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Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik Schwerpunktthema Geschäftsprozessorientierung Peter Röben/Franz Stuber Geschäftsprozessorientierung: Vom (begrenzten) Nutzen eines Leitbilds in der Berufsbildung Felix Rauner Kann die Orientierung an Arbeits- und Geschäftsprozessen die Fach- lichkeit ersetzen? A. Willi Petersen Arbeits- und Geschäftsprozess- orientierung als Grundlage beruf- licher Ausbildungs- und Lernpro- zesse Dirk Müller/Helga Unger/Jürgen Kreienbaum Prozessorientierung in der Personalentwicklung HECKNER H 65063 Heft 80 • 20. Jahrgang • 2005 lernen lernen & & lehren lehren

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Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik

Schwerpunktthema

Geschäftsprozessorientierung

Peter Röben/Franz StuberGeschäftsprozessorientierung: Vom(begrenzten) Nutzen eines Leitbildsin der BerufsbildungFelix RaunerKann die Orientierung an Arbeits-und Geschäftsprozessen die Fach-lichkeit ersetzen?

A. Willi PetersenArbeits- und Geschäftsprozess -orientierung als Grundlage beruf-licher Ausbildungs- und Lernpro-zesseDirk Müller/Helga Unger/JürgenKreienbaumProzessorientierung in derPersonal entwicklung

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H 65063 Heft 80 • 20. Jahrgang • 2005

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Impressum

„lernen & lehren“ erscheint in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der FachrichtungElektrotechnik-Informatik e. V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung Metalltechnik e. V.

Herausgeber: Gottfried Adolph (Köln), Klaus Jenewein (Magdeburg), Jörg-Peter Pahl (Dresden),Felix Rauner (Bremen), Bernd Vermehr (Hamburg)

Schriftleitung: Volkmar Herkner (Dresden), Franz Stuber (Münster)

Heftbetreuer: Peter Röben und Franz Stuber

Redaktion: lernen & lehren

c/o Franz Stuber c/o Volkmar HerknerIBL – Institut für berufliche Lehrerbildung TU Dresden, Fakultät ErziehungswissenschaftenLeonardo Campus 7, 48149 Münster Weberplatz 5, D-01217 DresdenTel.: 0251 / 836 51 46 Tel.: 0351 / 4633 55 98E-mail: [email protected] E-mail: [email protected]

Alle schriftlichen Beiträge und Leserbriefe bitte an eine der obenstehenden Adressen.

Layout: Egbert Kluitmann, Stefan Hoffmann

Verlag, Vertrieb und Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft mbH & Co. KGGesamtherstellung: Postfach 1559, D-38285 Wolfenbüttel

Telefon: 05331 / 80 08 40, Telefax: 05331 / 80 08 58

Bei Vertriebsfragen (z. B. Adressenänderungen) den Schriftwechsel bitte stets an den Verlag richten.

Wolfenbüttel 2005

ISSN 0940-7440 80

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80

EUR 7,68ISSN 0940-7440 20. Jahrgang 2005

lernen & lehrenElektrotechnik-Informatik/Metalltechnik

Inhaltsverzeichnis

Schwerpunkt

Geschäftsprozessorientierung

Kommentar: Beratung, Kontrolle, Überwachung 146Gottfried Adolph

Editorial 147Peter Röben/ Franz Stuber

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Geschäftsprozessorientierung: Vom (begrenzten)Nutzen eines Leitbilds in der Berufsbildung 148Peter Röben/Franz Stuber

Kann die Orientierung an Arbeits- und Ge-schäftsprozessen die Fachlichkeit ersetzen? 154Felix Rauner

Arbeits- und Geschäftsprozessorientierung – definitorische und didaktische Unsicherheiten an gewerblich-technischen Berufsschulen 157Michael K. Brandt/Jörg-Peter Pahl

Geschäfts- und Arbeitsprozesse als Grundlage beruflicher Ausbildungs- und Lernprozesse 163A. Willi Petersen

Praxisbeitrag

Prozessorientierung in der Personalentwicklung 174Dirk Müller/Helga Unger/Jürgen Kreienbaum

Geschäftsprozessorientierte Ausbildung für Kaufleute 183Rainer Bremer

Forum

Anforderungen an betriebliche Praxisstudien für (angehende) Berufspädagogen 186Sven Adiek/Franz Stuber

Berichte, Rezension, Mitteilungen

Felix Rauner (Hrsg.): Handbuch Berufs-bildungsforschung 189Thilo Harth

Einladung zur Mitgliederversammlung der BAGElektrotechnik-Informatik e.V. 190

Hochschultage Berufliche Bildung in Bremen 191

Autorenverzeichnis 191

Ständiger Hinweis und Beitrittserklärung 192

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Gottfried Adolph

Beratung, Kontrolle, Überwachung

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Kommentar

Die Zeit der geschlossenen Klassentü-re scheint nun endgültig ihrem Endeentgegen zu gehen. Das, was bisherhinter geschlossenen Türen ablief,wird öffentlich. Wie Vieles in derSchulrealität, kann auch die Praxis dergeschlossenen Klassentüre unterunterschiedlichen Aspekten unter-schiedlich bewertet werden. Es gibtkein Entweder-Oder sondern ein So-wohl-als-auch. Im schlechten Fallkönnen und konnten die Schüler derWillkür eines Lehrers und seiner fach-lichen und menschlichen Unzuläng-lichkeit hilflos ausgesetzt sein. Schülerund Lehrer können und konnten sichgegenseitig verabscheuen, ohne dassetwas nach außen drang oder dringt.Es kann und konnte aber auch dasGegenteil geschehen. Hinter demSchutz der geschlossenen Klassentü-re konnte und kann der Lehrer Pläneund Vorschriften, Pläne und Vorschrif-ten sein lassen und das menschlichund pädagogisch Angemessene ei-genverantwortlich tun. In beiden Fäl-len, dem Negativen und dem Positi-ven, entlastet die geschlossene Klas-sentüre den Lehrer davon, sein Tunund Handeln vor „Außenstehenden“zu verantworten.

Wie alle totalitären Staaten versuchteauch der Nazistaat das Bildungswe-sen unter strenge Kontrolle zu bringen.Es wurden Reichslehrpläne entwi -ckelt. Sie sollten sicherstellen, dassam Tag X zur Stunde Y in allen Klasseneiner Schulform und eines Jahrgangesdas Gleiche gelehrt wurde. Unange-meldete Besuche der Schulaufsichtsollten das sicherstellen. Die ge-schlossene Klassentüre erlaubte man-chem geschickten Lehrer, sich diesemKontrolldruck zu entziehen. Sie unter-richteten das, was sie unter pädagogi-schem Aspekt für richtig hielten. Sieverwahrten in der Pultschublade je-doch das für die jeweilige Situationvorgeschriebene Reichslehrplanthe-ma. Das erlaubte ihnen, wenn plötzlichder Schulrat erschien, genau das zuunterrichten, was im Reichslehrplanvorgeschrieben war. Die staatlicheKontrolle, die sich, wie in jedem totali-tären Staat in eine Überwachung wan-

delte, scheiterte so an der Praxis dergeschlossenen Klassentüre.

In allen modernen Staaten wird dieschulische Bildung als öffentliche Auf-gabe verstanden. Organisation undAusstattung der Schulen, Lehr- undLerninhalte und ihre Vermittlungsfor-men unterliegen dem politischen Ge-staltungswillen und der staatlichenKontrolle. Gestaltungswille und Kon-trolle können jedoch kaum Wirkungentfalten, wenn das, was wirklich imUnterricht geschieht, sich hinter ge-schlossenen Klassentüren verbirgt. Esist deshalb nicht verwunderlich, dassdie gestaltenden und kontrollierendenKräfte sich Einlass in das innere Gefü-ge des Unterrichtens verschaffen wol-len, wenn ihnen eine durch internatio-nale Vergleichsstudien aufgeschreck teÖffentlichkeit im Nacken sitzt. In denStrukturen unserer Verwaltungen kanndas nur institutionell verwirklicht wer-den. Deshalb sind die nach unsererVerfassung für die Schulen zuständi-gen Länder seit einiger Zeit dabei, In-stitutionen der Schulinspektion aufzu-bauen und zu installieren. Man orien-tiert sich dabei an Vorbildern, wie siedie Niederlande, Großbritannien oderdie nordischen Länder liefern.

In den Niederlanden wird die Schulin-spektion schon seit längerer Zeit prak-tiziert und, so wird berichtet, von denLehrern voll akzeptiert. Die Schulin-spektoren verstehen sich als Berater.Sie haben das Ziel, zusammen mit denLehrern und Schulleitern, Unterrichtund Unterrichtsorganisation zu ver-bessern. Um das realisieren zu kön-nen, haben sie Zugang zu allem, wasin der Schule geschieht und bewertenalles nach abgestimmten Kriterienka-talogen. Es ist selbstverständlich,dass die Akzeptanz durch die Lehrerdavon abhängt, ob die Kommunika-tion zwischen Lehrer und Inspektorauf gleicher Augenhöhe stattfindet.

Bei der Übertragung des niederländi-schen Modells auf unsere bundesre-publikanischen Verhältnisse sehe ichgroße Schwierigkeiten. In der Regelhat der niederländische Lehrer ein völ-lig anderes Selbstbewusstsein. Auf

Grund einer anderen Tradition empfin-det er die Schulinspektion nicht alsObrigkeit. Würde sie als solche auftre-ten, hätte sie nicht die geringste Chan-ce.

Das ist bei uns anders. Wir kommenaus der Tradition des Obrigkeitsstaa-tes. Lehrer haben sich Eltern undSchülern gegenüber immer als Obrig-keit verstanden und andererseits ha-ben sie die Schulaufsicht als Obrigkeitakzeptiert. Das Verhaftetsein der öf-fentlichen Schule im Obrigkeitsdenk-muster ist einer der Gründe dafür,dass die Gewerkschaften zur Berufs-schule immer ein distanziertes Verhält-nis hatten. Auch die Überregulierung,die bei uns alles Schulische im eiser-nen Griff hält, hat hier ihre Wurzeln. Anvielen Beispielen kann man deutlichmachen, wie die Regulierung durchdie Abwälzung von Eigenverantwor-tung „nach oben“ in Gang gesetztwird. Z. B.: „Gib mir detaillierte Lehr-pläne, damit ich nicht die Verantwor-tung dafür habe, was ich meinenSchülern zu lernen zumute.“ (Wer dieniederländischen Verhältnisse etwaskennt, weiß, dass das dort ganz an-ders ist.)

Wir haben allen Grund zu befürchten,dass bei uns das Aufreißen der Klas-sentüre durch die Schulinspektionnicht zur Beratung auf Augenhöheführt, sondern zur bevormundendenBeratung bis hin zur Kontrolle undÜberwachung. Das Ganze wird nochdadurch verstärkt, dass es über denZusammenhang von Unterrichten undLernen, von Lehren und Lernen (noch)kaum belastbares Wissen gibt. So lan-ge Schulaufsicht als Obrigkeit in Er-scheinung tritt, wird dieser Sachver-halt vertuscht, und unter dem (Deck-)Mantel der Wissenschaftlichkeit herr-schen persönliche Gewissheiten aufder Basis des so trügerischen gesun-den Menschenverstandes. Es ist zubefürchten, dass die Willkür hinter dergeschlossenen Klassentüre von derWillkür der Unterrichtsinspektion ab-gelöst wird.

Selbst wenn das nicht so käme, wiehier befürchtet, bewirkt die Schulin-

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Peter Röben/Franz Stuber

Editorial

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spektion eine Verschiebung der Per-spektive. Zu Ungunsten des Lernensrückt das Lehren stärker in den Licht-kegel der Wahrnehmung. An einemkonkreten Beispiel möchte ich dasdeutlich machen. Ich kannte einenLehrer, der so ungeschickt war, dasses ihm nie gelang, einen Versuch er-folgreich aufzubauen. Es funktionierte

Aber dennoch kann man in den Unter-nehmen, bei denen man vermutenkönnte, dass diese Sicht in ihnen nocham ehesten zutrifft, z. B. in der chemi-schen Industrie empirisch nachwei-sen, dass auch hier die Arbeitnehmerdarin qualifiziert werden, über den ei-genen Arbeitsplatz hinaus das Ganzeder Produktion zu erfassen, an der siemit ihrem Arbeitsprozess beteiligtsind. Meist wird dieser Ansatz als pro-zessorientiert bezeichnet. Ist mit die-ser Prozessorientierung schon Ge-schäftsprozessorientierung gemeint?

Mit Geschäftsprozess ist der Zu-sammenhang vieler einzelner Prozes-se gemeint, den man auch als Wert-schöpfungskette bezeichnet. Ge-schäftsprozessorientierung meintdann, dass der Ablauf dieser Kettenicht durch die Aufbauorganisation,also die funktionelle Struktur desUnternehmens, behindert werdendarf. Mit Behinderung ist hier im We-sentlichen die Zeitdauer gemeint, dieder Vollzug der Wertschöpfungskettein Anspruch nimmt. Abbau der Behin-derung heißt, dass die Zeit zwischenAuftragseingang und Warenlieferungminimiert wird und das Unternehmenden Kunden schneller beliefert als dieKonkurrenz. Da in der gesamten Wert-schöpfungskette nicht nur Zeiten derunmittelbaren Fertigung der Waren zuBuche schlagen, sondern auch Lager-zeiten und Zeiten, in denen lediglichInformationen verarbeitet und zwi-schen den Abteilungen weitergeleitetwerden, betrifft die Geschäftsprozess -orientierung alle Bereiche des Unter-nehmens. Und es wird schnell deut-lich, dass die informationelle Vernet-zung der verschiedenen Unterneh-

Arbeits- und Geschäftsprozessorien-tierung ist ein Thema, das durch Publi-kationen wie z. B. HAMMER und CHAM-PY: „Business Reengineering – Die Ra-dikalkur für das Unternehmen“ in denneunziger Jahren populär wurde undauch im Bereich der beruflichen Bil-dung seine Spuren hinterlassen hat.Aber wie so häufig bei dem Aufgreifenpopulärer Begriffe zeigt sich in derkonkreten Umsetzung, dass damit kei-neswegs klare Sachverhalte bezeich-net werden, sondern eine Vielzahlunterschiedlicher, teilweise sogarwidersprüchlicher Ansprüche an dieberufliche Bildung gestellt werden.

In unserem Aufsatz in dieser Ausgabewird der widersprüchlichen Seite derArbeits- und Geschäftsprozessorien-tierung nachgegangen und aufgezeigt,dass wohl kein Unternehmen es sichleisten kann, seine Aufbauorganisa-tion zu Gunsten der Prozessorientie-rung zu vernachlässigen. Dennochgibt es natürlich branchenspezifischeUnterschiede. In der chemischen In-dustrie beispielsweise werden Raffi -nerien, Steamcracker und andereGroßanlagen der Grundstoffchemie si-cherlich viel weniger prozessorientiertbetrieben als z. B. Fabriken, die Mu-sik-CDs produzieren. Während die ers-teren für einen relativ konstantenMarkt produzieren, müssen die Her-steller von Musik-CDs in der Lagesein, eine Hit-CD in kurzer Zeit in gro-ßer Stückzahl auf den Markt zu brin-gen, da das Kundeninteresse an demHit genauso schnell wieder verschwin-det, wie es erscheint. Und planen lässtsich der Hit sicherlich auch nicht.

Was soll mit diesem Beispiel zum Aus-druck gebracht werden? Geschäfts-prozessorientierung bedeutet in Be-zug auf die Prozesse in einem Unter-nehmen eine Gewichtung zu Gunstender auf den Kunden ausgerichtetenDynamik. Die Prozesse im Unterneh-men, die gar nicht nach außen gerich-tet sind, wie z. B. die Instandhaltungoder die Personalverwaltung, Lager-haltung oder auch die eigentliche Pro-duktion, werden systematisch darauf-hin untersucht, wie sie ihren Beitragdazu leisten können, dass das Unter-nehmen auf Kundenwünsche schnellund flexibel reagieren kann, bevor derKonkurrent dies tut. Das Gewicht, dasall diesen Unternehmensvorgängenbeigemessen wird, bestimmt sich ausder Strategie des Unternehmens, diees auf den Märkten, auf denen es tätigist, realisieren will. Bekanntlich werdenEntscheidungen über die Strategie ei-nes Unternehmens auf der Manage-mentebene gefällt. Sodass man tat-sächlich fragen könnte, warum sichdie gewerblich-technische Berufsbil-dung mit der Geschäftsprozessorien-tierung beschäftigen soll. Gewerblich-technische Arbeitnehmer sind nichtdamit befasst, solche Entscheidungenzu treffen und bislang ist auch nochkein Unternehmen bekannt geworden,in dem die Arbeitnehmer über die stra-tegische Ausrichtung mit entschiedenhätten.

Damit wären wir beim Fall b der imAufsatz von BRANDT und PAHL in die-sem Heft gemachten Unterscheidungangelangt: Arbeitsprozesse und Ge-schäftsprozesse verhielten sich dem-nach disjunktiv zueinander.

nie. War er deshalb ein schlechterLehrer? Er war es nicht. Er war so einPfundskerl, dass seine Schüler in lieb-ten. Sie halfen ihm, wo sie konntenund übernahmen es, die geplantenVersuche aufzubauen. Fachlich lern-ten sie dabei viel mehr, als wenn allesperfekt funktioniert hätte. Darüber hin-aus lernten sie sehr viel Menschliches,

vor allem Solidarität und Hilfsbereit-schaft und, da der Lehrer keinen Hehldaraus machte, seine eigene Unge-schicklichkeit zu bekennen, war er einModell für kompetente Lebensbewäl-tigung. Kann eine solche Lernrealitätbei dem Besuch des Schulinspektorssichtbar werden? Ich habe da meineZweifel.

Kommentar/Editorial

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Editorial/Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

mensteile durch moderne IuK-Techni-ken erheblich zur Realisierung vonverkürzten Durchlaufzeiten beitragenkann.

In diesem Sinne kann Prozessorientie-rung mit Geschäftsprozessorientie-rung synonym verwendet werden.Aber Prozessorientierung kann auchanders verstanden werden. Damit dasZiel der Geschäftsprozessorientierungaufgeht und tatsächlich Waren in ho-her Qualität, gewünschter Stückzahlund zum zugesagten Zeitpunkt beimKunden eintreffen, ist nicht nur Infor-mationsverarbeitung vonnöten, son-dern ein minutiöses Ineinandergreifender in der Wertschöpfungskette ver-knüpften Arbeitsprozesse. Und damitdiese im gewünschten Sinne tatsäch-lich ineinander greifen, sind die Trägerdieser Arbeitsprozesse gefordert. Da-mit ist gemeint, dass die gewerblich-technischen Fachkräfte im Sinne desGeschäftsprozesses agieren sollenund in modernen Unternehmenskon-zepten erfordert dies mehr als nurDienst nach Vorschrift (oder Arbeitnach Arbeitsanweisung) abzuleisten.Durch die Reduktion der Hierarchie -ebenen in der Organisation ist jedemoderne Organisation viel mehr alsfrüher darauf angewiesen, dass die

der Geschäftsprozessorientierung alsUnternehmensstrategie und daraufaufbauend wird zur Diskussion ge-stellt, was eine differenzierte Bezug -nahme der gewerblich-technischenBildung auf Geschäftsprozesse be-achten sollte.

Geschäftsprozessorientierungals Rationalisierungsstrategie

Der Begriff „Geschäftsprozess“ kannin einer ersten Näherung als betrieb-licher Ablauf charakterisiert werden.

Einleitung

Geschäftsprozessorientierung ist zueinem Gemeinplatz als Leitlinie für dieGestaltung beruflicher Bildung avan-ciert.1 Sie findet ihren Niederschlag inder Gestaltung beruflicher Curricula,so z. B. bei der Entwicklung der IT-Be-rufe und auch bei den neu geordnetenElektro- und Metallberufen. Exempla-risch etwa bei der Deutschen Telekomdienen „... die betrieblichen Ge-schäftsprozesse als Grundlage für dieErstellung der Lernaufträge. Das führt

dazu, dass sich die Auszubildendenbei jedem Ausbildungsschritt im Ge-schäftsprozess des Unternehmenswiederfinden und dass die Ausbildungpraxis- und geschäftsprozessorien-tiert erfolgt.“ (BORCH et al. 1999, S. 46).

Im Folgenden wird deshalb nach derHerkunft, der Reichweite und den Im-plikationen dieser Orientierung für diegewerblich-technische Bildung ge-fragt, um die damit einhergehendenMöglichkeiten und Grenzen auszulo-ten. Dazu erfolgt zunächst eine Re-konstruktion und kritische Würdigung

Mitarbeiter nicht nur tun, was man ih-nen sagt, sondern auch wollen, wasman von ihnen verlangt. Der Begriffder Kompetenz erlebt auch deswegeneine solche Verbreitung und Popula-rität, weil in ihm die Anteile der Motiva-tion und persönlichen Einstellung desArbeitenden als bedeutsam herausge-strichen werden.

Geschäftsprozessorientierung erweistsich also als das Ineinandergreifen vonstrategischen Managemententschei-dungen und ihrer Umsetzung auf deroperativen Ebene. Zwar werden diegroßen Ziele der Unternehmen nicht inden Werkshallen per Abstimmung ver-abschiedet, aber jedes Managementlegt heutzutage viel Wert darauf, dassihre Strategien von denen verstandenwerden, die zu ihrer Umsetzung bei-tragen müssen.

Dass dies keine leeren Floskeln sind,haben empirische Untersuchungen z. B. zum lernenden Unternehmen be-legt und die konkrete Umsetzung lässtsich in diesem Themenheft an denBeispielen von MÜLLER, UNGER undKREIENBAUM für das UnternehmenJohn Deere und dem Beispiel vonBREMER für das Unternehmen VW ab-lesen.

Ist berufliche Bildung am Ziel, wenndieser Zusammenhang in der Ausbil-dung deutlich gemacht wird und dieKompetenzen der Auszubildenden fürdie Arbeit in modernen Organisationenbefördert werden? Geht man nachden Anforderungen der KMK, dannkann diese Frage nur negativ beant-wortet werden. Gerade die neuestenZeitungsmeldungen von Entlassungenbei Siemens, DaimlerChrysler, Deut-scher Bank, IBM, Allianz etc. machendeutlich, dass die Geschäftsprozess -orientierung zwar zur Steigerung derUnternehmenseffektivität führt, aberdie strukturellen Probleme der Gesell-schaft weiter verschärft. Dieses Span-nungsfeld zwischen Geschäftsprozess -orientierung und eigener Lebenspla-nung und der Realisierung eigenerInteressen der Auszubildenden wird inden Unternehmen naturgemäß wenigoder gar nicht thematisiert. Es ist derPart der Berufsschule zur Reflektiondieser Seite von Geschäftsprozess -orientierung beizutragen und die Aus-zubildenden dazu zu befähigen, Kom-petenzen zur Führung eines Lebens ineiner durch Geschäftsprozesse sehrturbulenten Gesellschaft zu erwerben.

Peter Röben/Franz Stuber

GeschäftsprozessorientierungVom (begrenzten) Nutzen eines Leitbilds

in der Berufsbildung

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Zugleich verweist die Kennzeichnungals Geschäftsprozess auf den unter-nehmerischen Zweck der Gewinner-zielung als Differenz zwischen veraus-lagten Kosten und Einnahmen. AlsName für ein Spektrum von Ansätzenzur Reorganisation von Unternehmenwurde die Geschäftsprozessorientie-rung Anfang der 90er-Jahre unter demTitel „Business Process Reenginee-ring“ entwickelt. Als gemeinsames Zieldieser Ansätze gilt die Optimierung, d. h. zeit- und kostenmäßige Minimie-rung der organisatorischen Unterneh-mensabläufe/-prozesse. Die betriebli-che Leistungserstellung soll insbeson-dere durch die Verkürzung von Durch-laufzeiten und die damit verbundeneReduktion von Kosten in Entwicklung,Produktion und Verwaltung effektiviertwerden. Neben die Reduktion vonKos ten treten allerdings auch immerwieder Fragen der Qualität der produ-zierten Waren oder der angebotenenDienstleistungen und Fragen der Fle-xibilität und Schnelligkeit mit der Kun-denwünsche befriedig werden kön-nen.2

Die Strategie der Geschäftsprozess -orientierung (und deshalb -optimie-rung) nimmt dafür eine Neubewertungim Spannungsfeld betrieblicher Auf-bau- versus Ablauforganisation vor.Die neue Sicht auf die betrieblichenAbläufe zielt auf die Identifikation sogenannten Kernprozesse wie etwaAuftragsabwicklung, Beschaffung etc.Für deren Effektivierung werden abge-grenzte organisatorische Einheiten(cost- oder profit center) gebildet und„Prozessverantwortliche“ (processowner) berufen, die die Beschleuni-gung der Prozesse sicherstellen sollen(vgl. THEUVSEN 1996). Als eine wesent-liche Achillesferse dieser Neuorientie-rung wird die informationstechnischeSteuerung durch so genannte Work-flowsysteme angesehen. Workflowsys-teme bilden die den verschiedenenProzessen zugeordneten Vorgänge inabteilungsinternen wie auch -über-greifenden Vorgangsketten ab. Dieseelektronische Datenübermittlung undProzesssteuerung zielt auf die Stan-dardisierung und Beschleunigung derzu einem Prozess gehörenden Opera-tionen (vgl. PAUL/MAUCHER 1998). DieStrategie der Geschäftsprozessorien-tierung führt durch die Straffung derproduktionsnahen Planungsabteilun-gen zu einer Anreicherung von planeri-

schen und steuernden Aufgabeninhal-ten auf der Ebene der Facharbeiter (-teams) und auch bei den An- und Un-gelernten in Produktion und Instand-haltung (vgl. BAUER/RÖBEN/SCHNITGER

2005).

Die bis Mitte der 90er-Jahre feststell-bare Euphorie über versprochene„Quantensprünge in der Produktivität“ist mittlerweile einer gewissen Ernüch-terung gewichen. Welche Gründe sinddafür maßgeblich? Dass die Betonungder Zeit- und Kostenreduzierung füreinzelne Prozesse etwa ein flexiblesStörungsmanagement in Produktionund Instandhaltung erschwert und er-fahrungsbasierte Lerngelegenheitenim Arbeitsprozess behindert, dürftezwar allen in der Berufsbildung Täti-gen vertraut sein. Interessanterweisewaren es jedoch in erster Linie be-triebsökonomische Gründe, die zu ei-ner kritischeren Einschätzung der Ge-schäftsprozessorientierung führten.Beispielhaft sei dies an einem pro -zess orientierten Reorganisationspro-jekt in einem Werk der Motorenferti-gung aufgezeigt. Dort wurde zunächstdie Fertigung strikt nach dem Prozessder Auftragserfüllung in die „profitcenter“ Bahn-, Werkzeugmaschinen-und Energieversorgungsmotoren auf-geteilt (Abb.1).

Nach Einführung ergab sich jedochbald eine als unzureichend erachteteAuslastung bei den Maschinen in derBlechbearbeitung und die Versuche

des Ausgleichs von Belastungsspitzenzwischen den selbstständigen Prozes-sen führten zu einem als unangemes-sen hoch angesehenen Koordina-tionsaufwand. Um diese Nachteile zuvermeiden, fand sehr bald wiederumein „Re-Re-Engineering“ zu Gunsteneiner zentralen Blechbearbeitung statt(Abb. 2).

Ähnliche negative Effekte wurden be-kannt und in der Fachpresse wurdebereits darüber spekuliert, inwieweitdie kürzlichen Probleme eines be-kannten PKW-Zulieferers von Ölfilternauf eine überzogene Prozessoptimie-rung in der Produktentwicklung unterVernachlässigung von Qualitätszielenzurückzuführen sei.

Allgemein kann gesagt werden, dasses auch auf Grund derartiger Erfahrun-gen wieder ruhiger um die Strategiender Geschäftsprozessorientierung ge-worden ist. Insbesondere geraten dieverschiedenen Zielkonflikte, und hierbesonders der Konflikt zwischen Pro-zess- und Ressourcenökonomie, wie-der verstärkt ins Blickfeld der betrieb-lichen Planer sowie der betriebswirt-schaftlich angeleiteten Forschung (vgl.Controlling-Dialog 1997, SCHERER

1998). Hier ist der Zielkonflikt ange-sprochen, dass Maßnahmen zur Ver-kürzung von Durchlaufzeiten – damitvon einzelnen Auftragsabwicklungs-prozessen – tendenziell zu einer ver-schlechterten Ressourcenauslastungführen: Unter der Zielstellung der Pro-

Bahnmotoren

Blech-

fertigung ... ...

Werkzeugmaschinenmotoren

Blech-

fertigung ... ...

Energieversorgungsmotoren

Blech-

fertigung ... ...

Fertigungsfluss

Abb.1: Re-Engineering in einem Werk der Motorenfertigung (nach MERTENS

1998)

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

zessverkürzung müssen Teile mög-lichst schnell von Bearbeitungsstationzu Bearbeitungsstation gelangen undohne Liegezeit bearbeitet werden. Un-ter der Zielstellung der Ressourcen-ökonomie ist es demgegenüber ange-sagt, Aufträge zu bündeln, sodass mitgleichen oder ähnlichen Bearbei-tungsoperationen Rüstzeiten mini-miert werden können (vgl. STUBER

1997). Derartige Interdependenzenwerden bei der Geschäftsprozess-orientierung unterschätzt oder gar ab-sichtlich ausgeblendet (THEUVSEN

1996); manches Versprechen vonUnternehmensberatern aus der Zeitder „Prozesswelle“ erweist sich daherals billige Marketingstrategie.

Mit diesem zwiespältigen Befund nachdem Exkurs in die betriebswirtschaft-lich angeleitete Forschung und Praxisdrängen sich folgende Fragen auf:Handelt es sich daher bei der Ge-schäftsprozessorientierung als Leit-bild gewerblicher Bildung um ein„Hinterherlaufen“ einer Praxis, die inden Unternehmen in der Zukunft garnicht mehr relevant ist? Oder gar umdie Preisgabe pädagogisch-kritischerPositionen, geboren aus einer falschverstandenen Praxisorientierung? Umdiese pointierten Fragen beantwortenzu können, wird im Folgenden dasKonzept der Geschäftsprozessorien-tierung an aktuellen Anforderungen inder gewerblichen Berufsbildung ge-spiegelt.

Geschäftsprozesse als Referenzpunkt für die Berufsbildung

Geschäftsprozesse und Arbeitsor-ganisation

Sehen wir zunächst ab von der Über-höhung und Vereinseitigung der Ab-lauf- im Verhältnis zur Aufbauorgani-sation von Unternehmen, so ist an derGeschäftsprozessorientierung hervor-zuheben, dass sie den Blick für be-triebliche Abläufe und organisatori-sche Verfahren als Gegenstand vonAus- und Weiterbildung schärfenkann. Diese Blickrichtung enthält inso-fern ein Innovationspotenzial, als esdie arbeitsplatzübergreifenden Mo-mente von Arbeitsprozessen betont.Denn betrachtet man die traditionelleschulische Qualifizierung, so wird dortin hohem Maße vom betrieblichen Ge-schehen abstrahiert. Fachkunde lehrt„abstrakte Technik“ ohne den „ökono-mischen und beruflichen Verwer-tungs- sowie den arbeitsbezogenenAnwendungszusammenhang“ (PETER-SEN/RAUNER 1996, S. 44). Arbeit undArbeitsaufgaben für Facharbeiter defi-nieren sich nicht von den in den tech-nischen Systemen enthaltenen dispa-raten Zielen und Zwecken her, son-dern vom notwendigen Umgang mitvorgesetzten Arbeitsmitteln und Ar-beitsgegenständen, „ ... angepasst aneinen in Elemente geteilten Lernpro-zess. Wer so bröckchenweise lernt,hat auch gelernt, seine Arbeit bröck -chenweise zugeteilt zu bekommen.“

(GRONWALD 1991, S. 76). Der in Einzel-verrichtungen zerlegte Arbeitsprozessist als nicht hinterfragbar vorausge-setzt. Die ökonomischen und sozialenKriterien seiner Gestaltung werdenhäufig nicht vermittelt und bleibendeshalb unbegriffen.

Wenn nun die verschiedenen Techno-logien so zum Gegenstand des Unter-richts werden, dass nach den Zielenund Zwecken der Geschäftsprozesse,in denen sie eingesetzt werden, ge-fragt wird, wird eine Form der beruf-lichen Bildung gestützt, die mithilft,das Denken, Handeln und Lernen inVerrichtungen, Funktionen und isolier-ten Fächern zu überwinden. Insofernstellt es eine nicht zu unterschätzendeNeuerung dar, wenn in der schuli-schen Ausbildung die betrieblichenGeschäftsprozesse zum ausdrück -lichen Lernfeld erklärt werden.

Wie im vorherigen Abschnitt deutlichwurde, handelt es sich bei der Ge-schäftsprozessorientierung um einedezidierte Rationalisierungstrategie.Deren Kenntnis gehört zu einer beruf-lichen Handlungskompetenz, wenndie in der Technik vergegenständlich-ten Zwecke und Organisationsweisenein Gegenstand gewerblich-techni-scher Berufsbildung werden sollen.Damit ist nun zugleich eine erste Gren-ze der Geschäftsprozessorientierungals Referenzpunkt benannt. Denn imgewerblich-technischen Bereich sinddie Geschäftsprozesse nicht der un-mittelbare Arbeitsgegenstand, viel-mehr tauchen die Geschäftsprozesseals Anforderung an die Handhabungtechnischer Arbeitsgegenstände undArbeitsmittel auf. Dies markiert einendidaktisch bedeutsamen Unterschiedzu den kaufmännischen Berufen. Diein Geschäftsprozessen festgehaltenenbetriebswirtschaftlichen Zielsetzun-gen sind deshalb stets zu beziehenauf die sachlichen technologischenund sozialen Besonderheiten der Ar-beitsprozesse. Dies stellt besondereAnforderungen an die didaktische Ge-staltung von Lernarrangements, damitdieses Verhältnis in der Ausbildungzum Tragen kommen kann.

