. und DIEPOLDER M. (2009): Effiziente und nachhaltige Grünlandnutzung mit Rindern

im Alpenvorland, VDLUFA Schriftenreihe 65, 131 – 143.

STEINBERGER S. (2009): Früher Austrieb zwingt den Ampfer in die Knie, top agrar 4, R 12- 13.

STEINBERGER S. (2010): Jungrinder für die Blockabkalbung trimmen, top agrar 5, R 10-12.

STEINBERGER S., RAUCH P., SPIEKERS, H., HOFMANN G., DORFNER G. (2012): Vollweide mit Winterkalbung – Ergebnisse von Pilotbetrieben, LfL Schriftenreihe 5/2012.

PRIES M., VERHOEVEN A., BERENDONK C. (2011): 10.000 kg ECM/ha im Öko-Betrieb Haus Riswick bei Kurzra-senweide. In: Riswicker Öko-Milchviehtagung 2010. http://www.oekolandbau.nrw.de/pdf/projekte_versuche/riswicker_milchviehtagung_2010.pdf

STEINWIDDER A., STARZ W., PODSTATZKY L., GASTEINER J., PFISTER R. UND GALLNBÖCK M., ROHRER H. (2010): Abschlussbericht: Vollweide und Abkalbung, LFZ Raumberg-Gumpenstein 2010.

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10 Jahre Betreuung von On-farm Weideprojekten mit Milchvieh: Methodik und Ergebnisse

H. Kohnen1, J. Boonen1, G. Conter2

1 Lycée Technique Agricole LTA, Ettelbruck, Luxembourg 2 Service d’Economie Rurale SER, Luxembourg

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Die strukturelle Entwicklung der Milchproduktion hat seit 1980 die Weidehaltung verdrängt. Arbeitseffektivität, Preise für Milch und Kraftfutter, Entwicklung in der Tiergenetik und Fütterungs-technik sowie die europäische Zuschusspolitik fördern nach wie vor eine moderne intensive Land-wirtschaft mit den vorrangigen Erfolgskriterien Milchleistung pro Arbeitskraft und pro Stallplatz. Weidehaltung konnte in einem solchen System seine Vorteile als Umwelt schonendes und Tier-wohl förderndes System mit kostengünstigem Futtermittel nicht ausspielen. Erst die Preisentwick-lung von Zukauffuttermittel und Energie, Nährstoffflussprobleme für Stickstoff und Phosphor, aber auch Sensibilisierung für Tierwohlaspekte bewirkten ein Umdenken in der Bewertung der Weide-haltung. Sie ist nicht mehr unwirtschaftlich und unzeitgemäß, sondern effizient, zukunftsorientiert, nachhaltig und mit Tierwohl verbunden. Eine Vernachlässigung in den letzten 20 Jahren hat deutli-che Spuren hinterlassen, nämlich fehlende Forschung, mangelnde Ausbildung von Fachkräften, vernachlässigter Vater-Sohn Wissenstransfer und ungenügende Weiterentwicklung von Fachpra-xis in den Betrieben. Nun wird ein Neuerlernen der Weidehaltung auf Forschungs-, Beratungs- sowie Betriebsebene erforderlich. On-farm Projekte sind ein probates Mittel um innovative Ideen zeitnah auf all diesen Ebenen um-zusetzen. Die Fragestellung lautet: Wie kann man den Aufwuchs einer Dauergrünlandfläche ge-winnbringend, tiergerecht, sowie möglichst umweltschonend in Milch umwandeln. Die Betreuung von Pilotbetrieben erfolgt immer in 2 Schritten:

1. Analyse des Weidesystems mit folgenden betriebsspezifischen Merkmalen (1) verfügbarer Weideertrag, (2) erzielte Milchleistung, (3) Weidefutteraufnahme und Zufuttermengen, (4) ökonomischer Ertrag, (5) Arbeitsaufwand sowie (6) Tierwohl und Tiergesundheit.

2. Verbesserung des Weidesystems des Pilotbetriebes. Diese kann nur erreicht werden durch klar definierte, betriebsspezifische Maßnahmen, welche sich aus der Betriebsanalyse ablei-ten lassen.

Eines der größten Probleme ist, dass bei einer klassischen landwirtschaftlichen Buchführung viele weidespezifischen Betriebsdaten fehlen. Dazu zählen u.a. Weideertrag, Weiderverluste, Weide-dauer, Besatzdichte, und vor allem die individuelle Futteraufnahme der Weidetiere. Diese Daten können teils über traditionelle, aber teils auch über innovative Methoden erfasst werden, und so bleibt deren Weiterentwicklung und Umsetzung in die Praxis Schlüssel zum Erfolg von On-farm Weideprojekten. Effiziente Weideführung verlangt eine fast tägliche Anpassung der Zufuttermen-gen an die aktuelle Weideaufaufnahme. Die Datenerfassung muss vor allem deren zeitliche Ver-änderungen dokumentieren. Betriebsverbesserungen geschehen immer im Einvernehmen mit dem Betriebsleiter. Verbesserungsschritte müssen intuitiv erfasst werden. Regelmäßige Rückberichte motivieren und schützen vor Fehlentwicklungen. Innerhalb des Netzwerkes mehrerer Pilotbetriebe sollen nicht nur innovative Methoden entwickelt sondern auch die Erkenntnisse auf Betriebs-, Be-ratungs- sowie Forschungsebene verbreitet werden.

Material und Methoden

I. Betreute Netzwerke Seit 2003 betreut die Grünlandsektion des Lycée Technique Agricole (LTA)drei verschiedene Pi-lotbetriebsnetze in unterschiedlicher Zusammensetzung: a) FILL Weide Projekt (national; 2003-2005; 2006-2008) initiiert von FILL (Fördergemeinschaft

Integrierte Landwirtschaft Luxemburg) in Zusammenarbeit mit LTA, CONVIS (Herdbuch), SER (Landwirtschaftlicher Wirtschaftsdienst) und Universität Bonn (Institut für Nutzpflanzen-

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wissenschaften und Ressourcenschutz) mit 4 Pilotbetrieben (2006-2007: 6 Betriebe). Hauptziel des Projektes waren Problemanalyse und Ausarbeiten von innovativen Lösungsansätzen der Milchweidewirtschaft (=>Weideschieber).

b) Dairyman (2010- 2013; EU Interreg IV B) eine Zusammenarbeit von 10 Regionen aus 7 Länder Nord-West Europas: Baden- Württemberg; Bretagne, Pays de la Loire, Nord-Pas de Calais, Flandern, Wallonien, Irland, Nordirland, Niederlande, Luxemburg) mit dem Hauptziel der Analy-se und Stärkung der Nachhaltigkeit der Milchproduktion in der Regionen. Die Datenerhebung eines Pilotbetriebsnetzwerkes von 130 Milchviehbetrieben (Luxemburg 6 Betriebe, davon 4 mit Weidehaltung) erlaubte eine Analyse sowie die Ausarbeitung von betriebsspezifischen Verbes-serungsplänen.

c) AutoGrassMilk (2014-2015; EU P7 Projekt) initiiert von FILL eine Zusammenarbeit von For-schungsanstalten aus 7 Ländern (Irland, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark und Schweden, Luxemburg kooperiert seit 2014) mit dem Ziel automatische Melksysteme und Wei-dehaltung zu vereinen. Daten aus 37 Melkroboterbetrieben mit Melkrobotern (Luxemburg 4 Be-triebe) werden erhoben und analysiert.

II. Methodik zum Abschätzen des Grasangebotes: Zum Einsatz kamen mehrere Methoden und 5 verschieden Geräte.

a) Schnittprobe: Geräte und Verfahren 1: Rasenschere 20 [cm] Schnittbreite, 1 Faltmeter, Federwaage 5 [N], Plas-tikprobebeutel Durchführung:

1. Aussuchen einer repräsentativen Stelle. 2. Anschneiden Beginn und Ende eines ein Meter lange Probestreifens. 3. Schneiden der Probe (100 [cm] x 20 [cm], Resthöhe 2 [cm]). 4. Abwiegen der Frischmasse (FM) Probe ([N] TM pro 0.2 [m-1]). 5. Hochrechnen [kg TM ha-1 ] bei 20 [%] T: 1 [N] FM pro 0.2 [m-1]= 1000 [kg TM ha -1 ] bei 20

[%] TM. 6. Korrektur der TM in 2 [%] Schritten (16 [%]; 18 [%], 22 [%]) durch Addition und Subtraktion

von 10 [%] des geschätzten Ertrages (Tab. 1).

Abschätzen der TM nach Wetterlage:

Tab. 1: Abschätzen der TM [%] einer Grasprobe mittels aktueller Wetterlage.

Aktuelle Wetterlage TM [%] Dauerregen 14- 16 Regen Sonnenschein abwechselnd – Grasnarbe taunass „Tautropfen“ 16- 18 Erste Nutzung- trockenes Wetter 18- 19 Sonnenschein > 1 Woche, warm 20- 21 Trockenheit 22- 23 TM> wenn abgestorbene Blätter; TM< wenn satt grün, blattreich

Abschätzen der TM mit Handpress- Methode: Eine Handvoll Frischgras zwischen den Handflächen zerreiben bis Saftaustritt (3- 5 Minuten); mit kräftigen Druck auspressen:

Tab. 2: Abschätzen der TM [%] einer Grasprobe mittels Handpresse.

Wasseraustritt nach Handpresse TM [%] deutlicher Saftfluss ohne Abriss des Wasserflusses (kontinuierlicher Fluss) 16 deutlicher Saftfluss, aber Abriss des Wasserstrahls (unterbrochener Fluss) 18 deutlicher Saftaustritt ohne Fluss (deutliches Abtropfen) 20 deutlicher Saftaustritt, (Abtropfen) 22

b) Messung der Variation der elektrische Kapazität der Grasnarbe: Geräte und Verfahren 2: Grassmaster II® – aktuell über GrazeTech Grazing Management Techno-logy New Zealand (GrassMaster Pro ®- über Novel Ways Ltd NEW ZEALAND)

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Kosten aktuell 1000 [€] einschließlich mitgelieferter Software. Prinzip: Der Grassmaster misst die elektrische Kapazität im nahen Umfeld der Sonde (Stabende). Das elektrische Spannungsfeld der Grasnarbe verändert sich je nach Wasser- und TM. Gleichun-gen (von TruTest Research) schätzen das Grasnarbenangebot [kg TM.ha-1]. Nach Begehung der Parzelle (Zickzack, 1 Probe alle 20 Schritte) können die Daten direkt am PC gespeichert werden. c) Messung der komprimierten Grasnarbenhöhe (compressed sward height: CSH) Prinzip: Platte mit definiertem Gewicht komprimiert die Grasnarbenhöhe die mittels Skala gemes-sen wird [cm CSH]; Umrechnen von Grasnarbenhöhe [cm CSG] in Ertrag [kg TM.ha-1]. 2 Modelle wurden getestet. Geräte und Verfahren 3: Herbomètre ® (AGRO-Systèmes; Frankreich): Geräte und Verfahren 4: Rising Plate Meter (Farmworks Precision Farming Systems - New Zea-land). Meist wurde folgende Standardformel zur Konversion von Narbenhöhe in Grasangebot be-nutzt: 1 [cm CSH] = 250 [kg TM.ha-1]. (DELABY, 2007; Defrance et al., 2004; MANTEAUX, 2000). In regelmäßigen Abständen wurde eine Eichung des CSH zur Kontrolle der Konversionsformel (Höhe in Ertrag) mit einer Schnittprobe vorgenommen. d) Prinzip: Grasnarbenhöhe Geräte und Verfahren 5: Feedreader (Farmworks Precision Farming System- New Zealand) Ultraschall Sensor fest installiert an der Frontpartie eines Quad 60- 120 [cm] Höhe, 10 Messungen pro Sekunde, Zickzackkurs mit 20 [km h-1]. Elektronische Datenspeicherung in Kombination mit einem GPS, Übertragung zum PC per WLAN. Umrechnen der Narbenhöhe [cm] in Ertrag mit Schätzgleichungen (nach Tru-Test, New Zealand), Kosten 5000[€] mit Software ohne Quad.

III. Abschätzen der Weidefutteraufnahme mit dem Weide- und Futterkalender: Die Weidefutteraufnahme kann auf Betriebsebene nie gemessen sondern nur geschätzt werden. Die Gesamtfutteraufnahme kann relativ genau (+/- 1 [kg TM.Kuh-1.Tag-1]) anhand des Lebendge-wichts und täglichen Milchleistung abgeleitet werde. Die Subtraktion der Zufuttermengen ergibt die tägliche Weidefutteraufnahme. Es werden nur Herdendurchschnitte in Betracht gezogen. Kennt man die beweideten Flächen, so kann ein Flächenertrag geschätzt werden. ITW= IT- ITZ (1) IT= 0.0186 LG + 0.305 FPCM (2) (ITW tägliche Weidefutteraufnahme; IT tägliche Gesamtfutteraufnahme; ITZ tägliche Zufuttermenge, [kg TM.Kuh-1.Tag-1]; LG: Lebendgewicht [kg]; FPCM: Fett und Protein korrigierte Milch [kg.Kuh 1 Tag-1]) Zur Erfassung dieser in Formel 1 und 2 genannten Variablen muss der Betriebsleiter einen Weide- und Futterkalender führen. Dazu werden die folgenden Daten entweder direkt am PC oder auf einem Vordruck erfasst: Tankmilch; Übermilch (nicht verkaufte Milch) und Anzahl gemolkener Kü-he, Mengen an gefüttertem Grund- und Kraftfutter; Anzahl der gefütterten Tiere, beweidete Parzel-le und Anzahl der weidenden Tiere Alle benötigten Daten sind leicht zu beschaffen. Jedoch ist Disziplin beim Notieren erforderlich, da ansonsten wichtige Informationen abhandenkommen. Der tägliche Zeitaufwand von 5 Minuten pro Tag für den Betriebsleiter ist erfahrungsgemäß gering.

IV. Betriebsoptimierung: Ziel eines jeden Pilotbetriebsnetzes sollte eine Verbesserung der aktuellen Situation sein. Im Dai-rymanprojekt (DAIRYMAN, 2013) wurde eine Strategie (Betriebsentwicklungs-plan) entwickelt, die es erlaubt die Planung, Durchführung und Dokumentation zu optimieren. Ein Betriebsentwicklungs-plan muss betriebsspezifisch und demnach individuell mit den Betriebsleitern geplant werden. Drei Schritte sind notwendig: (1) Betriebsspiegel anhand der erfassten Daten, (2) Festlegen der Ziele und Bewertungs-kriterien und (3) Ausarbeiten einer Strategie mit konkreten Aktionen und systema-tische Kontrolle der erzielten Fortschritte (Abb. 1).

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Abb. 1: Schema eines betriebsspezifischen Verbesserungsplans.

Ergebnisse und Diskussion In den vergangenen 10 Jahren kamen die oben beschriebenen Methoden und Verfahren zum Ein-satz. Ziel dieses Beitrags ist nicht die Vorstellung der Projektergebnisse, sondern eine Analyse der angewandten Hilfsmittel, deren Vorzüge und Grenzen anhand von Anwendungsbeispielen erläutert werden. Der Weide- und Futterkalender stellt die einzige Konstante in allen 3 Projekten dar und ist wahr-scheinlich ein Erfolgsgarant für Weideprojekte mit Pilotbetrieben. Werden die Daten elektro-nisch weiterverarbeitet, entsteht eine visuelle Darstellung der Ergebnisse (Abb. 2, Abb. 3, Abb. 4, Abb. 5) welche ein intuitives Verstehen des Weideverfahrens erlaubt und instinktiv zum Ergreifen von Maßnahmen motiviert, nämlich vor allem zur Steigerung der Weidefutteraufnahme durch Reduk-tion des Zufutters und zur Verlängerung der Weideperiode im Frühjahr und Herbst.

Tägliche Futteraufnahme (Abb. 2): Eine erste Grafik (Abb.2) stellt die durchschnittliche tägliche Gesamtfutteraufnahme der Milchkühe dar, sowie die Mengen der verschiedenen Futterkomponenten. Maximal können im Jahresdur-chschnitt 16 [kg TM.Kuh-1.Tag-1] erreicht werden. Die visuelle Darstellung der Aufnahme der ver-schiedenen Futterkomponenten erlaubt eine gezielte Planung und Anpassung. Die Reduktion der Zufuttermengen stimuliert eine hohe Weidefutteraufnahme. Diese erfolgt nach dem Prinzip: zuerst Reduktion der Grassilage (Weide ist immer von besserer Qualität als Grassilage), dann Reduktion der Maissilage und anschließend Reduktion des Kraftfutters. Eine weitere Anpassung, welche er-laubt die jährliche Weideaufnahme zu steigern, ist die Verlängerung der Weideperiode. Früher Weidebeginn verbessert bekanntermaßen zugleich die Güte der Grasnarbe.

Abb. 2: Weidefutteraufnahme.

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Bewertung der erzielten Milchleistung in Relation zum Weidefutteranteil In vielen Betrieben ist die Milchproduktion pro Kuh und pro Jahr der wohl wichtigste Indikator für deren Leistungsfähigkeit und sollte daher unbedingt beachtet werden, wenn eine Futterumstellung erfolgt und der Weideanteil erhöht wird. Die Abbildung 3 zeigt die durchschnittliche tägliche Milch-leistung abhängig vom Weideanteil in der Gesamtration. Die gestrichelte rote Linie beschreibt die durchschnittlich mögliche Milchleistung in Relation zur Weideaufnahme. Leistungen nahe dieser Linie sind als gut zu bewerten. Positionen im Diagramm links oberhalb dieser Linie sind auf Dauer nicht haltbar. Bei einer Position rechts unterhalb dieser Linie kann die Weideaufnahme durch Re-duktion des Zufutters problemlos gesteigert werden, ohne dass eine wesentliche Veränderung der Milchleistung eintritt. Die Abbildung macht deutlich, dass Weideanteile von 50 [%] der Gesamtra-tion eine Milchleistung von 28 [kg. Kuh-1.Tag-1] möglich sind.

Abb. 3: Weidefutteraufnahme und erzielte Milchleistung.

Weideerträge pro Fläche: Der Futterkalender erlaubt ebenfalls die täglichen Weideaufnahmen zu kumulieren und einen ge-samten Weideertrag für die verschiedenen Flächen des Betriebes zu rechnen. Daraus lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie die Weidenutzung effizienter gestaltet werden kann (Abb. 4).

Abb. 4: Weideertrag.

Tägliche geschätzte Futterkosten Ein wesentliches Ziel der Weidehaltung ist es die Milchproduktionskosten zu senken, da Weidefut-ter generell günstiger ist als Futterkonserven. Abb. 5 zeigt den Einfluss des Weideanteils auf die Gesamtfutterkosten der Milchproduktion [€.kg-1 Milch]. So kann man erkennen, dass bei einer Leis-

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tung von 22 [kg Kuh-1 Tag-1] die Futterkosten von 0.18 [€.kg-1 Milch] (100 [%] Stallhaltung) auf 0.10 [€.kg-1 Milch] gesenkt werden können bei einem Weideanteil von 60[%].

Abb. 5: Simulation der Futterkosten. (Punkte im Diagramm: tägliche Situationen der Herde; an-steigende Kurven: Futterkosten in [€.kg-1 Milch].

Allein die Anzahl der eingesetzten Hilfsmittel zum Bestimmen des Weidefutterangebotes auf den Pilotbetrieben zeigt die Schwierigkeit des Unterfangens. Keine Methode erbringt Messungen der gewünschten Präzision (PELLER, 2012). Dies ist insofern kein Problem, als die wöchentliche Aus-wertung die Schätzfehler verringert. Das Hauptproblem besteht vielmehr im Arbeitsaufwand der Messungen. Die Betriebsleiter konnten – auch gegen Bezahlung - nie überredet werden die Mes-sungen selbst durchzuführen. Alle Messungen wurden ausschließlich vom Projektpersonal erfasst. Die Ergebnisse (Feed Wedge) wurde aber auch teilweise von den Betriebsleitern sinnvoll genutzt. Im Dairyman-Projekt wurde auf allen 6 Pilotbetrieben ein betriebsspezifischer Verbesserungsplan durchgeführt. Anhand eines Beispiels (Betrieb LU05; 2011-2012) sollen die einzelnen Schritte ver-deutlicht werden (Tab 3): Schritt 1: Festlegen der Objektive: (a) Steigerung der Weideaufnahme von 7 auf 14 [kg TM.Kuh-

1.Tag-1], sowie (b) erfolgreiche Integration des Melkroboters in das Weidesystem Schritt 2: Festlegen der konkreten Aktionen: (a) Konsequente Weideplanung mit wöchentlicher Messung des Weideangebotes zum Erstellen eines Feed Wedge sowie täglicher Weide- und Fut-terkalender (b) Umstieg auf kurze Narbenhöhe zu Weidebeginn (c) Vergrößerung der Weidefläche durch 2 zusätzliche Parzellen. Schritt 3: Bestimmen von Indikatoren mit aktuellem Stand (2009- 2011) und angestrebtem Ziel (2012): Aktuell: 60.000 [kg Milch.Herde-1. Jahr-1] aus Weidefutter und Ziel: 105.000 [kg Milch]. Schritt 4: Kontrolle der erreichten Verbesserungen (Tab 3).

Tab. 3: Betriebsverbesserungsplan Dairyman Pilotbetrieb LU05.

Indikator 2009 2010 2011 2012 Weidefutteraufnahme [kg TM.Kuh-1.Tag-1] 7 9 9 12 Weidedauer [Monate] 6 6 6 7 Milch aus Weidefutter [kg TM.Herde-1.Jahr-1] 63 000 87 480 90 720 141 120

Schlussfolgerungen Das Führen eines Weide- und Futterkalenders ist bei der Betreuung von Pilotbetrieben nach den bisherigen Erfahrungen in den oben genannten Projekten der Schlüssel zum Erfolg. Je zeitnaher Notierung und Auswertung erfolgt desto früher können Betriebsanpassungen durchgeführt werden. Die Akzeptanz bei den Betriebsleitern ist sehr hoch. Alle Pilotbetriebe erfüllten die an sie gestellten Aufgaben. Alle Methoden zur Schätzung des Weideangebotes weisen eine unterschiedliche Präzision auf. Das Problem besteht aber darin, dass kein Betriebsleiter solche Messungen in Eigenregie durch-führt. Arbeitsaufwand an die Leitung und Betreuung des Projektes werden dadurch sehr hoch. Das grundsätzliche Prinzip das Weideangebot für die wöchentliche Weideplanung zu nutzen, wird als sehr sinnvoll angesehen, jedoch muss die Durchführung und Planung zugunsten der Akzeptanz

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und Umsetzung für Berater und Betriebsleiter vereinfacht werden, soll es einmal in der breiten Praxis etabliert werden (Tab 4). Die Ausarbeitung und die Betreuung eines betriebsspezifischen Verbesserungsplanes scheinen auf den ersten Blick sehr schwierig zu sein. Die überraschend positiven Bewertungen und die er-zielten Optimierungen sind jedoch so überzeugend, dass dies in jedem zukünftigen Projekt schon in die Planung eingebunden werden sollte. Eine zusammenfassende Tabelle (Tab. 4) soll die angewendeten Methoden und Geräte bewerten. Die Akzeptanz bei den Betriebsleitern ist von außerordentlicher Bedeutung. Durch die intensivere Betreuung von Pilotbetriebsnetzwerken werden viele Methoden einfacher angenommen; deren Implementierung ist jedoch auf Betriebsebene und Beratung weitaus schwieriger. Die Verbreitung und Praxistauglichkeit der gewonnenen Erkenntnisse (Weiterbildung) muss schon bei der Projekt-planung berücksichtigt werden. Ein wenig ernüchternd ist trotzdem, dass kein einziger Betriebsleiter in Eigenregie ein Manage-ment- Tool einschließlich des so überzeugenden Weide- Futterkalenders über längere Zeit nach Projektende weiterführt. Die positive Grundeinstellung für Weidewirtschaft konnte dagegen bei allen Betriebsleitern gestärkt werden. Die Weideführung wird demnach auch weiter auf hohem Niveau durchgeführt, aber nach nur eigenem Ermessen und Beobachtungen (visuelle Begutach-tung der Grasnarbe zu Weidebeginn und –ende).

