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Heinz Holliger Zwiegespräche György Kurtag -.. ·. �,.

Heinz Holl iger ;c -- ·. ,. Zwiegespräche György Kurtag · György Kurtag. Wer sie sich anhört, ohne sich am Programm des Booklets zu ori entieren, wird nur schwer unterscheiden

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Heinz Holl iger

Zwiegespräche

György Kurtag

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Heinz Holliger

Zwiegespräche

György Kurtag

Heinz Holliger Oboe, Englischhorn, Klavier

Marie-Lise Schüpbach* Englischhorn, Oboe

Sarah Wegener Sopran

Ernesto Molinari Bass- und Kontrabassklarinette

Philippe Jaccottet liest eigene Gedichte

2

3

György Kurtag <•192a)

... Ein Brief aus der Ferne an Ursula

für Oboe solo (2014)

Heinz Holliger <•1939)

Berceuse pour M.

für Englischhorn solo* (2015)

György Kurtag

... für Heinz ...

für Klavier, linke Hand (2014)

Heinz Holliger

4 Die Ros' (Angelus Silesius)

Version für Sopran, Oboe, Englischhorn* und Bassklarinette (2010)

2:45

3:02

2:53

1:10

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György Kurtag György Kurtag

5 Angelus Silesius: Die Ros' 1:45 20 Schatten 0:56

für Sopran und Englischhorn (2010/11) für Kontrabassklarinette

Hommage a Heinz Holliger 21 Rozsnyai llona in memoriam 2:51

für Englischhorn und Kontrabassklarinette

22 Einen Augenblick lang 0:38

Heinz Holliger für Oboe solo

23 Versetto (apokrif organum) 0:55 6-19 Airs

Sept poemes de Philippe Jaccottet für Englischhorn und Bassklarinette

24-25 Hommage ä Elliott Carter

Lecture pour hautbois et cor anglais 1. Capriccio 1:25

für Oboe und Englischhorn* (2015/16) für Oboe solo

2.Arioso 1:48 1 Une semaison de larmes ... 0:2712:26

für Englischhorn und Kontrabassklarinette II L'reil ... 0:2311:57

III Ce qui brule ... * 0:26 11:29 26 Kro6 György in memoriam 6:22

für zwei Oboen für Kontrabassklarinette solo IV Dans l'etendue ... 0:1911:49

27 Lorand Gaspar: Desert 1 :27 V O compagne ... 0:3111:31

für Sopran und Oboe (2015) für zwei Englischhörner

VI Je marche ... 0: 1412:55 28 Der Glaube (Peter Bornemisza) 2:46

VII Oiseaux 0:26 l 5:49 für Oboe solo

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29 ... summaia a B.P.

für Oboe und Kontrabassklarinette

30 ... ein Sappho-Fragment

für Englischhorn solo

31 ... (Hommage a Tristan)

für Englischhorn und Bassklarinette

32 Einen Augenblick lang

für Kontrabassklarinette solo

33 In Nomine - all'ongherese (Damjanich emlekkö)

für Englischhorn solo

Heinz Holliger

34-37 Sonate

für Oboe solo (1956/57 rev.1999)

1 Präludium

II Capriccio

III Aria

IV Finale

1:04

1:34

0:42

0:38

4:58

4:02

3:29

3:58

2:26

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ZWIEGESPRÄCHE

Eine Aufnahme mit fast ausschließlich Werken für Oboe von Heinz Holliger und György Kurtag. Wer sie sich anhört, ohne sich am Programm des Booklets zu ori­entieren, wird nur schwer unterscheiden können, welche Komposition von wem stammt. »Wir komponieren ja ganz gleich«, meinte György Kurtag zu Heinz Holli­ger, nachdem er die Aufnahmen gehört hatte. Da begegnen sich tatsächlich zwei Brüder im Geiste. Die Bezüge zwischen den beiden Komponisten sind zahllos: Der ungarisch-schweizerische Komponist Sandor Veress unterrichtete Kurtag in Buda­pest und später Heinz Holliger in Bern. Sowohl bei Kurtag als auch bei Holliger tauchen bis heute immer wieder ein >ungarischer< und auch ein >Veress,-Ton auf. Bei­de komponieren im Kontext der ganzen Musikgeschichte, lieben Miniaturen, sind Spezialisten von Hommagen an Freunde und Kollegen und pflegen wie Robert Schumann ihren ,Davidsbund, mit lebenden und gestorbenen Wahlverwandten; beide sind mit Literatur fast biologisch verbunden und interessieren sich oft sogar für dieselben Dichterinnen und Schriftsteller. Ihr Zwiegespräch wurde in den letz­ten Jahren noch vertieft, da beide sich mit dem Musiktheater auseinandersetzten: Kurtag, der Meister der Miniatur, komponierte seine erste Oper, Fin de partie,