Der Charakter betriebswirtschaftlichmotivierter Geschäftsprozesse als An-forderung, aber nicht als unmittelbarerGegenstand in der gewerblichen

Blech-

fertigung

Bahnmotoren

... ...

Blech-

fertigung

Energieversorgungsmotoren

... ...

Blech-

fertigung

Werkzeugmaschinenmotoren

... ...

Fertigungsfluss

Blech-

fertigung

Abb. 2: Lösung nach Re-Re-Engineering (nach MERTENS 1998)

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Facharbeit macht sich auch in folgen-den Sachverhalten geltend:

– Geschäftsprozesse folgen betriebs-und branchenspezifischen Kriterienfür die Beschleunigung betrieb-licher Abläufe. Daraus nun berufli-che Kompetenzprofile abzuleiten,wäre eine problematische Verkür-zung. Denn Berufsprofile weisennicht erst unter dem Bildungs-aspekt, vielmehr bereits unter demqualifikationsbezogenen Verwer-tungsaspekt über diese Spezifikahinaus, da sie auf eine allgemeineBefähigung in einem Arbeitsfeldzielen.

– Auch macht es für eine Vielzahl ge-werblicher Arbeitsaufgaben wenigSinn, diese als Geschäftsprozesszu definieren. Dies wird spätestensdann offenkundig, wenn man Ar-beitsaufgaben betrachtet, bei de-nen es darum geht, eine Vielzahldis parater und konkurrierender Ge-schäftsprozesse zu steuern und zuüberwachen, etwa bei der Planungund Koordination von Fertigungs-und Instandhaltungsaufträgen.

– Das Wissen um Geschäftsprozesseersetzt nicht die Analyse und Trans-formation beruflicher Arbeitspro-zesse in didaktisches Handeln. Dieswird deutlich, wenn man eine Auf-gabe der dualen Erstausbildung be-trachtet. Betriebsindividuelle Be-sonderheiten von Geschäftsprozes-sen können einerseits die arbeits-platzübergreifende betrieblicheAusbildung strukturieren. Eine pä-dagogische und didaktische Qua-lität erreicht dies andererseits abererst, wenn die dabei geltend ge-machten Anforderungen sowohlaus dem Blickwinkel alternativerProzesse reflektiert, als auch mitberuflichen Kompetenz- und Bil-dungsansprüchen konfrontiert wer-den. Für die Gestaltung dieser not-wendigen Kooperation und der da-bei zu verteilenden Akzente zwi-schen Schule und Betrieb gibt dieGeschäftsprozessorientierung kei-ne Hinweise.

Geschäftsprozesse und Arbeitspro-zesswissen

Mit dem letztgenannten Punkt ist be-reits ein weiterer Sachverhalt ange-sprochen, der unter der Fragestellungder Reichweite und Grenzen der Ge-

tig, wenn sich die Verantwortung nichtauf den individuellen Ort des Arbeits-platzes beschränkt, sondern auf dieim Team zu beherrschende Abwick -lung von Geschäftsprozessen, die um Termine und Ressourcen konkur-rieren.

Das Arbeitsprozesswissen markiert ei-nen wichtigen Bezugspunkt für dieFachtheorie von Facharbeitern. Um eszu erlangen, benötigen Facharbeitereinen Erfahrungsraum, in dem ökono-misches und technisches Fachwissensubjektiv verarbeitet werden kann.Dieser Erfahrungsraum war traditionelldie Arbeit selbst: im Zeitraum der Erst-ausbildung die Möglichkeit des Ler-nens im Arbeitsprozess. Beim ausge-bildeten Facharbeiter dann „Poren“ imArbeitstag, die durch unverplante undunausgefüllte Zeitabschnitte gekenn-zeichnet sind. Vor allem wenn sie imGefolge von Problemsituationen imBetrieb auftreten und Gelegenheiteneröffnen, Lösungswege zu entwickelnund zu reflektieren. Dieser Erfahrungs-raum für Facharbeiter wird nicht zu-letzt durch geschäftsprozessorientier-te Rationalisierung eingeschränkt.Aber auch während der Ausbildungselbst sind Lernmöglichkeiten im Ar-beitsprozess eingeschränkt worden;besonders durch die Verschulung derAus- und Weiterbildung in Großbetrie-ben. Aber auch in Kleinbetrieben gibtes das Phänomen, dass die Auszubil-denden mit den teuren Anlagenkom-plexen keine Erfahrungen machendürfen.

schäftsprozessorientierung als Leit-bild gewerblicher Bildung Beachtungverdient. Verschiedene Untersuchun-gen in den letzten Jahren, die sich mitder Wissensaneignung und -veraus-gabung in der gewerblich-technischenFacharbeit befassen, sind zu dem Er-gebnis gelangt, dass dessen hand-lungsrelevante Qualität in der Vermitt-lung zwischen den konzeptionellenModellen der Unternehmensorganisa-tion und den real zu bewältigenden Ar-beitssituationen besteht (vgl. FISCHER

1997, 2003). Diese als Arbeitsprozess-wissen gekennzeichnete Form beruf-licher Handlungskompetenz geht überdas Verfügungswissen über Einzelver-richtungen und repetitive Einzelarbeithinaus, indem es die verschiedenenTeilarbeiten in den Fabrikzusammen-hang einordnet. Insofern enthält es –häufig informell erworbenes – Wissenüber die betrieblichen Geschäftspro-zesse. Dies allerdings jedoch nicht ausder betriebswirtschaftlichen Perspek-tive, sondern aus der Perspektive derRealisierung. Abb. 3 verdeutlicht die-sen Zusammenhang.

Im beruflichen Arbeitsprozesswissensind die Brüche und Diskrepanzensubjektiv verwoben, die in der moder-nen Industriearbeit allfällig sind: zwi-schen dem Funktionieren-Sollen derTechnologie und ihren „Marotten“,zwischen dem betriebswirtschaftlichoptimierten Geschäftsprozess unddessen Verarbeitungsweisen im Ar-beitsprozess. Dieses Arbeitsprozess-wissen wird nun in innovativen Unter-nehmenskonzepten besonders wich-

Arbeitsprozesswissenentsteht in Problemsituationen

bei der Arbeit, z.B. an der Schnittstelle zwischen- dem intendierten Wirken und den 'Marotten' der Technologie

- dem betriebswirtschaftlich 'optimierten' Plan und dessen Realisierung- geplanter Arbeitsteilung und unbürokratischer Zusammenarbeit bei

'unvorhergesehenen' Ereignissen

Wissen um

Geschäftsprozesse

Wissen und

Erfahrungen

aus der Produktion

Abb. 3: Berufliches Arbeitsprozesswissen

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Geschäftsprozesse als Referenzpunktin Lernkonzepten eignen sich unterdem Gesichtspunkt der Workflowsys -teme besonders für die Thematisie-rung der digitalen Informationsverar-beitung als Übertragung geistiger Ar-beitsprozesse an den selbsttätigenMechanismus des Computers.

„In Software gehen zum Teil sowohldie Werkzeuge zur Ausführung der Ar-beit als auch die Gegenstände, auf diesich die Arbeit bezieht, ein. ... Eine Be-trachtung von Software und Organisa-tion, die beide nicht zusammenführt,wird aus diesem Blickwinkel schnellfragwürdig. Doch nicht nur der stati-sche Aspekt, sondern auch das Wis-sen einer Organisation über ihre Dyna-mik und ihre normativen Abläufe ist inder Software enthalten. Indem diesesWissen einer Organisation über ihrearbeitsteiligen Abläufe sich in der Soft-ware wiederfindet, wird Software zumMedium organisatorischer Gestaltung.Deutlich wird dies im Workflow Ma-nagement, bei dem die Abläufe aktivgesteuert werden. Hier wird erkenn-bar, wie sehr das Verständnis einer Or-ganisation mit ihren Abläufen und dieeinzusetzende Software einander be-dingen.“ (ROLF 1998, S. 261)

Was ARNO ROLF aus der Perspektiveder angewandten Informatik formu-liert, gilt für berufliche Handlungskom-petenz in der rechnergestützten Fach-arbeit gleichermaßen. Ein Verständnisder Zwecke und der arbeitsplatzüber-greifenden Organisation ist nicht erstbei der Programmierung, sondern be-reits bei der funktions- und anforde-rungsgerechten Auswahl, Installationund Inbetriebnahme von Informations-technik erforderlich. Das Kennenler-nen der betrieblichen Geschäftspro-zesse gibt hier eine nützliche Orientie-rung. Handlungs- und Gestaltungs-kompetenz geht aber über das techni-sche Verfügungswissen über Work-flowsysteme hinaus, da es diese ausder Perspektive und mit der Erfahrungaus dem Arbeitsprozess betrachtet.Die Beurteilung dessen, was jeweilseine funktions- und anforderungsge-rechte Implementierung ist, enthältdeshalb sowohl Wissen über die infor-matisierten Anteile der Arbeitsgegen-stände und -mittel wie auch derenökonomischen und sozialen Gehalt.(vgl. STUBER 1999).

Die Integration betrieblicher Prozess-ketten in die gewerblich-technischenAusbildungsinhalte und -projekte zieltauf die Aneignung von Arbeitspro-zesswissen durch den experimentel-len Umgang mit verschiedenen Aufga-benszenarien und Organisationsvari-anten. Konzepte lernortübergreifenderLern- und Arbeitsaufgaben setzendies um (EBELING/GRONWALD/STUBER

2001). Das Konzept erweitert damitdie über technisch-organisatorischeArbeitsprozesse hinausreichende Ge-staltungskompetenz künftiger Fachar-beiter und deckt den steigenden Be-darf nach betriebswirtschaftlichenQualifikationen gewerblich-techni-scher Mitarbeiter.

Geschäftsprozesse und Informa-tionstechnik

Ein wesentliches Rückgrat der Ge-schäftsprozessorientierung ist die in-formationstechnische Vernetzung undVerknüpfung verteilter Aufgaben undAnwendungssysteme durch so ge-nannte Workflowsysteme. Nur durchdiese Systeme ist es heute z. B. mög-lich, dass man sein zukünftiges Autoschon während der letzten Montage-prozesse im Werk begleiten kann, umes dann in Empfang zu nehmen. Aberauch für die rückwärtsgewandte Ver-folgung des in allen Details dokumen-tierten Produktionsprozesses, z. B. imRahmen des Qualitätsmanagements,wird auf einen umfangreichen Bestandvon Daten zurückgegriffen, der nurnoch mit Informationstechnik bewäl-tigt werden kann.

Insbesondere Hersteller von ERP-Sys -temen3 sehen in dem Workflow-Ansatzdie Chance, langjährige Investitionenin die an traditionellen Planungsabtei-lungen orientierten, funktionsorientier-ten Module zu schützen und dennochdie Beherrschbarkeit ausufernderFunktionalitäten derselben zu verbes-sern, beziehungsweise zurückzuge-winnen. Um etwa eine geschäftspro-zessorientierte Optimierung der Auf-tragsbearbeitung zu erzielen, wirddurch Workflowsysteme eine zusätzli-che Softwareschicht über die traditio-nellen Module gelegt, von der aus jenach Definition der Vorgangskette dieeinzelnen Planungsfunktionen aktiviertund in ihrem konkreten Verlauf gesteu -ert werden. Die mathematische Grund -lage bilden in der Regel Petri-Netz-ba-sierte Notationen.

Für die Geschäftsprozessorientierungals Leitbild beruflicher Bildung ergibtsich daraus ein zwiespältiger Befund.Insofern vernetzte Hard- und Softwareeine wichtige Voraussetzung undMittel für die Effektivierung von Ge-schäftsprozessen darstellt, bietet sichhier ein hervorragender Lerngegen-stand insbesondere für die Elektro-und IT-Berufe. Die Integration derComputer-, Netz- und Steuerungs-technologien hat inzwischen in ver-schiedenen Arbeitsbereichen dazu ge-führt, dass der Gegenstand der Arbeitin der Handhabung systemischerelektro-/informationstechnischer Ar-beitsgegenstände und -mittel besteht.Ob es um Kommunikationsprozesse,um die Planung, Instandhaltung undOptimierung von Produktionsprozes-sen oder um die Installation und Kon-figuration haustechnischer Systemegeht: Sowohl die Arbeitsgegenständeund die Werkzeuge als auch die orga-nisatorischen Methoden und Verfah-ren sind zunehmend durch digitale In-formationstechnologien geprägt.

Geschäftsprozesse können auch hierjedoch nur einen Referenzpunkt für dieBerufsbildung abgeben. Was für denElektroinstallateur intuitiv einleuch-tend erscheint, gilt auch für die „ge-werblichen“ IT-Berufe. Lernkonzepte –z. B. „geschäftsprozessorientierteLernaufträge“ (BORCH et al. 1999) –etwa zur anforderungsgerechten In-stallation von Hard- und Softwarekönnen als übergeordnetes Ziel die in-formationstechnische Unterstützungeines bestimmten Geschäftsprozes-ses enthalten. Das Einrichten, Wartenund Optimieren von Systemtechnik alswesentliche Arbeitsaufgaben von Sys -temelektronikern verlaufen jedochquer zu den mit dieser Technik zusteuernden Geschäftsprozessen. Diesgilt selbst für den Fachinformatiker,dessen berufliches Kompetenzprofileine größere Nähe zu den rechnerge-stützten Anwendungssystemen – wiebeispielsweise den Workflowsyste-men – aufweist. Hier hat eine profundeKenntnis der zu modellierenden undzu steuernden Geschäftsprozesse si-cherlich ein höheres Gewicht. Aller-dings erstreckt sich auch hier berufli-che Handlungskompetenz nicht in derProgrammierung und Kontrolle infor-matisierter Geschäftsprozesse.

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Ausbildungskonzepte, die das Span-nungsverhältnis von Arbeitsprozessund dessen informatisierten Anteilenzum didaktischen Zentrum machen,sind bislang kaum entwickelt. Work-flowsysteme können hier eine beson-dere Rolle spielen, da an ihnen diederzeit weitreichendsten Versuche zurInformatisierung organisatorischerProzesse samt der damit einherge-henden Konsequenzen und Beschrän-kungen aufgezeigt werden können.

Fazit1. Geschäftsprozessorientierung hilft,

das tradierte Funktions- und Ver-richtungsdenken in der betrieb-lichen und schulischen Ausbildungzu überwinden, indem es den Blickauf betriebliche Abläufe und organi-satorische Verfahren lenkt. Eine ein-seitige Betonung der Prozesse führtaber auch in der Berufsbildung zuWidersprüchen.

2. Geschäftsprozesse und Arbeitspro-zesse soll man nicht verwechseln.Die Akteure in den gewerblich-technischen Berufen beziehen ihrWissen um die betrieblichen Ge-schäftsprozesse auf die prakti-schen Erfahrungen, sachlichen, so-zialen Voraussetzungen und Mittelin ihrem Arbeitszusammenhang.Wissen um Geschäftsprozesse istdaher nur eines von vielen Momen-ten beruflichen Arbeitsprozesswis-sens.

3. Geschäftsprozesse können einGegenstand und Orientierungs-punkt ausbildungsorientierter Ar-beitsanalysen sein. Die Kenntnisder Geschäftsprozesse ersetzt je-doch nicht die Analyse und Trans-formation beruflicher Arbeitspro-zesse in didaktisches Handeln.

4. Geschäftsprozessorientierung för-dert ein Verständnis für und Hand-lungskompetenz mit modernen In-formationstechnologien, deren sys -temischer Charakter übergreifendeArbeitsbeziehungen formalisiert.Diese Formalisierung als informati-siertes Wissen muss verstärkt zumGegenstand gewerblicher Hand-lungs- und Gestaltungskompetenzgemacht werden, insbesondere imFeld der Elektro- und Informations-technik-Facharbeit.

Anmerkungen1 Der Beitrag ist die aktualisierte Fassung

eines Fachbeitrags zum Thema dieserAusgabe (l&l 1999).

2 Siehe dazu auch den Beitrag der JohnDeere Werke in diesem Heft.

3 ERP steht für „Enterprise ResourcePlanning“ und entspricht etwa demFunktionsumfang moderner Produk-tionsplanungs- und Fertigungssteue-rungssysteme (PPS, FLS) mit integrier-ten Funktionen zur werks- und unter-nehmensübergreifenden Koordinationund Projektsteuerung.

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Berufsschule hervorgehoben, den dieKMK 1991 formuliert hat und der seit-her Eingang in die berufspädagogi-sche Praxis – vor allem im Bereich derLehrplanentwicklung – gefunden hat:„Die Berufsschule hat eine breiteGrund- und Fachbildung zum Ziel underweitert die vorher erworbene allge-meine Bildung. Damit will sie zur Erfül-lung der Aufgaben im Beruf sowie zurMitgestaltung der Arbeitswelt und derGesellschaft befähigen, in sozialer undökologischer Verantwortung“ (Abs.2.1). Die KMK hat damit eine Empfeh-lung aufgenommen, die 1989 von derEnquête-Kommission des DeutschenBundestages als ein grundlegenderPerspektivwechsel von einer anpas-sungsorientierten zu einer gestal-tungsorientierten Berufsbildung for-muliert wurde. Diese Leitidee „Gestal-ten statt anpassen“ wurde in den1980er-Jahren am ITB entwickelt(RAUNER 1988; FISCHER/HEIDEGGER/PE-TERSEN/SPÖTTL 2001) und im Rahmeneiner Reihe von Modellversuchen inder konkreten Berufsbildungspraxiserfolgreich erprobt (vgl. HEIDEGGER/ADOLPH/LASKE 1997). Die Ursachen fürdie rasche Aufnahme dieses grundle-genden Perspektivwechsels liegen

– im betriebswirtschaftlichen Interes-se der Unternehmen, ihre Organisa-tionsstrukturen nicht mehr an denbetrieblichen Funktionen, sondernan den Geschäftsprozessen auszu-richten (vgl. GANGUIN 1992)

– und damit die Beschäftigten vor al-lem in den direkt wertschöpfendenProzessen (vor allem Facharbeiter)an den Prozessen der Organisa-tionsentwicklung zu beteiligen;

– in der Entwicklung zunehmend of-fener Systeme und Systemarchitek-turen, sowohl software- als auchhardwareseitig, und der daraus ent-springenden Notwendigkeit der dif-ferenziellen Implementation techni-scher Basisinnovationen in konkre-te Produkte und Prozesse.

Unternehmen, denen es am ehestengelingt, an diesen Organisationsent-

leute unter ihnen bekennen: Stabi-lität verspricht einzig das solideFachwissen, das man schwarz aufweiß in den Lehrbüchern der Fach-wissenschaften nachlesen kann.

Nun wäre es ja die Aufgabe der Wis-senschaft gewesen, darüber aufzuklä-ren, ob es sich bei der Lernfelddiskus-sion um eine vorübergehende päda-gogische Erregung handelt oder obmehr dahinter steckt. Das Dilemmader „Wissenschaft“ besteht in diesemFall darin, dass sie in ihrer großenMehrheit von diesem raschen berufs -pädagogischen Kurswechsel, einge-leitet durch die KMK, ebenso über-rascht wurde wie die Berufsbildungs-praxis. Nach einer kurzen Phase relati-ver Sprachlosigkeit gab es eine schie-re Flut von Veröffentlichungen zur„Auslegung“ des Lernfeldkonzeptes.Hier bestätigt sich die Theorie, dassWissenschaftler selten zu den Vor-,sondern eher zu den Nachdenkern ge-hören. Das Ergebnis der wissenschaft-lichen Auseinandersetzung kennenSie. Es unterscheidet sich kaum vondem, was die Berufsbildungspraxischarakterisiert.

– Gruppe 1: Möglichst schnell aufden fahrenden Zug aufspringen undfür die Berufsbildungspraxis Re-zepte entwickeln.

– Gruppe 2: Den neuen Ansatz ad ab-surdum führen und als Ausgeburtübereifriger Berufsbildungsplanungentlarven.

– Gruppe 3: Das Thema lohnt sichnicht. Es ist zu praxisbezogen. Wirhaben im Elfenbeinturm genuggrundlegende Probleme, mit denenwir uns schon seit Jahrhundertenbeschäftigen.

Sie würden sicher gern wissen, wel-cher Gruppe ich mich zurechne. Ichplädiere für eine vierte Gruppe, dieserwürde ich mich zurechnen. Dazu fol-gende Überlegungen.

Schon im Vorwort der KMK-Handrei-chung wird der Bildungsauftrag der

Der folgende Beitrag befasst sich mitberuflichen Bildungsplänen, die nachLernfeldern strukturiert sind.1 Daraufhat sich Ende der 1990er-Jahre dieKMK verständigt. Dabei soll Bezuggenommen werden auf die für einenBeruf „bedeutsamen Arbeitssituatio-nen“ und auf die betrieblichen Ge-schäftsprozesse. Hundert Jahre Annä-herung beruflicher Bildungsprozessean das wissenschaftliche Wissen –fachlich systematisiert in den Grundla-genwerken der Wissenschaftsdiszipli-nen – wurde jäh unterbrochen – ja,mehr noch, das fachsystematischeCurriculum soll seither durch Bil-dungspläne abgelöst werden, derenInhalte sich an der beruflichen Arbeit,an Arbeits- und Geschäftsprozessenorientieren.

Die Stimmung in den beruflichenSchulen und bei den Lehrplanentwick -lern in allen Bundesländern war ge-spalten – und sie ist es noch immer.Lehrer, Berufsbildungsplaner und uni-versitäre Berufspädagogen lassensich in diesem Innovationsprojekt indrei Gruppen unterteilen.

– Diejenigen, die immer schon daspädagogische Gras wachsen hör-ten und unverzüglich anfingen,Lernfelder herzustellen. Zum Expe-rimentieren nutzten sie vor allemdas BLK-Modellversuchspro-gramm „Neue Lernkonzepte in derdualen Berufsausbildung“.

– Eine mindestens ebenso große undengagierte Gruppe winkte ab underklärte die Lernfeldinitiative zu ei-ner Art vorübergehender Epidemie,wie sie regelmäßig unvermittelt inder Pädagogik auftreten und eben-so schnell wieder abebbt. Die Pä-dagogik scheint aus dieser Sichtallzu anfällig für Moden oder, um imBild zu bleiben, für fiebrige Erkäl-tungen.

– Die dritte Gruppe schließlich, diesbetrifft wohl die Mehrheit der Leh-rer, wartet – wie immer – ab, nachdem Motto: „Mal schauen, wieernst es diesmal wird“. Die Fach-

Felix Rauner

Kann die Orientierung an Arbeits- und Geschäftsprozessen die Fachlickeit ersetzen?

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wicklungs- und technologischenTransformationsprozessen alle Be-schäftigten zu beteiligen – im Sinne ei-nes lernenden Unternehmens – habendie größten Produktivitäts- und Wett-bewerbsvorteile. Daraus resultiert un-mittelbar der neue Typus der mitden-kenden und am Organisationsentwik-klungsprozess aktiv teilnehmendenFachkräfte. Begriffe wie kontinuier-licher Verbesserungsprozess (KVP)und Qualitätszirkel kennzeichnen die-sen Perspektivwechsel in den 1980er-Jahren.

Was bedeuten diese Leitideeund der neue Bildungsauftragfür die Lehrinhalte?

Zunächst einmal bedeutet es, dass einLehrplan, der in der fachlichen Grund-bildung vor allem die naturwissen-schaftlichen Grundlagen der Elektro-technik beinhaltet und sich über dieTheorie elektromagnetischer Felder andie Grundgrößen der Elektrotechnikannähert, in Widerspruch zu einer Be-rufsbildung gerät, deren Leitidee dazuherausfordert, sich mit der Wirklichkeitder Facharbeit in gestaltungsorientier-ter Perspektive auseinander zu set-zen. Erstmalig hat sich übrigens dieBAG-Elektrotechnik im Rahmen derHochschultage Berufliche Bildung1988 (Essen) mit dieser Thematik be-fasst. Seither sind dazu zahlreicheVeröffentlichungen in den BAG-Schrif-ten erschienen. Diese Überlegungenhaben die KMK offenbar dazu veran-lasst, didaktische Grundsätze zu for-mulieren, die mit diesem Bildungsauf-trag korrespondieren.

Didaktische Grundsätze zur Be-gründung des Lernfeldkonzeptes

Bei der Formulierung der didaktischenGrundsätze für eine gestaltungsorien-tierte Berufsbildung hebt die KMK inder Handreichung vier Punkte hervor.

Punkt 1: Mit dem Konzept der Kompe-tenzentwicklung als einem strukturie-renden Prinzip für die Lehrplanentwik-klung wird an die Stelle einer fachsy-stematischen Systematisierung vonLehr- und Lerninhalten eine entwick -lungslogische und damit eine subjekt-bezogene gesetzt.

Punkt 2: „Lernen in der Berufsschulevollzieht sich grundsätzlich in Bezugauf konkretes berufliches Handeln“.

Fachlichkeit erweist sich daher als daszentrale Charakteristikum von fach-kompetentem Handeln. Die Fach-Ar-beit und nicht die abstrakten Lehrin-halte einer Wissenschaft werden zumBezugspunkt des Lehrplanes und desberuflichen Lernens. Dadurch entstehtinsofern ein höherer Grad an Fachlich-keit, als bei konkreten Aufgaben be-ruflicher Tätigkeit eine Vielzahl vonAspekten und Kriterien ins Spiel kom-men, die z. B. bei der Bearbeitungkonkreter Kundenaufträge berück -sichtigt werden müssen.

Punkt 3: Als Dreh- und Angelpunkt fürdie berufliche Kompetenzentwicklungwerden bedeutsame Handlungssitua-tionen in beruflichen Arbeitsprozessenhervorgehoben: „Didaktische Bezugs-punkte sind Situationen, die für dieBerufsausbildung bedeutsam sind“.

Mit dieser Formulierung findet dasLernfeldkonzept Anschluss an die Er-gebnisse und Theorien der Lern- undKompetenzforschung. Danach voll-zieht sich das berufliche Lernen als einProzess des Hineinwachsens in die je-weilige berufliche Praxisgemeinschaft(Community of Practice): Vom beruf-lichen Anfänger (Novizen) zum Fach-experten (vgl. DREYFUS/DREYFUS 1987).„Bedeutsame Handlungssituationenfür die Kompetenzentwicklung werdenin der Entwicklungstheorie von ROBERT

J. HAVIGHURST (1948) als Entwicklungs-aufgaben oder von einer anderen For-schergruppe, die sich mit der Curricu -lum entwicklung für die Schwestern-ausbildung beschäftigt, als paradig-matische Arbeitssituationen bezeich-net (BENNER 1997). In einer großen Zahlvon Projekten wurde das nach Entwik-klungsaufgaben systematisierte Curri-culumkonzept mittlerweile erfolgreicherprobt (BREMER/JAGLA 2000; RAU-NER/SPÖTTL 2002).

Bei genauerem Hinsehen entpupptsich dieses Konzept als eines, das be-reits für die traditionelle Meisterlehrecharakteristisch war und das von derangelsächsischen Lernforschung wie-der entdeckt wurde (LAVE/WENGER

1991; COLLINS u. a. 1989). Es ist wenigüberraschend, dass diese EinsichtenEingang in eine geläufige Volksweis-heit gefunden haben: Man wächst anseinen Aufgaben. In Deutschland ha-ben zuerst HERWIG BLANKERTZ und AN-DREAS GRUSCHKA auf die Bedeutung

der Entwicklungsaufgaben als struktu-rierendes Moment für die Curriculum-entwicklung hingewiesen: „Tatsäch-lich sind Lehrpläne, Lehrbücher, curri-culare Materialien und das Lehrerver-halten in der S II vielfach abbildungs-didaktisch auf Einzelwissenschaftenund berufsqualifizierende Technolo-gien bezogen, ohne die dem Schülergestellten Entwicklungsaufgaben sys -tematisch zu berücksichtigen“ (BLAN-KERTZ 1983, S. 141).

Punkt 4: „Berufliches Handeln ist zubetrachten unter den Bedingungenhöchst verschiedener Anforderungenund Rahmenbedingungen: techni-scher, sicherheitstechnischer, recht-licher, ökologischer und sozialer“.

Berufliche Fachlichkeit wird damit ausder Eindimensionalität naturwissen-schaftlicher Begriffe und Theorien he -raus gelöst. Diese sind für die Lösungberuflicher Arbeitsaufträge in aller Re-gel von begrenzter fachlicher Bedeu-tung. Bei der Gestaltung einer Be-leuchtungsanlage z. B. gelten natür-lich die Kirchhoff‘schen Gesetze unddas Ohm‘sche Gesetz sowie die licht-technischen Gesetzmäßigkeiten. DieFachlichkeit des beruflichen Handelnswird jedoch primär bestimmt vom Ge-brauchswert der Beleuchtungsanlage:hohe Beleuchtungsqualität, niedrigeEnergiekosten, Ästhetik und War-tungsfreundlichkeit sowie günstigeKosten-Nutzen-Relation bei der Reali-sierung und beim Betreiben der Anla-ge. Die physikalischen Grundlagen derErzeugung von spezifischen Fre-quenzspektren durch die Beschich-tung von Leuchtstoffröhren und ande-re physikalische Grundlagen der Licht-technik sind für Fachkräfte, die Be-leuchtungskörper und -anlagen instal-lieren und in Betrieb nehmen, vonuntergeordneter Bedeutung. DieFachlichkeit beruflicher Bildung wirdim Berufsfeld Elektrotechnik imGegensatz dazu durch die Traditionder elektrophysikalischen Grundle-gung des fachkundlichen Unterrichteseingeschränkt, da damit sowohl diemit den Aufgaben beruflicher Fachar-beit als auch die mit der konkretenTechnik gegebenen fachlichen Zu-sammenhänge weitgehend ausge-blendet werden.

Im dritten Teil der Handreichung wer-den die Empfehlungen der KMK un-

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Anmerkung1 Zusammenfassung eines Vortrages im

Rahmen der Fachtagung der Bundesar-beitsgemeinschaft Elektrotechnik/Infor-matik e. V. in München (04. und 05.März 2005).

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Natürlich ist es kein Wunder, dass derHinweis auf die sachlogische Struktu-rierung von Lernfeldern dazu verführt,alles beim Alten zu lassen. Die Schrit-te von der Sachlogik zur Fachlogikund zur Fachsystematik sind klein,wenn man die von der KMK formulier-ten Grundsätze für das neue Berufs-bildungsgesetz außer Acht lässt.

Fazit

Die Fachlichkeit der beruflichen Bil-dung, die sich auf das Konzept einergestaltungsorientierten Berufsbildungstützt, zielt auf eine hohe beruflicheFachkompetenz und damit auf die Be-rufsfähigkeit am Ende der Berufsaus-bildung. Setzt man den Bildungsauf-trag der Berufsschule und die darausabgeleiteten didaktischen Grundsätzebei der Entwicklung von Lernfeldernund Lehrplänen um, dann gelingt esdie Widersprüche aufzulösen, die inder KMK-Handreichung stecken. Fürdie Beantwortung der Ausgangsfrageheißt das: Eine Berufsbildung, die zukompetentem und reflektiertem Han-deln in betrieblichen Geschäftspro -zes sen qualifiziert, zeichnet sich durchein hohes Niveau an Fachlichkeit aus.Die Fachlichkeit qualifiziert für berufli-che Arbeitsprozesse und nicht für dieAneignung abstrakter fachlicher Lehr -inhalte mit ihrer oft begrenzten Reich-weite für das berufliche Handeln.Dreh- und Angelpunkt für das Lern-feldkonzept sind daher das hand-lungsleitende, handlungserklärendeund handlungsreflektierende Arbeits-prozesswissen.

Es gibt also einen Ausweg aus der un-übersichtlichen Lernfelddiskussion.Den Kurs gibt die Handreichung derKMK selbst an, mit ihrem Bildungsauf-trag für die Berufsschule und den dar-aus abgeleiteten didaktischen Grund-sätzen für eine entwicklungslogischeSystematisierung beruflicher Bil-dungsinhalte, die sich aus den charak-teristischen und für die beruflicheKompetenzentwicklung bedeutsamenArbeits- und Geschäftsprozessen ab-leiten lassen. Diesen Weg hat das ITBunter anderem im Modellversuch GAB(Berufsbildung in Geschäfts- und Ar-beitsprozessen) erfolgreich beschrit-ten (vgl. BREMER/JAGLA 2000).

scharf und widersprüchlich. Gegenden Hinweis, dass es unverzichtbarsei, „die jeweiligen Arbeits- und Ge-schäftsprozesse in den Erklärungszu-sammenhang zugehöriger Fachwis-senschaften zu stellen“ (KMK 1999, S. 16), ist zunächst nichts einzuwen-den. Diese Empfehlung verführt je-doch dazu, die Komplexität der Fach-lichkeit beruflicher Arbeitsaufgabenauf fachwissenschaftliche Zu-sammenhänge zu reduzieren. Nunsind aber z. B. die Standards und Nor-men zur Ausführung beruflicher Ar-beitsaufgaben oder die Anforderun-gen von Kunden an die Gebrauchsei-genschaften der zu erbringendenDienstleistung keine fachwissen-schaftlichen, sondern fachliche Sach-verhalte, die die Fachkompetenz derExperten herausfordert. Hier nimmtdie Handreichung das Konzept derGeschäfts- und Arbeitsprozesse alszentralen Bezugspunkt für die Lehr-planung wieder zurück.