Tab. 4: Zusammenfassende Bewertung über Durchführbarkeit und Akzeptanz bei den Betriebslei-tern) (W&F Weidefutterkalender, GM Grassmaster, HM Herbomètre, RPM Rising Plate Meter, SP Schnittprobe, FW Feed Wedge, BV Betriebsverbesserungsplan, Spez. Kennt. Spezifische Kenntnisse, ++ einfach, positiv; ---: sehr schwierig, negativ).

W & F GM HM RPM FR SP FW BV Zeitaufwand ++ -- -- -- - + + - Spez. Kennt. (Durchführung) ++ + + + ++ + -- --- Spez. Kennt. (Weiterverarbeitung) - -- -- -- -- -- -- --- Aussagepräzision ++ + + + - ++ ++ ++ Akzeptanz (mit Betreuung) ++ ++ ++ ++ ++ Akzeptanz (autonom) - --- --- --- --- - --- ---

Literatur DAIRYMAN (2013): A practical manual to assess and improve farm performances.

http://www.interregdairyman.eu/en/dairyman/products.htm.

DELABY, L. (2007): Outils et méthodes de conseil innovants et ciblés en systèmes herbagers. Prairiales Nor-mandie, Bilan Technique AAP ADAR no 345.

DEFRANCE, P., DELABY, L. et SEURET, J.M., (2004) : Mieux connaître la densité de l'herbe pour calculer la croissance, la biomasse d'une parcelle et le stock d'herbe disponible d'une exploitation. Actes des 11e journées 3R, Institut de l'élevage.

MANTEAUX, J. P. (2000) : Densité de l’herbe selon le type de couvert et la hauteur de l’herbe, Synthèse des études menées en Rhône- Alpes, Pôle d’expérimentation et de progrès bovins lait, Chambre d’Agriculture de la Drôme.

PELLER, F. (2012): Vergleich und Bewertung zweier Methoden zur nicht-destruktiven Ertragsschätzung auf Weideflächen, Bachelorarbeit 2012, Universität Hohenheim.

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SOLID-DSS – eine Online-Anwendung zur Abstimmung von Grundfutterangebot und –bedarf auf Bio Low Input Milchviehbetrieben

L. Baldinger1,2, J. Vaillant1, W. Zollitsch2, M. Rinne3 1 Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., Deutschland

2 Universität für Bodenkultur Wien, Österreich 3 MTT Agrifood Research Finland, Finland

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Auf biologisch wirtschaftenden Low-Input Betrieben ist der Grundfutteranteil in den Milchviehratio-nen üblicherweise höher als auf konventionellen Betrieben, da der Nährstoff- und Energiebedarf der Herde so weit wie möglich durch Weide und die konservierten Aufwüchse von Dauergrünland und Feldfutter gedeckt werden soll. Daher haben wetterbedingte Engpässe und Schwankungen in der Grundfutterproduktion deutlichere Auswirkungen auf die Milchleistung und letztendlich den Betriebserfolg. Je besser es gelingt die Nutzung und Anbauplanung der betriebseigenen Futterres-sourcen im Hinblick auf den tierischen Bedarf zu optimieren, desto geringer ist das Risiko einer Unterversorgung der Herde bzw. desto geringer der Futtermittelzukauf. Im Rahmen des EU-Forschungsprojekts SOLID (Sustainable Organic and Low Input Dairy Systems; www.solidairy.eu) wird daher ein System zur Entscheidungsunterstützung entwickelt (decision support system = DSS), das Management-Entscheidungen auf Milchviehbetrieben betreffend ihrer Wirkung, das Risiko von Engpässen zu senken, evaluiert. Zu diesem Zweck werden sowohl die aktuelle Situa-tion der Milcherzeugung als auch mögliche zukünftige Szenarien modelliert und betriebliche Maß-nahmen im Hinblick auf das Risiko von Futterknappheiten bewertet. Das ermöglicht einen Ver-gleich diverser Management-Optionen und unterstützt dadurch betriebliche Entscheidungen und hilft, Grundfutterangebot und –bedarf im Jahresverlauf besser aufeinander abzustimmen. Dieses Projekt wird vom 7. Rahmenprogramm der Europäischen Union (FP7/2007-2013) unter der Pro-jektnummer FP7-266367 gefördert.

Die Funktionsweise von SOLID-DSS und seiner Modelle

Aktuelle Situation des Betriebs Informationen zur geografischen Lage und der Flächenausstattung, Details des Pflanzenbaus und des Weidemanagements und die Charkteristika der Milchvieh-Herde werden zu Beginn eingege-ben um die aktuelle Situation des Betriebs zu erfassen.

Modellierung SOLID-DSS simuliert den Betrieb auf Basis dieser Eingaben mithilfe der Pflanzenwachstumsmo-delle (Futterangebot) und des Herdenmodells (Futterbedarf) in sinnvollen Zeitintervallen. Anschlie-ßend kombiniert das Rationsmodell Angebot und Bedarf und verteilt die Futtermittel auf Tiergrup-pen und Perioden, wodurch etwaige Unter- und Überversorgung im Zeitablauf sichtbar werden. Das Pflanzenwachstumsmodell simuliert sowohl Quantität (Trockenmasse) als auch Qualität (Energie- und Proteingehalt) des Futters (Grünland und ausgewählte Ackerfrüchte), welches im Jahresverlauf zur Verfügung steht. Die notwendigen Wetterdaten stammen aus der europaweiten Wetterdatenbank ECA&D (European Climate Assessment and Dataset 2014). Das dynamische Boden- und Pflanzenwachstumsmodell MONICA (NENDEL et al., 2011) bildet die Basis des Pflan-zenwachstumsmodells, erweitert um das Grünlandwachstumsmodell des SGS Pasture Model (JOHNSON, 2013). Die Struktur der Herde ergibt sich aus den Tierzahlen, der Gruppierung der Kühe und der Vertei-lung der Abkalbungen im Jahresverlauf. Für die meisten Parameter, z.B. die Laktationskurve (so-wohl Milchmenge als auch Milchinhaltsstoffe), werden vom Herdenmodell Standardwerte angebo-ten, die individuell an die Herde angepasst werden können. Das Herdenmodell produziert für alle gewünschten Zeitpunkte im Jahresverlauf eine Beschreibung der Kuhgruppen (laktierend, trocken, Kalbinnen, …), deren Leistungsniveau und Bedarf an Energie und Protein. Um SOLID-DSS in möglichst vielen Ländern Europas nutzbar zu machen, kann beim Energiebedarf aus verschiede-

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nen nationalen Systemen der Futterbewertung gewählt werden (England, Deutschland, Frankreich, …). Das Rationsmodell verknüpft die vom Pflanzenwachstumsmodell und vom Herdenmodell geliefer-ten Daten. Mithilfe eines Linearen Programms (LP) werden Rationen für alle Kuhgruppen im Jah-resverlauf produziert, indem die Summe aller Abweichungen (Über- und Unterversorgung) vom Protein- und Energiebedarf über alle Tiergruppen und Perioden minimiert wird. Diese Rationen bilden vor allem eine günstige Verteilung der verfügbaren Futtermittel ab und können als Aus-gangsbasis für die detailliertere Planung mithilfe von Rationsoptimierungsprogrammen genutzt werden. Zwei wesentliche Nebenbedingungen der LP sind die Futteraufnahme der Kühe, die durch das Modell GrazeIn (FAVERDIN et al., 2011; DELAGARDE et al., 2011) geschätzt wird, und die Be-schränkung des Angebots an Konzentraten je Kuh (Low-Input).

Ergebnisse SOLID-DSS liefert Rationsvorschläge für alle Kuhgruppen im Jahresverlauf und einen Risiko-Indikator, der Auskunft darüber gibt, wie groß beim aktuellen Betriebsmanagement das Risiko von Futterknappheiten ist. Ein mögliches Beispiel: Es ist wahrscheinlich, dass in einem von zehn Jah-ren das Futterangebot nicht ausreichend ist, um den Bedarf der Herde zu decken, da es in diesem Jahr aufgrund eines langen Winters zu einem verspäteten Weideaustrieb kam.

Einsatzbereich und Grenzen Der Hauptzweck von SOLID-DSS ist die Unterstützung einer langfristigen strategischen Planung. Allerdings sollen damit auch Fragen des eher kurzfristigen Fütterungsmanagements bearbeitet werden können. So kann SOLID-DSS etwa ein einzelnes Jahr der aktuellen Situation simulieren, und die vorgeschlagenen Rationen können als Empfehlungen für die Verteilung der Futterressour-cen im Jahresverlauf dienen. Für die langfristige strategische Planung ermöglicht ein Vergleich von Modellierungen des Ist-Zustandes und von möglichen zukünftigen Szenarien eine Bewertung der in Frage kommenden langfristigen Management-Änderungen. Interventionen sind im Wesentlichen in drei Bereichen möglich: Eine Erhöhung des Futterange-bots, eine Verringerung des Futterbedarfs, und eine bessere Abstimmung von Angebot und Be-darf. Um das Futterangebot zu erhöhen, können zusätzliche Flächen für die Futterproduktion ver-wendet werden, Marktfrüchte können durch Grundfutter ersetzt werden und zusätzliche Zwischen-früchte angebaut werden. Eine mögliche, durch SOLID-DSS zu unterstützende Fragestellung lau-tet daher, welches Futter auf zusätzlichen Flächen angebaut werden sollte und welche Größe zu-sätzliche Futterflächen aufweisen müssten. Um eine Reduktion des Futterbedarfs zu erreichen, kann die Herdenstruktur verändert werden, etwa indem Anzahl und Produktionspotentials der Kü-he variiert werden, oder der Nutzungsdauer der Kühe verlängert wird. Ein dritter Bereich möglicher Interventionen umfasst die optimale Zuteilung des Futters. Mögliche Fragen hierzu können sein, ob eine geänderte leistungsabhängige Gruppierung der Kühe die Zuteilung des Futters beeinflusst und eine Reduktion der Überversorgung mit Energie und Protein bewirkt, und welche zugekauften Futtermittel das betriebseigene Grundfutter optimal ergänzen.

Weiteres Vorgehen SOLID-DSS ist momentan noch in Arbeit, und bis zur voraussichtlichen Fertigstellung 2015 wird es neben dem deutschen Futterbewertungssystem auch andere in der EU verbreitete Systeme abbil-den, um eine Nutzung über den deutschen Sprachraum hinaus zu ermöglichen. Die Modelle des SOLID-DSS werden nach Abschluss der Entwicklung mit realen Daten und Fallstudien evaluiert, und die Veröffentlichung des Quellcodes (überwiegend JavaScript) aller Modelle und des DSS selbst wird unter einer Open-Source-Lizenz erfolgen.

Literatur DELAGARDE, R., FAVERDING, P., BARATTE, C. and PEYRAUD, J.L. (2011): GrazeIn: A model of herbage intake

and milk production for grazing dairy cows. 2. Prediction of intake under rotational and continuously stocked grauing management. Grass and Forage Science 66, 45-60.

European Climate Assessment and Dataset (2014): Zuletzt aufgerufen am 18. Juni 2014 auf http://www.ecad.eu/download/ensembles/download.php#citation

Faverdin, P., BARATTE, C., DELAGARDE, R. and PEYRAUD, J.L. (2011): GrazeIn: a model of herbage intake and milk production for grazing dairy cows. 1. Prediction of intake capacity, voluntary intake and milk produc-tion during lacatation. Grass and Forage Science 66, 29-44.

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JOHNSON, I.R. (2013): DairyMod and the SGS Pasture Model: a mathematical description of the biophysical model structure. IMJ Consultants, Dorrigo, NSW, Australia.

NENDEL, C., BERG, M., KERSEBAUM, K.C., MIRSCHEL, W., SPECKA, X., WEGEHENKEL., M., WENKEL, K.O. and WIELAND, R. (2011): The MONICA model: testing predictability for crop growth, soil moisture and nitrogen dynamics. Ecologio

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C-Dax Pasturemeter oder Herbometer zur Schätzung der Grasmasse

F. Schori

Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften, Posieux, Schweiz

[email protected]

Einleitung Über die Wuchshöhe können die Erträge oder das Graswachstum von Wiesen und Weiden ge-schätzt werden. Somit ist es möglich mit regelmässigen Messungen der Weideparzellen während der Vegetationsperiode das Grasangebot dem Grasbedarf der Milchkühe gegenüberzustellen (EASTES und VAN BYSTERVELDT, 2009). Diese Grundlagen dienen dem Landwirt zur Entschei-dungsfindung bezüglich der Anpassung der Weideflächen, der Zufütterung von Rau- und/oder Kraftfutter, der Parzellenreihenfolge, dem Zeitpunkt des Parzellenwechsels usw. Es bestehen verschiedenste Möglichkeiten zur Bestimmung der Wuchshöhe oder zur Schätzung des Grasangebotes (MOSIMANN und TROXLER, 1999; O’DONOVAN et al., 2002; HANSSON, 2011). Diese Methoden weisen unterschiedliche Genauigkeiten auf, die Ergebnisse hängen von den aus-führenden Personen ab und sind arbeitsaufwendig. Anderseits existieren durch Fahrzeuge gezo-gene Geräte, wie z.B. der C-Dax Pasturemeter (C-Dax Ltd., Palmerston North, NZ; PM), die deut-lich weniger Arbeitsaufwand generieren und deren Messungen kaum vom Fahrer beeinflusst wer-den. Nachfolgend werden zwei Geräte, der PM und ein Herbometer (Electronic Rising Plate Meter, Jenquip, Feilding, NZ; RPM), verglichen sowie die Regressionsgleichungen für beide Geräte zur Schätzung der Grasmasse vorgestellt.

Material und Methoden

Vergleich Herbometer und C-Dax Pasturemeter Auf dem Biobetrieb „Schulbauernhof von Sorens“ (820 m ü.M.) wurden 2011 die Wuchshöhen von 192 Weideparzellen-Diagonalen mit dem RPM und PM gemessen (SCHORI, 2012). Ein Jahr später wurden ab der 19. bis und mit der 42. Kalenderwoche, wöchentlich je ein Grasstreifen auf vier Weideparzellen geschnitten. Die beprobten Parzellen sollten möglichst gut den Wuchsbereich zwi-schen 50 bis 160 mm abdecken. Vor und nach dem Schnitt wurden mit dem RPM und PM die Wuchshöhen der 92 Grasstreifen gemessen. Das Schnittgut wurde gewogen und der Gehalt an Trockensubstanz (TS) analysiert. Anhand der Flächenangaben der Streifen, im Durchschnitt ca. 8 m2, konnten die TS-Erträge pro ha berechnet werden.

Schätzung der Grasmasse mit dem Herbometer Zur Berechnung der Regressionsgleichung zur Schätzung der Grasmasse mit dem RPM wurden Messungen von 2004 bis und mit 2012 berücksichtigt. Zusätzlich zu den Erhebungen des RPM-PM Vergleichs wurde das Datenmaterial von Grasstreifen auf der als nächstes zu beweidenden Parzelle sowie von Anlagen zur Bestimmung des Graswachstums mitberücksichtig. Das Schnittgut der ca. 8 m2 grossen Streifen wurde gewogen und der TS-Gehalt einer Stichprobe untersucht. Bei ca. 1/3 der Streifen (n = 316) wurde der Typ des Pflanzenbestandes gemäss AGFF (2007) be-stimmt. Es wiesen 42 % einen gräserreichen, 22 % einen ausgewogenen, 21 % einen kräuterrei-chen, feinblättrigen, 10 % einen ausgewogenen, raigrasreichen und 5 % einen gräserreichen, rai-grasreichen Pflanzenbestand auf.

Ergebnisse und Diskussion

Vergleich Herbometer und C-Dax Pasturemeter Basierend auf den Daten der Jahre 2011 und 2012 wurde nachfolgende lineare Regressionsglei-chung zur Umrechnung der Wuchshöhen zwischen RPM- und PM-Messungen ermittelt: y = -1 + 7.5x (R2 = 0.81, n = 279, bzw. x = 0.14 + 0.133x) mit y = PM-Wuchshöhe in mm und x = RPM-Wuchshöhe in 0.5 cm Herbometer-Einheiten (HE, 1 Klick). Die Differenzierung nach dem Typ des Pflanzenbestands brachte keine relevante Verbesserung. Beide Messmethode zur Schätzung des Grasmasse, RPM und PM, sind, basierend auf den Erhe-bungen 2012, gleichwertig (rRPM = 0.93 vs. rPM = 0.92, P = 0.51). Eine Differenzierungen der Re-

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gressionsgleichungen nach dem Typ des Pflanzenbestands oder der Vegetationsperiode sind ab-gestützt auf der kleinen Stichprobe nicht angebracht. Die Regression zur Schätzung der Grasmas-se über 50 mm Wuchshöhe sieht wie folgt aus: y = - 625 + 12.8x (R2 = 0.84, n = 89) mit y = Gras-masse in kg TS/ha und x = PM-Wuchshöhe in mm. Schätzung der Grasmasse mit dem Herbometer Zur Schätzung der Grasmasse über 8 HE (4 cm) mit dem RPM wurden nachfolgende Regressio-nen eruiert: Weide- und Schnittnutzung: April – Juni : y = - 748 + 110x (R2 = 0.88, n = 212) Juli - August : y = - 816 + 124x (R2 = 0.82, n = 183) September – November: y = - 995 + 141x (R2 = 0.86, n = 193) Ausschliesslich Schnittnutzung: April – Juni : y = - 539 + 99x (R2 = 0.91, n = 138) Juli – August: y = - 550 + 100x (R2 = 0.67, n = 108) September – November: y = - 836 + 122x (R2 = 0.72, n = 107) mit y = Grasmasse in kg TS/ha und x = RPM-Wuchshöhe in HE. Da grosse, regionale Unterschie-de vorkommen können und die Erhebungen von einem Betrieb stammen, wird empfohlen die Re-gressionsgleichungen zur Schätzung der Grasmasse regional zu prüfen.

Schlussfolgerungen Anhand der Wuchshöhe kann die Grasmasse pro ha geschätzt werden. Der RPM und PM liefern basierend auf der kleinen Stichprobe gleich gute Schätzungen der Grasmasse. Da regional grosse Unterschiede bei der Schätzung der Grasmasse auftreten können, müssen die Regressionsglei-chungen regional geprüft werden.

Literatur AGFF (2007): Bewertung von Wiesenfutter. AGFF-Merkblatt Nr. 3, 6 S.

SCHORI, F. (2012): Mit dem C-Dax Pasture Meter die Wuchshöhe der Weiden messen. In: Kreuzer, M., Lan-zini, T., Liesegang, A., Bruckmaier, R., Hess, H.D. (eds.): Feed for Health: ETH-Schriftenreihe zur Tier-ernährung 35, 183-185.

EASTES, D. und VAN BYSTERVELDT, A. (2009): Optimiser la qualité de l’herbe pour plus de performance en pâture tournante: 1. Méthodologie. Revue Suisse d’Agriculture 41, 105-112.

HANSSON, L. (2011): Herbage dry matter mass of pastures estimated through measures of sward height. Master thesis, University of Copenhagen, 78 S.

MOSIMANN, E. und TROXLER, J. (1999): Schätzung des Futterertrages durch die Messung der Pflanzenhöhe. Agrarforschung Schweiz 6, 189-192.

O’DONOVAN, M., DILLON, P., RATH, M. and STAKELUM, G. (2002): A comparison of four methods of herbage mass estimation. Irish Journal of Agricultural & Food Research 41, 17-27.

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Professionelle Weideführung, Weidetechnik, Wahl des Weidesystems

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Autograssmilk EU Projekt zur Kombination automatischer Melksysteme mit der

Weidehaltung

H. Kohnen1, G. Conter2, D. Kloecker3, P. Steichen4. 1 Lycée Technique Agricole LTA, Ettelbruck, Luxembourg

2 Service d’Economie Rurale SER, Luxembourg 3 CONVIS, Ettelbruck, Luxembourg

4 Administration des Services techniques de l'Agriculture ASTA, Luxembourg

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Seit der Markteinführung der Melkroboter zu Beginn der 1990er Jahre rüsten viele Milchviehhalter ihre Melkanlage auf ein automatisches Melksystem (AMS) um (Tab. 1). Das Streben nach ange-nehmeren Arbeitsbedingungen und flexibleren Arbeitszeiten sind dabei wohl die Hauptargumente. In Luxemburg sind derzeit bereits über 100 Milchviehbetriebe (von 800 Milchviehbetrieben; 20% aller Milchkühe) mit einem Melkroboter ausgestattet. Meist führt die Installation eines Melkroboters zu einem Rückgang, bzw. zum vollständigen Verzicht der Weidenutzung. Es gibt weder Beihilfen noch Beratung für Landwirte welche ihre Weiden in Kombination mit einem AMS nutzen wollen. Das natürliche Herdenverhalten der Milchkühe auf der Weide, sowie die größere Distanz zur Melk-anlage verringern zudem das freiwillige Aufsuchen der Melkanlage. Viele Studien belegen, dass Weidehaltung die Anzahl der Melkungen pro Kuh verringert, die ganzjährige Stallhaltung scheint demnach die einfachste Haltungsform für Milchkühe mit AMS. Ziel des Projektes ist es, die Aus-wirkungen der AMS auf die Weidewirtschaft zu verstehen und Lösungsansätze aufzuzeigen wie AMS an die Weidehaltung angepasst werden kann. Erfahrungen beweisen, dass dies möglich ist (ARMSTRONG et al., 2006; KERRISK, 2009; OUDSHOORN et al., 2012) diese gilt es zu vertiefen und zu verbreiten, um damit zu verhindern, dass die Weide weiter aus der Milchwirtschaft verdrängt wird.