nach Samuel Becketts Endspiel (Uraufführung am Teatro alla Scala in Mailand am 15. November 2018), und Heinz Holliger beschäftigte sich mit dem in Ungarn geborenen Dichter Nikolaus Lenau und brachte am Opernhaus Zürich Lunea zur Uraufführung (10. März 2018). Lunea ist eine Art Traumoper; da gibt es keine lineare Handlung mehr, die Zeiten, Szenen, Gedanken mischen sich, fließen ineinander, und doch ist die Musik glasklar wie eine Vollmondnacht.

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In diesem Lunea-Geist ist auch das vorliegende Album gestaltet: Zwischen den längeren Werken von Heinz Holliger, die eine Zeitspanne von sechzig Jahren ab­stecken, entspannt sich ein somnambuler Zwiegesang, in den die teilweise sehr kurzen Stücke passgenau eingefügt sind, so dass eine ,Oboenoper< en miniature entsteht.

Lecture

In den Jahren 2015/r6 beschäftigte sich Holliger erstmals kompositorisch mit dem in Frankreich lebenden Schweizer Dichter und Übersetzer Philippe Jaccottet (*1925), der 2014 als vierter Schweizer und als erster noch zu seiner Lebenszeit in die Bib­liotheque de la Pleiade aufgenommen wurde; er ist nah verwandt mit Christiane Jaccottet, der langjährigen Duopartnerin von Heinz Holliger. Aus dem 1967 erschie­nenen Gedichtband »Airs« - Jaccottet schlägt als deutsche Übersetzung »Hauch« vor- wählte Holliger sieben Texte aus, die er in sieben verschiedenen Varianten für Oboe und Englischhorn vertont. Es ist ein besonderer Glücksfall dieser CD, dass Jaccottet vor den einzelnen Stücken jeweils die dazugehörigen Gedichte vorträgt. Als diese Aufnahmen gemacht wurden, kannte Jaccottet die Vertonungen von Holliger noch nicht; umso erstaunlicher, wie sein bescheidener und fast ungestalter Vortrag vor allem in der mikrorhythmischen Differenzierung die Gestik von Holli­gers Lecture vorwegnimmt.

Der Titel Lecture ist ganz wörtlich gemeint, denn Holliger hat J accottets Ge­dichtzeilen in der Partitur unter die Stimmen der beiden Blasinstrumente gesetzt, als wäre der Text zu singen; die Interpreten lesen während des Spielens die Gedichte im Stillen mit. Es sind also ,Lieder mit Worten,. Aber gerade, weil man die Worte

nicht vernimmt, bekommen die Melodien eine verweisende Kraft und man spürt förmlich die Bedeutung, die diesen Duos eingeschrieben ist.

In jedem der sieben Duos wird anders >gelesen, : Das erste verteilt die Vers­zeilen des Gedichtes auf die beiden Instrumente und Holliger überträgt den Text in sein oft verwendetes Tonalphabet; beim zweiten Duo liegt die Hauptmelodie im Englischhorn und die Oboe - »l'autre monde« symbolisierend - spielt lontano dazu. Das dritte Duo ist ein kontrapunktisches Bicinium mit mehrfachen Spiegelungen für zwei Oboen, das die vielen Duale in Jaccottets Gedicht - »deux pentes«, »deux sources« - darstellt. Für die dem vierten Gedicht eingeschriebene Mischung aus Er­schöpfung - »plus rien« - und aufflackerndem Beben - »d'ardents regards« - findet Holliger eine verblüffende Lösung: er verwendet nur ein einziges Intervall, die gros­se Terz. Dieses Stilmittel wird als solches kaum erkannt, einerseits wegen der extre­men Lagen - eine Anspielung an die »montagnes« -, und der großen Spanne der Melodien - sie wirken wie die langgezogenen Rufe der im Gedicht der Ringeltaube G>ramier«) gegenübergestellten Amsel (»merle«) - andererseits weil die Terzen reinintoniert werden, also kaum noch eine Schwebungsenergie aufweisen.

Das fünfte Duo für zwei Englischhörner übernimmt die düstere Stimmung des Gedichtes - »compagne du tenebreux«- und entfaltet sich in der Tiefe; es endet allerdings mit einem grellen und hohen, hellen Schluss: »la lumiere toujours plus proche«.

