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Brett N. Steenbarger Ihr täglicher Tradingcoach Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar. Inhalt Vorwort 11 Danksagung 15 Einführung .17 Kapitel 1Veränderung: Der Prozess und die Praxis .21 Lektion 1: Bauen Sie auf Emotionen, um Veränderungen zu bewirken .22 Lektion 2: Psychologische Sichtbarkeit und Ihre Beziehung zu Ihrem Tradingcoach 26 Lektion 3: Schließen Sie Freundschaft mit Ihren Schwächen ....29 Lektion 4: Verändern Sie Ihr Umfeld, verändern Sie sich selbst 31 Lektion 5: Verwandeln Sie Ihre Emotionen 35 Lektion 6: Finden Sie die richtigen Spiegel 39 Lektion 7: Verändern Sie Ihren Fokus .42 Lektion 8: Erschaffen Sie Szenarien für die Veränderung Ihres Lebens .46 Lektion 9: Wie Sie Selbstvertrauen aufbauen können 49 Lektion 10: Die fünf besten Übungen, um Veränderungen zu bewirken und zu stabilisieren .53 Quellen .58 Kapitel 2Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 59 Lektion 11: Stress verstehen .60 Lektion 12: Gegenmittel bei schädlichen Grundannahmen .64 Lektion 13: Was verursacht belastenden Disstress? 67 Lektion 14: Führen Sie ein psychologisches Journal 71 Lektion 15: Wenn Sie zu angestrengt versuchen, Geld zu verdienen .75 Lektion 16: Wenn Sie ans Aufgeben denken 78 Lektion17: Was man tun kann, wenn die Furcht übermächtig wird 82 Lektion 18: Performanceangst: Das häufigste Problem beim Trading 87 Lektion 19: Wenn man fehl am Platz ist .91 Lektion 20: Die Volatilität der Märkte und die Volatilität der Stimmung ..........................95 Quellen .99 Kapitel 3Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading .101 Lektion 21: Wie wichtig es ist, sich gut zu fühlen 101 Lektion 22: Steigern Sie Ihr Glücksgefühl 105 Lektion 23: Erreichen Sie die Zone .109 Lektion 24: Traden Sie mit Energie 113 Lektion 25: Absicht und Größe: Trainieren Sie Ihr Gehirn durch Spielen 116 Lektion 26: Kultivieren Sie einen ruhigen Gemütszustand 121 Lektion 27: Bauen Sie emotionale Widerstandskraft auf 125 Lektion 28: Integrität und das Richtige tun 128 Lektion 29: Steigern Sie Ihr Selbstvertrauen und bleiben Sie bei Ihren Trades .......................131 Lektion 30: Verwandeln Sie Stress in Wohlbefinden .136 Quellen .139 Kapitel 4Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 141 Lektion 31: Führen Sie ein Tradingjournal zur Selbstbeobachtung .141 Lektion 32: Erkennen Sie Ihre Muster .146 Lektion 33: Ordnen Sie Mustern Kosten und Vorteile zu 150 Lektion 34: Setzen Sie sich effektive Ziele 154 Lektion 35: Bauen Sie auf Ihr Bestes und richten Sie sich auf die Lösung ....................157 Lektion 36: Brechen Sie mit alten problematischen Mustern 160

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Brett N. Steenbarger

Ihr täglicher Tradingcoach

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

InhaltVorwort 11Danksagung 15Einführung .17Kapitel 1Veränderung: Der Prozess und die Praxis .21Lektion 1: Bauen Sie auf Emotionen, um Veränderungen zu bewirken .22Lektion 2: Psychologische Sichtbarkeit und Ihre Beziehung zu Ihrem Tradingcoach 26Lektion 3: Schließen Sie Freundschaft mit Ihren Schwächen ....29Lektion 4: Verändern Sie Ihr Umfeld, verändern Sie sich selbst 31Lektion 5: Verwandeln Sie Ihre Emotionen 35Lektion 6: Finden Sie die richtigen Spiegel 39Lektion 7: Verändern Sie Ihren Fokus .42Lektion 8: Erschaffen Sie Szenarien für die Veränderung Ihres Lebens .46Lektion 9: Wie Sie Selbstvertrauen aufbauen können 49Lektion 10: Die fünf besten Übungen, um Veränderungen zu bewirken und zu stabilisieren .53Quellen .58Kapitel 2Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 59Lektion 11: Stress verstehen .60Lektion 12: Gegenmittel bei schädlichen Grundannahmen .64Lektion 13: Was verursacht belastenden Disstress? 67Lektion 14: Führen Sie ein psychologisches Journal 71Lektion 15: Wenn Sie zu angestrengt versuchen, Geld zu verdienen .75Lektion 16: Wenn Sie ans Aufgeben denken 78Lektion17: Was man tun kann, wenn die Furcht übermächtig wird 82Lektion 18: Performanceangst: Das häufigste Problem beim Trading 87Lektion 19: Wenn man fehl am Platz ist .91Lektion 20: Die Volatilität der Märkte und die Volatilität der Stimmung ..........................95Quellen .99Kapitel 3Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading .101Lektion 21: Wie wichtig es ist, sich gut zu fühlen 101Lektion 22: Steigern Sie Ihr Glücksgefühl 105Lektion 23: Erreichen Sie die Zone .109Lektion 24: Traden Sie mit Energie 113Lektion 25: Absicht und Größe: Trainieren Sie Ihr Gehirn durch Spielen 116Lektion 26: Kultivieren Sie einen ruhigen Gemütszustand 121Lektion 27: Bauen Sie emotionale Widerstandskraft auf 125Lektion 28: Integrität und das Richtige tun 128Lektion 29: Steigern Sie Ihr Selbstvertrauen und bleiben Sie bei Ihren Trades .......................131Lektion 30: Verwandeln Sie Stress in Wohlbefinden .136Quellen .139Kapitel 4Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 141Lektion 31: Führen Sie ein Tradingjournal zur Selbstbeobachtung .141Lektion 32: Erkennen Sie Ihre Muster .146Lektion 33: Ordnen Sie Mustern Kosten und Vorteile zu 150Lektion 34: Setzen Sie sich effektive Ziele 154Lektion 35: Bauen Sie auf Ihr Bestes und richten Sie sich auf die Lösung ....................157Lektion 36: Brechen Sie mit alten problematischen Mustern 160

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Lektion 37: Werden Sie beständig, indem Sie Regeln folgen 164Lektion 38: Rückfall und Wiederholung .168Lektion 39: Schaffen Sie ein sicheres Umfeld für Veränderungen 171Lektion 40: Nutzen Sie Ihre Vorstellungskraft, um den Veränderungsprozess voranzutreiben .175Quellen .179Kapitel 5Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 181Lektion 41: Psychodynamik: Entkommen Sie der Schwerkraft vergangener Beziehungen .182Lektion 42: Machen Sie repetitive Muster greifbar .186Lektion 43: Wir stellen unsere Abwehrmechanismen infrage .190Lektion 44: Noch einmal mit Gefühl: Gewinnen Sie Distanz zu Ihren Problemmustern 193Lektion 45: Machen Sie das Beste aus Ihrer Coaching-Beziehung .197Lektion 46: Finden Sie positive Tradingbeziehungen 200Lektion 47: Tolerieren Sie Ihr Unbehagen .204Lektion 48: Die Übertragung von Meisterschaft 208Lektion 49: Die Macht der Diskrepanz 212Lektion 50: Durcharbeiten 215Quellen .218Kapitel 6 Eine neue Landkarte des Denkens: Kognitive Methoden des Selbstcoachings 221Lektion 51: Schemata des Verstandes .222Lektion 52: Nutzen Sie Ihre Gefühle, um Ihr Denken zu verstehen .225Lektion 53: Lernen Sie aus Ihren schlechtesten Trades .229Lektion 54: Verwenden Sie ein Journal, um Ihr Denken neu zu strukturieren .233Lektion 55: Durchbrechen Sie negative Denkmuster ...........237Lektion 56: Kehren Sie negative Denkmuster um .241Lektion 57: Nutzen Sie intensive Vorstellungsarbeit zur Veränderung von Denkmustern 245Lektion 58: Die Arbeit an negativen Denkmustern mit einem kognitiven Journal .248Lektion 59: Schaffen Sie Veränderungen mit kognitiven Experimenten .252Lektion 60: Bauen Sie positives Denken auf .255Quellen .258Kapitel 7Neue Handlungsmuster lernen: Verhaltensbezogene Ansätze des Selbstcoachings .261Lektion 61: Verstehen Sie Ihre persönliche Bedingtheit .262Lektion 62: Identifizieren Sie subtile Zusammenhänge .266Lektion 63: Nutzen Sie die Kraft des sozialen Lernens 269Lektion 64: Formen Sie Ihr Tradingverhalten .272Lektion 65: Die Konditionierung der Märkte 276Lektion 66: Die Kraft der Inkompatibilität 280Lektion 67: Bauen Sie auf positive Assoziationen .284Lektion 68: Das Verlustrisiko: Eine kraftvolle und flexible verhaltensbezogene Methode 288Lektion 69: Erweitern Sie das Verlustrisiko, um Fähigkeiten aufzubauen 292Lektion 70: Verhaltensbezogene Rahmenbedingungen, um mit Sorgen umzugehen .296Quellen .299Kapitel 8Das Coaching Ihres Tradinggeschäfts 301Lektion 71: Die Bedeutung des Startkapitals .301Lektion 72: Planen Sie Ihr Tradinggeschäft 305Lektion 73: Diversifizieren Sie Ihr Tradinggeschäft 309Lektion 74: Analysieren Sie Ihre Tradingresultate 313Lektion 75: Fortgeschrittene Bilanzierung für Ihr Tradinggeschäft .318Lektion 76: Analysieren Sie die Korrelationen Ihrer Renditen 321Lektion 77: Kalibrieren Sie Ihre Risiken und Renditen 326Lektion 78: Die Bedeutung der Ausführung beim Trading 330Lektion 79: Denken Sie thematisch, um gute Tradingideen zu entwickeln 333Lektion 80: Managen Sie den Trade .338Quellen .341Kapitel 9Lektionen von Tradingprofis: Quellen und Perspektiven des Selbstcoachings 343Lektion 81: Steigern Sie Ihre Kernkompetenzen und kultivieren Sie Ihre Kreativität 343Lektion 82: Ich allein bin verantwortlich 347Lektion 83: Verfeinern Sie Ihre Selbstwahrnehmung .352Lektion 84: Seien Sie Ihr eigener Erfolgsmentor 357Lektion 85: Führen Sie detaillierte Aufzeichnungen 360

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Lektion 86: Lernen Sie, fehlbar zu sein 365Lektion 87: Die Macht des Researchs ......................368Lektion 88: Einstellungen und Ziele: Die Bausteine des Erfolgs 373Lektion 89: Ansichten aus Tradingfirmen 379Lektion 90: Verwenden Sie Daten, um Ihre Tradingperformance zu verbessern .384Quellen .389Kapitel 10Auf der Suche nach dem Vorteil: Wie man historische Muster an den Märkten findet 391Lektion 91: Verwenden Sie beim Trading historische Muster .392Lektion 92: Entwickeln Sie gute Hypothesen mit den richtigen Daten .395Lektion 93: Die Grundlagen von Excel 399Lektion 94: Visualisieren Sie Ihre Daten 403Lektion 95: Schaffen Sie Ihre unabhängigen und abhängigen Variablen 406Lektion 96: Führen Sie Ihre historischen Untersuchungen durch 410Lektion 97: Codieren Sie die Daten 414Lektion 98: Untersuchen Sie Zusammenhänge 417Lektion 99: Filtern Sie Ihre Daten 420Lektion 100: Nutzen Sie Ihre Erkenntnisse 423Quellen .426Schlussfolgerung 429Lektion 101: Finden Sie Ihren Weg 429Weitere Informationen über Selbstcoaching .431Der Autor 433Stichwortverzeichnis 435

11

VorwortDas Ziel von Ihr täglicher Tradingcoach besteht darin, Ihnen so viel wie möglich über Coaching beizubringen, damit Sie auf dem Weg zum Erfolg an den Finanzmärkten Ihr eigener Mentor sein können.Das entscheidende Wort im Titel ist »täglich«.Dieses Buch soll eine Informationsquelle sein, die Sie jeden Tag verwenden können, um Ihre Stärken auszubauen und Ihre Schwächen zu überwinden.Nachdem ich zwei Bücher geschrieben hatte – The Psychology of Trading und Enhancing Trader Performance – und auf mehr als 1800 Anfragen auf dem Blog TraderFeed geantwortet hatte (www.traderfeed.blogspot.com/), war ich der Meinung, ich hätte das Gebiet der Psychologie des Tradings einigermaßen gut abgedeckt.Jetzt, drei Jahre nach der Veröffentlichung des Buchs über Performance, habe ich noch einmal den elektronischen Stift ergriffen, um meine Trilogie über die Psychologie des Tradings mit einem Buch über den Prozess des Coachings zu vervollständigen.Zwei Dinge führten dazu, dass ich dieses Buch geschrieben habe.Zunächst spielte die Feststellung eine Rolle, dass etwa ein Drittel aller Nutzer von TraderFeed ungefähr eine Stunde vor der Handelseröffnung auf der Seite waren.Ich fand das interessant, weil die meisten Postings keine spezifischen Ratschläge an Trader enthalten.Vielmehr geht es darin um Themen der Psychologie und der Performance – also um solche Themen, die zu jeder beliebigen Stunde des Tages relevant sein sollten.Als ich eine Gruppe anerkannter Trader nach diesem Muster befragte, antworteten sie, dass sie den Blog als eine Art von Ersatz für einen Tradingcoach verwendeten. Die Durchsicht der Postings war ihre Methode, sich an ihre Pläne und Absichten zu erinnern, ehe sie das Schlachtfeld der Finanzen betraten.Das wurde bestätigt, als ich die Statistiken der populärsten (und am häufigsten kommentierten) Postings im Blog auswertete.Die meisten Postings beschäftigten sich nämlich mit den praktischen Aspekten der Tradingpsychologie.Sehr viele boten neue inhaltliche Beiträge, auch wenn sie dabei

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Ihr täglicher Tradingcoach12

die Annahmen von Tradern infrage stellten.Offenbar suchten Trader nach Coaching und fanden es bis zu einem gewissen Grad im Blog.Beim zweiten Aspekt, der in dieses Buch eingeflossen ist, geht es um digitale Publikationen und die raschen Veränderungen in der Welt der Veröffentlichungen.Bislang gibt es für Trader nur recht wenige elektronische Bücher (E-Books).Und wenn es sie gibt, dann sind sie wenig mehr als Bildschirmversionen des gedruckten Texts.Trotz der Verlockungen und der Bequemlichkeit des elektronischen Publizierens wählten oder verwendeten nur wenige der von mir befragten Trader E-Books.Die verbreitetste Klage unter den Tradern lautete, dass sie nach einem Tradingtag nicht auch noch viele Stunden damit verbringen könnten, Informationen zu verarbeiten.Mir wurde schnell klar, dass die Teilnehmer an den Finanzmärkten das elektronische Medium anders verwenden als den gedruckten Text.Deshalb habe ich eine andere Art von Buch geschrieben; geeigneter für elektronische Veröffentlichungen, aber auch in klassischer Buchform verwendbar.In Anbetracht dieser beiden Feststellungen werden Sie die Vision schätzen lernen, die zu diesem Buch führte: Einen »Tradingcoach in einem Buch« kann man auf einem Monitor ebenso lesen wie auf dem Papier. Das Ziel war die Integration von Blog und Buch durch praktische »Lektionen«, die Tradern helfen, ihr eigener Tradingcoach zu werden. Dieses Buch umfasst 101 Lektionen, die jeweils einige Seiten lang sind.Jede Lektion folgt einem allgemeinen Format.Darin geht es um ein Problem, das jeden Tag auftreten kann, um eine Methode, dieses Problem zu lösen, und um einen speziellen Vorschlag, wie an diesem Thema gearbeitet werden kann.Die einzelnen Kapitel sind voneinander unabhängig.Sie können sie in der angegebenen Reihenfolge lesen, Sie können aber auch eine andere Reihenfolge wählen, die besser zu Ihrem aktuellen Trading passt.Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Buch sollten Sie dieses nicht von vorn bis hinten lesen. Stattdessen sollten Sie sich eine Lektion nach der anderen vornehmen, wie es Ihrer Entwicklung als Trader entspricht.Genauso wie der Blog sollte das Buch Sie daran erinnern, was Sie tun sollten, wenn Sie gerade Ihr Bestes leisten, aber darüber hinaus ist es zudem eine Anleitung, das Beste in Ihnen zu entdecken und es auch anzuwenden.Ich hatte den Ehrgeiz, in diese 101 Lektionen mehr nützliche Informationen und praktische Methoden zu packen, als man sie in einer beliebigen Zahl teurer Seminare und Coaching-Sessions unterbringen könnte – und Vorwort

13zwar zu wesentlich niedrigeren Kosten.Nur zu oft besteht das Ziel von Seminarveranstaltern und Coachs darin, treue Kunden zu generieren.Das Ziel dieses Buchs ist das exakte Gegenteil: Ich will Ihnen die nötigen Werkzeuge vermitteln, damit Sie Ihr eigener Coach und damit der Anführer Ihres eigenen professionellen und persönlichen Wachstums werden können.Mit anderen Worten: Dies ist ein Handbuch der psychologischen Ausbildung: eine Anleitung, wie Sie sich selbst und Ihre Performance verbessern können.Am elektronischen Format mag ich vor allem, dass es einen Autor in die Lage versetzt, den Inhalt des Buchs mit einer großen Menge von Informationen im Web zu verlinken.Ich werde den Inhalten aus Ihr täglicher Tra-dingcoach durch einen Blog namens Become Your Own Trading Coach (www.becomeyourowntradingcoach.blogspot.com) Material hinzufügen, damit dieses Buch im Lauf der Zeit wachsen kann.Sie müssen nur die E-Book-Links anklicken, um kostenlose und aktualisierte Informationen zur Site Become Your Own Trading Coach zu finden.Es gibt jeweils eine Masterpage im Blog für jedes Kapitel dieses Buchs, das die Links enthält, die für das Wesentliche des Kapitels relevant sind.Am Ende jedes Kapitels gibt es noch eine Quellenseite, welche die Leser zu weiteren Links und zu weiteren Informationen leitet.Im Lauf der Zeit werde ich dem Blog noch zusätzliches Audio- und Videomaterial hinzufügen.Das wird vor allem für diejenigen hilfreich sein, die am leichtesten lernen, wenn sie Ideen sehen und hören.Nach einer elektronischen Veröffentlichung gibt es keinen Grund, dass nicht jeder Text eine multimediale Lernerfahrung sein sollte.Wie Sie im Inhaltsverzeichnis sehen, besteht jedes der 10 Kapitel aus 10 Lektionen.Diese Kapitel umfassen etliche Themen, die für die Psychologie und für die Performance beim Trading von Relevanz sind.Dazu zählen spezifische Lektionen über die Anwendung psychodynamischer, kognitiver und verhaltensmäßiger Therapiemethoden zur Veränderung problematischer Verhaltensweisen und den Einsatz neuer, positiver Verhaltensmuster.Die beiden letzten Kapitel sind auf ganz spezielle Weise einzigartig: Kapitel 9 umfasst die Ansichten über Selbstcoaching von 18 erfolgreichen professionellen Tradern, die ihre Arbeiten im Internet austauschen.Kapitel 10 erfüllt ein seit Langem gegebenes Versprechen: die Leser mit Informationen von Tradern zu versorgen und ihnen die Identifikation historischer Muster via Excel zu vermitteln.Zu jeder Lektion gibt es Hausaufgaben und Vorschläge zur Umsetzung der Ideen.Sehr wichtige Ideen werden im Text zur schnelleren Er

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Ihr täglicher Tradingcoach kennung hervorgehoben.Am Ende jedes Kapitels finden Sie eine Liste mit weiteren Informationen zu den Themen, die im Buch besprochen werden.Ja, das Ziel dieses Buchs ist, Ihnen dazu zu verhelfen, Ihr eigener Tradingcoach zu werden.Aber wenn Sie sich die Überschriften der Kapitel und Lektionen ansehen, werden Sie erkennen, dass es eigentlich darum geht, Ihnen einen Leitfaden durchs Leben zu geben.Die Herausforderungen und die Unsicherheiten, mit denen wir es beim Trading zu tun haben – das Streben nach Gewinnen im Angesicht von Verlustrisiken –, sind in beruflichen Laufbahnen und in persönlichen Beziehungen ebenso verbreitet wie an den Kapitalmärkten.Techniken, die Ihnen dabei helfen, sich als Trader zu bewähren, werden Ihnen auch auf jedem anderen Gebiet von großem Nutzen sein.In dieser Hinsicht besteht das Ziel nicht nur darin, an den Finanzmärkten Geld zu verdienen. Es geht vielmehr darum, auf allen Gebieten des Lebens Erfolg zu haben. Ich würde mich freuen und mich geehrt fühlen, wenn dieses Buch einen Beitrag zu Ihrem Wohlstand leisten kann.An den Finanzmärkten und darüber hinaus.BRETT STEENBARGER14 15