Tab. 1: Anteil Milchviehbetriebe mit Weide und Anteil AMS Betriebe mit Weide.

Land Betrieb mit Weide (%) Betriebe AMS & Weide (%)

Irland 99 99 Niederlande 70-75 40

Belgien (Wallonien) 85-95 10 Deutschland (Nord) 30 2

Frankreich 92 1 Schweden 100 100 Dänemark 30-35 25

Schweiz 85-100 50 Österreich 25 5

Luxemburg 73 42

(VAN DEN POL A. et al, 2011 ; CONTER G., 2014 ).

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Material und Methoden Autograssmilk ist ein dreijähriges (2013-2015) internationales Forschungsprojekt der Europäischen Union aus dem Programm FP7/2007-2013 bezuschusst vom SME-2012-2-314879. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit von Forschungsanstalten aus 6 Ländern (Belgien, Däne-mark, Frankreich, Irland, Niederlande und Schweden, Luxemburg ist kooptiert seit 2014) unter der Aufsicht der jeweiligen Berufsvertreter, welche als SME (Small and Medium Enterprise; Klein- und Mittelunternehmen) fungieren (Tab. 2). Die Koordination des Projektes unterliegt Bernadette O’Brien (Teagasc, Moorepark, Irland). Das Gesamtbudget beläuft sich auf 3 100 000 €.

Tab. 2: Teilnehmende Organisationen des Autograssmilkprojektes (SME: Small Medium Enterpri-se).

Organisation Land Funktion TEAGASC Agriculture and Food Development Authority I Forschung

IGA Irish Grassland Association I Forschung CIRCA CIRCA Group Europe Ltd I SME

WLR Wageningen UR Livestock Research NL Forschung LTO Noord, Land- en Tuinbouw Organisatie Noord NL SME AU Aarhus University, Faculty of Science and Technology DK Forschung

VFL Knowledge Centre for Agriculture DK SME Institut de l`Elevage F Forschung

CNIEL Centre national interprofessionnel de l’économie laitière F SME SLU Swedish University of Agricultural Sciences S Forschung

VÂXA Swedish Dairy Association S SME ULg Université de Liège B Forschung CDL Comité du lait B SME

Aidan and Anne Power IRL Farmer Thure Worm DK Farmer

Initiator des Luxemburgischen Projektes ist die FILL (Fördergemeinschaft für integrierte Landbe-wirtschaftung Luxemburg). Die praktische Umsetzung wird von folgenden FILL-Mitgliedern geleis-tet: LTA (Landwirtschaftliche Ackerbauschule), SER (Service Economie Rurale, staatlicher Wirt-schaftsdienst), ASTA (Ackerbauverwaltung) und Convis (Herdbuchverband). Das Projekt wird mit 30 000 € vom Landwirtschaftsministerium bezuschusst. Der Arbeitsaufwand (2 000 Arbeitsstun-den) wird von den jeweiligen Partnern getragen. Das Projekt besteht aus 5 Arbeitsbereichen (WP: Work Package): WP 1: Fütterungsstrategien zur Optimierung der Weidefutteraufnahme. WP 2: Anpassen der Weidestrategien an das Melksystem mit Fokus auf AMS. WP 3: Analyse der Nachhaltigkeit der Milchproduktion . WP 4: Ökonomische Aspekte. WP 5: Verbreitung der Erkenntnisse. Ein Pilotbetriebsnetz von 37 Milchviehbetrieben (B: 6; Dk: 5; F: 6; I: 7; L: 4; NL: 6; S: 5) welche das Robotermelken mit der Weidehaltung kombinieren, ermöglicht eine Datenerfassung nicht nur hin-sichtlich der Betriebs- und Weideführung, sondern auch bezüglich Ökonomie, Umwelt und sozialen Aspekten (Arbeitszeiten). Projektdetails können im Internet (www.autograssmilk.eu) nachgelesen werden. Da Luxemburg nicht über eine wahre landwirtschaftliche Forschungsanstalt verfügt, liegt das Hauptaugenmerk auf dem Pilotbetriebsnetz. Die Zielsetzungen können in 3 Arbeitsbereiche zu-sammengefasst werden: (a) Führen des nationales Pilotbetriebsnetzes, (b) Zusammenarbeit im AGM Projekt und (c) Öffentlichkeitsarbeit. Auf allen Pilotbetrieben wird ein Weide- und Futterkalender geführt. Dies erlaubt das Erfassen der täglichen Weideaufnahme und der erzielten Milchleistung. So kann ein individuelles Weideprofil des Betriebes erstellt werden. Nach wöchentlichen Messungen mit dem Feedreader (Quad ausge-stattet mit Ultraschallsensor für Grasnarbenhöhe) wird jeweils ein Weidefenster, Parzellenrotation und Zufuttermengen erstellt. Mit dem Erstellen einer Weidekarte wird ein besonderes Augenmerk auf die Planung des Kuhverkehrs gelegt: Platzierung des Melkroboters im Stall, Installation von Weidetoren, Planung der Weidewege, -zeiten und –dauer sind Schlüsselkriterien, wenn erfolgreich

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Weidewirtschaft und AMS kombiniert werden sollen. Die Lösungsansätze sind verschieden je nach Roboterauslastung (Kühe/Roboter), verfügbarer Weide (kg TM Weide/Kuh/Tag) und Leistungs-niveau der Herde (kg Milch/Kuh/Tag). Durch eine Datenerfassung zur allgemeinen Betriebsbeschreibung, der Ökonomie und der Nach-haltigkeit (Hoftorbilanz und Effizienz für Stickstoff und Phosphor) nach dem Model des Dairyman Projektes (EU Projekt für nachhaltige Milchwirtschaft in Nord-West Europa mit einem Pilotbetriebs-netz von 130 kommerziellen Milchviehbetrieben, 2010-2013) und ergänzt durch spezifische Para-meter betreffend AMS und Weide werden homogen länderübergreifend Betriebsspiegel erstellt, welche einen länderübergreifenden Vergleich der Pilotbetriebe ermöglichen. Speziell sind die Betriebsspiegel Basis einer individuellen Betriebsanalyse und eines Betriebsver-besserungsplans. Betriebsspezifisch können daraufhin Fütterung, Weidenutzung und Roboteraus-lastung optimiert werden. Weiterbildung, Verbreitung der Erkenntnisse und Öffentlichkeitsarbeit wird u.a. mittels Besichti-gungen der Pilotbetriebe (Tag der offenen Tür; Reisen zu Partnerpilotbetrieben) gewährleistet. In Zusammenarbeit mit den AGM Partnern soll ein on Line Managementtool erarbeitet werden, welches es den Betriebsleitern erlaubt anhand ihrer spezifischen Betriebsmerkmale adäquate Ent-scheidungen bei Installation und Management von Weidewirtschaft und Melkanlage zu treffen.

Ergebnisse und Diskussion Das luxemburgische AutoGrassMilk- Projekt ist im Februar 2014 mit 4 Pilotbetrieben gestartet. Die kurze Dauer (2 Jahre) und die gesteckten Projektziele mit einem Betriebsverbesserungsplan erfor-derten eine sehr kurze Anlaufzeit. Die Bestimmung der Weideaufnahme auf den einzelnen Pilotbe-trieben ist erfahrungsgemäß immer die Schlüsselstelle für ein Weideprojekt. Unsere Erfahrungen aus früheren On Farm Pilotbetriebsnetzen sind von großem Vorteil, so dass der Weide- und Fut-terkalender problemlos auf die 4 Betriebe übertragen werden konnte. Dies erwies sich einfacher als erwartet; da Melkroboterbetriebe täglich am PC ihre Melkanlage überwachen, werden die Wei-de-, Zufutter- und Milchleistungsdaten sofort elektronisch erfasst und weiterverarbeitet. Die lästige Dateneingabe per Hand entfällt. Die Bewertungsgrafiken werden unmittelbar bei der Dateneingabe generiert und der Betriebsleiter kann seine Ergebnisse bewerten und sofort das Betriebsmanage-ment gegebenenfalls anpassen. Verständlicherweise können aktuell noch keine definitiven Ergebnisse vorgestellt werden, aber trotzdem kann anhand der Betriebsspiegel verdeutlicht werden, dass Weidewirtschaft ganz indivi-duell den betriebsspezifischen Merkmalen Rechnung tragen muss (Tab. 3). Häufigster Fehler bei Weidemangel ist eine überhöhte Zufuttermenge, welche bewirkt dass trotz eines Mangels an Wei-defutter das Weideangebot nicht vollständig genutzt wird. Bei Weideüberschuss hingegen werden oft hohe Weidereste in Kauf genommen, was die Weideerträge sinken und Kosten und Arbeitsauf-wand für Weidepflege steigen lässt. Die Pilotbetriebe LU01 und LU03 haben eindeutig ungenügend Weidefläche um auf eine Zufütte-rung zu verzichten. Betrieb LU01 reduziert tendenziell unbewusst übermäßig die Zufuttermenge und nutzt so seine Weiden konsequent mit negativen Folgen für das tägliche Milchleistungsniveau der Herde. Eingrasen durch Zufütterung von Kleegras ist eine Möglichkeit dieses Problem zu lö-sen. Im Betrieb LU03 wird auch während der Weideperiode unverändert die Stallration gefüttert. So wird der Weidedruck dem Aufwuchsschub des Frühjahres nicht gerecht. Die Weideaufnahme bleibt zu gering. Trotz ungenügender Weidefläche werden so paradoxerweise die Weidefläche nicht effizient genutzt und das überständige Weidefutter muss maschinell entfernt werden. Konse-quente Reduktion des Zufutters im Frühjahr schafft hier Abhilfe. Betrieb LU04 erreicht das Gleichgewicht zwischen Aufwuchs und angepasster Zufuttermenge. Die Weidefutteraufnahmen sind konstant auf hohem Niveau. Leider erschwert die Bodenbeschaffen-heit (lehmiger Ton) mit Staunässe den Zugang zu den Weiden. Verbesserungspotenzial besteht in der Installation von angepassten Weidewegen. Im Betrieb LU02 herrscht ein Überangebot an Weidefläche. Hohe Weidereste führen zu niedrigen Flächenerträgen. Ein Leader- Follower System mit der Mutterkuhherde würde die Situation ver-bessern. Neben der Anpassung der Zufuttermenge an das Weideangebot, muss bei Weideführung mit Melkroboter nicht nur zusätzlich der permanente Zugang zu den Weiden gesichert sein, sondern auch die Zirkulation der Herde zum Roboter geregelt werden. Bei der Entwicklung der automati-schen Melksysteme ist die Weidewirtschaft anscheinend nicht berücksichtigt worden. Dieser Wis-sensmangel führt häufig zu unangepasster Positionierung des Roboters im Stall und Fehlern bei

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der Planung des (gesteuerten) Kuhverkehrs. Bei einer Positionierung des Melkroboters am Stall-ausgang zu den Weiden kann dieser die Funktion des „intelligenten“ Weidetors übernehmen und die Tiere werden nach dem Melken auf die Weide geleitet. Werden hohe Weidefutteraufnahmen (> 10 kg TM. Kuh-1.Tag-1) angestrebt, ist die Auslastung des Melkroboters (Kühe. Roboter-1) entscheidend. Geringe Auslastungen von weniger als 50 Kühen stellen keine großen Herausforderungen an den Kuhverkehr. Die Wartezeit am Melkroboter bleibt für alle Tiere akzeptabel (weniger als 4 Stunden). Ab 55 Kühen müssen sehr lange Wartezeiten in Kauf genommen werden. Die Belastung für rangniedrige Tiere wird durch die geringe Weidedauer, das Gerangel an der Selektionstür und die Isolation von der Herde sehr hoch. Geringe Weideaufnahmen (< 5 kg TM Weide/Kuh-1 und Tag-1) können auch mit einer hohen Melk-roboterauslastung erreicht werden. Mit einem leeren Futtertrog frühmorgens kann problemlos eine Halbtagsweide, respektive Stundenweide gesichert werden. Aktuell ist die Auslastung der Melkroboter unserer Pilotbetriebe noch relativ gering, aber fast alle Betriebe planen mit dem Wegfallen der Milchquote ab 2015 eine Aufstockung der Herden. Die An-forderungen an die Weidewege, Parzellierung, Einrichtungen für einen gezielteren Kuhverkehr werden damit steigen.

Tab. 3: AGM LUX Pilotbetriebsnetz Betriebsspiegel (bio konv: biologischer, konventioneller An-bau).

LU01 LU02 LU03 LU04

Betriebsausrichtung bio konv konv konv Hofnahe Weidefläche (ha) 12 39 12 23 Anzahl Kühe 52 40 80 60 Besatzstärke (Kühe. ha-1) 4.5 1 6.7 2.6 Milchleistung ( 20 25 27 25 Anzahl Melkroboter 1 1 2 1 Kühe pro Roboter 52 39 40 60

Tab. 4: AGM LUX Pilotbetriebsnetz betriebsspezifische Objektive (Zahlen fett: begrenzende Fak-tor).

LU01 LU02 LU03 LU04

Maximale mögliche Weideaufnahme (T TM. Herde-1. Jahr-1) 80 115 100 155

Maximale tägliche Weideaufnahme (kg TM. Kuh-1. Tag-1) 8.5 16 7 14.4 Maximaler Weideertrag (kg TM.ha-1.Jahr-1) 7 000 3 000 8 500 6 800

Schlussfolgerungen Generell stellt Weidehaltung schon eine Herausforderung für die Milchwirtschaft dar, bei der Instal-lation von AMS muss zusätzlich der permanente Zugang zu den Weiden und der Anreiz sowohl zum freiwilligen Aufsuchen der Weiden als auch des Melkroboters geschaffen werden. Die Thema-tik ist rezent und es fehlt an Wissen und Praxiserfahrung. Bei der Installation von Melkrobotern ist die Planung des Kuhverkehrs zu den Weiden entscheidend. Ziel des AGM Projektes ist es diesbe-züglich kurzfristig Lösungen aufzeigen.

Literatur ARMSTRONG, D. and GREENALL, R. (2006): Automatic milking — where is it at and how can it fit into Australian

grazing farm systems? Australian Veterinarian Association: Annual Conference, Hobart, Australia, CD-ROM.

CONTER, G. (2014): Umfrage Weidehaltung SER, nicht veröffentlicht

KERRISK K. (2009): Management guidelines for pasture based AMS farms. Futuredairy. Camden Research farm, Dairy Australia. http://www.futuredairy.com.au/pdfs/AMS_Guidelines_2010_Web.pdf

OUDSHOORN, F., KRISTENSEN, T., VAN DER POL, A. and DE BOER, I. (2012): Sustainability evaluation of auto-matic and conventional milking systems on organic dairy farms in Denmark. NJAS - Wageningen Journal of Life Sciences 59 (2012) pp. 25-33.

VAN DEN POL-VAN DASSELAAR, A., DE VLIEGHER, A., HENNESSY, D., PEYRAUD, J.L. and PINXTERHUIS, J.B. (2011): Research methodology of grazing. Proceedings EGF Working Group Grazing. Report 405. Lelystad, Wa-geningen UR Livestock Research, 19 pp. 8.

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Unterschiedliche Aufwuchshöhen bei simuliertem Koppelsystem und deren Auswirkung auf Ertrag und Graszuwachs

W. Starz, A. Steinwidder, R. Pfister, R. Hannes

LFZ Raumberg-Gumpenstein, Institut für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere, Irdning, Österreich

[email protected]

Einleitung und Problemstellung In der Biologischen Milchviehhaltung sind die Kurzrasen- und Koppelweide zwei bedeutende Sys-teme für eine weidebasierte Fütterung. Beide Systeme sind effiziente und arbeitssparende Weide-formen und eignen sich ideal für Standorte mit ausreichend Niederschlägen. Doch nicht überall sind diese optimalen Bedingungen gegeben. Gerade intensiv genutzte Dauerweiden sind für einen gleichmäßigen Ertrag auf eine kontinuierliche Wasserversorgung angewiesen. In diesem Zusam-menhang wird beschrieben, dass auf trockenheitsgefährdeten Standorten die Koppelweide günsti-ger als die Kurzrasenweide einzustufen ist (THOMET und BLÄTTLER, 1998). Ein zentrales Steue-rungselement bei der Koppel ist die angestrebte Aufwuchshöhe beim Auftrieb. Welchen Einfluss die Aufwuchshöhe auf den Jahresertrag und die Zuwachsleistung auf Dauerweiden im Ostalpen-raum hat, sollte im Rahmen dieser einjährigen Untersuchung erhoben werden.

Material und Methoden Im Vegetationsjahr 2013 (von 09.04. bis 19.11.) wurde auf zwei langjährigen Dauerweiden am Versuchsbetreib des Instituts für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere am Lehr- und Forschungszentrums für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein (Breite: 47° 30' 59'' N, Länge: 14° 4' 20'' E, 670 m Seehöhe, 7 °C ø Temperatur, 1 014 mm ø Jahresniederschlag) dieser Versuch durchgeführt. Die Flächen wiesen einen für den Standort optimalen Weidebestand auf. Dieser wurde von Lolium perenne, Poa pratensis und Trifolium repens dominiert, daneben wies er auch noch geringere Anteile von Cynosurus cristatus, Festuca pratensis und Phleum pratense auf. Für die Ertragsfeststellung wurden auf den Flächen 12 Weidekörbe mit einer Grundfläche von je-weils 1 m² platziert. Untersucht wurden drei unterschiedliche Aufwuchshöhen niedrig, mittel und hoch (gemessen mit dem RPM), die die Versuchsvarianten darstellten. Auf den beiden Flächen wurde jede Variante 4-mal wiederholt, wodurch sich 12 Parzellen je Weidefläche ergaben. Der Versuch wurde als randomisierte Anlage durchgeführt. Sobald die Zielaufwuchshöhe erreicht wur-de, erfolgte die Beerntung und nach dem Schnitt wurden die Körbe auf der Fläche weiter gestellt. Somit wanderte die Versuchsanlage von West nach Ost. Bevor die Körbe auf die neue Fläche ge-stellt wurden, wurde dies abgemäht, damit nur der Zuwachs ab diesem Zeitpunkt gemessen wur-de. Dabei ergaben sich bei der Zielhöhe niedrig cm 7 Ernten, bei mittel cm 6 Ernten und bei hoch cm 5 Ernten im Vegetationsjahr 2013. Vor der Ernte des Futters in den Weidekörben wurde der Blattflächenindex (LAI) in den Parzellen mit dem Gerät AccuPAR LP-80 an der Bodenoberfläche gemessen. Im Anschluss erfolgte die Feststellung der tatsächlichen Aufwuchshöhe mit Hilfe des Filip's electronic plate pasture meter (RPM). Die Ernte der Parzellen wurde mit elektrischen Hand-gartenscheren durchgeführt und bis auf eine Reststoppelhöhe von 3-4 cm vorgenommen. Das Erntegut von jeder Parzelle wurde frisch gewogen und aus einem Teil des Materials die Trocken-masseproben gezogen. Diese kamen über 48 Stunden bei 105 °C in den Trockenschrank. Der restliche Teil der Frischprobe gelangte zur schonenden Trocknung in das hauseigene Labor, wo die Rohnährstoffe analysiert wurden. Die Energiebewertung in MJ Nettoenergie-Laktation (NEL) wurde mit Hilfe der analysierten Nährstoffgehalte mittels Regressionsformel der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GFE, 1998) errechnet. Die statistische Auswertung der normalverteilten und varianzhomogenen Daten erfolgte mit dem Programm SAS 9.4 nach der MIXED Prozedur (Fixer Effekt: Aufwuchshöhe und Fläche sowie die Wechselwirkung; die Lage der Parzellen in den Spalten und Zeilen der Anlage wurde als zufällig (random) angenommen) auf einem Signifikanzniveau von p < 0.05. Bei der Darstellung der Ergeb-nisse werden die Least Square Means (LSMEANS) sowie der Standardfehler (SEM) und die Resi-dualstandardabweichung (se) angegeben. Die paarweisen Vergleiche der LSMEANS wurden mit-

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tels Tukey-Test vorgenommen und signifikante Unterschiede mit unterschiedlichen Kleinbuchsta-ben gekennzeichnet.

Ergebnisse und Diskussion Im Jahr 2013 wurden auf dem Standort eine Niederschlagssumme von 1 035 mm sowie eine Durchschnittstemperatur von 8.5 °C gemessen, wobei im Vegetationszeitraum von April bis Okto-ber 722 mm Niederschlag fielen und die mittlere Temperatur bei 14.1 °C lag. Die Niederschläge bewegten sich im langjährigen Mittel, jedoch war das Jahr im Durchschnitt um 1.5 °C wärmer. Bei den Graszuwächsen konnten die größten Unterschiede zwischen den Aufwuchshöhenvarian-ten im Mai (Abb. 1) festgestellt werden. Hier erreichte die Variante mit der Zielaufwuchshöhe hoch mit knapp 120 kg TM/ha und Tag kurzfristig die höchsten je auf diesem Standort gemessenen Zu-wachsleistungen. Generell können die Zuwächse als hoch eingestuft werden, wenn sie mit Werten aus dem Schweizer Westalpenraum verglichen werden (SCHORI, 2009).

Abb. 1: Graszuwachskurven des Jahres 2013 der drei unterschiedlichen Aufwuchshöhen sowie die Niederschlagssummen von einem Datum zum nächsten (Die Niederschlagssumme vom 9. April entspricht der Niederschlagssumme ab 1. Jänner).

Wie in Abb. 1 ersichtlich, verzeichneten die Monate April und Mai die geringsten Niederschlags-summen während der Vegetationsperiode. In dieser Periode ging das Graswachstum bei den Va-rianten niedrig und mittel cm deutlich zurück. Demgegenüber zeigte die Variante hoch trotzdem noch eine Erhöhung der Wachstumsrate. Ein vergleichbares Ergebnis wurde bereits im Jahr 2010 auf einem niederschlagsärmeren Standort (STARZ et al., 2013) festgestellt. Dies deutet darauf hin, dass aufgrund des höheren Pflanzenbestandes in Variante 15 cm günstigere kleinklimatische Be-dingungen herrschten, wodurch der Wasserverlust über die Verdunstung geringer ausfällt. Die niedrigeren Pflanzendecken dürften das über die Evapotranspiration frei werdende Wasser dem-gegenüber weniger gut zurück halten können. Bei Betrachtung der Mengen- und Qualitätserträge (Tab. 1) schnitten die beiden Aufwuchshöhen mit mittel und hoch signifikant besser als die niedrige Variante ab. Die 12 581 kg TM/ha bei der Variante hoch stellen für eine Dauerweide im Ostalpenraum auf dieser Höhenlage einen sehr ho-hen Ertrag dar. Die niedrige Aufwuchshöhe war mit Mindererträgen von mehr als 2 000 kg TM/ha der hohen Variante deutlich unterlegen. Obwohl ab Juni genügend Niederschläge vielen, konnte die niedrigste Wuchshöhe nicht das Ertragsdefizit des Frühlings aufholen, was demgegenüber bei der mittleren Variante festgestellt wurde. Dasselbe Bild konnte beim Energieertrag beobachtet werden (Tab. 1). Auch hier konnte ein signifikanter Unterschied zwischen der Variante niedrig so-wie der mittleren und hohen Erntevarianten festgestellt werden.