Den beiden letztenAirs ist das Gedicht nicht unterlegt, sondern einfach voran­gestellt. Hier wird nicht mehr gesungen, sondern Holliger komponiert musikalische Exerzitien zu Jaccottets starken Bildern, beim sechsten Duo ist es das verstörende Bild frischer Glut unter dem Schutz des Laubes in einem Garten. Mit Mikrointer-

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vallen wird das Glimmen der ,bedeckten Glut< ausgedrückt, eine enge Polyphonie von Schwebungen unterschiedlicher Schärfung.

»Air« ist im Französischen ein kaleidoskopisches Wort, das verschiedenste Be­deutungen aufweist: Luft, Arie, Melodie, Hauch, Miene. Im letzten »Air« über das Gedicht »oiseaux« verschmelzen alle diese Bedeutungen. Das Bild der seltenen Vögel, die so klar sehen, dass sie sogar nachts singen können, verführt den Pionier und heutigen Altmeister der Oboe dazu, seinem Instrument nochmals völlig Neues zu entlocken: Kein einziger normal gespielter Oboenton; ausschließlich Mehrklänge, aber nicht die bekannten metallen röhrenden Akkorde, sondern leise, schwebende Klänge mit vielen �irrten und �arten, zart zwitschernd wie die Vögel. Auch Kombinationen von tiefen und langen Tönen mit überlagerten Mehrklängen sind zu hören, manchmal dermaßen verdichtet und überlagert, dass der Eindruck ent­steht, hier würde ein �artett von Oboen spielen oder die Klänge würden elektro­nisch multipliziert, aber es sind nur eine Oboe und ein Englischhorn, die das alles hervorbringen. Dieses nächtliche Vogelgezwitscher unterscheidet sich deutlich von Olivier Messiaens Musik, in der die Vogelrufe wie glasklare Einzelmotive gewisser­maßen ornithologisch-katalogartig eingesetzt werden. Holliger interessieren die Übergänge, das Verwischen, auch das Undeutliche der Vogelrufe, ihre vielen Zwi­schenlaute. Es ist, als ob die beiden Interpreten selber >Vögel, werden müssen, denn bei vielen hier verlangten Spieltechniken gibt der konkrete Klang seinen eigenen Rhythmus vor, z.B. wenn die tiefen Töne pulsieren, da muss man den ,Ruf, ge­währen lassen, damit der Klang glückt. Gegen Schluss des Stückes wird die Musik immer mehr ein Hauchen; eine Luft- und Lippenmusik, die bereits in jene ferne Welt überleitet, die den mittleren Teil der CD prägt.

Zwiegespräche mit György Kurtdg

Die achtzehn kurzen Stücke (zwei von Holliger, sechzehn von Kurtag) greifen wie ein Mobile ineinander: Es beginnt mit einem sehr persönlichen musikalischen Austausch zwischen Kurtag und Holliger und einer immer dunkler werdenden Stimmung, die im auskomponierten Grabstein für den ungarischen Förderer Neuer Musik, György Kro6, ihren Kulminationspunkt findet. Danach hellt es auf, wird belebter, die Stücke greifen noch enger ineinander, und es wird ,ungarischer<. Sieben der Stücke sind Hommagen, fünf sind musikalische Nachrufe, und fast alle Stücke sind ziemlich bis extrem langsam.

Besonders berührend sind die beiden kurzen Werke, die Kurtag im Umfeld des Todes von Heinz Holligers Frau, der Harfenistin Ursula Holliger, komponiert hat. Elf Tage vor ihrem Tode komponierte er . . . Ein Brief aus der Ferne für Ursula und zu ihrer Beerdigung schrieb er das Klavierstück ... für Heinz, nur für die linke Hand als Symbol für die nun fehlende Lebenshälfte. Fast schon magisch erscheint es, dass man beim Hören dieser Platte vermeint, dem Gestus und teilweise auch gewissen Melodiefragmenten dieses »Briefs« in den anderen Stücken ebenfalls zu begegnen, so auch im Wiegenlied, der Berceuse für M., die Holliger in der Nacht komponierte, in der die Mutter seiner Oboen-Partnerin Marie-Lise Schüpbach starb.

Den Spruch von Angelus Silesius Die Ros' ist ohn warumb komponierte Heinz Holliger, als er schwer erkrankt im Spital lag und jeden Tag wie ein Kalenderblatt eine Komposition schrieb, um sich ins Leben zurück zu kämpfen. Das Stück ist Teil des Zyklus nicht Ichts - nicht Nichts und ursprünglich für Vokalquartett

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komponiert; hier aber erklingt Die Ros' in einer Version für Sopran und Bläsertrio. Holliger ließ Kurtag die Komposition zukommen und einen guten Monat später antwortete dieser mit einer eigenen Vertonung des gleichen Spruchs; dabei drehte er die Intervallkonstellationen von Holligers Werk um und beschränkte sich auf ein Bicinium von Sopran und Englischhorn. Die Polyphonie von Holliger geht auf in der Linearität des sich frei entfaltenden Englischhorns: eine Art Freudengesang zur überstandenen Krankheit.