DanksagungMan sagt, es brauche ein ganzes Dorf, um ein Kind aufzuziehen.Aber dann braucht es eine kleine Armee, um ein Buch zu schreiben.Die letzte Lektion dieses Buchs habe ich meiner Mutter Constance Steenbarger gewidmet, die im letzten Jahr verstorben ist.Es ist meine tiefste Hoffnung, dass dieses Buch den erfrischenden Geist weitertragen kann, den sie ihrer Familie und ihren Schülern mitgegeben hat.Wenn meine Mutter für die Erziehung in meinem Leben zuständig war, dann verkörperte mein Vater, Jack Steenbarger, die Tugenden der harten Arbeit, der Leistung und der Liebe zur Familie.Seit den ersten Tagen meiner Ausbildung zum Psychologen war ich von der Psychologie außergewöhnlicher Leistungen fasziniert: Was treibt außergewöhnlich erfolgreiche Personen an? Letztlich hat mir mein Vater gezeigt, woher dieses leidenschaftliche Interesse kommt.Natürlich wäre nichts von alledem ohne das Verständnis, die Liebe und die Unterstützung meiner Frau Margie möglich gewesen.1984 tradete ich als Junggeselle für Margie und ihre Familie.25 Jahre später kann ich freudig berichten, dass das immer noch klappt.Ich bin traurig und glücklich zugleich, dieses Buch dem Gedenken an meinen Onkel Arnold Rustin, MD, widmen zu können, der ebenfalls im vergangenen Jahr starb.Arnold war ein perfekter Lehrer und verkörperte alles, was ich auf dem Gebiet der akademischen Medizin jemals bewundert und genossen habe.Arnold und seine Frau Rose haben mir trotz ihrer eigenen Probleme extrem wertvolle Anregungen gegeben.Ich hoffe, dass dies in diesem Buch zur Geltung kommt.Vielen Dank auch an Debi, Steve, Lea, Laura, Ed, Devon und Macrae; die Kids, die nun keine Kids mehr sind .Sie waren bemerkenswert verständnisvoll während all der Stunden, die ich auf dem Weg und bei Begegnungen mit Tradern verbrachte.Noch viel mehr Stunden war ich mit Blogs und jeden Ihr täglicher Tradingcoach Tag mit ungezählten E-Mails beschäftigt.Ich danke meiner Familie, meinem Bruder Marc, meiner Schwägerin Lisa und unseren drei Katzen Gina, Ginger und Mali.Allen Tradern und Autoren, die zu Kapitel 9 beigetragen haben, gilt mein aufrichtigster Dank für deren großartige Arbeit.Es handelt sich um hervorragende Beiträge für aufstrebende Trader.Mein Dank gilt auch denjenigen, deren Arbeiten mir zur Anregung für meine eigenen Arbeiten gedient haben: den Philosophen Ayn Rand, Brand Blanchard, Colin Wilson und G.I.Gurdjieff; den vielen Psychologen und Forschern, die zur einschlägigen Therapieentwicklung und Literatur beigetragen haben, sowie den Tradern, die meine Entwicklung geprägt haben: Victor Niederhoffer, Linda Raschke, Chuck McElveen und die vielen Hedgefonds-Trader, mit denen ich in den letzten Jahren arbeiten durfte.Meine Kollegen an der Upstate Medical University haben mir während meiner zweiten Karriere Anregungen und Unterstützung gegeben.Vor allem danke ich Mantosh Dewan, MD, Roger Greenberg, PhD, und John Manring, MD.Das gibt mir auch die Gelegenheit, all den Musikern zu danken, die mir beim Schreiben dieses Buchs geholfen haben: Edenbridge, Armin van Buuren, Ferry Corsten, Cruxshadows, Assemblage 23, VNV Nation und vielen anderen, die Sie auf dem Blog Become Your Own Trading Coach entdecken können.1617

EinführungZu wenige von uns realisieren ihre eigenen Ideale.Wir haben Stärken und Talente, Träume und Ehrgeiz.Aber wenn wir uns unsere Ziele Stunde für Stunde und Tag für Tag ansehen, dann finden nicht viele dieser Ideale ihren konkreten Ausdruck.Aus Tagen werden Monate, dann Jahre – und irgendwann blicken wir traurig auf unser Leben zurück und fragen uns, wie es verlaufen ist.Das könnten Sie sein: eine Person im mittleren Alter, die darauf zurückblickt, was sie alles hätte erreichen

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können.Sie hätten ein ganz anderes Leben führen können.Sie hätten Ihre Idealvorstellungen umsetzen und erleben können, wie sie Wirklichkeit werden.Wenn Sie nun denken, dies sei eine seltsame Einführung zu einem Text über Trading, dann liegen Sie richtig.Dieses Buch beginnt nicht mit Angebot und Nachfrage, mit Tradingmustern oder Money Management.Es beginnt mit Ihnen und damit, was Sie vom Leben erwarten.In diesem Kontext ist Trading mehr als Kaufen, Verkaufen und Hedging; es ist ein Vehikel zum Meistern und zur Entwicklung Ihres Selbst.Jeder Trader ist Unternehmer, ob ihm dies bewusst ist oder nicht.Trader gründen ihr Geschäft und konkurrieren an einem Markt.Sie identifizieren Chancen und versuchen, sie zu nutzen, wobei sie ihr Kapital schützen.Trader versuchen, immer besser zu werden; sie gehen kalkulierte Risiken ein.Als Unternehmer gehen Trader von der Voraussetzung aus, dass sie am Markt einen Mehrwert schaffen werden.Angesichts der unvermeidlichen Enttäuschungen und Rückschläge, der vielen Arbeitsstunden und der begrenzten Ressourcen, der Risiken und der Unsicherheit, kann es schwierig sein, diesen Optimismus aufrechtzuerhalten.Das fällt sehr viel leichter, als seinen Visionen treu zu bleiben und sich Tag für Tag zu bemühen, seine Ideale zu realisieren.Einige Trader können das aber nicht.Wie eine Motte fliegen sie weit entfernte Lichtquellen an, nur um sich dort zu versengen.An diese noblen Seelen wendet sich mein Buch.Ihr täglicher Tradingcoach Wenn ich mit Tradern und Portfoliomanagern bei Hedgefonds, eigenständigen Tradingfirmen und Investmentbanken arbeite, erzähle ich ihnen nicht, wie man traden sollte.Die meisten von ihnen traden anders als ich und wissen viel mehr über ihre jeweiligen Märkte, als ich jemals wissen werde.Ich mache mir lieber Gedanken über ihre Stärken.Ich versuche zu lernen, was diese Trader und Manager gut machen und wie sie das schaffen.Und ich helfe ihnen dabei, aus ihren ohnehin schon vorhandenen Stärken eine Karriere zu machen .Fische verstehen nicht, was Wasser ist, weil sie von Geburt an darin schwimmen – und aus ganz ähnlichen Gründen wissen wir unsere persönlichen Fähigkeiten nicht zu schätzen.Jeder von uns ist eine höchst interessante Mischung von Fähigkeiten, Talenten, Stärken, Konflikten und Schwächen.Eine neue Firma hängt von den Stärken ihrer Gründer ab.Und ebenso hängt eine Karriere an den Kapitalmärkten grundsätzlich von den persönlichen und monetären Assets des Traders ab.Als Ausbilder habe ich die Aufgabe, Tradern ihr psychologisches Umfeld zu zeigen: diejenigen Assets, die sich ihr Leben lang auszahlen werden.Eigenes Coaching war für Trader noch nie so wichtig wie heute.Seit dem Zweiten Weltkrieg war die Volatilität an den Börsen noch nie so hoch wie heute.Diese Volatilität sorgt für Chancen, aber auch für Risiken.Manche Trader haben viel Geld verloren, weil sie nicht in der Lage waren, ihre Einsätze zu begrenzen, Entwicklungen vorherzusehen und Anpassungen vorzunehmen.Wer die Krise genutzt hat, um eigenständig zu denken, Risiken zu begrenzen und neue Chancen zu finden, hat die Möglichkeit genutzt, die es vielleicht nur einmal im Leben gibt.Das Buch, das Sie gerade lesen, soll Ihr Begleiter auf dieser Reise des Tradings sein.Es besteht aus 101 Lektionen.Jede Lektion beschreibt einerseits eine Herausforderung und andererseits spezielle Möglichkeiten des Fortschritts, um dieser Herausforderung gewachsen zu sein.Die Lektionen sind als Meditationen am Beginn Ihres Tradingtags gedacht – als Coaching-Kommunikation, die Ihnen helfen soll, das Beste in Ihnen zu aktivieren .Wenn Sie diese Lektionen lesen und leben, wird die Coaching-Kommunikation schließlich zu Ihrem eigenen Selbstgespräch.Sie beginnen damit, die Ideale des Buchs zu spielen.Am Ende dann leben Sie sie und machen sie zu einem Teil Ihrer Persönlichkeit.Sie werden Ihr eigener Tradingpsychologe.Wenn Sie jeden Tag eine kurze Passage lesen und die richtigen Ideen verinnerlichen, setzen Sie neue Prioritäten in Ihrem Leben und bei den Zielen Ihres 18 Einführung 19 Tradings.Und wenn Ihnen dies wiederum hilft, pro Woche einen schlechten Trade weniger zu machen, aber den einen guten Trade zu machen, den Sie ansonsten verpasst hätten, werden Sie persönlich wie finanziell massiv profitieren.Aber ebenso wie Pillen nicht wirken, wenn sie in der Verpackung bleiben, kann niemand aus einem ungeöffneten Buch lernen.Der erste Schritt auf dem Weg, Ihr eigener Tradingpsychologe zu werden, besteht darin, dass Sie sich die nötige Zeit nehmen, Ihr eigener Mentor zu werden – jeden Tag und jede Woche –, denn auf diese Weise werden Verhaltensmuster zu Gewohnheiten.Da sind sie also und starren Sie aus dem Regal an der gegenüberliegenden Zimmerwand an: Ihre Ideale, all die Dinge, die Sie in Ihrem Leben tun wollten.Sie blicken voll Sehnsucht auf das Regal, aber von Ihrem bequemen Sessel aus können Sie es nicht erreichen.Allerdings halten Sie ein Buch in der Hand.Vielleicht kann dieses Buch Ihren Sessel etwas unbequemer machen.Rücken Sie das Regal ein wenig näher heran.Sie müssen die Seite umblättern.Den nächsten Schritt müssen Sie selbst tun.21

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Kapitel 1Veränderung: Der Prozess und die PraxisDer Geist hat exakt die gleiche Kraft wie die Hände; er kann die Welt nicht nur erfassen, sondern sie verändern.

Colin Wilson Sie lesen dieses Buch, weil Sie sich selbst coachen wollen, um an den Finanzmärkten größere Erfolge zu erzielen.Aber was ist Coaching?Am Anfang aller Coaching-Bemühungen steht die Veränderung.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, versuchen Sie, Veränderungen Ihrer Gedanken, Ihrer Gefühle und Ihres Verhaltens zu bewirken.Vor allem versuchen Sie, Ihr Trading zu verändern: wie Sie Muster von Risiko und Rendite, Angebot und Nachfrage identifizieren und darauf reagieren.Zum Thema Veränderung gibt es reichlich Literatur auf der Grundlage intensiver psychologischer Forschung und Praxis.Wenn Sie verstehen, wie Veränderung stattfindet, sind Sie in einer besseren Ausgangslage, Ihre eigene Veränderung einzuleiten.In diesem Kapitel untersuchen wir die Erforschung und die Praxis der Veränderung sowie die Frage, wie man ihre manchmal überraschenden Folgen am besten nutzen kann.Beim Coaching geht es darum, Veränderungen nicht nur geschehen zu lassen, sondern sie aktiv in die Wege zu leiten. Es geht dabei um die Selbstverpflichtung, sein eigenes Leben und sein eigenes Trading zu verändern.Zunächst aber wollen wir etwas über den Prozess und die Praxis der Veränderung lernen.Ihr täglicher Tradingcoach

Lektion 1: Bauen Sie auf Emotionen, um Veränderungen zu bewirkenEinigen von uns genügt der Status quo nicht.Manchmal ahnen wir, welche Person wir eigentlich sein könnten; wir streben danach, mehr zu sein, als wir im Alltagsleben sind.Dieses Streben beginnt mit der Vorstellung von Veränderungen.Wir sehnen uns nach Veränderungen im Leben.Durch die richtigen Veränderungen wachsen wir und werden zu dem, was wir sind.Nur zu oft fühlen wir uns in einer Sackgasse.Wir machen immer das Gleiche und begehen immer wieder die gleichen Fehler.Warten wir darauf, dass das Leben uns verändert oder wollen wir die Veränderungen in unserem Leben selbst in die Hand nehmen?Der einfachere Sache ist die Einleitung eines Veränderungsprozesses.Die wahre Herausforderung besteht darin, die Veränderung dauerhaft zu gestalten.Wie oft macht ein Alkoholiker die ersten Schritte zur Abstinenz, nur um dann wieder rückfällig zu werden? Wie oft fangen wir mit Diäten und Fitnessprogrammen an, um dann wieder in unseren bequemen Lebensstil zurückzufallen? Wenn wir uns darauf konzentrieren, einen Veränderungsprozess einzuleiten, sind wir auf die nächsten entscheidenden Schritte nicht vorbereitet: die Flamme der Veränderung weiterhin hell brennen zu lassen.Die meisten populären Schriften und Praktiken zu Psychologie und Coaching haben den gravierenden Nachteil, dass sie darauf ausgelegt sind, Veränderungen zu beginnen.Die Menschen fühlen sich gut damit, bis klar wird, dass man für dauerhafte Veränderungen andere Anstrengungen braucht.Erfolgreiches Coaching ist nicht nur ein Katalysator für Veränderungen: Es macht die Bemühungen der Veränderung zu Gewohnheiten, die zur zweiten Natur werden.Der Schlüssel zu erfolgreichem Coaching ist, Veränderung zur Routine zu machen, damit neue Verhaltensweisen zur zweiten Natur werden.Und hier kommen die Emotionen ins Spiel.Jahrelang habe ich mich – ohne Erfolg – bemüht, ein Programm zur Gewichtsreduktion durchzuhalten.Dann, im Jahr 2000, bekam ich die Diagnose: Diabetes vom Typ II.Nun musste ich meine Ernährung ändern.Ich musste Körpergewicht abbauen.Sollte ich das nicht tun, das war mir völlig klar, würde ich meine Gesundheit ruinieren und meine Frau und meine Kinder 22 Kapitel 1 –

Veränderung: Der Prozess und die Praxis

23 im Stich lassen.Buchstäblich am selben Tag begann ich eine Diät, an die ich mich bis zum heutigen Tag halte.Ich verlor etwa 18 Kilo (das ging so schnell, dass meine Freunde sich sorgten, ich könnte an einer schweren Krankheit leiden) und bekam meinen Blutzucker wieder unter Kontrolle.Was war der Auslöser dieser Veränderung? Jahrelang hatte ich mir gesagt, ich sollte mich anders ernähren, mehr Sport treiben und abnehmen – und das alles hatte zu nichts geführt.Aber eine einzige emotionale Erfahrung der Notwendigkeit einer Veränderung bewirkte den gesamten Unterschied.Ich dachte nicht nur, dass ich etwas verändern musste, sondern ich wusste es mit jeder Faser meines Seins.Ich spürte es.Und so ist es auch bei Tradern.Vielleicht haben Sie sich selbst gesagt, dass Sie Ihre Regeln befolgen müssen, dass Sie mit geringeren Einsätzen traden oder das Trading unter bestimmten Marktbedingungen und zu bestimmten Tageszeiten meiden sollten.Dennoch machen Sie immer die gleichen Fehler, verlieren Geld und fühlen sich frustriert.Ähnlich wie

Page 8: Ihr täglicher Tradingcoach

meine ursprünglichen Bemühungen, Gewicht abzubauen, scheitern Ihre Versuche der Veränderung, weil Ihnen die emotionale Kraft fehlt.Forschungen über den Prozess erfolgreicher im Vergleich zu erfolglosen Therapien zeigen, dass nicht das Gespräch, sondern die emotionale Erfahrung Änderungen antreibt.Noch nie hat sich jemand wertvoll und liebenswert gefunden, weil er vor einem Spiegel stand und Statements zur Stärkung seines Selbstwertgefühls von sich gab.Dagegen führt die Erfahrung einer wichtigen romantischen Beziehung zu tiefster Selbstbestätigung.Ja, man kann sich einreden, dass man effizient ist, aber die Erfahrung des Erfolgs bei der Bewältigung einer Herausforderung führt zu einem dauerhaften Gefühl der Effizienz.Vergnügen, Schmerz: Von Natur aus internalisieren wir emotionale Erfahrungen, damit wir nach dem streben können, was unser Leben verbessert, und das meiden, was uns schadet.Die Fähigkeit zur Internalisierung unserer mächtigsten emotionalen Erfahrungen hilft uns, die von uns eingeleiteten Veränderungen aufrechtzuerhalten.Der Feind der Veränderung ist der Rückfall: der Rückfall in alte, unproduktive Denk- und Verhal-tensweisen. Ohne das Momentum der Emotion ist der Rückfall die Norm.

Ihr täglicher Tradingcoach

Werden Sie heute an Ihren Fähigkeiten als Trader arbeiten? Werden Sie den heutigen Tag als Chance nutzen, zu lernen und sich weiterzuentwickeln, unabhängig von der Profitabilität des Tages? Wenn ja, brauchen Sie ein Ziel für diesen Tag.Woran werden Sie arbeiten: Am Aufbau einer Ihrer Stärken? An der Korrektur einer Ihrer Schwächen? Werden Sie etwas wiederholen, das Sie gestern gut gemacht haben? Werden Sie einen von den gestrigen Fehlern vermeiden?Das Festlegen eines Ziels ist ein wichtiger erster Schritt.Wir können unsere Veränderung nicht vorantreiben, wenn wir keinen klaren Weg sehen von der Person, die wir sind, zu der Person, die wir werden wollen.Ein wichtiger zweiter Schritt besteht darin, das Ziel aufzuschreiben oder es laut auf einen Rekorder zu sprechen .Dieser Schritt hilft, die erwünschten Veränderungen in Ihrem Geist zu verankern.Aber hat das Streben nach Ihrem Ziel wirklich emotionale Kraft? Wird es Sie von jemandem, der über Veränderungen nachdenkt, zu jemandem machen, der die Veränderung wirklich vorantreibt?Das Geheimnis der Zielsetzung ist die Ausstattung Ihrer Ziele mit emotionaler Energie.Wenn Ihr Ziel ein Wunsch ist, werden Sie es verfolgen, bis das Gefühl der Sehnsucht nachlässt.Wenn Ihr Ziel etwas ist, das Sie unbedingt haben wollen – ein brennendes Bedürfnis, wie bei mir beispielsweise die Umstellung der Ernährung –, dann wird es zu einem Organisationsprinzip, zu einem Brennpunkt Ihres Lebens.Sie werden kein besserer Trader, nur weil Sie ein besserer Trader sein möchten.Sie können sich nur selbst zum Erfolg trainieren, wenn die Verbesserung Ihr Organisationsprinzip wird: ein unentbehrliches Bedürfnis.Versuchen Sie diese Übung: Bevor Sie mit dem Trading beginnen, setzen Sie sich bequem hin und atmen Sie tief und ruhig.Stellen Sie sich so lebhaft wie möglich vor, dass Sie nun Ihren Tradingtag beginnen .Sehen Sie sich die Marktbewegungen auf Ihrem Monitor an, sehen Sie sich selbst dabei zu, wie Sie den Markt beobachten und Ihre Tradingideen für diesen Tag parat haben.Dann machen Sie Ihr Tagesziel zu einem Teil Ihrer Visualisierung: Stellen Sie sich vor, wie Sie die Aktionen durchführen, die das Ziel konkret in die Praxis umsetzen.Wenn Ihr Ziel darin besteht, Ihre Positionsgrößen zu kontrollieren, stellen Sie sich lebhaft vor, wie Sie Aufträge in der richtigen Größenordnung erteilen.Wenn Sie nur nach Pullbacks in Long-Positionen einsteigen wollen, stellen Sie sich vor, wie Sie geduldig auf den Pullback warten und dann den Trade durchführen.Wenn Sie sich vorstellen, wie Sie Ihr Ziel realisieren, 24 Kapitel 1 –

Veränderung: Der Prozess und die Praxis 25 denken Sie an das Gefühl des Stolzes, das aus der Verwirklichung eines Ihrer Ziele erwächst .Genießen Sie es, dass Sie eines Ihrer Ideale erreicht haben.Gönnen Sie sich das Gefühl des Stolzes auf Ihre Leistung.Es ist wichtig, nicht nur Ziele zu haben, sondern sich auch selbst als jemanden zu erleben, der diese Ziele erreichen kann.Psychologen nennen das Selbstwirksamkeit.Mit größter Wahrscheinlichkeit werden Sie sich dann als erfolgreich erfahren, wenn Sie sich auch als erfolgreich sehen und die Freude am Erfolg spüren.Sie müssen sich nicht vorstellen, dass Sie Berge von Geld verdienen.Als Tagesziel ist das nicht realistisch.Aber Sie können visualisieren, dass Sie die Ziele des guten Tradings erreichen und Selbstkontrolle, fachliches Können und Stolz verspüren, die daraus erwachsen, dass Sie das Beste in Ihnen Wirklichkeit werden lassen.Mit der höchsten Wahrscheinlichkeit werden wir Änderungen erreichen und aufrechterhalten, wenn wir uns als effizient erleben: als fähig, die Veränderungen durchzuführen.Viele Trader erreichen den Punkt des Selbstcoachings erst, nachdem sie grauenvolle Verluste erlitten haben.Der Grund ähnelt meiner Erfahrung mit meiner Diagnose: Es war die schiere Angst vor den Folgen – das intensive Ge-fühl, dass ich mein Leben nicht ruinieren wollte –, die mich zur Umstellung meiner Ernährung trieb .Und wenn Trader einen großen Teil ihres Kapitals verloren haben, wollen sie diese Erfahrung nie wieder machen.Sie traden gut, nicht weil sie sich Disziplin einreden, sondern weil sie die emotionale Kraft fehlender Disziplin spüren.