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Tab. 1: Mengen- und Qualitätserträge im Untersuchungsjahr 2013 sowie Aufwuchshöhe und Fut-terdichte der drei Varianten.

Parameter Einheit Futterhöhe

se niedrig mittel hoch p-Wert

LSMEAN SEM LSMEAN SEM LSMEAN SEM

Erntehöhe cm 8.4 c 0.3 10.2 b 0.3 12.4 a 0.3 <0.0001 0.6 Reststoppel-höhe

cm 3.5 b 0.1 3.8 a 0.1 3.8 a 0.1 0.0256 0.2

TM-Ertrag kg/ha 10 343 b 341 12 119 a 341 12 581 a 346 0.0007 892

NEL-Ertrag MJ/ha 66 426 b 2 069 77 031 a 2 068 78 131 a 2 102 0.0010 5 120

XP-Ertrag kg/ha 2 129 a 82 2 255 a 82 2 326 a 83 0.1238 171

Futterdichte kg TM/cm

ha 319 a 8 332 a 8 315 a 8 0.3251 22

LAI m²/m² 2.6 c 0.1 3.3

b0.1 4.13

a0.1 <0.0001 0.3

Konnten beim Mengen- und Energieertrag noch ein signifikanter Unterschied festgestellt werden, so war beim Rohproteinertrag kein Gruppenunterschied feststellbar (Tab. 1). Alle drei Varianten erreichten einen Rohproteinertrag von über 2 000 kg/ha. Dieser Ertrag ist etwa doppelt so hoch wie auf einem ha Bio-Sojabohne in Österreich geerntet wird. Eine Ursache für das hohe Rohprote-inertragsniveau ist der hohe Anteil an Trifolium repens im Bestand. Auf biologisch bewirtschafteten Dauerweiden kann sich Trifolium repens gut ausbreiten (STARZ et al., 2011), da eine mineralische N-Ergänzungsdüngung nicht möglich ist und so das Gras keine extrem dichte Narbe ausbilden kann. Die tatsächlichen Erntehöhen in Tab. 1 wurden mit dem RPM erhoben. Da sich alle drei Höhen signifikant voneinander unterschieden wurde das Ziel in diesem Versuch, drei unterschiedliche Aufwuchshöhen zu beernten, erreicht. Obwohl die Reststoppelhöhe bei der niedrigen Variante etwas tiefer ausfiel kann der Unterschied von 0.3 cm, gegenüber den anderen beiden Varianten, als gering eingestuft werden. Die gemessenen Futterdichten mit knapp über 300 kg TM/cm (bezogen auf RPM cm) waren in allen Varianten sehr hoch und zeigten keine Unterschiede untereinander.

Abb. 2: LAI-Verlauf der drei Varianten während der Vegetationsperiode 2013.

Die durchschnittlichen LAI Werte stiegen signifikant von der niedrigsten zur höchsten Aufwuchshö-he an (Tab. 1 ). Im Vegetationsverlauf zeigte die hohe Variante auch immer die höchste photosyn-thetisch aktive Biomasse (Abb. 2). Den höchsten LAI erreichte die Variante hoch im Frühling mit mehr als 5 m² grüner Blattmasse je m² Bodenoberfläche.

Schlussfolgerungen Die angestrebte Aufwuchshöhe beim Bestoßen einer Koppel hat einen entscheidenden Einfluss auf den möglichen Jahresertrag. Dies konnte in diesem Versuch im Jahr 2013 und in einem voran-gegangen Versuch (STARZ et al., 2013) im Jahr 2010 gezeigt werden. In der vorliegenden Arbeit konnte beobachtet werden, dass der Mehrertrag von Aufwuchshöhen ab 10 cm (RPM) nicht weiter gesteigert werden kann. Zumindest nicht unter Bedingung der Biologischen Landwirtschaft. Hier gilt es die Ressourceneffizenz zu steigern und mit den betriebseigenen Ressourcen einen optima-len Flächenertrag zu erzielen.

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Somit lässt sich aus dieser Untersuchung schlussfolgern, dass für eine effiziente Nutzung der Koppelweide eine Zielaufwuchshöhe von um die 10 cm (gemessen mit dem RPM) angestrebt wer-den sollte. Im Vergleich zur Kurzrasenweide muss bei Koppelweide jedoch angemerkt werden, dass dieses System eine optimierte Planung voraussetzt. Nur damit können höhere Erträge im Vergleich zum Kurzrasenweidesystem auch ausgeschöpft werden und kann viel Milch je ha Weide erreicht werden.

Literatur GfE (1998): Formeln zur Schätzung des Gehaltes an Umsetzbarer Energie in Futtermitteln aus Aufwüchsen

des Dauergrünlandes und Mais-Ganzpflanzen, Proceedings of the Society of Nutrition Physiology 7, 141-150.

SCHORI, F. (2009): Weidebesatzstärken: Auswirkung auf Milchleistung und Grasqualität. Agrarforschung 16 (11-12), 436-441.

STARZ, W., J. KREUZER, A. STEINWIDDER, R. PFISTER und H. ROHRER (2013): Ernte- und Qualitätserträge einer simulierten Kurzrasen- und Koppelweide bei trockenheitsgefährdetem Dauergrünland. D. Neuhoff, Stumm, C., Ziegler, S., Rahmann, G., Hamm, U. & Köpke, U. (Hrsg.) 12. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau - Ideal und Wirklichkeit: Perspektiven ökologischer Landbewirtschaftung - Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn: 176-179.

STARZ, W., A. STEINWIDDER, R. PFISTER und H. ROHRER (2011): Vergleich zwischen Kurzrasenweide und Schnittnutzung unter ostalpinen Klimabedingungen. G. Leithold, K. Becker, C. Brock et al., 11. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau - Es geht ums Ganze: Forschen im Dialog von Wissenschaft und Praxis - Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießen: 93-96.

THOMET, P. und T. BLÄTTLER (1998): Graswachstum als Grundlage für die Weideplanung. Agrarforschung 5 (1), 25-28.

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IG Weidemilch

S. Stohler-Rhyner

Maiacker 139, Olsberg, Schweiz

[email protected]

Die IG Weidemilch kurz erklärt Die Mitglieder der IG Weidemilch sind mehrheitlich Landwirte, welche eine graslandbasierte Milch-produktion betreiben, viele von ihnen produzieren in einem Vollweidesystem. Ein grosser Teil der Mitglie-der setzt zudem auf saisonale Abkalbung, um das Graswachstum während der Vegetationsperiode op-timal für die Umsetzung in Milch ausnutzen zu kön-nen. Neben den Landwirten zählen auch einige Personen aus Bildung und Forschung zu den rund siebzig Mit-gliedern der IG Weidemilch.

Wissens- und Erfahrungsaustausch Um möglichst viel von dem Wissen und den Erfahrungen der anderen Weidebauern zu profitieren, organisiert die IG Weidemilch drei bis vier Tagungen pro Jahr. Traditionell finden die Frühlings- und die Sommertagung auf dem Betrieb eines Mitglieds statt. Am Morgen werden produktions-relevante Themen, z.B. Weidetechnik und Genetik, in verschiedenen Referaten &-Erfah-rungsberichten erläutert und am Nachmittag findet ein Betriebsrundgang statt. Auch der gesellige Teil kommt nicht zu kurz: so bietet die Mittagspause mit Picknick und Grill immer genügend Zeit, sich mit den anderen Mitgliedern zu unterhalten. Jeweils im November findet am Waldhof die Vollversammlung mit den üblichen Vereinsgeschäften statt. Der zweite Teil wird entweder der Weiterbildung oder geselligem Beisammensein gewidmet. Die IG Weidemilch organisiert auch mehrtägige Exkursionen. So reisten wir nach England, um uns unter anderem von Johnny Rider, dem Weidepapst von England, Tipps zum Weiden bei trockenen Bedingungen und zur muttergebundenen Aufzucht zu holen. Wir besuchten unsere Mitglieder in Bayern und im Allgäu, wo wir uns auch zur deutschen Landwirtschaftspolitik informieren konnten. Als nächstes steht eine Exkursion in den Norden an, und die Reise nach Neuseeland im Novem-ber 2015 ist in Planung. Die IG Weidemilch sorgt nicht nur für die Weiterbildung ihrer Mitglieder, sondern engagiert sich auch bei der Förderung des Ansehens der Weidemilch und vertritt die Interessen der Vollweide-Milchproduzenten mit saisonaler Abkalbung sowohl politisch wie auch wirtschaftlich. Auf eine offe-ne Zusammenarbeit mit verwandten Organisationen legt die IG Weidemilch ebenso Wert wie auf die gemeinsame Beschaffung von Produktions-Hilfsmitteln.

Website Die IG Weidemilch betreibt eine Homepage (www.weidemilch.ch) auf welcher Informationen rund ums Weiden und zur saisonalen Abkalbung zu finden sind. Natürlich sind auch die Programme der Tagungen und Reisen sowie die Präsentation der aktuellen Weide-Genetik online. Referate und Berichte der Tagungen sind jeweils im Internen Bereich abgelegt und nur für Mitglieder zugänglich.

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Milchproduktion mit Wiesenfutter als alleinige Futtergrundlage: Futterbau- und Herdenmanagement eines Vollweidebetriebes

S. Ineichen, P. Thomet

Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, Schweiz

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Dieser Beitrag soll illustrieren, wie der Vollweidebetrieb von Markus und Lucia Bühlmann aus Ro-thenburg bei Luzern mit rund 60 Kühen auf 32 ha Land inklusive eigener Aufzucht jährlich über 300 t Milch produziert und Durchschnittsleistungen von 6‘000 kg ECM/Kuh und Laktation erreicht. Eine Ergänzungsfütterung findet einzig in der Wintersaison bzw. im Frühling zu Beginn der Lakta-tion und im Herbst statt. Jedoch ausschliesslich mit konserviertem Wiesenfutter. Auf die Gabe von Kraftfutter und Mais wird vollständig verzichtet. Anhand dieses einzigartigen Betriebes kann aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten im Rahmen einer graslandbasierten Milchproduktion im Schweizer Mittelland bestehen. Im Folgenden wird dokumentiert, wie über die Kopplung des Laktations- und des Graswachstumsverlaufs, einem kon-sequenten Weidemanagement und der Züchtung einer systemangepassten Kuh eine wirtschaftlich hohe Betriebsleistung erreicht werden kann.

Ausgangslage In den vergangenen Jahrzehnten hat in der Milchproduktion eine intensive Züchtung auf hohe Ein-zeltierleistungen stattgefunden. Als Resultat entstand eine grossrahmige und schwere Kuh, die mit Wiesenfutter als alleiniger Futtergrundlage ihren Nährstoffbedarf für Erhaltung und Milchproduktion nicht decken kann. Damit konkurriert diese Kuh die menschliche Ernährung über die Fütterung von Getreide in Form von Kraftfutter. Aus physiologisch-metabolischer Sichtweise zeigt diese Kuh kaum eine Flexibilität auf ein variables Futterangebot in Menge und Nährstoffgehalten, wie dies im Weide bzw. Grünfutter üblich ist. Eine graslandbasierte Milchproduktion in Kombination mit einem Vollweidebetrieb setzt somit idealerweise auf eine Kuhgenetik, welche die oben genannten Nach-teile nicht aufweist.

Anpassung des Kuhtyps auf dem Betrieb Bühlmann Im Vollweidebetrieb Bühlmann wurde die Brown-Swiss-Herde mit ehemaligen Hochleistungskühen auf eine neuseeländische Genetik bestehend aus Neuseeländischen Holstein, Jersey und Kiwi-cross umgestellt. Das Herdengewicht liegt zurzeit im Durchschnitt bei rund 510 kg Lebendge-wicht/Kuh und wird sich aufgrund des Einsatzes der obengenannten Genetik in den nächsten Jah-ren bei rund 480 kg stabilisieren. Gleichzeitig wird dabei eine Erhöhung der aktuellen Milchleistung von ca. 5‘600 kg auf 6‘000 kg mit 4.4 % Fett und 3.6 % Protein angestrebt. Mit den angestrebten acht Prozent Milchinhaltsstoffen (Fett und Protein) ergibt sich rechnerisch eine Menge, die dem Lebengwicht der Kuh entspricht. Zum Vergleich: Eine Kuhherde mit durchschnittlich 750 kg schwe-ren grossrahmigen Kühen müsste bei gleicher Effizienz eine Leistung von 10‘000 kg ECM/Kuh/Jahr erbringen. Aufgrund der Blockabkalbung im Februar und März findet die Besamung der Herde in einem be-grenzten Zeitfenster vom 28. April bis zum 10. Juli statt. Bei der Stierenauswahl wird vorwiegend auf die Zuchtwerte Fruchtbarkeit, Zellzahl und Langlebigkeit geachtet. In einer ersten 24tägigen Phase werden dabei ausschliesslich Neuseeländische Holstein, Jersey und Kiwicross durch künst-liche Besamung eingesetzt. Nachher läuft bis Ende Juli ein Angusstier in der Herde mit. Der Be-samungsindex beläuft sich auf einen Wert von 1.3. Mit dieser Zuchtstrategie werden unterschiedli-che Ziele verfolgt. Weil die Remontierungsrate vergleichsweise tief ist, wird über den Verkauf der Kälber mit 50 % Angusgenetik ein höherer Preis erzielt. Dies gilt insbesondere für die männlichen Kälber. Des Weiteren entsteht eine intensivere Selektion auf das Merkmal Fruchtbarkeit. Nur Kü-he, welche während der ersten Besamungsperiode trächtig werden, können weibliche Nachkom-men für die Weiterzucht erzeugen. Die rund drei Wochen tiefere Trächtigkeitsdauer der Angusge-netik führt zu einer Reduktion der Zwischenkalbezeit und trägt zur optimalen Terminierung der Blo-ckabkalbung im Folgejahr bei. Die Remontierungsrate beträgt etwas mehr als 20 %, was 13 Re-

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monten pro Jahr mit einem Erstkalbealter von 24 Monaten entspricht. Diese werden vorwiegend mit Kiwicross besamt, um leichte Geburten zu fördern. Die Eingliederung der Remonten während der ersten Besamungsperiode bewirkt ein generell besseres Wahrnehmen der brünstigen Kühe in der Herde. Nach der Besamungsperiode werden die Remonten während rund 100 Tagen gealpt und weiden anschliessend im Herbst auf hofentfernten Parzellen. Die Eingliederung in die Herde erfolgt nach Vegetationsende im November. Diverse Betriebsparameter und Effizienzkennzahlen sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Die Berechnungen sind inklusive Aufzucht zu interpretieren. Da der Betrieb Mitglied der Vereinigung Europäischer Milchproduzenten (EDF) ist, steht ein Vergleich zur nationalen bzw. europäischen Gruppe zur Verfügung (Tab. 1).

Tab. 1: Betriebsdaten und Effizienzparameter des Vollweidebetriebes Bühlmann im Vergleich zur nationalen und europäischen EDF*-Vergleichsgruppe des Jahres 2013.

Betrieb Bühlmann EDF-Gruppe CH

EDF-Gruppe EU

Landwirtschaftliche Nutzfläche (ha) 32 47 1320 Pachtland (%) 6 44 53 Standardfamilienarbeitskraft 1 1.2 1.6 Angestellt, Lohnarbeit 2 1.3 16.6 Herdengrösse (Milchkühe) 58 73 253 Milchproduktion (t ECM/Jahr) 329 603 2098 Vermarktete Milch (t ECM/Jahr) 292 574 2049 ECM pro Kuh 5 667 8 061 8485 % Fett 4.40 4.35 4.07 % Protein 3.60 3.47 3.39 Grünland (ha) 32 39 179 Dauergrünland (%) 97 56 39 Bestockungsrate (Kuh/ha Grünland) 1.84 1.9 ** Flächenproduktivität (kg ECM/ ha) 10435 15617 14002 Arbeitsbedarf (h/Kuh und Jahr) 46 72 63 Arbeitsproduktivität (kg ECM/h) 124 118 198 Erstkalbealter (Monat) 24.00 26.4 26.1 Zwischenkalbeintervall (Tage) 370 389 406 Remontierungsrate (%) 26 24 29 Lebensleistung (pro Kuh) *** 36752 28952 Kälberverluste (%) 3 6 12 g Kraftfutter/kg ECM 108 121 316 Milchpreis (EUR/kg ECM) 0.50 0.51 0.36 Schlachtkuherlös (EUR/kg Lebendgewicht) 0.15 1.98 1.29 Kälberpreis (nur männliche) (EUR/Kalb) 388 423 158

* EDF: European Dairy Farmers, Vereinigung Europäischer Milchproduzenten, http://www.dairyfarmer.net/ **Keine detaillierten Berechnungen vorhanden. Weideanteil fehlend. ***Noch keine statistische Auswertung vorhanden. Die Datenaufzeichnung hat erst im Jahr 2013 begonnen.

Möglichst viel Weide in der Jahresration Für den auf rund 540 m.ü.M. in der Talzone gelegenen Betrieb findet Ende April/anfangs Mai das höchste Graswachstum von über 100 kg TS/ha und Tag statt. Das ist etwa 10 Wochen nach dem mittleren Abkalbezeitpunkt um Mitte Februar und kommt somit in die Phase der grössten Futter-aufnahmekapazität zu liegen. Die Weidesaison dauert in der Regel von Mitte März bis Mitte No-vember. Die Melkpause findet im Dezember und Januar statt. Während dieser Zeit wird Ökoheu (Bodenheu) zur freien Verfügung bereitgestellt. Von der Abkalbung bis Ende März besteht die Ra-tion aus Grassilage (50 %), Emd (40 %) und Heu (10 %) oder wird von Mitte bis anfangs April er-gänzend zur Weide gefüttert. Während dieser Zeit findet nur eine Tagesweide statt. Ab April bis Oktober besteht die Ration zu 100% aus Weidegras. Die Kühe kommen nur zum Melken in den Stall, ausser an heissen dient der Stall als Schatten- und Liegeplatz. Durch den Anbau von Stop-pelrüben ab Ende August und die Zufütterung von Grassilage, wird ab Oktober die Weideration ergänzt, um die Weidesaison auszudehnen. Anzumerken ist, dass die hochwertige Grassilage des ersten Schnittes ausschliesslich in der Startphase gefüttert wird. In früheren Jahren wurden pro

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Kuh und Jahr noch Kraftfuttermengen von wenigen Hundert Kilogramm verfüttert. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Kühe gleich viel Milch produzieren mit oder ohne Kraftfutter. Entsprechend wurde dieser Kostenfaktor seit zwei Jahren eliminiert.

Weidemanagement ist das A und O Mit einem Ziel von 90 % Milch aus Weidegras, bedarf es einem optimierten Weidemanagement. Die Weidefläche für die Kühe beträgt 19 ha und ist in 17 rund 1 bis 1.5 ha grosse Koppeln unter-teilt. Die Weidefläche ist vollständig arrondiert. Auf weiter entfernten Parzellen findet die Futterkon-servierung für die Winterfütterung (Grassilage und Dürrfutter) statt. Im Sommer dauert der Umtrieb gut 20 Tage. Der stets hohe Weidedruck bzw. die hohe Besatzstärke ist zentral für die erfolgreiche Weideführung. Deshalb wird regelmässig die Höhe der Grasnarbe mittels „Rising Plate Meter“ ge-messen. Alle 10 Tage wird standardmässig ein „Farm-Walk“ durchgeführt und die Grashöhe auf jeder Parzelle ermittelt, protokolliert und als Grundlage für die Weideeinteilungen (Zuteilungen zu den Parzellen) verwendet. Im Frühling erfolgt der Eintritt in die Weide bei 7 cm, im Sommer bei 8 cm und im Herbst bei 9 cm komprimierter Grashöhe. Die Parzelle wird bei einer Höhe von 3.5 cm verlassen (7 clic RPM), was einer verbleibenden Biomasse von rund 1480 kg Trockenmasse ent-spricht. Pro 0.5 cm Aufwuchshöhe über 3.5 cm können zusätzliche 140 kg TM angerechnet wer-den. Übersteigt die gemessene Höhe der Grasnarbe den saisonalen Richtwert von 7, 8 oder 9 cm, wird die Parzelle nicht geweidet sondern das Futter wird konserviert. Damit wird die Verdaulichkeit des Weidegrases stets in einem sehr hohen Bereich mit Energiegehalten von über 7 MJ/NEL/kg TM gehalten. Der durchschnittliche Flächenbedarf pro Kuh (= Besatzstärke) beträgt im Frühling 20 a, im Sommer 25 a und 30 a im Herbst. Wenn eine Parzelle im späten Frühjahr zu hoch aufge-wachsen ist (deutlich über 18 clic RPM) und noch keine geeignete nachgewachsen Koppel zu Ver-fügung steht, wird das Weidegras. Die auf der Weide breit abgelegten Schwaden mit leicht ange-welktem Futter werden dann von der Weideherde sehr gerne und vollständig aufgenommen. Die-ses Vorgehen gewährleistet eine relativ verlustfreie Konvertierung von zu hohem Weidegras in Milch. Bei direkter Beweidung wären die Futterverluste zu hoch und es müsste nachgemäht wer-den, um eine Austrittshöhe von 3.5 cm zu gewährleisten. Wenn während dem Sommer die Kühe am Morgen auf einer Parzelle grasen und hitzebedingt am Nachmittag im Stall sind, so wird am Abend nicht zwingend auf der gleichen Parzelle wie am Morgen geweidet. Der Grund liegt darin, dass während der Sommermonate die Kühe in der Nacht ca. 2/3 des Gesamttagesverzehrs von rund 18 kg TS aufnehmen. Entsprechend ist es wichtig, eine genügend grosse Biomasse auf der Parzelle bereitzustellen. Die Austrittshöhe von nur 3.5 cm übernutzt den Pflanzenbestand nicht, wie eventuell angenommen werden könnte. Im Gegenteil erscheint die hohe Nutzungsintensität die erwünschten Pflanzen wie Englisch Raigras, Wiesenrispengras oder Weissklee zu fördern. Die dominanten Gräser sind hauptsächlich Englisches Raigras (Lolium perenne) und Wiesenris-pengras (Poa pratensis). Zu einem geringeren Anteil ist Weissklee (Trifolium repens) vorhanden, der wegen seiner Dominanz im Herbst und der Gefahr der Pansenblähung nicht mehr als 10 – 20 % des Bestandes einnehmen soll. Der Grasbestand wird jährlich qualitativ aufgefrischt, indem ca. drei Parzellen übersät werden. Der durchschnittliche Ertrag der Weideflächen beläuft sich auf rund 135 dt TM/ha und Jahr. Dieser ist mitunter auf die besonderen Umstände der Düngung zurückzu-führen. Die jährliche Nährstoffzufuhr der Futterflächen ist hoch, erfüllt jedoch die Bedingungen des Ökologischen Leistungsnachweises für die Direktzahlungen: 107 P2O5 322 K2O, 161 N (kg/ha). Rund 60 Einheiten N werden über mineralischen Dünger verabreicht. Der Rest ist Vollgülle, die zu einem grossen Anteil aus Schweinegülle besteht. Die Schweinegülle stammt aus der Produktion von Absetzferkeln, dem zweiten Standbein des Betriebes. Die an Nährstoffen hochwertige Gülle trägt somit wesentlich zur hohen Ertragsbildung der Weiden bei.