Diesen jüngeren Stücken folgt eine Reihe älterer Werke von Kurtag, die teil­weise nur ein paar Atemzüge lang dauern.

Das Versetto, ein - wie Kurtag im Untertitel schreibt - »apokryphes Organum« zu Ehren des ungarischen Musikwissenschaftlers, Dirigenten und Erforschers mit­telalterlicher Musik, Laszl6 Dobszay (1934-20u), zeigt Kurtags musikalische Kom­mentare zur Musikgeschichte; meist wählt er eine Besonderheit eines historischen Stils - das Organum stellt die früheste Form der Mehrstimmigkeit dar - und schafft damit neue Bezüge zu früherer Musik, auch dies ein Verfahren, das sehr ver­wandt mit Holligers Komponieren ist. Die überraschende Besetzung von Englisch­horn und Bassklarinette verstärkt das Archaische und ,Apokryphe< noch.

Da sich Holliger als Oboist und Dirigent so nachdrücklich für die Musik von Elliott Carter einsetzte, begann sich auch György Kurtag mit dessen Musik, die ihm lange fremd blieb, eingehender zu beschäftigen. Die beiden Hommagen haben - wie alle Hommagen von Kurtag- viel Hintersinn. Carter ist ein Komponist komplexer Polyphonie, die meist aus Überlagerungen von rhythmisch vertrackt ineinander­greifenden zweistimmigen Sätzen entstehen. Kurtag nun komponiert zuerst ein einstimmiges Capriccio und dann ein rhythmisch geradezu lapidares Duo, so als

wollte er Carter mit einer polyphonen Fastenkur an die Komplexität des Einfachen erinnern.

So wie sich Holliger immer wieder mit Helvetischem beschäftigt, so gibt es auch bei Kurtag einen spezifisch ungarischen ,Davisbund,, der ihm in der gegenwär­tigen politischen Entwicklung Ungarns fast schon zu einer inneren Enklave gewor­den ist. Zu diesem engen Freundeskreis zählte auch der gleichaltrige Musikkritiker und Radioredaktor György Kro6 (1926-1997). Zu dessen Tod komponierte Kurtag ein erschütterndes Werk. Es ist ein auskomponiertes Verstummen, eine ,Grable­gung, in Form langsam absteigender Skalen, alles pianissimo. Nur die Klappenge­räusche der Kontrabassklarinette erinnern daran, dass da noch jemand spielt und die Musik nicht schon in der Gruft entschwunden ist.

In den darauffolgenden Stücken tauchen andere Mitglieder von Kurtags ,Da­vidsbund, auf: zuerst der in Transsilvanien geborene Lorand Gaspar (*1925), dann der ungarische Reformator Peter Bornemisza (1535-1584), schließlich die in Ungarn lebende russische Dichterin Rimma Dalos (*1944).

Von den Nationalsozialisten verfolgt, gelang es Lorand Gaspar, in Frankreich unterzutauchen. Später wurde er ein bekannter französischer Chirurg und Neu­rologe, aber auch Dichter und Übersetzer ungarischer und deutscher Literatur, z.B. - wie Philippe J accottet - von Rainer Maria Rilke.

Gaspars Text und Kurtags Musik wirken »ja ganz gleich« wie viele Vertonungenvon Heinz Holliger, und auch die »Airs« nach Jaccottet klingen an. Wie Holliger löst Kurtag aus bestehenden Kompositionen Zellen heraus und schafft daraus neue Werke, wie das bei Der Glaube und ... summaia a B.P. der Fall ist, die Kurtag aus seinem legendären Zyklus Die Sprüche des Peter Bornemisza für Sopran und Klavier

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aus den Jahren 1963-68 entnommen hat. Viele der kurzen Stücke von Kurtag sind mit versteckten Anspielungen und auch ironischen Hintergedanken gefüllt; so verkürzt zum Beispiel Hommage a Tristan - ursprünglich ein Teil von Omaggio a Luigi Nono (1969) -Wagners Oper ins Mikroskopische: »Liebe für einen Monat, / Leiden für Jahre,/ Und nun ist alles vorbei«, so lautet der in der Melodie gesungene Text von Rimma Dalos. Bündiger kann man Wagners Tristan nicht zusammen­fassen. Auch ... ein Sappho-Fragment ... zum sechzigsten Geburtstag von Heinz Holliger ist eine Art Portrait-Medaillon von dessen Komponieren. Das zeigen be­reits die Spielanweisungen, zuerst: langsam und schmachtend, dann immer wilder und wilder werdend und schließlich perdendosi al quasi niente.