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Im Gegensatz zu den Thesen der Vertreter des positiven Denkens ist Furcht durchaus nützlich.Viele Alkoholiker bleiben trocken, weil sie nicht wieder den Schmerz erleiden wollen, der mit den Folgen des Trinkens verbunden ist.Die Emotion stützt die Veränderung.Mit bewusster Visualisierung, die Sie spüren und sehen können, lassen sich mächtige emotionale Konsequenzen erzielen, die Veränderungen jeden Tag in die richtige Richtung führen.So treibt man seine eigene Veränderung vo-ran und stützt den Prozess der Transformation.Entscheidend ist, dass man seine Ziele mit emotionaler Kraft ausstattet.Sie müssen diese leblosen Ziele, die auf dem Blatt Papier in Ihrem Tradingjournal stehen, herausholen und sie in lebhafte, kraftvolle Filme verwandeln, die Ihren Geist ausfüllen.Versuchen Sie es mit einem einzelnen Ziel, einem einzelnen Film in Ihrem Kopf, ehe Sie

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mit dem Trading beginnen.Sich Ziele zu setzen reicht nicht; Sie müssen sie spüren, um sie zu leben.Coaching-Schlüssel Fügen Sie jedem Ihrer Ziele ein alternatives Szenario hinzu. Stellen Sie sich lebhaft die Folgen vor, wenn Sie Ihre Veränderung nicht durchhalten. Durchleben Sie noch einmal in allen Details bestimmte Erfahrungen des Scheiterns, welche die Folge des falschen Verhaltens waren, das Sie nun ändern wollen. Wenn Sie Ihrem Ziel dieses alternative Szenario hinzufügen, verwandeln Sie Ihre Furcht in Motivation. Unser Gehirn reagiert von Natur aus zuallererst auf Gefahren. Sie werden nicht vom falschen Verhalten angezogen, wenn Sie eine emotionale Verbindung zu dessen Gefahren herstellen. Bis heute halte ich mich strikt an meine Diät. Die Furcht ist zu meinem Freund geworden.

Lektion 2: Psychologische Sichtbarkeit und Ihre Beziehung zu Ihrem Tradingcoach

Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sein wollen und Ihre Entwicklung als Trader selbst leiten, müssen wir Sie zum besten Coach machen, der Sie sein können.Sie müssen also verstehen, was funktionierendes Coaching ausmacht – und wie es für Sie funktionieren kann.Forschungen haben gezeigt, dass die wichtigste Zutat zu psychologischer Veränderung die Qualität der Beziehung zwischen dem Helfer und der Person ist, die Hilfe erhält.Techniken sind zwar wichtig, aber letztlich werden sie durch eine menschliche Beziehung bestimmt.Studien haben ergeben, dass die Helfer bei erfolgreichen Beratungen als warmherzig, hilfreich und unterstützend empfunden wurden.Wenn die Helfer als feindselig oder desinteressiert erlebt werden, kommt es letztlich zu keinen Veränderungen.Und dafür gibt es einen guten Grund: Beziehungen haben magische Kraft.Die Magie von Beziehungen besteht darin, dass sie uns die unmittelbarsten Erfahrungen von Sichtbarkeit vermittelt.Kürzlich rief mich ein Teilnehmer am Blog TraderFeed an.Schon viele Leser haben mir wertvolles Feedback über den Blog gegeben, aber dieser Anrufer ging weit darüber hinaus.Er las jeden einzelnen Eintrag und erklärte mir, warum er sich zu diesem Blog hingezogen fühle.Er beschrieb genau diejenigen Werte, die mich dazu veranlasst hatten, in weniger als drei Jahren etwa 1 800 Beiträge zu veröffentlichen: die Vision, dass wir uns durch die Kultivierung unseres 26 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 27 Tradings in einer Weise entwickeln, die sich auf unser gesamtes Leben auswirkt. Am Ende dieses Gesprächs fühlte ich mich verstanden: Ich war für einen anderen Menschen sichtbar geworden.Als meine Mutter starb, bewahrte ich die Beherrschung, bis ich an ihr Grab kam.Dann verlor ich sie.Meine beiden Kinder griffen instinktiv nach mir, um mich zu trösten.Für einen anderen Menschen in dieser Situation hätte ich das auch getan.In diesem Moment sah ich in meinen Kindern etwas von mir.Wieder war ich sichtbar.In einer unbefriedigenden Beziehung fühlen wir uns unsichtbar.Wir können uns unsichtbar fühlen, weil wir missverstanden oder misshandelt werden.Wir fühlen uns unsichtbar, wenn die Dinge, die uns am wichtigsten sind, bei anderen keine Anerkennung finden.Ich erinnere mich an eine besonders unbefriedigende Beziehung zu einer Frau.Wir waren auf der Tanzfläche in einem Club und plötzlich hörte ich auf zu tanzen.Sie bemerkte das gar nicht.Sie befand sich in ihrer eigenen Welt.Das war eine perfekte Metapher für das, was ich damals empfand: Ich war eine Art Requisite für sie; ein Grund, auf der Tanzfläche zu sein.Niemand tanzte wirklich mit mir.Die tiefe und schmerzliche Leere, die ich damals empfand, war ein Wendepunkt für mich.Nie wieder würde ich mich mit Unsichtbarkeit abfinden.In Iggy Pops klassischem Song ist Unsichtbarkeit eine Art »Isolation«.Aber wenn es etwas Schlimmeres gibt als Isolation – den Schrei nach Liebe –, wenn man mit jemandem zusammen ist, so ist es die Isolation von sich selbst.Wenn wir für uns selbst unsichtbar werden, sind wir wirklich verloren.Viele Trader wissen nicht wirklich, was sie am besten machen; sie sind für sich selbst unsichtbar.Wir alle haben Werte, Träume und Ideale.Aber wie oft denken wir bewusst daran? Tag für Tag dahinzuleben, von

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den Dingen entfremdet, die uns am meisten bedeuten: Das ist eine Form der Unsichtbarkeit.Im Namen der Prak-tikabilität Kompromisse bei den Dingen zu schließen, die man liebt; sich aus Angst oder Bequemlichkeit mit dem Zweitbesten zufriedenzugeben – auch das führt uns in die Isolation von uns selbst .Es scheint zwar seltsam, aber wir verbringen einen großen Teil unserer Zeit in Unsichtbarkeit für uns selbst.Unser Alltagsleben läuft immer weiter und wir vergessen den anderen Teil unseres Selbst, der durch Zweck und Bedeutung gedeiht.

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Das ist ein wirkliches Dilemma: Wie sollen wir uns selbst zum Erfolg coachen, wenn genau die Stärken für uns unsichtbar sind, die uns zum Erfolg führen können? Der beste Prognosefaktor für die Veränderung ist schließlich die Qualität der helfenden Beziehung.Wie sieht aber unsere Beziehung zu uns selbst aus? Wenn wir unsere eigenen Tradingcoachs sein sollen, hängt der Erfolg unserer Anstrengungen von unserer Fähigkeit ab, die eigene Sichtbarkeit aufrechtzuerhalten und die Magie einer erfüllenden Beziehung zu uns selbst zu nutzen.Um uns selbst erfolgreich zu coachen, müssen wir für uns selbst sichtbar sein, die Vision aufrechterhalten, wer wir sind und für welche Werte wir stehen.Aber wie können wir das schaffen? Es gibt eine einfache Strategie, mit der Sie eine positive und sichtbare Beziehung zu Ihrem inneren Tradingcoach aufbauen können: Identifizieren Sie eine bestimmte Stärke Ihres Tradings, um sie als Ziel für das Trading des folgenden Tags auszudrücken.Wenn ich andere Trader ausbilde (und wenn ich an meinem eigenen Trading arbeite), bitte ich sie, zu beschreiben, was sie beim gestrigen Trading am besten gemacht haben, das sie heute fortsetzen wollen.Setzen Sie sich ein positives Ziel auf der Basis Ihrer Stärken, damit Sie mit dem Besten in Ihnen in Verbindung bleiben. Das bestärkt Ihre Kompetenzen und macht sie sichtbar, auch in problematischen Börsenzeiten.Zu viele unserer Ziele sind negativ: Wir erklären, dass wir x nicht und y in geringerem Maß tun werden.Setzen Sie sich für den heutigen Tag lieber ein Ziel, das besagt: »Das kann ich gut.Das habe ich gestern am besten gemacht und so werde ich diese Stärke einsetzen.«Tradingziele sollten Tradingstärken reflektieren.In der Beziehung zwischen Ihnen, dem Trader, und Ihnen, dem Coach, spielt die Qualität der Beziehung für Ihre Entwicklung eine wichtige Rolle.Die beste Beziehung wird erreicht, wenn die Ziele mit Werten verbunden sind und ganz bestimmte Stärken ausdrücken. Sie sollten unermüdlich daran arbeiten, das zu identifizieren, zu wiederholen und auszubauen, was Sie am besten können – sogar (und vor allem) nach dem schlimmsten Tradingtag.Nur durch Wiederholung können wir positive Verhaltensweisen zu Gewohnheitsmustern machen.Wenn Sie sich angewöhnt haben, Stärken zu identifizieren und aufzubauen, werden Sie für sich selbst wirklich sichtbar sein.Die Magie dieser Beziehung – und das daraus resultierende Selbstvertrauen – wird Sie durch die schwierigsten Zeiten führen.28 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 29 Coaching-Schlüssel Sehen Sie sich in Ihrem Tradingjournal die Einträge der letzten Woche noch einmal an. Ermit-teln Sie die Zahl der positiven, ermutigenden und der negativen, kritischen Formulierungen in Ihren Aufzeichnungen. Wenn es weniger positive als negative Botschaften sind, dann wissen Sie, dass Sie zu Ihrem inneren Coach keine gesunde Beziehung haben. Und wenn Sie kein Trading-journal führen, bleibt Ihr Coach stumm. Was für eine Beziehung ist das?

Lektion 3: Schließen Sie Freundschaft mit Ihren Schwächen Das Bemerken einer Veränderung ist eine Herausforderung und eine Falle.Es ist eine Herausforderung für uns, wenn wir mehr sein wollen, als wir sind, aber das kann uns auch in die Falle der Selbstaufteilung locken.Wenn wir uns verändern wollen, teilen wir uns in die Qualitäten auf, die wir mögen, und in die, die wir nicht mögen.Wir spalten uns selbst in Stärken und Schwächen, gut und schlecht, akzeptabel und nicht akzeptabel auf.Sobald wir eine solche Teilung vornehmen, ist es nur natürlich, das Gute gern zu akzeptieren und das Schlechte zu meiden.Wir bezeichnen unsere Mängel als Fehler, Pech oder Ausnahmen.Das hilft uns, ein Teilbild von uns selbst zu entwerfen und unsere Schwächen aus unserem Bewusstsein zu verbannen.Dadurch können diese Schwächen unser Lernen nicht anleiten.Wir erhalten unsere Motivation zu wachsen nicht aufrecht, weil wir nur mit unseren relativ positiven Persönlichkeitsanteilen Kontakt halten. Stellen Sie sich vor, dass ich wegen Frustration eine Position schlecht manage und mein Verlustlimit für diesen Trade überschreite, was für den gesamten Tag zu roten Zahlen führt.Die Woche beende ich allerdings mit einer schwarzen Null und konzentriere mich lieber auf diese Tatsache.Der Verlust ist bald vergessen.Er kümmert mich nicht, aber ich lerne auch nichts daraus.Wenn ich jedoch wieder einmal frustriert bin, wiederhole ich mein vorheriges Verhalten und verliere sogar noch mehr Geld.Angeekelt beschließe ich, mir eine Pause von der Börse zu gönnen und anschließend mit einer positiven Einstellung zurückzukommen.In Wirklichkeit aber leugne ich bei meiner Rückkehr meine Fehler noch immer und blende die Verluste erneut aus meinem Denken aus.Irgendwann holen uns diese Fehler beim Trading ein und zwingen uns dazu, uns ihnen zu stellen.Eine solche Selbstaufteilung ist oft mit der Fiktion des positiven Denkens verbunden.Indem wir uns auf positive Gedanken konzentrieren, müssen wir nicht darüber nachdenken, was wir falsch gemacht haben.Wir müssen kei-

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nen Kontakt mit den Anteilen unserer Persönlichkeit aufnehmen, die wir nicht mögen.Wir werden wie Zimmer, in denen die Unordnung immer mehr unter den Teppich gekehrt wird.Am Ende gibt es in unseren Zimmern immer mehr mentales Durcheinander und sie werden unbewohnbar. Die Motivation für viel positives Denken ist die Leugnung der Schwäche.Unsere Tochter Devon wurde mit einer »Erdbeere« neben der Nase geboren; einem Blutschwamm, der auf ihrer Haut einen hellroten Knubbel bildete.Man sagte uns, er werde schließlich von selbst verschwinden und eine Ope-ration sei nicht erforderlich.Aber in den ersten Lebensjahren hatte unser Baby Devon einen großen roten Fleck im Gesicht.Wir hätten ein Pflaster darüberkleben oder auf eine Operation drängen können, aber das taten wir nicht.Es war ihr Fleck, ein Teil ihrer Person.Wenn man jemanden liebt, werden sogar persönliche Mängel liebenswert.Bevor ich Vater wurde, dachte ich darüber nach, wie ich es aushalten würde, schmutzige Windeln zu wechseln.Als es so weit war, machte ich es tatsächlich gern.Das war etwas, das ich mit und für mein Kind tat.Der Windelwechsel wurde zur Chance für eine enge Bindung.So sollte es auch sein, wenn es um unsere eigenen schmutzigen Windeln geht.Ihre Schwächen sind ein Teil von Ihnen.Wenn Sie jemand liebt, wird er das ganze Paket lieben, samt Schwächen und allem anderen.Und wenn Sie sich selbst lieben, können Sie den Punkt der Akzeptanz erreichen, an dem Sie sich Ihrer Mängel voll bewusst sind und sich ganz einfach in Ihrer Menschlichkeit annehmen.Ähnlich wie bei den Windeln werden diese Mängel zu Chancen – sich selbst zu akzeptieren und die eigene Entwicklung in die Hand zu nehmen .Zeit meines Lebens fühlte ich mich in Gesellschaft unsicher und mied solche Situationen größtenteils.Als ich dann einmal eine Party am College organisierte, bemerkte ich einige Leute, die herumstanden und mit niemandem sprachen .Sofort erkannte ich mich selbst in ihnen.Ich ging auf die Außenseiter zu, begrüßte sie und stellte sie einander vor.Seitdem kann ich die Zurückhaltung in mir selbst überwinden und sie dazu einsetzen, mit anderen in Kontakt zu kommen.Meine Entwicklung entstand nicht durch positives Denken, sondern durch die Akzeptanz meiner Verletzlichkeit.Haben Sie in letzter Zeit Geld verloren? Denken Sie einmal daran, solche negativen Erfahrungen offen zu akzeptieren.Aus jedem Verlusttrade können 30 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 31 Sie etwas lernen.Fertigen Sie am Ende des heutigen Tradingtags einen Chart mit drei Spalten an.Die erste beschreibt Ihren Verlusttrade.In der zweiten steht, was Sie aus dem Verlusttrade gelernt haben, und die dritte sagt aus, wie Sie auf Basis dieser Verlusterfahrung Ihr Trading am nächsten Tag verbessern wollen.Ein Verlusttrade kann Ihnen Einsichten über den Markt bringen – vielleicht bewegte er sich innerhalb einer Kursspanne, als Sie von einem Trend ausgingen.Diese Einsicht kann Ihnen bei späteren Trades helfen.Und Sie können aus dem Verlusttrade auch etwas über sich selbst lernen; vielleicht gewinnen Sie eine Erkenntnis, wie Sie Risiken effektiver managen können.Jedenfalls ist ein Verlusttrade niemals ein völliger Verlust, wenn Sie ihn akzeptieren und daraus lernen.Ein großer Teil des Erfolgs beim Coaching der eigenen Person hängt davon ab, unter widrigen Umständen Chancen aufzuspüren.Wenn Sie ein Tradingtagebuch führen, konfrontieren Sie sich selbst mit dem schlechtesten Teil Ihres Tradings und machen eine Chance daraus.Es spielt keine Rolle, wenn Schönheitsfehler Ihre Bilanz verunstalten.Es ist Ihre Bi-lanz, mit roten Zahlen und allem, was dazugehört.Sie werden stärker, wenn Sie sich Ihren Schwächen stellen.Akzeptieren Sie sich, wie Sie sind, und gehen Sie den ersten Schritt auf dem Weg zu der Person, die Sie sein können.Coaching-SchlüsselIm nächsten Kapitel werden wir erfahren: Die Forschungen von James Pennebaker legen nahe, dass man belastende Ereignisse in die richtige Perspektive setzen und über sie hinwegkommen kann, wenn man sich mindestens eine halbe Stunde pro Tag intensiv damit auseinandersetzt – in Form eines Tagebuchs oder auch mündlich. Wenn Sie einen fürchterlichen Tradingtag erlebt haben, regen Sie sich ruhig darüber auf. Besprechen Sie ihn und lernen Sie daraus. Wenn Sie wirklich spüren, wie schlecht Sie sich wegen Ihres Tradings fühlen, werden Sie Ihre Fehler kaum wiederholen. Man kann davon profitieren, wenn man Schmerzen akzeptiert.

Lektion 4: Verändern Sie Ihr Umfeld, verändern Sie sich selbstMenschen passen sich ihrer Umgebung an.Etliche Fähigkeiten und Charaktereigenschaften helfen uns dabei, uns verschiedenen Situationen anzupassen.Aus diesem Grund können wir uns in einem bestimmten Umfeld auf eine bestimmte Art und Weise verhalten und im Arbeitsleben als eine völlig andere Person auftreten .Eine der natürlichen Attraktionen des Reisens besteht darin, dass es uns aus unserer vertrauten Umgebung herausführt und uns zwingt, uns neuen Menschen, neuen Kulturen und neuen Wegen anzupassen.Wenn wir uns diesen Anpassungen unterziehen, entdecken wir neue Facetten unserer eigenen Persönlichkeit. Wie wir gleich sehen werden, ist die Diskrepanz die Mutter jeder Veränderung.Wenn wir immer im selben Umfeld verharren, tendieren wir zu den immer gleichen, routinemäßigen Denk- und Verhaltensweisen.Vor einigen Monaten hatte ich eine akute Blinddarmentzündung, als ich gerade am LaGuardia-Airport auf meinen Rückflug nach Chicago wartete.Ich fuhr zur nächstgelegenen Notaufnahme im Elmhurst Hospital in der Nähe von Jackson Heights in Queens und dort stellte ich fest, dass ich unter einer Unmenge von Leuten, die auf medizinische Versorgung warteten, der einzige Mensch mit Englisch als Muttersprache war.Ich hatte so meine

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Schwierigkeiten, auf mich aufmerksam zu machen.Dann wurde ich ins Hospital aufgenommen.An den folgenden Tagen bahnte ich mir meinen Weg durch Patienten und Angestellte aus allen erdenklichen Ländern .Am Ende dieser Erfahrung fühlte ich mich dort wie zu Hause.Seither bin ich immer wieder in diesem Flughafenhotel abgestiegen und gehe durch die angrenzenden Wohngebiete.Zuvor hätte ich mir nicht in meinen wildesten Träumen einfallen lassen, das zu tun.Indem ich mich diesem Umfeld anpasste, habe ich verborgene Stärken entdeckt.Und ich habe dabei mehrere verborgene Vorurteile und Ängste überwunden.Der größte Feind der Veränderung ist die Routine. Wenn wir uns in den Routinemodus einklinken und quasi den Autopiloten einschalten, sind wir uns nicht mehr vollständig und aktiv bewusst, was wir tun und warum.Daher zwingen uns die für unser persönliches Wachstum fruchtbarsten Situationen – die in einem neuen Umfeld auftauchen – dazu, unser Routineverhalten zu verlassen und auf aktive Weise mit Herausforderungen umzugehen, die uns nicht vertraut sind.In einem vertrauten Umfeld, in dem wir routiniert leben, schalten wir den Autopiloten ein. Nichts verändert sich.Wenn Sie als Ihr eigener Tradingcoach agieren, besteht Ihre Herausforderung darin, voll konzentriert und bereit für Risiken und Chancen zu sein. Eine Ihrer größten Bedrohungen ist der Autopilotenmodus, in dem Sie leben, ohne zu denken und ohne sich Ihrer Situation vollständig bewusst zu sein.32 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 33 Wenn Sie das Umfeld Ihres Tradings verändern, drängen Sie sich selbst dazu, sich neuen Situationen anzupassen und Ihre Routine aufzubrechen.Wenn Ihr Umfeld immer gleich ist, werden Sie sich immer zu den gleichen Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen hingezogen fühlen.Wir stecken in sich wiederholenden Denk- und Verhaltensmustern fest, weil wir in unserer Routine feststecken – im stets gleichen emotionalen und physischen Umfeld.Ob gut oder schlecht – wir wiederholen die immer gleichen Muster genau deshalb, weil diese Muster Folge der Anpassungen an unser aktuelles Umfeld sind.Wie können wir das Umfeld unseres Tradings verändern? Der Schlüssel ist die Erkenntnis, dass unser physisches Umfeld nur ein Teil unserer Umgebung ist.Hier sind einige Aktivitäten, mit denen wir unser routinemäßiges Verhalten aufbrechen und unsere Aufmerksamkeit für Risiken und Chancen steigern können:

1. Suchen Sie nach abweichenden Sichtweisen.Gespräche mit Tradern, die anders traden als Sie – andere Zeitrahmen, Märkte oder Tradingstile haben –, können oft dabei helfen, Ihre Sichtweise zu festigen oder sie infrage zu stellen.Auch die Lektüre von Schriften von Autoren mit einer anderen Sichtweise kann Ihre Annahmen von einer anderen Seite beleuchten oder in Zweifel ziehen.Im letzten Quartal 2007 blieb ich relativ lange bei meinen optimistischen langfristigen Annahmen über den Aktienmarkt.Erst als ich mich dazu zwang, fundierte Artikel von Leuten mit einer anderen Sichtweise zu lesen – und Daten zu beachten, die nicht zu meinen Rahmenbedingungen passten –, änderte ich meine Perspektive und konnte so erhebliche Verluste vermeiden.