Wirtschaftlichkeit ist sehr hoch Der Betrieb Bühlmann lag im diesjährigen internationalen Wirtschaftlichkeitsvergleich von 289 EDF-Mitgliedern an 12. Stelle (Tab. 2). Unter Berücksichtigung des hohen Kostenumfeldes in der Schweiz ist das sehr gut. Die Vollweidestrategie des Betriebes Bühlmann erweist sich als ökono-misch äusserst interessant. Dieser Betrieb zeigt, dass es produktionstechnisch möglich ist, die Milch ausschliesslich mit dem betriebseigenen Grünlandvollständig auf die Veredelung von Gras-land zu Milch zu setzen. Die Erfolgsgrössen sind hohe Flächenleistung, Direktveredelung des Grünlandes, Minimierung der Futterkonservierung, hohe Arbeitsproduktivität, tiefe Arbeitsbelas-tung, Verzicht auf Eigenmechanisierung.

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Abschliessend lassen sich folgende Punkte zusammenfassen, welche für den Erfolg einer weide-basierten Milchproduktion elementar sind:

Herdenmanagement: Die Zucht einer genetisch an das Vollweidesystem angepassten, langlebigen und fruchtbaren Kuh.

Weidemanagement: Die regelmässige Messung der Grashöhe der einzelnen Weideflächen und somit indirekt der Qualität.

Zuteilung der Weideflächen, welche ausschliesslich die erforderte Qualität des Wiesenfut-ters aufweisen.

Eine dem hohen Ertragspotential des Grünlandes angepasste Düngung, sowie eine Len-kung der Bestandeszusammensetzung durch regelmässige Nachsaaten.

Tab. 2: Ökonomische Leistung des Vollweidebetriebe Bühlmann mit dem europäischen EDF-Durschnitt (inkl. Schweiz) für das Jahr 2013 – Ein Produktionskostenvergleich. Bezogen auf den Unternehmensgewinn rangiert dieser Betrieb auf Platz 12 von insgesamt 289 EDF-Milchviehbetrieben.

Angaben in EUR/100 kg ECM Betrieb

BühlmannEDF-

Durchschnitt Diffe-renz

Gesamteinnahmen 71.1 43.9 27.2 Davon: Milcherlös 49.9 36.5 13.2

Gesamtkosten 62.9 49.3 13.7 Direkte Kosten 10.3 19.6 -9.3 Arbeitsbezogene Kosten 29.6 18.5 11.0 Gebäudekosten 11.2 5.6 5.6 Landkosten 10.9 3.2 7.7 Andere Kosten 1.0 1.9 -1.0 Kontingentskosten 0.0 0.4 -0.4

Familieneinkommen (ex.decoup.paym.) 34.0 6.4 27.5 Unternehmensgewinn (ex.decoup.paym.) 8.2 -5.4 13.5 BEP II* (ohne Kontingentskosten) 41.5 41.4 0.1 Arbeitseinkommen (EUR/h) 31.5 8.3 23.2 *Break even point II

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Standardmischungen für die Weidenutzung mit AGFF-Gütezeichen

E. Mosimann, R. Frick, D. Suter

Agroscope und AGFF, Schweiz

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Einleitung und Problemstellung In der Schweiz werden für Neuanlagen von Wiesen und Weiden Mischungen von Gräsern und Leguminosen verwendet. Seit der ersten Veröffentlichung der Standardmischungsrezepte im Jahre 1955 werden diese durch Agroscope stets ajour gehalten (SUTER et al., 2012). Die Schweizer Sa-menhandelsfirmen vermarkten diese mit dem AGFF-Gütezeichen. Das wachsende Interesse an der Weidewirtschaft macht die Entwicklung von speziell an diese Nutzungsform angepassten Mi-schungen notwendig, welche zudem den unterschiedlichen Umweltbedingungen gerecht werden. Die durch die Tierhalter gemachten Beobachtungen ermöglichen es, die Art- und Sortenwahl, aber auch zu bewerkstelligende Anpassungen der Mischungen zu erwägen.

Ziele Bei einer Neuanlage einer Weide sind die Erfolgs-chancen umso besser, je gleichmässiger der Schlag und je trittfester der Boden ist (siehe Bild nebenan). Folgende Ziele sind zu erreichen: eine ausgewogene botanische Zusammen-

setzung (20 bis 40 % Klee und 60 bis 80 % Gräser);

gehaltvolles und schmackhaftes Futter (Zucht-sorten);

eine dichte Grasnarbe (Trittfestigkeit); eine gleichmässige Produktion während der

Vegetationsperiode (Nutzungselastizität); eine nachhaltig stabile Produktion (Ausdauer).

Weidefähige Arten Mehrere ausgewählte Arten finden Verwendung bei der Zusammenstellung der Mischungen. Gräser. Das Englische Raigras (Lolium perenne) ist der „Formel 1“ für die Weide. Wegen seiner schwachen Toleranz gegenüber harten Wintern und Trockenheit setzt man dieses aber zusammen mit anderen, widerstandsfähigeren Gräsern ein. Das Wiesenrispengras (Poa pratensis), der Rot-schwingel (Festuca rubra), das Fioringras (Agrostis gigantea) und das Kammgras (Cynosurus cris-tatus) gewährleisten eine gute Narbendichte. Das Timothe (Phleum pratense) und der Wiesen-fuchsschwanz (Alopecurus pratensis) eignen sich für feuchte Bedingungen, der Rohrschwingel (Festuca arundinacea) und das Knaulgras (Dactylis glomerata) für trockene Bedingungen. Leguminosen. Der Weissklee (Trifolium repens) ist gut an Weide angepasst. Der Schotenklee (Lo-tus corniculatus) bläht nicht. Er bietet sich jedoch bei einer hohen Stickstoffdüngung nicht an. Die Luzerne (Medicago sativa) und der Rotklee (Trifolium pratense) werden im Sommer vom Vieh gut aufgenommen. Andere Pflanzen. Andere in Dauerweiden vorhandene Arten können das Spektrum der Mineral-stoffe und Sekundärmetaboliten des Futters bereichern. Die Zichorie (Cichorium intybus) ist bei Trockenheit dank ihrer Pfahlwurzel noch produktiv. Der Spitzwegerich (Plantago lanceolata) birgt Interesse in bezug auf seine antibiotischen Eigenschaften und seine gute Produktion bei trockenen Bedingungen (STEWART, 1996). Schliesslich, sollte die Kombination von Pflanzen unterschiedlicher funktioneller Typen zu einer besseren Stabilität des Pflanzenbestandes beitragen (KÜCHENMEIS-

TER, 2012).

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Weidefähige Sorten Die Sortenwahl beeinflusst das botanische Gleichgewicht und den Ertrag der Mischungen. Gräser. Die tetraploiden, spätreifen Sorten des Englischen Raigrases sind am besten an die Weide angepasst. In für diese Art ungünstigen Lagen (langdauernde Schneedecke, Trockenheit), ist es angezeigt dieser eine diploide, frühreifere Sorte beizustellen. Die Züchtung von Sorten des Rohr-schwingels mit feineren Blättern erlaubt es, mehrere Sorten für die Weidenutzung zu empfehlen (SUTER et al., 2009). Leguminosen. Die Kombination einer klein- bis mittelblättrigen Sorte (1/3 Anteil) mit einer gross-blättrigen Sorten (2/3) gewährleistet einen ausgewogenen Weisskleeanteil in intensiv genutzten Weiden (MOSIMANN, 2002). BOLLER et al. (2012) haben die an die Weide angepasste Rotkleesorte ‘Pastor’ gezüchtet. Verglichen mit dem Weissklee sollte Pastor unter trockenen Bedingungen und bei geringer Stickstoffzufuhr (Biolandbau) in Weiden eine ausgewogene botanische Zusammen-setzung sichern.

Standardmischungen Tabelle 1 zeigt die Zusammensetzung der für Weideanlagen empfohlenen Standardmischungen (SM). Sie sind nach der Nutzungsdauer und dem Wasserhaushalt gegliedert. Obwohl für weniger als drei Jahre konzipierte Mischungen und weitere längerdauernde Mischungen oft im Herbst be-weidet werden, wird auf eine Aufführung derselben in der Tabelle verzichtet. Das Italienische Rai-gras (Lolium multiflorum) und der Fuchsschwanz, die in solchen Mischungen enthalten sind, haben beispielsweise im Herbst blattreiche Aufwüchse die gut vom Vieh aufgenommen werden.

Tab. 1: Standardmischungen für die Weidenutzung (SUTER et al., 2012)

Art/Sortentyp

Nutzungs-dauer

Dreijährige Mischungen Längerdauernde Mischungen

Wasser-haushalt

trocken < ----- > frisch trocken < ----- ----- > frisch >900 m

Mischung SM 325 SM 330 SM 340 SM 462 SM 430 SM 440 SM 460 SM 480 SM 481

Luzerne 150 -- -- -- -- -- -- -- -- Ackerklee 2n (Rotklee) -- 20 20 -- 10 10 -- -- -- Weissklee, grossblättrig 20 25 20 25 25 20 20 20 -- Weissklee, kleinblättrig 10 15 10 15 15 10 10 10 30 Schotenklee -- -- -- -- -- -- -- -- 50 Knaulgras, spätreif 60 55 -- -- 50 -- -- -- -- Timothe -- 25 40 -- 30 30 40 30 20 Englisches Raigras, frühreif -- 30 -- 30 50 50 80 50 30 Englisches Raigras -- 40 80 -- 50 50 80 50 -- Wiesenrispengras -- -- -- 100 100 100 100 100 100 Rotschwingel -- -- 40 -- 30 50 - 50 60 Wiesenschwingel -- 120 120 -- -- -- -- -- 80 Rohrschwingel 120 -- -- 150 -- -- -- -- -- Fioringras -- -- -- -- -- -- -- 50 40 Kammgras -- -- -- -- -- -- -- 50 50 Total [g/Are] 360 330 330 320 360 320 330 410 460

Dreijährige Mischungen Die für eine Anbaudauer von drei Jahren bestimmten Mischungen eignen sich für Mähnutzung und können beweidet werden, wenn der Leguminosenanteil weniger als 50 % beträgt. Die SM 330 deckt eine breite Palette von Bedingungen ab und hat deshalb in der Praxis viel Erfolg. Das Knaul-gras verleiht ihm eine gute Eignung, noch unter trockenen Bedingungen einen Ertrag zu bilden. Es bietet jedoch Probleme bei der Weide, wenn sein Anteil zu hoch ist. Für frischere, für das Engli-sche Raigras geeignete Lagen bietet die SM 340 botanisch ausgewogene Bestände. Schliesslich, die für trockene Gebiete vorgesehene SM 325. Die für diese Luzerne-Gras-Mischung empfohlene Nutzungsstrategie ist häufige Mahd im ersten Hauptnutzungsjahr (Silagebereitung anfangs Mai) später gefolgt von Weidenutzung. Dieses intensive Regime führt zu einer Ablösung der Luzerne durch den Weissklee und zu einer fortschreitenden Zunahme des Grasanteils.

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Längerdauernde Mischungen Rasenbildende Gräser. Alle längerdauernden Mischungen enthalten das Wiesenrispengras (siehe Bild nebenan), wel-ches eine gute Narbendichte und eine ausgewogene Produk-tion während des Jahres sichert. Andere Gräser besitzen ähn-liche Eigenschaften. Bereits 1955 wurden das Kammgras und das Fioringras für Daueranlagen verwendet. Die grüne Revo-lution der 1970er Jahre war von einer Intensivierung des Fut-terbaues und einem Desinteresse an diesen Arten begleitet. Seit 1988 erscheinen sie erneut in den Standardmischungen, speziell für die Saat in höheren Lagen. Heute ist das Augen-

merk auf diese ‘Begleitarten’ gerichtet, wegen ihrer Rolle bei der Trockenheitstoleranz von Wiesen und Weiden (MARIOTTE et al., 2013). Trockenheit. Mit der Anhäufung trockener Sommer, speziell seit dem Sommer 2003, steigt die Nachfrage nach trockenheitstoleranten Mischungen, vor allem in der Westschweiz, stetig an. Die Standardmischung 462, mit Rohrschwingel, wurde konzipiert, diesem Anspruch gerecht zu wer-den. In Versuchen die in mit Mastrindern in einer der Praxis entsprechenden Skala durchgeführt wurden, wurde dies Mischung der SM 460 gegenübergestellt (MOSIMANN et al., 2010). Die Ergebnisse zeigten insbesondere, dass beide Mischungen identische tierische Leistungen er-möglichen (SCHMIED et al., 2008).

Erwartungen aus der Praxis Das Meistern des Aufwuchses im Frühling ist eine wichtige Herausforderung für die Praktiker. Eine grundsätzliche Massnahme ist, die Vegetation vor dem Winter fausthoch werden zu lassen (LOB-

SIGER et al., 2005). Um von der hervorragenden Futterqualität anfangs der Saison profitieren zu können, haben die idealen Gräser eine rasche Entwicklung der Blattmasse und ein spätes Rispen- bzw. Ährenschieben. Ausserdem sollten sie nicht mehrmals im Jahr Blütestände bilden. Der Futtermangel im Sommer ist das wichtigste Problem, wenn wenig Niederschlag fällt. Nur die Wahl einer an die Trockenheit angepassten Mischung garantiert den Erfolg nicht. Die Fragen, die in diesem Zusammenhang gestellt werden, betreffen auch die optimale Ruhezeit der Weideflä-chen. Die Verwendung von C4-Gräsern oder anderen Pflanzen beispielsweise aus dem Mittel-meerraum wird in der Entwicklung von einjährigen Mischungen in Betracht gezogen. Die Wirkung der Bewässerung ist bei Wiesen und Weiden besser als bei Mais (MOSIMANN et al., 2014). Bewässerung wird auch bei Weiden mit Erfolg angewandt, wie beispielsweise auf dem Be-trieb von Susanne Käch und Joss Pitt in Gampelen (KÄCH et al., 2014). Versuche, die auf einer Bergweide durchgeführt worden sind, zeigen, dass die Bestände trockenheitsempfindlicher sind, wenn sie häufig geweidet werden im Vergleich zur weniger häufigen Mahd (DELÉGLISE et al., 2014). Die Tiergesundheit und die Qualität der Milch oder des Fleisches sind Argumente für welche die Verbraucher bereit sind, einen entsprechenden Preis zu zahlen. (RÉVIRON et al., 2008). Die positi-ven Effekte der vielfältigen Flora der Dauerweiden auf den Geschmack Käses, ja sogar auf die Gesundheit der Leute sind anerkannt (LEIBER, 2011). Die Verwendung von Samen von Kräutern in Mischungen ist noch wenig erkundet, aber sie regt Diskussionen an. Auf der einen Seite interes-siert man sich für die Rolle von Sekundärmetaboliten, beispielsweise der kondensierten Tannine des Schotenklees oder der Zichorie (ARRIGO, 2012). Der Sortenverband Gruyère, auf der anderen Seite, befürchtet eine negative Wirkung der Zichorie auf die Käsequalität. Die Abnahme der Ertragsleistung mit zunehmender Nutzungsdauer bei Mischungen für längere Dauer ist bekannt. Mit der strategischen Anlage von betriebsnahen Dauerweiden ist dieses Phä-nomen ein wichtiges Problem geworden. Die Übersaat mit spezifischen Übersaatmischungen (SU-

TER et al., 2012), Massnahmen zur Regeneration der Flora durch Versamung (HUGUENIN-ELIE, 2008), die Düngung und die Nutzungsintensität sind die Hebel, welche es ermöglichen, die Alte-rung der Weiden zu verzögern. In zahlreichen Regionen wird ein besonderes Augenmerk auf kom-plexe Mischungen gelegt, ja sogar auf Saatgut von Pflanzen aus der Region wegen ihrer besseren Anpassung an die Umweltfaktoren.

Schlussfolgerungen Obwohl der Anbau von Mischungen in der Schweiz gut verankert ist, werden weiterhin Fortent-wicklungen erwartet, um den Bedürfnissen der Praxis zu entsprechen. Die Spezialisierung der

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Viehhaltung könnte einerseits die Fleischproduktion auf für drei Nutzungsjahre angelegte und in die Fruchtfolge integrierte Weiden lenken. Andererseits könnte sich die Milchproduktion auf Wei-deanlagen mit ausdauernden Samenmischungen stützen. Die Vielfalt der klimatischen Bedingun-gen des Landes ist ein Umstand, dem es gerecht zu werden gilt, wenn es um die Wahl der Futter-pflanzen geht. Dieser Heterogenität von Umweltfaktoren und Betriebsbedingungen kann nur durch eine breite Palette reichhaltiger Mischungen begegnet werden.

Literatur ARRIGO, Y. (2012): Bestimmter und geschätzter Futterwert von Zichorie, Hornklee und Esparsette. Agrarfor-

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Mischungseffekte unter unterschiedlichen Bedingungen

O. Huguenin-Elie1, R.P. Collins2, N.J. Hoekstra3, D. Hofer1, S. Husse1, D. Suter1, M. Suter1, A. Lüscher1

1Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften, Schweiz 2Aberystwyth University, IBERS, UK

3Teagasc, Environment Research Centre, Ireland

[email protected]

Zusammenfassung In Mähwiesen führen die Wechselwirkungen zwischen Pflanzenarten mit unterschiedlichen funk-tionellen Merkmalen, besonders zwischen Klee- und Grasarten, zu einem Ertragsvorteil der Misch-bestände im Vergleich zu Reinbeständen. Um diese positiven Mischungseffekte im produktiven Futterbau optimal nutzen zu können, untersuchen wir die Mischungseffekte verschiedener Kombi-nationen von Futterpflanzen unter unterschiedlichen Bedingungen. Nach einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse früherer Versuche unter intensiver Bewirtschaftung, stellt dieser Artikel erste Ergebnisse über die Leistung von Mischbeständen unter Beweidung beziehungsweise Som-mertrockenheit vor. Der Anbau von Mischungen, die gezielt aus aufeinander abgestimmten funk-tionellen Gruppen zusammengesetzt sind, erweist sich als eine vielversprechende Strategie für eine effiziente Futterproduktion auf Mähwiesen und Weiden. Zudem ermöglicht eine solches Vor-gehen, die Produktionskapazität auch unter künftig zu erwartender vermehrter Sommertrockenheit aufrechtzuerhalten.

Einleitung und Problemstellung Die agronomischen Vorteile von Gras-Leguminosen Mischungen gegenüber Gras-Monokulturen wurden schon früh erkannt (SANDERSON et al., 2004) und werden in einzelnen Regionen mit inten-siver Landwirtschaft erfolgreich genutzt (e.g. FRANKOW-LINDBERG, 2005; KESSLER und SUTER, 2005). In der Vergangenheit haben aber die Einfachheit der Bewirtschaftung von Gras-Monokulturen und der niedrige Preis von mineralischem Stickstoff (N) zu einer geringen Verbrei-tung dieser Strategie geführt. Mit der zunehmenden Bedeutung der Nachhaltigkeit von Produk-tionssystemen und der entsprechenden Entwicklung der Agrarumweltprogramme stösst das gros-se Potential von Mischbeständen im Futterbau auf steigendes Interesse (ROCHON et al., 2004). Mit Mischungen, welche relativ wenig, jedoch gut aufeinander abgestimmten Arten enthalten, können grosse Ertragsvorteile gegenüber Reinkulturen erzielt werden (NYFELER et al., 2009; FINN et al., 2013). Dazu zeigen Klee-Gras-Mischungen mit einem ausgeglichenen Klee-Gras Verhältnis eine optimale Ertragswirkung der symbiotischen N2-Fixierung. Solche Mischungen erlauben es, die vol-le Fixierungsleistung des Klees zu nutzen, ohne die Effizienz in der Aufnahme von verfügbarem N im Boden zu reduzieren (NYFELER et al., 2011). In einem Feldversuch mit intensiv bewirtschafteten Mähwiesen, welcher an 31 Standorten über einen grossen Klimabereich von Süd- bis Nordeuropa durchgeführt wurde, übertraf der Ertrag von Gras-Klee-Mischbeständen mit vier ertragreichen Ar-ten den Durchschnittsertrag der jeweiligen Reinkulturen an fast allen Standorten. An 60 % der Standorte lag er sogar höher als die beste Reinkultur (FINN et al., 2013). Dieser positive Mi-schungseffekt war somit über einen grossen Bereich von Standortbedingungen konsistent. Dabei spielten nicht nur die Interaktionen zwischen Klee- und Grasarten eine wichtige Rolle, sondern auch die Interaktionen zwischen Arten mit einer unterschiedlichen zeitlichen Entwicklung. Zudem war der Ertragsvorteil der Mischungen auch über eine breite Variation der Ertragsanteile der ein-zelnen Arten robust. Diese Ergebnisse zeigen, wie flexibel die Anwendung der positiven Mi-schungseffekte für den produktiven Futterbau sein kann. Offene Fragen bestehen jedoch bezüglich des Umfangs der Mischungsvorteile bei Weidenutzung sowie in Situationen mit Sommertrocken-heiten, wie sie infolge des Klimawandels vorausgesagt werden. Deutsch’ Weidelgras-Weissklee Mischungen werden in vielen Weidesystemen genutzt und sind unter Beweidung ertragreich im Vergleich zu anderen zwei-Arten-Mischungen (KLEEN et al., 2011). Wie hoch der Ertragsvorteil oder -nachteil von auf Klee und Gras basierten Mischungen gegenüber N-gedüngten Weidelgras-Reinkulturen ist, bleibt aber unklar (zusammengefasst in PEYRAUD et al., 2009). Dazu kommt, dass für beweidete Graslandflächen hohe Kleeanteile unter anderem wegen

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der Gefahr der Pansenblähung keine Anwendung finden können (CLARKE und REID, 1974). Im FP7 EU-Projekt MultiSward (www.multisward.eu) wurden die Mischungseffekte auf die Eträge von be-weideten Beständen mit ein bis vier Arten untersucht. Ein Teil der Ergebnisse wird hier zusam-mengefasst. Aufgrund des fortschreitenden Klimawandels wird erwartet, dass Sommertrockenheiten in Mittel-europa zukünftig häufiger auftreten als bisher (LEHNER et al., 2006), was zu einer Beeinträchtigung der graslandbasierten Futterproduktion führen kann (GILGEN und BUCHMANN, 2009). Dabei werden insbesondere für das intensiv bewirtschaftete Grasland mit seinen ertragsreichen und spezialisier-ten Arten hohe Ertragseinbussen sowie dadurch entstehende finanzielle Einbussen für den Land-wirt erwartet (FRINGER et al., 2013). Dies verlangt nach neuen Strategien in der Graslandbewirt-schaftung, wie beispielsweise eine Anpassung des Kunstfutterbaus an die veränderten klimati-schen Bedingungen. Welche Optionen können Mischbestände dabei anbieten? Diese Frage wird im FP7 EU-Projekt AnimalChange (www.animalchange.eu) untersucht, und erste Ergebnisse wer-den hier vorgestellt.