Mit In Nomine - all'ongherese, einem Gedenkstein an den von den Österrei­chern gehenkten ungarischen Revolutionshelden Janos Damjanich (1804-1849), wird die Solosonate von Heinz Holliger vorbereitet, in der ebenfalls viel Ungarisches evoziert wird.

In den späten 196oer und 7oer Jahren, als Holliger Werke extremer psycho­physischer Verspannungen komponierte, hielt er zu seinen frühen Werken eine gewisse Distanz. Seine technisch anspruchsvolle Solosonate, komponiert 1956-57, mit der er als junger Oboist oft aufgetreten ist und so von allem Anfang an signa­lisierte, dass er nicht nur als Oboen-Virtuose Karriere machen würde, spielte er später fast dreißig Jahre lang nicht mehr. Seit einiger Zeit jedoch kommt Holliger auf diese frühen Werke zurück. Die parallel zur Solosonate entstandenen Morgen­stern-Lieder verarbeitete er in den Opern Schneewittchen undLunea, und mit acht­zig Jahren spielt er nun die Solosonate erstmals auf CD ein, dreiundsechzig Jahre nachdem er sie komponiert hat. Der Einfluss von Veress und vor allem von dessen

Lehrer Bela Bart6k ist unverkennbar, vor allem im Finalsatz wird in den Czardas­Rhythmen das ungarische Element hörbar. Schon in diesem Werk gibt es eine »Aria«, quasi Holligers Schicksalsform als Komponist und Interpret: Gesang und Luft.

Die Sonate ist nicht nur Holligers ,Meisterarbeit< im Kompositionsunterricht bei Veress. Sie wird umgekehrt auch Veress beeinflussen, denn ohne diese frühe So­nate von Holliger hätte sich Veress in seiner Passacaglia concertante, einem der von Holliger meist gespielten Werke, nicht so weit nach vorne gewagt.

Die Stimmungswechsel, von denen die Solosonate, aber auch dieses Album ins­gesamt durchdrungen sind, hat Holliger heute wieder schätzen gelernt; früher habe er manchmal zu stur komponiert, sich quasi Scheuklappen verordnet. Das Schwan­kende, Sprunghafte, die Traumlogik, die sein Jugendwerk kennzeichnen, hat sich der alte Holliger zurückerobert.

Roman Brotheck

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I

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Une semaison de !armes sur le visage change, la scintillante saison des rivieres derangees : chagrin qui creuse Ja terre

L' age regarde Ja neige s' eloigner sur !es montagnes

II

L'reil: une source qui abonde

Mais d'ou venue? De plus loin que le plus loin de plus bas que le plus bas

Je crois que j' ai bu !' autre monde

III

Ce qui bri'tle en dechirant l'air rose ou par brusque arrachement ou par constant eloignement

En grandissant Ja nuit Ja montagne sur ses deux pentes nourrit deux sources de pleurs

IV

Dans !' etendue plus rien que des montagnes miroitantes

Plus rien que d'ardents regards qui se croisent

Merles et ramiers

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V

O compagne du tenebreux entends ce qu' ecoute sa cendre afin de mieux ceder au feu :

!es eaux abondantes descendre aux degres d 'herbes et de rocheet !es premiers oiseaux louerJa toujours plus longue journeeJa lumiere toujours plus proche

VI

Je marche dans un jardin de braises fra!ches sous leur abri de feuilles

un charbon ardent sur la bouche

VII

Oiseaux

Flammes sans cesse changeant d 'aire qu'a peine on voit quand elles passent

Cris en mouvement dans l'espace

Peu ont Ja vision assez claire pour chamer meme dans Ja nuit

Philippe Jaccottet, AIRS. Poemes 1961-1964 © Gallimard, 1967

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Eine Saat von Tränen auf dem veränderten Gesicht, die flimmernde Jahreszeit der aufgewühlten Flüsse: Gram, der die Erde höhlt

Gealtert, sieht man den Schnee sich auf den Bergen entfernen

II

Das Auge: ein �eil, der überfließt

Wo aber entsprungen? Ferner als das Fernste tiefer als das Tiefste

Mir ist, ich trank die andere Welt

III

Wie dies entbrennt, die Luft teilt rosig: weil Trennung ängstet weil nah auch fern ist