Schließlich gibt die Handreichung vor:„Sicherzustellen ist ein sachlogischerAufbau der beruflichen Inhalte inner-halb einzelner Lernfelder sowie dieGesamtheit aller Lernfelder“ (ebd.).Spätestens bei dieser Gebrauchsan-weisung zur Lernfeldentwicklung wirdder Leser vor die schwierige Aufgabegestellt, die Kategorie der Sachlogikzu interpretieren. Was ist bei der Aus-legung, Installation und Inbetriebnah-me einer Beleuchtungsanlage „sach-logisch“ und wie kann diese Aufgabe,wenn sie denn als bedeutsam für dieberufliche Kompetenzentwicklung ein-gestuft wird, sachlogisch in ein Curri-culum integriert werden? Zunächsteinmal kann sich aus einer Sache kei-ne Logik für ein Curriculum ergeben,das mit der Absicht entwickelt wird,die Kompetenzentwicklung zum Dreh-und Angelpunkt des beruflichen Lern-prozesses zu machen. Die Handrei-chung empfiehlt in ihren Grundsätzenunter Bezugnahme auf die Ziele beruf-licher Bildung ein entwicklungslogi-sches Lernkonzept: Aus beruflichenAnfängern sollen berufliche Expertenwerden, die in ihrer Entwicklung durch„Entwicklungsaufgaben“ herausgefor-dert werden. Es handelt sich daher umeinen entwicklungslogischen undnicht um einen sachlogischen Curri-culumansatz.

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Handlungsbereich „Arbeits-und Geschäftsprozesse“ –Probleme der terminologi-schen Bestimmung und derberufsschulischen Unter-richtsumsetzung

An den beruflichen Schulen sehensich viele Lehrkräfte zu einem Para-digmenwechsel beruflichen Lernensaufgefordert, wobei sie den Ansatzund seine Folgen kaum überblickenkönnen.

Derzeit mangelt es noch an einemOrdnungsprinzip mit praxisnaher Sys -tematisierung der beruflichen Inhalteauf der Grundlage beruflicher Hand-lungsfelder. Insbesondere die didak-tisch-methodische Umsetzung erfor-dert eine genaue Festlegung und Ab-grenzung der Begriffe „Arbeits- undGeschäftsprozess“. Viele Lehrkräftefragen sich, was die Wortkombinationbesagen soll.

Grundsätzlich können vier verschiede-ne Varianten bzw. Ordnungsprinzipienunterschieden werden, nach denensich die beiden Begriffe in Beziehungzueinander setzen lassen. Die ersteMöglichkeit kann mit dem Begriff„synonymes Ordnungsprinzip“ be-zeichnet werden. Dabei wird zwischendem Arbeits- und Geschäftsprozessnicht explizit differenziert. In dieserLesart werden alle erforderlichenKompetenzen eines bestimmten Be-rufsbildes beschrieben.

Wenn aber der Arbeitsprozess ge-trennt vom Geschäftsprozess be-trachtet wird, dann lässt sich einezweite Deutung beider Prozesse ausder betrieblichen Organisation ablei-ten. In diesem „disjunktiven Ord-nungsprinzip“ überwiegen die fach-praktischen Ausbildungsinhalte, wo-bei sich die betrieblichen Geschäfts-prozesse eher auf die Umsetzung vonübergeordneten Funktionen beziehen,

Geschäftsprozesses verstanden wer-den, wobei die Arbeitsprozesse dereinzelnen Beschäftigten sowie dieKunden- und Lieferantenbeziehungendie komplexen Geschäftsprozessedes Betriebes bilden.2 Andererseitskann der Geschäftsprozess als Ele-ment des Arbeitsprozesses gedeutetwerden. In diesem Ansatz bezieht sichder Geschäftsprozess nicht mehr aufden vollständigen Kundenauftrag,vom Marketing, über den Kostenvor-anschlag und Auftragsannahme biszur Kundenübergabe und der Buch-führung, sondern aus dem Arbeitspro-zess des Facharbeiters werden jeneBestandteile getrennt betrachtet, dieden Wertschöpfungsprozess unmittel-bar unterstützen (Abb. 1).

wie z. B. die Arbeitsweise der Be-triebsleitung.

Als dritte Variante kann das „konjunk-tive Ordnungsprinzip“ gesehen wer-den. Existiert zwischen den beruf-lichen Arbeits- und den betrieblichenGeschäftsprozessen eine inhaltlicheSchnittmenge, so übt der Facharbeiterzu einem bestimmten Teil auch Ge-schäftsprozesse aus bzw. unterstütztdiese.1

Die vierte Variante, die als „integrati-ves Ordnungsprinzip“ zu bezeichnenist, ließe zwei weitere Deutungsmög-lichkeiten zu, denn nach dieser Festle-gung wird ein Prozess als Bestandteildes anderen definiert. Einerseits kannder Arbeitsprozess als Element des

Geschäfts-

prozess =

a) Synonymes Ordnungsprinzip

b) Disjunktives Ordnungsprinzip

c) Konjunktives Ordnungsprinzip

d) Integratives Ordnungsprinzip

d1) Arbeitsprozess als

Element des Geschäfts-

prozesses

d2) Geschäftsprozess

als Element des

Arbeitsprozesses

Arbeits-

prozess

Geschäfts-

prozess

Arbeits-

prozess

Arbeits-

prozess

Geschäfts-

prozess

Geschäfts-

prozess

Arbeits-

prozess

Arbeits-

prozess

Geschäfts-

prozess

synonym

disjunkt

Abb. 1: Möglichkeiten des Verhältnisses von Arbeits- und Geschäftsprozessen

Michael K. Brandt/Jörg-Peter Pahl

Arbeits- und GeschäftsprozessorientierungDefinitorische und didaktische Unsicherheiten an

gewerblich-technischen Berufsschulen

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IT-Berufe (1997)

Auf der Grundlage der KMK-Handrei-chungen für die Erarbeitung von Rah-menlehrplänen der Kultusministerkon-ferenz für den berufsbezogenenUnterricht von 1996 entstanden imJahr 1997 die KMK-Rahmenlehrplänefür die neuen IT-Berufe. Im Teil IV (Be-rufsbezogene Vorbemerkungen) wirdder Bezug der Lerninhalte „auf Infor-mations- und Telekommunikations-technologien sowie betriebswirt-schaftliche Geschäftsprozesse“ aus-drücklich als curriculare Zielsetzungformuliert (KMK 1997a, b, c, d, S. 5).Darüber hinaus enthält der Lehrplanfür alle vier neuen IT-Berufe5 das ge-meinsame Lernfeld 2 „Geschäftspro-zesse und betriebliche Organisation“.In diesem Lernfeld sollen die Schüle-rinnen und Schüler6 anhand von Leis -tungs- und Informationsflüssen einentypischen Geschäftsprozess analysie-ren und modellhaft abbilden. „Daraufaufbauend beschreiben sie eine pro-zessorientierte Ablauforganisation undstellen einen Zusammenhang zu be-trieblichen Funktionen her. Sie könnenden gestalteten Prozess anhand aus-gewählter Indikatoren überprüfen.“(KMK 1997a, S. 7)

Für den Ausbildungsberuf „Fachinfor-matiker/-in (Fachrichtung Anwen-dungsentwicklung)“ wird darüber hin-aus die „Kenntnis (...) der Geschäfts-prozesse“ als Lernziel gefordert (KMK1997b, S. 6). Des Weiteren wird in die-sem Lernfeld auf die Kundenorientie-rung bzw. das Kundengespräch ver-wiesen (vgl. ebd.) und damit die Be-treuung von Kunden zum Bestandteildes Berufsbildes erklärt.

Für Informatikkaufleute wird durchden Rahmenlehrplan gefordert, so-wohl die „Kenntnis und Analyse dessozialen Umfeldes von Unternehmun-gen“ als auch „Betriebswirtschaftli-che, volkswirtschaftliche und organi-satorische Grundlagen von Ge-schäftsprozessen“ zu vermitteln.(KMK 1997c, S. 6). Für die IT-System-Kaufleute werden diese Lerninhaltedarüber hinaus auf die „Absatzprozes-se“ bezogen (vgl. KMK 1997d, S. 6).

Innerhalb des elften und letzten Lern-feldes „Rechnungswesen und Con-trolling“ für alle vier IT-Berufe sollendie Schüler einen Überblick über dieTeilbereiche des Rechnungswesens

gewinnen und deren Aufgaben ken-nen. „Sie verstehen das Rechnungs-wesen als wichtiges Kontroll- undSteuerungsinstrument sowie als Pla-nungsgrundlage für den Betrieb. Siekennen Verfahren der Kosten- undLeis tungsrechnung sowie ausgewähl-te Instrumente des Controlling. Sieverstehen Controlling als Berichts-,Kontroll- und Planungssystem zurSteuerung von Geschäftsprozessen.“(vgl. KMK 1997a, S. 12)

Fazit: Für alle vier IT-Berufe lässt sichzusammenfassend feststellen, dassauf der Grundlage der Rahmenlehrplä-ne sehr umfassende Kenntnisse überbetriebswirtschaftliche Geschäftspro-zesse gefordert werden, die vor allemfür den IT-Systemelektroniker und denFachinformatiker inhaltlich weit überdie beruflichen Arbeitshandlungenhinausreichen.

Berufsfeldübergreifende Mechatro-nik (1998)

In dem 1998 entwickelten KMK-Rah-menlehrplan für den Ausbildungsberuf„Mechatroniker/-in“ ist die Bezeich-nung „Geschäftsprozess“ nicht ent-halten. Im Teil IV (Berufsbezogene Vor-bemerkungen) lässt sich lediglich einHinweis zum „Arbeitsprozess“ finden:„Die Schülerinnen und Schüler mini-mieren durch Verwendung geeigneterMaterialien, verantwortungsbewuss -tes Handeln und Beachtung von Vor-schriften des Umweltschutzes, negati-ve Auswirkungen des Arbeitsprozes-ses auf die Umwelt“ (KMK 1998, S. 6).

Im Lernfeld 6 „Planen und Organisie-ren von Arbeitsabläufen“ wird von denAuszubildenden gefordert, die be-trieblichen Organisationsstrukturen zubeschreiben und Arbeitsabläufe zuplanen sowie zu dokumentieren (vgl.ebd., S. 10).

Neben der Materialdisposition undKalkulation gehört zum Lernfeld 6auch die Analyse von Arbeitsabläufenund deren Modellierung durch die An-wendung geeigneter Darstellungsver-fahren sowie weiterführende Kennt-nisse des Qualitätsmanagements (vgl.ebd.).

Im Lernfeld 10 „Planen der Montageund Demontage“ wird der Begriff „Ar-beitsprozess“ expressis verbis ver-wendet. Die Schülerinnen und Schüler

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Wegen der unterschiedlichen Mög-lichkeiten, Arbeits- und Geschäftspro-zesse für den Unterricht zu interpretie-ren, wird von den Lehrkräften eine ein-deutige Festlegung eingefordert. Bis-her erscheint die Wortkombination fürdie einzelne Lehrkraft begrifflich un-scharf, insbesondere wenn mit Fach-kollegen anderer Berufsgruppen darü-ber diskutiert wird. Der Anspruch, dasneue schillernde Paradigma unter-richtlich einzulösen, erscheint als ab-gehoben, unklar und wird als wenighilfreich begriffen – auch wenn manerahnt, welche durchaus positiven In-tentionen sich dahinter verbergenkönnten.

Welches der vier aufgezeigten Ord-nungsprinzipien in der gewerblichenAusbildung zugrunde liegt oder aber –bewusst oder unreflektiert – ange-wandt wurde, erfordert die Ausein-andersetzung sowohl mit den publi-zierten Handreichungen der KMK fürdie Erarbeitung von Rahmenlehrplä-nen als auch mit den neuen berufs-schulischen Rahmenlehrplänen.

Gelingt es, die Begriffe eindeutig fürdie gewerblich-technische Ausbildungals definiert oder in gleicher Weise an-gewandt zu erkennen, ist anschlie-ßend allgemein zu fragen, wie eine Ar-beits- und Geschäftsprozessorientie-rung als curricularer Anspruch an dieBerufsschule didaktisch-methodischund unterrichtlich einzulösen ist.

Arbeits- und Geschäftsprozess -orientierung in den Rahmenplä-nen der KMK – Eine Bestands-aufnahme und Analyse ausge-wählter Elektro- und Metallbe-rufe

In den KMK-Handreichungen3 wirdzwar die Orientierung am Arbeits- undGeschäftsprozess gefordert, nichtaber explizit definiert.

Von großem Interesse ist daher, in wieweit diese KMK-Forderung bei derLehrplangestaltung berücksichtigtwurde und welchen Stellenwert demArbeits- und Geschäftsprozesswissenin den neuen gewerblich-technischenKMK-Rahmenlehrplänen beigemes-sen wird.4 Nicht zuletzt muss heraus-gefunden werden, welches Begriffs-verständnis der Wortkombination zu-grunde liegt.

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

„erklären den Ablauf der Arbeitspro-zesse und können Arbeitsergebnissebeurteilen.“ (ebd., S. 12)

Fazit: Im Vergleich zu den ein Jahr zu-vor entstandenen IT-Lehrplänen ver-wundert es, dass der Begriff „Ge-schäftsprozess“ explizit nicht verwen-det wird. Darüber hinaus werden be-triebswirtschaftliche Kenntnisse kaumgefordert. Lediglich die „Kalkulation“,die im Zusammenhang mit den durch-geführten Arbeitshandlungen zu er-bringen ist, wird als Lerninhalt ausge-wiesen. Eine übergeordnete gesamt-betriebliche Betrachtung wird hinge-gen nicht gefordert. Auch der Begriff„Qualitätsmanagement“ bezieht sicheher auf die Arbeitsergebnisse und nuransatzweise auf die betrieblichen Or-ganisationsstrukturen. Der Begriff „Ar-beitsprozess“ beschränkt sich in die-sem Rahmenlehrplan semantisch aufdie unmittelbaren beruflichen Hand-lungen des zukünftigen Facharbeiters.

Berufsfeld Metalltechnik – Hand-werk (2002)

In den Rahmenlehrplänen der beidenneu geordneten handwerklichenMetallberufe „Feinwerkmechaniker/-in“ und „Metallbauer/-in“ finden sichim allgemeinen Teil weder die Begriffe„Arbeits- oder Geschäftsprozess“noch „Kunde oder Dienstleistung“.Dafür wird in den Lernfeldern 2 und 3zumindest auf die „Grundlagen desQualitätsmanagements“ (KMK 2002a,S. 10, 11) verwiesen und in den einzel-nen Lernfeldern ein Bezug zur Kun-denorientierung hergestellt.7

Im Lernfeld 6 „Herstellen von Kon-struktionen aus Profilen“ werden aus-drücklich die Kundenwünsche betont:Die Schüler „gehen auf spezielle Kun-denwünsche ein und erstellen Pla-nungsunterlagen nach Maßaufnahme“(ebd., S. 14). Eine ähnliche Formulie-rung findet sich im Lernfeld 7 „Herstel-len von Umformteilen“: Die Schüler„erarbeiten Lösungen auch unter Be-rücksichtigung von Kundenwün-schen“ (ebd., S. 15). In den unten auf-geführten Lerninhalten wird die „kun-den- und mitarbeiterorientierte Kom-munikation“ (ebd.) gesondert benannt.Das Lernfeld 6 „Programmieren undFertigen auf numerisch gesteuertenWerkzeugmaschinen“ für den Ausbil-dungsberuf des Feinwerkmechanikersfordert darüber hinaus die „Anwen-

dung von Verfahren des Qualitätsma-nagements“ (KMK 2002a, S. 14).

Für den Ausbildungsberuf des Metall-bauers wird für den Bereich „Kon-struktionstechnik“ im Lernfeld 10a„Herstellen von Türen, Toren und Git-tern“ gefordert, Skizzen nach Maßauf-nahme und Kundenwünschen anzu-fertigen und Kunden einzuweisen (vgl.KMK 2002b, S. 18). Die Kundenorien-tierung wird auch im Lernfeld 11a„Herstellen von Fenstern, Fassadenund Glasanbauten“ als wesentlicherBestandteil der beruflichen Arbeit be-wertet (vgl. ebd., S. 19).

Der Kundenbezug findet sich in ähn-licher Weise in den FachrichtungenMetallgestaltung (vgl. ebd. S. 23) undNutzfahrzeugbau (vgl. ebd. S. 30). Fürletztere Fachrichtung wird vor allemdie Kundenkommunikation besondersherausgestellt. Im Lernfeld 9c „Her-stellen und Umbauen von Fahrzeug-rahmen“ sollen die Lernenden nachAbsprache mit dem Kunden Vorschlä-ge für Änderungen unterbreiten undihre Entscheidungen begründen (vgl.ebd., S. 27).

Für den Ausbildungsberuf des Fein-werkmechanikers sind nicht nur dieKundenwünsche zu berücksichtigenund Kundengespräche zu führen (vgl.KMK 2002a, S. 25), sondern imschwerpunktübergreifenden Lernfeld13 „Instandhalten technischer Syste-me“ wird von den Lernenden nebender Kalkulation auch die Auftragsan-nahme gefordert: „Die Schülerinnenund Schüler nehmen Kundenaufträgezur Instandhaltung von technischenProdukten an und beraten hinsichtlichder notwendigen Maßnahmen. Sie er-stellen und erläutern Kostenvoran-schläge.“ (KMK 2002a, S. 21)

Fazit: In den beiden neu geordnetenRahmenlehrplänen für die Ausbil-dungsberufe „Feinwerkmechaniker“und „Metallbauer“ wird kaum ein Be-zug zum „Arbeits- oder Geschäftspro-zess“ hergestellt. Lediglich für denAusbildungsberuf des Feinwerkme-chanikers wird die Kalkulation bis hinzur Auftragsannahme als ein Lernzielgedacht, das in die Richtung von Ar-beits- und Geschäftsprozessen geht,ohne aber zuvor entsprechendeGrundlagen zu vermitteln.

Berufsfeld Elektrotechnik/Informa-tik (2003)

In den 2003 neu entstandenen KMK-Rahmenlehrplänen für das BerufsfeldElektrotechnik/Informatik wird einheit-lich im Teil IV (Berufsbezogene Vorbe-merkungen) auf die Arbeits- und Ge-schäftsprozesse verwiesen: „Die Lern-felder des Rahmenlehrplans orientie-ren sich an den beruflichen Arbeits-und betrieblichen Geschäftsprozes-sen. Deshalb erhalten das kunden-orientierte Berufshandeln und die Auf-tragsabwicklung einen besonderenStellenwert und sind bei der Umset-zung der Lernfelder in Lernsituationenbesonders zu berücksichtigen.“ (KMK2003a, S. 7).

Des Weiteren wird der Kundenkontaktin zahlreichen Lernfeldern besondershervorgehoben. Neben der Forderung,Kunden zu beraten, zu betreuen und inneue Anlagen und Systeme einzuwei-sen, sollen die Schülerinnen undSchüler Kundenanforderungen analy-sieren sowie elektrische Anlagen, Ge-räte und Komponenten nach Kunden-wünschen montieren bzw. installieren.(vgl. ebd., S. 12 ff., z. B. die Lernfelder2, 6, 8-11 EG, 13 EG u. a.)

Neben der Kundenorientierung wirdauch auf den Begriff „Qualitätsma-nagement“ verwiesen. Im Vordergrundstehen diesbezüglich aber keine be-triebswirtschaftlichen Inhalte, sondernlediglich die Verfahren zur Qualitätssi-cherung (vgl. ebd., S. 22).

Fazit: Im Unterschied zu den zuvorentwickelten KMK-Rahmenlehrplänenwerden für das Berufsfeld Elektrotech-nik/Informatik die Begriffe „Arbeits-und Geschäftsprozess“ erstmalig kon-kretisiert. Demnach beziehen sich derArbeitsprozess auf den Beruf und derGeschäftsprozess auf den gesamtenBetrieb. Darüber hinaus werden dieberuflichen Arbeits- und betrieblichenGeschäftsprozesse innerhalb der ein-zelnen Lernfelder zumindest ansatz-weise durch die beiden Begriffe „Kun-denorientierung“ und „Auftragsab -wick lung“ näher beschrieben.

Berufsfeld Fahrzeugtechnik (2003)

In den KMK-Rahmenlehrplänen fürdas neue Berufsfeld Fahrzeugtechnik,das zuvor dem Berufsfeld „Metalltech-nik“ zugeordnet war, werden im Teil IV(Berufsbezogene Vorbemerkungen)

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die schulischen Ziele allgemein be-schrieben: „Ausgangspunkt für dasberufsschulische Lernen sind die kon-kreten berufs- und werkstattspezifi-schen Handlungen. In den folgendenZielformulierungen werden daher innahezu allen Lernfeldern Handlungenbeschrieben, die von den Lernendenim Sinne vollständiger Arbeits- undGeschäftsprozesse als tatsächlicheund konkrete berufsspezifische Ar-beitshandlungen selbst geplant,durchgeführt und bewertet werdensollen. (...) Durch die Veränderungen inden Geschäftsprozessen des genann-ten Berufes erhalten die betrieblichenMitarbeiter verstärkt Kontakt mit Auf-traggebern und externen Kunden undsind darüber hinaus im Arbeitsprozessselbst interne Kunden aller miteinan-der kooperierenden Abteilungen einesBetriebes.“ (KMK 2003b, c, d, e, S. 6)

Die Begriffe „Arbeits- und Geschäfts-prozesse“ werden in diesem Abschnittnicht differenziert betrachtet, sondernbeide auf konkrete berufsspezifischeArbeitshandlungen bezogen. Darüberhinaus wird die Kundenorientierungals zentrales Element der Geschäfts-prozessveränderung hervorgehoben.Geschäftsprozesse werden also nichtmehr – wie in den neuen Lehrplänendes Berufsfeldes Elektrotechnik/Infor-matik – als eine berufsübergreifendebetriebliche Größe verstanden, son-dern vielmehr als wichtiger Bestand-teil der beruflichen Tätigkeit aufge-fasst.

Im ersten Lernfeld „Warten und Pfle-gen von Fahrzeugen oder Systemen“aus der gemeinsamen Grundbildungdes Berufsfeldes Fahrzeugtechnikwird der Kundenbezug im Arbeits- undGeschäftsprozess konkretisiert: DieSchüler „ermitteln Kundenerwartun-gen zur Auftragsabwicklung und rea-gieren auf Kundenwünsche. Sie führenGespräche mit Vorgesetzten, Mitar-beitern und Lieferanten und beachtendie Bedeutung der Kundenpflege. Siezeigen eine positive persönliche Ein-stellung gegenüber ihrer Werkstattar-beit und übernehmen Verantwortungfür den Geschäftsprozess.“ (KMK2003b, S. 11)

Auch wenn offen bleibt, wie diese Ziel-formulierung im Berufsschulunterrichtdidaktisch-methodisch umzusetzenist und wie sich das „Lernziel“ über-

haupt operationalisieren lässt, stehtdie Kundenorientierung im Kontextzum Arbeits- und Geschäftsprozess.

Fazit: In den KMK-Rahmenlehrplänenfür das Berufsfeld Fahrzeugtechnikwerden die Begriffe „Arbeits- und Ge-schäftsprozess“ im Wesentlichen aufdie beruflichen Tätigkeiten des Fach-arbeiters bezogen. In dieser Sicht-weise sind die „geschäfts- oder ar-beitsprozessorientierten Kompeten-zen“ weitgehend gleichbedeutend mitdem allgemeinen Verständnis zur be-ruflichen Handlungskompetenz.

Berufsfeldbereich Sanitär-, Hei-zungs- und Klimatechnik (2003)

Der Ausbildungsberuf „Anlagenme-chaniker/-in für Sanitär-, Heizungs-und Klimatechnik (SHK)“ ist zwar offi-ziell dem Berufsfeld Metalltechnik zu-geordnet,8 der Rahmenlehrplan weichtdennoch von den Lehrplänen der inden Jahren 2002 und 2004 neugeord-neten Metallberufe ab. Die Begriffe„Arbeits- oder Geschäftsprozess“ sindim gesamten Lehrplan nicht enthalten.Dafür wird im Teil IV (BerufsbezogeneVorbemerkungen) des Rahmenlehr-plans für den Anlagenmechaniker fürSHK ausdrücklich auf eine Dienstleis -tungs- und Kundenorientierung ver-wiesen: Die Lernenden „betrachtensich als Dienstleister am Kunden undorientieren ihr Handeln und Auftretenan den Erwartungen und Wünschender Kunden.“ (KMK 2003f, S. 6)

Das Lernfeld 2 für den Ausbildungsbe-ruf „Anlagenmechaniker/-in SHK“ wirdentgegen der metalltechnischen Lehr-pläne in die Lernfelder 2a „Bearbeitenvon Anlagenteilen mit Maschinen“ undLernfeld 2b „Bearbeiten von Kunden-aufträgen“ geteilt. In diesen Lernfel-dern wird zwar auf eine detaillierte be-triebswirtschaftliche Umsatz-, Kosten-und Gewinnkalkulation verzichtet, esist aber zumindest ein Kostenbe -wusst sein zu vermitteln. (ebd., S. 11)In den nachfolgenden Lernfeldern wirdentsprechend gefordert, die Kostenzumindest überschlägig zu bestim-men (vgl. z. B. die Lernfelder 3, 4, 8, 9,ebd., S. 12-13, 17-18).

Darüber hinaus wird in den Lernfel-dern der Fachbildung – ähnlich wie inden übrigen neu geordneten Lehrplä-nen des Berufsfeldes Metalltechnik –von den Lernenden gefordert, die Ar-

beitsabläufe selbstständig zu planen,Kunden zu beraten und in die Bedie-nung der Geräte einzuweisen (vgl.ebd., S. 14-19). Im Lernfeld 8 „Aus-statten von Sanitärräumen“ wirdaußerdem ein „Kundenberatungstrai-ning“ als Lernziel formuliert (vgl. ebd.,S. 17).

Fazit: Im Rahmenlehrplan für den Aus-bildungsberuf „Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klima-technik“ werden die Begriffe „Arbeits-oder Geschäftsprozess“ zwar nichtexplizit verwendet. Die berufsschuli-schen Inhalte sollen sich aber auf diegesamte Auftragsbearbeitung bezie-hen. Diese Anforderungen gehen weitüber die eigentlichen Arbeitshandlun-gen des Anlagenmechanikers für Sa-nitär-, Heizungs- und Klimatechnikhinaus und ermöglichen sowohl einVerständnis für die betrieblichen Orga-nisationsstrukturen als auch für denArbeitsumfang, der aus einem Kun-denauftrag resultiert.

Berufsfeld Metalltechnik – Industrie(2004)

Im Teil IV (Berufsbezogene Vorbemer-kungen) der Rahmenlehrpläne für dasBerufsfeld Metalltechnik, wird ein Be-zug zu den Geschäfts- und Arbeits-prozessen hergestellt: „Ausgangs-punkt der didaktisch-methodischenGestaltung der Lernsituationen in deneinzelnen Lernfeldern soll der Ge-schäfts- und Arbeitsprozess des be-ruflichen Handlungsfeldes sein. Dieserist in den Zielformulierungen der ein-zelnen Lernfelder abgebildet.“ (KMK2004a, b, c, d, e, S. 6-7)

Diese allgemeine Forderung wird imTeil IV des Lehrplans für den Ausbil-dungsberuf des Anlagenmechanikersausführlich ergänzt: „Ausgangspunktfür das berufsschulische Lernen sinddie konkreten berufs- und produk-tionsspezifischen Handlungen. In denfolgenden Zielformulierungen werdendaher in allen Lernfeldern Handlungenbeschrieben, die von den Lernendenim Sinne vollständiger Arbeits- undGeschäftsprozesse selbst geplant,durchgeführt und bewertet werdensollen. Durch die Veränderungen inden Geschäftsprozessen des genann-ten Berufes erhalten die betrieblichenMitarbeiter verstärkt Kontakt mit ex-ternen Kunden und sind darüber hin-aus im Arbeitsprozess selbst interne

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

management vorbehalten sind, blei-ben außen vor.

Fazit: Für die industriellen Ausbil-dungsberufe aus dem neu geordnetenBerufsfeld Metalltechnik ist es nichtmöglich, einheitlich darzustellen, wiedie Begriffe „Arbeits- und Geschäfts-prozess“ zu interpretieren sind. Wenndie beiden Begriffe überhaupt verwen-det werden, stehen sie – in Annähe-rung an das Berufsfeld Fahrzeugtech-nik – im beruflichen Kontext.

Ergebnisse der curricularenAnalyse und erste Folgerungen

Die Analyse der seit 1996 neu entstan-denen Rahmenlehrpläne bzw. der vor-liegenden Entwürfe für den gewerb-lich-technischen Bereich verdeutlicht,dass die KMK die beiden Begriffe „Ar-beits- oder Geschäftsprozess“ nichtverbindlich definiert hat. Dies hat zuunterschiedlichen Betrachtungswei-sen geführt. Zum einen steht der Ge-schäftsprozess in einem berufs- oderbetriebsorientierten Kontext und zumanderen fehlt in einigen Lehrplänenjeglicher Bezug zum Arbeits- oder Ge-schäftsprozess. So enthält scheinbarjedes Curriculum einen anderen An-satz hinsichtlich der Arbeits- und Ge-schäftsprozesse. Beispielsweise wirdin den Lehrplänen für den Beruf zumInformations- und Telekommunika-tionssystem-Elektroniker lediglich vonbetriebswirtschaftlichen Geschäfts-prozessen gesprochen, beim Ausbil-dungsberuf Mechatroniker/-in geht eshingegen nur um Arbeitsprozesse undbeim Kraftfahrzeugmechatroniker umArbeits- und Geschäftsprozesse, diedie berufliche Handlungskompetenz

anfordern. Für die Ausbildung zumAnlagenmechaniker für Sanitär-, Hei-zungs- und Klimatechnik finden sichdagegen keine konkreten Ausführun-gen (vgl. auch Abb. 2).

Werden die Aussagen aller analysier-ten Curricula gebündelt, so zeigensich zumindest annäherungsweisefünf grundlegende Konzepte. DieseEinteilung der untersuchten Berufsfel-der erscheint zwar nicht unproblema-tisch, weil sich keine eindeutigenÜbereinstimmungen herauskristalli-siert haben, macht aber dennoch dieverschiedenen Interpretationen in denPlänen deutlich. Darüber hinausnimmt das Berufsfeld Metalltechnik(Industrie) eine Sonderstellung ein,weil diesem Berufsfeld kein einheit-licher Ansatz zugrunde liegt.

Eine Umsetzung und Ausgestaltungder Lernfelder im gewerblich-techni-schen Bereich erscheint nicht alleindurch das aufgezeigte definitorischeDefizit bezüglich der Begriffe „Arbeits-und Geschäftsprozess“ äußerst pro-blematisch, wie es bereits PETERSEN

angedeutet hat: „Wenn es zum Lern-feldkonzept heißt, die Struktur derRahmenlehrpläne wie der Lernfeldersoll sich an den Arbeits- und Ge-schäftsprozessen bzw. an konkretenberuflichen Aufgabenstellungen undHandlungsabläufen orientieren, sokommen damit die Lernfeldinhaltewirklich nur im Sinne einer erstenOrientierung zum Ausdruck. Da z. B.weder der Inhaltskomplex ‚Geschäfts-prozess’ noch der ‚beruflichen Aufga-benstellungen’ für sich und in den in-haltlichen Beziehungen curricular unddidaktisch geklärt ist, sind auch dieLernfeldinhalte auf der Konzeptgrund-

Kunden aller miteinander kooperieren-den Abteilungen eines Betriebes.“(KMK 2004a, S. 6-7)

Zum einen fällt auf, dass diese Formu-lierung nahezu identisch ist mit denVorgaben, die in den neu geordnetenLehrplänen für das Berufsfeld Fahr-zeugtechnik enthalten sind. Zum an-deren erstaunt es, dass sich in denübrigen Rahmenlehrplänen der neugeordneten industriellen Metallberufekeine ähnliche Forderung finden lässt.Lediglich im Lehrplan für den Ausbil-dungsberuf des Werkzeugmechani-kers sollen die Lernenden vollständige„Arbeits- und Geschäftsprozesse be-rufs- und produktionsspezifischeHandlungen“ (KMK 2004d, S. 6) pla-nen, die anschließend auch von ihnendurchzuführen und zu bewerten sind.Anzumerken bleibt, dass der Begriff„Geschäftsprozess“ – analog zum Be-rufsfeld Fahrzeugtechnik – in einenunmittelbaren Berufsbezug gestelltwird.

In den Lernfeldern der berufsfeldbrei-ten Grundbildung (vgl. KMK 2004a, b,c, d, e, S. 2) wird zwar nicht mehr aufdie Begriffe „Arbeits- und Geschäfts-prozess“ verwiesen, dafür finden sichAussagen zu den „Grundlagen desQualitätsmanagements“ (ebd., S. 10-12) in den Lernfeldern 2 und 3. Ähnlichwird in der Fachbildung das Qualitäts-management hervorgehoben (vgl.KMK 2004a, S. 20 oder KMK 2004d,S. 22).

Auf die Begriffe „Arbeits- und Ge-schäftsprozess“ wird innerhalb derLernfelder lediglich im Rahmenlehr-plan für den Ausbildungsberuf desKonstruktionsmechanikers hingewie-sen. Während im Lernfeld 11 „Montie-ren und Demontieren von Metallkon-struktionen“ der Arbeitsprozess ge-nannt wird (KMK 2004c, S. 20), findetsich im Lernfeld 13 „Herstellen vonProdukten der Konstruktionstechnik“ein Hinweis auf die Arbeits- und Ge-schäftsprozesse: „Die Schülerinnenund Schüler organisieren den Projekt-verlauf, stimmen Arbeits- und Ge-schäftsprozesse ab und dokumentie-ren sie.“ (KMK 2004c, S. 22) Auch beidieser Formulierung dürfte sich derGeschäftsprozess auf die Arbeit desFacharbeiters beziehen. Aufgabenund Funktionen, die dem Geschäfts-

Berufsfeld Interpretation

IT-Berufe (1997) Zentraler Bezug auf Geschäftsprozesse (Ökonomie, Controlling,

Betriebsorganisation usw.)