2. Untersuchen Sie das große Bild.Was kurzfristige Marktbewegungen betrifft – wie sich die Kurse in dieser Minute oder an diesem Tag verhalten –, kann man leicht den Überblick verlieren.Meiner Meinung nach ist es wichtig, sich von Zeit zu Zeit langfristige Charts anzusehen und das aktuelle Geschehen entsprechend einzuordnen.Einige der besten Ideen beim Trading beginnen mit dem Blick auf das große Bild und setzen sich anschließend bei der Ausführung in kürzeren Zeitrahmen fort.Meiner Meinung nach trifft dies vor allem dann zu, wenn man sich langfristige Unterstützungen und Widerstände, Kursspannen und Marktprofile ansieht.Diese Verschiebung des Betrachtungszeitraums hilft mir oft dabei, auf schlechten Informationen und auf den letzten paar Ticks basierende Trades zu vermeiden.Wenn am Markt etwas völlig klar zu sein scheint, wechseln Sie zu einem anderen Zeitrahmen.So erhalten Sie eine völlig neue Perspektive.Was von dem einem Standpunkt aus ganz offensichtlich zu sein scheint, kann sich aus einer anderen Sichtweise völlig anders präsentieren.

3. Untersuchen Sie verwandte Sichtweisen.Manchmal illustriert die Entwicklung einer einzelnen Aktie oder eines Sektors, was am breiten Markt geschieht.Ein Wechselkurs bricht früher aus als die anderen.Sehen wir eine allgemeine Rallye am Anleihenmarkt, wird die Renditekurve steiler oder flacher? Wenn wir uns verschiedene Anlageinstrumente und Assetklassen ansehen, schützen wir uns vor verhärteten Denkweisen.Während des Handelstags beobachte ich Sektoren-ETFs, um zu sehen, ob sich die Aktien in eine bestimmte Richtung bewegen, also einen Trend aufweisen, oder ob sie innerhalb einer Kursspanne verschiedene Richtungen einschlagen.Wenn ich sehe, wie die Anleihentrader aus dem Markt fliehen oder Risiken eingehen, kann ich Aktienkäufe und -verkäufe antizipieren.Die Betrachtung des gesamten Geschehens an den Finanzmärkten bewahrt uns vor Voreingenommenheit.

4. Gönnen Sie sich Pausen.Ebenso wie wir Urlaub nehmen, um erfrischt zur Arbeit zurückkehren zu können, kann uns auch eine Pause vom Monitor dabei helfen, zu neuen Ansichten über die Märkte zu kommen.Es ist leicht, sich auf das zu konzentrieren, was an den Märkten gerade am dramatischsten und spannendsten ist.Lehnen Sie sich zurück, lassen Sie Gedanken zu, die nicht offensichtlich sind, und profitieren Sie, wenn diese Dinge dann auch von anderen entdeckt werden.Aus meiner Sicht sind Pausen vor allem nach Verlusttrades sinnvoll.So können

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wir über die Verluste und auch darüber nachdenken, was wir daraus lernen können.Wenn Ihr Umfeld komfortabel ist, führt es wahrscheinlich nicht zu Veränderungen.

Kurz gesagt: Es ist die mentale Routine – das mentale Umfeld –, die wir vor allem verändern müssen, um unerwünschte und unprofitable Denk- und Verhaltensmuster aufzubrechen. Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, lernen Sie zu denken, aber auch über Ihr Denken nachzudenken.Bewahren Sie sich jeden Tag einen unvoreingenommenen Blick auf sich selbst und auf die Märkte, um auf neue Ideen zu kommen, veraltete Ideen infrage zu stellen und Quellen der Energie und der Inspiration anzuzapfen, die ansonsten in der Routine verborgen bleiben würden.Ähnlich wie ich mit meinem Abenteuer in Queens stoßen Sie vielleicht darauf, dass die exotischsten Veränderungen zu den besten Anpassungen führen können.34 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 35 Coaching-Schlüssel Oft müssen wir gerade die Ansichten über den Markt, die wir am meisten ablehnen, am ernstesten nehmen, weil wir sie in bestimmter Hinsicht bedrohlich finden. Suchen Sie sich Kommentare derjenigen Autoren, denen Sie am wenigsten zustimmen, und stellen Sie sich die Frage, was Sie in den Märkten sehen würden, sollten sich diese Kommentare als zutreffend erweisen. Wenn Sie eine bestimmte Ansicht über die Märkte schnell ablehnen, so denken Sie noch einmal darüber nach. Sie müssten sich nicht derart ablehnend verhalten, wenn Sie in den Ansichten, die Sie ablehnen, nicht auch etwas Plausibles – und damit etwas Bedrohliches – sehen würden.

Lektion 5: Verwandeln Sie Ihre Emotionen Wenn Trader nach Coaching suchen, haben sie in der Regel ein Problem mit einem bestimmten emotionalen Zustand, der sich auf ihre Entscheidungsfindung auswirkt: Zorn, Frustration, Angst oder Zweifel.Sie wollen diese Gefühle verändern, wissen aber nicht, wie sie das schaffen sollen.Manchmal sehen Trader ihre Emotionen sogar als unveränderliche Charakterzüge: »So bin ich eben.«Es stimmt, dass unsere Eigenschaften und unser Temperament unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen.Auch beim Spektrum der Emotionen, die wir empfinden können, spielen sie eine wichtige Rolle.Manche Menschen empfinden Dinge – gute wie schlechte – sehr intensiv, andere eher nicht.Neurotizismus, die Tendenz, negative Emotionen zu verspüren, gehört zu den fünf wichtigsten Charaktereigenschaften, die Forscher identifiziert haben.Wie bei allen diesen Charakterzügen gibt es auch hier eine starke Vererbungskomponente .Wir sehen uns zwar gern als die Herren über unser Schicksal, aber die ernüchternde Realität ist, dass wir einen großen Teil unserer emotionalen Erfahrungen nicht selbst beeinflussen können.Bedeutet dies, dass wir keinen Einfluss auf unsere Gefühle in bestimmten Situationen haben? Überhaupt nicht.Wenn psychologische Methoden Menschen helfen können, posttraumatische Belastungen und Angstneurosen zu überwinden, dann können sie uns mit Sicherheit auch dabei helfen, unsere Gefühle in normalen Lebenssituationen zu meistern.Den größten Teil unserer Persönlichkeit können wir nicht verändern, aber wir können beeinflussen, wie unsere Persönlichkeit zum Ausdruck kommt. Ihr täglicher Tradingcoach Viele Trader tappen in die Falle, ihre Gefühle über ihre Gedanken kontrollieren zu wollen.Wir versuchen uns einzureden, dass es uns anders oder besser geht.Das funktioniert selten.Wenn sich Menschen über Verluste ärgern, kommt man ihren Gefühlen nicht wirklich nahe, indem man ihnen sagt, dass dies auch wieder vorübergehen wird.Die Gefühle drücken eine psychologische Realität aus.Die Feststellung einer logischen Realität ignoriert die persönliche Bedeutung der Situation.Gefühle sind der Willenskraft gegenüber erstaunlich beständig.Wäre es möglich, sich einfach anders fühlen und sich das auch einreden zu können, dann gäbe es auf dieser Welt wesentlich weniger Psychologen.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sein wollen, ist die Perspektive, dass Gefühle Informationen beinhalten, ein guter Ausgangspunkt. Studien in kognitiver Neurologie haben ergeben, dass Emotionen ein wesentlicher Bestandteil der rationalen Entscheidungsfindung sind.Wenn das Gehirn geschädigt und daher nicht mehr in der Lage ist, Emotionen zu verarbeiten, kommt es zu stark abnormen Verhaltensweisen.Ihr Ziel als Coach besteht darin, Ihre mit schwierigem Trading verbundenen Gefühle nicht zu verbannen – eine Stra tegie, die Entscheidungen verhindert –, ihnen aber auch nicht blind zu gehorchen.Der konstruktivste Schritt ist, dem Gefühl Ihre volle Aufmerksamkeit zu widmen und ihm die entscheidenden Informationen zu entnehmen.Gefühle informieren uns darüber, was wir von uns selbst, von anderen und von der Welt halten.In diesem Zusammenhang sind die Forschungen von James Pennebaker sehr relevant, der als Professor an der University of Texas lehrt.Er und seine Kollegen fanden heraus: Menschen können besser mit problematischen emotionalen Umständen einschließlich Traumata und Krisen umgehen, wenn sie ein Tagebuch darüber führen oder täglich eine halbe Stunde laut darüber sprechen.Wenn wir implizite Gefühle explizit äußern, sehen wir sie aus verschiedenen Blickwinkeln und setzen sie in einen anderen Kontext.Ein Beispiel: Wenn jemand wegen einer schlechten Tradingperformance frustriert und wütend auf sich selbst ist, kann er diese Gedanken und Gefühle ausführlich aufschreiben.Wenn er das tut – und seine Notizen später liest –, bemerkt er plötzlich: »Mann, ich war verdammt hart zu mir selbst.So schlecht bin ich gar nicht!« Dann kann er seine negativen Selbstgespräche zurückschrauben und seine Aufmerksamkeit wieder den Märkten widmen.Wenn wir unsere Gefühle nicht anerkennen, verlieren wir die damit verbundenen Informationen und somit die Chance, eine andere Sichtweise einzunehmen.Der frustrierte, zornige Trader, der seine innere Anspannung bei-

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seiteschiebt und blind voranstürmt, kommt am nächsten Tag leicht in eine Situation, in der diese Anspannung wieder zum Vorschein kommt.Das trifft vor allem dann zu, wenn die Frustrationen die Folge von Fehlern beim Trading sind.Kürzlich traf ich einen Trader, der den ganzen Vormittag gegen einen Markttrend ankämpfte, im Tagesverlauf immer frustrierter wurde und zuletzt am späten Nachmittag explodierte.Hätte der Trader sein Trading anhand seiner Frustrationen untersucht, so hätte er den Trend nutzen und viel Geld verdienen können.Emotionen verändern sich nicht, wenn man sie wegschiebt.Ironischerweise machen wir den Weg für Veränderungen frei, indem wir die Emotionen anerkennen und akzeptieren.Bedeutet das, dass wir allen unseren Erfahrungen freien Lauf lassen sollten? Nein.Psychologische Forschungen legen nahe, dass das hemmungslose Ausagieren von Emotionen Konzentration und Performance im Weg steht.Schreien, wenn wir zornig sind, oder schmollen, wenn wir enttäuscht sind, ändert nichts an diesen Gefühlen – und es hilft uns sicherlich nicht dabei, die auslösenden Situationen für diese Gefühle zu verändern.Zum Beispiel verbrachte der Trader aus meinem Beispiel den größten Teil des Nachmittags voller Wut, aber das änderte nichts an seinem Zorn.Reflexives Handeln aufgrund solcher Emotionen verstärkt sie nur.Frustration kann man nicht überwinden, indem man sich frustriert verhält.Seinem Ärger freien Lauf zu lassen oder emotional zu reagieren ist ebenso unproduktiv wie wenn wir unsere Emotionen unterdrücken. Beides verhindert, dass wir aus den Informationen in unseren Gefühlen lernen.Es geht also darum, Gefühle zu transformieren; sie weder zu ignorieren noch sich ihnen ungehemmt hinzugeben. Eine Möglichkeit besteht darin, einen emotionalen Zustand durch einen anderen zu ersetzen, um ein Gefühl durch ein anderes Gefühl und nicht durch einen Gedanken zu ersetzen.In meinem Buch Psychology of Trading habe ich erklärt, wie ich die musikalischen Frühwerke von Philip Glass dazu einsetzte, in einen meditativen Zustand zu gelangen und mich in eine Art Trance zu versetzen .Jeder Reiz, der ruhige und konzentrierte Aufmerksamkeit fördert, kann ein wirksames Werkzeug zur Emotionsverschiebung sein.Entscheidend dabei ist, den Yoda-Zustand zu erreichen und aufrechtzuerhalten – die ruhige Konzentration in Phasen starker Frustration und Enttäuschung.Biofeedback kann in Ihr täglicher Tradingcoach dieser Hinsicht besonders nützlich sein.Computerbasierte Methoden liefern Ihnen Echtzeitinformationen, wie erfolgreich Sie dabei sind, den veränderten Zustand beizubehalten.Es ist praktisch unmöglich, einen Erregungszu-stand – Zorn, Angst oder Stress – beizubehalten, wenn Sie sich ruhig und konzentriert verhalten .Noch besser: In entspanntem Zustand gelangen Sie zu Perspektiven und Einsichten, die unerreichbar bleiben, solange Sie sich emotional in einem Flucht- oder Kampfmodus befinden.Hier ist eine Übung, die ich Tradern empfehle: Zeichnen Sie nebeneinander zwei Thermometer auf ein Blatt Papier und machen Sie dann ein paar Kopien davon.Das eine Thermometer misst Ihre emotionale Temperatur bezüglich der Frustration, das andere bezüglich des Selbstvertrauens.Legen Sie das Blatt neben Ihren Tradingcomputer.Nun müssen Sie nur noch an jedem Thermometer eine Markierung anbringen, um anzuzeigen, wie frustriert und wie selbstbewusst Sie sich gerade fühlen.Wenn wir am stärksten frustriert sind und gleichzeitig das größte Selbstvertrauen spüren, treffen wir wahrscheinlich unsere schlechtesten Entscheidungen und verstoßen gegen unsere Grundsätze beim Trading.Wenn Sie sich dazu verpflichten, während jeder Tradingsession Ihre eigene emotionale Temperatur zu messen, schaffen Sie einen Mechanismus, mit dem Sie Ihre Stimmung erfassen, bevor sie Ihrer Tradingperformance schaden kann.Wenn Sie eine erhöhte Frustrationstemperatur feststellen, besteht eine nützliche und automatische Regel darin, sich ein paar Minuten Auszeit zu nehmen und sich in einen tranceähnlichen Zustand zu versetzen.Dies können Sie tun, indem Sie besonders regelmäßig, ruhig und tief atmen und sich auf etwas konzentrieren: Musik, Malerei oder auf das Bild, das vor Ihnen an der Wand hängt.Wenn Sie Ihre physischen Abläufe verlangsamen und Ihre Aufmerksamkeit von dem abziehen, das Ihre emotionale Temperatur erhöhen könnte, verändern Sie Ihren Zustand und machen es sich leichter, auf ruhige und planvolle Art und Weise zu agieren.Mit etwas Übung können Sie das innerhalb weniger Minuten schaffen.Damit umgehen Sie viele störende Verhaltensmuster, bevor sie zu schlechten Entscheidungen beim Trading führen.Der entscheidende Punkt dabei: Seien Sie sich den ganzen Tag über Ihres emotionalen Zustands bewusst .Die Thermometer sind ein einfacher und fesselnder Weg, Ihr eigener Beobachter und Coach zu werden.38 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 39 Coaching-Schlüssel Details zum Thema Atmung finden Sie in Kapitel 9. Mike Bellafiore von SMB Capital erklärt, wie er und sein Geschäftspartner Steve ihren Tradern als Teil der Ausbildung die richtige Atmung beibringen. Wer Erfahrung mit meditativen Praktiken hat, weiß, dass die emotionale Selbstkon-trolle mit physischer Kontrolle beginnt.

Lektion 6: Finden Sie die richtigen SpiegelEin Spiegel ist ein Gegenstand, der uns unser eigenes Bild zeigt.Spiegeln verdanken wir, dass wir wissen, wie wir aussehen.In unser Selbstbild fließt allerdings noch viel mehr ein als die physische Reflexion, weil quasi unsere gesamte Erfahrung als psychologischer Spiegel dient. Wir werden durch die Art und Weise widergespiegelt, wie wir die Welt um uns herum gestalten.Folglich hängt ein großer Teil unserer Selbstachtung – unseres Wert- und Kompetenzempfindens – davon ab, dass wir im Leben die richtigen Spiegel finden.Fangen wir mit romantischen Beziehungen an.Wenn wir den richtigen Partner finden, wählen wir jemanden aus, der die Person, die wir sind, kennt und schätzt.Diese Liebe und diese Unterstützung sind von Dauer.Sie werden

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uns ständig gezeigt und sind eine tiefe Bestätigung unseres Selbst.Auf ähnliche Weise reflektieren Eltern ständig die Identität ihres Kindes: »Du bist ja so ein braver Junge!« Oder: »Was für ein kluges Mädchen!« Wie wir zu uns selbst sprechen, ist von solchen Gesprächen in unserer frühen Kindheit geprägt: Wir verinnerlichen die Stimmen wichtiger Bezugspersonen. Aus eben diesem Grund sind beleidigende Beziehungen so schädlich.Man blickt ständig in einen Zerrspiegel, wenn man sein Leben mit einem Partner teilt, der einen attackiert, erniedrigt oder ganz einfach ignoriert, oder wenn man als Kind bei Eltern lebt, von denen man vernachlässigt wird.Im Lauf der Zeit übernehmen Kinder diese verzerrten Bilder.Sie fühlen sich nicht mehr liebenswert, sicher und wichtig.Wegen ihres verzerrten Selbstbilds suchen sie sich später Partner, die ihre Identität schätzen – und leider finden sie dann sol che Partner, welche die Botschaften und Erfahrungen der Vergangenheit wiederholen.Daher landen missbrauchte Kinder später in Beziehungen, in denen es wiederum Missbrauch gibt; unsichere Menschen landen in unsicheren Ehen.Wegen der emotionalen Intensität und des dauerhaften Einflusses sind Beziehungen zwar unsere wichtigsten psychologischen Spiegel, aber sie sind bei Weitem nicht die einzigen Bestimmungsfaktoren unseres Selbstbilds.Das Devon-Prinzip, über das ich in meinem Blog TraderFeed geschrieben habe, macht deutlich, dass alles, was wir tun, ein psychologischer Spiegel ist.Wenn meine Tochter Devon Arbeiten vornahm, die sie nicht mochte, fand sie die Arbeit frustrierend und hielt sich selbst für minderwertig.Wenn sie aber Arbeiten durchführte, die sie so sehr mochte, dass sie sich gar nicht wie Arbeit anfühlten, fühlte sie sich befriedigt und gewann an Selbstvertrauen.Die beste Arbeit spricht unsere Interessen und Werte an; unsere Fähigkeiten passen zu den Anforderungen.Tag für Tag schaffen wir Spiegelerfahrungen unserer Kompetenz und unseres Werts, wenn wir wirksame und gute Arbeit leisten.Wenn wir allerdings bedeutungslose Arbeit verrichten, die unsere Fähigkeiten nicht herausfordert, ist es schwierig, etwas anderes als Langeweile und Bedeutungslosigkeit zu empfinden.Den richtigen Spiegel zu finden macht einen großen Teil unseres beruflichen Erfolgs aus. Man kommt viel leichter nach oben, wenn man auf die richtigen Leitern klettert.Mehr über das Devon-Prinzip finden Sie in meinem Blog: http://traderfeed.blogspot.com/2006/12/devon-principle.html.Für meine Arbeit als Psychologe gibt es keinen wichtigeren Spiegel als die bedeutungsvolle und positive Einwirkung auf das Leben anderer Menschen, vor allem wenn ich sie gut kenne und mich um sie kümmere .Ich halte gern eine Rede vor zahlreichen Zuhörern oder schreibe einen Artikel, der von vielen Menschen gelesen wird, aber wahre Freude empfinde ich, wenn mir jemand sagt, dass meine Ideen wirklich wertvoll für ihn sind.Ganz ehrlich: Es befriedigt mich weit mehr, eine einzelne Person zu beraten oder zu coachen, als bei einer großen Konferenz eine Rede zu halten.Wenn eine Person durch Coaching oder Beratung ihr Leben ändert, entsteht ein Spiegel, der für beide an dieser Beziehung beteiligten Menschen wertvoll ist.Ich war am erfolgreichsten, wenn ich selbst in diese positiven Spiegelerfahrungen involviert war.Den wenigsten Erfolg hatte ich mit Beschäftigungen, die in dieser Hinsicht nur begrenzt sinnvoll waren.Wenn Sie als Ihr eigener Coach agieren, stehen Sie vor der Herausforderung, Ihr Lernen und Ihre Erfahrung so zu strukturieren, dass das Trading selbst zu einer Erfahrung wird, die Ihr wachsendes Selbstvertrauen und Ihre Kom-petenz widerspiegelt.Viele Trader beschränken das Coaching ihrer eigenen Person auf das Führen eines Tradingtagebuchs und halten darin nur diejenigen Dinge fest, die sie falsch gemacht haben.Ein solches Selbstcoaching ist wenig mehr als Selbstkritik.Welchen Spiegel hält sich ein Trader vor, wenn der Schwerpunkt des Tagebuchs derart negativ ist? Welchen Spiegel hätte jemand, der sich einen Lehrer oder Coach besorgt, der ihn nur kritisiert? Im Lauf der Zeit würde ein solches Coaching scheitern und das Gefühl der Inkompetenz und des Scheiterns verstärken.Eine hervorragende Methode zur Schaffung positiver Spiegel ist die strukturierte Verfolgung von Zielen.Wenn wir uns herausfordernde, wichtige und erreichbare Ziele setzen, legen wir das Fundament für potenzielle Erfolgser-lebnisse.Wenn wir das Setzen von Zielen zu einem ständigen Teil unseres Selbstcoachings machen, schaffen wir uns ständig Möglichkeiten, kräftige emotionale Erfahrungen zu machen, die zu unserer Selbstbestätigung beitra -gen. Psychologische Studien zeigen, dass solche emotionalen Episoden tiefer und dauerhafter verarbeitet werden als normale Alltagserfahrungen.Ein guter Therapeut schafft lebhafte Erfahrungen, welche die alten Verhaltensmuster des Klienten aufbrechen.Und ein guter Coach schafft emotional mächtige und positive Spiegelerfahrungen für Trader.Ihre Ziele sollten Ihnen Erfolg und den Aufbau von Selbstvertrauen ermöglichen.Hier ist Ihre Aufgabe: In dieser Woche sollte Ihr Tradingjournal für jeden Tag ein besonderes Arbeitsziel enthalten; konkrete Aktionen, die Sie durchführen werden, um dieses Ziel zu erreichen, sowie eine Selbstbewertung am Ende der Tradingsession, um Ihren Erfolg beim Erreichen dieses Ziels einschätzen zu können.Dieses Ziel sollte ein Tradingprozess sein, den Sie verbessern möchten (also etwas, das Sie kontrollieren können), aber kein Gewinnziel (über das Sie letztlich keine Kontrolle haben).Ein solches Ziel könnte zum Beispiel sein, Ihre Einsätze beim Trading stufenweise zu erhöhen, eine Strategie des stufenweisen Ausstiegs anzuwenden oder nur Setups zu traden, die dem allgemeinen Markttrend entsprechen.Am Ende des Tages stellen Sie sich ein Zeugnis aus, das allein darauf basiert, wie gut Sie die Ziele erreicht haben, die Sie sich für diesen Tag gesetzt hatten.Diese Aufzeichnungen können Sie neben Ihren Monitor legen, um Ihre Performance und Ihre Fortschritte zu fördern.Wenn Sie es nicht schaffen, einen guten Trade durchzuführen, wird die Verbesserung dieser Aktivität

