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[email protected] Hintergrund und Rationale des therapeutischen Drug Monitorings HDoz Dr. Georg Hempel Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie - Klinische Pharmazie - Hittorfstr. 58-62, 48149 Münster Tel.: +49 251 83 33334 Fax.: +49 251 83 32144 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 0 6 12 18 24 30 36 42 48 Zeit [h] Plasma-Konz. [μg/l]

Hintergrund und Rationale des therapeutischen Drug · PDF fileArzneistoffkonzentration in Körperflüssigkeiten Klinisches Bild Patientenspezifische Faktoren ... → Antidepressiva

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Hintergrund und Rationale des therapeutischen Drug Monitorings

HDoz Dr. Georg Hempel Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie - Klinische Pharmazie -Hittorfstr. 58-62, 48149 Münster Tel.: +49 251 83 33334 Fax.: +49 251 83 32144

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

0 6 12 18 24 30 36 42 48Zeit [h]

Pla

sma-

Kon

z. [µ

g/l]

.

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Dosierungsstrategien

→ alle Erwachsenen gleiche Dosis, Kinder reduzierte Dosis

→ nach Körpergewicht

→ nach Körperoberfläche

→ nach Nierenfunktion (Creatinin-Clearance)

→ nach Leberfunktion

→ Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)

→ nach Wirkung

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Was ist TDM ?

Erstellen individueller Dosierungsempfehlungen durch Berechnungen, basierend auf der Arzneistoffkonzentration in Körperflüssigkeiten

Klinisches Bild

Patientenspezifische Faktoren

Initialdosis

Bestimmung derArzneistoffkonzentration

Angepasste Dosis

Vergleich mit Zielgröße

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Wann ist TDM sinnvoll ?

→ wenn direkt kein Parameter für die Wirkung verfügbar(Pharmakodynamik-Parameter)

→ bei hoher pharmakokinetischer Variabilität

→ bei geringer therapeutischer Breite

→ klarer Zusammenhang zwischen Arzneistoffkonzentrationund Wirkung (geringe pharmakodynamische Variabilität)

→ pharmakokinetische Zielgröße vorhanden: Cmax, Cmin, AUC

→ Patientengruppen mit erhöhtem Risiko für Toxizität

→ einfache, reproduzierbare Bestimmungsmethode verfügbar

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Wann ist TDM sinnvoll ?

→ bei hoher pharmakokinetischer Variabilität

Zeit [h]

0 10 20 30 40 50 60

Pla

sma

Kon

zent

ratio

n [µ

g/l]

1

10

100

1000 Patient 2 Patient 1 Patient 3

Plasmaspiegelverläufe bei Gabe der gleichen Dosis

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Wann ist TDM sinnvoll ?

→ bei hoher pharmakokinetischer Variabilität

Zeit [h]

0 10 20 30 40

Pla

sma

Kon

zent

ratio

n [µ

g/l]

10

100

1000

Patient 1, 1.Gabe Patient 1, 2.Gabe Patient 2, 1.Gabe Patient 2, 2.Gabe

Plasmaspiegelverläufe bei Gabe der gleichen Dosis

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Wann ist TDM sinnvoll ?

→ bei hoher pharmakokinetischer Variabilität(inter-individuell > intra-individuell)

Zeit [h]

0 10 20 30 40

Pla

sma

Kon

zent

ratio

n [µ

g/l]

10

100

1000

Patient 1, 1.Gabe Patient 1, 2.Gabe Patient 2, 1.Gabe Patient 2, 2.Gabe

Plasmaspiegelverläufe bei Gabe der gleichen Dosis

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Wann ist nicht TDM sinnvoll ?

→ bei hoher intra-individueller Variabilität(inter-individuell < intra-individuell)

Plasmaspiegelverläufe bei Gabe der gleichen Dosis

Zeit [h]

0 10 20 30 40

Pla

sma

Kon

zent

ratio

n [µ

g/l]

1

10

100

1000

3. Gabe 1. Gabe2. Gabe

Zeit [h]

0 10 20 30 40

Pla

sma

Kon

zent

ratio

n [µ

g/l]

1

10

100

1000

1. Gabe2. Gabe3. Gabe

Patient 1 Patient 2

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→ Minimalkonzentration Cmin (oberhalb der MIC)

→ Maximalkonzentration Cmax

→ Area under the Curve (AUC)

→ AUC24/MIC Quotient

Was braucht man zum TDM ?Pharmakokinetische Zielgrößen:

0100

200

300

400500

600

700800

9001000

0 6 12 18 24 30 36 42 48Zeit [h]

Pla

sma-

Kon

z. [µ

g/l]

.

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→ Grundgrößen (1-Kompartiment-Modell):Cl: Clearance; beschreibt die Elimination [l/h]V: Verteilungsvolumen; Parameter für die Verteilung [l]

ka: Absorptionskonstante;F : Bioverfügbarkeit

→ Abgeleitete Größenke: :Eliminationskonstante [1/h] t1/2: Halbwertszeit [h]

Was braucht man zum TDM ?→ Pharmakokinetische Modelle (1-Kompartiment-Modell):

)2(2ln

2/1 ClV

t⋅

=

)1(t

VCl

t eVD

C⋅−

⋅=Ct: (Plasma-)Konzentration

zum Zeitpunkt t

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0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

0 6 12 18 24 30 36 42 48Time [h]

Con

c. [m

g/l]

Anpassung des Populationsmodells

0.001

0.01

0.1

1

10

100

0 10 20 30 40 50

Time [h]

Con

c. [m

g/l]

ModellMesswerte

0.001

0.01

0.1

1

10

100

0 10 20 30 40 50

Time [h]C

onc.