Material und Methoden

Mischungen unter Beweidung: Im Rahmen des Projektes MultiSward wurde die Produktivität von Mischbeständen unterschiedli-cher botanischer Zusammensetzung an zwei Standorten (Tänikon, Thurgau, CH, und Aberystwyth, Wales, UK) während dreier Jahre unter Beweidung untersucht. In jeder Weideparzelle wurde eine Kleinparzelle ausgezäunt und zum Zeitpunk jedes Weidegangs gemähnt. Die für den Versuch ge-nutzten Arten beziehungsweise funktionellen Gruppen sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Der Aufbau des Versuches kann Tabelle 2 entnommen werden. Die Beweidung mit Rindern in Tänikon respektive mit Schafen in Aberystwyth wurde als intensive Umtriebsweide geführt. Alle Bestandes-typen wurden gleichzeitg bestossen (2 Tiere pro Parzelle; Prazellen von 472 m2 in CH und von 49 m2 in UK) und die Besatzzeit (2-3 Tage) wurde an das Futterangebot angepasst. Der Versuch war in drei Wiederholungen angelegt. Alle Verfahren wurden mit 150 kg N ha-1 Jahr-1 mineralisch ge-düngt (Norm; entspricht der schweizerischen Empfehlung für die Düngung von Grass-Klee Be-ständen), ausser das Verfahren Lp_HN (Tab. 2) das mit 300 (UK), bzw. 350 (CH) kg N ha-1 Jahr-1 gedüngt wurde. Die Biomasseproduktion der beweideten Parzellen wurde anhand von Biomasse-messungen zu Beginn und am Ende der Besatzzeit gemessen.

Tab. 1: Funktionelle Gruppen und Pflanzenarten, die für die Anlage der Bestandestypen verwen-det wurden.

Flachwurzelnde Arten Tiefewurzelnde Arten

Nicht stickstofffixierend Deutsches Weidelgras (Lolium perenne L.)

Zichorie (Cichorium intybus L.; CH) oder Rohrschwingel (Festuca arundinaceae Schreber; UK)

Stickstofffixierend Weissklee (Trifolium repens L.) Rotklee (Trifolium pratense L., speziell weidetolerante Sorte „Pastor“)

Tab. 2: Relative Anteile Deutschen Weidelgrases (Lp), Zichorie (Ci), Weissklees (Tr) und Rot-klees (Tp) in den Saatmischungen der fünf unterschiedlichen Bestandestypen.

Bestandestyp Lp Ci oder Fa Tr Tp N-Düngung Lp 1 0 0 0 Norm LpCi o. LpFa 2/3 1/3 0 0 Norm LpTrTp 2/3 0 1/6 1/6 Norm LpCiTrTp o. LpFaTrTp 1/2 1/6 1/6 1/6 Norm Lp_HN 1 0 0 0 hoch

Trockenresistenz von Mischungskomponenten: Für die Untersuchung der Trockenresistenz unterschiedlicher Mischungskomponenten wurden dieselben funktionellen Gruppen bzw. Arten wie für den Weideversuch auf dem schweizer Standort verwendet (Tab. 1). Die Reinkulturen dieser vier Arten (drei Wiederholungen) wurden an zwei Standorten (Tänikon, Thurgau, CH und Reckenholz, Zürich, CH) unter aktuellen klimatischen Be-

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diungen und unter einer 10-wöchigen Trockenperiode getestet. Sommertrockenheit wurde mit Hilfe von Regendächern simuliert. Während der Trockenperiode wurden zwei Aufwüchse geerntet und die Ergebnisse des zweiten Aufwuchses werden hier vorgestellt.

Ergebnisse und Diskussion

Mischungen unter Beweidung: Die Ertragsunterschiede zwischen den Bestandestypen (P < 0.05) waren an beiden Standorten ähnlich (Abb. 1). Über die drei Versuchsjahre produzierte der Reinbestand des Deutschen Wiedel-grases signifikant weniger Biomasse als die gleich gedüngten Mischbestände. Ob gemäht oder beweidet waren die mit 150 kg N ha-1 gedüngten Klee-Gras-Mischungen mindestens gleich pro-duktiv wie der stark gedüngte Weidelgras-Reinbestand (2012 in UK signifikant produktiver als Lp_HN). An den zwei relativ niederschlagsreichen Versuchsstandorten (ca. 1100 mm pro Jahr) haben die Kombinationen von Weidelgras mit einer tiefwurzelnden, nicht fixierenden Art (F. arun-dinacea oder C. intybus) zu keiner Ertragssteigerung im Vergleich zum Weidelgras-Reinbestand geführt. Es gab keinen Hinweis, dass die Mischungseffekte auf den Biomassertrag unter Bewei-dung kleiner sind als unter Schnittnutzung. Auf den Weiden sind hohe Kleeanteile wegen N-Verlustrisiken (WACHENDORF et al., 2004) und der Blähgefahr bei Wiederkäuern fütterungstech-nisch ungünstig. In diesem Versuch wurden deshalb die Mischbestände mit einem gezielten Klee-anteil von 33 % angesät. In Aberystwyth (UK) lag in den beweideten Gras-Klee Mischbeständen der Ertragsanteil des Klees während des ersten Hauptnutzungsjahres im Jahresdurchschnitt etwas über 50 %. An diesem Standort sank der Kleeanteil bis im dritten Hauptnutzungsjahr auf ungefähr ein Drittel der Biomasse (Daten nicht gezeigt). In Tänikon (CH) lag der Kleeanteil in den beweide-ten Gras-Klee Mischbeständen im ersten Hauptnutzungsjahr bei 20 %, konnte aber zunehmen und erreichte im dritten Hauptnutzungsjahr durchschnittlich 50 % (Abb. 2). An diesem Standort konnte sich der Rotklee auch in den Weiden halten, wohingegen das Deutsche Weidelgras unter Rostbe-fall litt. Die stark unterschiedliche Bestandesentwicklung an den Standorten UK und CH illustriert den bedeutenden Einfluss der Wachstumsbedingungen (z.B. Klima, weidende Tierart, Krankhei-ten) auf die Artendynamik in Mischbeständen. Zusammen mit der Beobachtung, dass die positiven Mischungseffekte an beiden Standorten ausgeprägt waren, illustriert dies aber auch die Erkenntnis von FINN et al. (2013): der Ertragsvorteil der Mischbestände ist über einen weiten Bereich des Klee-Gras-Anteils robust. Dies obwohl der Kleeanteil einen wichtigen Einfluss auf die Ertragsbil-dung hat (NYFELER et al., 2009; KLEEN et al., 2011). Trockenresistenz von Mischungskomponenten: Die Biomasseproduktion wurde durch die simulierte Sommertrockenheit an beiden Standorten si-gnifikant reduziert (durchschnittliche Ertragsreduktion von 30 % in Tänikon und von 48 % in Re-ckenholz). Die vier verschiedenen Arten unterschieden sich dabei in ihrer Trockenresistenz (Abb. 3): An beiden Standorten wurde die Biomasseproduktion der N2-fixierenden Arten (T. repens und T. pratense) durch die Trockenheit weniger reduziert als diejenige der nicht-fixierenden Arten (L. perenne und C. intybus; P < 0,005). Ein verstärkter N-Aneignungsvorteil der N2-fixierenden Arten könnte diese Ergebnisse erklären: WURZBURGER und MINIAT (2014) weisen darauf hin, dass unter moderater Trockenheit wie bei unserem Versuch der Konkurrenzvorteil der Leguminosen dank symbiotischer N2-Fixierung verstärkt sein könnte. Bei schwerem Trockenheitsstress wird jedoch auch die symbiotische N2-Fixierung stark beeinträchtigt (SERRAJ et al., 1999). Unter Berücksichti-gung der N-Aneignungsstrategie, litten die Arten mit einem tiefen Wurzelsystem (C. intybus und T. pratense) tendenziell weniger unter Trockenheit als die flachwurzelnden Arten (P = 0,061 in Re-ckenholz, P = 0,104 in Tänikon; Abb. 3).

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Abb. 1: Dreijahresmittel der Biomasserträge von Mischbeständen und eines stark gedüngten Weidelgras-Reinbestandes relativ zum Ertrag eines mit 150 kg N ha-1 gedüngten Weidel-gras-Reinbestandes (Lp; siehe Tab. 2 für die Beschreibung der Bestandestypen) für a) beweidete Parzellen und b) ausgezäunte, gemähte Kleinparzellen. Effekt des Bestandes-types auf den Ertrag: P < 0.05.

Abb. 2: Anteil Deutschen Weidelgrases (Lp), Zichorie (Ci), Weissklees (Tr), Rotklees (Tp) und ungesäter Pflanzen (us) am Ertrag der 4-Arten Mischung LpCiTrTp im ersten (2011) und dritten (2013) Hauptnutzungjahr in den beweideten und den gemähten Parzelle am Standort Tänikon CH. Die Abbildung zeigt den Durchschnitt von drei Widerholungen (± Standardfehler für Lp, Tr und Tp).

Abb. 3: Ertragseinbussen des 2. Aufwuchses während einer 10-wöchigen Trockenheitsperiode im Sommer für Reinbestände von Arten unterschiedlicher funktionellen Gruppen: Deutsches Weidelgras (Lp), Zichorie (Ci), Weissklee (Tr) und Rotklee (Tp). Unterschied zwischen den Reinbestände: P < 0.001, beide Standorte.

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Schlussfolgerungen Frühere Studien zeigten, dass der positive Mischungseffekt zwischen Gras- und Kleearten in in-tensiv bewirtschafteten Mähwiesen über einen grossen Bereich von Standortbedingungen konsis-tent ist. Unsere aktuellen Untersuchungen zeigen, dass dieser Mischungseffekt auch unter intensi-ver Beweidung und trotz eines varierenden Kleeanteils zu einem substantiellen Ertragsvorteil der Mischungen gegenüber Reinbeständen von Deutschem Weidelgras führt. Mit 150 kg N ha-1 ge-düngte Grass-Klee-Weiden produzierten gleichviel Biomasse wie mit 300-350 kg N ha-1 gedüngte Deutsch’ Weidelgras-Weiden. Die Auswirkungen von Sommertrockenheit auf Mischungskomponenten unter intensiver Bewirt-schaftung war abhängig von funktionellen Typen: Unter moderater Trockenheit zeigten N2-fixierende und tiefwurzelnde Arten geringere Ertragseinbussen als nicht fixierende und flachwur-zelnde Arten. Der Anbau von Mischungen, die aus aufeinander abgestimmten funktionellen Grup-pen zusammengesetzt sind, könnte deshalb eine vielversprechende Strategie sein, um die Futter-produktion zukünftig trotz vermehrt auftretenden Sommertrockenheiten sicherzustellen.

Verdankungen Diese Forschung und die daraus resultierenden Ergebnisse wurde durch das siebte Europäische Forschungsrahmenprogramm FP7/2007-2013 unter den Fördernummern 244983 (MultiSward) und 266018 (AnimalChange) gefördert. NH wurde vom Irish Research Council und von einem Marie-Curie-Stipendium unter FP7 unterstützt.

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Inhaltstoffverläufe im Weidefutter auf vielfältigen Dauerweidebeständen im inneralpinen Klimaraum

W. Starz, A. Steinwidder, R. Pfister, R. Hannes

LFZ Raumberg-Gumpenstein, Institut für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere, Irdning, Österreich

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Eine intensivere Weidehaltung von Milchkühen im Alpenraum bzw. im Alpenvorland wird für Biobe-triebe aus ökonomischer Sicht immer interessanter. Der Erfolg eines guten Weidesystems wird neben dem Tier- und Betriebsmanagement sehr stark durch den Pflanzenbestand bestimmt. Auf die Ertragsleistung eines Pflanzenbestandes haben aber nicht nur die Artenzusammensetzung einen Einfluss sondern im großen Maße auch die Klimafaktoren. Die Weidehaltung ist nicht nur die natürlichste Form der Nutztierfütterung sondern entspricht auch den Idealen der Biologischen Landwirtschaft. Die produktiven Grünlandflächen in Gunstlagen bie-ten die Möglichkeit intensive Weidesysteme wie die Kurzrasenweide umzusetzen und damit wäh-rend der gesamten Weidesaison konstant hohe Grünfuttermengen und Weidefutterqualitäten zu liefern. Abgesehen von der Tiergerechtheit der Weidehaltung stellt sich für Betriebe in ostalpinen Regionen dennoch die Frage, mit welcher Qualität im Weidefutter gerechnet werden kann. Bishe-rige Ergebnisse aus den klimatisch begünstigteren schweizerischen Westalpen zeigten auf Kurz-rasenweide hohe Inhaltstoffkonzentrationen (THOMET und HADORN 1996; KESSLER et al., 1999). Mit diesem hier beschriebenen sechsjährigen Versuch, unter Bedingungen der Biologischen Landwirtschaft, sollte der Frage nachgegangen werden wie sich die Raygras ärmeren Bestände im Ostalpenraum hinsichtlich Futterqualitätsparameter bei simulierter Kurzrasenweide verhalten.

Material und Methoden Der Versuch wurde auf einer Weidefläche des Institutes für Biologische Landwirtschaft und Biodi-versität der Nutztiere am Lehr- und Forschungszentrums für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein (Breite: 47° 30' 59'' N, Länge: 14° 4' 20'' E, 670 m Seehöhe, 7 °C ø Temperatur, 1014 mm ø Jahresniederschlag) durchgeführt. Hinsichtlich des Bodens handelt es sich um eine Felsbraunerde von mittlerer Gründigkeit. Der pH-Wert liegt bei 5,9, der Humusgehalt bei 8,5 % und der Gehalt an Ton bei 18 %. Während des Versuchszeitraumes von 2007-2012 wurde auf der Weidefläche eine einfaktorielle, randomisierte Blockanlage mit 4 Varianten und 4 Wiederholungen durchgeführt (STARZ et al., 2014). Für die vorliegende Auswertung wurden nur jene Varianten und Parzellen herangezogen, wo eine Kurzrasenweide simuliert wurde. Die Artenbonitur auf den als Kurzrasenweide genutzten Parzellen wurde im Frühling 2013 durch-geführt Die Bonituren erfolgten als Flächenprozentschätzung auf Grundlage der wahren Deckung (SCHECHTNER, 1985). Bei der wahren Deckung handelt es sich um jene Fläche, die von der Pflan-zenbasis eingenommen wird. Bei den als Kurzrasenweide geführten Varianten erfolgten 7 Beerntungen pro Jahr (im Mittel vom 01. Mai = Termin 1 bis 22. Oktober =Termin 7). Für die Probensammlung wurden pro Parzelle zwei Weidekörbe von je 1 m² Grundfläche gewählt. Der Aufwuchs in den Weidekörben wurde bei einer Zielhöhe zwischen 7-9 cm (gemessen mit dem RPM) mittels Motormäher abgemäht (Schnitthöhe 3-4 cm). Danach wurden die Weidekörbe auf einem anderen Bereich der Parzelle wieder aufge-stellt. Zuvor wurde die Fläche noch mit dem Motormäher gleichmäßig abgemäht, damit der Futter-zuwachs ab diesem Zeitpunkt gemessen werden konnte. Das gesamte Erntegut beider Weidekör-be wurde direkt am Feld gewogen und so der Frischmasseertrag bestimmt. Vom Erntegut wurde eine repräsentative Stichprobe für die weiteren Analysen entnommen und umgehend weiterver-arbeitet. Vor der weiteren Verarbeitung wurden die Proben mit Hilfe eines Probenhäckslers zer-kleinert. Vom Häckselgut wurde aus einer Doppelprobe der Trockenmassegehalt (TM) bestimmt. Dazu wurde die Frischmasse bei 105 °C über 48 Stunden getrocknet. Der restliche Teil der Frisch-probe kam zur schonenden Trocknung (50 °C) in das hauseigene chemische Labor. Hier wurden

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eine Weender Analyse sowie die Untersuchung der Gerüstsubstanzen, Mineralstoffe und Spuren-elemente durchgeführt. Aus den Rohnährstoffen wurde mit Hilfe von Regressionsformeln der Energiegehalt (GFE, 1998) in MJ Nettoenergie-Laktation (NEL) errechnet. Die statistische Auswertung der normalverteilten und varianzhomogenen Daten erfolgte mit dem Programm SAS 9.4 nach der MIXED Prozedur (Fixer Effekt: Beprobungstermin, Jahr und die Wechselwirkung; die Lage der Parzellen in den Spalten, der Wiederholung und die Wechselwir-kung der beiden wurde als zufällig (random) angenommen) auf einem Signifikanzniveau von p < 0,05. Bei der Darstellung der Ergebnisse werden die Least Square Means (LSMEANS) sowie der Standardfehler (SEM) und die Residualstandardabweichung (se) angegeben. Die paarweisen Ver-gleiche der LSMEANS wurden mittels Tukey-Test vorgenommen und signifikante Unterschiede mit unterschiedlichen Kleinbuchstaben gekennzeichnet.

Ergebnisse und Diskussion Nach Ende der Projektlaufzeit im Frühling 2013 wurde auf den als Kurzrasenweide genutzten Par-zellen der Pflanzenbestand in Flächenprozent erhoben (Tab. 1). 19 % der Fläche wurden auf der Kurzrasenweide vom Trifolium repens eingenommen. Dies konnte auf vielen Biologischen intensiv genutzten Dauerweiden in Österreich festgestellt werden. In dem hier beschriebenen Versuch wurden die Kurzrasenweideparzellen nur im Frühling vor Weidebe-ginn mit 15 kg N/ha und Jahr aus Gülle gedüngt. Die über die Tiere anfallenden N-Ausscheidungen auf dieser Fläche bewegen sich zwischen 100 und 140 kg N/ha und Jahr (STARZ

und STEINWIDDER, 2007). Diese relativ geringe Düngermenge im Vergleich zu dem intensiven Nut-zungssystem lässt auf die starke Präsenz von Trifolium repens schließen.

Tab. 1: Zusammensetzung des Weidebestandes nach 6 Jahren intensiver Kurzrasenbeweidung

Artengruppen Arten Flächenprozent Gräser 69 Agrostis stolonifera 8 Cynosurus cristatus 5 Festuca pratnesis 5 Lolium perenne 22 Phleum pratense 2 Poa pratensis 20 Poa supina 4 Leguminosen 19 Trifolium repens 19 Kräuter 12 Ranunculus repens 4 Taraxacum offizinale 3

Kräuter spielten mit 12 Flächenprozent eine untergeordnete Rolle, wobei nur Ranunculus repens und Taraxacum offizinale Flächenanteile von über 1 % einnahmen. Bei den Gräsern bildeten typische Weidegräser wie Lolium perenne und Poa pratnesis den Haupt-teil des Kurzrasenweidebestandes. Gerade in Lagen über 700 m Seehöhe wird im Ostalpenraum Poa pratnesis bedeutender, da hier Lolium perenne immer mehr mit einem Schneeschimmelbefall im Winter zu kämpfen hat. In geringen Anteilen von 8 und 4 Flächenprozent traten oberflächlich verfilzende Grasarten Agrostis stolonifera und Poa supina auf. Gerade Poa supina gilt als wenig gewünschte Art, da sie bei Trockenheit ausfällt, wenig Ertrag liefert und beim Weiden von den Tie-ren ausgerissen und die Büschel wieder ausgespuckt werden. Interessant war die Beobachtung, dass sich Festuca pratensis, Phleum pratense und Cynosurus cristatus ausdauernd im Bestand halten konnten. Auf den übrigen Weideflächen konnte eine Zunahme dieser drei Arten festgestellt werden. In den Geilstellen bildeten diese bald Samentriebe, die nicht mehr von den Tieren abge-grast wurden. Auf der Fläche wurde zu dieser Zeit kein Reinigungsschnitt durchgeführt. Somit ka-men diese wertvollen Weidegräser in die Samenreife und konnten sich als typische Gräser vom horstförmigen Wuchs auch im sehr intensiv genutzten Kurzrasenweidesystem etablieren.

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Tab. 2: Inhaltstoffe im Vegetationsverlauf (01.05.-22.10.) im Schnitt der sechsjährigen Versuchs-dauer bei simulierter Kurzrasenweide.

In Tab. 2 sind die Verläufe der Rohnährstoffe, Gerüstsubstanzen, Energie, Mineralstoffe und Spu-renelemente zu den 7 Erntezeitpunkten in der Vegetationsperiode dargestellt. In der Rohproteinkonzentration (Tab. 2 und Abb. 1) zeigt sich ein Anstieg vom Sommer (19 %) bis zum Herbst hin (23 %). In diesem Stadium erreicht das Weidefutter XP-Konzentrationen, die dem Niveau der Körnererbse entsprechen. Mitverantwortlich dafür dürfte der hohe Anteil an Trifolium repens im Bestand sowie das Nutzungsstadium sein. Die Energiedichte im Weidefutter startete im Frühling mit sehr hohen Konzentrationen von um 7 MJ NEL/kg TM (Tab. 2 und Abb. 1). Bei der zweiten Beerntung im Mai ging die Energiekonzentra-tion im Sommer deutlich auf 6,5 zurück und lag im weiteren Verlauf zwischen 6,2 und 6,3 MJ NEL/kg TM. Im Herbst, beim letzten und jungen Aufwuchs, lag die Energiekonzentration bei 6,4 MJ NEL/kg TM. Sowohl Energie- und Eiweißkonzentrationen bewegen sich auf einem Niveau, das in einem voran-gegangen Versuch am selben Standort erhoben wurde (STARZ et al., 2011). Neben Rohprotein und Energie zeigte das Futter der simulierten Kurzrasenweide auch hohe Kon-zentrationen an Mineralstoffen und Spurenelementen was auch den Ergebnissen vergleichbarer Weidefutteruntersuchungen entspricht (KESSLER et al., 1999).