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zu Ihrem Ziel für den folgenden Tag.Wenn Sie sich ein gutes Zeugnis ausstellen, setzen Sie sich für den nächsten Tag neue Ziele.Die Idee dahinter ist, dass Sie niemals traden, ohne bewusst an einem bestimmten Aspekt Ihres Tradings zu arbeiten.Ihr täglicher Tradingcoach Es reicht nicht aus, sich Ziele zu setzen. Sie brauchen auch Methoden, um Ihre Fortschritte in Richtung dieser Ziele zu messen und diese Informationen in zukünftige Ziele einzubauen.Viele Trader setzen sich nur dann solche Ziele, wenn sie schlecht traden oder Geld verlieren .Es geht aber darum, das Coaching und die Selbstvervollkommnung zu einem beständigen Teil Ihrer Karriere als Trader zu machen.Warum? Weil es nicht nur ums Geldverdienen geht, sondern um das Schaffen von Erfahrungen, die Ihr Gefühl der Kompetenz und Ihr Selbstvertrauen stärken.Denken Sie an ein kleines Kind.Sie geben ihm nicht nur dann positives Feedback, wenn es Schmerzen hat.Ihre Unterstützung und Ihre Liebe sind immer da, was es dem Kind ermöglicht, ein stabiles Selbstbild aufzubauen.Als aufstrebender Trader sind Sie so wie dieses kleine Kind.Ihre Fähigkeit, kraftvolle Spiegelerfahrungen zu schaffen, wirkt sich auf Ihre Fähigkeit aus, den Optimismus und den Mut zu bewahren, Rückschläge zu überstehen und aggressiv nach Chancen zu suchen.Beachten Sie bitte das folgende Prinzip: Wenn Sie Ihre Verluste begrenzen, sich auf Ihre Stärken konzentrieren und konkrete Schritte unternehmen, um ein Meister Ihres Fachs zu werden, dann kann jeder Tradingtag zu einer positiven Erfahrung werden, auch wenn Sie kein Geld verdienen.Sie können Verlusttage nicht eliminieren, aber es sollte niemals Tage geben, an denen Sie sich wie ein Verlierer fühlen.Coaching-Schlüssel Wenn Sie Ihre eigenen Berichtskarten zusammenstellen sollten Sie sich auf der Basis Ihrer Verbesserungen benoten, nicht auf der Basis eines abstrakten (oder perfektionistischen) Er-folgsstandards. Wenn Sie Ihre Trades heute besser managen als gestern, dann spricht das für einen guten Trade. Ihr Ziel ist, besser zu werden; indem Sie sich auf diese Verbesserung kon-zentrieren, schaffen Sie sich wunderbare Spiegel ihrer eigenen Entwicklung. Relative, nicht aber absolute Ziele bringen Sie zu Ihrem erwünschten Ziel und sie werden für eine vergnügliche und bestärkende Reise sorgen.

Lektion 7: Verändern Sie Ihren FokusEine wertvolle psychologische Regel lautet, dass man seine Sichtweise verändern muss, wenn man seine Handlungen verändern will.Unsere Sichtweise der Welt prägt die Reaktionen auf die Ereignisse in unserem Leben.Wir reagieren nicht einfach auf Märkte, sondern auch darauf, wie wir mit diesen Märkten umgehen .Unsere Gedanken sind die Filter zwischen dem Trading und dem Trader.Oft reagieren wir in übertriebener Weise auf die Märkte, nicht weil bei den von uns getradeten Instrumenten etwas Ungewöhnliches vorgeht, sondern weil etliche negative Gedanken in unsere Performance eingedrungen sind.Ein Beispiel: Ich habe bemerkt, dass die ES-Futures ihre Hochs vom Vortag in den ersten Handelsminuten mit ganz wenigen Ausnahmen nicht übersteigen.Dann bemerke ich, dass große Trader in den Markt einsteigen.Ich denke nun, dass die Stärke nicht von Dauer sein wird, dass die Vortageshochs nicht übertroffen und den Durchschnittskurs von gestern erreichen werden.Ich warte auf eine Aufwärtsbewegung des NYSE-TICK, der aber kein neues Hoch erreicht, und nutze die Gelegenheit, um meine Futures zu verkaufen.Wenn sich die Position aber zu meinen Gunsten bewegt, kommt es mir in den Sinn, schnelle Gewinne mitzunehmen, weil ich in der laufenden Woche bislang Verluste verzeichnet habe.Dann trifft ein Kaufprogramm auf den Markt und meine Position steigt um einen Tick, was gewisse Buchgewinne auslöscht.Nun mache ich mir Sorgen und nehme einen kleinen Gewinn mit – nur um dann zusehen zu müssen, wie sich der Markt wesentlich abschwächt und schließlich mein Kursziel erreicht.Was ist in diesem Szenario passiert? Die Angst ist meiner Performance in die Quere gekommen und hat einen guten Tradingplan in schlechtes Trading verwandelt.Aber die Angst hat nichts mit dem Verhalten des Markts zu tun: Der Markt tat absolut nichts, um meine Idee zu entkräften.Im Gegenteil: Als das Kaufprogramm die Indexfutures kurzfristig ansteigen ließ, gab mir der Markt die perfekte Gelegenheit, meine Tradingposition aufzustocken! Ich verpasste nicht nur die Chance, von einer guten Gelegenheit zu profitieren, sondern ich versäumte sogar die Chance, einen Home-Run zu erzielen.Auf lange Sicht entsteht Profitabilität oft dadurch, dass man mit Verlusttrades wenig verliert und die wenigen möglichen Home-Runs auch tatsächlich schafft.Die Probleme vieler Trader zeigen sich darin, wie sie mit Chancen umgehen, nicht mit Verlusten.Manchmal ist Angst eine legitime und angemessene Reaktion auf einen Markt, der sich auf gewaltsame und unerwartete Weise verhält.Schließlich habe ich in meinem Blog erwähnt, dass Angst die adaptive Reaktion unseres Körpers auf eine wahrgenommene Gefahr ist.Aber die Gefahr kann auch eine Funktion der Wahrnehmung statt einer objektiven Realität sein.Ich starte meinen Trade inmitten der Marktaktivität, bilde meine Hypothesen und führe eine Idee gut aus.An irgendeinem Punkt aber weichen meine Gedanken vom aktuellen Marktgeschehen ab und konzentrieren sich darauf, wie viel Geld ich bislang in der laufenden Woche verloren habe .Diese Konzentration auf den Verlust erschafft ein Gefühl von Gefahr und Bedrohung.Statt auf den Markt zu reagieren, reagiere ich nun auf meine eigenen Sorgen bezüglich der Profitabilität.Mein Denken hat dazu geführt, dass ich mich aus dem Marktgeschehen verabschiedet habe – und nimmt mich letztlich aus dem Spiel.In einem coolen, ruhigen Moment kann ich klar sehen, dass die Validität meiner Tradingidee oder meines Plans absolut gar nichts damit zu tun hat, wie gut ich an den vergangenen Tagen getradet habe.Wenn ich zulasse, dass Sorgen über die Profitabilität mein Trading beeinflussen, habe ich nicht zugelassen, dass meine Sichtweise meine

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Aktionen bestimmt.Ich bin nicht mehr auf den Markt fokussiert; meine Konzentration ist verschwunden.Ich reagiere auf meine eigenen Unsicherheiten.Wie können wir unsere Konzentration verändern, unseren Plänen und der objektiven Aktivität an den Märkten treu bleiben? Der erste Schritt besteht darin, unsere Auslöser zu erkennen.Dabei handelt es sich um die Gedanken über Performance und unsere Sorgen, die unser Trading typischerweise beeinflussen.Die Sorgen über Profitabilität sind einer dieser Faktoren; die Aufregung über antizipierte Profite könnte auch einer sein.Alles, was Sie darüber denken, wie gut oder schlecht Sie abschneiden, während Sie dies tun, ist ein solcher Auslöser, der Sie Ihre Konzentration kosten kann.Wenn Sie Ihre persönlichen Auslöser kennen, sind Sie in einer viel besseren Position, ihnen auszuweichen und sie ebenso zu behandeln, wie Sie auch jede andere Ablenkung behandeln würden – so wie den Straßenlärm, der durch Ihr Fenster dringt.Mit anderen Worten: Nicht die Gedanken an die Performance kosten Sie Ihre Konzentration, sondern Ihre Identifikation mit diesen Gedanken.Das ist eine wichtige Unterscheidung.Jeder hat von Zeit zu Zeit Gedanken, die ihn ablenken.Wenn wir uns allerdings mit diesen Gedanken identifizieren, dann konzentrieren wir uns auf sie, nicht mehr auf unsere Märkte, nicht mehr auf unsere Pläne.Negative Gedanken sind unvermeidlich. Die Frage ist, wie man damit umgeht.44 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 45 Meditation kann eine hilfreiche Übung sein.Ein Zweck der Meditation besteht darin, den Menschen zu helfen, geistige Entspannung zu erreichen, indem sie sich auf einen einzelnen Punkt konzentrieren und jeden störenden inneren Dialog oder Impuls ausschalten.Sie könnten Meditation einmal ausprobieren, indem Sie sich 15 Minuten vor dem Start des Tradings Zeit nehmen, sich bequem hinzusetzen, ruhig und rhythmisch aus dem Zwerchfell zu atmen.Nun konzentrieren Sie sich auf ruhige Instrumentalmusik, die Sie sich über Kopfhörer anhören können.Sie sollten so gründlich wie möglich in dieser Musik aufgehen.Wenn Ihre Gedanken abzuweichen beginnen, konzentrieren Sie sich wieder auf die Musik und den Klang der verschiedenen Instrumente.Wenn Sie es schaffen, diese Konzentration für einige Minuten aufrechtzuerhalten, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf die größten Sorgen bezüglich Ihrer Performance – während Sie weiterhin sitzen bleiben, sich konzentrieren, rhythmisch und tief atmen. Sie denken immer nur an eine einzige Sache (zum Beispiel an die Furcht wegen Ihrer Profitabilität in jüngster Zeit).Dann verabschieden Sie sich wieder von diesem Gedanken und konzentrieren sich erneut auf die Musik.Sie lassen es nicht mehr zu, dass die Gedanken unerwartet auf Sie einströmen, sondern Sie rufen sie sich absichtlich ins Gedächtnis, üben damit und verabschieden sich wie-der davon, während Sie ständig ruhig und fokussiert bleiben.Sie können sich sogar selbst durch Ihre eigene Fantasiewelt führen, während Sie tief und langsam atmen und sich Ihre negativen Gedanken als Müll vorstellen, den Sie in den Abfallkorb stecken.Statt Ihre negativen Gedanken zu vermeiden, rufen Sie sich diese Gedanken als Teil Ihres eigenen inneren Trash-Talks ins Gedächtnis – und dann stellen Sie sich vor, dass Sie den Müll rausbringen.Tun Sie dies jeden Tag ein paar Minuten lang.So können Sie sich selbst dazu trainieren, Kontrolle über Ihre negativen Denkmuster zu erlangen.Am wichtigsten ist aber: Sie entwickeln die Fähigkeit, diese Gedanken zu beobachten, statt sich mit ihnen zu identifizieren.Wenn Sie eine Beobachtung an sich selbst machen können, führen Sie unmittelbar ein Element der psychologischen Distanz ein.Nicht einmal die negativsten Gedanken und Gefühle können unerwünschtes Verhalten auslösen, wenn man sich nicht mit ihnen identifiziert.Tägliche Meditation ist eine machtvolle Strategie zum Aufbau des eigenen inneren Beobachters und für einen dauerhaften Veränderungsprozess.Ihr täglicher Tradingcoach

Coaching-Schlüssel Immer wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie beim Trading über Ihre Gewinne und Verluste nachdenken – wie viel Sie gewinnen oder verlieren –, nehmen Sie sich eine kurze Auszeit. Atmen Sie ein paar Mal tief ein und aus und sprechen Sie aus, was Sie zu diesem Zeitpunkt an den Märkten sehen. Sie müssen sich auf den Markt konzentrieren, nicht auf sich selbst. Wenn Sie immer wieder einen entspannten Zustand mit einer intensiven Fokussierung auf die Märkte kombinieren können, werden Sie auch ein positives Gewohnheitsmuster entwickeln und dafür sorgen, dass Ihr Körper Ihren Geist im Zaum hält.

Lektion 8: Erschaffen Sie Szenarien für die Veränderung Ihres LebensDie Veränderung des eigenen Lebens hat viel mit dem Henne-oder-Ei-Problem zu tun.Um ein Verhaltensmuster zu verlassen muss man aus diesem Muster aussteigen können.Wenn Sie allerdings die Fähigkeit hätten, soche Muster zu vermeiden, müssten Sie sie gar nicht erst verändern.Dieses Dilemma ist eine verbreitete Barriere für Trader, die ihre eigenen Tradingcoachs sein möchten, aber nicht wissen, wie sie den Problemmustern aus dem Weg gehen können, die Woche für Woche und Monat für Monat auftreten.Um zu verstehen, wie wir uns von alten Problemmustern lösen und neue, positive Verhaltensmuster entwickeln können, müssen wir etwas über Drama verstehen.Vor allem ist es hilfreich, über unser Leben in Form der verschiedenen Rollen nachzudenken, die wir im Lauf unseres Lebens ausfüllen.»Die ganze Welt ist eine Bühne«,

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sagte Shakespeare, und wir sind die Summe der Rollen, die wir auf dieser Bühne spielen.Einige Rollen in unserem Leben sind in gewisser Hinsicht automatisch und vorherbestimmt.Typischerweise erlernen wir diese Rollen schon früh im Leben, und sie haben vielleicht jahrelang gut für uns funktioniert.Folglich haben wir diese Rollen übermäßig erlernt.Ein Beispiel: Vielleicht haben wir gelernt, die Aufmerksamkeit unserer Eltern zu bekommen, indem wir uns beklagten, Dinge übertrieben oder uns nicht an Regeln hielten .Im Lauf der Zeit können sich solche Verhaltensweisen zu fixen Rollen verfestigen: Bei persönlichen Konflikten reagieren wir automatisch mit Jammern oder durch frustrierte Handlungen.Was in der Kindheit funktionierte, weil es uns Aufmerksamkeit einbrachte, arbeitet nun gegen uns, zum Beispiel in der beruflichen Laufbahn oder in Partnerbeziehungen.Viele Tradingprobleme sind von ähnlich festgelegter Art: Wir handeln ständig nach den gleichen Mustern.Zunächst traden wir sorgfältig und gewissenhaft.Dann verlieren wir Geld und werden frustriert.Wegen dieser Frustration brechen wir Tradingregeln, ignorieren Stop-Loss-Punkte und erleiden erhebliche Verluste.Dann fühlen wir uns enorm erleichtert, wenn wir aus den Verlustpositionen aussteigen und unsere Entschlossenheit verdoppeln, sorgfältig und gewissenhaft zu traden – bis wir die nächste Frustration erleiden.Unterscheidet sich das wirklich so sehr von Ehepaaren, die fest entschlossen sind, gut miteinander auszukommen, dann Enttäuschungen erleiden, sich streiten und sich bis zu dem Punkt bekämpfen, an dem sie schon zur Trennung bereit sind, nur um sich erleichtert zu fühlen, wenn es wieder besser läuft, und anschließend noch entschlossener sind, einander nicht mehr wehzutun? Oder denken Sie an einen Menschen, der schwört, mit dem Glücksspiel aufzuhören, dann ein paar Ausnahmen macht, Geld verliert und zum Schluss ein weiteres Mal das Casino verlässt und Stein und Bein schwört, nie wieder dorthin zurückzukehren.Trading erfordert die geistige Freiheit, Daten zu verarbeiten und angemessene Handlungen auszuwählen .Aber wir haben keinen freien Willen mehr, wenn wir Rezepte aus der Vergangenheit immer wieder mechanisch durchleben.Eine dramaturgische Perspektive legt nahe, dass diese sich wiederholenden Muster so etwas wie zyklisch auftretende Manifestationen von Rollen sind, die wir im Lauf unseres Lebens erlernt haben: die Rolle der völlig verzweifelten Person, die nach Erfolgen strebt, die Rolle des gekränkten Partners in einer Beziehung, die Rolle des unabhängigen Menschen, der sich dagegen wehrt, sich von Regeln einschränken zu lassen – und so weiter.Ich habe einmal mit einem Trader gearbeitet, der in einem übermäßig beschützenden und kontrollierenden Elternhaus aufgewachsen war.Als Teenager rebellierte er dagegen und hatte in der Folge an allen möglichen Einschränkungen seines Verhaltens zu leiden.Seine Regelverstöße, was Beziehungen (Monogamie) oder Trading (die Risikomanagementregeln seiner Firma) betraf, ließen ihn immer wieder scheitern.Er lebte nach einem Drehbuch, das nur unglückliche Ergebnisse zuließ.Aber wenn wir uns durch unsere Erfahrungen mit persönlichen Beziehungen bestimmte Drehbücher zulegen können, dann können wir mit Sicherheit Ihr täglicher Tradingcoach auch neue Drehbücher kultivieren, indem wir uns in andere Rollen versetzen.Ich arbeitete einmal mit einem Trader, der sich selbst als schlampig und undiszipliniert einschätzte.Das zeigte sich nicht nur in seinem Trading, sondern auch in seinem körperlichen Zustand und im Aussehen seiner Wohnung.Den Durchbruch schaffte er, als er sich einem Fitnessclub anschloss und einen persönlichen Trainer engagierte.Die ständige Abfolge von Kursen und Trainingseinheiten verbesserte seine physische Fitness und schrieb eine klare Struktur für seine Bemühungen vor, seine Situation zu verbessern.Als er mehr Energie verspürte und sich fitter fühlte, startete er spontan eine Ini-tiative, seine Wohnung in Ordnung zu bringen und an seinen Tradingregeln zu arbeiten.Die Sitzungen mit einem Trainer gaben ihm ein neues Drehbuch und positive Erfahrungen, die eine neue Identität widerspiegelten.Indem er in eine neue Rolle hineinwuchs, machte er neue Erfahrungen mit sich selbst – und das wirkte sich auf viele Aspekte seines Lebens aus.Hier ist ein weiteres Beispiel: Jahrelang war ich ungeduldig – mit mir selbst, mit anderen Personen, mit dem Trading und sogar mit den Verbesserungen, welche die von mir therapierten Menschen erzielten .Als Margie und ich zwei Kinder hatten, fand ich mich allerdings in einer neuen Rolle wieder, die mir Ungeduld nicht erlaubte, wenn ich ein guter Vater sein wollte.Von Anfang an war klar, dass sich die Persönlichkeiten beider Kinder von meiner stark unterschieden.Ich musste über Möglichkeiten nachdenken, auf ihrer Basis mit ihnen zu kommunizieren.Diese neue Rolle als geduldiger Vater führte zu einer Konfrontation mit etlichen diskrepanten Erfahrungen.Ich bemerkte, dass ich nun in vielen verschiedenen Situationen geduldiger war; sei es hinter dem Lenkrad meines Autos oder bei der Arbeit mit einem Klienten in einer verfahrenen Lage.Die neue Rolle führte zu neuartigen und positiven Drehbüchern.Ich sehe mich selbst heute tatsächlich anders, nämlich als relativ ruhigen und geduldigen Menschen.Das wurde ein integraler Bestandteil meiner Identität.Mehr Informationen darüber, wie neue Erfahrungen zu neuen Rollen und Drehbüchern führen, finden Sie in meinem Blog: http://traderfeed.blogspot.de/2006/11/cross-cultural-journey.html.Hier ist Ihre Herausforderung und Ihre Aufgabe: Identifizieren Sie die Person, die Sie sein möchten, und gehen Sie dann einer strukturierten sozialen Aktivität nach – also einer Rolle –, die es erfordert, dass Sie diese Ideale in die Tat umsetzen.Wenn Sie disziplinierter werden wollen, wählen Sie eine Tätigkeit, die Disziplin erfordert: eine Kampfsportart, die Arbeit mit einem 48 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 49

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persönlichen Trainer oder dergleichen.Wenn Sie geduldiger und konzentrierter werden wollen, machen Sie Meditationstraining oder arbeiten Sie mit kleinen Kindern, für die Sie sorgen.Wenn Sie mehr Selbstvertrauen in sozialen Situationen erwerben wollen, halten Sie Vorträge in der Öffentlichkeit.Wenn Sie aggressiver traden wollen, werden Sie Mitglied einer Tradergruppe, die den von Ihnen angestrebten Stil aufweist, und beteiligen Sie sich aktiv an deren Diskussionen.Schaffen Sie die Rollen, die Ihre gewünschte Identität widerspiegeln; suchen Sie Live-Drehbücher Ihrer Wahl.Wenn Sie sich in Situationen begeben können, in denen Sie routinemäßig üben, die Person zu sein, die Sie sein wollen, werden Sie schnell zu dieser Person.Veränderung beginnt mit neuartigen Erfahrungen und wird durch Wiederholung stabilisiert.