Elektrotechnik/Informatik (2003) Geschäftsprozesse im Sinne der Betriebsorganisation,

Arbeitsprozesse im Sinne beruflicher Handlungskompetenz

Fahrzeugtechnik (2003) und

„Metalltechnik (2004)“

Arbeits- und Geschäftsprozess im Sinne beruflicher

Handlungskompetenz

Mechatronik (1998) Kein Bezug zum Geschäftsprozess, Arbeitsprozess im Sinne einer

beruflichen Handlungskompetenz

Metalltechnik Handwerk (2002) und

Anlagenmechaniker SHK (2004)

Geschäfts- und Arbeitsprozesswissen nicht explizit gefordert,

dafür verstärkt Orientierung am Kundenauftrag

Abb. 2: Arbeits- und Geschäftsprozessorientierung in den untersuchten Rah-menlehrplänen

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162 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Lerninhalt und in den Bildungsprozesseinbezogen werden. Bildungsprozes-se könnten dadurch initiiert werden,indem Arbeits- und Geschäftsprozes-se gedanklich nachvollzogen und kri-tisch reflektiert werden. Auch Ansätzezur Mitgestaltung von Arbeits- undGeschäftsprozessen könnten in denBerufsschulen entwickelt werden. Bis-lang aber bleibt für die Unterrichts-praktiker – auch wenn sie mit denGrundintentionen der Curriculumkon-strukteure übereinstimmen – vieleswegen der unklaren Begrifflichkeit undInhaltlichkeit fraglich und damit dieEntwicklung von Umsetzungskonzep-ten problematisch. Es besteht weitererKlärungsbedarf.

Anmerkungen1 Ein informatives Telefongespräch mit ei-

nem Kunden wäre beispielsweise keinunmittelbarer Gegenstand der Produk-tion, kann aber, wenn es vom Kundenpositiv aufgenommen wird, dem be-trieblichen Geschäftsprozess dienen. Indiesem Kontext bezieht sich der Ar-beitsprozess überwiegend auf so ge-nannte handwerkliche Arbeitsgegen-stände, während z. B. die Aspekte Kun-denbetreuung, Firmenwerbung, Kun-denberatung usw. überwiegend als Be-standteil eines Geschäftsprozesses an-zusehen sind.

2 Demnach gehört zum Geschäftspro-zesswissen des Facharbeiters u. a. dieKenntnis, welche Dienstleistungen fürwen und nach welchen Anforderungenzu erbringen sind.

3 Handreichungen für die Erarbeitung vonRahmenlehrplänen der Kultusminister-konferenz für den berufsbezogenenUnterricht in der Berufsschule und ihreAbstimmung mit Ausbildungsordnun-gen des Bundes für anerkannte Ausbil-dungsberufe, 15. September 2000, S. 12.

4 Die Rahmenlehrpläne für das BerufsfeldMetalltechnik (Industrie) lagen bei Re -dak tionsschluss nur in der Entwurfsfas-sung vor.

5 Bei den 1997 neu entstandenen vier IT-Berufen, die keinem Berufsfeld zuge-ordnet wurden, handelt es sich um dieAusbildungsberufe Fachinformatiker, IT-Systemelektroniker, Informatikkauf-mann und IT-Systemkaufmann.

6 Aus Gründen der besseren Lesbarkeitwerden im Weiteren nur noch die männ-lichen Bezeichnungen verwendet.

7 Die Lernenden sollen z. B. im Rahmendes dritten Lernfeldes „Herstellen voneinfachen Baugruppen“ Montageanlei-tungen verwenden und „Montagepläneunter Berücksichtigung von Montage-hilfsmitteln und kundenspezifischen An-forderungen“ entwickeln (KMK 2002b,S. 11).

8 Entsprechend kommt die Berufsgrund-bildungsjahr-Anrechnungs-Verordnungzum Tragen.

9 Das definitorische Dilemma erweist sichaber nicht als einzige Fragwürdigkeit inder jüngsten Lehrplanentwicklung.Außerdem erscheinen die Anforderun-gen, die aus den Zielformulierungen dereinzelnen Lernfelder hervorgehen, weitüber den Verantwortungsbereich derAuszubildenden hinauszugehen. DieKalkulation und vor allem die Auftrags-annahme im Namen der Betriebsleitunggehören wohl kaum in den Kompetenz-bereich von Lernenden. Derartige be-rufsschulische Unterrichtsinhalte sind –besonders für industrielle Ausbildungs-berufe – kaum als umsetzbar und realis -tisch zu bezeichnen, zumal den Berufs-schulen ohnehin die dafür erforder-lichen Rahmenbedingungen fehlen.Darüber hinaus ist zu erwarten, dass diemeisten Schülerinnen und Schüler nichtnur zu Beginn ihrer Berufsausbildungweit überfordert wären, Kunden profes-sionell zu beraten und zu betreuen.

Literatur

KLEINER, M./RAUNER, F./REINHOLD, M./RÖBEN,P.: Curriculumdesign I: Identifizieren undBeschreiben von beruflichen Arbeitsauf -ga ben. Konstanz 2002.

KMK: Handreichungen für die Erarbeitungvon Rahmenlehrplänen der Kultusminis -terkonferenz für den berufsbezogenenUnterricht in der Berufsschule und ihreAbstimmung mit Ausbildungsordnungendes Bundes für anerkannte Ausbil-dungsberufe. Bonn 09.05.1996, i. d. F. v.15.09.2000.

PETERSEN, A. W.: Leitideen für die Entwick -lung und Gestaltung arbeitsorientierterund lernfeldbasierter Rahmenlehrpläne.In: BADER, R./SLOANE, P. F. E. (Hrsg.): Ler-nen in Lernfeldern. Theoretische Analyseund Gestaltungsansätze zum Lernfeld-konzept. Markt Schwaben 2000, S. 217-237.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Informations- und Telekom-munikationssystem-Elektroniker/Informa-tions- und Telekommunikationssys tem-

lage kaum eindeutig zu bestimmen.“(PETERSEN 2000, S. 226)

Mag sein, dass viele Lehrkräfte, diesich in der Regel nur auf einen einzel-nen Ausbildungsberuf konzentrieren,dieses Problem mit seinen Unstim-migkeiten als solches überhaupt nichtwahrnehmen. Die Gesamtschau allerLehrpläne dürfte jedoch für einen au-ßen stehenden Betrachter schon et-was befremdlich, wenn nicht sogar di-lettantisch wirken. Die nahezu „freieÜbersetzung“ der Begriffe „Arbeits-und Geschäftsprozess“ lässt darüberhinaus erkennen, wie wenig die Lehr-plangestalter der einzelnen Berufs-gruppen miteinander kooperiert ha-ben.

Das mehrdeutige Ergebnis provoziertaußerdem die Frage nach den eigent-lichen Intentionen der KMK, die Aus-bildung arbeits- und geschäftspro -zess orientiert zu gestalten. Verstehensich die beiden Begriffe lediglich alsWorthülsen, die der aktuellen – abernoch nicht abgeschlossenen – berufs -pädagogischen Diskussion entsprin-gen? Oder existiert ein eindeutigesBildungskonzept, das – aus welchemGrund auch immer – bisher noch nichtexplizit ausformuliert wurde?9

Das Analyseergebnis ist, würde manes Unterrichtspraktikern vortragen, fürdiese sicher nicht völlig überraschend.Dennoch ist ein Konsens über das Po-sitive der mit der Geschäfts- und Ar-beitsorientierung verbundenen Inten-tionen erkennbar, soweit damit ein Be-zug zum beruflichen und betrieblichenGeschehen hergestellt wird, den diefrühere fachliche Orientierung missenließ. Allerdings ist die Frage bisherweitgehend unbeantwortet geblieben,wie aus exemplarischen Arbeitsaufga-ben, die von den Lernfeldern vorgege-ben werden, eine auf die regionalenVerhältnisse bezogene, gestaltungsof-fene, arbeits- und geschäftsprozess -ori entierte sowie berufsbezogeneLernsituation entstehen soll. Es ist zuerwarten, dass die meisten Berufs-schulen auf Grund ihrer begrenztenpersonellen und materiellen Mittelkaum in der Lage sind, die Aufgabe zumeistern.

In der Berufsschule könnten reale Ar-beitsprozesse, Arbeits- und Ge-schäftsprozesse oder Geschäftspro-zesse verstärkt zum Lernmedium bzw.

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80 163

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Karosserie- und Fahr -zeugbaumechaniker/Karosserie- undFahrzeugbaumechanikerin. Beschlussder Kultusministerkonferenz vom16.05.2003d.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Zweiradmechaniker/Zwei-radmechanikerin. Beschluss der Kultus-ministerkonferenz vom 16.05.2003e.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Anlagenmechaniker für Sa-nitär-, Heizungs- und Klimatechnik/Anla-genmechanikerin für Sanitär-, Heizungs-und Klimatechnik. Beschluss der Kultus-ministerkonferenz vom 16.05.2003f.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Anlagenmechanikerin/Anla-genmechaniker. Stand: 20.01.2004a.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Industriemechanikerin/In -dustriemechaniker. Stand: 20.01.2004b.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Konstruktionsmechanike-rin/Konstruktionsmechaniker. Stand:20.01.2004c.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Werkzeugmechanikerin/Werk zeugmechaniker. Stand: 20.01.2004d.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Zerspanungsmechanike-rin/Zerspanungsmechaniker. Stand:20.01.2004e.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Lacklaborant/Lacklaboran-tin. Beschluss der Kultusministerkonfe-renz vom 13.01.2000c.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Pharmakant/Pharmakantin.Beschluss der Kultusministerkonferenzvom 01.12.2000d.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Chemikant/Chemikantin.Beschluss der Kultusministerkonferenzvom 01.12.2000e.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Feinwerkmechaniker/Fein-werkmechanikerin. Beschluss der Kul-tusministerkonferenz vom 14.05.2002a.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Metallbauer/Metallbauerin.Beschluss der Kultusministerkonferenzvom 14.05.2002b.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Elektroniker/Elektronikerin.Beschluss der Kultusministerkonferenzvom 16.05.2003a.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Kraftfahrzeugmechatroni-ker/Kraftfahrzeugmechatronikerin. Be-schluss der Kultusministerkonferenzvom 16.05.2003b.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Mechaniker für Landmaschi-nentechnik/Mechanikerin für Landma-schinentechnik. Beschluss der Kultusmi-nisterkonferenz vom 16.05.2003c.

Elektronikerin. Beschluss der Kultusmi-nisterkonferenz vom 25.04.1997a.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Fachinformatiker/Fachinfor-matikerin. Beschluss der Kultusminister-konferenz vom 25.04.1997b.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Informatikkaufmann/Infor-matikkauffrau. Beschluss der Kultusmi-nisterkonferenz vom 25.04.1997c.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Informations- und Telekom-munikationssystem-Kaufmann/Informa-tions- und Telekommunikationssystem-Kauffrau. Beschluss der Kultusminister-konferenz vom 25.04.1997d.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Mechatroniker/Mechatroni-kerin. Beschluss der Kultusministerkon-ferenz vom 30.01.1998.

KMK: Rahmenlehrpläne für die Berufsaus-bildung in der Bauwirtschaft. Beschlussder Kultusministerkonferenz vom05.02.1999.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Biologielaborant/Biologiela-borantin. Beschluss der Kultusminister-konferenz vom 13.01.2000a.

KMK: Rahmenlehrplan für den Ausbil-dungsberuf Chemielaborant/Chemiela-borantin. Beschluss der Kultusminister-konferenz vom 13.01.2000b.

A. Willi Petersen

Geschäfts- und Arbeitsprozesse als Grundlageberuflicher Ausbildungs- und Lernprozesse

Einleitung

Geschäfts- und Arbeitsprozesse be-stimmen Berufsprofile, Ausbildungs-berufe, und Ausbildungsinhalte. Sooder so ähnlich lautet seit etwa Mitteder 90er-Jahre die neue curriculareund didaktische Ausrichtung zur dua-len Berufsausbildung. Die vier IT-Beru-fe von 1997 hatten hierbei eine gewis-se „Vorreiterrolle“. Seit 2003 gilt die

Neuausrichtung für die Elektroberufewie aktuell auch für die Metallberufe.Eingeleitet und teils umgesetzt ist da-mit ein grundlegender Perspektiv-wechsel in der Gestaltung der Ausbil-dungsberufe und folglich in den Curri-cula wie der Ausbildung in Betrieb undSchule selbst. Im Kern verändert ha-ben sich nicht nur die Berufsprofileund Ausbildungsinhalte, sondernebenso die Methoden und Medien wie

auch die Konzepte einer neuen „ge-streckten“ Abschlussprüfung.

Mit welcher Intensität und wie erfolg-reich die neuen Berufs- und Ausbil-dungskonzepte heute in den Betrie-ben und Schulen umgesetzt sind,kann zu den Elektro- und Metallberu-fen noch mangels ausreichender Er-fahrung und fehlender Untersuchun-gen nicht umfassend beantwortet

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164 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

dern wie zur Ausbildung für Interpreta-tionen offen. Demzufolge wird in denVerordnungen nur mittels der „Fach-qualifikationen“ der einen Berufsbild-position 17 erkenn- und erklärbar, wieGeschäftsprozesse curricular verstan-den werden. So kommt zum einenzum Ausdruck, dass hier mit Ge-schäftsprozess kein insgesamt „be-trieblicher“ gemeint sein kann. Festge-legt werden vielmehr „berufliche“ Teil-Arbeiten bzw. Teil-Qualifikationen, diesich der Struktur nach an einem „be-trieblichen“ Gesamtprozess orientie-ren. Im Prinzip wird ein „beruflicher“Geschäftsprozess definiert, der zum„betrieblichen“ Geschäftsprozess ei-nen „berufsspezifischen“ Beitrag leis -tet. Zum anderen werden mit der Be-rufsbildposition 17 einzelne Arbeits-und Qualifikationsinhalte bestimmt,die wesentliche Elemente einer Auf-tragsbearbeitung von der Annahmebis zum Abschluss repräsentieren.Aus den Verordnungen ergibt sich da-mit für die Industrieberufe ein Ver-ständnis von Geschäftsprozessen,welches sich im curricularen Kern aneiner relativ vollständigen „betrieblich-beruflichen“ Auftragsbearbeitungorientiert. Für die neuen Handwerks-berufe weisen die Verordnungen ne-ben dem allgemeinen Prozessbezugexplizit keine vergleichbare Berufs-bildposition zu Geschäftsprozessenaus. Dennoch kann für alle Elektrobe-rufe ein eher „auftragsorientiertes“Verständnis zu Geschäftsprozessenangenommen werden, wobei imHandwerk Geschäftsprozesse nochdeutlicher als Kundenaufträge zu ver-stehen sind. Auf dieser Basis könnenfür die neuen Elektroberufe auch dieBerufsbildpositionen und Qualifikatio-nen insgesamt so interpretiert werden,dass deren Ausrichtung an Geschäfts-prozessen bzw. Aufträgen erkennbarwird. Danach weisen einige Berufs-bildpositionen und zugeordnete Quali-fikationen wie z. B. „Umweltschutz (4)“oder „Betriebliche und technischeKommunikation (5)“ aber keine direkteoder eine nur übergreifende Prozess -ausrichtung auf. Dagegen sind Berufs-bildpositionen wie z. B. „Beraten undBetreuen von Kunden, Erbringen vonServiceleistungen (11)“ oder „Konfigu-rieren und Programmieren von Steue-rungen (14)“ deutlicher prozessbezo-gen und mit ihren Qualifikationen rela-tiv konkret an „Teilprozessen“ von Ge-schäftsprozessen ausgerichtet. Im

werden. Vorliegende Ergebnisse zur„älteren“ Ausbildung in den IT-Berufenzeigen aber, dass sich bei hoher quan-titativer Akzeptanz auch ein qualitati-ver Erfolg und grundlegender Wandelin der Ausbildung konstatieren lässt(vgl. u. a. PETERSEN u. a. 2001, PETER-SEN/WEHMEYER 2001, 2003). Die Fort-führung und Übertragung der neuenBerufs- und Ausbildungskonzepte aufdie Neuordnung der Elektro- undMetallberufe beruht ja nicht zuletztauch auf den eher positiven Erfahrun-gen bei den IT-Berufen. Gleichwohl istnoch festzustellen, dass die an Ge-schäfts- und Arbeitsprozessen neuausgerichtete Berufsausbildung sowieauch das Konzept der Kern- undFachqualifikationen zu vielfältigenUmstellungsproblemen in den Betrie-ben wie Berufsschulen geführt hat.Dies ist angesichts der weit reichen-den Veränderungen nicht ungewöhn-lich und zeigt zunächst nur, dassgegenüber der bisherigen Praxis aufallen Ebenen der Berufsbildung neuecurriculare und didaktische Herausfor-derungen bestehen. Diese beginnenmit den neuen Berufsprofilen und derEntwicklung entsprechender Ausbil-dungsordnungen und Rahmenlehrplä-ne, zu denen die Ergebnisse erkennenlassen, dass die Geschäfts- und Ar-beitsprozessorientierung vielfältigeberufliche sowie curriculare und di -daktische Interpretationen zu und of-fen lässt. Zwar gibt es eine Reihe ver-öffentlichter Konzepte und Theorienund speziell für die Rahmenlehrplan-entwicklung eine KMK-Handreichung(KMK 1996, 2000), doch zeigt sich be-sonders an den je nach Berufsfeld ent-wickelten Curricula, dass die Konzep-te immer wieder neu interpretiert undunterschiedlich ausgestaltet werden.Fast zwangsläufig und vergleichbargilt dies für die didaktisch-methodi-schen Umsetzungen in der Ausbil-dungspraxis, wo teils durch mangeln-de bundesweite Information und Kom-munikation die neuen Ausbildungs-ordnungen und Rahmenlehrpläneauch mal so oder so interpretiert undumgesetzt werden. Von daher gibt eszu den praxisrelevanten Elementender neuen Ausbildung wie insbeson-dere Zeitrahmen-Methode und Lern-feldkonzept auch vielfältige Umset-zungsvarianten. Die didaktische Viel-gestaltigkeit in Theorie und Praxis istnun im Grundsatz nicht problema-tisch, führt aber dennoch zu Unsicher-

heiten und der Frage, ob und wie dieneuen Ziele und erwarteten Ergeb-nisse einer arbeits- und prozessorien-tierten Ausbildung auch praktisch ein-gelöst und zu verbessern sind. Inso-fern gibt es zum Gesamtkomplex derNeuausrichtung sowohl unter Berück -sichtigung der Verordnungen undLehrpläne wie der Umsetzungen inBetrieb und Schule noch Klärungsbe-darf, der hier vorrangig auf die Elektro-berufe bezogen und thematisch aufdie „Geschäfts- und Arbeitsprozesseals Grundlage beruflicher Ausbil-dungs- und Lernprozesse“ konzen-triert werden soll.

„Berufsprofile – ausgerichtetan betrieblichen Arbeits- undGeschäftsprozessen“1

Wie aus der Überschrift, nach BiBBwörtlich zitiert, deutlich wird, war einbedeutender Kernpunkt zur Neuord-nung der Elektroberufe, dass sich dieBerufsprofile neu an betrieblichen Ge-schäfts- und Arbeitsprozessen aus-richten. Dieser auch didaktische Kern-punkt war und ist für alle Entwick -lungs- und Ausbildungsfragen vongroßer Bedeutung. Er bleibt jedochinsgesamt vage, da im Kontext dercurricularen Fragen nicht hinreichendgeklärt ist, was eigentlich betrieblicheGeschäfts- und Arbeitsprozesse sindund woran sich die Berufsprofile undAusbildung konkret „ausrichten“. Danoch ergänzend Begriffe wie „Berufs-typischer Arbeitsprozess“, „Teilpro-zess“ oder „Arbeitsteilprozess“ einge-führt (vgl. BiBB 2003) und ebensonicht hinreichend geklärt sind, bleibtzudem offen, welcher Zusammenhangeigentlich zwischen den „betrieb-lichen“ Geschäftsprozessen und denje „beruflichen“ Arbeitsprozessen be-steht.

Die entwickelten Berufsbilder und Ver-ordnungen für die Elektroberufe gebenauf diese Fragen nur bedingt Antwort.In diesen wird lediglich sehr allgemeinvon einer „prozessbezogenen Qualifi-kationsvermittlung“ gesprochen undauch nur bei den industriellen Elektro-berufen einzig bei der letzten Berufs-bildposition 17 von „Geschäftsprozes-sen und Qualitätsmanagement im Ein-satzgebiet“ (vgl. BMWA 2003). Sowerden auch „berufstypische Arbeits-oder Teilprozesse“ explizit nicht ge-nannt. Sie bleiben in den Berufsbil-

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80 165

triebliche Geschäfts- und Arbeitspro-zesse ja ganz wesentlich auf Erkennt-nissen der Wirtschafts-, Technik- undallgemein der Fachwissenschaftenbasieren bzw. durch diese mitbe-stimmt und mitgestaltet werden, dasszur Ausbildung die bisher gefordertenKompetenzen nach wie vor ihre Be-deutung haben. Dennoch besteht keinZweifel, wenn zur BerufsausbildungGeschäfts- und Arbeitsprozesse dieneue curriculare und didaktischeGrundlage sind, dass von allen Betei-ligten heute auch erweiterte neueKompetenzen2 und ein elaboriertesVerständnis zu den Strukturen und In-halten der „betrieblichen“ und „beruf-lichen“ Geschäfts- und Arbeitsprozes-se gefordert sind.

Geschäftsprozesse in derStruktur von Arbeitsprozes-sen, Handlungsphasen und Ar-beitsaufgaben (GAHPA)

Was Geschäfts- und Arbeitsprozessesind ist wegen ihrer curricularen und

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Literatur belegen, war so in der Be-rufsbildung lange Zeit z. B. statt voneiner Berufsdidaktik fast nur von einerTechnik- oder Fachdidaktik die Rede.Auch mussten die entsprechendenKompetenzen aller an der Berufsaus-bildung beteiligten vorwiegend nur imKontext der Technik- und Fachwissen-schaften erworben und nachgewiesenwerden, was im Prinzip bis heute gilt.Als Beispiel ist insbesondere die Aus-bildung der Berufsschullehrkräfte wieauch der Einsatz vieler Ingenieure inder betrieblichen Ausbildung zu nen-nen. Dies erklärt nochmals Umstel-lungsprobleme, wenn es um die Einlö-sung des Anspruchs geht, die Berufeund Ausbildung heute curricular unddidaktisch an Geschäfts- und Arbeits-prozessen auszurichten. Schlicht undunmittelbar ist so auch einsichtig,dass hier als Voraussetzung entspre-chende Kompetenzen und Kenntnisseüber Strukturen und Inhalte „betrieb-licher“ und „beruflicher“ Geschäfts-und Arbeitsprozesse vorhanden seinmüssen. Allerdings gilt ebenso, da be-

Interpretationsrahmen der Verordnun-gen kann somit zusammengefasst beiden neuen Berufsprofilen von einerAusrichtung an Geschäftsprozessengesprochen werden, die „beruflich“ je-doch nur sehr diffus zum Ausdruckkommt und insbesondere im Zu-sammenhang „betrieblicher“ Ge-schäftsprozesse die Fragen zu Struk-tur und Inhalt „beruflicher“ Arbeitspro-zesse curricular und didaktisch völligoffen lässt.

Geschäftsprozesse und neue Aus-bildungsdidaktik

Mit der Neuausrichtung der Berufeund Ausbildung an Geschäfts- und Ar-beitsprozessen sind die bisherigenCurriculum- und Didaktikkonzeptedeutlich in den Hintergrund getreten.Diese bestanden, zumindest bezogenauf die gewerblich-technische Berufs-bildung, vornehmlich in einer Ausrich-tung und Orientierung der Berufe undAusbildung an der Inhalts- und Fach-systematik der Technikwissenschaf-ten. Wie die Praxis und umfangreiche

GeschäftsprozessProdukt bzw. Dienstleistung

„Kunden -Auftrag“(Angebot / Nachfrage)

Arbeitsprozess

(B)

Arbeitsprozess

(A)

Arbeitsprozess

(C)

Arbeitsprozess

(…)

Arbeitsprozesse

Handlungs-phase(B.1)

Handlungs-phase(B...)

Handlungs-phase(B.3)

Handlungs-phase(B.2)

Handlungsphasen

Arbeits-aufgabe(B.3.1)

Arbeits-aufgabe(B.3.2)

Arbeits-aufgabe(B.3.3)

Arbeits-aufgabe(B.3…)

Arbeitsaufgaben

Abb. 1: GAHPA-Modell: Der Geschäftsprozess in der Struktur von Arbeitsprozessen, Handlungsphasen und Arbeitsauf-gaben einschließlich aller am Geschäftsprozess beteiligten Personen (Fachkräfte/Berufe)

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166 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

didaktischen Bedeutung im Zu-sammenhang der neuen Berufe undAusbildung grundlegender zu klären.Grundlegender heißt insbesondere,die Klärung auch in der Perspektive„betrieblicher“ und „beruflicher“ Pro-zesse vorzunehmen. Dabei sollte be-zogen auf die Strukturen und Inhalteder Geschäfts- und Arbeitsprozessedie Klärung möglichst zu allgemeinenwie konkreten Ergebnissen führen.Dies kann nur sehr bedingt durch Lite-raturstudien gelingen, sodass hierzuein entwickeltes „GAHPA-Modell“ vor-gestellt wird (siehe Abb. 1), welchesseine Begründung vorrangig in empiri-schen Ergebnissen hat und zur Klä-rung wie auch Analyse und Darstel-lung von Geschäfts- und Arbeitspro -zessen beitragen kann. In der Refe-

renz gilt dies besonders im Erkennt-niszusammenhang der Berufsarbeit,da das Modell empirisch auf entspre-chenden Ergebnissen und vor allembetrieblichen Arbeitsstudien basiert.Beispielsweise lagen mit den Studienzu den älteren Elektroberufen in Indus -triebetrieben (vgl. u. a. DRESCHER u. a.1995, PETERSEN u. a. 1999, BREMER/JA-GLA 2000) und auch in Handwerksbe-trieben (vgl. u. a. HÄGELE 2002) erstewertvolle Hinweise auf modellhafteStrukturen „betrieblich-beruflicher“Geschäfts- und Arbeitsprozesse vor.Insbesondere hat das Modell aber sei-ne Basis in zahlreichen deutschen undeuropäischen Arbeits- und Fallstudienzu den IT-Berufen, in denen betriebli-che IT-Geschäfts- und Arbeitsprozes-se „aufdeckt“ und zur IT-Arbeit und -

Ausbildung beruflich und didaktischausgewertet wurden (vgl. PETERSEN/WEHMEYER 2003, EUQuaSIT Leonardo-da-Vinci II project 2001-20043).

Geschäftsprozesse

Zunächst haben Geschäftsprozesseganz allgemein immer etwas mit ei-nem betrieblichen „Geschäft“ unddem Prozess der Geschäftserfüllungzu tun. Im Prinzip geht es um ein(Markt-)Angebot oder die betrieblicheBefriedigung einer Nachfrage zu belie-bigen Produkten oder Dienstleistun-gen. Abnehmer oder Auftraggeber istim weitesten Sinne immer ein „Kun-de“, der die von Betrieben4 angebote-nen oder in Auftrag gegebenen Pro-dukte oder Dienstleistungen nach-fragt. In Unternehmensformen wie

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

ISCED-97Bildungs-

Level

ISCO-88Arbeits-

Level

SkillLevel -

Managers ...

Education

Level 6Advanced research

qualification ...

Erwerbsberufe

Studium (PhD ...)

Erwerbsberufe

Studium (PhD ...)

Erwerbsberufe

Studium (PhD ...)

Erwerbsberufe

Studium (PhD ...)

SkillLevel 4

Professionals ...

Education

Level 5Tertiary

education ...

Erwerbsberufe

Studium (BA/MA ...)

Erwerbsberufe

Studium (BA/MA ...)

Erwerbsberufe

Studium (BA/MA ...)

Erwerbsberufe

Studium (BA/MA ...)

SkillLevel 3Associate

professionals ...

Education

Level 4Post-

secondary ...

Erwerbsberufe

Fortbildung(sberufe)

Erwerbsberufe

Fortbildung(sberufe)

Erwerbsberufe

Fortbildung(sberufe)

Erwerbsberufe

Fortbildung(sberufe)

SkillLevel 2

Clerks, workers ...

EducationLevel 3

Upper-secondary ...

Erwerbsberufe

Ausbildung(sberufe)

Erwerbsberufe

Ausbildung(sberufe)

Erwerbsberufe

Ausbildung(sberufe)

Erwerbsberufe

Ausbildung(sberufe)

SkillLevel 1Elementary occupations

...

EducationLevel 2

Lower secondary ...

Erwerbsberufe

Ausbildung (kurz)

Erwerbsberufe

Ausbildung (kurz)

Erwerbsberufe

Ausbildung (kurz)

Erwerbsberufe

Ausbildung (kurz)

Klassifikation der Erwerbsberufe und korrespondierende Ausbildungsberufe

„Berufliche“ Gruppen und Felder mit Arbeits - und Ausbildungsqualifikationen

Abb. 2: Beispiel zur Darstellung der an einem komplexen betrieblichen Geschäftsprozess beteiligten Fachkräfte unter-schiedlicher beruflicher Arbeits- und Ausbildungsqualifikationen mit dem Fokus auf eine Berufsgruppe

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80 167

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

z. B. der "Betrieb im Betrieb" gibt esentsprechend "innerbetriebliche Kun-den", sodass „betriebliche“ wie auch"innerbetriebliche" Geschäftsprozes-se definierbar sind. So wird heute z. B.selbst die Ausbildung eines Auszubil-denden zu einem „innerbetrieblichen“Geschäftsprozess, wenn diese von ei-ner Betriebsabteilung in Auftrag gege-ben und finanziert wird. Geschäftspro-zesse haben dementsprechend Pro-dukte oder Dienstleistungen jeglicherArt und Branche zum Gegenstand.Beispiele für sowohl komplexe wieeinfache Geschäftsprozesse sind:

– die Produktion von Kraftfahrzeugenals Angebot oder auf „Nachfrage"z. B. bei VW oder BMW,

– die Erstellung eines Kraftwerkes im"Kunden-Auftrag" z. B. von Sie-mens oder die einer Software z. B.von SAP,

– die Dienstleistung einer Bank, einesKrankenhauses oder einer Bil-dungseinrichtung oder auch diedes Kraftfahrtbundesamtes,

– die Brot- und Backwarenherstel-lung für den "Angebotsmarkt" einerBäckerei,

– die Installation von Elektro- oderHeizungsanlagen im "Kunden-Auf-trag" durch Handwerksbetriebe.

Bei Geschäftsprozessen werden dieProdukte oder Dienstleistungen vomKunden finanziert und haben für die-sen folglich einen Wert. Geschäftspro-zesse werden daher betriebswirt-schaftlich oft als "Wertschöpfungsket-te" betrachtet, in der die Wertschöp-fung durch den Einsatz und die Nut-zung verschiedenster Ressourcen er-folgt. Neben z. B. Material- oder Ma-schinen-Ressourcen sind dies ganzwesentlich die Personal-Ressourcen,also alle am Geschäftsprozess undder Wertschöpfung beteiligten Fach-kräfte, vom Manager oder Meister biszur Hilfskraft.

Im Erkenntniszusammenhang von Be-rufsarbeit und Berufsbildung rückt da-mit auch bei Geschäftsprozessen der

Einsatz und besonders die Arbeit undQualifikation aller beteiligten Fachkräf-te ins Zentrum. Hierbei ist einerseitsnicht unbedeutend, dass der „richti-ge“ Personaleinsatz oft eine Kernfunk-tion in der Geschäftsprozessstrategieist. Sie ist mitentscheidend, welches„berufliche“ Personal wie und wo mitwelcher Qualifikation im betrieblichenGeschäftsprozess eingesetzt wird.Obige Beispielprozesse könnten zei-gen, dass dies für die komplexe Auto-produktion mit tausenden von unter-schiedlich qualifizierten Fachkräften(siehe als Beispiel Abb. 2) oder für eineSoftwareentwicklung wie ebenso fürdie Installation einer Elektroanlage mitnur wenigen Fachkräften gilt. Anderer-seits ist im Erkenntniszusammenhangvon Arbeit und Berufsbildung die Sichtauf die Geschäftsprozesse eher um-gekehrt, da ja zu klären ist, wie und woin den Prozessen welche Fachkräftemit welchen auch neuen oder verän-derten Qualifikationen betrieblich tätigsind. So kann bei Geschäftsprozessenmit komplexen Produkten oder

Geschäftsprozess

Verkauf und Austausch eines Elektroherdes

System - und

Arbeitsplanung

Auftrags - und

Projektbearbeitung

Montage , Installation

und TestService und Support

Arbeitsprozesse

Kundenberatungund Verkauf des Elektroherdes

Prüfen derSchutz-

maßnahmen

Montieren und Installieren

Planen und Organisieren

der Arbeit

Handlungsphasen

ElektrotechnikerMeister

Aufstellen und Inbetriebnehmen des Elektroherdes

Auftrags-abschluss

und Arbeits-bewertung

Elektroniker Elektroniker

Installations -prüfung

Ausbau des alten

Elektroherdes

Altgeräte-entsorgung

Arbeitsaufgaben

... ...