Wachsend bei Nacht nährt das Gebirge diesseits jenseits entquellende Tränen

IV

Im Weiten nur noch, ein Schimmern, die Berge

Nur brennende Blicke noch die sich kreuzen

Amseln und Tauben

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V

0 Gefährtin des Düsteren

hörst du wem seine Asche lauscht

dem Feuer williger zu weichen? höre

die Bäche niederfallen, reichlicher

über Stufen von Gräsern und Fels,

loben höre die ersten Vögel

den immer längeren Tag

das immer nähere Licht

VI

Ich gehe

in einem Garten kühler Gluten

im Schutz ihres Laubes

eine glühende Kohle auf meinem Mund

VII

Vögel

Flammen, an keinem Ort verweilend

kaum sichtbar, wenn sie vorbeistieben

Rufe, hier dort, in Bewegung

Wenigen ward so heller Blick

auch bei Nacht noch zu singen

aus: Philippe Jaccottet. Gedichte. Französisch und deutsch. Übertr. u. Nachw. v. Friedhelm Kemp. / Editions Gallimard, Paris 1954, 1958, 1967. Klett-Cotta, Stuttgart 1985

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ZWIEGESPRÄCHE

This is a album dedicated almost exclusively to works for oboe by Heinz Holliger and György Kurtag. Without referring to the booklet, listeners will be hard put to match compositions and composers. "Our writing styles are really the same", Kurtag said to Holliger after listening to the recordings. Kindred spirits, indeed. The connections are numerous: Hungarian-Swiss composer Sindor Veress taught both Kurtag (in Budapest) and Holliger (later, in Berne), resulting in a recognizable "Hungarian" or "Veress'' tone in their music. Both use the entire musical history as a frame of reference, both love miniatures, both specialize in homages to friends and colleagues and cultivate a "Davidsbund" with living and departed soulmates; both have an almost physical affinity for literature and are even interested in the same poets and writers. In recent years, their dialogue deepened due to a mutual pre­occupation with musical theatre: Kurtag, the master of miniatures, composed his first opera, Fin de partie, based on Samuel Beckett's Endgame and premiered November 15, 2018, at the Teatro alla Scala in Milan, while Holliger studied the Hungarian-born poet Nikolaus Lenau and brought about the first performance of Lunea at the Zurich Opera House (March 10, 2018). Lunea is a dream opera of sorts; relinquishing a linear narrative, it mixes and merges times, scenes, thoughts -and yet the music is as brilliantly luminous as a night of a full moon. The spirit of Lunea inspired the present CD, too: Between Heinz Holliger's longer works, cover­ing a timespan of sixty years, a dream-like dialogue develops, into which the short pieces are fitted so precisely that the whole resembles an "oboe opera'' en miniature.

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Lecture

In 2.015/I6, Heinz Holliger first directed his compositional focus on the Swiss poet and translator Philippe Jaccottet (*192.s) who lives in France and was admitted, in 2.014, to the Bibliotheque de 1a Pleiade as the only living Swiss-born writer. He is a close relative of Christiane Jaccottet, Holliger's longstanding duet partner. From "Airs", a collection of poems by J accottet, Holliger selected seven texts which he set to music in seven different versions for oboe and English horn. Enriching the scope and impact of the recording further,Jaccottet reads the respective poems before the musical version is played. When the recordings were made, Jaccottet did not know Holliger's settings; it is all the more surprising how his modest and almost unstruc­tured presentation anticipates, in its micro-rhythmic differentiation, the gestures of Holliger's lecture.

The tide, Lecture, is to be taken literally, because in the score Holliger placed Jaccottet's lines of verse underneath the woodwind voices, as if the text should be sung; the musicians silendy read the poems while playing. These are, therefore, "songs with words" - and it is the very fact that the words are inaudible that endows the melodies with a power that makes the listener feel the significance inscribed into these duets.

In each of the seven duets the "reading" differs: The first distributes the lines of verse between the two instruments, and Holliger translates the text into his fre­quendy used tonal alphabet. In the second, the main melody rests with the English horn, with the oboe - symbolizing "l'autre monde'' - accompanying lontano. The third is a contrapuntal bicinium with repeated mirroring for two oboes, represent-

ing the many duals in Jaccottet's poem ("deux pentes", "deux sources"). The mixture of exhaustion - "plus rien'' - and quivering hope - "d'ardents regards" - in the fourth poem inspires an intriguing compositional solution: Holliger uses only a single in­terval, the major third. This stylistic device is hardly recognizable, firsdy because of the extreme registers - an allusion to the "montagnes" - and the wide reach of the melodies, resembling the sustained calls of blackbird, juxtaposed in the poem with the woodpigeon ("ramier"). And secondly, because the thirds are intoned perfecdy, thus losing almost all vibrational energy.