Coaching-Schlüssel Um der Trader zu werden, der Sie sein wollen, könnten Sie erwägen, sich einen Schüler oder Trainee zu suchen. Wenn jemand Sie beobachtet und von Ihnen lernt werden Sie Ihr bestes Verhalten an den Tag legen. So erhalten Sie Zugang zu Verhaltensmustern, die Sie in Isolation nie in die Tat umsetzen würden. Sie können auch die Rolle des Mentors für einen anderen Trader übernehmen. Die soziale Motivation, für Ihren Kollegen Ihr Bestes zu tun, wird Ihnen den Zugang zu Ihren optimalen Verhaltensmustern ermöglichen.

Lektion 9: Wie Sie Selbstvertrauen aufbauen könnenTrading ist eine der anspruchsvollsten Beschäftigungen, weil Trader ständig mit Arbeitsbedingungen konfrontiert sind, die sie nicht kontrollieren können.Psychologische Studien zeigen, dass das Erlebnis der eigenen Wirksamkeit eine wichtige Basis des Selbstvertrauens ist: die Wahrnehmung, dass wir Ergebnisse kontrollieren können, die wichtig für uns sind.Aber wie können wir unser Selbstvertrauen als Trader stabilisieren, wenn wir von einem Tag auf den anderen nicht kontrollieren können, ob wir Geld verdienen?Kürzlich rief mich ein Trader an und drückte seine Frustration über seine Performance aus.Die Märkte entwickelten sich gut und meistens erwischte er die richtige Richtung.Er stieg aggressiv in Positionen ein, wurde aber zum schlechtesten Zeitpunkt ausgestoppt, wenn sich der Markt kurz und scharf gegen den Trend bewegte.Als wir seine Tradingstatistiken überprüften, fanden wir heraus, dass seine durchschnittlichen Gewinne höher waren als seine durchschnittlichen Verluste, dass er aber viel mehr Verlust- als Gewinntrades Ihr täglicher Tradingcoach verzeichnete.Diese ständigen Verlusttrades ließen sein Selbstvertrauen erodieren.Was war also das Problem?Unser Trader wartete, bis sich der Markt in die erwartete Richtung bewegte, und stieg dann mit vollem Einsatz ein.Zu diesem Zeitpunkt hatte der Markt schon eine gewisse Bewegung vollzogen und Scalper warteten auf Chancen, Gewinne mitzunehmen.Wegen seines vollen Einsatzes konnte er diese Bewegungen gegen den Trend nicht durchstehen und sein Risikomanagement sorgte dafür, dass er seinen Plan nicht standhaft verfolgte .Der Markt kontrollierte ihn; er hatte keine Kontrolle über sein Trading.Der Verlust seines Selbstvertrauens war unvermeidlich.Für die Zurückgewinnung des Selbstvertrauens in einer solchen Situation ist es entscheidend, sich nicht mehr darauf zu konzentrieren, dass man beim tatsächlichen Trading Geld verdient (oder verliert) .Wir stellten eine einfache Größe zur Volumenbestimmung der einzelnen Einheiten auf.Der Trader konnte nur mit einer Einheit in Positionen einsteigen (die Maximalgröße betrug drei Einheiten).Wenn sich die Position zu seinen Gunsten entwickelte, dann aber das übliche Retracement vollzog, fügte er eine zweite Einheit hinzu.Wenn die Position zu seinen Ungunsten lief, hielt er sich an einen festgelegten Stopp-Loss und stieg mit minimalem Verlust aus, weil er ja nur ein Drittel seines maximalen Einsatzes investiert hatte.Der Trader konnte die Bewegung des Markts nicht kontrollieren, aber er konnte seine Positionsgröße bestimmen.Diese Prozesskonzentration förderte ein Gefühl der eigenen Wirksamkeit und war der entscheidende Faktor, dass er sein Selbstvertrauen wiedererlangte.Sie kontrollieren, wie Sie traden. Der Markt kontrolliert, wie und wann Sie dafür bezahlt werden.Das ist ein Grund, warum Trading mit Regeln so wichtig ist.Ihre Gewinn-Verlust-Bilanz können Sie nicht kontrollieren, aber Sie können kontrollieren, ob Sie sich an Tradingregeln halten.Sie konzentrieren sich darauf, gut zu traden, und nicht darauf, Geld zu verdienen.Jede befolgte Regel – jeder gut getradete Markt – ist im Sinn des Prozesses ein Erfolgserlebnis.Im Lauf der Zeit kommen die Gewinne von selbst (wenn die Regeln vernünftig sind!), aber das Selbstvertrauen erwächst aus der Selbstüberwindung.50 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 51 Auch die Vorbereitung ist eine wichtige Quelle der persönlichen Wirkmächtigkeit.Wenn Sie Ihre Tradingideen für den Tag oder für die Woche vorbereiten, schaffen Sie das Gefühl der mentalen Meisterschaft.Das trifft vor allem dann zu, wenn Ihre Vorbereitung Wenn-dann-Szenarien enthält, die Ihre Entscheidungsfindung unter den verschiedensten Marktbedingungen leiten.Die Erfahrung von Erfolg ist eine wunderbare Quelle der Meisterschaft und die mentale Wiederholung von Tradingplänen unter verschiedenen Marktszenarien führt zu dieser Form von Erfahrung.Als Psychologe bin ich beeindruckt von dem Ausmaß, in dem Trader, die sich einer rigorosen Vorbereitung unterziehen, das Gefühl haben, sie verdienten es, zu gewinnen.Dieses Gefühl fehlt denjenigen, die oberflächlich Zeitungen durchblättern, Charts oder Websites betrachten und sich hinterher an ihren Computer set-zen, um ihre Börsenaufträge zu erteilen.Viele Trader verwechseln Selbstvertrauen mit positivem Denken.Selbstvertrauen bedeutet nicht, das Beste zu erwarten. Es bedeutet, tief im Innersten zu wissen, dass man auch mit dem Schlimmsten umgehen kann .Ein Trader

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mit Selbstvertrauen kann einem Stop-Loss-Niveau ins Auge sehen und wissen, dass es ihm dennoch gut gehen wird, wenn dieses Niveau erreicht wird.Der selbstbewusste Trader weiß, dass Verluste ein Teil des Spiels sind – und dass einige unserer besten Börseninformationen aus guten Tradingideen erwachsen, die nicht funktionieren.Selbstvertrauen ist keine Überheblichkeit und bedeutet auch nicht, die Welt durch eine rosarote Brille zu sehen.Es ist das ruhige Gefühl: »Ich habe das schon einmal erlebt und kann damit umgehen.«Selbstvertrauen erwächst nicht daraus, dass man immer richtigliegt.Es entsteht, wenn man die vielen Gelegenheiten bedenkt, bei denen man falschliegt.Nichts ist für den Aufbau des Selbstvertrauens so wichtig wie Erfolgserlebnisse in bedrohlichen Situationen.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, ist es eine Ihrer wichtigsten Aufgaben, Ihre eigene positive Tradingerfahrung zu schaffen.Erst heute Morgen habe ich eine E-Mail von einem Trader gelesen, der in den letzten beiden Jahren enorme Verluste erlitten hatte.Nun hatte er Probleme, sich den Optimismus zu bewahren, den er brauchte, um mit normalen Verlusten umgehen zu können.Er war nicht als Trader gescheitert, sondern als sein eigener Tradingcoach.Wenn wir uns selbst traumatisieren, schaffen wir negative Erfahrungen.Wir schaffen ein Gefühl der Hilflosigkeit Ihr täglicher Tradingcoach statt Meisterschaft.Wir schaffen tiefe emotionale Verbindungen zwischen Trading und Verlust statt zwischen Trading und eigener Wirkmächtigkeit.Wir untergraben unser Selbstvertrauen.Man kann sehr gut Selbstvertrauen aufbauen, wenn man sich darauf konzentriert, wie man tradet, wenn man in der Verlustzone steckt.Wenn Selbstvertrauen daraus erwächst, dass man mit Erfolg bei widrigen Bedingungen navigiert, dann können Sie Ihr Selbstvertrauen ausbauen, indem Sie daran arbeiten, wie Sie agieren, wenn Ihre Trades gegen Sie laufen.Die Idee dahinter: Konzentrieren Sie sich auf gutes Trading, indem Sie sich die Chance geben, sich selbst aus dem Schlamassel zu ziehen, indem Sie zwar nicht zu früh aus einem Verlusttrade aussteigen, diesem aber auch nicht erlauben, so weit gegen Sie zu laufen, dass dies zu einem Trauma führt.Jeder geplante Verlust, den Sie akzeptieren, liefert Ihnen eine Kontrollerfahrung.Jeder Rückschlag, aus dem Sie sich wieder herauskämpfen, ist eine Erfahrung von Meisterschaft.Wenn Sie Ihre Verluste aufholen, stärken Sie Ihr emotionales Stehvermögen.Sie können nicht kontrollieren, ob Sie mit einem bestimmten Trade gewinnen oder verlieren, aber Sie können kontrollieren, wie viel Sie verlieren und wie Sie es verlieren.Jeder Trader braucht einen Plan für den Fall von Verlusten.Ihr Stop-Loss ist Ihr Plan für einen Verlusttrade.Kürzen Sie Ihre Positionsgrößen nach einer Reihe von Verlusttagen und konzentrieren Sie in Rückschlagsphasen Ihre Anstrengungen auf die Trades mit der höchsten Gewinnwahrscheinlichkeit.In der Grundausbildung setzt die Armee die Rekruten den härtesten physischen Bedingungen aus.Sobald die Rekruten ihre Ausbildung abgeschlossen haben, sind sie zutiefst überzeugt, dass sie mit allen erdenklichen Situationen in einem bewaffneten Kampf umgehen können.Sie sollten Ihre Verlusttrades und Ihre Verlustphasen als Grundausbildung betrachten – als Ihre Feuerprobe.Ihre Verlusttrades und Verlustphasen sind Ihre Feuerproben, die Widerstandskraft und Selbst-vertrauen aufbauen.Wie werden Sie mit einem signifikanten Verlusttrade umgehen? Wie werden Sie mit einem Tag signifikanter Verluste umgehen? Mit einer Woche? Mit einem Monat? Wie stellen Sie sicher, dass Sie sich auf Ihre Stärken verlassen, sich von den Verlusten erholen und Widerstandskraft aufbauen können? Ihre Aufgabe besteht darin, Pläne für Verluste aufzustellen, immer zu wissen – 52 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 53 und es mental ständig zu wiederholen –, was Sie von den Trades und den Märkten erwarten, damit Sie Ihre Bemühungen neu ausrichten können.In der Psychologie bietet die Krise eine Chance: Sie erschüttert unsere Annahmen und zwingt uns dazu, unser Denken und Handeln zu verändern.Ihre Herausforderung als Ihr eigener Coach besteht darin, die Chancen aufzuspüren, die in den Krisen liegen.Dazu müssen Sie Pläne für wirklich alles entwickeln, was schiefgehen kann, und sie sich immer wieder ins Gedächtnis rufen.Um sich auf Hurrikans und Tornados vorzubereiten, entwickeln Gemeinden nicht nur Katastrophenpläne, sondern sie führen auch praktische Katastrophenübungen durch.Veränderung entsteht durch Vorbereitung und Training: Man muss sich die richtigen Reaktionen derart in Fleisch und Blut übergehen lassen, dass sie einem zur zweiten Natur werden, wenn eine Börsenkatastrophe lauert.

Coaching-Schlüssel Kurz bevor ich dieses Kapitel schrieb, kontaktierte mich ein erfahrener Trader und erklärte, er habe einige seiner Regeln gebrochen und damit den gesamten Gewinn der Vorwoche wieder eingebüßt. Er war sehr aufgebracht und schrieb ein Memo an sich selbst, um sicherzustellen, dass er aus dieser Erfahrung gelernt hatte. Er schickte mir dieses Memo und bestand darauf, in ein paar Tagen darüber zu reden, um sicherzustellen, dass er sich auch daran gehalten habe. Das ist ein großartiges Beispiel dafür, wie ein Trader mit einem Verlust umgehen kann und ihn zu einer Chance verwandelt, ein besserer Trader zu werden. Er wollte die Sache nicht auf sich beruhen lassen, ohne seine Fehler korrigiert zu haben.Auf diese Weise bauen Trader durch Verlusterfahrungen Selbstvertrauen auf. Nach Ihrem nächsten krassen Fehler beim Trading schreiben Sie sich ein detailliertes Memo, das erklärt, was da schiefgegangen ist, warum es schiefgegangen ist und was Sie tun werden, um dieses Problem in Zukunft zu vermeiden. Dann schicken Sie dieses Memo an einen Tradingkollegen, dem Sie voll vertrauen, damit er Sie bei Gelegenheit daran erinnert und Sie es nicht vergessen. Auf diese Weise kann jeder grobe Fehler zum Auslöser bedeutender Veränderungen werden.

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Lektion 10: Die fünf besten Übungen, um Veränderungen zu bewirken und zu stabilisieren

In den ersten beiden Jahren meiner Berufslaufbahn als Psychologe arbeitete ich in einem städtischen Zentrum für psychische Gesundheit.Ich half Einzelpatienten, Paaren und Familien im gesamten Spektrum emotionaler Probleme, von der Depression bis zum Drogenmissbrauch.Im folgenden Jahr arbeitete ich mit Studenten an der Cornell University.Das war mein erster Ihr täglicher Tradingcoach beruflicher Umgang mit recht gesunden Menschen, die es mit normalen entwicklungsbedingten Schwierigkeiten zu tun hatten.Mit den Erfahrungen aus diesen beiden Bereichen ging ich zur Upstate Medical University in Syracuse, New York.Dort koordinierte ich 19 Jahre lang die Bereiche Beratung und Therapie für Mediziner, Pflegekräfte, andere Studenten und Berufstätige auf dem Gebiet der Gesundheitswissenschaften.Dabei lernte ich die Anwendung kurzer therapeutischer Methoden zur Behandlung der Probleme junger Menschen, die in sehr anspruchsvollen und belastenden Berufen tätig waren.Diese Erfahrung erwies sich für meine Arbeit mit Tradern an den Finanzmärkten als unersetzlich.Während meiner Zeit in Syracuse hatte ich pro Jahr ungefähr je acht Therapiesitzungen mit circa 150 Studenten.Multiplizieren Sie das mit 19, dann können Sie sich vielleicht in etwa vorstellen, welche Veränderungen ich gesehen und nicht gesehen habe.Die brillanten Erfolge, das enttäuschende Scheitern: Das alles habe ich noch im Gedächtnis, als sei es erst letzte Woche gewesen.Wenn man im Lauf seines Berufslebens mit so vielen Menschen gearbeitet hat, entwickelt man ein gutes Gespür für Veränderungsprozesse und dafür, warum sie funktionieren oder stecken bleiben.Es spielt keine Rolle, ob man mit einem Missbrauchsopfer, mit einem Studenten an einer Elite-Universität, der an Prüfungsangst leidet, oder mit einem Medizinstudenten spricht, der zum ersten Mal mit dem Tod eines Patienten konfrontiert ist .Die Verände-rung hat eine ganz spezielle Struktur und Sequenz.Es gibt Faktoren, die sie beschleunigen, und andere, die sie behindern.Im Folgenden habe ich fünf der wichtigsten Elemente von Veränderungen beschrieben, mit denen ich es in meiner Arbeit als Tradingcoach zu tun habe.Wenn Sie mit diesen Elementen ausgerüstet sind, haben Sie gute Aussichten, beim Selbstcoaching erfolgreich zu sein.

1. Timing und Bereitschaft.Timing ist alles, in der Psychologie ebenso wie beim Trading.Die Forschungen von Prochaska und Di Clemente legen nahe, dass Menschen am wahrscheinlichsten dann Veränderungen vollziehen, wenn sie für Veränderungen bereit sind.Oft verspüren wir Konflikte, wenn es um Veränderungen geht.Wir sind nicht wirklich sicher, ob wir unsere alten Verhaltensweisen aufgeben wollen.Vor Kurzem sprach ich mit einem Trader, der viel mehr Geld verloren hatte, als er hätte verlieren sollen (und als sein Plan vorsah), weil er gleichzeitig drei 54 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 55 Positionen in voller Größenordnung tradete, als diese Positionen gerade eine sehr hohe Korrelation aufwiesen.Er lag falsch und fiel heftig auf die Nase.Aber als wir uns noch einmal das Vorgehen mit einzelnen Einheiten statt mit vollständigen Positionen ansahen, wurde klar: Er war sich nicht sicher, ob er wirklich mit geringeren Einsätzen agieren wollte.Er war zornig, weil seine Idee falsch gewesen war, aber nicht, weil er gegen die Disziplin des Risikomanagements verstoßen hatte.Mein Job bestand also darin, ihm zu helfen, die Veränderung, die er vollziehen musste, bereitwilliger vorzunehmen – ebenso wie ein Alkoholtherapeut dem Alkoholiker helfen muss, sich zur Abstinenz zu bekennen.Sie werden sich ändern, wenn Sie dazu bereit sind, und Sie werden für eine Veränderung bereit sein, wenn Sie erkennen, dass Sie sich ändern müssen.Wie wir bereits gesehen haben, kultivieren wir diese Notwendigkeit der Veränderung, indem wir eine engere emotionale Verbindung zu den Konsequenzen unseres Handelns herstellen.

2. Achtung, fertig, los! Eine Falle, in die ehrgeizige Trader tappen, wenn sie mit dem Coaching beginnen, ist, sämtliche Veränderungen auf einmal vollziehen zu wollen.Folglich überfordern sich Trader mit zu vielen Zielen, verwässern ihre Konzentration und verfolgen keines dieser Ziele auf wirklich angemessene Weise.Wenn Sie eine Liste mit fünf Veränderungen erstellen, die Sie vollziehen wollen, so wählen Sie diejenige aus, für die Sie am ehesten bereit sind (wie oben erörtert): also diejenige, für die zu arbeiten Sie am ehesten bereit sind.Arbeiten Sie jeden Tag intensiv an diesem Ziel, bis Sie dauerhafte Erfolge verzeichnen. Wenden Sie sich erst dann der nächsten Veränderung zu.Das Momentum Ihres Erfolgs bei der ersten Aufgabe wird sich auf die anderen übertragen und Ihnen bei der Arbeit helfen.Wenn Sie mit einem Ziel beginnen, an dem Sie arbeiten sollten, dem Sie sich aber nicht wirklich widmen, werden Sie mit Ihrer gesamten Coaching-Arbeit nicht wirklich weiterkommen.Überfordern Sie sich nicht mit Ihrer Arbeit, aber arbeiten Sie beständig an Ihrem Ziel.Bauen Sie Momentum und Erfolg auf; das wird Ihnen helfen, wenn Sie später an weiteren Veränderungen arbeiten.Wenn Sie Ihr eigener Coach sind, so konzentrieren Sie Ihre Anstrengungen und lassen Sie einen Erfolg die weiteren Aufgaben beflügeln.

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3. Verdoppeln Sie Ihre Anstrengungen.Wenn Sie eine erwünschte Veränderung erreichen, dürfen Sie nicht nachlassen.Konzentrieren Sie sich lieber darauf, wie Sie diese Veränderung erreicht haben, und verdoppeln Sie Ihre Anstrengungen.Setzen Sie sich das Ziel, diese Veränderung zu stabilisieren.Nur zu oft lassen Trader nach, wenn sie eine erste Verbesserung erzielt haben.Das ist so, als würden Sie im Boxring Ihren Gegner verletzen und dann nicht nachsetzen, um ihn endgültig zu besiegen.Sie wollen Ihre Motivation verdoppeln, statt Ihre schlechten Angewohnheiten wieder aufleben zu lassen.Wir haben gesehen, dass der Rückfall der Feind der Veränderung ist: Wir alle fallen nur zu leicht in alte Muster zurück, wenn wir nicht bewusste und beständige Anstrengungen unter-nehmen, neue Muster aufzubauen.Entscheidend für Veränderungen ist die Verhinderung von Rückfällen: Wir müssen neue Muster so oft wiederholen, dass sie ganz natürlich für uns werden.Jede Veränderung, die es überhaupt wert ist, dass man sie anstrebt, ist es auch wert, in 30 Tagen 30 Mal wiederholt zu werden.Bei den Anonymen Alkoholikern nimmt ein fest entschlossenes neues Mitglied innerhalb von 90 Tagen an 90 Meetings teil.Der Slogan lautet: »Bring deinen Körper ein, dann wird der Geist folgen.« Wenn Sie die Veränderung beständig genug trainieren, wird sie zu Ihrer Veränderung.Erfolgreiches Coaching bedeutet, für die Stabilisierung von Veränderungen ebenso hart zu ar-beiten wie für ihre Einleitung.