Abb. 3: Beispiel eines konkreten Geschäftsprozesses in der Struktur von Arbeitsprozessen, Handlungsphasen und Ar-beitsaufgaben einschließlich der am Geschäftsprozess beteiligten Fachkräfte

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

Dienstleistungen und vielen Fachkräf-ten die scheinbar „einfache“ Fragenach der einzelnen Berufsarbeitschnell ebenso zu einer komplexenUntersuchung werden. Bei einfachenGeschäftsprozessen mit nur wenigenFachkräften ist sie dagegen eher über-schaubar. Unterschiede gibt es so be-sonders zwischen industriellen undhandwerklichen Geschäftsprozessen.Bei Geschäftsprozessen ist aber im-mer von der betrieblichen Zusammen-arbeit einer mehr oder weniger großenAnzahl von beruflich unterschiedlichqualifizierten Fachkräften auszuge-hen. In Arbeitsstudien ist so z. B. auchimmer zu klären, wie und in welchenFormen die berufliche Zusammenar-beit in den Geschäftsprozessen je-weils organisiert und gestaltet ist. DerFrage nach der „horizontalen und ver-tikalen“ Schneidung und Abgrenzungder Berufsarbeit kommt dabei curricu-lar eine besondere Bedeutung zu. Siestellt sich heute zunehmend z. B. inund zwischen den Wirtschafts-,Metall- und Elektro- und IT- Berufen.

Das GAHPA-Modell

Zu Geschäftsprozessen sind die mög-lichen Analysen und Darstellungsfor-men vielfältig. Entscheidend ist dasErkenntnisinteresse, wobei der Um-fang und Inhalt der Produkt- oderDienstleistungserstellung sowie auchdie Betriebsgröße die Komplexität undden Analyseaufwand bestimmt. Kom-plexe Geschäftsprozesse werden so z. B. oft in einer Funktions-, Daten-und Organisationssicht oder Leis -tungssicht analysiert und modellhaftdargestellt. Diese Sichtweisen auf Ge-schäftsprozesse haben vorwiegendökonomische Interessen und dienen z. B. der Prozesssteuerung und -kon-trolle. Sie werden heute verstärktdurch Ansätze in der Wirtschaftsinfor-matik unterstützt. Modelle und spezifi-sche Ansätze mit beruflicher Sicht aufdie Arbeit in den Geschäftsprozessen,mit denen die Berufsarbeit der Fach-kräfte auch prozessbezogen bis aufdie Ebene der Arbeitsaufgaben erfass-bar wird, sind dagegen bisher wenigentwickelt. Wie einleitend angespro-chen, wird daher auf der Erkenntnis-basis entsprechender Arbeitsstudienhier das GAHPA-Modell eingeführt(siehe Abb. 1), welches zu Geschäfts-prozessen methodisch drei Ebenenmit prozess- und arbeitsbezogenenStrukturelementen definiert. Damit

lassen sich einfache wie komplexeGeschäftsprozesse auf einer erstenEbene in der Struktur der betrieblichenArbeitsprozesse beschreiben, zu de-nen auf der zweiten Ebene dann je-weils Handlungsphasen und wiede-rum zu diesen auf der dritten Ebenedie Arbeitsaufgaben der einzelnenFachkräfte analysiert und dargestelltwerden können. Ein Beispiel ist der re-lativ einfache Geschäftsprozess „Ver-kauf und Austausch eines Elektroher-des“ (siehe Abb. 3), zu dem die Analy-se zugleich die „berufliche“ Zusam -menarbeit eines Elektrotechniker-Meis ters und Elektronikers zeigt. Da-gegen sind komplexere Geschäftspro-zesse wie die „Produktion von Kraft-fahrzeugen“ oder die der „Bierherstel-lung“ zur vergleichbaren Berufsarbeitnicht so einfach analysier- und dar-stellbar, da in den nach Struktur undInhalt komplexeren Arbeitsprozessendie Beteiligung der Fachkräfte in hori-zontaler wie vertikaler Arbeits- undBerufsdifferenzierung auch wesentlichvielfältiger ist.

Geschäftsfelder in der Struk-tur generierter Arbeitsfelder,Handlungsfelder und Arbeits-aufgaben

Zur Klärung, was Geschäfts- und Ar-beitsprozesse sind, gehört eigentlichebenso die Frage nach Geschäfts-und Arbeitsfeldern sowie nach Hand-lungsfeldern. Nicht nur das die Begrif-fe weithin bekannt und in Verwendungsind, vielmehr sind diese „Felder“ zurWirtschaft und Arbeit wie im didak-tisch-curricularen Zusammenhangauch übergreifend von Bedeutung.Dennoch sind die Begriffe und be-sonders die Beziehung und der Zu-sammenhang zwischen Prozessenund Feldern z. B. unter Arbeits- undAusbildungsaspekten kaum hinrei-chend geklärt. Obwohl zur Ausbildungheute viel von Prozessen gesprochenwird, werden dieser aber weder mitden Verordnungen noch den Rahmen-lehrplänen konkrete Geschäftsprozes-se vorgegeben. Wenn überhauptkönnten diese auch wegen der „un-endlichen“ Vielfalt immer nur einenexemplarischen Charakter wie dasBeispiel in Abb. 3 haben. Insofern er-gibt sich unter verschiedenen Aspek-ten die Notwendigkeit, zur Vielfalt derGeschäftsprozesse eine Verallgemei-nerung bzw. Generierung vorzuneh-

men, die im Ergebnis zu Angaben mitdem auch eher statischen Feld-Begriffführt. So ist ein Geschäftsfeld wirt-schaftlich zunächst allgemein „festge-legt durch:

– abgrenzbare Zielgruppen (Markt-segmente)

– homogene Produkte oder Dienstleis -tungen (Produkt-Segmente)

– spezifische Absatzbereiche“ (vgl.BLEICHER 1999, S. 265-268).

Das heißt, ein Geschäftsfeld kenn-zeichnet damit im Wesentlichen allebetrieblichen Geschäfts- und Arbeits-prozesse mit z. B. einem homogenenProdukt. Oder anders, gegenüber ein-zelnen Geschäftsprozessen kommt inder Geschäftsfeldangabe die generi-sche Vielzahl homogener markt-, pro-dukt- oder absatzbezogener Ge-schäftsprozesse zum Ausdruck. Gro-ße Unternehmen mit diversifiziertenGeschäftsprozessen können zudemneben ihrem „Kern-Geschäftsfeld“auch weitere Geschäftsfelder haben.So heißt es z. B. bei der DeutschenBahn: „Die Geschäftsfelder werdenseit April 2005 in den Ressorts „Perso-nenverkehr“, „Transport und Logistik“sowie „Infrastruktur und Dienstleistun-gen“ gebündelt.“ Weitere Geschäfts-feld-Beispiele sind:

– PKW-Herstellung,

– Informations- und Telekommunika-tionstechnik (IT),

– Elektrotechniker-Handwerk,

– Windenergie.

Zum Geschäftsfeld „Elektrotechniker-Handwerk“, ist der Geschäftsprozess„Verkauf und Austausch eines Elektro-herdes“ somit auch nur ein Beispielaus einer Vielzahl möglicher Ge-schäftsprozesse.

Das GAHFA-Modell

Wenn Geschäftsfelder auf der Basishomogener Geschäftsprozesse gene-riert und inhaltlich benannt werden,dann kann dies methodisch ebensoauf Arbeitsprozesse, Handlungspha-sen und Arbeitsaufgaben und damitvergleichbar auf das gesamte GAHPA-Modell übertragen werden. Hierdurchentsteht das „GAHFA-Modell“, mitdem auf der Basis und unter Beibehal-tung der Prozessstrukturen die ent-sprechenden Strukturelemente zu ei-

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Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

nem Geschäftsfeld generiert und be-stimmbar werden:

– Geschäftsfeld

– Arbeitsfelder,

– Handlungsfelder und

– Arbeitsaufgaben.

In diesen Feldern sind wiederumFachkräfte tätig, sodass sich wie zumgesamten „betrieblichen“ Geschäfts-feld auch für jede Fachkraft die je „be-ruflichen“ Arbeits- und Handlungsfel-der sowie Arbeitsaufgaben bestim-

men lassen. Entsprechend dem Mo-dell und Ansatz sind dies prozessbe-zogene „Arbeits- und Berufsanga-ben“, die denen von Arbeitsgebietenin modernen Berufsbild- und Tätig-keitsbeschreibungen vergleichbarsind.

Geschäfts- und Arbeitsprozes-se als Grundlage der betrieb-lichen Ausbildung

Zur Ausbildungspraxis der Elektrobe-rufe kann die neue Anforderung einer

„prozessbezogenen Qualifikationsver-mittlung“ mithilfe der erfolgten Pro-zess- und Feld-Klärungen nun curricu-lar klarer und didaktisch weiter kon-kretisiert werden. Zunächst und auchmit Blick auf viele Diskussionen undBeiträge ist nochmals herauszustellen,dass sich die Ausbildungsordnungenwie Rahmenlehrpläne nur auf Prozes-se „beziehen“ bzw. an diesen „aus-richten“ und damit selbst keine Ge-schäfts- und Arbeitsprozesse beinhal-ten. Sie geben curricular im Prinzip„berufliche“ Arbeits- und Handlungs-

Automatisierungs-systeme realisieren

(80) (LF 13)

Geschäftsprozesse und Qualitätsmanagement

im Einsatzgebiet (EAT 17)

Marketingund

Vertrieb

Auftrags -

und Projekt-

bearbeitung

Forschungund Ent-wicklung

System-

und Arbeits-

planung

Installation

und Inbetrieb-

nahme

Instandhal-

tung und

Service

Herstellung

und

Montage

Betriebund Be-dienung

Technische Auftragsanalyse,

Lösungsentwicklung (EAT 12)

Beurteilen der Sicher-heit von elektrischen

Anlagen und Betriebsmitteln (9)

Installieren und Konfigurieren von IT-Systemen (10)

Errichten von Einrichtungen der Automatisierungs-technik (EAT 13)

Konfigurieren und Programmieren von Automatisierungs-systemen (EAT 14)

Messen und Analysie-ren von elektrischen

Funktionen und Systemen (8)

Instandhalten und Optimieren von

Automatisierungs-systemen (EAT 16)

Beraten und Betreuen von Kunden, Erbringen von

Serviceleistungen(11)*

Montieren und Anschließen elektrischer

Betriebsmittel (7)

Prüfen und In-betriebnehmen von Automatisierungs-systemen (EAT 15)

„Berufliche“ Arbeits- und Handlungsfelder

Elektroniker/in für Automatisierungstechnik (EAT)

*(...) Jeweilige Berufsbildposition (Qualifikation ) der Verordnung

Arbeits- und handlungsfeldübergreifende Berufsbildpositionen Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht (1)* Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes (2) Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (3)

„Industrielle“ GeschäftsfelderEinsatzgebiete (Geschäftsfelder ): Produktions- und Fertigungsautomation ; Verfahrens - und Prozessautomation ;

Netzautomation; Verkehrsleitsysteme; Gebäudeautomation

„Betriebliche“ Arbeitsfelder

Umweltschutz (4) Betriebliche und technische Kommunikation (5) Planen und Organisieren der Arbeit, Bewerten der Arbeitsergebnisse (6)

Abb. 4: Berufsbild-Beispiel „Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik“ (EAT): Interpretation und Darstellung der Ein-satzgebiete als Geschäftsfelder sowie der Berufsbildpositionen als prozessbezogene berufliche Arbeits- undHandlungsfelder nach dem „GAHFA-Modell“

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170 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

sammen. Generell stellt sich damit un-ter Arbeits- und Berufsaspekten auchdie Frage zum je „beruflichen“ Beitragim Geschäftsfeld und den Arbeitsfel-dern. Konkret ist dies die Frage nachden Arbeits- und Berufsgrenzen bzw.den je „beruflichen“ Arbeits- undHandlungsfeldern und Arbeitsaufga-ben, die im Beispiel für und zugleichmit dem neuen Ausbildungsberuf„Elektroniker/-in für Automatisierungs-technik“ durch 17 Berufsbildpositio-nen beantwortet wurde.

Die 17 Berufsbildpositionen sind in derDarstellung nach dem „GAHFA-Mo-dell“ den entsprechenden betrieb-lichen Arbeitsfeldern inhaltlich undprozessbezogen zugeordnet. Dabeiwurden die ersten sechs als arbeits-und handlungsfeldübergreifend, dieweiteren zehn Positionen als direktprozessbezogene Handlungsfelderund die Position 17 als ein diese Fel-der umfassendes „berufliches“ Ge-schäftsfeld interpretiert (siehe Abb. 4).Hinsichtlich des Prozessbezugs dereinzelnen Positionen bzw. „beruf-lichen“ Arbeits- und Handlungsfelderwird hiermit curricular ein Mix erkenn-bar, wobei als Hauptmerkmal die in-haltliche Ausrichtung an einzelnen Ar-beits- oder Teilprozessen gelten kann.Nicht unbedeutend ist hierzu das the-oretische Konstrukt der Aufteilung inKern- und Fachqualifikationen, wo-durch auch der „berufliche“ Prozess-bezug jeder Position konkret beein-

flusst wird. Dies kommt auf der hiernicht mehr dargestellten weiteren Mo-dellebene der prozessbezogenen be-ruflichen Arbeitsaufgaben noch deut-licher zum Ausdruck. Diese Aufgabensind nach Verordnung im Sinne derQualifikationen z. B. zur Berufsbildpo-sition 11 bzw. dem Handlungsfeld„Beraten und Betreuen von Kunden,Erbringen von Serviceleistungen“ wiefolgt vorgegeben:

– Vorstellungen und Bedarf von Kun-den ermitteln, Lösungsansätze ent-wickeln und Realisierungsvariantenanbieten (11a)

– …

– Störungsmeldungen aufnehmen(11c)

– Einzelheiten der Auftragsabwick -lung vereinbaren, bei Störungen derAuftragsabwicklung Lösungsvari-anten aufzeigen (11d)

– …

– Informationsaustausch zu den Kun-den organisieren (11g) (vgl. BMWA2003).

Mir der „Zeitlichen Gliederung“ diesersachlich-inhaltlichen Qualifikations-vorgaben ist die betriebliche Ausbil-dung nach den Ausbildungsrahmen-plänen didaktisch-methodisch neu ininsgesamt 11 Zeitrahmen strukturiert(s. Abb. 5). Diese Zeitrahmen sollendie „prozessbezogene Qualifikations-vermittlung“ unterstützen, was sichdidaktisch an der Ausgestaltung undStufung der Zeitrahmen auch hinsicht-lich Umfang und Anforderungen zeigt.So werden die Zeitrahmen 1 bis 10 imAnsatz aus je verschiedenen Kombi-nationen einzelner Aufgaben bzw.Qualifikationen der obigen Berufsbild-positionen 1 bis 16 gebildet. Damitwird erreicht, dass die Zeitrahmennicht nur die Qualifikationen einer Be-rufsbildposition wie z. B. „Prüfen undInbetriebnehmen von Automatisie-rungssystemen“ beinhalten und sichfolglich nicht nur auf einzelne, sondernmehrere Arbeits- oder Teilprozessebeziehen. Die Ausnahme ist der Zeit-rahmen 11, der nur die Berufsbildposi-tion 17 (siehe Abb. 4) beinhaltet. DiesePosition ist selbst aber eine Ausnah-me, da sich deren Inhalte allein auf ei-nen relativ komplexen und vollständi-gen „beruflichen“ Geschäftsprozessbeziehen. Mit den Zeitrahmen 1 bis 11wird von daher ein Konzept verfolgt,

Abb. 5: Absicht oder Missverständnis: Ein „Geschäftsprozess“ wird in Arbeits-bzw. „Teilprozesse“ gegliedert und entsprechend den 11 Zeitrahmenoder 13 Lernfeldern „Teilprozess für Teilprozess“ über die gesamteAusbildungszeit zum Ausbildungsgegenstand (Abbildung aus BiBB2003, S. 6)

felder bzw. Lernfelder vor, die, wennder neue Anspruch didaktisch einge-löst ist, aber als Voraussetzung füreine „prozessbezogene Qualifika-tionsvermittlung“ auch Prozessstruk-turen aufweisen sollten.

Die konkrete Grundlage zur betrieb-lichen Ausbildung sind die Ausbil-dungsrahmenpläne mit der sachlichenund zeitlichen Gliederung der neuen„Kern- und Fachqualifikationen“. Cur-ricular und inhaltlich basieren dieseQualifikationen auf den „Berufsbildpo-sitionen“ (vgl. BMWA 2003). Exempla-risch zum industriellen Ausbildungs-beruf „Elektroniker/-in für Automati-sierungstechnik“ sind nachfolgend dieBerufsbildpositionen und beruflichen„Einsatzgebiete“ dargestellt, und zwarnach obigen „GAHFA-Modell“ (sieheAbb. 4). Dazu wird zunächst anhandder als Geschäftsfelder dargestelltenEinsatzgebiete erkennbar, in welchenmöglichen industriellen Geschäftsfel-dern der Beruf ausgebildet und damitauch ausgeübt werden kann. Wie dieAbbildung des Weiteren zeigt, sind zuden Einsatzgebieten bzw. Geschäfts-feldern „alle“ betrieblichen Arbeitsfel-der dargestellt, die nach Struktur undInhalt auf Basis real möglicher Ge-schäftsprozesse generiert wurden. Inden betrieblichen Arbeitsfeldern wie z. B. der Produktions- und Fertigungs-automation arbeitet in aller Regel eineVielzahl von Fachkräften unterschied-licher Berufe und Qualifikationen zu-

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80 171

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

nach dem insgesamt am Anfang ehereinfache und gegen Ende anspruch-vollere prozessübergreifende Arbeitenim Sinne von beruflichen Aufträgenund Geschäftsprozessen zum Ausbil-dungsgegenstand werden sollen.

Zum neuen Konzept der Ausbildunghat auch das BiBB mit einer veröffent-lichten Darstellung versucht, die we-sentlichen neuen Gestaltungselemen-te in den Zusammenhang von Ge-schäfts- und Arbeitsprozessen zu stel-len und für die Umsetzung zu erläutern(siehe Abb. 5). Die hierin vermittelteAussage und didaktische Botschaft istallerdings missverständlich und zu-mindest für die Zeitrahmen im Prinzip

nicht den methodischen Intentionenund tatsächlichen Inhalten der Zeit-rahmen 1 bis 11. Insofern ist die Dar-stellung äußerst missverständlich undunterstützt keineswegs den Ansatzder Zeitrahmen, mit dem für die Aus-bildungspraxis ja eher deutlich dasSignal gegeben ist, didaktisch (wieder)verstärkt auf der Basis der betrieb-lichen Geschäfts- und Arbeitsprozes-se bzw. Aufträge auszubilden.

Geschäfts- und Arbeitsprozes-se als Grundlage der schuli-schen Ausbildung

Für die neuen Elektroberufe basierendie Rahmenlehrpläne curricular und

falsch. So werden die Zeitrahmen hierso dargestellt, als ob in jedem der 11Zeitrahmen immer nur die Kern- undFachqualifikationen zu einem „Teilpro-zess“ Inhalt der Ausbildung sind. Da-nach wären die Qualifikationen zu ei-nem relativ vollständigen beruflichenGeschäftsprozess oder Auftrag aberzeitlich zergliedert und würden insge-samt erst über die gesamte Ausbil-dung verteilt zum Ausbildungsgegen-stand. Für die Ausbildung kommt diesdidaktisch einem „prozessbezogenenTaylorismus“ gleich, der nicht nurpraktisch problematisch und didak-tisch-methodisch unsinnig ist. Wieoben erläutert, entspricht die „Didak-tik“ dieser Darstellung vielmehr auch

Automatisierungs-systeme realisieren

(80) (LF 13)

Marketingund

Vertrieb

Auftrags -

und Projekt-

bearbeitung

Forschungund Ent-wicklung

System-

und Arbeits-

planung

Installation

und Inbetrieb-

nahme

Instandhal -

tung und

Service

Herstellung

und

Montage

Betriebund Be-dienung

*(...) Jeweilige Lernfelder der KMK Rahmenlehrpläne

Automatisierungs-systeme planen (60)

(LF 12)*

Anlagen analysierenund deren Sicherheit

prüfen (60)(LF 6)

Antriebssysteme auswählen und integrieren (60)

(LF 8)

Steuerungen für auto-matisierte Anlagen programmieren und

realisieren (80) (LF 7)

Steuerungssysteme und Kommunika-tionssysteme inte -grieren (100) (LF 9)

Elektroenergieversor- gung und Sicherheit von Betriebsmittel gewähr-

leisten (80) (LF 5)

Automatisierungs-systeme in Stand

halten und optimieren (80) (LF 11)

Steuerungen analysieren und anpassen (80)

(LF 3)

Automatisierungs-systeme in Betrieb nehmen und über-

geben (100) (LF 10)

„Berufliche“ Lernfelder

Elektroniker/in für Automatisierungstechnik (EAT)

Informationstech-nische Systeme bereitstellen (80)

(LF 4)

Elektrische Instal-lationen planenund ausführen

(80) (LF 2)

Elektrotechnische Systeme analysieren

und Funktionenprüfen (80) (LF 1)

„Industrielle“ GeschäftsfelderEinsatzgebiete (Geschäftsfelder): Produktions- und Fertigungsautomation ; Verfahrens - und Prozessautomation ;

Netzautomation; Verkehrsleitsysteme; Gebäudeautomation

„Betriebliche“ Arbeitsfelder

Automatisierungs-systeme realisieren

(80) (LF 13)

Abb. 6: KMK-Rahmenlehrplan „Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik“ (KMK 2003): Interpretation und Darstellungder Einsatzgebiete als Geschäftsfelder sowie der Handlungsfelder als prozessbezogene „berufliche“ Lernfelder,„die an beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen orientiert sind“ (KMK 2000, S. 14)

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172 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

didaktisch neu auch auf dem Lernfeld-konzept der KMK (vgl. KMK 1996,2000). Dementsprechend sind derschulischen Ausbildung Lernfeldervorgegeben, die heute weniger fach-systematisch ausgestaltet sind, son-dern sich weitgehend an „Arbeitspro -zessen, Handlungsabläufen und be-ruflichen Aufgabenstellungen orientie-ren“. Mit dieser didaktischen Neu-orientierung ist zugleich eine deutlichverbesserte Abstimmung der Rah-menlehrpläne mit den Ausbildungs-ordnungen bzw. der betrieblichen undschulischen Ausbildung erreicht. Die-se bezieht sich vor allem auf die Posi-tionsinhalte zum Berufsbild der Ver-ordnung und die Inhalte der Lernfel-der, die auch didaktisch-methodischeine vergleichbare Struktur aufweisen.Die Lernfeldgestaltung folgt damit beiden neuen Elektroberufen sehr konse-quent dem neuen KMK-Lernfeldkon-zept, zu dem es heißt: „soweit dasAusbildungsberufsbild in Ausbil-dungsordnungen die Tätigkeitsfelderder ausgebildeten Fachkraft nach denbetrieblichen Arbeits- und Geschäfts-prozessen wiedergibt, kann es dieGrundlage für die Struktur der Lernfel-der in Rahmenlehrplänen sein“ (KMK2000, S. 14). Da sich wie exemplarischzum Ausbildungsberuf „Elektroniker/-infür Automatisierungstechnik“ obengezeigt, die Berufsbildpositionen tat-sächlich überwiegend an betrieblichenProzessen ausrichten, weisen insofernauch die Lernfelder – wie von der KMK„gefordert“ – inhaltlich wie strukturelleine hohe Identität mit den Positionenbzw. Handlungsfeldern der Berufsbil-der auf (siehe Abb. 4 und 6). Konkretdeutlich wird dieses beispielsweise ander Berufsbildposition 15 „Prüfen undInbetriebnehmen von Automatisie-rungssystemen“ und dem Lernfeld 10„Automatisierungssysteme in Betriebnehmen und übergeben“. Gleichzeitigwird hier erkennbar, dass, wie bereitsfestgestellt, sich die Berufsbildpositio-nen überwiegend „nur“ an einzelnenArbeitsprozessen bzw. beruflichen„Teilprozessen“ ausrichten und sichnun dementsprechend auch die Lern-felder in ihrer Inhaltsstruktur überwie-gend „nur“ auf einzelne Teilprozessebeziehen (siehe Abb. 6). Von daher istzumindest zum Prozessbezug derLernfelder die vom BiBB veröffentlich-te Darstellung zutreffend (siehe Abb.5).

Folgt man zur Umsetzung der insge-samt 13 Lernfelder dem Ansatz derRahmenlehrpläne, so nehmen zumberufsbezogenen Unterricht die Lern-felder 1 bis 4 eine Sonderrolle ein. Die-se sind nach Struktur und Inhalt prinzi-piell für alle neuen Elektroberufe iden-tisch und didaktisch noch dem altenKonzept der „berufsfeldbreiten“Grundbildung geschuldet. Inhaltlichund entsprechend dem neuen Berufs-konzept beziehen sie sich daher auchnur auf die allen Elektroberufen ge-meinsamen „Kernqualifikationen“. DieUmsetzung der ersten vier Lernfeldersollte und kann nun aber trotzdem undwenn im 1. Ausbildungsjahr immermöglich bereits mehr auf die konkre-ten Berufsinhalte bezogen erfolgen.Hilfreich kann dazu sein, auch dieLernfelder 1 bis 4 in der prozessbezo-genen Gesamtstruktur der betrieb-lichen Arbeits- und Handlungsfeldernach dem „GAHFA-Modell“ zu begrei-fen und aufzunehmen (siehe Abb. 6).Damit könnten sie beruflich deutlicherauf die Einsatzgebiete bzw. Ge-schäftsfelder ausgerichtet und als pro-zessbezogene Handlungsfelder um-gesetzt werden. Im Prinzip gilt diesauch vergleichbar für die didaktisch-methodische Umsetzung aller ande-ren Lernfelder. Dazu wird entspre-chend dem Ansatz der Rahmenlehr-pläne allerdings nochmals insgesamtdeutlich, dass sich die Lernfelder in ih-rer Struktur der Inhaltsschwerpunktevorrangig immer nur auf einen „Teil-prozess“ beziehen (siehe wiederumAbb. 5 und 6). Die Lernfeldumsetzunghat unabhängig von deren zeitlichenAbfolge daher im Prinzip erst über diegesamte Ausbildung verteilt einen Ge-samtprozess als Ausbildungsgrundla-ge. Wiederum eine Ausnahme stellthier jedoch das Lernfeld 13 „Automa-tisierungssysteme realisieren“ dar,welches im Ansatz dem betrieblichenAusbildungs-Zeitrahmen 11 mit derBerufsbildposition 17 vergleichbar istund mit dem am Ausbildungsendeebenso ein vollständiger beruflicherGeschäftsprozess zur Grundlage derLernfeldumsetzung wird.

Weitergehende Empfehlungen zurLernfeldumsetzung

Angesichts der Herausforderungenzur neuen arbeits- und prozessorien-tierten Ausbildung ist nahe liegendund in der Unterrichtspraxis weit ver-breitet, die Lernfelder weitgehend in

der vorgegebenen didaktisch-metho-dischen Struktur der Rahmenlehrplä-ne umzusetzen. Eine solche „eins zueins“ Lernfeldumsetzung ist aber nureine, wenn auch zunächst „sichere“Variante und Möglichkeit. Bezogen aufdie oben bereits geäußerte Kritik zu ei-nem „prozessbezogenen Taylorismus“in der Ausbildung, sollte die Gestal-tung und Umsetzung der Lernfeldermit ihrer überwiegenden Orientierungan einzelnen „Teilprozessen“ jedochüberdacht werden. Bezieht man dieAusbildungspraxis, zumal die imHandwerk, und die Forderung einermehr arbeits- und prozessbezogenenQualifikationsvermittlung daher um-fassender in die didaktischen Überle-gungen ein, so sollten sich bereits dieeinzelnen Ausbildungs- und Lernein-heiten inhaltlich ganzheitlicher und so-mit hier „teilprozessübergreifender“ anden Geschäfts- und Arbeitsprozessenbzw. Aufträgen ausrichten. Didaktischist dies für die Ausbildung im Hand-werks- und Dienstleistungsbereich imPrinzip die gängige Praxis und für diein den Industrieberufen entspricht diesnach Konzept und Inhalt weitgehendder Grundidee der Zeitrahmen-Metho-de. Für die Empfehlung zu einer ent-sprechenden Lernfeld- und Unter-richtsgestaltung bedeutet dies, in Ab-weichung von der vorgegebenenLernfeldstruktur, die Lernfeldinhalteintegrierter und im Sinne so genannterprozessübergreifender Lernfeldprojek-te umzusetzen. Die bisherige Ausnah-me wie z. B. das oben genannte Lern-feld 13 für die „Elektroniker/-in fürAutomatisierungstechnik“ gegen Endeder Ausbildung würde somit im Ansatzfür alle Lernfelder der Ausbildung gel-ten. Die neue Ausgestaltung und Um-setzung der einzelnen Lernfelder solltedabei allerdings eine didaktisch-me-thodische Stufung wie die der Zeitrah-men hinsichtlich der prozessbezoge-nen Komplexität und Anforderungenaufweisen. Damit wäre zudem, folgtman hier der Intention in obiger BiBB-Darstellung (siehe Abb. 5), nun auchtatsächlich eine didaktisch-methodi-sche Abstimmung zwischen den ja„teilprozessübergreifenden“ Zeitrah-men und neuen „Lernfeldprojekten“erreicht.

Wie generell zum neuen Lernfeldkon-zept haben erste Erfahrungen be-sonders zur zweiten Variante der Lern-feldumsetzung zu der Erkenntnis ge-

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80 173

Schwerpunktthema: Geschäftsprozessorientierung

aufgaben entsprechende Struktur vonLernphasen und Lernaufgaben. DerLernprozess würde so beispielsweise(siehe entsprechend Abb. 3) mit derLernphase und den beruflichen Lern-aufgaben „Kundenberatung und Ver-kauf des Elektroherdes“ beginnen undmit der Lernphase und den Lernaufga-ben „Auftragsabschluss und Arbeits-bewertung“ abschließen.

Zum Ansatz und den Beispielen derhier nur skizzierten Lernfeldumsetzun-gen sind weitere Konzeptdetails undHinweise bis zur Ebene einer Rahmen-planung für den Unterricht ausgear-beitet. Diese sind gemeinsam mitauch komplexeren Beispielen derLernfeldumsetzung in der Zusammen-arbeit mit Kollegen der Berufsschulenauch veröffentlicht und zugänglich(siehe http://www.elektroberufe-onli-ne.de). Wie mit diesem Beitrag ist undwird aufgezeigt, wie „Geschäfts- undArbeitsprozesse als Grundlage beruf-licher Ausbildungs- und Lernprozes-se“ für die neuen Elektroberufe didak-tisch mit dem GAHPA-GAHFA-Modellbesser verstanden und für eine Lern-feldumsetzung mit arbeits- und pro-zessbezogenen Lernphasen und Lern-aufgaben genutzt werden können.

Anmerkungen1 BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung:

Aus der Neuordnungsarbeit des BIBB2003. Industrielle Elektroberufe – zumAusbildungsstart 2003. Bonn 2003, S.3.

2 Dies betrifft insbesondere auch be-triebswirtschaftliche Kompetenzen, daeine Ausbildungspraxis, wie z. B. in derIT-Ausbildung anzutreffen und wo sichTechnik-, Informatik- und Wirtschafts-und auch Englisch-Lehrkräfte oft nochdie Ausbildung „teilen“, auf Dauer keineLösung ist.

3 Siehe http://www.euquasit.net.

4 Als „Betrieb“ werden hier umfassendsowohl private wie staatliche Betriebe,Unternehmen, Institutionen, Organisa-tionen usw. jeglicher Größe und Bran-che verstanden.

Literatur

BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung:Aus der Neuordnungsarbeit des BIBB2003. Industrielle Elektroberufe – zumAusbildungsstart 2003. Bonn 2003.

BiBB Bundesinstitut für Berufsbildung:Deutschland. Neue IT-Berufe als Vorrei-ter gestaltungsoffener Ausbildungsgän-ge. In: CEDEFOP Europäisches Zentrumfür die Förderung der Berufsbildung(Hrsg.): CEDEFOP INFO zur beruflichenBildung in der Europäischen Union. Nr.1/2000. Thessaloniki 2000, S. 13.

BMWA Der Bundesminister für Wirtschaftund Arbeit (Hrsg.): Verordnung über dieBerufsausbildung in den industriellenElektroberufen vom 3. Juli 2003; verkün-det im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 31vom 11. Juli 2003, Seite 1144. Berlin2003.

BLEICHER, KNUT: Das Konzept integriertesManagement: Visionen – Missionen –Programme. Frankfurt/M. et al 1999, 5.rev. und erw. Aufl.

BREMER, R./JAGLA, H.-H. (Hrsg.): Berufsbil-dung in Geschäfts- und Arbeitsprozes-sen: Dokumentation und Ergebnisse derFachtagung vom 14. und 15. Juni 1999in Hannover. Bremen 2000.

DRESCHER, E./MÜLLER, W.PETERSEN, A.W./RAUNER, F./SCHMIDT, D.: Evaluation derindustriellen Elektroberufe. Neuordnungoder Weiterentwicklung. Abschlussbe-richt 1995. Bremen 1995.