The fifth duet for two English horns assumes the poem's dark atmosphere -"compagne du tenebreux" - and unfolds at a deep level, although its ending is lurid and bright: "la lumiere toujours plus proche".

In the last twoAirs, the poems are not placed underneath but simply precede the music. Instead of songs, Holliger composes musical exercises in accompaniment to Jaccottet's powerful imagery- in the sixth duo, the disturbing motif of fresh em­bers concealed by leaves in the garden. Holliger uses micro-intervals to portray the smouldering embers, a tight polyphony of vibrations at different levels of intensity.

In the French language, "air" is a caleidoscopic word, meaning air, aria, melody, tinge or mien. In the last "air'' on the poem "Oiseaux", all these meanings coalesce. The image of rare birds with such exquisite eyesight that they can sing at night entices the pioneer and doyen of the oboe to make use of his instrument in an en­tirely new way: not a single "normal" tone is played here, only chords, but not the well-known metallic, roaring kind but quiet, hovering sounds with many fifths and fourths, gently chirping like birds. Combinations of low and long tones with super­imposed chords, too, sometimes so dense and layered that it seems as if a quartet of

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oboes was playing or the sounds were electronically multiplied - but it is just one oboe and an English horn creating the entire soundscape. This nocturnal birdsong differs considerably from Olivier Messiaen's music where birdcalls are used as crystal-clear, individual motifs, as if taken from an ornithological catalogue. Hol­liger, in contrast, is interested in transitions, in blurring things, in the vagueness of birdcalls, their many intermediary sounds. lt seems as if both musicians have to turn into "birds" themselves, since in many of the playing techniques demanded here, the actual sound determines its own rhythm. When the low tones pulsate, for example, the "call" must be ceded for the sound to turn out weil. By the end of the piece, the music becomes a whispering air-and-lip music already paving the way to the distant world characterizing the album's middle part.

Dialogues with György Kurtdg

The eighteen short pieces (two by Holliger, sixteen by Kurtag) intertwine like a mo­bile, starting with a very personal musical exchange between Kurtag and Holliger and an increasingly sombre atmosphere that finds its point of culmination in the musical memorial for György Kro6, the patron of Hungarian New Music. From there, things are getting lighter and livelier, more "Hungarian", the pieces interlock­ing even more tightly. Seven of them are homages, five musical obituaries, and almost all of them are fairly or extremely slow.

Particularly touching are the two short compositions that Kurtag wrote in the context of the death of Heinz Holliger's wife, harp player Ursula Holliger. Eleven days before her death he composed ... Ein Brief aus der Ferne für Ursula, and for

her burial the piano piece .. .für Heinz, for lefr hand only, as a symbol for the mis­sing life companion. lt seems almost magical that, while listening to the music, one believes to re-encounter certain expressions and melodic fragments of the "Brief" in other pieces, including the Berceuse for M. that Holliger composed the night that the mother of his oboe partner Marie-Lise Schüpbach died. Die Ros' ist ohn warumb, a quote by Angelus Silesius, was written while Holliger was in hospital with a serious illness and forced himself to write one piece every day - as if tearing off calendar sheets - to claw himself back into life. The piece is part of the cycle nicht Ichts - nicht Nichts and was originally composed for a vocal quarret; here it is presented in a version for soprano and woodwind trio. Holliger sent the composi­tion to Kurtag who, a month later, replied with his own setting of the same quote, reversing Holliger's harmonic constellations and restricting himself to a bicinium of soprano and cor anglais. Thus, Holliger's polyphony merges into the linearity of the freely unfolding English horn: a joyful song celebrating recovery and new life.

These more recent pieces are followed by a series of older works by Kurtag, some of them only a few breaths long.

The versetto, an "apocryphal organum", as Kurtag terms it in the subtitle, in honour of Hungarian musicologist, conductor and scholar of medieval music Laszl6 Dobszay (r934-20u), resembles a commentary on musical history; mostly, Kurtag chooses a specific characteristic of a historical style ( the organum being the earliest form of polyphony), establishing new references to earlier music. In this he is again very close to Holliger's compositional methods. The unusual instrumentation -English horn and hass clarinet - reinforces the archaic and "apocryphal" character of the piece.

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Since Holliger, as a composer and conductor, has strongly championed the music of Elliott Carter, György Kurtag, too, started to look more into compositions that had been foreign to him for a long time. Both homages are, like all ofKurtag's tributes, filled with deeper meaning. Carter uses complex polyphony that mostly evolves from layering rhythmically interlocking two-part movements, while Kurtag starts with a monophonic capriccio, followed by a rhythmically almost laconic duet, as if wanting to remind Carter, by way of a polyphonic fasting eure, of the beauty of simplicity.