4. Bleiben Sie aktiv.Die psychologische Forschungsliteratur besagt, dass Veränderungen am wahrscheinlichsten sind, wenn wir sie aktiv anstreben.Das bedeutet, dass wir uns ändern, während wir neue Muster aufbauen – indem wir neue Dinge tun – und nicht einfach über Veränderungen reden oder nachdenken.Im Scherz sage ich oft, dass Trader zum Coaching eine ganz ähnliche Einstellung haben wie viele Leute zur Kirche: Sie gehen einmal in der Woche hin, um sich tugendhaft zu fühlen, und denken an den nächsten sechs Tagen nicht mehr daran.Ein wirklich religiöser Mensch will seinen Glauben jeden Tag leben und bei der Religion des tugendhaften Tradings ist es nicht anders.Daher sollte jedes einzelne Ziel von speziellen täglichen Aktivitäten begleitet sein, die dabei helfen, Fortschritte zu erzielen.Wenn besseres Risikomanagement Ihr Ziel ist, dann sollten Sie daran arbeiten, die Risiken jedes einzelnen Trades zu managen.Wenn Sie eine bessere Einstellung anstreben, sollten Sie jeden Tag spezielle Übungen durchführen, um ruhig und konzentriert zu bleiben.Sie werden Ihr Verhalten nicht verändern, indem Sie einfach Ihre Sicht der Dinge verändern.Sie werden erst dann anders denken, wenn Sie neue Verhaltensmuster entwickelt haben.56 Kapitel 1 – Veränderung: Der Prozess und die Praxis 57 5. Bleiben Sie positiv.»Wenn es nicht kaputt ist, repariere es nicht«, lautet die Philosophie derjenigen, die so lange nicht an ihrem Trading arbeiten, bis sie pleite sind.Wenn Sie gut traden, dann ist das so ziemlich die beste Zeit, um sich selbst zu coachen.Sie wollen nicht verändern, was funktioniert.Es geht vielmehr darum, in Ihren Bemühungen noch beständiger zu werden.Mehr von dem zu machen, was funktioniert, ist ein wertvolles Ziel, das dazu beiträgt, Ihre Vorteile noch stärker zu nutzen, wenn Sie gerade gut abschneiden.Die Alternative – nämlich sich auf Ihren Lorbeeren auszuruhen, wenn Sie Geld verdienen – fühlt sich komfortabel an, wird Sie aber nicht zu herausragenden Erfolgen führen.Kürzlich traf ich einen eigenständigen Trader, der mit recht geringen Einsätzen sehr gut tradete.Ein kurzer Blick auf seine Sharpe Ratio und seine Tradingergebnisse legte nahe, dass er einfach dadurch mehr Geld verdienen könnte, wenn er in seinem Portfolio höhere Risiken einginge und seinen ganz einfachen Setups sowie seinen Märkten treu bliebe.Wir entwickelten einen Plan dafür und er verwandelte gute Erfolge in herausragende Erfolge.Durch die Formulierung positiver Ziele – die Konzentration auf Veränderungen, die sich darauf bezogen, mehr von den richtigen Dingen zu tun – machte er das Beste aus seinen Stärken.Aus diesem Grund sage ich den Leuten oft, die beste Zeit für Coaching sei gekommen, wenn man entweder wirklich gut oder wirklich schlecht abschneidet.

Die besten Trader sind meiner Meinung nach diejenigen, die aus der Selbstoptimierung eine Lebensweise gemacht haben.Solche Trader verspüren einen Antrieb – im Arbeitsleben, bei der körperlichen Fitness und in der Freizeit.Sie ziehen große Bedeutung und Befriedigung daraus, dass sie die Besten sind, die sie sein können .Das trifft auch auf großartige Athleten zu: Sie lieben ihr Training und fordern sich ständig selbst heraus.Wenn Veränderung zum Lebensstil wird, sehen wir beispielhafte Performance.An diesem Punkt wird das Selbstcoaching zur Lebensphilosophie – zu einem Organisationsprinzip – und nicht einfach zu einer von vielen Aktivitäten im Lauf der Woche.

Coaching-Schlüssel Welche Veränderung wünschen Sie sich abgesehen vom Trading am meisten? Entwickeln Sie einen täglichen Aktionsplan für das Ziel, das Ihnen beim Trading helfen wird. Es geht darum, den Coach in Ihnen zu stärken, egal ob Sie an Ihren Finanzen, Ihren Beziehungen, Ihrem körperlichen Zustand oder Ihrem Können beim Schachspiel arbeiten. Das Ziel ist, Veränderungen herbeizufüh-ren, in allen Lebensbereichen ein Meister der Veränderung zu werden. Die Arbeit an Ihrem Leben außerhalb des Tradings ist eine Möglichkeit, Ihr Selbstcoaching als Trader aufzubauen.

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Ihr täglicher Tradingcoach

QuellenDer Blog Become Your Own Trading Coach ist die wichtigste zusätzliche Informationsquelle dieses Buchs.Sie finden Links und zusätzliche Postings zu diesem Thema auf der Homepage des Blogs für Kapitel 1: http://becomeyourowntradingcoach.blogspot.de/2008/08/daily-trading-coach-chapter-one-links.htmlEinige Veränderungen – vor allem bei Problemen, die schon seit Langem bestehen und auf signifikante Weise mit Beziehungen und/oder Arbeit zu tun haben – erfordern vielleicht ein wenig mehr Selbstcoaching .Hier ist eine Referenzliste für kognitive Therapeuten, die ich hilfreich fand:http://www.academyofct.org/i4a/pages/index.cfm?pageid=1.Eine detaillierte, auf Forschungsarbeiten basierende Zusammenfassung der Literatur über Veränderung finden Sie in Bergin and Garfield’s Handbook of Psychotherapy and Behavior Change, erschienen bei Wiley in fünfter Auflage (2003).Von besonderer Bedeutung sind die Kapitel in Section 2 mit dem Thema: »Evaluating the Ingredients of Therapeutic Efficacy«.Einen Überblick über Kurztherapien bezüglich Veränderungen finden Sie in meinem Kapitel »Brief Therapy« im Handbook of Clinical Psychology, Band 1, herausgegeben von Michel Hersen und Alan M.Gross, ebenfalls erschienen bei Wiley (2008).Eine beachtenswerte Sammlung kreativer Methoden zum Thema Veränderungen finden Sie in Clinical Strategies for Becoming a Master Psychotherapist, herausgegeben von William O’Donohue, Nicholas A.Cummings und Janet L.Cummings (Academic Press, 2006).Hier finden Sie auch mein Kapitel »The Importance of Novelty in Psychotherapy.«58 59

Kapitel 2Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen

können

Wenn Sie planen, weniger zu sein, als Sie sein können, werden Sie wahrscheinlich an jedem Tag Ihres Lebens unglücklich sein.Abraham Maslow

Wenn Trader nach Coaching suchen, gehört es zu ihren häufigsten Anliegen, Hilfe bei der Reduzierung von Stress zu bekommen.Die Annahme lautet, dass weniger Stress besser ist und dass die Leute gut traden würden, wenn sie nur den Stress eliminieren könnten.Aber stimmt das auch?In diesem Kapitel werden wir einen Blick auf Stress und Disstress (also negativen Stress, der als Überlastung empfunden wird) werfen – und auch auf die Unterschiede zwischen beiden.Wir werden zudem untersuchen, wie man damit fertig wird und welches effektive und ineffektive Reaktionen auf mit Stress verbundene Situationen sind.Eine der größten Herausforderungen des Coachings in einem höchst intensiven, von Wettbewerb geprägten Umfeld besteht darin, dafür zu sorgen, dass normaler, zu erwartender Stress nicht zu belastendem Disstress wird, der die Performance zerstört.In der Praxis bedeutet dies die Unterscheidung zwischen den Arten von Stress, die untrennbar mit dem Beruf des Traders verbunden sind, und solchen, die wir uns unwissentlich selbst auferlegen.Sehen wir uns an, wie Sie beim Selbstcoaching den Stress für sich arbeiten lassen können.Ihr täglicher Tradingcoach

Lektion 11: Stress verstehenMan hört oft Vorschläge, Trader sollten psychische Belastungen eliminieren oder stark minimieren.Das ist natürlich unmöglich.Schon die bloße Tätigkeit des Tradings erfordert die tägliche Auseinandersetzung mit Risiko und Unsicherheit.Psychischer Stress ist uns sicher, wenn wir in einem solchen Umfeld agieren.Wenn minimaler Stress Ihr Ziel ist, sollten Sie sich nicht zum Trading berufen fühlen.Viele Trader – und Tradingcoachs – verwechseln Stress mit Überlastung.Nicht jeder psychologische Stress ist jedoch mit Überlastung verbunden und nicht jede psychische Belastung ist schlecht.Wenn Sie Ihr eigener Coach werden wollen, um erfolgreich zu traden, ist es wichtig, dass Sie Stress verstehen: Wie er der Performance hilft und wie er zum belastenden Disstress werden und der Entscheidungsfindung im Weg stehen kann.Fangen wir mit einem alltäglichen Beispiel an.Sie sind auf einer langen Autofahrt unterwegs und langweilen sich ein wenig.Plötzlich wird der Wind stärker und es beginnt heftig zu schneien.Die Sicht ist stark eingeschränkt und Sie merken, dass die Straße rutschig wird.Schon beugen Sie sich über das Lenkrad, starren aufmerksam durch die Windschutzscheibe und reduzieren die Geschwindigkeit.Ihre Langeweile ist ganz plötzlich in Alarmstimmung umgeschlagen.Sie fahren nicht mehr mit Autopilot.Das ist psychischer Stress: ein gesteigerter physischer und kognitiver Zustand, der uns darauf vorbereitet, mit Herausforderungen fertigzuwerden.Man spricht auch von der Flucht- oder Kampfreaktion, weil sie Körper und

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Geist mobilisiert, gefährlichen Situationen entweder aus dem Weg zu gehen oder sich ihnen direkt zu stellen.Muskelanspannung, Aufmerksamkeit und Adrenalinausstoß – das sind nur einige Hinweise darauf, dass wir in eine Stresssituation geraten sind.Beachten Sie, dass es sich im Beispiel des Fahrens im Schneesturm um eine adaptive Reaktion handelt .Wären Sie weiter auf Autopilot gefahren, hätten Sie vielleicht Ihre Geschwindigkeit nicht verringert und Maßnahmen ergrif -fen, um einen Unfall zu vermeiden.Der Stresszustand hat Ihre Energie mobilisiert – Sie aus Ihrer Langeweile herausgerissen –, um mit der neuen Situation fertigzuwerden.Sie können sich denken, wie verrückt es wäre, in dieser Situation über die Minimierung von Stress zu reden: Wenn Sie mit einem 60 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 61 Fahrzeug in einem Schneesturm unterwegs sind, der Ihnen die Sicht nimmt, dann sollten Ihr Geist und Ihr Körper mobilisiert werden!Stress ist die Mobilisierung von Geist und Körper; er kann Performance erleichtern.Aber führen wir unser Beispiel noch einen Schritt weiter.Ich habe mehr als 20 Jahre in der Region Syracuse im Staat New York gelebt.Daher ist ein Schneesturm für mich eine Herausforderung, die mir durchaus vertraut ist.Ich habe solche Bedingungen schon erlebt und weiß, was ich in einem solchen Fall zu tun habe.Mein Stress wird niemals zum Disstress, weil ich Sturm nie als akute Bedrohung empfinde.Stellen Sie sich allerdings vor, ich käme aus Florida und hätte noch nie einen solchen Sturm erlebt .Ich habe von Auffahrunfällen unter solchen Bedingungen gehört und mache mir Sorgen, meine Reifen könnten den Halt auf der Straße verlieren.In diesem Fall ist der Sturm eine große Bedrohung für mich und ich fühle mich nicht in der Lage, damit fertigzuwerden.Mein Stress wird schnell zum Disstress, weil sich das Gefühl des Alarmiertseins in Angst verwandelt.Das einfache Beispiel mit dem Auto zeigt, dass die Wahrnehmung und die Erfahrung den Unterschied zwischen Stress und Disstress ausmachen.Als ich Student an der Duke University war, führten David Aderman und ich ein Experiment durch.Wir ließen zwei Gruppen von Versuchspersonen eine Rede halten.Beide Gruppen erhielten ein negatives Feedback zu ihrer Performance.Der ersten Gruppe erzählten wir, die Fähigkeiten als Redner hingen mit der Persönlichkeit zusammen und ließen sich nicht verändern.Die zweite Gruppe bekam zu hören, dass sie ihre Fähigkeiten als Redner relativ leicht verbessern könne.Am Ende der Sitzung berichtete die erste Gruppe über wesentlich mehr negativen Stress als die zweite.Nicht das negative Feedback hatte das Gefühl der Überforderung verursacht, sondern die Wahrnehmung, dass man nicht in der Lage war, die negative Situation zu verändern.Unsere Interpretationen von Situationen verwandeln normalen Stress in Disstress.Was hat das mit Trading zu tun? Wenn Sie Ihr Kapital riskieren, sind Sie wie der Autofahrer auf der verschneiten Straße.Sie sind aufmerksam und verarbeiten Informationen sofort, um rasche Korrekturen vornehmen zu können, falls das nötig ist.Wenn Sie das Verlieren als natürlichen Teil des Tradings Ihr täglicher Tradingcoach betrachten, schon früher Verluste erlitten und sich wieder davon erholt haben und über Mechanismen verfügen, Ihre Verluste zu begrenzen, ist es unwahrscheinlich, dass aus Stress Disstress wird.Der Verlusttrade ist einfach nur lästig, so wie man sich wegen eines Schneesturms beim Autofahren verspätet.Wenn Sie Verluste allerdings nicht als natürlich betrachten und vor allem wenn Sie keine Begrenzungen Ihrer Positionsgrößen und keine Stop-Loss-Limits haben, um Ihre Verluste zu begrenzen, kann sich der Stress eines Trades, der gegen Sie läuft, durchaus in Disstress verwandeln.Ihre Fähigkeit, sich zu konzentrieren und mitten im Geschehen Korrekturen vorzunehmen, wird darunter leiden.Sie werden sich vorkommen wie ein Autofahrer aus Florida, der im Nordosten in einen Schneesturm geraten ist.Begrenzungen der Postionsgrößen, Tradingpläne und Stop-Loss-Limits sind wie Winterreifen an Ihrem Auto. Sie scheinen nicht viel für Sie zu leisten, solange die Dinge gut laufen, aber sie werden Ihnen mit Sicherheit dabei helfen, mit schwierigen Bedingungen umgehen zu können.Wenn ein Autofahrer im Schnee in Panik gerät, ist er nicht davon überzeugt, dass er sein Auto kontrollieren kann.Ein Fahrer, der Erfahrungen mit winterlichen Straßenverhältnissen hat, weiß, dass er es kann.Ein Trader in Panik hat nicht das Gefühl, seine Verluste kontrollieren zu können.Der erfahrene Trader weiß, dass man Verluste immer begrenzen kann.Als Ihr eigener Tradingcoach müssen Sie lernen, Stress als Chance zu verstehen – und Sie müssen immer dafür sorgen, dass er nicht zu negativem Stress wird.Ein fantastisches Ziel, um Ihr Trading zu verbessern, besteht darin, den Tag mit Richtlinien für die Positionsgrößenbestimmung zu beginnen.Mit Verlustlimits pro Trade, Kurszielen für jeden Trade und Verlustbegrenzungen für den Tag, mit denen Sie wirklich leben können.Das Risiko, das Sie bei jedem Trade einzugehen bereit sind, sollte bedeutend geringer sein als das Renditepotenzial, das in Ihren Gewinnzielen steckt.Die Geldsumme, die Sie an jedem Tag zu verlieren bereit sind, sollte nur ein Bruchteil der Summe sein, die Sie an den besten Tagen gewinnen.Wenn Sie häufig traden, sollte Sie kein Verlust mit einem einzelnen Trade davon abhalten, an diesem Tag Geld zu verdienen.Kein einzelner Tagesverlust sollte so hoch sein, dass Sie die Woche nicht noch mit Gewinn abschließen können.Vorbereitung und Vertrautheit verhindern, dass sich Stress in belastenden Disstress verwandelt, weil sie Ihr Gefühl stärken, die Dinge unter Kontrolle zu haben.Wenn Sie Ihre Verlustniveaus planen und diese Pläne immer wieder überprüfen, werden sie Ihnen vertraut und Sie sind darauf 62 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 63

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vorbereitet.(Sehen Sie sich hierzu den kurzen Fragebogen am Ende der Lektion an.Mit ihm können Sie abschätzen, ob sich Ihr Stress in Disstress verwandelt.)Wenn Sie auf widrige Bedingungen vorbereitet sind, werden Sie mit normalem Stress, nicht aber mit Disstress reagieren.Trading wird immer mit Stress verbunden sein, aber Selbstcoaching stellt sicher, dass es nicht von dem Gefühl der Überlastung geprägt ist.Denken Sie daran: Sie müssen sich eine Einstellung bewahren, die Ihr Zutrauen und Ihre Motivation auf hohem Niveau hält.Unter diesen Bedingungen werden Sie härter arbeiten, mehr lernen und den Stand Ihres Tradingkontos im Lauf der Zeit steigern.Das bedeutet nicht die Abwehr von Stress. Es bedeutet, dass Sie wirksame Trennlinien zwischen Stress und Disstress schaffen.Das Risikomanagement ist in dieser Hinsicht mit der beste psychologische Schutz.Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen anhand der unten genannten Skala:1. = selten oder nie2. = gelegentlich3. = manchmal4. = ziemlich oft5. = meistensWie oft wirken sich die im Folgenden genannten Faktoren auf Ihre Arbeit und/oder Ihre Be-ziehungen aus?1. Nervosität oder Angst?2. Eine niedergeschlagene oder depressive Stimmungslage?3. Frustration oder Wut?4. Schuld oder Schuldgefühle?5. Alkohol oder andere Substanzen?6. Auseinandersetzungen oder Streit?7. Müdigkeit oder Erschöpfung?8. Schlafprobleme?9. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Muskelverspannungen?10. Sorgen oder negatives Denken?Beachten Sie: Schon ein Einzelwert von 4 oder höher rechtfertigt professionelle Konsultati-on (siehe hierzu den Abschnitt »Ressourcen« am Ende dieses Kapitels), vor allem wenn das Problem schon lange besteht (länger als ein Jahr). Mehrere Einzelbewertungen von 3 oder höher sind ebenfalls der Aufmerksamkeit wert. In den Kapiteln 4 bis 6 dieses Buchs werde ich spezifische Kurztherapietechniken vorstellen, die im Umgang mit diesen Problemen hilfreich sein können – vor allem wenn sie situativ auftreten und nicht chronisch sind.Ihr täglicher Tradingcoach

Lektion 12: Gegenmittel bei schädlichen Grundannahmen

Was wir vom Leben erwarten, formt unsere emotionalen Erfahrungen.Wenn wir gute Dinge erwarten, sind wir meist optimistisch und voll Energie.Wenn wir negative Ergebnisse erwarten, neigen wir zu Angst.Wenn wir erwarten, keinen Erfolg zu haben, fühlen wir uns entmutigt und niedergeschlagen.Wenn wir mit Perfektion rechnen, wird uns die Realität ständig enttäuschen.In nicht geringem Ausmaß sind unsere Emotionen Barometer des Ausmaßes, inwiefern wir unsere eigenen Erwartungen erfüllen oder hinter ihnen zurückbleiben.Das ist ein wichtiges Prinzip, denn psychologische Forschungsergebnisse legen nahe, dass unsere Emotionen verfälscht werden, wenn unsere Erwartungen von voreingenommenen Einstellungen geprägt sind.Vor allem für Trader am Beginn ihrer Karriere sind Emotionen und Erwartungen wichtig.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, ist es für Sie von höchster Priorität, diejenigen positiven Erfahrungen zu machen, die Ihre Mo-tivation und Ihre Lernbemühungen fördern.Wer sich entmutigt, besiegt und ängstlich fühlt, kann nicht effektiv lernen.Wenn Sie in dem Bereich von Fokus und Konzentration bleiben wollen, die Ihre Lernbemühungen maxi-mieren, müssen Sie in den Märkten versunken sein.Das kann aber niemand schaffen, der gleichzeitig mit dem Gefühl von Disstress zu kämpfen hat.Ich möchte Sie nun darum bitten, Ihre Erwartungen im Sinn von Ayn Rand zu überprüfen .Sie forderte die Leute dazu auf, »ihre Präferenzen festzustellen«, wenn sie zu widersprüchlichen Schlussfolgerungen gelangten (»Ich sollte glücklich sein«, aber: »Ich sollte nicht selbstsüchtig sein«).Das gilt besonders dann, wenn Sie bemerken, dass sich negativer Stress auf Ihr Lernen und Ihre Entwicklung auswirkt.Die folgenden Erwartungen wirken sich für Anleger am schädlichsten aus:Coaching-SchlüsselBedenken Sie alles, was bei Ihrem Trading schiefgehen kann: Vielleicht können Sie Ihren Broker nicht erreichen; vielleicht bricht Ihre Online-Verbindung zusammen; vielleicht versagt Ihr Equipment oder Ihr Datenlieferant. Meine eigene Tradingstation ist klein, aber ich habe auf allen genannten Gebieten vorgesorgt. Ich habe mehrere Broker, mehrere Online-Verbindungen, mehrere Computer und mehrere Datenversorger. Es gibt immer einen erprobten Plan B, falls etwas ausfallen sollte, wenn ich gerade eine Position trade. Sollte etwas schiefgehen, verursacht mir das zwar Stress, aber kein Gefühl der Überlastung .64 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 65

1. Ein guter Tag ist ein Tag mit Gewinnen.Das ist eine Annahme und eine Erwartung, die dafür sorgt, dass Ihre emotionale Erfahrung mit Ihrer Gewinn-Verlust-Bilanz steigen und sinken wird.In der Regel erwarten wir einen guten Tag.Indem wir einen guten Tag mit einem Gewinntag gleichsetzen, setzen wir uns einer enttäuschenden Erfahrung aus, wenn uns die ganz normale Unsicherheit des Markts Verluste beschert.Ein guter Tag ist ein Tag, an dem wir vernünftige Tradingpraktiken anwenden, vom geschickten Einstieg bis zu klugem Risikomanagement.Einige gute Tage werden uns Gewinne bringen, andere nicht.Wir können miserabel traden und trotzdem in einen Gewinn hineinstolpern.Wir können einen Trade mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von zwei Dritteln durchführen und damit so oft Geld verlieren, wie einer der besten Hitter beim Baseball den Ball trifft.Wir sollten erwarten, gute Tage zu erleben – wenn wir sie als Tage mit vernünftigen Tradingpraktiken definieren.Wenn vernünftige Tradingpraktiken im Lauf der Zeit keine Gewinne abwerfen, müssen wir diese Praktiken vielleicht

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verändern.Aber wenn man sich dem Trading in der Erwartung widmet, damit jeden Tag Geld zu verdienen, wird man emotionale Enttäuschungen erleben.Setzen Sie sich niemals ein Ziel, wenn Sie nicht die vollständige Kontrolle darüber haben, es erreichen zu können.