HÄGELE, T.: Modernisierung handwerklicherFacharbeit am Beispiel des Elektroinstal-lateurs. Hamburg 2002 (Dissertation)

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PETERSEN, A. W./WEHMEYER, C.: Die neuenIT-Berufe auf dem Prüfstand – Einebundesweite Studie im Auftrag desBundesinstituts für Berufsbildung BiBB.Evaluation der neuen IT-Berufe Teilpro-jekt 1: Abschlussbericht. Flensburg2001.

führt, dass neben z. B. dem Fachbuchheute vor allem mehr und umfassendeKenntnisse über die jeweiligen beruf-lichen Geschäfts- und Arbeitsprozes-se gefordert sind. Sie sind eine zentra-le Voraussetzung wie schwierige An-forderung, ohne die aber letztlich dieneuen Ausbildungs- und Lernfeldkon-zepte nur schwer umgesetzt werdenkönnen. Wie eingangs angesprochen,erscheint die Durchführung und Ver-breitung betrieblicher Arbeits- undFallstudien zur je beruflichen Arbeit inGeschäftsprozessen daher zuneh-mend notwendiger. Auch vor diesemHintergrund soll so zur Lernfeldumset-zung als abschließendes Beispielnochmals der oben dargestellte undbereits analysierte betriebliche Ge-schäftsprozess „Verkauf und Aus-tausch eines Elektroherdes“ aufge-nommen werden (siehe Abb. 3). Dieserreale und relativ einfache Prozesskann im Abgleich mit den Lernfeldin-halten z. B. für die „Elektroniker/-in“bereits im 1. Ausbildungsjahr zumGegenstand der Ausbildung und desUnterrichts werden. Wie immer wennGeschäfts- und Arbeitsprozesse dieGrundlage der Unterrichtsgestaltungsind, ist dazu vorab der reale Prozessmittels einer nicht zu unterschätzen-den detaillierten Arbeits- und Prozess-analyse (früher hieß dies Sachanalyse)didaktisch aufzubereiten. Auf dieserBasis hat die Lernfeldumsetzung zwareinen relativ einfachen aber beruflichganzheitlichen Geschäftsprozess alsGrundlage. Im Weiteren und mit Blickauf die konkrete Unterrichts- undLernprozessgestaltung sollte sich die-se didaktisch, so die Empfehlung, engan den entsprechenden Arbeitspro -zessen, Handlungsphasen und Ar-beitsaufgaben orientieren. Das heißt,zum Konzept der Lernfeldumsetzunggehört, den Unterricht didaktisch-me-thodisch mit den arbeits- und pro-zessbezogenen Elementen abzustim-men und so zu gestalten, dass dieserin seiner Struktur je korrespondieren-de

– Lernprozesse,

– Lernphasen und

– Lernaufgaben

aufweist. Didaktisch orientiert sich da-mit die Unterrichts- und Lernprozess-gestaltung an den Prozessstrukturenund erhält vor allem eine den beruf-lichen Handlungsphasen und Arbeits-

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Schwerpunktthema: Kompetenzerfassung und -prüfung/Praxisbeiträge

PETERSEN, A. W./WEHMEYER, C.: Aufgedeckt:IT-Arbeitsprozesse und Ausbildung inder Betriebspraxis. Betriebliche Fallstu-dien: Dokumentation und Auswertungder Fallstudien zur Arbeit und Ausbil-dung in den IT-Berufen – Eine bundes-weite Studie im Auftrag des Bundesinsti-tuts für Berufsbildung BiBB. Evaluationder neuen IT-Berufe Teilprojekt 2: Ab-schlussbericht. Flensburg 2003.

KMK Sekretariat der Ständigen Konferenzder Kultusminister der Länder in derBundesrepublik Deutschland (Hrsg.):Handreichungen für die Erarbeitung vonRahmenlehrplänen der Kultusminister-konferenz (KMK) für den berufsbezoge-nen Unterricht in der Berufsschule undihre Abstimmung mit Ausbildungsord-nungen des Bundes für anerkannte Aus-bildungsberufe. Bonn 1996, 2000.

KMK Sekretariat der Ständigen Konferenzder Kultusminister der Länder in derBundesrepublik Deutschland (Hrsg.):Rahmenlehrplan für den Ausbildungsbe-ruf Elektroniker für Automatisierungs-technik / Elektronikerin für Automatisie-rungstechnik. Bonn: Beschluss der Kul-tusministerkonferenz vom 16.05.2003.

Dirk Müller/Helga Unger/Jürgen Kreienbaum

Prozessorientierung in der Personalentwicklungnes gemeinsamen Zieles austau-schen.

Zwei Dinge sind hier besonders her-vorzuheben: a) Prozesse gehen alsoüber Funktions- und Bereichsgrenzenhinaus, diese Grenzen werden in derProzesssichtweise also vollkommendurchlässig und b) der Prozess bzw.die daran beteiligten Akteure verfolgenein gemeinsam definiertes Ziel.

Mit dem Blick auf Prozesse – undeben nicht auf einzelne Aufgaben –werden Abhängigkeiten und Verbin-dungen in der Arbeit erst deutlich.Denken und Handeln der Beschäftig-ten soll sich eben nicht mehr allein aufden eigenen Bereich beziehen, son-dern vor- und nachgelagerte sowieparallele Funktionen mit einbeziehen.Schlicht ausgedrückt: Es sollen dieBedürfnisse der Kunden und nicht dieBedürfnisse einzelner Abteilungen be-friedigt werden! Gerade in Großbetrie-ben ist die Gefahr hoch, dass Abtei-lungen und Teilbereiche ein Eigenle-ben entwickeln, das mehr dem Eigen-zweck als dem Unternehmenszieldient. Deshalb steht hinter dem The-ma Prozessorientierung vereinfachtausgedrückt die Devise: Vom Aufbauzum Ablauf!

Die strategische Ebene

Geschäftsstrategische Vorgaben er-folgen bei den John Deere Werken ausder Konzernzentrale in Illinois. Dort hatman sich bereits viel früher als im eu-ropäischen Bereich mit dem Thema„Geschäftsprozesse“ auseinander ge-setzt. Im Bereich des Landmaschinen-Sektors wurde ein weltweites Pro-

zessmodell entwickelt, das so ge-nannte Geschäftscontrollingprozesse,Kundenprozesse und unterstützendeProzesse beschreibt. Die Kundenpro-zesse wurden weiter untergliedert in:Kundenakquisitions-, Produktentwik-klungs-, Auftragserfüllungs- sowieden Kundenunterstützungsprozess(siehe Abb. 1).

Diese Beschreibung über- und unter-geordneter Geschäftsprozesse wurdein dem oben erwähnten strategischenBusinessplan fixiert, der unter ande-rem auch beschreibt, mit welchen Mit-teln die John Deere Werke Mannheimdiese Prozesse ausgestalten wollen.

Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Ein-führung von funktions- und bereichs-übergreifenden Teams – in der JohnDeere-Sprache: cross-functional te-ams. Für die Umsetzung sind alle Füh-rungsebenen verantwortlich. Sie wer-den durch einen auf Geschäftsprozes-se spezialisierten Organisationsent-wicklungsbereich unterstützt (sieheKap. 3).

Die arbeitsorganisatorische Ebene

Dem mit Theorie und Praxis von Ge-schäftsprozessen wenig vertrautenLesern wird diese Inflation von ver-schiedenartigsten Prozessen – unddas noch in einer einzigen Abbildung –vermutlich verwirren. Ähnlich geht esauch den Mitarbeitern und so man-chen Führungskräften bei John Deere,wenn diese Grafik aufgelegt wird. Esist zwar durchaus nachvollziehbar,dass der Kunde und alle Arbeiten, dieauf dessen Bedürfnisse ausgerichtetsind, im Zentrum stehen. Aber welche

Im Jahr 2000 wurde in den John Dee-re Werken mit Unterstützung des BIBBein Modellversuch mit dem Thema„Dauerhaft integrierte lernende Orga-nisation als prozessorientiertes Quali-fizierungsnetzwerk“ ins Leben gerufen(www.dilo-modellversuch.de).

In enger Verbindung mit den Arbeitenund Themen des Modellversuchsstand die gesamtstrategische Aus-richtung der John Deere Werke Mann-heim, nämlich die Entwicklung eineran den zentralen Geschäftsprozessenorientierten Aufbau- und Ablauforgani-sation. Was darunter bei John Deereverstanden wird, soll hier aufgezeigtwerden. Einzelne Beispiele, die über-wiegend aus dem Modellversuchstammen, sollen die sehr komplexeThematik verdeutlichen.

Prozessorientierung

Definition Prozess

In der Mitte der 90er-Jahre hat dasUnternehmen einen strategischen Ge-schäftsplan erarbeitet, der die Ziel-richtung aller Managementaktivitätenvorgibt. Hier wurde das, was auf stra-tegischer Ebene anvisiert wurde, aus-drücklich durch und für alle Manage-mentfunktionen festgehalten.

In diesem Rahmen wurde eine be-triebsinterne Definition von dem Be-griff „Prozess“ erarbeitet:

Unter „Prozess“ verstehen die JohnDeere Werke Mannheim die Gesamt-heit von Funktionen bzw. Tätigkeiten,die – voneinander abhängende oderaufeinander aufbauende – Aktivitätenund Informationen zur Erreichung ei-

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80 175

schaffung“ waren klare Verbesse-rungsziele angestrebt: Reduzierungvon Abstimmungsproblemen undMehr-/Doppelarbeiten; deutliche Ver-besserung der Kunden-Lieferanten-Beziehung durch gemeinsame An-sprache; besserer Informationsfluss;kurzfristigere Reaktionsmöglichkeiten;bessere Entscheidungsbasis u. a.

Diese Ziele sind auch weitestgehenderreicht worden, doch traten bei derZusammenführung auch Problemeauf.

An der disziplinarischen Zuordnungder Mitarbeiter hat sich nichts geän-dert. Dieses Konstrukt hat zur Folge,dass auch die Leitungen der drei Be-reiche eng zusammenarbeiten müs-sen. Dabei ergaben sich insbesonderein der Anfangszeit Entscheidungseng-pässe und an vielen Stellen tauchtennoch unklare Rahmenbedingungenund Kompetenzverteilungen auf.

Die angestrebte gegenseitige Vertre-tung ist derzeit nur in Grenzen mög-lich, da dazu vielfach Spezialkennt-nisse des jeweiligen Tätigkeitsberei-ches nötig sind. Hinzu kommt, dass es

Praxisbeiträge

Um das zu verdeutlichen, ein Beispiel.An der Beschaffung von Material fürdie Traktorenproduktion waren bishervor allem drei Bereiche beteiligt: Ein-kauf, Disposition und Qualitätssiche-rung. Die Zusammenarbeit dieser Be-reiche war formal in den Grundzügengeregelt, führte aber immer wieder zuVerzögerungen, Falschinformationenund Fehlern. Im Management wurdebeschlossen, diese Bereiche „pro zess -orientiert“ und im Sinne der „cross-functional-teams“ neu zu strukturie-ren.

Es wurden so genannte „Beschaf-fungsgruppen“ implementiert, in de-nen Einkäufer, Mitarbeiter der Quali-tätssicherung und Disposition in einerGruppe für einen bestimmten Liefer-antenpool verantwortlich sind (sieheAbb. 2). Jede Gruppe ist nun gemein-schaftlich für Kosten, Qualität sowieLieferzeiten verantwortlich und nichtwie in der Vergangenheit jeder Funk-tionsbereich nur für seinen Teil. DieBeschaffungsgruppen wurden auchräumlich nahe ihrem Kunden, der Fer-tigung, angesiedelt. Mit dieser Neu-ausrichtung an dem Prozess „Be-

Veränderungen in der Arbeit resultie-ren nun konkret daraus? Genau dieseFrage wird mit betrieblichen Akteurenin verschiedenen Projekten angegan-gen. Das Grundprinzip im Vorgehen istdabei ähnlich.

Es werden oft eingefahrene Arbeitsab-läufe neu überdacht. Auf Basis einesso genannten „Mappings“1 bestehen-der Prozesse (IST-Analyse) werdennach kritischer Betrachtung der Situa-tion Verbesserungen bzw. Vereinfa-chungen herausgearbeitet. So werdenbeispielsweise überflüssige Informa-tionswege oder redundante Tätigkei-ten ausgemerzt und einzelne Tätigkei-ten neu verteilt. Es entstehen arbeits-organisatorische Veränderungen.

Geschäftsprozessorientierung meintalso nicht die revolutionäre Verände-rung und Auflösung funktionalerStrukturen (wie z. B. beim BusinessRe-Engineering). Vielmehr werden dieeinzelnen Funktionsbereiche zu er-höhter Durchlässigkeit von Bereichs-grenzen, kooperativer Zielausrichtungund bewusster gesamtbetrieblicherOrientierung und Aktionsweisen hinentwickelt.

World Wide Ag Business World Wide Ag Business ProcessesProcesses

Weltweites GeschäftsumfeldMitbewerber / gesetzliche Anforderungen & Bestimmungen / Standards / Wirtschaftlichkeit

WeltweitesWeltweites GeschäftsumfeldGeschäftsumfeldMitbewerberMitbewerber // gesetzlichegesetzliche AnforderungenAnforderungen && BestimmungenBestimmungen / Standards / / Standards / WirtschaftlichkeitWirtschaftlichkeit

Customer’s Processes/Needs

Kundenprozesse / -bedürfnisse

Customer’s Processes/Needs

KundenprozesseKundenprozesse // --bedürfnissebedürfnisse

Supplier’s Processes LieferantenprozesseSupplier’s Processes Lieferantenprozesse

Geschäfts-

Controlling

Prozesse

Prozesse, die

andere Prozesse

leiten und

beeinflussen

Geschäfts-

Controlling

Prozesse

Prozesse, die

andere Prozesse

leiten und

beeinflussen

Prozesse zur

Messung

geschäft-

licher

Prozesse

Prozesse, die

die Ergebnisse

anderer

Prozesse

widerspiegeln

und

darstellen

Prozesse zur

Messung

geschäft-

licher

Prozesse

Prozesse, die

die Ergebnisse

anderer

Prozesse

widerspiegeln

und

darstellen

Leadership

Process

Führungs-

prozesse

Leadership

Process

Führungs-

prozesse

Kundenprozesse

Prozesse, die den Wert für externe Kunden schaffen

Kundenprozesse

Prozesse, die den Wert für externe Kunden schaffen

Customer

Acquisition

Kunden-

gewinnung

Customer

Acquisition

Kunden-

gewinnung

Product

Delivery

Produkt-

entwicklung

Product

Delivery

Produkt-

entwicklung

Order

Fulfillment

Auftrags-

erfüllung

Order

Fulfillment

Auftrags-

erfüllung

Customer

Support

Kunden-

unterstützung

Customer

Support

Kunden-

unterstützung

Unterstützende Prozesse

Prozesse, die Ressourcen für andere Prozesse bereitstellen

Unterstützende Prozesse

Prozesse, die Ressourcen für andere Prozesse bereitstellen

Channel

Mgmt.

Vertriebs-

wege Mgmt.

Channel

Mgmt.

Vertriebs-

wege Mgmt.

Supply

Mgmt.

Lieferanten

Mgmt.

Supply

Mgmt.

Lieferanten

Mgmt.

HumanResources

Personal-wesen

HumanResources

Personal-wesen

Information

Technology

Application

Informations-

technologie

Information

Technology

Application

Informations-

technologie

Business

Acquisition

Unternehmens-

erweiterung

Business

Acquisition

Unternehmens-

erweiterung

Abb. 1: Geschäftsprozess-Struktur bei den Johne-Deere Werken

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176 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

eine Art gruppeninternes „Gefälle“gibt. So besteht die Gruppe aus Ange-stellten und Arbeitern, was sich auchim Bereich der Entlohnung widerspie-gelt. Hier werden Angleichungen aufDauer notwendig.

Die Mitarbeiterebene

Eine Ausrichtung auf Prozesse istdann erfolgreich, wenn Managementund Mitarbeiter/-innen Sinn und Zweckdavon erfassen können. Für den Be-trieb bedeutet dies, die „mentalen Mo-delle“ davon, wie eine Organisationfunktioniert, zu verändern. Einfach ge-sagt: Wurde bisher sehr stark in Funk-tionen und Stellen gedacht – also inAbgrenzung –, müssen die Mitarbei-ter/-innen jetzt mehr in Prozessen undKunden-Lieferanten-Beziehungen –also in Kooperationen und Zusam -menhängen – denken und handeln.

Eine solche Umorientierung stellt hoheAnforderungen an die Mitarbeiter/-in-nen. Nach 20 oder 30 Jahren Betriebs-

zugehörigkeit haben sich Erklärungs-muster zum Funktionieren des Unter-nehmens und zum Verhalten von Per-sonen derart „eingeschliffen“, dass einUmdenken viel Zeit und ausreichendHilfestellung braucht.

Aus diesem Grund werden im Unter-nehmen Weiterbildungsmaßnahmendurchgeführt. Sie erfolgen in Kombi-nation mit dem jeweiligen Verände-rungsprozess auf der arbeitsorganisa-torischen Ebene – sind also nah anden spürbaren und mit zu gestalten-den Veränderungen angelehnt. DieSchulungen wurden anfangs durchden Bereich „BPE“ (Business ProcessExcellence) durchgeführt und im Rah-men des Modellversuches DILOweiterentwickelt und auf eine gesamt-betriebliche Ebene übertragen.

Wissen und Kompetenzen, die imRahmen dieser Schulungen erworbenwerden sollen, sind vor allem:

– Kenntnis der grundlegenden Ge-schäftsprozesse entsprechend desGeschäftsplanes,

– Einordnen der eigenen Rolle undFunktion in den gesamtbetrieb-lichen Zusammenhang,

– Systemzusammenhänge und Ab-hängigkeiten analysieren und er-kennen können,

– Konstruktiver Umgang mit Unsi-cherheit und Fehlern – Orientierungnach vorne,

– Erhöhte Reflexionsfähigkeit, kriti-sches Hinterfragen von Strukturenund Abläufen,

– Kooperatives und eigeninitiativesProblemlösen,

– Zielgerichtetes Gestalten von Infor-mationsflüssen und Abläufen.

Das Personalwesen

In der Geschäftsprozess-Struktur istder Bereich Human Resources als ei-ner der unterstützenden Prozesse ver-

Praxisbeiträge

Von der funktionalen

Organisation ....

Lieferantenpool Einkauf

Disposition

Manager

Qualität

Manager

Module

Manager Einkauf

Qualitäts-

sicherung

... zur prozessorientierten

Organisation

Lieferanten

pool I Lieferanten

pool II

Lieferanten

pool n

EKEK

EK

QSQS

QS

DD

D

Manager

Module

Manager

Qualität

Manager

Einkauf

Lieferanten-pool

Abb. 2: Einführung von Beschaffungsgruppen

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ankert. Die Aus- und Weiterbildungder Beschäftigten wird dabei grob alsProzess – nämlich als zu fördernder,aufeinander und auf die Unterneh-mensziele abgestimmter, individuellerEntwicklungsprozess der Beschäftig-ten – vom Eintritt in die Organisationbis zum Austritt verstanden (sieheAbb. 3). ). Das bedeutet im gleichenAtemzug, dass die Mitarbeiter/-innenim Personalwesen Modell- und Vorrei-terfunktion einnehmen.

Prozessorientierung heißt für das Per-sonalwesen, die eigene interne Orga-nisation zu überdenken und sich alsDienstleister für die betrieblichen Kun-den zu verstehen.

Eine Konsequenz aus diesem Ver-ständnis ist bereits gezogen worden.Unter dem Dach des Personalwesenswurde eine Dienstleistungsfunktion„Organisationsentwicklung“ für Fabrikund Verwaltung implementiert. Mitar-beiter/-innen daraus beraten und be-gleiten die anstehenden organisatio-nalen Veränderungen im Unterneh-men. Dazu zählen vor allem Projektezur Produkt- und Prozessverbesse-rung, Einführung von Gruppen-/Team-arbeit sowie die Ausgestaltung deskontinuierlichen Verbesserungspro-zesses. Weitere Aufgabe ist das kom-plexe Themenfeld Wissensmanage-ment, bei dem es in den John DeereWerken Mannheim im Wesentlichenum das Dokumentieren, zur Verfügung -stellen und Transferieren von Erfah-

Praxisbeiträge

rungswissen geht, was sich wiederumauf die Prozessfähigkeit des Unter-nehmens auswirkt.

Beispiele zur Umsetzung

An einigen ausgewählten Beispielensoll nun aufgezeigt werden, wie dieAusrichtung auf Prozesse im Rahmendes Modellversuches DILO, aber auchin weiteren Projekten und Maßnahmender John Deere Werke Mannheim er-folgt.

Fokus: Optimierung von Geschäfts-prozessen

Der Geschäftsplan und die darin for-mulierten Geschäftsprozesse benöti-gen eine unterstützende Struktur fürdie Umsetzung. Zur Koordination undInitiierung von Aktivitäten wurde eineInitiative namens Business ProcessExcellence (BPE) ins Leben gerufen.Aufgabe von BPE ist es, Geschäfts-prozesse zu vereinfachen, zu rationali-sieren, vor allem aber in der Ergebnis-qualität zu verbessern. Hierbei musssichergestellt sein, dass die Prozessesowohl die Kundenanforderungen alsauch die Geschäftsinteressen erfüllen.In der Umsetzung werden hauptsäch-lich zwei Methoden angewendet.

AIM (Align, Initiate, Manage): AIM istein Werkzeug zur Analyse der Prozes-se und Identifizierung von Schwach-stellen in Zusammenarbeit mit demManagement.

IMPACT (Initiate, Map & Measure,Process Development, Archive Re-sults, Control, Team Recognition): IM-PACT ist eine Methode mit verschie-denen Werkzeugen zur Realisierungvon prozessoptimierenden Projekten.Die Projektteams sind dabei immer mitVertretern aus mehreren Funktionsbe-reichen zusammengesetzt.

Über diese zentral, d. h. von der Mut-ter in USA, vorgegebene Struktur undMethoden werden also Projekte

Channel

Mgmt.

Supply

Mgmt.

Human

Resources

Information

Technology

Application

Business

Acquisition

Weiterbildung Personalentwicklung AustrittErst-Ausbildung/

Neueintritte

Unterstützende Prozesse

Prozesse, die Ressourcen für andere Prozesse bereitstellen

Abb. 3: Prozessorientierung in der Aus- und Weiterbildung

PFLUG Projekte

TechnikMensch

Organi-

sation

Wissensmanagement

Kompetenzfelder von Organisationsentwicklung / Veränderungsmanagement

Veränderungs-

management

Einführung von Team-

& Gruppenarbeit

Abb. 4: Kompetenzfelder der Organisationsentwicklung

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178 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Praxisbeiträge

durchgeführt, deren ausdrücklichesZiel es ist, Geschäftsprozesse zu opti-mieren.

Fokus: Ausbildung

Für den Bereich der Ausbildung stelltdie Neuordnung der Elektro- undMetallberufe und die damit einherge-henden betriebsspezifischen Anforde-rungen eine ganz neue Herausforde-rung an die Gestaltung des Bildungs-prozesses dar.

Die Grundausbildung verlangt nun einbreites berufliches Orientierungswis-sen, in dem Methodenkompetenzenwie der Umgang mit neuen Medien,Präsentationsfähigkeit, Projektarbei-ten, Qualitätsbewusstsein sowieTeam- und Gruppenarbeit vermitteltwerden. Dies bedeutet aber auch,dass das Ausbildungspersonal nichtmehr nur als Informationsvermittlervor seinen Auszubildenden steht, son-dern als Motivator und Berater bei derBearbeitung selbstständiger Lernpro-zesse seine Auszubildenden unter-stützt. Neben diesem Verständnis,dass die Lernenden mehr Einfluss aufihren eigenen Lernprozess nehmenkönnen, wurden auch Möglichkeitengeschaffen, dass die Auszubildendendie Fabrik und die Produktion derTraktoren als einen ineinander greifen-den Arbeitsfluss verstehen können.

So dienen entlang der Produktentste-hungskette orientierte Betriebsverset-zungen dazu, die betrieblichen Abläu-fe und Funktionen in ihrer Gesamtheit

besser kennen zu lernen. Zum vertief-ten Verständnis für die Abläufe unddas Produkt „Traktor“ wurde eineLerninsel eingerichtet, in welcher alleAuszubildenden von John Deere inKleingruppen mit einem Ausbildungs-meister einen kompletten Traktor – wiein der Fabrik – herstellen, der auch an-schließend an einen konkret vorhan-denen Kunden ausgeliefert wird. DerBau beginnt dabei mit dem Erhalt derTraktorbaukarte mit der jeweiligenKundenspezifikation über den selbst-ständigen Abruf von Komponentenund Teilen über die Montage bis zumAudit. Dieser Prozess richtet sich ent-lang dem Produktentstehungsprozessaus (siehe Abb. 5) und beinhaltet alleausbildungsrelevanten Kompetenzen.

Die mit den Lerninseln gemachten Er-fahrungen führten sehr bald dazu,dass das Konzept aus dem Ausbil-dungsbereich auch für Weiterbil-dungsmaßnahmen für Mitarbeiter andrei weiteren Orten im Werk Mann-heim installiert wurde. Eine weitereLerninsel wurde jetzt im Rahmen desModellversuches im KabinenwerkBruchsal eingerichtet. Eine fünfteLerninsel wird im Bereich der Wärme-behandlung (Härterei) aufgebaut.

Damit ist im Ausbildungsbereich ganzklar ein wesentlicher Schritt in Rich-tung „prozessorientiertes Lernen“ ge-lungen, wohl wissend, dass dies nurder Anfang in einer Reihe weitererMaßnahmen sein kann.

John Deere hat gleichzeitig in ein neu-es Ausbildungszentrum investiert.Ausbildungswerkstatt, Labor, Unter-richts- und Schulungsräume wurdenauf einer Fläche von über 3000 m2 ein-gerichtet. Gleichzeitig wurden die di -daktischen und methodischen Kon-zepte der Ausbilder weiter überarbei-tet, mit der Zielrichtung, eine nochgrößere Nähe und Anbindung an dierealen Vorgänge und Abläufe in derFabrik zu erreichen.

Fokus: Weiterbildung

Mit den Lerninseln wurde bereits einwesentlicher Schritt zur Vermittlungvon Prozessorientierung auch in derWeiterbildung aufgezeigt.

Darüber hinaus wird bei John Deereeine Vielzahl von Qualifizierungsmaß-nahmen von ebenso vielfältigenWeiterbildungsanbietern intern undextern angeboten (Schulungskatalog).Aufgabe des Personalbereichs ist es,diese Aktivitäten in ihrer Grundaus-richtung immer wieder zu prüfen undanzupassen. Das heißt, inwieweit dievermittelten Inhalte wirklich kompati-bel zu der Prozessphilosophie sind.Inkompatibilitäten sind nicht immerleicht zu erkennen.

So musste das langjährig etablierte„Projektmanagementseminar“ dahingehend verändert werden, dass denTeilnehmern neue Werkzeuge ver-mittelt werden. Die neuen Werkzeugeerleichtern es den Mitarbeitern, Pro-zesse zu analysieren, neu zu gestal-ten, umzusetzen und Controllingme-chanismen zu etablieren.

Im Rahmen des Modellversuchs DILOwurde ein Qualifizierungsmodul ent-wickelt, das prozessorientiertes Den-ken und Handeln vermittelt. Dazu wer-den zwei Stufen von Qualifizierungs-maßnahmen entwickelt.

Gemeinsam mit den Mitarbeiter/-in-nen werden die Fragen beantwortet,weshalb John Deere sich an Prozes-sen ausrichtet und was Prozesseüberhaupt sind. Es soll ein grundle-gendes Verständnis für die Geschäfts-prozess-Struktur der John Deere Wer-ke Mannheim geschaffen werden.

Mit einer derartigen Maßnahme sollnicht allein der individuelle Lernpro-zess gefördert werden, sondern Ziel-richtung ist ebenso, über die Teilneh-

Instandhaltung

Produkt-entwicklung

Getriebe-montage

Ausbildungs-wesen

Traktoren-montage

Über-nahme

Zahnradfertigung

Produktentstehungsprozess (PDP/OFP)

Kabinen-fertigung

Abb. 5: Prozessorientierung in der Ausbildung

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lernen & lehren (l&l) (2005) 80 179

Praxisbeiträge

mer Multiplikatoren der Prozessideeim Unternehmen zu etablieren.Schließlich sollen über diese Maßnah-me auch einzelne Akteure identifiziertwerden, die zukünftig mit Unterstüt-zung der Organisationsentwicklungals „Prozessagenten“ in ihrem Arbeits-umfeld aktiv werden könnten. DieKonzeption dieser Schulung stellthohe Ansprüche an Methodik und Di-daktik. Prozessdenken ist verbal nurschwer vermittelbar. Deshalb wurdendafür praxisnahe Übungen und Bei-spiele entwickelt.

Fokus: Mitarbeiterintegration

Lange Jahre war es bei John Deereüblich, dass neue Mitarbeiter – nachdem Abhandeln der formalen Akte –„irgendwie“ an ihrem neuen Arbeits-platz zu arbeiten begannen. Grundle-gende Informationen musste der Mit-arbeiter sich oft erst nach und nachbesorgen, was nicht selten zur Verun-sicherung und Unzufriedenheit führte.Es stellte sich berechtigterweise dieFrage, wie im gesamten Werk eine

Verbesserung der Mitarbeiterintegra-tion erreicht werden kann.

Im Rahmen von DILO wurde aus die-ser Problemlage heraus das Projekt„Einführung neuer Mitarbeiter“ initiiert,das eine Neugestaltung dieses Pro-zesses zum Ziel hatte. In einem Pro-jektteam wurde ein neuer Prozess de-finiert, der die bisherige Praxis der un-systematischen und unbefriedigendenIntegration neuer Mitarbeiter überar-beitete (siehe Abb. 6).

Die Eckpunkte dieses neuen Einfüh-rungsprozesses sind:

– Checkliste für Vorgesetzte,

– Einführungsbroschüre,

– Basisseminar,

– Durchlauf- und Schulungspläne.

Die Checkliste dient den Vorgesetztenals Leitfaden zur Erledigung der not-wendigen vorbereitenden Maßnah-men, um einen erfolgreichen und rei-bungslosen Start zu ermöglichen. Sowerden hier beispielsweise klare Vor-

gaben zur Einrichtung eines angemes-senen Arbeitsplatzes gemacht.Gleichzeitig wird auch der Rahmen füreinen Durchlauf der jeweils neuen Ab-teilung und der benachbarten Berei-che vorgegeben.

Die Broschüre zur Einführung neuerMitarbeiter wurde gemeinsam mit Ver-tretern aus Fertigung und Montageentwickelt. Sie soll den neuen Mitar-beitern die wichtigsten Informationenüber das Unternehmen, den Bereich,über Unfallvorschriften und -verhü-tung und Grundinformationen zuGruppenarbeit und Entlohnung, Um-weltschutz und zum Ideenmanage-ment geben.

Sie ist als schriftliche Unterstützung zudem Basisseminar zu sehen. Darinwerden die neuen Mitarbeiter/-innenmit folgenden Inhalten auf ihre neuenAufgaben vorbereitet:

– John Deere auf dem Weg zum Glo-bal Player,

– Entwicklung von Deere & Company,

Abbildung 6: Prozess „Einführung neuer Mitarbeiter

Die Eckpunkte dieses neuen Einführungsprozesses sind:

- Checkliste für Vorgesetzte

- Einführungsbroschüre

- Basisseminar

- Durchlauf- und Schulungspläne

Die Checkliste dient den Vorgesetzten als Leitfaden zur Erledigung der notwendigen vorbereitendenMaßnahmen, um einen erfolgreichen und reibungslosen Start zu ermöglichen. So werden hiebeispielsweise klare Vorgaben zur Einrichtung eines angemessenen Arbeitsplatzes gemacht. Gleichzeitigwird auch der Rahmen für einen Durchlauf der jeweils neuen Abteilung und der benachbarten Bereichevorgegeben.

Die Broschüre zur Einführung neuer Mitarbeiter wurde gemeinsam mit Vertretern aus Fertigung undMontage entwickelt. Sie soll den neuen Mitarbeitern die wichtigsten Informationen über das Unternehmenden Bereich, über Unfallvorschriften und -verhütung und Grundinformationen zu Gruppenarbeit undEntlohnung, Umweltschutz und zum Ideenmanagement geben.

Sie ist als schriftliche Unterstützung zu dem Basisseminar zu sehen. Darin werden die neuenMitarbeiter/innen mit folgenden Inhalten auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet:

- John Deere auf dem Weg zum Global Player

- Entwicklung von Deere & Company

- Strategische Ziele von Deere & Company

- Struktur; Organisation und Prozesse der JDWM

Einführungsbroschüre an neuen Mitarbeiter

Der optimale Start für neue Mitarbeiter...

Basisinformation JD vermitteln

Abgleich zwischen Anforderungsprofil und

dem Bildungsprofil

Abteilungsdurchlauf

Fachliche Einarbeitung mit Checkliste

Integrierter

eingearbeiteter

Mitarbeiter

Vertrags-

abschluss

andere

Berei-

che

Perso-

nalab-

teilung

direkter

Vorges-

etzter

Perso-

nalent-

wick-

lung

Abb. 6: Prozess „Einführung neuer Mitarbeiter“

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180 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Praxisbeiträge

– Strategische Ziele von Deere &Company,

– Struktur; Organisation und Prozes-se der JDWM,

– Personalentwicklung & Training;Weiterbildung in den JDWM,

– Führung, Zusammenarbeit, Infor-mationsfluss,

– Kunden; Märkte; Produkte,

– Arbeitssicherheit bei John Deere.

Gleichzeitig haben die neuen Mitarbei-ter/-innen hier bereits die Gelegenheit,erste Kontakte untereinander zu knüp-fen.

Durch einen Abgleich zwischen Anfor-derungs- und Bildungsprofil werdenindividuelle Durchlauf- und Schu-lungspläne erstellt. Dazu wird den Mit-arbeitern eine Checkliste möglicherQualifikationsmaßnahmen ausgehän-

digt. In Abstimmung mit dem Vorge-setzten werden passende Qualifizie-rungsmaßnahmen vereinbart. Somitwerden bereits frühzeitig verbindlicheQualifizierungsziele zwischen Mitar-beiter und Vorgesetzten vereinbart.Die neuen Mitarbeiter/-innen werdendarüber bedarfsorientiert eingearbei-tet und lernen den betrieblichen Ab-lauf genau kennen.