Similar to Holliger's frequently indulged fondness for all things Helvetian, Kurtag has his own specifically Hungarian "Davidsbund" that has become, in the current political climate of Hungary, almost an inner sanctum. This close circle of friends includes music critic and radio editor György Kro6 (1926-1997). When Kro6 died, Kurtag wrote one of his most harrowing pieces, a musical leave-taking, an entombment, composed in slowly descending pianissimo scales. Only the soft rattling of the hass clarinet's keys reminds us that there is still somebody playing and the music has not yet been laid to rest in the sepulchre.

In the subsequent pieces, other members of Kurtag's "Davidsbund" make an appearance: first, Transsylvanian-born Lorand Ga.spar (*1925), then the Hungarian reformer Peter Bornemisza (1535-1584), finally the Russian poetess Rimma Dalos (*1944) who lives in Hungary. Persecuted by the Nazis, Lorand Ga.spar managed to go into hiding in France. Later, he became a well-known surgeon and neurologist who also wrote poetry and translated Hungarian and German literature - Rainer Maria Rilke, for example, who was also translated by Philippe Jaccottet.

Gaspar's texts and Kurtag's music sound "really the same" as many ofHolliger's settings and are also reminiscent of the ''Airs" based on Jaccottet. Like Holliger,

Kurtag extricates parts of compositions and transforms them into new pieces such as Der Glaube and ... summaia a B.P. which he had extracted from his legendary cycle The Sayings of Peter Bornemisza for soprano and piano, written between 1963 and 1968. Kurtag's short pieces are often filled with allusions and ironic hidden agendas. For example, Hommage a Tristan, originally a part of Omaggio a Luigi Nono (1969), condenses Wagner's opera to microscopic proportions: "Liebe für einen Monat / Leiden für Jahre/Und nun ist alles vorbei" (Love for a month / suffering for years / and now everything's over) are the words penned by Rimma Dalos and sung to the melody. Wagner's Tristan could not be summarized more concisely.

... ein Sappho-Fragment, celebrating Heinz Holliger's 60th birthday, too, is a kind of portrait-medallion ofHolliger's style of composition, as demonstrated by the instructions, beginning with slow and yearning, then turning wilder and wilder, and, finally, perdendosi al quasi niente. And In Nomine - all'ongherese, a memorial to Janos Damjanich (1804-1849), a Hungarian revolutionary hero executed by the Austrian rulers, prepares for Heinz Holliger's solo sonata which evokes a decidedly Hungarian feel, too.

In the late 1960s and 70s, when Holliger's compositions were marked by ex­treme psychological and physical tensions, he kept a certain distance from his earlier works. His technically demanding solo sonata, composed 1956-7, which he per­formed often as a young oboist signalling right from the start that he did not in­tend to be successful only as an oboe virtuoso, was later put to rest for almost three decades. In recent years, however, Holliger has revisited some of these earlier works. TheMorgenstern-Lieder, written at the same time as the solo sonata, were reworked in the operas Schneewittchen and Lunea, and at the age of eighty, Holliger has

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finally recorded the solo sonata on CD, sixty-three years after its creation. The in­fluence of Veress and, above all, of his teacher Bela Bart6k, is unmistakable, the Hungarian element becoming most audible in the Czirdis rhythms of the final movement. Even in this piece there is an "Aria': Holliger's chosen format, as it were, as a composer and instrumentalist - singing and breathing.

The sonata was not only Holliger's "masterpiece" in Veress's composition dass, it also influenced Veress himself who would not have dared going as far with his Passacaglia concertante (played extensively by Holliger over the years) as he did, had it not been for this early sonata by Holliger.

The atmospheric changes permeating the sonata, but also this album as a whole, are a property Holliger has come to value again - in the past, he says, he had often been too stubborn, too constrained by self-prescribed blinders. The capri­ciousness and volatility, the dream-like logic of his early work - these are qualities that Holliger has reconquered in his old age: this record is spanning a lifetime.

Roman Brotheck

Translated by Caroline Kranich-Lake

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Recorded June 2018 Radiostudio DRS Zürich Tonmeister: Andreas Werner Philippe Jaccottet was recorded August 2017 in Grignan by Nicolas Baillard, Studios La Buissonne Cover photo: Fotini Potamia lnk drawings: György Kurtag Liner photos: Rolf Hans (1), Julieta Schildknecht (8),

Christophe Dutoit (25), Judit Marjai (35)

Design: Sascha Kleis Executive producer: Manfred Eicher

An ECM Production

György Kurtag's drawings and the photo by Rolf Hans are printed by courtesy of Paul Sacher Foundation, Basel (György Kurtag Collection / Heinz Holliger Collection)

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