SEM SEM SEM SEM SEM SEM SEM

Erntehöhe cm 8,4 abc 0,4 8,0 bc 0,4 7,7 bc 0,4 8,5 ab 0,4 9,2 a 0,4 7,3 c 0,4 5,3 d 0,4 < 0,0001 0,8

TM g/kg FM 173 bc 2,5 195 a 2,5 182 b 2,0 174 c 2,0 168 c 2,0 172 c 2,0 171 c 2,0 < 0,0001 12,9

XA g/kg TM 88 e 0,8 92 d 0,8 101 ab 0,6 99 bc 0,6 100 abc 0,6 98 c 0,6 102 a 0,6 < 0,0001 4,5

XP g/kg TM 199 d 2,6 186 e 2,6 222 b 2,0 211 c 2,0 224 ab 2,0 231 a 2,0 229 ab 2,0 < 0,0001 14,0

XL g/kg TM 31 a 0,3 26 d 0,3 29 c 0,2 30 b 0,2 29 bc 0,2 29 bc 0,2 29 c 0,2 < 0,0001 1,6

XF g/kg TM 194 d 2,3 239 a 2,3 223 b 1,8 221 bc 1,8 215 c 1,8 199 d 1,8 178 e 1,8 < 0,0001 12,5

NDF g/kg TM 382 e 4,4 449 a 4,4 430 b 3,4 429 b 3,4 411 c 3,4 398 d 3,4 365 f 3,4 < 0,0001 22,6

ADF g/kg TM 230 c 2,4 280 a 2,4 264 b 1,9 274 a 1,9 257 b 1,9 236 c 1,9 216 d 1,9 < 0,0001 13,5

ADL g/kg TM 26 c 0,6 34 a 0,6 33 a 0,5 33 a 0,5 33 a 0,5 31 b 0,5 27 c 0,5 < 0,0001 2,9

XX g/kg TM 518 a 2,7 489 c 2,7 459 e 2,2 472 d 2,2 460 e 2,2 461 e 2,2 502 b 2,2 < 0,0001 14,1

NFC g/kg TM 299 a 4,2 247 c 4,2 218 e 3,3 231 d 3,3 236 cd 3,3 243 c 3,3 275 b 3,3 < 0,0001 20,9

NEL MJ/kg TM 7,00 a 0,02 6,48 b 0,02 6,21 c 0,02 6,22 c 0,02 6,25 c 0,02 6,41 b 0,02 6,41 b 0,02 < 0,0001 0,1

P g/kg TM 4,4 c 0,1 4,5 c 0,1 5,4 a 0,1 5,4 a 0,1 5,6 a 0,1 5,6 a 0,1 5,1 b 0,1 < 0,0001 0,4

K g/kg TM 23,3 a 0,6 22,4 ab 0,6 23,9 a 0,5 23,1 a 0,5 23,7 a 0,5 23,4 a 0,5 21,2 b 0,5 < 0,0001 2,4

Ca g/kg TM 8,4 e 0,2 9,2 cd 0,2 10,7 a 0,2 9,8 bc 0,2 10,0 b 0,2 9,2 d 0,2 10,0 b 0,2 < 0,0001 1,0

Mg g/kg TM 2,9 c 0,1 3,1 c 0,1 3,8 ab 0,1 3,6 b 0,1 3,6 b 0,1 3,8 a 0,1 3,8 a 0,1 < 0,0001 0,3

Na mg/kg TM 420 cd 35,6 360 cd 35,6 346 d 30,9 430 c 30,9 535 b 30,9 690 a 30,9 683 a 30,9 < 0,0001 143,3

Cu mg/kg TM 12 d 0,2 11 d 0,2 13 c 0,2 13 b 0,2 15 a 0,2 15 a 0,2 13 b 0,2 < 0,0001 1,0

Mn mg/kg TM 55 e 5,0 66 de 5,0 78 cd 4,2 84 bc 4,2 96 ab 4,2 99 a 4,2 99 a 4,2 < 0,0001 22,7

Zn mg/kg TM 55 d 3,8 52 d 3,8 92 bc 3,1 91 bc 3,1 86 c 3,1 109 a 3,1 99 ab 3,1 < 0,0001 18,3

LSM EAN LSM EAN LSM EAN

Parameter Einheit

Termine

se1 2 3 4 5

LSM EAN

6 7p-Wert

LSM EAN LSM EAN LSM EAN

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Abb. 1: Verlauf der Rohprotein-, NEL- und Phosphorgehalte im Vegetationsverlauf (01.05.-22.10.) bei simulierter Kurzrasenweide.

Die hohen Gehalte an Kalzium können neben dem Nutzungszeitpunkt auch auf die hohen Be-standesanteile an Trifolium repens im Bestand zurückgehführt werden. Beachtlich sind auch die hohen Konzentrationen an Phosphor einzustufen (Abb. 1), obwohl die Böden laut Bodenuntersu-chung nur gering mit verfügbarem Phosphor versorgt waren. Ein ähnliches Bild konnte in einem anderen Kurzrasenweideversuch auf einem Standort in Niederösterreich im südlichen Waldviertel festgestellt werden (STARZ et al., 2014). Hier wurden auf Böden, die laut Bodenuntersuchung eine sehr geringe verfügbare P-Konzentration aufwiesen, P-Gehalte von bis zu 7,1 g/kg TM im Futter bestimmt. Auch auf diesem Standort bildete Trifolium repens einen wichtigen Anteil im Kurzrasen-weidebestand. Die Ergebnisse weisen aber auch darauf hin, dass die derzeitige Bodenuntersu-chunsmethodik auf humusreichen und umsetzungsaktiven Grünlandböden den P-Versorgungsstatus der Pflanzen nicht bzw. nur bedingt abbilden können.

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g/k

g T

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Erntetermin

5.6

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1 2 3 4 5 6 7

MJ/

kg T

M

Erntetermin

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g/k

g T

M

Erntetermin

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Bei den Verläufen von Rohprotein und Energie ist ein Absacken der Konzentrationen im Sommer zu beobachten (Tab. 2 und Abb. 1). Diese Abnahme ist bei der Energie ausgeprägter als beim Rohprotein. Eine mögliche Erklärung dafür liefern die Veränderungen der Gehalte an Strukturkoh-lenhydrate im Vegetationsverlauf. Diese nahmen zum zweiten Erntetermin im Mai stark zu (Tab. 2 und Abb. 2). Dabei handelt es sich um den Zeitpunkt wo die in dieser Untersuchung die Grasarten verstärkt mit der Halmbildung begannen. Diese Tendenz der Halmbildung war speziell auch bei Loilium perenne ausgeprägt, da aufgrund der Winterhärte im Ostalpenraum hauptsächlich frühreife Typen in Übersaaten verwendet werden. Aber auch Poa pratensis, Festuca pratensis, Phleum pratense und Cynosurus cristatus zeigen in dieser Vegetationsperiode trotz intensiver Beweidung eine deutliche Tendenz Fruchtstände hervorzubringen.

Abb. 2: Verlauf der Gerüstsubstanzen NDF und ADF im Vegetationsverlauf (01.05.-22.10.)

Die Rohfaserkonzentration stieg von 19 % auf 24 % zum zweiten Termin im Mai und blieb über den Sommer auf 22 % (Tab. 2). Erst im Spätsommer und Herbst sank sie bis auf 17 % ab. Ein ähnliches Bild zeigen auch die Gerüstsubstanzen (NDF, ADF und ADL). Diese waren während der Sommermonate am höchsten und nur im Frühling und Herbst niedriger (Tab. 2 und Abb. 2). Diese Effekte dürften ebenfalls hauptsächlich auf die Jahreszeitlich unterschiedliche Halmbildungsten-denz der Gräser zurückzuführen sein. Wenn man die Werte für Lignin (ADL) betrachtet, dann zei-gen diese die signifikant höchsten Mengen von Mai bis August. Da höhere Anteile von Faserstoffen einen großen Einfluss auf die Energiedichte im Grundfutter haben, sank die Energiekonzentration in den Sommermonaten unter 6,5 MJ NEL/kg TM ab. In Gunstlagen – wo auch spätreife Lolium perenne Sorten verwendet werden – wurden im Vergleich zu den vorliegenden Ergebnissen geringere Jahreszeitliche Schwankungen festgestellt (THOMET

und HADORN, 1996). Hinsichtlich ausreichender Strukturkohlenhydrat-Versorgung der Wiederkäuer zeigt sich bei be-grenztem Kraftfuttereinsatz kein Risiko. Laut dem National Research Council sollte die NDF Kon-zentration für hochleistendes Milchvieh im Bereich von zumindest 250-330 g/kg TM (NRC, 2001) liegen.

Schlussfolgerungen Die Kurzrasenweide ist aufgrund der geringeren Arbeitsbelastung, gegenüber anderen Weisesys-temen, gerade für Betriebe mit kleinen Herdengrößen interessant. Die österreichische Landwirt-schaft ist sehr klein strukturiert. So beträgt die durchschnittliche Größe der Bio-Betriebe 19 ha und es werden 10 Kühe pro Bio-Betrieb gehalten. Daher kann die Kurzrasenweide ein interessantes System für viele Grünlandbetriebe im Berggebiet der Ostalpen darstellen. Mit dieser Untersuchung konnte grundsätzlich gezeigt werden, dass unter dem raueren Klima des Ostalpenraumes hohe Futterqualitäten im System der Kurzrasenweide erreichbar sind. Die größte Einschränkung gegenüber den klimatisch begünstigteren Gebieten in den Westalpen ist die kürze-

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NDF

ADF

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re Vegetationsdauer. Trotz der kürzeren Wachstumszeit erreichen die Bestände hohe Inhaltstoff-konzentrationen und liefern damit den Wiederkäuern ein qualitativ hochwertiges Weidefutter. Neben Lolium perenne stellen Poa pratensis, Festuca pratensis, Phleum pratense und Cynosurus cristatus wichtige Arten intensiver genutzten Dauerweidebeständen in alpinen Lagen dar. Damit können auch bei einer intensiven Nutzung eine relativ hohe Biodiversität und damit stabile Pflan-zengesellschaften erreicht werden.

Literatur GFE (1998): Formeln zur Schätzung des Gehaltes an Umsetzbarer Energie in Futtermitteln aus Aufwüchsen

des Dauergrünlandes und Mais-Ganzpflanzen, Proceedings of the Society of Nutrition Physiology 7, 141-150.

KESSLER, J., VOGEL, R., THOMET, P. und M. HADORN (1999): Mineralstoffgehalt von Kurzrasenweiden. Agrarforschung Schweiz 6 (3), 88-91.

NRC (2001): Nutrient Requirements of Dairy Cattle. N. R. Council. Washington, D.C., National Academy Press, 37.

SCHECHTNER, G. (1958): Grünlandsoziologische Bestandesaufnahme mittels "Flächenprozentschätzung". Zeitschrift für Acker- und Pflanzenbau 105 (1), 33-43.

STARZ, W. und STEINWIDDER A. (2007): Stickstoffflüsse auf der Weide bei Vollweidehaltung im alpinen Raum Österreichs. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau - Zwischen Tradition und Globalisierung, Universität Hohenheim, Stuttgart, 17-20.

STARZ, W., STEINWIDDER, A., PFISTER, R. und ROHRER, H. (2011): Forage feeding value of continuous grazed sward on organic permanent grassland. In: Pötsch E., Krautzer B. und Hopkins A., Grassland Farming and Land Management Systems in Mountainous Regions - Proceedings of the 16th Symposium of the European Grassland Federation, Irdning, 356-358.

STARZ, W., STEINWIDDER, A., PFISTER, R. und ROHRER, H. (2014): Ertrag und Futterqualität auf Weiden im bayrischen und österreichischen Alpenvorland sowie im inneralpinen Raum. K. Wiesinger, K. Cais and S. Obermaier, Angewandte Forschung und Beratung für den ökologischen Landbau in Bayern - Öko-Landbau-Tag 2014, Triesdorf, 49-55.

THOMET, P. und HADORN, M. (1996): Futterangebot und Milchproduktion auf Kurzrasenweiden. Agrarforsch

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Schätzung der nXP-Gehalte in Futterleguminosen und Wiesenkräutern mittels modifiziertem Hohenheimer Futterwerttest – unter besonderer

Beachtung der Gehalte an Tanninen und Gesamtphenolen

M. Hamacher1, R.Loges1, R. Blank2, S. Wolffram2, F.Taube1 1Christian-Albrechts Universität zu Kiel CAU, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüch-

tung, Grünland und Futterbau/Ökologischer Landbau, Deutschland 2CAU, Institut für Tierernährung und Stoffwechselphysiologie

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Leguminosen und Kräuter können nicht nur einen Beitrag zur Biodiversität und Produktivität von Grünlandaufwüchsen leisten, sondern ebenfalls die Futterqualität und -aufnahme verbessern. Doch insbesondere Arten wie Weißklee, die über hohe Proteingehalte verfügen, zeigen hohe ru-minale Proteinabbauraten. Ein paralleler Mangel an ruminal verfügbarer Energie führt zu energie-aufwendiger N-Exkretion über den Harn, N-Verlusten in die Umwelt, sowie Stoffwechsel- und Le-berbelastungen bis zu Fruchtbarkeitsstörungen beim Tier. Tanninhaltige Futterpflanzen wie Espar-sette oder Hornklee können in gewünschter Weise auf den ruminalen Proteinabbau einwirken und die tierische Leistung verbessern (SCHARENBERG et al., 2005; HEDQVIST et al., 2000). Ihre Fähigkeit Protein pH-abhängig reversibel zu binden wird als Ursache gesehen. Für weitere sekundäre Pflan-zeninhaltsstoffe, insbesondere „Nicht-Tannin-Phenole“ sind ebenfalls positive Effekte auf die rumi-nale Fermentation bekannt (JAYANAGERA et al., 2011). Ziel der vorgestellten Untersuchung verschiedener kleinsamiger Leguminosen und Wiesenkräuter ist die Identifikation von Arten mit relevanten Konzentrationen an entsprechenden sekundären In-haltsstoffen. Zur Beurteilung der Proteinqualität der Arten erfolgt die Analyse der mittels des modi-fizierten Hohenheimer Futterwerttests (moHFT) (STEINGASS and LEBERL, 2008) bestimmtem nXP-Gehalte.

Material und Methoden Das untersuchte Pflanzenmaterial stammt aus einem zweijährigen Feldversuch auf dem Ver-suchsgut Lindhof der CAU Kiel im östlichen Hügelland Schleswig-Holsteins (Ø 40 BP). Die Be-stände (Reinsaaten) wurden als Untersaat im Vorjahr in drei Wiederholungen etabliert. Die Beern-tung erfolgte in 4-Schnittnutzung. Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf gefriergetrocknetem Material von 16 Arten (Tab. 1), beerntet zum ersten Aufwuchs im ersten Hauptnutzungsjahr 2013.

Tab. 1: Übersicht der untersuchten Arten: Leguminosen, Kräuter und Gras.

Leguminosen Kräuter und Gras

Esparsette Onobrychis viciifolia Scop. Kümmel Carum carvi L. Gelbklee Medicago lupulina L. Löwenzahn Taraxacum officinale Wiggers Hornklee Lotus corniculatus L. Schafgarbe Achillea millefolium L.

Luzerne Medicago sativa L. Spitzwegerich Plantago lanceolata L.

Rotklee Trifolium pratense L. Kleiner Wiesenknopf Sanguisorba minor Scop.

Schwedenklee Trifolium hybridum L. Zichorie Cichorium intybus L.

Steinklee Melilotus officinalis L.

Sumpfhornklee Lotus pedunculatus Cav. Dt. Weidelgras Lolium perenne L.

Weißklee Trifolium repens L

Zur Charakterisierung der Arten hinsichtlich ihrer Gehalte an sekundären Pflanzeninhaltsstoffen erfolgte die kolorimetrische Bestimmung der kondensierten Tannine (CT) mittels der Butanol-HCl-Methode (TERRILL et al., 1992) sowie die Messung der Gesamtphenole (GP) mittels des Folin-Ciocalteu-Ansatzes. Anschließend wurde anhand der Fällung des Modellproteins BSA die Fähig-keit der Pflanzenextrakte zugesetztes Protein zu binden erfasst (modifiziert nach OSBORNE &

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MCNEILL, 2001). Die Gehalte an XP, ADF und NDF wurden gestützt auf Nahinfrarotspektroskopie bestimmt. Zur Abschätzung der nXP-Gehalte wurden jeweils 130mg Pflanzenmaterial im moHFT inkubiert (je Probe drei Wiederholungen in zwei Durchgängen). Zur Überprüfung der Ergebnisse wurde nXP-Standards mitgeführt. Unter der Annahme, dass der ruminale Abbau des untersuchten Materials eine 24-stündige Inkubationszeit überschreitet, wurden Inkubationszeiten von 8 und 48 Stunden gewählt (EDMUNDS et al., 2012). Im Anschluss erfolgte die Bestimmung der Ammoniakgehalte durch Destillation der Inkubationsrückstände. Anhand der absoluten nXP-Werte (8 und 48 Stun-den) konnten aus der linearen Regression zwischen diesen gegen den Logarithmus der Zeit effek-tive nXP-Werte für Passageraten (PR) von 4, 6 und 8% berechnet werden. Die statistische Auswertung erfolgte mit einem gemischten Model in der Statistiksoftware R. Im Anschluss an die Varianzanalyse (Art als fixer Faktor) wurde gegen das Gesamtmittel aller Arten getestet (GrandMean-Test). So konnten aus dem Artenpool in Bezug auf die untersuchten Para-meter, Arten mit signifikant abweichendem Verhalten identifiziert werden. Zusätzlich wurde eine Korrelationsanalyse durchgeführt.

Ergebnisse und Diskussion Für alle untersuchten Parameter (Tab. 2 und 3) war der Einfluss der Art signifikant (p < 0,0001). Wie in SCHARENBERG et al. (2005) und HEDQVIST et al. (2000) zeigten Esparsette, Hornklee und Sumpfhornklee gegenüber dem Mittel aller Arten signifikant hohe CT-Konzentrationen und ent-sprechend der Fähigkeit von Tanninen, Protein zu binden, ein ebenfalls signifikant höheres BSA-Fällungsvermögen (Tab. 2). Über alle Arten korreliert die CT-Konzentration signifikant mit dem BSA-Fällungsvermögen (r= 0.97).

Tab. 2: Mittlere CT- und GP-Konzentrationen, das BSA-Fällungsvermögen, signifikante Abwei-chung vom Gesamtmittelwert aller Arten (*** p<0.0001; ** p<0.001; * p<0.05), fett: ober-halb des Mittels liegende Wert.

Art CT % i. d. TM

GP % i. d. TM

BSA-Fällungsvermögen mg g.PflanzenTM-1

Dt. Weidelgras 0.1 ** 1.5 *** 0.4 *** Esparsette 9.3 *** 10.4 *** 99.1 *** Gelbklee 0.1 ** 1.5 *** 0.1 *** Hornklee 4.0 *** 6.6 53.7 *** Kümmel 0.0 * 5.8 0.2 ** Löwenzahn 0.1 ** 5.2 0.2 *** Luzerne 0.1 ** 1.2 *** 0.1 *** Rotklee 0.5 * 3.4 * 11.0 Schafgarbe 0.1 ** 12.1 *** 1.0 *** Schwedenklee 0.2 ** 2.1 *** 0.3 *** Spitzwegerich 0.3 ** 7.1 9.6 . Steinklee 0.1 ** 1.6 *** 6.4 * Sumpfhornklee 10.2 *** 10.3 *** 133.8 *** Weißklee 0.1 ** 2.2 *** 1.9 *** Kleiner Wiesenknopf 0.8 20.1 *** 34.3 Zichorie 0.1 ** 7.0 1.4 *** Gesamtmittel 1.65 6.15 22.56

Für die Kräuter konnten gegenüber Dt. Weidelgras und den Leguminosen (ausgenommen der drei CT-haltigen Arten) höhere GP-Gehalte ermittelt werden. Höchste GP-Konzentrationen konnten mit 20% in der TM für den Kleinen Wiesenknopf gemessen werden. Obwohl die enthaltenen 0,82% CT im Vergleich zu den CT-reichen Leguminosen als gering zu betrachten sind, deutet das über dem Mittel liegende BSA-Fällungsvermögen auf ein Potential der letztgenannten Art hinsichtlich eines möglichen Schutzes von Futterprotein vor dem ruminalen Abbau hin. Im Folgenden soll überprüft werden, ob Arten mit erhöhten CT-Konzentrationen und/oder einem auffälligem BSA-Bindungsvermögen auch bessere nXP-Werte aufweisen. Wie angenommen entspricht das Ranking der Arten nach den XP-Gehalten nicht der Reihenfolge hinsichtlich der ermittelten nXP-Werte. Weiterhin sind Unterschiede im Ranking der Arten zwi-schen den verschiedenen Passageraten festzuhalten. Für Esparsette, Hornklee, Rotklee, Schwe-

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denklee, Sumpfhornklee und Weißklee konnten bei allen Passageraten höhere nXP-Werte gegen-über dem Mittel aller Arten gezeigt werden (Tab. 3).

Tab. 3: XP-u und nXP-Gehalte, ermittelt für angenommene Passageraten von 8, 6 und 4 %, signi-fikante Abweichung vom Gesamtmittelwert aller Arten (*** p<0,0001; ** p<0,001; * p<0,05); fett: in gewünschter Richtung unter- bzw.- oberhalb des Mittels liegende Wert.