Fokus: Teamaudit

Ein weiteres Projekt, das im Rahmender prozessorientierten Neuausrich-tung der Arbeitsorganisation in Angriffgenommen wurde, ist die Einführungvon Gruppen-/Teamarbeit in indirek-ten Bereichen der John Deere WerkeMannheim. Zunächst wurde dazu dieEinführungsphase mit ihren zentralenElementen umfassend beschrieben,wie z. B. die Selbstorganisation einerGruppe, Qualifizierungsmatrix, Verant-

wortung & Kompetenzen, um nur eini-ge zu nennen.

Die Einführungsphase für jede Gruppestartet mit einem Kick-Off-Seminar zurGruppenbildung. Um den sich darananschließenden Teamentwicklungs-prozess zu fördern und gleichzeitig zuevaluieren, wurde ein Teamaudit alsSelbstreflexionswerkzeug entwickelt.Der damit definierte Prozess ist in Ab-bildung 7 wiedergegeben.

Die in Teams organisierten Mitarbei-ter/-innen haben die Möglichkeit, beider Abteilung Organisationsentwick -lung gemeinsam – also im Teamkon-sens – ein Teamaudit zu beantragen.Nach der EDV-technischen Erfassungdes Teams wird ein Auditbogen auto-matisch per Mail an jedes Gruppen-mitglied versendet. Die Befragten fül-len den Bogen aus und senden diesenauf gleichem Weg zurück. Die Daten

OE

Sys

tem

Te

am

OE legt Teamim System an

Team kann Audit

beantragen

EMail an OE

Jedes

Teammitglied füllt

Bogen für sich aus

Ausgefüllter Bogen

OE löst die Datenaus-

wertung aus

OE präsentiert

die Ergebnisse

dem Team

Präsentation

Team leitet konkrete

Maßnahmen aus den

Ergebnissen in einem

Workshop ab

Handlungsplan

Datenbank

Teamentwicklung

Team / Gruppe

Vereinbarte Teamentwick-lung mit dem Vorgesetzten

Team / Gruppe

Daten werdengerechnet

Email wird mit Link an jedes Teammitglied gesendet

Daten werdenim Systemanonym gespeichert

Gesamtauswertungder Teamauditbögen

Abb. 7: Der Teamauditprozess

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Praxisbeiträge

werden anonym in der Datenbank ge-speichert. Wenn alle Bögen eingegan-gen sind, erfolgt die Auswertung derDaten.

Wesentliches Element in diesem Pro-zess ist also der Fragebogen. Er wur-de eigens für das Teamaudit entwi -ckelt und programmiert. Die einzelnen„Fragen“ sind dabei als Aussagen for-muliert und beziehen sich immer aufmögliche Situationen des Arbeitsall-tags der Gruppenmitglieder. Die Be-fragten geben auf einer vierstufigenSkala eine Einschätzung ab, inwieweitdie jeweilige Aussage auf ihr Team zu-trifft. Der Fragebogen ist nach einzel-nen Kategorien, wie z. B. Informationund Kommunikation, Konflikte undZusammenarbeit, Lernkultur, Qualifi-kation, Flexibilität, Prozessorientie-rung und Führung aufgeteilt (sieheAbb. 8).

Nach der elektronischen Auswertungwerden die Ergebnisse auf einem Re-flexions- und Weiterentwicklungs-workshop der Gruppe vorgestellt. Aufdieser Basis werden mit der Gruppedie Stärken und Schwächen des Te-ams erarbeitet und notwendige

Weiterentwicklungsmaßnahmen ver-einbart.

Fokus: Verbesserungsprozesse

Auch der kontinuierliche Verbesse-rungsprozess spielt bei der Ausrich-tung der Organisation auf die Ge-schäftsprozesse eine wichtige Rolle.Um die Mitarbeiter dabei zu unterstüt-zen, wurde in den John Deere WerkenMannheim eine spezielle Methodeentwickelt. Die PFLUG-Methode: Pro-bleme finden lösen und gewinnen(siehe Abb. 9).

Führungskräfte und Mitarbeiter/-innenkönnen an den PFLUG-Koordinatorherantreten und Themenvorschläge zuso genannten PFLUG-Projekten ma-chen. Wird dieses Thema als tragfähigund lösbar eingeschätzt, so wird eineGruppe von Mitarbeiter/-innen zu-sammengestellt, die als Projektteamdas Problem bearbeitet. Im Rahmeneines drei bis fünf Tage dauerndenWorkshops wird das Problem intensivanalysiert, Lösungsvorschläge erar-beitet und nach Möglichkeit bereits indiesen Tagen erste Umsetzungen vor-angetrieben. Die mit dem Problem inder Regel tangierten Prozesse werden

mit betrachtet und nicht selten ergibtsich als ein Workshop-Ergebnis eineVeränderung von Abläufen und Aufga-benverteilungen. Die Ergebnisse desPFLUG-Projekts werden zwischen-durch und am Ende der Veranstaltungvom jeweiligen Projektteam der Ge-schäftsleitung präsentiert, um die Ak-zeptanz und entscheiderische Unter-stützung der erarbeiteten Lösungen zubekommen.

Nachwort

Der Ausgangspunkt dieses Artikels istdie Prozessorientierung in den JohnDeere Werken Mannheim. Es wurdebeschrieben, was sich das Unterneh-men darunter vorstellt und wie dieUmsetzung auf ganz unterschied-lichen Ebenen erfolgt. Ein besonderesAugenmerk wurde dabei dem Bereichund den Aktivitäten des Personalwe-sens gewidmet, da hier eine wesentli-che Unterstützungsfunktion zur Um-setzung angesiedelt ist.

Das Personalwesen hat im Lauf derletzten Jahre selbst einen eminentenVeränderungsprozess durchlaufen. Eshat sich nicht nur personell erweitert,

TEAMAUDIT -BOGEN

trifft nich t zu

trifft e he r

nich t z u tri fft e he r zu

trifft

vo ll -

kom m e n

zu

In form ation und K omm unika tion

W ir halten uns an die im K ickoff-Semina r (Teamfindung) vereinbarten K ommunika tionssp ielregeln

S elbstorganisation / Zuverlässigkeit (P ersonen /

Team)

W ir gle ichen die Ziele des A uftrages stets mit den E rgebnissen des Teams ab

Motivation

Ich sehe für m ich in de r Teamarbe it eine Mög lichke it zur persönlichen W e iterentwicklungK onflik te / Zusamm enarbeit

Unse re Aufa rbei tung von K onflik ten trägt zu einerbesseren Zusammenarbei t bei (intern und exte rn)

Innovation und Lernkultur

D urch unse re Zusammenarbe it le rnen wir viel voneinander

Q ua lifika tion / F lexib ilität

W ir übe rprüfen und entwickeln unse re Q ua lifizie rung ständig mit B lick auf unsere Teamzie le

P roz essorientierung

D ie Ro llen in unse rem Team werden permanent an d ie prozessorientie rten A ufgaben angepasst

Führung

Zwischen dem Team und den Führungskräften findet e ine kla re Ressourcenabschätzung statt

Außenw irkung des Team s

Unse re Teamentsche idungen we rden von jedem Teammitglied nach aussen vertre ten

W issensmanagem ent

W ir tauschen unser W issen, bzw. unse re E rfahrungen in unserem Team rege lmäßig aus

R ahmenbedingungen

Zur Erledigung de r A rbei tsaufgaben stehen uns d ie no twendige Ressourcen zur Verfügung (Raum, Material, Mi tte l, Qua li fika tion, Zeit, Pe rsona l)

In welcher der 11 Punkte sehen Sie den

größten Handlungsbedarf (max. 3

Nennungen)?

Information und Kommunikation

Selbstorganisation / Zuverlässigkeit (Personen / Team)

Motivation

Konflikte / Zusammenarbeit

Innovation und Lernkultur

Qualifikation / Flexibilität

Prozessorientierung

Führung

Außenwirkung des Teams

Wissensmanagement

Rahmenbedingungen

X

Abb. 8: Auszug aus dem Teamauditbogen

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Praxisbeiträge

sondern es haben sich auch Aufgabenund Rollen in drastischer Weise verän-dert.

Zu den klassisch administrativen Tä-tigkeiten und der Ausbildung sind per-sonal- und organisationsentwickleri-sche Aufgaben hinzugekommen, diees zuvor in diesem Ausmaß nicht gab.Neben einem reichhaltigen Weiterbil-dungsangebot stehen die unter-schiedlichsten Projektaufgaben unddie Prozessbegleitung und -beratung.

Das Selbstverständnis der Personal-entwickler ebenso wie das der Ausbil-der hat sich von einem Anbieter vonQualifizierungen hin zu einem Dienst-leister der Fabriken und Funktionsbe-reiche, das weit über das Angebot vonSchulungen und Seminaren hinaus-geht, entwickelt. Beratung der inter-nen Kunden und ein gemeinsamerEntwicklungsprozess stehen dabei imVordergrund.

Solche gravierenden Veränderungensind überall im Unternehmen vorzufin-den. Sie sind natürlich nicht allein aufdie formulierte Prozessphilosophie zu-rückzuführen, denn bereits zu Beginn

– Auf der Mitarbeiterebene zeigt dieregelmäßige Befragung zur Arbeits-zufriedenheit (Mayflower-Umfrage)ebenso einen Zugewinn.

Aus Mitarbeitersicht sind komplemen-tär dazu in den letzten Jahren die Leis -tungsanforderungen deutlich gestie-gen. Es werden Erwartungen an dieMitarbeiter/-innen gestellt, denen sieteilweise nicht gerecht werden kön-nen. Dies hängt nicht zuletzt mit derVerlagerung von Aufgaben und Kom-petenzen „nach unten“ zusammen.Demgegenüber stehen anspruchsvol-lere Aufgaben und mehr Eigenverant-wortung, die aber nicht von allen ge-wollt sind. Hier sind für Personal- undOrganisationsentwickler, für Füh-rungskräfte und Betriebsräte – auchwenn die Prozesse stimmen – nochviele Aufgaben und Problemstellungenzu bewältigen.

Anmerkung

1 Darstellen von Abläufen über Bereichs-grenzen hinweg.

der 90er-Jahre wurde mit einer grund-legenden Neustrukturierung desUnternehmens begonnen. Prozess -orientierung ist eher als eine logischeKonsequenz und als eine gedanklicheKlammer der frühen Aktivitäten zu be-trachten.

Als Resümee aus Unternehmenssichthaben die letzten Jahre viel gebracht:

– Die Flexibilität im Gesamtunterneh-men ist deutlich gestiegen. Durch-laufzeiten und Reaktionszeitenkonnten entscheidend verringertwerden. Die Mitarbeiterschaft isteinsatzflexibler geworden.

– Gleichzeitig fand und findet einetiefgreifende Kulturveränderungstatt. Kommunikation- und Infor-mationsverhalten stehen beispiel-haft dafür. Die Kommunikations-und Kooperationsbarrieren aufGrund unterschiedlicher Hierarchie -ebenen oder Bereiche sind deutlichgefallen.

– Auf ökonomischer Ebene spiegeltsich dies in einem Produktivitätsge-winn wider.

G ewinnen

Der Kunde, das Unternehmen und die

Mitarbeiter gewinnen durch finanz.

Einsparungen, Zeiteinsparungen,

Erhöhung der Flexibilität, Qualitäts-

verbesserung und Verbesserung der

Humansituation

P robleme

Es gibt kein Unternehmen ohne

Probleme...

L ösen

Ein Team aus Mitarbeitern von

verschiedensten Abteilungen und aus

unterschiedlichsten Hierarchie-Ebenen

wird zusammengestellt, das Lösungen

erarbeitet.

U nd

..die erarbeiteten Lösungen

werden auch innerhalb des

PFLUG-Projekts umgesetzt.

F inden

Genau beobachten und infrage

stellen... auch durch PFLUG-

Projekte werden Ansätze für

neue Projekte gefunden

Abb. 9: Definition PFLUG

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Praxisbeiträge

tierte Modernisierung. R. Hampp Verlag,München.

N. HONECKER/D. MÜLLER/H. UNGER: DILO:Dauerhaft Integriert Lernende Organisa-tion in den John Deere Werken Mann-heim. In: BAU, H./SCHEMME, D. (Hrsg.):Auf dem Weg zur lernenden Organisa-tion. BIBB Schriftenreihe 248. Bielefeld2001.

H. UNGER: Organisationales Lernen durchTeams – Methode und Umsetzung einesteambasierten Projektmanagements. 2.verb. Auflage. München 2002.

Veränderung. DGB Landesbezirk Ba-den-Württemberg, IG Metall Bezirkslei-tung Stuttgart 2000.

ERNST A. HARTMANN/D. MÜLLER/H. UNGER:Auf dem Weg ins Lernende Unterneh-men. In: HOFFMAN, T./KOHL, H./SCHREURS,M. (Hrsg.): Weiterbildung als kooperativeGestaltungsaufgabe. Neuwied, Kriftel2000.

N. HONECKER, H. UNGER, D. MÜLLER (2003):Interne Prozessbegleiter - Die „Kümme-rer“ im Veränderungsprozess. In: P.FUCHS-FROHNHOFEN (Hrsg.): Arbeitsorien-

In diesem Beitrag wird eine Ausbil-dungsmaßnahme geschildert, mit derim Rahmen eines Modellversuchs ineinem großen deutschen Automobil-unternehmen die Prozessorientierungder kaufmännischen Ausbildung ein-geführt werden sollte. Die sich ausdem Prinzip der Prozessorientierungergebende Absicht, die Ausbildung inInhalt und Organisation insgesamtumzustellen, wirft sicherlich viele Fra-gen zum Ausbildungsrecht, zur Quali-fizierung bzw. Weiterbildung des Aus-bildungspersonals und natürlich einerangepassten Prüfungspraxis auf. Aufdiese Aspekte kann in diesem Beitragnicht eingegangen werden. Es bleibthier der Verweis darauf, dass die Re-sultate der zurückliegenden Neuord-nungsverfahren (2002 ff.) ein Musteraufweisen, das die Vorgabe von Fer-tigkeiten und Kenntnissen um Defini-tionen von Kompetenzen ergänzt, diebis hin zur Prüfungsgestaltung einezumindest graduelle Prozessorientie-rung der Ausbildung unvermeidlich er-scheinen lassen.

„Behälterlogistik“ – ein kom-plexer Teilprozess

In einer Fachzeitschrift ist es eigentlichnicht angebracht, in mehr oder weni-ger laienhafter Sprache beruflicheGegenstände, Methoden und Verfah-

ren zu beschreiben. In diesem Fallallerdings wäre die Vermeidung einerFachsprache schon als Teil der hiergeschilderten Maßnahme zu sehen,da es bei ihr vor allem darum geht,junge kaufmännische Auszubildendean reale, aber auch bereits anspruchs-volle Aufgaben ihres Berufs heranzu-führen. Es gehört zur Planung dieserMaßnahme auch dazu, den Blick, mitdem diese jungen Leute – Schulabsol-venten – ihr berufliches Umfeld er-schließen, auf die Prozesse zu richten,die sie zu beherrschen lernen sollen.

Warum „Prozessorientierung“?

Die Antwort hängt mit dem alten Be-rufsbild des Industriekaufmanns zu-sammen (gültig von 1978 bis 2002).Die Struktur folgte weitgehend dem sogenannten Wöhe, einem Standard-werk über die Inhalte der kaufmänni-schen Berufe. Es spiegelt eine zumTaylorismus der industriellen Produk-tion parallel liegende Arbeitsteilung,die in nur fünf Bereichen (z. B. Einkauf)eine Tiefe erreichte, die im Verhältniszur Komplexität der realen beruflichenAufgaben ein anspruchsvolles Qualifi-kationsniveau – etwa einer selbststän-digen Sachbearbeitung – auszeichne-te. Der traditionelle Industriekaufmannwar ein solcher Sachbearbeiter, der inseinem Zuständigkeitsbereich unterAnwendung weitgehend standardi-

sierter Methoden (z. B. Buchführung)selbstständig und selbstverantwort-lich handelte.

Hier entstand ein Problem, das nurdurch die Neuorientierung des Berufszu lösen war. Der „alte“ Industriekauf-mann passte in eine Administration,die im Prinzip am Markt knappe Wareneffizient zu verteilen hatte. Man kanndie Veränderungen der professionellenBerufsarbeit mit den Schlagworten ei-nes Wandels vom „Anbieter-“ zum„Käufermarkt“ belegen, der indirektdie Aufgaben und Tätigkeiten eines In-dustriekaufmanns erfasste. Anders alsheute waren bis in die achtziger Jahrehinein weder der Warenabsatz nochdie Kosten scheinbar ein so großesProblem, das zu einem Orientierungs-wechsel von der Verteilung der Pro-dukte nach Bestelleingang bis zu ihreroffensiven Vermarktung durch Pflegevon Kundenkontakten geführt hätte.Da machte es nichts, wenn ein Sach-bearbeiter, zuständig für den Einkauf,nach einem Problembewusstseinplante und beschaffte, das mit der Si-tuation des Vertriebs – der ebenfallsmaßgeblich von Industriekaufleutenbetrieben wurde – nicht abgestimmtwar. Die in den Aufgabenzuschnittenfestgeschriebene horizontale Arbeits-teilung beruhte auf der Entkopplungder Einzeltätigkeiten von der Gesamt-heit der Aktivitäten eines Unterneh-

Literatur

D. MÜLLER/R. WACKER: Qualifizieren stattEntlassen. In: Personalwirtschaft (1998)Heft 1. S. 24 ff.

N. HONECKER/J. GUND/R. SELL: Learning Or-ganization – A Lasting Concept. HumanFactors and Ergonomics in Manufactu-ring, (1999) Vol. 9 (3) 303-311.

N. HONECKER/D. MÜLLER/H. UNGER: Dauer-haft Integriert Lernende Organisation inden John Deere Werken Mannheim. In:Berufliche Bildung – Mühlen im Wind der

Rainer Bremer

GeschäftsprozessorientierteAusbildung für Kaufleute

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Praxisbeiträge

mens, auch wenn die durch die Unter-nehmensziele verklammerten Einzel-tätigkeiten einem einzigen Beruf mitweitgehend homogenen Anforderun-gen zugerechnet wurden. Dies ent-sprach einem Verständnis des Ge-schäftsverlaufs, das der Fachlichkeiteinzelner Aufgabenbereiche den Vor-zug gegenüber der klugen und infor-mierten Berücksichtigung des Zu-sammenhangs und des primärenUnternehmensziels – profitable Ver-marktung der Produkte – gab. Mankann diesen Zusammenhang auchProzess nennen.

Abb. 1 soll eine kaufmännische Pro-zessbegleitung illustrieren, deren Flan-ken wie Klammern um die Teilprozes-se liegen, in deren Zentrum die Pro-duktion von Automobilen steht.

Wie aber lernt man Prozessbeherr-schung? Der erste didaktische Grund-satz lautete, dass die Beherrschungvon Prozessen in diesen selbst gelerntwerden soll. Dazu muss aber zuersteine Vorstellung von Prozessen ent-stehen, die Gegenstand beruflicherKönnerschaft werden sollen.

Warum ein „Ausbildungs-Service-Center“?

Massenfertigung in der Automobilin-dustrie ist in ihrem Wesen auch für Lai-

Leitung fließt, kann eine Vorstellungvon der engen, zweckmäßigen Kop-pelung von Produktions- und Unter-stützungsprozess entstehen. Damitsoll sich der erste Eindruck von Logis -tik als eigenständiger beruflicher Auf-gabe verknüpfen, die sozusagen be-liebig kompliziert werden kann, wennetwa der LKW mit den Reifen im Stausteht und nun Ersatz für die benötig-ten Teile zu beschaffen ist.

Wenn es bei der Maßnahme nur da-rum gegangen wäre, auf didaktischemWege Einsicht in den Stellenwert derLogistik zu erzeugen, dann hätte siean fast beliebiger Stelle einsetzen kön-nen. Qualifikatorisch ging es jedochum den Kern nicht technisch, sondernlogistisch zu beherrschender Prozes-se. Dazu hätte man auch eineÜbungsfirma mit den Auszubildendenals Angestellten gründen können, diealle kaufmännisch relevanten Tätigkei-ten simuliert. Aber sie hätte nicht denErnst realer Prozesse geboten. Eben-so schied eine Juniorfirma aus, die dieProdukte der Ausbildungsabteilungvermarktet. Wenngleich hier die Wirk-lichkeit kaufmännischer Aufgaben in-sofern erfasst wird, als es zum Tauschvon Ware gegen Geld kommt, lassendie Produkte – z. B. Schachfiguren ausder Dreherei – jene Authentizität ver-missen, durch die die originären Pro-dukte kaufmännisches Handeln her-ausfordern.

Es kam also darauf an, qualifikatorischeinen Teilprozess der realen Fertigungzu wählen, der nicht an technischeKompetenzen gebunden ist, der aberzugleich eine unverzichtbare Rolle inder technischen Organisation der Fer-tigung spielt.

Da die zuständige Ausbildungsabtei-lung zudem nicht einfach ein Projektinnerhalb der Produktion realisierenwollte, musste eine logistische Funk-tion gefunden werden, die mit Blickauf die nötigen Investitionen nicht zukostspielig ausfallen würde.

Damit sind die drei wesentlichen Krite-rien begründet, die bei der Suchenach einem ausbildungseigenen „Lo-gistikstützpunkt“ befolgt werdenmuss ten:

– Bedeutung der Aufgaben für diekaufmännische Ausbildung;

en verständlich. Das kann jeder bei ei-ner Betriebsbesichtigung feststellen:Fließbandproduktion bedeutet dieKombination vieler konsekutiver Ein-zelarbeitsplätze bei kontinuierlichemAblauf und fast beliebig skalierbaren,gleichzeitig ablaufenden Arbeitsschrit-ten. Die sichtbare Arbeit ist in hohemMaße sinnhaft geregelt – ob auchsinnvoll, vermag ein Laie nicht zu be-urteilen. Aber alles, was links undrechts, davor und dahinter abläuft,kann nur in aktuellen Ausschnittenwahrgenommen werden, wenn etwaReparaturen, Wartungsarbeiten oderUmbauten stattfinden. Dies jedochbetrifft nicht oder nur sehr selten diekaufmännischen Zuständigkeiten. Ih-rer Art nach sind sie sekundär im Sin-ne von unterstützend. Sie ermöglichendie reibungslose Fertigung, ohne siegäbe es keine Produktion, allerdingsohne Produktion bräuchte man sieauch nicht.

Die Vorstellungen, die sich mit solchenunterstützenden Prozessen verbin-den, sind vage, aber prinzipiell vor-handen. So leuchtet jedem ein, dassTeile wie Reifen oder ganze Motoren,die am Produktionsstandort nicht ge-fertigt werden, herangeschafft und fürdie Montage zur Verfügung stehenmüssen. Bei einfachen Dingen wie de-nen, dass der Strom aus der Steckdo-se kommt und das Wasser aus der

Unterstützende Prozesse

Primäre Prozesse

(Wertschöpfungskette)

Finanzierung

Marktbe-

arbeitung

Leistungs-

erstellung

Vertrieb

Logistik

Abrech-

rec hnung

After

Sales

Controllingprozesse

Innovationsprozesse

Ressourcenbeschaffung

Abb. 1

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Praxisbeiträge

– Bedeutung der Aufgaben für denprimären Produktionsprozess;

– Geringe Kostenbelastung des Aus-bildungsbudgets bei hohem Nutzenfür die „Kunden“.

Diese drei Kriterien waren am bestendurch die Gründung eines so genann-ten Ausbildungs-Service-Centers fürBehälterlogistik („ASC Behälterlogis -tik“) zu erfüllen. Hier bestand eine Lük-ke in der Arbeitsteilung. Der geplanteTeilprozess musste zunächst aus demGesamtprozess isoliert werden, damiter mithilfe der neuen Organisations-form ASC-Behälterlogistik optimiertwerden konnte.

Dafür gab es günstige und wenigergünstige Vorbilder. Am besten be-schreibt man sie von beiden Enden:

Die aufwändigen logistischen Teilpro-zesse: Da der Lack als Substanz, dieein Chemiewerk herstellt, angeliefertwerden muss, werden hierzu Behälterbenötigt. Man kann sich vielleicht vor-stellen, dass bei den obwaltendenQualitätsanforderungen die Lackenicht in irgendwelchen Behälterntransportiert und gelagert werden. Diechemische Reinheit und vor allem dienötige Konstanz der Farbtöne bindenden logistischen Teilprozess der Be-hälterlogistik sehr eng an die Produk-tion, den Transport, die Lagerung undden Auftrag der Farben. Dieser Teil-prozess eignet sich nicht zur Heraus-lösung und zur Zusammenfassung mitanderen Teilprozessen.

Die anspruchlosen logistischen Teil-prozesse: Hier kann man an die Behäl-ter für die Anlieferung und Zwischenla-gerung von Papieren des Hygienebe-darfs, von Flüssigkeiten für die Reini-gung von Sozialräumen, Seifen zumHändewaschen etc. denken. Großab-nehmer werden von Herstellern inChargen beliefert, die sie beim nächs -ten Mal wieder zurücknehmen. Sokommt ein Kreislauf zwischen Liefe-rant und Kunde zu Stande, der zu er-heblicher Individualisierung der Behäl-ter und Vorrichtungen führt, der abereben auch einen vollständig isoliertenTeilprozess darstellt: Die Anlieferungvon Seife in Kanistern, die als leerewieder zurückgenommen werden,weist keine Spezifik für die Automobil-industrie auf. Ein solcher Teilprozesswäre zu trivial.

der Kompetenzentwicklung, wenn einAuszubildender am Ende seiner Lern-zeit an einen Abteilungsplatz kommt,an dem ein anderer seine Ausbildungbegonnen hat. Die Planungsprioritätenliegen in solchen Fällen nicht bei derfachlichen Entwicklung der Auszubil-denden, sondern bei der Besetzungaller Plätze nach vorgegebenemRhythmus. D. h. eine rein organisatori-sche Lösung der Einsatzplanung,nach der für alle Auszubildenden einefeststehende Zahl von Plätzen, diewechselweise durchlaufen werden,zur Verfügung steht, wird einem ASCmit einer Zahl von drei bis sechsgleichzeitig dort beschäftigten Auszu-bildenden nicht gerecht. Einige derTeilaufgaben eines ASC kommen anden üblichen Einsatzplätzen ebenfallsvor, Auszubildende, die dort bereitsgelernt haben, entwickeln sich durchdie Erfahrungen in einem ASC andersals jene, die mit denselben Aufgabenerst im ASC konfrontiert werden. Diehier sich anbietende Lösung einer in-dividuellen Regelung der Verweildauerim ASC war zum Zeitpunkt des Mo-dellversuchs (1999-2003) nicht reali-sierbar, da die Durchlaufpläne weiter-hin den determinierenden organisato-rischen Kontext bildeten. Daher wurdeangestrebt, mehr als dieses eine ASCzu schaffen, also die zeitlichenRessourcen der Ausbildung aus denFachabteilungen herauszunehmenund in die geplanten ASC zu verla-gern.

Man kann also die Fälle unterschei-den, in denen Behälterlogistik bereitsintelligenter Bestandteil der Beziehun-gen zwischen fertigendem Werk undLieferanten ist und solchen, bei denendie Behandlung der Behälter dem Zu-fall ihrer Notwendigkeit sozusagenüberlassen bleibt. Weder die Lagerflä-che noch die Transportwege noch dieLagerzeiten sind dabei nennenswertkoordiniert und optimiert. Und genauhier setzt das Angebot eines ASC-Be-hälterlogistik an. Es bietet als Dienst-leistung diese Optimierung und Ver-waltung der Behälter. Neben Einspa-rungen bei Kosten für Beschaffung,Transport und Lagerung kommennoch Umweltgesichtspunkte dazu, damit den genannten drei Punkten unddem zusätzlichen wie Reinigung im-mer auch Belastungsfaktoren durchVerbrauch von Wasser und Luft ent-stehen. Auch wenn es vorher keinerleiProbleme dieser Art gab, die Vermei-dung von Kosten für Beschaffung,Transport, Lagerung und Reinigungwurde nicht professionell betriebenund blieb somit wegen eines häufignicht vermeidbaren Doppel- undMehraufwands suboptimal organisiert.

Das eigentliche Problem der Einrich-tung eines ASC zeigte sich erst nachdessen Konzeption und Einrichtung.Bislang waren die Auszubildendennach einem bestimmten Plan über dieFachabteilungen verteilt. Daraus er-gibt sich das bekannte Problem derPlanbarkeit des Wissenserwerbs und

extern

er Log

istikp

artn

er

LIE

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LEER

(unaufbereitet)

VOLL

LEER

(aufbereitet)

Beauftragung durch

ASC

Interner Transport

Werklogistik

Logistikpartner

Fahrzeug

Vertragsspediteur

Rahmenvertrag VWT

Abb. 2

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Praxisbeiträge/Forum

Mit dem ASC Behälterlogistik wurdenicht nur die kaufmännische Ausbil-dung in relevanten Teilen professiona-lisiert, sondern die Behälterlogistik alssolche hat davon profitiert, dass dieihr zugrunde liegenden, professionel-les Management herausforderndenProbleme analysiert und gelöst wer-den konnten. Ausbildung und Produk-tion haben in gleicher Weise davonprofitiert. Es gilt allerdings auch eineEinschränkung: Die Prozessorientie-rung im Sinne einer „Dienstleistungaus einer Hand“, für die ein ASC steht,weist nicht nur einen organisatori-schen Inselcharakter auf, sondernauch einen fachlichen. Was die Auszu-bildenden dort im Sinne der Prozess-steuerung und -überwachung lernen,harmoniert nicht mit jener betrieb-

lichen Wirklichkeit, die sie während ih-rer Ausbildung kennenlernen und inder sie später dann als Beschäftigtearbeiten müssen. Bei weitem ist diekaufmännische Tätigkeit in Großunter-nehmen eher nach tayloristischen alsprozessadäquaten Prinzipien organi-siert. Man kann sagen, dass die Aus-zubildenden in einem ASC eher etwasauf Vorrat lernen, da in der Berufswirk-lichkeit die Zuständigkeit für zu-sammenhängende Abläufe und Pro-zesse nach wie vor die Ausnahme alsdie Regel ist.

Dies ist bei der Bewertung der Erfah-rungen, die die Auszubildenden in ei-nem ASC machen, unbedingt zu be-rücksichtigen. Die meisten haben dieAnforderungen der komplexen Pro-zesssteuerung in der Behälterlogistik

als stresshaltig und konflikthaft – beimangelnder Termintreue von Kundenund Lieferanten z. B. – erlebt. Zugleichgeben die meisten an, nirgends in sokurzer so viel gelernt zu haben. Da-nach müssen sie aber angesichts desKontrasts, in dem ihre spezialisiertenberuflichen Fähigkeiten zu den Nor-malanforderungen des kaufmänni-schen Alltags stehen, ihre Erwartungeinschränken, die erreichte Professio-nalisierung in fachliche Exzellenz undeine entsprechende Förderung umset-zen zu können.

Literatur

BREMER, R./RAUNER, F. (Hrsg.): Berufs-entwicklung im industriellen Dienstleis -tungssektor. In: Reihe ITB-Arbeitspa-piere (2001) Heft 28.

ihre Unterrichtsplanung enger auf diebetriebliche Praxis der Lernenden zubeziehen und für veränderte Anforde-rungen der Betriebe an die Ausbildungoffen zu sein. Häufig jedoch haben die(angehenden) Berufsschullehrkräftenicht hinreichende Kenntnisse inzweierlei Hinsicht: Erstens haben siehäufig von den aktuellen Arbeitspro -zessen innerhalb der verschiedenenBetriebe des Handwerks, der Industrieo. ä. wenig Notiz genommen, wissensomit auch zweitens nicht genug überden Arbeitsalltag der Auszubildenden,über die sich entwickelnden, verschie-denen Anforderungen der Betriebe ansie und über ihre eigenen Gestaltungs-möglichkeiten darin und dafür.

Eine Vielzahl aufgabenorientierter undlernortübergreifender Konzepte vonLern- und Arbeitsaufgaben versuchtseit einiger Zeit, diesen Anspruch di -daktisch umzusetzen (EBELING et al.2001). Das seit Ende der 1990er-Jahrevon der Bildungsadministration ver-ordnete Konzept der Lernfelder fordertdie ausdrückliche Bezugnahme schu-lischen Lernens auf betriebliche Hand-

Einleitung

Der Hinwendung zu betrieblichen Pra-xisfeldern wird ein hohes pädagogi-sches Innovationspotenzial zuge-schrieben, sei es an berufsbildendenSchulen, in der Lehrerausbildung oderin der Berufsvorbereitung von Schüle-rinnen und Schülern. Betriebliche Ar-beitsprozesse sollen untersucht unddie darin eingeschlossenen Kompe-tenzen für die Ausgestaltung vonLernfeldern nutzbar gemacht werden.Bislang gibt es jedoch wenig gesicher-tes Wissen, wie derartige Praxisstu-dien sinnvoll gestaltet, wie sie metho-disch angelegt und wie sie instrumen-tell unterstützt werden sollen.

Der Beitrag zieht eine Zwischenbilanzaus dem Forschungsvorhaben „For-schendes Lernen in der Lehrerbildung.Professionalisierung durch Stärkungdes Berufsfeldbezuges“, gefördert imProgramm des Stifterverbandes fürdie Deutsche Wissenschaft und derStiftung Mercator „Neue Wege in derLehrerausbildung“. Das Projekt wid-met sich der insbesondere für die Aus-bildung von Lehrkräften für die berufs-

bildenden Schulen zentralen Aufgabeder methodischen Unterstützung deraußerschulischen Praxiserschließung.