[mg/

l]

ModellMesswerte

0.001

0.01

0.1

1

10

100

0 10 20 30 40 50Time [h]

Con

c. [m

g/l]

ModellMesswerte

Berechnung der Populationsmittelwerteund der Variabilitäten

Abschätzung der individuellen Parameter

Populations- Interindividuelle IntraindividuelleMittelwert Variabilität Variabilität

V [l] 2,68 26%Cl [l/h] 0.26 48% 17%

AUC [mg l-1 h ] 249 33% 13%t1/2 [h] 7.42

Restfehler 23%

Populationspharmakokinetik Nichtlineare Regression unter Berücksichtigung gemischter Effekte

(NONMEM)

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Populationskinetik (NONMEM)

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

0 6 12 18 24 30 36 42 48Time [h]

Con

c. [m

g/l] • wenig Proben pro Patient notwendig

(mindestens eine Probe)• Patienten müssen nicht die gleiche

Zahl von Proben einbringen

• Aussage über die Variabilität in den Parametern:Populationsmittelwert ± interindividuelle und intraindividuelle Variabilität sowie Abschätzuung desRestfehlers

• Werte für die Variabilität zuverlässig

• Covariaten können gut mit einbezogen werden

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Variabilität• Interindividuelle Variabilität

• Variabilität von Patient zu Patient• Angabe für jeden Parameter

•intraindividuelle Variabilität• Variabilität von Gabe zu Gabe• Angabe für jeden Parameter

• Restfehler • Mess- und Dokumentationsfehler• Angabe für das ganze Modell• kann nur bestimmt werden, wenn zweioder mehr Messpunkte pro Individuum vorliegen

• Normalverteilung oder log-Normalverteilung vorausgesetzt

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Einschluss von Covariaten

KOFClCl ⋅=

0

5

10

15

20

25

30

0.113

0.167

0.221

0.274

0.328

0.382

0.435

0.489

und g

rößer

Cl [l /m2]

Häu

fig

keit

0

2

4

6

8

10

12

0.122 0.215 0.308 0.401 und größer

Cl [l h-1 m-2]

Häu

fig

keit

Parameter sollten normalverteilt oder log-normalverteilt sein

R2 = 0.4096

00.10.20.30.40.50.60.70.80.9

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5

Körperoberfläche [m2]

Cl [

l/h]

Cl [l/h]

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Nichtparametrische Methoden Nonparametric Maximum Likelihood

(USC*Pack, ADAPT )

• wenig Proben pro Patient notwendig (mindestens eine Probe)• aufwändig in der Berechnung

• Aussage über die Variabilität in den Parametern: Populationsmittelwert ± interindividuelle und intraindividuelle Variabilität

• Restfehler muss bekannt sein

• Parameter müssen nicht normalverteilt oderlog-normalverteilt sein

• ideale Methode für das Therapeutische Drug Monitoring

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Wann soll man Proben abnehmen ?

R. Jelliffe in: G. Hempel (ed.) Hanbook of Analytical Separations Vol 5. Drug Monitoring and Clinical Chemistry, Elsevier 2004

für Clearance: möglichst lange nach Einnahme

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Wann ist TDM sinnvoll ?- Arzneistoffe, die die genannten Kriterien erfüllen -

→ Antibiotika Gentamycin, Amikacin, Vancomycin

→ Zytostatika Busulfan

→ Antiepileptika Carbamazepin, Phenytoin, Valproinsäure...

→ Antidepressiva Lithium, Tricyclische Antidepressiva...

→ Immunsuppressiva CsA, Tacrolimus, MMF

→ Antimykotika Fluconazol (?),Itraconazol (?), Voriconazol (?)

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Ist TDM von Antimykotika sinnvoll ?

ü kein Pharmakodynamik-Parameter direkt verfügbar

ü Zusammenhang zwischen Plasmakonzentration und Outcomez.B. Itraconazol < 500 µg/l1

ü therapeutische Breite begrenzt

ü hohe interindividuelle pharmakokinetische Variabilität

z.B. Voriconazol bei Kindern Cl 0,4 L h-1 kg-1 ± 66,5%

CYP2C19, alk. Phosphatase, ALT als Covariaten für Cl

1 Glasmacher et al., Mycoses 42:443-451 (1999)2 Walsh et al., Antimicrob. Agents Chemother. 48: 2166-2172 (2004)

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Hintergrund und Rationale des therapeutischen Drug Monitorings

→ Kenntnisse der verschiedenen Arten von Variabilitätnotwendig ? Populationskinetik

→ Art des pharmakokinetischen Modells nicht entscheidend (linear vs. nichtlinear)

→ (Populations-)pharmakokinetischer Ansatz sensitiverals rein statistischer Ansatz

→ Kenntnisse des Zusammenhangs zwischen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik notwendig

→ Proof of Concept: Outcome mit und ohne TDM