XP g/kg TM

nXP g/kg TM Referenzwerte nXPg g/kg TM (PR %) 8%PR 6%PR 4%PR

Dt. Weidelgras 65 *** 142 ***

128 ***

109 ***

151-142 132 (6%),139 (4%)

DLG 1997 EDMUNDS ET AL. 2012

Esparsette 114 ** 204 194 ** 181 ***

224 (4,2%) SCHARENBERG ET AL. 2005

Gelbklee 174 * 178 ** 165 ** 147

Hornklee 210 *** 214 ***

198 ***

175 ** 175 (4,2%) SCHARENBERG ET AL. 2005

Kümmel 101 *** 165 ***

150 ***

130 ***

Löwenzahn 101 *** 165 ***

145 ***

119 ***

Luzerne 153 165 ***

152 ***

133 ***

132 157(6%),136(4%)

DLG 1997 EDMUNDS ET AL. 2012

Rotklee 171 241 ***

216 ***

180 ***

138 DLG 1997

Schafgarbe 130 157 ***

142 ***

120 ***

Schwedenklee 213 *** 230 ***

222 ***

212 ***

Spitzwegerich 94 *** 191 173 149 Steinklee 188 *** 193 176 154

Sumpfhornklee 195 *** 241 ***

229 ***

213 ***

Weißklee 259 *** 273 ***

242 ***

198 ***

172 194 (6%),168(4%)

DLG 1997 EDMUNDS ET AL. 2012

Kleiner Wiesen-knopf

88 *** 173 **

178

184 **

Zichorie 90 *** 172 ***

153 ***

127 ***

170 (4,2%) SCHARENBERG ET AL. 2005

Gesamtmittel 147 195 179 157

Die für Schwedenklee, Sumpfhornklee und Esparsette bestimmten nXP-Werte bleiben mit abneh-mender Passagerate vergleichsweise stabil, wohingegen Hornklee, Weißklee und Rotklee deutli-che Abnahmen der nXP-Werte zeigen und entsprechend an Vorzüglichkeit im Ranking der Arten verlieren. EDMUNDS et al. (2012) zeigten für Weißklee ebenfalls eine deutliche Abnahme der nXP-Werte von PR 4% zu PR 6%. Beste Übereinstimmung mit kalkulierten Werten konnte dort für eine angenommene Passagerate von 4% festgehalten werden. Die in der vorliegenden Untersuchung ermittelten Werte für Weiß- und Rotklee liegen auch bei einer Passagerate von 4% noch deutlich über den Literaturwerten (Tab. 3). Eine mögliche Erklärung sind die im Vergleich um 2% bzw. 4% höheren XP-Gehalte der beiden Arten. Im Gegensatz dazu lagen die für Dt. Weidelgras bestimm-ten nXP-Gehalte deutlich unterhalb der Literaturwerte. Eine mögliche Erklärung liefern die durch einen späten Schnittzeitpunkt und durch ungedüngte Bestände bedingten geringen XP-Gehalte. Gleiches gilt für die gegenüber SCHARENBERG et al. (2005) ermittelten geringeren Werte für Espar-sette und Zichorie. Übereinstimmende Ergebnisse konnten für PR 4% bei Luzerne und Hornklee erzielt werden (Tab. 3). Die untersuchten Kräuter zeichneten sich generell durch unterdurchschnitt-liche XP- und nXP-Gehalte aus. Überraschend sind daher die mit Rotklee vergleichbaren hohen nXP-Werte des Kleinen Wiesenknopfs. Zudem zeigt diese Art entgegen der Erwartungen mit ab-nehmender Passagerate eine leichte Zunahme des nXPs. Es ist zu vermuten, dass der ruminale

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Abbau nach Ende der Inkubationszeit noch nicht abgeschlossen war und der nXP-Gehalt unab-hängig von der Verweildauer im Pansen relativ stabil blieb. Eine bessere Beurteilung des ruminalen N-Abbaus ermöglicht die Betrachtung der nXP-Werte (PR 4%) in Relation zu den Ausgangsproteingehalten. Für die signifikant überdurchschnittlichen Arten ergibt sich folgendes Ranking: Kleiner Wiesenknopf, Esparsette, Sumpfhornklee, Rotklee, Schwe-denklee, Hornklee und Weißklee mit 217, 159, 110, 105, 103, 84 bzw. 76 g/100gXP. Im Zusam-menhang mit den für Esparsette und Sumpfhornklee ermittelten CT-Konzentrationen und BSA-Fällungsvermögen stützen die Ergebnisse die Annahme, dass CT-Vorkommen den ruminalen N-Abbau verringern. Für Hornklee deuten die Ergebnisse nicht auf diesen Zusammenhang hin. Auf-grund der ermittelten Werte des Kleinen Wiesenknopfs ist anzunehmen, dass Nicht-CT-Phenole den ruminalen N-Abbau beeinflussen. Die signifikant überdurchschnittlichen NDF-Gehalte (437 g/kg TM i. Vgl. zu 386g/kg TM) dieser Art deuten zudem auf fasergebundenes Protein hin. Unterschiede zwischen Weiß- und Rotklee sind mit höheren NDF- und ADF-Gehalte im Rotklee (RK: 389 und 253 g/kg TM; WK: 324 und 190 g/kg TM) zu erklären.

Schlussfolgerungen Ausgehend von den ermittelten XP- und nXP-Gehalten besitzen Sumpfhornklee, Schwedenklee, Weißklee, Rotklee und Hornklee Potential Grünlandaufwüchse hinsichtlich Proteinmenge und Qua-lität aufzuwerten. In Relation zu den Ausgangsproteingehalten sind die nXP-Gehalte von Kleinem Wiesenknopf, Esparsette, Sumpfhornklee, Rotklee und Schwedenklee als vorteilhaft zu bewerten. Für die ersten drei genannten Arten scheint ein Zusammenhang zwischen nXP und CT bzw. weite-ren phenolischen Verbindungen zu bestehen. In wieweit der Proteinschutz durch diese Verbindun-gen die intestinale Proteinverdaulichkeit beeinflusst, wird derzeit in weiteren Versuchen untersucht. Um eine höhere Plausibilität der ermittelten nXP-Werte zu erreichen ist bei wenig untersuchten Arten der Abbau in situ zu überprüfen und entsprechend sind die Inkubationszeiten sowie die Auswahl der Passagerate anzupassen. Erstellt mit freundlicher Unterstützung der Wilhelm-Schaumann-Stiftung.

Literatur DLG (1997): Futterwerttabellen Wiederkäuer, DLG-Verlag, Frankfurt am Main.

EDMUNDS, B., SÜDEKUM, K.H., SPIEKERS, H., SCHUSTER, M. and SHCWARZ, F.J. (2012): Estimating utilisable crude protein at the duodenum, a precursor to metabolisable protein for ruminants, from forages using a modified gas test. Animal Feed Science and Technology 175, 106‐113.

HEDQVIST, H., MUELLER-HARVEY, I., REED, J. D., KRUEGER, C. and MURPHY, M. (2000): Characterisation of tannins and in vitro protein digestibility of several Lotus corniculatus varieties. Animal Feed Science and Technoloy 87, 41‐56.

JAYANAGERA, A., MARQUARDT, M., KREUZER, M. and LEIBER, F. (2011): Nutrient and energy content, in vitro ruminal fermentation characteristics and methanogenic potential of alpine forage plant species during early summer. Journal of the Science of Food and Agriculture 91, 1863–1870.

OSBORNE, N. und MCNEILL, D. (2001): Characterisation of Leucaena condensed tannins by size and protein precipitation capacity. Journal of the Science of Food and Agriculture 81, 1113‐1119.

SCHARENBERG, A., ARRIGO, Y., SOLIVA, C., WYSS, U., KREUZER, M. and DOHME, F. (2005): Schätzung des Ge-haltes an nutzbarem Rohprotein in drei Tanninhaltigen Futterpflanzen mit einem modifiziertem Hohenhei-mer Gastest. Schlüssel für eine effiziente Tierernährung. Tagungsbericht 13. Mai 2005, Schriftenreihe aus dem Institut für Nutztierwissenschaften ETH Zürich 26, 122-125.

STEINNGASS, H. und LEBERL, P. (2008): In Vitro Verfahren: Eine notwendige ergänzung zur Nährstoffanalytik bei Futtermitteln. Übersicht Tierernährung 36, 31-46.

TERRIL, T., ROWAN, A., DOUGLAS, G. and BARRY, T. (1992): Determination of extractable and bound con-densed tannin concentrations in forage plants, protein concentrate meals and cereal grains. Journal of the Science of Food and Agriculture 58, 321-329.

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Entwicklung von weidetauglichem Rotklee

Beat Boller1*, Peter Tanner1, Barbara Graf2, Franz Schubiger1

1 Agroscope, Reckenholzstrasse 191, Schweiz 2 Bildungszentrum Wallierhof, Höhenstrasse 46, Riedholz, Schweiz

[email protected]

Einleitung und Problemstellung Vor kurzem wurde in der Schweiz die erste für die Weidenutzung gezüchtete Rotkleesorte ‚Pastor‘ zugelassen und empfohlen (FRICK et al., 2008). Sie geht auf Kreuzungen zwischen wildem Rotklee aus dem Jura und Kulturklee des Mattenkleetyps zurück (BOLLER et al., 2012). Versuche unter Weidebedingungen zeigten, dass ‚Pastor‘ die Beweidung besser erträgt als konventionelle Sorten. Die Ausdauer unter Beweidung reicht jedoch nicht aus, um einen dauerhaft hohen Kleeanteil über das zweite Standjahr hinaus sicherzustellen (BOLLER et al., 2012). Hier berichten wir über zwei Ansätze, das Potential des Weiderotklees besser zu nutzen. Einerseits prüften wir, ob eine Mi-schung von Rotklee ‚Pastor‘ mit Bastardraigras geeignet ist, das höhere Ertragspotential der bei-den Arten im Vergleich zu Weissklee bzw. Englischem Raigras in einer kürzer dauernden Anlage zu nutzen. Andererseits untersuchten wir die Möglichkeit, den Weiderotklee durch stärkere Be-rücksichtigung des wilden Juraklees in der Züchtung weiter zu entwickeln. Material und Methoden Schnitt/Weideversuch mit Klee-Gras-Mischungen: Im Frühjahr 2010 wurden Klee-Gras Mischungen mit verschiedenen Arten und Sorten in folgenden Saatmengen (g/a) ausgesät: Englisches oder Bastard-Raigras 160, entweder Rotklee 80 oder Weissklee 40, sowie Wiesenrispengras 60. Hier präsentieren wir Ergebnisse der Mischungen mit Englischem Raigras (tetraploid) ‚Salamandra‘ bzw. Bastard-Raigras (tetraploider Englisch Raigras-Typ) ‚Palmata‘ und Rotklee ‚Pastor‘ bzw. Weissklee ‚Apis‘. Es wurde auf dem gleichen Feld in Zü-rich-Reckenholz je ein Versuch mit Schnittnutzung (3 Wiederholungen, Parzellen 1.5 x 6 m) und einer mit Weidenutzung (4 Wiederholungen, Parzellen 3 x 20 m) angelegt. Im Schnittversuch wur-den im Saatjahr 2010 4 und in den Hauptnutzungsjahren 2011 und 2012 je 5 Schnitte genommen, im Weideversuch erfolgten 2010 nach einem Säuberungsschnitt 3, 2011 6 und 2012 5 Weidegän-ge mit Mutterkühen von jeweils 6 bis 22 Tagen mit Ruhezeiten von 16 bis 37 Tagen. Vor jedem Schnitt bzw. Weidegang wurde der Kleeanteil visuell eingeschätzt. Im Schnittversuch wurde der Trockenmasseertrag mit einem Grasvollernter bestimmt.

Tab. 1: Weiderotklee-Zuchtmaterial im Beobachtungsversuch.

Population Eigenheit Jura-Wild-klee-Anteil %

TP0405 3 Generationen Einzelpflanzenauslese in Sammelmaterial 100

TP1105 Kreuzungen (Pastor x Pavo) x (Material TP0405) 56.25 Pré Richard Sammlung 1996 in Pré Richard, 1220 m ü. M. 100 NARA „U“ Sammlung 2012 in Underverlier, 620 m ü. M, 100 NARA „Ins“ Herkunft Undervelier unter natürlicher Selektion im Hausrasen 100 Pastor Rückkreuzung Herkunft Undervelier mit Mattenklee-Zuchtmat. 25

Beobachtungsversuch mit Weiderotklee-Zuchtmaterial Im September 2012 wurden auf einer Parzelle in Gletterens Setzlinge von 4 Rotkleepopulationen in Reihen zu 10 Pflanzen mit 50 x 35 cm Abstand ausgepflanzt, wobei „NARA“ in 2 Unterpopula-tionen eingeteilt wurde (Tabelle 1) und ‚Pastor‘ als Referenzsorte galt. Da ebenfalls eine Samen-ernte vorgesehen war, wurden die 4 Populationen getrennt angebaut, jeweils mit Referenzreihen von ‚Pastor‘ in den Isolationsparzellen. Im Frühjahr wurden von jeder Population 60 typische Ein-zelpflanzen für exakte Beobachtungen von UPOV Merkmalen (UPOV, 2001) ausgewählt. Die Messwerte wurden zusammen mit den Messwerten für ‚Pastor‘ in den entsprechenden Parzellen verrechnet, um die Populationen untereinander mit t-Tests vergleichen zu können.

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Ergebnisse und Diskussion

Schnitt/Weideversuch mit Klee-Gras-Mischungen: Der TM-(Trockenmasse-)Ertrag der Klee-Gras-Mischungen unter Schnittnutzung wurde sowohl durch den Klee- als auch durch den Graspartner signifikant beeinflusst. In beiden Hauptnutzungs-jahren (H1 und H2) hatte die Mischung mit Bastardraigras ‚Palmata‘ und Rotklee ‚Pastor‘ den höchsten Ertrag, 38 bis 40 % mehr als die Mischung mit Englischem Raigras ‚Salamandra‘ und Weissklee ‚Apis‘ (Tab. 2). Dies entsprach der Erwartung aufgrund der in früheren Versuchen ermit-telten Ertragsleistung der Sorten in Reinsaat. ‚Pastor‘, in Reinsaat mit 55 bis 56 % höherem TM-Ertrag als ‚Apis‘, hatte im H1 einen stärker positiven Einfluss auf den Mischungsertrag als ‚Palma-ta‘, die in Reinsaat einen 12 % höheren TM-Ertrag lieferte als ‚Salamandra‘.

Tab. 2: TM-(Trockenmasse-)-Ertrag von Reinsaaten und Mischungen mit verschiedenen Klee- und Grassorten unter Schnittnutzung.

Sorte bzw. Mischung TM-Ertrag H1 TM-Ertrag H2 dt/ha % dt/ha % Weissklee ‚Apis‘ 102.9b 100 78.9b 100 Rotklee ‚Pastor‘ 160.0a 155 123.3a 156 Englisches Raigras ‚Salamandra‘ 106.7b 100 93.9b 100 Bastardraigras ‚Palmata‘ 119.1a 112 105.1a 112 Salamandra / Apis 148.9b 100 122.4c 100 Salamandra / Pastor 186.1a 125 145.9b 119 Palmata / Apis 140.8b 95 143.0b 117 Palmata / Pastor 206.2a 138 170.9a 140

Werte innerhalb eines Tabellenabschnittes, die nicht von gleichen Buchstaben gefolgt werden, sind signifikant (p<0.05) voneinander verschieden.

Die Entwicklung der Bestandesanteile von Klee und Gras wurde sowohl durch die verwendeten Klee- und Grassorten, als auch durch die Nutzungsart – Schnitt oder Weide – sehr stark beein-flusst. Betrachtet man zunächst die Entwicklung in den Beständen mit Englischem Raigras ‚Sala-mandra‘ (Abb. 1), stellt man fest, dass der Rotklee ‚Pastor’ unter Schnittnutzung während der gan-zen Versuchsdauer einen zum Teil deutlich höheren Bestandesanteil aufwies als der Weissklee ‚Apis‘. Besonders gross war der Unterschied im Aussaatjahr 2010 und erreichte ein Maximum im Spätsommer 2011. Anders verhielt es sich unter Weidenutzung. Auf einem tieferen Niveau erober-te ‚Pastor‘ zwar auch im Aussaatjahr und bis zum Frühjahr 2011 höhere Bestandesanteile, wurde dann aber vom Weissklee ‚Apis‘ überholt. 2012 enthielten die beweideten Bestände mit ‚Apis‘ mehr als doppelt soviel Klee als diejenigen mit ‚Pastor‘. Dies bestätigt die Beobachtung von BOLLER et al. (2012), dass der Rotklee ‚Pastor‘ auf die Beweidung empfindlicher reagiert als der Weissklee. Das unterschiedliche Verhalten von ‚Apis‘ und ‚Pastor‘ äusserte sich auch darin, dass ‚Pastor‘ wäh-rend der gesamten Versuchsdauer unter Schnittnutzung einen höheren Bestandesanteil erreichte, während sich die Verlaufskurven von ‚Apis‘ im Sommer 2011 überkreuzten und ‚Apis‘ 2012 unter Weidenutzung den höheren Bestandesanteil hatte. Die Klee-Anteile in den Beständen mit Bastardraigras ‚Palmata‘ zeigten einen ähnlichen Verlauf (Abb. 2). ‚Pastor‘ konnte jedoch unter Schnittnutzung nur im Sommer 2011 einen ähnlich hohen Bestandesanteil erobern wie in der Mischung mit Englischem Raigras ‚Salamandra‘. Im Ansaatjahr 2010 und im 2. Hauptnutzungsjahr 2012 wurde er von ‚Palmata‘ stark konkurrenziert und hatte zum Teil markant geringere Anteile als mit ‚Salamandra‘. Unter Weidenutzung waren sich die Ver-laufskurven des Bestandesanteils von ‚Pastor‘ jedoch zwischen ‚Palmata‘ und ‚Salamandra‘ sehr ähnlich. Anscheinend verschieben sich die Konkurrenzverhältnisse zwischen Rotklee ‚Pastor‘ und Bastardraigras ‚Palmata‘ bei Beweidung zugunsten des Rotklees, ähnlich wie dies beim Weissklee mit zunehmender Dauer der Anlage bei beiden Graspartnern der Fall ist.

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Abb. 1: Verlauf des visuell geschätzten Kleeanteils in Mischungen von Weissklee ‚Apis‘ oder Rot-klee ‚Pastor‘ mit Englischem Raigras ‚Salamandra‘ unter Schnitt- oder Weidenutzung. Die Trennlinie zwischen den Jahren markiert die Vegetationspause vom 15.Nov. bis zum 15. März.

Abb. 2: Verlauf des visuell geschätzten Kleeanteils in Mischungen von Weissklee ‚Apis‘ oder Rot-klee ‚Pastor‘ mit Bastardraigras ‚Palmata‘ unter Schnitt- oder Weidenutzung. Die Trennli-nie zwischen den Jahren markiert die Vegetationspause vom 15.Nov. bis zum 15. März.

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‚Apis‘ wurde durch ‚Palmata‘ anfänglich stark unterdrückt und erreichte unter Schnittnutzung kaum über 40 % Bestandesanteil, während der Anteil von ‚Apis‘ mit Salamandra 2010 und 2011 meist zwischen 40 und 60 % lag. Auch unter Weidenutzung war der Anteil von ‚Apis‘ mit ‚Palmata‘ oft geringer als mit ‚Salamandra‘ und lag auch 2012 meist nicht wesentlich hö-her als der Anteil von ‚Pastor‘.

Beobachtungsversuch mit Weiderotklee-Zuchtmaterial: Von den untersuchten Rotkleepopulationen war der Zuchtstamm TP1105 der Weiderotkleesorte Pastor am ähnlichsten (Tab. 3). Er unterschied sich von Pastor nur durch eine geringere natürliche Höhe im Frühjahr. Die drei Populationen Pré Richard, NARA „U“ und NARA „Ins“ bildeten eine Gruppe mit kurzen, schmalen Fiederblättern und einer extrem flachen Wuchsform (9=absolut flach), auch hatten sie eine geringe Wuchshöhe im Frühjahr. Dies sind Eigenschaften, die das Überdauern unter starkem Weidedruck begünstigen, was mit ihrer Herkunft aus intensiv beweide-ten Juraweiden zusammenhängt. Jedoch ist das Ertragspotential durch die gleichen Eigenschaften eingeschränkt. Am extremsten von den drei Populationen waren der flache Wuchs und die kleinen Blätter bei Pré Richard ausgeprägt, am wenigsten bei NARA „Ins“, die sich zudem durch einen viel früheren Blühbeginn von den anderen Jura-Populationen abhob. Der Zuchtstamm TP0405, der zu 100 % auf wilden Rotklee aus Juraweiden zurückgeht, hatte ähnlich grosse Fiederblätter wie Pas-tor und TP1105, aber kürzere Stengel, eine geringere Wuchshöhe im Frühjahr und eine flachere Wuchsform. In diesen Eigenschaften lag TP0405 zwischen Pastor und den Jura-Populationen. Anscheinend lassen sich ausgehend von diesen Wildpopulationen Zuchtstämme mit vielverspre-chenden Eigenschaften entwickeln, ohne sie mit Kultur-Rotklee rückzukreuzen.

Tab. 3: Morphologische Merkmale verschiedener Rotkleepopulationen.

Merkmal (UPOV-Nr.) Rotkleepopulation Alle Masse in cm TP0405 TP1105 Pré

RichardNARA

„U“ NARA

„Ins“ Pastor

Stengel: Länge (12) 74.6 b 83.4 a 58.7 c 75.3 b 72.0 b 83.4 a Blatt: Länge mittleres Fiederblatt (17) 4.14 a 4.08 a 2.93 b 3.16 b 2.96 b 4.08 a Blatt: Breite mittleres Fiederblatt (18) 2.03 a 1.92 a 1.15 b 1.41 b 1.20 b 2.13 a Zeitpunkt der Blüte, Tage n. 1.1. (11) 153 a 157 b 162 c 160 c 152 a 157 b Pflanze: Natürliche Höhe Frühjahr (9) 24.5 c 30.0 b 3.0 f 12.7 e 15.9 d 34.5 a Pflanze: Wuchsform im Frühjahr (~7) 7.9 b 6.4 a 8.9 de 8.9 e 8.6 d 6.9 a

Werte (Least Squares Means), die nicht von gleichen Buchstaben gefolgt werden, sind signifikant (p<0.05) voneinander verschieden.

Schlussfolgerungen Das Potential der Weiderotklee-Sorte ‘Pastor’ kann in Mischungen mit einer Bastard-Raigrassorte des Englisch-Raigras-Typs wie ‚Palmata‘ vorteilhaft genutzt werden. ‚Pastor‘ kann der höheren Konkurrenzkraft von ‚Palmata‘ besser widerstehen als Weissklee, und das Bastard-Raigras ‚Pal-mata‘ wird durch ‚Pastor‘ weniger unterdrückt als das Englische Raigras ‚Salamandra‘. Beweidung verschiebt die Konkurrenzverhältnisse zwischen ‚Pastor‘ und ‚Palmata‘ zugunsten des Rotklees. Die hier vorgelegten Versuche bestätigen jedoch das Nachlassen des Rotklees ‚Pastor‘ mit zu-nehmender Dauer einer Weideanlage. Um einen für Weiden längerer Dauer besser geeigneten Rotklee zu züchten, könnte die in weidetoleranten, aber ertragsarmen Wildpopulationen des Rot-klees vorhandene Variabilität genutzt werden. Sowohl die natürliche Selektion im Hausrasen (NA-RA „Ins“) als auch die gezielte Selektion in den Zuchtgärten (TP0405) verschoben einzelne Eigen-schaften Richtung produktivere Pflanzen.

Literatur BOLLER, B., TANNER, P. und SCHUBIGER, F.X. (2012): Pastor, ein neuer, für die Weide geeigneter Rotklee.

Agrarforschung Schweiz 3, 20-27.

FRICK, R., JEANGROS, B., DEMENGA, M., SUTER, D. et HIRSCHI, H.U. (2008): Essais de variétés de trèfle violet. Revue suisse d’Agriculture 40, 245-248.

UPOV (INTERNATIONALER VERBAND ZUM SCHUTZ VON PFLANZENZÜCHTUNGEN) (2001): Richtlinien für die Durch-führung der Prüfung auf Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit – Rotklee (Trifolium pratense L.). TG/5/7. http://www.upov.int/de/publications/tg-rom/tg005/tg_5_7.pdf, abgerufen am 21.6.2013

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ISBN 978-3-033-04690-0