Angehende Berufspädagogen sollenvor Antritt ihrer Lehrtätigkeit systema-tisch Einblick in die betrieblichen Ar-beitsprozesse, sowie in das außer-schulische Arbeitsumfeld ihres jeweili-gen Studienschwerpunkts erhalten.Bei diesen Studien steht im Mittel-punkt, Kompetenzen für die Ausge-staltung von Lernfeldern zu erlangen.

Unmittelbares Ziel des Forschungs-vorhabens ist die Entwicklung einesMethodenhandbuchs für studentischePraxisforschung. Das Handbuch sollkünftig als Instrument und als Beglei-ter für die Studierenden in der außer-schulischen Praxisphase dienen. Einpaar Meilensteine auf dem Weg dahinwerden im Folgenden zur Diskussiongestellt.

Berufspädagogische Anforde-rungen

Berufspädagogen werden verstärktmit der Forderung vertraut gemacht,

Sven Adiek/Franz Stuber

Anforderungen an betriebliche Praxisstudienfür (angehende) Berufspädagogen

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Forum

wir erstellt haben, nun in groben Zü-gen niedergelegt. Untersucht wurden:

EFAW – Experten-Facharbeiter-Workshops zielen auf die Identifizie-rung berufstypischer (10-15) Arbeits-aufgaben zwecks Entwicklung neuerBerufe, Bestimmung des Ausbil-dungsprofils von Unternehmen undzur Einschätzung der Ausbildungssta-tionen aus der Perspektive der Fach-arbeit.

BAG – die hiermit durchgeführte Ana-lyse charakteristischer beruflicher Ar-beitsaufgaben zielt auf Entwicklungund Einsatz geschäfts- und arbeits-prozessorientierter Curricula und willUmsetzungshinweise für alle Lernorteberuflicher Bildung geben.

FREQUENZ – hier dienen moderierteSteuerungskreise der Früherkennungvon Qualifikationserfordernissen undMöglichkeiten im Bereich gering quali-fizierter Arbeit.

EQUA – ist ein Instrument zur Ermitt-lung des Qualifizierungsbedarfs vonAuszubildenden in Prozessbetreu-ungsberufen und dient der Verbesse-rung der Zielgenauigkeit und Effizienzder Ausbildung durch mehrdimensio-nale Erfolgsrückmeldungen.

Eine Expertise zu Methodender Arbeitsanalyse

Für das Vorhaben, ein Methodenhand-buch für studentische Praxisfor-schung zu erstellen, erscheint uns dieOrientierung an Methoden und Instru-menten aus den (Teil-)Disziplinen derQualitativen Sozialforschung, der Ak-tions- bzw. Handlungsforschung so-wie der Berufsbildungsforschung ge-eignet. In einem ersten Schritt habenwir in einem mehrstufigen Verfahrenverschiedene Ansätze der berufswis-senschaftlichen Arbeitsanalyse aufihre Tauglichkeit für studentische Pra-xiserschließung in außerschulischenPraxisfeldern hin untersucht und dar-aufhin befragt, inwiefern sie für die An-forderungen des berufspädagogi-schen Studiums transformiert werdenkönnen.

Insgesamt kamen sechs komplexeMethodeninstrumentarien in die enge-re Auswahl. Diese umfassen ein breitgefächertes Spektrum an Untersu-chungsthemen – von der Bildungs-gangentwicklung bis zur didaktischenAnalyse – und sie operieren auf sehrdisparaten Ebenen – von der Prozess-analyse bis zur Identifikation vonKernkompetenzen. Deren Ziele, me-thodischen Besonderheiten, Einsat-zerfahrungen sowie Vorzüge undNachteile sind in einer Expertise, die

lungsfelder (KMK 2000). Standardsallerdings, wie man die angehendenBerufsschullehrkräfte sinnvoll auf die-se Aufgaben vorbereitet, existierenderzeit nicht einmal ansatzweise. Diekürzlich veröffentlichten KMK-Stan-dards für die Lehrerbildung fokussie-ren die Lehrenden im allgemein bil-denden Bereich (KMK 2004) und dieeinschlägigen berufspädagogischenFachvereinigungen haben sich derThematik der betrieblichen Praxisstu-dien in ihren Rahmenvorgaben bislangnur randständig angenommen (BWP2003, GTW 2004). In der letzten Aus-gabe von lernen & lehren wurde vonArbeitsprozessstudien für angehendeBerufspädagogen an der UniversitätFlensburg berichtet (BECKER/SPÖTTL

2005).

Der Kontext betrieblicher Praxisstu-dien ist gekennzeichnet durch dendoppelten berufspädagogischen Pra-xisbezug. Neben dem BerufsfeldSchule ist dies das Berufsfeld derAdressaten berufspädagogischenWirkens mit seinen Arbeits- und Ge-schäftsprozessen und den je spezifi-schen Lehr- und Lernprozessen. Abb. 1 verortet die Praxisstudien indiesem Kontext.

Wenn betriebliche Praxisstudiensollenkünftig zu einem zentralen Professio-nalisierungsbaustein für Berufsbildnerwerden, dann sollen damit die beidenZiele erreicht werden:

1. Analysekompetenz des beruflichenArbeitsprozesses.

2. Gestaltungskompetenz für berufs-bezogene Lehr-/Lernsituationen.

Im Einzelnen geht es dabei um

– den Erwerb berufsfeldspezifischerKenntnisse, Fertigkeiten und Erfah-rungen;

– die Erschließung durch Erleben desArbeitsprozesswissens der beruf-lichen Fachkräfte;

– die Kenntnis der Ziele, Akteure undOrganisationsweisen betrieb-licher/beruflicher Aus- und Weiter-bildung und damit auch um

– die Analyse des Wandels von Ar-beit, Technik und Bildung im Be-rufsfeld.

Arbeitsfeld der Adressaten

Arbeitsaufgaben- Geschäftsprozesse- Technikentwicklung- Personalentwicklung- explizite/implizite

Lernprozesse

Künftiges Berufsfeld Schule

- Organisation von Lehr-Lernprozessen- Schulmanagement

- Curriculumentwicklung-Lernort-Kooperation

Schulpraktische Studien

Fachpraktische Ausbildung

Lernortkooperation

Praxis-studien

Studium der

Bezugswissenschaften

- Fachwissenschaften - Bildungswissenschaften

Abb. 1: Kontext betrieblicher Praxisstudien

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188 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Forum

CURRENT – ist ein Instrument zurCurriculum Revision und Entwicklung.Mit ihm werden handwerkliche Ar-beitsaufträge zwecks Entwicklung ei-nes Curriculums in Form von Lern-und Arbeitsaufgaben für kooperieren-de Lernorte analysiert und transfor-miert.

KMK-Leitfaden – zur Entwicklung lern-feldorientierter Rahmenlehrpläne. Die-ses Instrument ist ein Prozessleitfadenfür die Rahmenlehrplanausschüssezur Konstruktion von Lernfeldern unddient als Grundlage bei der Entwick -lung von Lernsituationen unter Orien-tierung an Handlungsfeldern.

Ein Kennzeichen des Verfahrens derExpertise liegt darin, dass wir den Me-thodenentwicklern unsere Interpreta-tion der von ihnen entwickelten Ansät-ze zur Kommentierung und Ergänzungvorgelegt haben. So ist nicht nur einAusschnitt aus den in der Berufsbil-dungsforschung vorzugsweise kursie-renden Methoden entstanden, son-dern eine komprimierte Vorlage, dieAnregung für die außerschulische Pra-xiserschließung bietet. Die Expertisesteht unter http://www.fh-muenster.de/ibl/stifterprojekt.shtm zum Downloadbereit.

Diskurs im Berufsbildungsdialog

Parallel zu unser eigenen Prüfung derausgewählten und in der Expertise do-kumentierten Methoden haben wir an-hand der den jeweiligen Methoden zu-gehörigen Formularen, Leitfäden, Fra-gebögen und Checklisten Studierendein den vergangenen Semestern mitder Aufgabe betraut, ein ihnen be-kanntes Arbeitsumfeld mit konkretenArbeitsaufgaben zu untersuchen. DieStudenten waren aufgefordert, denTransformationsprozess von dem ih-nen zur Verfügung stehenden Metho-densetting hin zur sachgemäßen Be-schreibung spezieller Handlungs-bzw. Arbeitsprozesse (zumindest an-satzweise) zu leisten. Die Ergebnissegaben erste positive Rückmeldungenhinsichtlich der Praxistauglichkeit derInstrumentarien.

Im Juni 2005 haben wir mit Praktikernund Forschern der schulischen wieauch betrieblichen Berufsbildung einegemeinsame Fachtagung veranstaltet.

Mit knapp einhundert Teilnehmern trafdie Tagung auf eine rege Nachfrageseitens der Akteure aus Schule, Be-trieb und Hochschule. Die erwähntenMethoden berufswissenschaftlicherArbeitsanalyse wurden für unsere Pro-jektziele zur Beurteilung unter ver-schiedensten Gesichtspunkten vorge-stellt. Sie wurden vor allem daraufhinuntersucht, wo Hilfestellungen für Stu-dierende des Praxissemesters1 ausdem Methodenset sinnvoll sind, wel-che Anpassungen dafür vorzunehmensind und welche weitergehendenUnterstützungsleistungen notwendigwerden. Als Filter für die Einschätzungder Methoden und zur Gliederung derDiskussion wurden als zentrale Aufga-benfelder betrieblicher Praxisstudienidentifiziert:

– Betriebliche Akteure kennen lernenund ihre Interessen verstehen.

– An Prozessen teilhaben und mitge-stalten.

– Das Gelernte festhalten und trans-ferieren.

Die Ergebnisse der Tagung lassen sichfolgendermaßen zusammenfassen:Methoden der Berufsbildungsfor-schung können helfen,

– ‚Blitzlichter’ für Trends in der be-trieblichen Praxis einzufangen,

– sich dem Arbeitsprozesswissen derFachkräfte zu nähern,

– berufsbezogene Lernsituationenaus den abstrakten Lernfeldern zuentwickeln,

– Lernortkooperation zu intensivierenund

– betriebliche Abläufe zu visualisierenund zu dokumentieren.

Methoden der Berufsbildungsfor-schung

– können jedoch nicht helfen, eigeneForschungsfragestellungen zu ent-wickeln,

– müssen aufgespalten und studie-rendengerecht aufbereitet werden,

– benötigen Ergänzung um allgemei-ne sozial- und bildungswissen-schaftliche Methoden,

– können keinen Einfluss auf die Rah-menbedingungen der Praxisstudiennehmen,

– lassen nur Akteure und Prozesseerkennen, sich aber nicht eins zueins in Lernziele und Lerninhalteübertragen.

Es bedarf also weiterer Ansätze undMethoden für die Transformation inLernsituationen und es bedarf jenseitsvon Analysemethoden liegender Beur-teilungsmaßstäbe, die helfen, be-schränkte und kritikwürdige (Arbeits-)Praxis zu erkennen.2

Einhellig konnte das Fazit gezogenwerden, dass die wissenschaftlichenMethoden zumindest mithelfen, ein„Gespür“ dafür zu entwickeln, um wases in den jeweiligen beruflichen Hand-lungsfeldern und einer darauf bezoge-nen Lernprozessgestaltung geht: Seies durch gehaltvolle Prozessanalysenvon Facharbeit im Praxissemester,oder auch z. B. als Feldstudien imRahmen einer Seminararbeit. Auchwurde erkannt, dass so angeleitetePraxisstudien ein starker Impuls fürdie Kooperation der Lernorte für dieintensiveren Beschäftigung mit be-stimmten Experten sein können.

Ausblick

Seit dem Sommersemester 2005 ma-chen wir Studierende, die bald ihr Pra-xissemester absolvieren, mit den Zie-len und Angeboten unseres Projektesbekannt und vertraut. Dabei kristalli-sieren sich erste konkrete Anwendun-gen für die Planung des Praxissemes -ters heraus. Beispielsweise im Bereichder Analyse von Lern- und Arbeits-prozessen im Elektrohandwerk im Hin-blick auf die lokale Implementationdes Lernfeldkonzeptes oder im Be-reich der Identifikation von Aus- undFortbildungsbedarfen zur gesundheit-lichen Rehabilitation in einer großenKurklinik.

Unser Ziel ist es schließlich, den Stu-dierenden eine Handreichung für ihrePraxisstudien zu geben, die ihnen zumeinen die Suche nach klaren Projekt-fragestellungen im Austausch mit denAnbietern der Praxissemesterstellenerleichtert. Zudem soll das ausgear-beitete Instrumenteninventar zugleichbei der konzeptuellen Planung und dervorausschauenden Durchführung vonPraxisstudien eingesetzt werden.Dazu werden Anregungen in der Formvon Leitfragen, Fragebögen, Beob-

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Forum/Berichte, Rezension, Mitteilung

der Perspektive betrieblicher Bildungs-und Vermittlungsprozesse kennen ge-lernt, die vielfältigen Interessen undProblemstellungen der speziellen beruf-lichen Lern- und Bildungsphase sollenaus den Sichtweisen der Beteiligten so-wie aus den Anforderungen der fach-praktischen Tätigkeit erfahren werden.

2 Eine Dokumentation der Tagungsergeb-nisse kann ebenfalls unter http://www.fh-muenster.de/ibl/stifterprojekt.shtmabgerufen werden.

Literatur

ADIEK, S./STUBER, F.: Methoden der Arbeits-analyse für kompetenzorientierte Praxis-forschung(Expertise). Münster 2005. Be-zug unter http://www.fh-muenster.de/ibl/stifterprojekt.shtm.

ADIEK, S./STUBER, F. (Hrsg.): Dokumentationzur Fachtagung „Methoden der Arbeits-analyse für kompetenzorientierte Praxis-forschung“. Reihe Positionen des Stifter-verbandes für die Deutsche Wissen-schaft. 2005. (Im Erscheinen)

BECKER, M./SPÖTTL, G.: Arbeitsprozessstu-dien bei der Ausbildung von Lehrern fürberufliche Schulen. In: lernen & lehren,20. Jg. (2005) Heft 79, S. 105-108.

BWP: Sektion Berufs- und Wirtschaftspä-dagogik der Deutschen Gesellschaft fürErziehungswissenschaft: Basiscurricu-lum für das universitäre Studienfach Be-rufs- und Wirtschaftspädagogik. 2003.Online-Quelle http://www.bwp-dgfe.de/sektion/Basiscurriculum_BWP_040202.pdf (7/2005).

EBELING, U./ GRONWALD, D./ STUBER, F.(Hrsg.): Lern- und Arbeitsaufgaben alsdidaktisch-methodisches Konzept. Rei-he Berufsbildung, Arbeit und Innovation,Band 7. Bielefeld 2001.

GTW: Arbeitsgemeinschaft Gewerblich-Technische Wissenschaften in der Ge-sellschaft für Arbeitswissenschaft: Rah-menstudienordnung Gewerblich-Techni-sche Wissenschaften. 2004. Online-Quelle: http://www.itb.uni-bremen.de/gtw/down.htm (7/2005).

KMK: Handreichungen für die Erarbeitungvon Rahmenlehrplänen der Kultusminis -terkonferenz (KMK) für den berufsbezo-genen Unterricht in der Berufsschuleund ihre Abstimmung mit Ausbildungs-ordnungen des Bundes für anerkannteAusbildungsberufe. 2000. Online-Quellehttp://www.kmk.org/doc/publ/handreich.pdf (7/2005).

KMK: Standards für die Lehrerbildung: Bil-dungswissenschaften. Beschluss der

achtungsraster, Checklisten usw. fürverschiedenste Zwecke erprobt.

Wir erwarten, dass die zukünftigenBerufspädagoginnen und -pädagogenin ihren Projekten aktiv in die beruf-lichen Arbeitsprozesse eingreifen undmitgestalten werden. Die Instrumentesollen dabei helfen, die eigenen Akti-vitäten vor dem Hintergrund der Ent-wicklung der Berufsausbildung zu ver-orten und auf die Anforderungen derLernfeldarbeit zu beziehen. So könnensie mithelfen, dass die künftigen Fach-kräfte sich zu reflektierten Experten ih-res Berufsfeldes entwickeln.

Anmerkungen1 Mit dem Praxissemester wird in unse-

rem lehrerbildenden Studiengang er-probt, mit welchen Fragestellungen undErgebnissen sich längere betriebsprak-tische Phasen in das Studium einbezie-hen lassen. Die Breite des Tätigkeitsfel-des (künftiger) Berufskolleglehrerinnenund -lehrer wird im Konzept des Praxis-semester berücksichtigt, indem dasVerständnis des Praxisbezuges überden Betrieb hinaus erweitert und Berei-che der beruflichen, betrieblichen sowieschulischen Ausbildung thematisiertund bearbeitet werden. Das Berufsfeldder beruflichen Fachrichtung soll aus

Felix Rauner (Hrsg)

Handbuch Berufsbildungs-forschung

Bielefeld 2005, W. Bertelsmann Ver-lag, 828 Seiten, ISBN: 3-7639-3167-8,Preis 69 Euro.

Das Interesse von Politik und Gesell-schaft an Bildungsforschung hat nichtzuletzt durch die verschiedenen inter-nationalen Bildungsvergleichstudien(Stichwort PISA) stark zugenommen.Bildungsforschung im Bereich der be-ruflichen Bildung erhält darüber hin-aus einen besonderen Stellenwert,weil deren Erkenntnisse nicht nur aufdie Bildungspolitik, sondern zugleichauf die Arbeitsmarkt- und Wirtschafts-politik großen Einfluss haben. Für dieAkteure der beruflichen Bildung ist dieBerufsbildungsforschung zu einemunverzichtbaren Instrumentarium ge-worden, um etwa den zunehmendenAnforderungen nach Internationalisie-

rung der Berufsbildung gerecht wer-den zu können. Insofern ist es folge-richtig, dass nun (endlich) ein fundier-tes und umfassendes Handbuch zurBerufsbildungsforschung vorliegt.

Das Buch gliedert sich in 5 Hauptkapi-tel, die die Bereiche „Genese der Be-rufsbildungsforschung“, „Berufsbil-dungsforschung im Spannungsver-hältnis von Berufsbildungspolitik, -pla-nung und -praxis“, das umfangreicheSchwerpunktkapitel „Felder der Be-rufsbildungsforschung“, sowie Fall-beispiele und Forschungsmethodenbeinhalten.

Im ersten Kapitel wird ausgehend voneiner Genese der berufspädagogi-schen Forschung (LIPSMEIER) bzw. derberufswissenschaftlichen und -didak-tischen Forschung (PAHL), der Blick aufdie Berufsbildungsforschung in derDDR (GROTTKER) gelenkt, um abschlie-ßend im Beitrag von UWE LAUTERBACH

Schritte zu einer internationalen undinternational vergleichenden Berufs-bildungsforschung zu skizzieren.

Das zweite Kapitel verweist auf einigevor allem zukünftig relevante Bezügeder Berufsbildungsforschung: Sie wirdhier beispielsweise verständlich undgut zugänglich als interdisziplinärer In-novationsprozess (LAUR-ERNST), alsFaktor im Prozess der europäischenIntegration (FISCHER/MÜNK) bzw. derEntwicklungszusammenarbeit (GEORG)entfaltet. Neben der kurzen Vorstel-lung der Organisationen und Institutio-nen der Berufsbildungsforschung(KELL) werden mit den drei BereichenBerufsbildungsdialog (SAUTER), Berufeund Berufsfelder (PETERSEN) und Ar-beit, Bildung, Qualifikation (BREMER)auch ausgewählte Gegenstände derBerufsbildungsforschung kurz darge-stellt.

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Berichte, Rezension, Mitteilung

190 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Den Schwerpunkt des Handbuchesbildet jedoch das dritte Kapitel „Felderder Berufsbildungsforschung“, das inacht Unterkapitel unterteilt ist und sichüber insgesamt 380 Seiten mit 58 Ein-zelbeiträgen erstreckt. Der Umfangund die Gliederung dieses Kapitelsmachen deutlich, wie schwierig es ist,das umfassende und manchmal auchsperrige, weil aus sehr unterschied-lichen Bezügen ableitbare Feld derBerufsbildungsforschung darzustellenund abzugrenzen. Nach dem erstenUnterkapitel zur Berufsentwicklungund der jeweils kurzen Darstellung zurberufswissenschaftlichen Forschungin acht zentralen Berufsfeldern widmetsich das dritte Unterkapitel dem Be-rufsbildungssystem, in das neben dervergleichenden Berufsbildungsfor-schung etwa auch die Berufsschul-und Weiterbildungsforschung inte-griert wurde. Nach den Unterkapitelnzur Berufsbildungsplanung und -ent-wicklung und zur Berufsarbeit undKompetenzentwicklung wird im sechs -ten Unterkapitel der Didaktik beruf-licher Bildung Raum gegeben, wobei

Einblick in praktizierte Forschungs-schwerpunkte.

Das letzte Kapitel zu Forschungsme-thoden widmet sich zunächst spezifi-schen methodologischen Fragestel-lungen der Berufsbildung (z. B. Beruf-liche Arbeits- und Bildungsprozesseals Gegenstand, RAUNER), um an-schließend unterschiedliche ausge-wählte Methoden in den Untersu-chungsdimensionen Befragen, Beob-achten und Experimentieren und Ent-wickeln vorzustellen.

Insgesamt leistet dieses Handbuch ei-nen wertvollen Beitrag zur Dokumen-tation der Fragestellungen, Methodenund Forschungsergebnisse der Be-rufsbildungsforschung. Es kann denunterschiedlichen Akteuren der Be-rufsbildung als Nachschlagewerk undOrientierungshilfe nicht nur für mögli-che eigene Forschungsvorhaben, son-dern auch zur Beurteilung von Ansät-zen und Fragestellungen anderer die-nen.

Thilo Harth

z. B. die Benachteiligtenforschung so-wie die Medienforschung und -entwik-klung hier mit eigenen Beiträgen ver-treten sind. Das Schwerpunktkapiteldes Buches wird mit den Unterkapi-teln sieben und acht „Evaluation undQualitätssicherung“ sowie „Gestal-tung von Arbeit und Technik“ als ei-genständige und zentral angeseheneFelder der Berufsbildungsforschungabgerundet. Allein aus der kurzenNennung der Unterkapitel wird deut-lich, dass auch andere Zuordnungenund Schwerpunktsetzungen – etwabezogen auf das Feld der Berufspäda-gogik – möglich gewesen wären. Diesist auch dem Herausgeber bewusst,der deshalb vorsorglich darauf ver-weist, dass die Rezeption des Hand-buches durch die Forschungspraxiszeigen wird, „ob es Bedarf an weitererAusdifferenzierung und Ergänzung“(S. 15) gibt.

Die Fallbeispiele zur Berufsbildungs-forschung geben über neun, häufig inModellversuchen angewandte For-schungsansätze und -fragestellungender letzten Jahre einen unmittelbaren

Einladung zur Mitgliederversammlung derBAG Elektrotechnik-Informatik e. V.

Die ordentliche Mitgliederversammlung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung Elektro-technik-Informatik e. V. findet während der Hochschultage Berufliche Bildung 2006 in Bremen statt.

Termin: Mittwoch, den 15. März 2006; Beginn 18.00 Uhr.

Ort: Universität Bremen (der Raum wird auf der Fachtagung bekannt gegeben).

Folgende Tagesordnung ist vorgesehen:

1. Begrüßung

2. Wahl eines Protokollführers

3. Tätigkeitsbericht des Vorstandes

4. Bericht des Schatzmeisters/Bericht der Kassenprüfer

5. Entlastung des Vorstandes

6. Beschlussfassung über die Höhe des Mitgliedsbeitrages gemäß Satzung § 10

7. Wahl des Wahlvorstandes

8. Wahl des Vorstandes

9. Wahl der Landesvertreter und ihrer Stellvertreter

10. Wahl des Beirates

11. Schlusswort des neu gewählten Vorstandes

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Autorenverzeichnis

Autorenverzeichnis

lernen & lehren (l&l) (2005) 80 191

Adiek, SvenFachhochschule Münster, Institut fürBerufliche Lehrerbildung (IBL), Leo-nardo-Campus 7, 48149 Münster,[email protected]

Adolph, Gottfried Prof. Dr., Schwerfelstr. 22, 51427 Ber-gisch-Gladbach. [email protected]

Brandt, Michael K.Vertretungslehrer für das BerufsfeldElektrotechnik an den BeruflichenSchulen Witzenhausen,[email protected]

Bremer, RainerDr., Universität Bremen, Institut Tech-nik und Bildung, Am Fallturm 1,28359 Bremen, [email protected]

Harth, ThiloProf. Dr., Fachhochschule Münster,Institut für Berufliche Lehrerbildung(IBL), Leonardo-Campus 7, 48149Münster, [email protected]

Herkner, VolkmarDr. phil., Technische Universität Dres-den, Professur für Metall- und Ma-schinentechnik/ Berufliche Didaktik,01062 Dresden, [email protected]

Kreienbaum, JürgenRefa Industrial Engineer, ManagerManufacturing and Quality in derJohn Deere Fabriek Horst, [email protected]

Müller, DirkIndustriemeister, Senior Advisor inden John Deere Werken Bruchsal;Projektleiter des ModellversuchsDILO in den [email protected]

Pahl, Jörg-PeterProf. Dr., Technische Universität Dres-den, Institut für berufliche Fachrich-tungen, 01062 Dresden, [email protected]

Petersen, A. WilliProf. Dr., Berufliche FachrichtungElektrotechnik/Informatik, Berufsbil-dungsinstitut Arbeit und Technik –

biat, Universität Flensburg, Auf demCampus 1, 24943 Flensburg. [email protected]

Rauner, FelixProf. Dr., Universität Bremen, InstitutTechnik und Bildung (ITB), Am Fall-turm 1, 28359 Bremen, [email protected]

Röben, PeterProf. Dr., Professur für Technikdidak-tik und Fachdidaktik ET-IT, PH Heidel-berg, Fakultät III, Im NeuenheimerFeld 561, 69120 Heidelberg,[email protected]

Stuber, Franz Prof. Dr., Professur für Technikwis-senschaft an der FachhochschuleMünster, Leonardo-Campus 7, 48149Münster, [email protected]

Unger, Helga Dr., Betriebswirtin (BA) und Diplom-Psychologin, Beraterin bei Mensch,Arbeit & Technik, Sell & Partner(MA&T) GmbH Aachen, [email protected]

Hochschultage Berufliche Bildung in Bremen

Das Institut Technik und Bildung der Universität Bremen wurde von „Arbeitsgemeinschaft Berufliche Bildung e. V.“ mit der

Ausrichtung der „14. Hochschultage Berufliche Bildung 2006 – Berufliche Bildung, Innovation und Soziale Integration“ be-

traut. Vom 15. bis zum 17. März 2006 kehrt damit eine der etabliertesten Veranstaltungen der Berufsbildung an ihren Ur-

sprungsort zurück, denn bereits die 1. Hochschultage fanden in Bremen statt. Die Veranstaltung, zu der etwa 1.500 Teil-

nehmer erwartet werden, bietet ein Forum für Fachleute aus Praxis, Wissenschaft und Politik, die sich mit aktuellen Fragen

der beruflichen Bildung beschäftigen.

Nähere Informationen, Programm und Anmeldung unter

www.hochschultage-2006.de.

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192 lernen & lehren (l&l) (2005) 80

Hinweise

Ständiger Hinweis

Bundesarbeitsgemeinschaft Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik

Alle Mitglieder der BAG Elektrotechnik-Informatik und der BAG Metalltechnik müssen eine Einzugsermächtigung ertei-len oder zum Beginn eines jeden Kalenderjahres den Jahresbeitrag (zur Zeit 27,- EUR eingeschlossen alle Kosten fürden verbilligten Bezug der Zeitschrift lernen & lehren) überweisen. Austritte aus der BAG Elektrotechnik-Informatik bzw.der BAG Metalltechnik sind nur zum Ende eines Kalenderjahres möglich und müssen drei Monate zuvor schriftlich mit-geteilt werden.

Die Anschrift der Geschäftsstelle der Bundes arbeits -gemeinschaft Elektrotechnik-Informatik lautet:

BAG Elektrotechnik-Informatik

Geschäftsstelle, z. H. Herrn A. Willi Petersen

c/o biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik

Auf dem Campus 1

24943 Flensburg

Tel.: 0461 / 805 2155

Fax: 0461 / 805 2151

Konto-Nr. 7224025,

Kreissparkasse Süd-Holstein (BLZ 230 510 30).

Die Anschrift der Geschäftsstelle der Bundesarbeits -gemeinschaft Metalltechnik lautet:

BAG Metalltechnik

Geschäftsstelle, z. H. Herrn Michael Sander

c/o Forschungsgruppe Praxisnahe Berufsbildung (FPB)

Wilhelm-Herbst-Str. 7

28359 Bremen

Tel.: 0421 / 218 4924

Fax: 0421 / 218 4624

Konto-Nr. 10045201,

Kreissparkasse Verden (BLZ 291 526 70).

Beitrittserklärung

Ich bitte um Aufnahme in die Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung

Elektrotechnik-Informatik e. V. bzw. Metalltechnik e. V.

Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt z. Z. 27,- EUR. Auszubildende, Referendare und Studenten zahlen z. Z. 15,- EURgegen Vorlage eines jährlichen Nachweises über ihren gegenwärtigen Status. Der Mitgliedsbeitrag wird grundsätzlichper Bankeinzug abgerufen. Mit der Aufnahme in die BAG beziehe ich kostenlos die Zeitschrift lernen & lehren.

Name: .....................................................................................Vorname: .........................................................................

Anschrift: ..........................................................................................................................................................................

E-mail: ..............................................................................................................................................................................

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Ermächtigung zum Einzug des Beitrages mittels Lastschrift:

Kreditinstitut: ..........................................................................................................................................

Bankleitzahl: .....................................Girokonto-Nr.: ..............................................................................

Weist mein Konto die erforderliche Deckung nicht auf, besteht für das kontoführende Kreditinstitut keine Verpflichtung zur Einlösung.

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Garantie: Diese Beitrittserklärung kann innerhalb von 10 Tagen schriftlich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fach-richtung Elektrotechnik-Informatik e. V. bzw. der Fachrichtung Metalltechnik e. V. widerrufen werden. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügtdie Absendung innerhalb dieser 10 Tage (Poststempel). Die Kenntnisnahme dieses Hinweises bestätige ich durch meine Unterschrift.

Datum: ..............................................Unterschrift: .................................................................................

Bitte absenden an:BAG Elektrotechnik-Informatik e. V., Geschäftsstelle:biat – Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik, z. H. HerrnA. Willi Petersen, Auf dem Campus 1, 24943 Flensburg.

BAG Metalltechnik e. V., Geschäftsstelle:Forschungs gruppe Praxisnahe Berufsbildung (FPB), z. H.Herrn Michael Sander, Wilhelm-Herbst-Str. 7, 28359 Bremen.

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vakat

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lernen & lehren

Eine Zeitschrift für alle, die in

Betrieblicher Ausbildung,Berufsbildender Schule,

Hochschule und Erwachsenenbildung sowieVerwaltung und Gewerkschaften

im Berufsfeld Elektrotechnik-Informatik/Metalltechnik tätig sind.

Inhalte:

- Ausbildung und Unterricht an konkreten Beispielen- Technische, soziale und bildungspolitische Fragen beruflicher Bildung

- Besprechung aktueller Literatur- Innovationen in Technik-Ausbildung und Technik-Unterricht

lernen & lehren erscheint vierteljährlich, Bezugspreis EUR 25,56 (4 Hefte) zuzüglich EUR 5,12 Versandkosten (Ein-zelheft EUR 7,68).

Von den Abonnenten der Zeitschrift lernen & lehren haben sich allein über 600 in der Bundesarbeitsgemeinschaft fürBerufsbildung in der Fachrichtung Elektrotechnik-Informatik e. V. sowie in der Bundesarbeitsgemeinschaft für Be-rufsbildung in der Fachrichtung Metalltechnik e. V. zusammengeschlossen. Auch Sie können Mitglied in einer derBundesarbeitsgemeinschaften werden. Sie erhalten dann lernen & lehren zum ermäßigten Bezugspreis. Mit der bei-gefügten Beitrittserklärung können Sie lernen & lehren bestellen und Mitglied in einer der Bundesarbeitsgemein-schaften werden.

Folgende Hefte sind noch erhältlich:

58: Lernfelder in technisch-ge-werblichen Ausbildungsberufen

59: Auf dem Weg zu dem Berufs-feld Elektrotechnik/Informatik

60: Qualifizierung in der Recycling-und Entsorgungsbranche

61: Lernfelder und Ausbildungsre-form

62: Arbeitsprozesswissen – Lern-felder – Fachdidaktik

63: Rapid Prototyping

64: Arbeitsprozesse und Lernfelder

65: Kfz-Service und Neuordnungder Kfz-Berufe

66: Dienstleistung und Kunden-orientierung

67: Berufsbildung im Elektrohand-werk

68: Berufsbildung für den informa-tisierten Arbeitsprozess

69: Virtuelles Projektmanagement

70: Modellversuchsprogramm„Neue Lernkonzepte“

71: Neuordnung der Elektroberufe

72: Alternative Energien

73: Neue Technologien und Unter-richt

74: Umsetzung des Lernfeldkon-zeptes in den neuen Berufen

75: Neuordnung der Metallberufe

76: Neue Konzepte betrieblichenLernens

77: Digitale Fabrik

78: Kompetenzerfassung und -prü-fung

79: Ausbildung von Berufspädago-gen

Bezug über:Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft GmbHPostfach 1559, 38285 WolfenbüttelTelefon (05331) 80 08 40, Fax (05331) 80 08 58

Von Heft 16: „Neuordnung im Handwerk“ bis Heft 56: „Gestaltungsorientierung“ ist noch eine Vielzahl von Heften erhältlich. Informationen über: Donat Verlag, Borgfelder Heerstraße 29, 28357 Bremen, Telefon (0421) 27 48 86, Fax (0421) 27 51 06