2. Härtere Arbeit beim Trading bedeutet, öfter zu traden.Die Annahme hierbei lautet, dass man mehr lernt und Können schneller aufbaut, wenn man mehr tradet.Das Resultat: Man übertreibt es mit dem Trading und überlässt die Gewinne im Lauf der Zeit den Brokern und den Kursmaklern.Jeder Trade beginnt als Verlierer.Man verliert den Spread zwischen Geld- und Briefkurs, wenn man zum aktuellen Börsenkurs kauft, und natürlich muss man auch die Transaktionsgebühr bezahlen.Der Verlust eines einzigen Ticks pro Trade, der von der Auftragsausführung abhängt, zusätzlich zu den Ausführungsgebühren, kann problemlos Tausende Dollar Verlust für einen Daytrader eintragen, der ohne diese Faktoren keine Verluste gemacht hätte.Wenn wir öfter traden, ohne ganz exakte Vorstellungen von unserem Trade zu haben, wird unser Broker immer reicher und wir werden immer ärmer.Die kleinen Kursunterschiede bei der Ausführung von Trades sind nur ein kleiner Teil des Lernprozesses von Tradern.Der Löwenanteil der Entwicklung entsteht durch die Beobachtung von Mustern in Simulation oder in Echtzeit.Man trainiert die Ausführung und das Ausstoppen von Trades nur auf dem Papier (und Ihr täglicher Tradingcoach im Simulationsmodus), bevor man echtes Kapital riskiert, und erforscht damit seine Tradingideen.Wenn wir erwarten, dass das Trading selbst zu Lernprozessen führt, stellen wir sicher, dass unsere Lernmotivation zu übertriebenem Trading führen wird – und zu einem Verlust an Kapital und Motivation.

3. Erfolg bedeutet, vom Trading leben zu können.Dies ist eine weitere Erwartung, die garantiert zu Frustration und Entmutigung führen wird.Am Beginn seiner Karriere verdient kein zukünftiger Profi seinen Lebensunterhalt mit Tradinggewinnen.Ein Golfer oder ein Tennisspieler verbringt vielleicht Jahre in einem Collegeteam und als Amateur, ehe er Profi wird.Berühmte Schauspieler oder Schauspielerinnen verbringen in der Regel Jahre in der Ausbildung oder in Provinztheatern, ehe ihre Namen am Broadway auftauchen.Bevor ein Chirurg von seinem Beruf leben kann, verbringt er vier Jahre als Medizinstudent, weitere vier Jahre als Assistenzarzt und noch mehr Jahre in speziellen Ausbildungskursen.Es ist völlig unrealistisch, zu glauben, dass man gleich in den ersten Jahren des Engagements an der Börse dauerhaft vom Trading leben kann.Realistischer wäre die Erwartung, seine Verluste auf ein realistisches Niveau zu begrenzen, seine Kosten regelmäßig decken zu können und sein Trading zu verbessern.Zunächst einmal braucht man Kompetenz, um Expertise zu entwickeln.Wenn Sie glauben, viel schneller vom Trading leben zu können als Menschen in anderen Wissensgebieten, setzen Sie sich der Gefahr der Frustration und des Scheiterns aus.

Es gibt allerdings auch ein exzellentes Gegengift gegen diese giftigen Annahmen: Führen Sie ein Tradingjournal und schreiben Sie darin Ihre Erwartungen auf.Dazu gehören Ihre Erwartungen für jeden einzelnen Tradingtag – Ihre Ziele, gut zu traden – aber auch Ihre Erwartungen bezüglich Ihrer langfristigen Entwicklung.Mein Ziel für meine eigene Tradingperformance ist relativ bescheiden: Ich will nach Abzug aller Tradinggebühren mehr ver-dienen als die risikolose Rendite und ich will das zudem mit geringerem Kapitaleinsatz erreichen.Mit anderen Worten: Ich strebe eine positive, risikoadjustierte Rendite an.Das beinhaltet meine Performance und meine Ziele in diesem Prozess.Ich wäre sehr zufrieden, wenn ich mit meinem Portfolio im Schnitt 1 Prozent pro Monat verdienen könnte – und zwar mit wesentlich geringeren Risiken.Indem wir uns nicht auf die absolute Profitabilität, sondern auf die risikoadjustierten Renditen konzentrieren, erreichen wir eine Kombination der Ziele des Prozesses und des Ergebnisses. 66 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 67

Für Sie ist das vielleicht kein realistisches Ziel.Das hängt vom Niveau Ihrer Entwicklung und von Ihrer Risikobereitschaft als Trader ab.Entscheidend sind nicht meine Kursziele, sondern die Tatsache, dass ich mir für mein Trading realistische und erreichbare Ziele gesetzt habe.Wenn ich meine Erwartungen erfülle, verspüre ich ein Gefühl von Stolz und guter Leistung.Falls ich es nicht schaffe, kann ich diese Tatsache rasch identifizieren, meine Risiken reduzieren und die notwendigen Korrekturen vollziehen.Eine Formel für eine positive Entwicklung beim Trading lautet: Erwarten Sie immer Erfolg und definieren Sie den Erfolg immer so, dass er zwar eine Herausforderung darstellt, aber erreichbar ist.Notieren Sie Ihre Erwartungen für den Tag, die Woche, den Monat und das Jahr – und stellen Sie sicher, dass diese Ziele auch erreichbar sind.Das ist ein wirksames Mittel gegen Ihre emotionalen Erfahrungen als Trader.Coaching-SchlüsselEin großartiger Eintrag in ein Tradingjournal lautet: »Was würde meinen heutigen Tradingtag zu einem Erfolg machen, auch wenn ich kein Geld verdiene?« Diese einfache Frage führt direkt zu den Prozesszielen – also zu den Dingen, die Sie am besten kontrollieren können.

Lektion 13: Was verursacht belastenden Disstress?Wir werden aufgeregt und steigen aus einem guten Trade aus, noch ehe er die Chance hat, sein Kursziel zu erreichen.Wir fühlen uns frustriert und starten einen Trade, der unserem Research und unseren Planungen vollkommen widerspricht.Wir befürchten, einen Trade zu verpassen, und steigen zum denkbar schlechtesten

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Zeitpunkt ein.Wir zögern, einen Verlust bei unserem geplanten Stopp zu akzeptieren, und erleiden schließlich einen wesentlich höheren Verlust.Dies sind alles Beispiele für ein Verhalten beim Trading, von denen wir als Trader alle sagen können: »Ich kenne das.Ich habe das schon mal erlebt.« Beim Trading, ebenso wie in weiten Bereichen des Lebens, lernen wir, indem wir die Fehler machen, vor denen unsere Eltern und Mentoren uns zu beschützen versuchen.Der Schlüssel zur Langlebigkeit ist, dass man solche Fehler schon sehr früh im Verlauf seiner Entwicklung macht, noch ehe man zu viel Geld verlieren kann.Fehler bei frühen Rendezvous können zu einer großartigen Ehe führen.Fehler an einem Simulator können in der Realität Ihr täglicher Tradingcoach zu einer soliden Performance führen.Es ist wichtig für den Erfolg, dass man seine Fehler dann macht, wenn nicht allzu viel auf dem Spiel steht.Aber was verursacht diese Fehler, bei denen die Entstehung von negativem Stress frühere Planungen sowie beständige, vernünftige Entscheidungsfindung beeinträchtigt? Wenn wir das herausfinden, können wir die schmerzhafte Lernkurve vielleicht ein wenig abkürzen.Die Forschungsgebiete der Behavioral Finance und der Neuroökonomie haben Einsichten ge-liefert, wie Emotionen unsere finanziellen Entscheidungen beeinflussen. Entsprechende Litera-turhinweise finden Sie am Ende dieses Kapitels.Wenn man Tradern zuhört, wird das Gefühl des belastenden Stresses beim Trading von den Märkten verursacht.Ein Markt bewegt sich kaum noch und bleibt innerhalb einer Kursspanne.Das ist angeblich der Grund, warum Trader sich langweilen und übermäßig viel traden.Ein Markt wechselt die Richtung.Das führt bei Tradern angeblich zu Frustration und zu impulsiven Trades.Weil ihre Emotionen durch ein Marktereignis ausgelöst werden, nehmen die Trader an, die Märkte seien für ihre Emotionen verantwortlich.Man braucht aber nur kurz nachzudenken, um zu verstehen, dass dies ein Fehlschluss ist.Hätte der Markt die Macht, emotionale Reaktionen auszulösen, dann würden alle Trader in einer ähnlichen Situation identisch reagieren.So ist es aber nicht.Nicht alle Trader reagieren auf unbewegliche Märkte mit Langeweile und übermäßigem Trading.Nicht alle Trader sind frustriert und treffen impulsive Entscheidungen, wenn eine Position gegen sie läuft.Unsere Emotionen werden nicht nur durch äußere Einflüsse verursacht.Wenn ein Marktereignis eine negative emotionale Reaktion auslösen soll, müssen wir sie als Bedrohung sehen.Nehmen wir Folgendes an: Ich bin ein Trader und beobachte, dass sich mein Markt um die Mittagszeit kaum noch bewegt und innerhalb einer engen Spanne schwankt.Wenn ich das als Chance sehe, einige meiner Ideen zu aktualisieren und mich auf den Nachmittag vorzubereiten, stört mich dieser verschlafene Markt in keiner Weise.Vielleicht sehe ich diese mageren Umsätze aber auch als Chance, auszusteigen, einen klaren Kopf zu bekommen und Kraft für den Nachmittag zu sammeln.Auch in diesem Fall beeinflusst die langsame Kursentwicklung weder meine Gefühle noch mein Tradingverhalten.Wenn ich meinen Tag allerdings mit der Aussage beginne, dass ich jeden Tag mindestens einige Tausend Dollar verdienen muss, werde ich den langsamen Markt wohl als Bedrohung für mein Tradingziel sehen.Die geringen Kursbewegungen führen zu einem Mangel an Chancen.Das wiederum führt zu einem Mangel an Profiten und einem Mangel an Erfolg.Man kann leicht erkennen, wie unbewegliche Märkte angesichts dieser mentalen Einstellung zu einer Bedrohung meiner Karriere werden können.Kein Wunder, wenn der unbewegliche Markt dann dazu führt, dass ich gestresst bin und mein Trading übertreibe.Aber natürlich löst nicht nur der lahme Markt meine negative Einstellung und mein Verhalten aus; es geht auch um meine Wahrnehmung dieses Markts.Die Wahrnehmung ist der Filter zwischen Ereignissen und unseren Reaktionen auf diese Ereignisse.Wenn wir uns eine verzerrende Linse auf die Augen legen, werden wir auch die Welt auf verzerrte Weise sehen.Wenn wir uns an verzerrte Wahrnehmungen der Märkte und unserer eigenen Person gewöhnen, werden wir auch das Trading auf verzerrte Art und Weise wahrnehmen.Können wir unsere Wahrnehmungen verändern? In Kapitel 6 werden wir kognitive Methoden erörtern, die sich auf solche Denkprozesse beziehen.Wie können wir die Filter austauschen, die normale Erfahrungen beim Trading zu anormalen Ereignissen machen?Die Regel ist einfach: Wenn Sie Ihre Filter nicht kennen, können Sie sie auch nicht auswechseln.Sie müssen sich der Erwartungen und Glaubenssätze bewusst werden, die Ihre Wahrnehmung prägen.Das ist entscheidend für den Prozess der Veränderung Ihrer Wahrnehmungen.Hier ist eine einfache Übung, die Ihnen dabei helfen kann, verzerrte Wahrnehmungen zu erkennen, von denen Sie vielleicht betroffen sind: Immer wenn Sie eine entschieden negative emotionale Reaktion auf ein Ereignis an der Börse empfinden, sollten Sie sich ganz bewusst fragen: »Warum nehme ich das aktuelle Marktgeschehen als Bedrohung wahr?« Das lenkt Ihr Denken auf Ihre Wahrnehmungsprozesse und gibt Ihnen die Chance, eine lediglich empfundene Bedrohung von einer realen Bedrohung zu unterscheiden.Hier ist ein einfaches Beispiel aus meinem jüngsten Trading: Ich wollte die Woche wirklich am Hoch meines Depotwerts beenden und verzeichnete am Freitag in den Morgenstunden einen schönen Gewinn auf der Long-Seite.Der

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Ihr täglicher Tradingcoach Trade lief zu meinen Gunsten, und ich zog den Stopp bis auf mein Einstiegsniveau nach.Der Trade lief noch eine Weile zu meinen Gunsten, vollzog dann aber ein kleines Reversal.Anschließend bewegte sich der Kurs für einige Minuten kaum.Der Trade machte mich allmählich ein wenig nervös – so als stehe er kurz davor, unter meinen Stopp zu fallen.Schnell stellte ich mir die Frage: »Warum macht mich dieser Trade nervös? Warum nehme ich diesen Trade mit derartigem Unbehagen wahr?« Ich dachte einen Moment nach, prüfte die Marktsituation und gelangte zur Schlussfolgerung, dass der Trade absolut in Ordnung war und sich wie erwartet entwickelte.Ich wollte die Woche mit einem Gewinn abschließen (nach einem längerem Zeitraum mit ausgeglichenen Ergebnissen, wie ich wohl hinzufügen sollte) und am Ende sah es so aus, als könnte aus einem potenziellen Gewinntrade eine Bedrohung werden.Wenn ein Markt nach einem Anstieg nichts anderes tun kann, als sich kaum noch zu bewegen, ist das vielleicht eine Chance, Positionen aufzustocken, dachte ich.Ich passte meine Risiko-Rendite-Relation entsprechend der Positionsaufstockung an (und für die Gesamtposition, weil es nun ja einen neuen durchschnittlichen Einstiegskurs gab) und stockte meine Position ein wenig auf.Die Positionsvergrößerung war nicht hoch genug, um die Profitabilität oder das Risiko des Trades entscheidend zu beeinflussen, aber in psychologischer Hinsicht war es ein wichtiger Schritt.Ich hatte eine wahrgenommene Bedrohung in eine Chance verwandelt.Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen tatsächlichen Bedrohungen – Märkte, die sich wirklich nicht erwartungsgemäß entwickeln – und wahrgenommenen Bedrohungen.Das erfordert Nachdenken über Märkte und persönliche Annahmen.Sobald ich sah, dass sich der Trade erwartungsgemäß entwickelte, konnte ich die Filter infrage stellen, die dazu geführt hatten, dass ein guter Trade mich nervös gemacht hatte.Wenn Sie über Ihr eigenes Denken nachdenken, indem Sie die Perspektive eines Selbstbeob-achters einnehmen, fallen Sie nicht mehr auf negative Denkmuster herein.Wenn Sie eine Wahrnehmung identifizieren, die ein normales Ereignis zu einer Bedrohung macht, besteht die nächste Herausforderung darin, in diesem normalen Ereignis eine Chance zu finden.Ich kann mich durch eine Meinungsverschiedenheit mit meiner Frau bedroht fühlen, aber diese Bedrohung kann in eine Chance für fruchtbare Kommunikation und Problemlösung verwandelt werden.Vielleicht fühlen wir uns durch einen Trade bedroht, der 70 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 71 einigermaßen profitabel beginnt, bei dem wir dann aber ausgestoppt werden.Aber man kann diese Bedrohung in eine Chance verwandeln, unsere Positionen zu drehen oder unsere Ansichten über diesen Markt zu überdenken.Identifizieren Sie die wahrgenommene Bedrohung. Verwandeln Sie die wahrgenommene Bedrohung in eine Chance. Das ist ein zweistufiger Prozess, bei dem es um den wahren Grund emotionaler Reaktionen geht, die sich negativ auf Entscheidungen beim Trading auswirken.Wenn Sie ein Tagebuch führen, in dem Sie speziell auf Ihr Denken und Ihre Wahrnehmung eingehen, können Sie diesen zweistufigen Prozess strukturieren und ihn zu einem Gewohnheitsmuster machen, das man in Echtzeit aktivieren kann.

Coaching-SchlüsselWenn Sie sich über das Trading an einem bestimmten Tag äußern, sollten Sie darauf achten, wie Sie die Märkte beschreiben: gut, schlecht, ruhig, aktiv. Achten Sie vor allem auf den Tonfall Ihrer Äußerungen. Oft verraten schon Ihr Ton und Ihre Sprache, ob Sie mit dem Markt im Einklang sind oder gegen ihn ankämpfen. Wenn Sie sich darauf festlegen, wie sich der Markt entwickeln sollte, werden Sie wahrscheinlich gegen ihn ankämpfen, wenn er sich in die entgegengesetzte Richtung entwickelt.

Lektion 14: Führen Sie ein psychologisches JournalAls ich mit dem Trading begann, führte ich ein Tagebuch in Form mehrerer miteinander verbundener Charts.Ich suchte nach jedem bedeutenden Wendepunkt am Aktienmarkt und untersuchte dann die Muster der Indikatoren sowie die Kurs/Umsatz-Volumina, die mich auf die Veränderungen des Trends aufmerksam machen konnten .Nach einer Weile fand ich heraus, dass sich bestimmte Muster wiederholten.Aufgrund dieser frühen Beobachtungen lernte ich, mich auf Muster der Bestätigung oder deren Gegenteil zu verlassen.Das betraf Maßstäbe wie die Zahl der Aktien, die neue Hochs/Tiefs erreicht hatten, den NYSE TICK und die verschiedenen Aktiensektoren.Später, als ich neue Bewertungsmaße wie das Marktdelta (www.marketdelta.com) kennengelernt hatte, fügte ich sie diesen Mustern hinzu.Für mich war das Tagebuch ein Werkzeug zur Mustererkennung.In Echtzeit konnte ich die Entfaltung dieser Muster erst identifizieren, nachdem ich sie für längere Zeit in Charts beobachtet hatte.Und erst nach längerer Zeit der Beschäftigung mit Beobachtungen in Echtzeit fasste ich das nötige Vertrauen, um auf Basis dieser Muster tatsächlich Trades durchzuführen.Ihr täglicher Tradingcoach Wenn wir ein psychologisches Journal führen, sind die Lernprinzipien nicht wesentlich anders.Zunächst ist das Tagebuch einfach ein Werkzeug zur Erkennung unserer eigenen Muster als Trader.Dazu gehören:Verhaltensmuster – Tendenzen, sich in bestimmten Situationen auf bestimmte Art und Weise zu verhalten.Emotionale Muster – Tendenzen, in Reaktion auf gewisse Ereignisse in bestimmte Stimmungen und Zustände zu verfallen.Kognitive Muster – Tendenzen, in Reaktion auf persönliche oder marktbezogene Situationen in spezifische

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Denkmuster oder Stimmungen zu verfallen.

Viele von unseren Tradingmustern sind Kombinationen dieser drei Muster: In Reaktion auf unser unmittelbares Umfeld tendieren wir dazu, auf eine bestimmte Weise zu denken, zu fühlen und zu handeln.Manchmal arbeiten diese charakteristischen Muster gegen unsere ureigenen Interessen.Sie verleiten uns dazu, schnelle Entscheidungen zu treffen und unserer besten Marktanalyse sowie unseren besten Plänen in die Quere zu kommen.In solchen Situationen verlassen wir uns am besten auf ein Tagebuch (und auf andere psychologische Übungen), um unsere Disstress-Muster verändern zu können.Weitere Informationen über das Führen von Tradingtagebüchern finden Sie unter http://trader-feed.blogspot.com/2008/03/formatting-your-trading-journal-for.html.Aber warum gibt es solche Muster? Warum sollte eine Person ein fehlerhaftes Denk- und Verhaltensmuster ständig wiederholen, selbst wenn sie sich der Konsequenzen bewusst ist? Manchmal sind Trader über ihre sich wiederholenden negativen Muster so frustriert, dass sie absolut sicher sind, ihren eigenen Erfolg zu sabotieren.Diese negative Benennung des Problems hilft dem Trader allerdings auch nicht weiter.Es macht die Situation des frustrierten Traders auch nicht besser und verstärkt nur seine Frustration.In meinem Buch Psychology of Trading habe ich darauf hingewiesen, dass schädliche Muster meist als Anpassungen an herausfordernde Situationen entstehen.Wir haben bestimmte Maßnahmen erlernt, mit schwierigen Situationen umzugehen, und zunächst funktionieren diese Maßnahmen vielleicht sogar für uns.Folglich werden diese Muster übermäßig erlernt: Sie werden als Gewohnheitsmuster internalisiert.72 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 73 Ein gutes Beispiel ist die Neigung, sich selbst die Schuld zu geben, wenn es zu Konflikten mit anderen Personen kommt.Wenn ein Kind in einem Haushalt aufwächst, in dem es ständig Auseinandersetzungen und Streit gibt, kann es sich der Situation vielleicht am besten anpassen, indem es sich selbst die Schuld für diese Probleme zuschreibt, statt einen Konflikt zu riskieren, indem es andere beschuldigt.Wenn ein Mensch dieses Muster verinnerlicht hat, können selbst ganz normale Konflikte zu Selbstvorwürfen und zu einer gedrückten Stimmung führen.Zum Beispiel könnte eine solche Person nach einem Verlusttag mehr Zeit damit verbringen, sich selbst zu beschuldigen, als aus ihren Verlusten zu lernen.

Wenn wir beim Trading Muster wiederholen, die uns ständig Geld oder Chancen kosten, ist es recht wahrscheinlich, dass wir Strategien aus einer früheren Lebensphase wiederholen: eine Strategie, die uns in einer früheren Situation geholfen hat, der wir allerdings längst entwachsen sind .Wir stehen also vor der Aufgabe, solche Verhaltensmuster wieder zu verlernen – und an diesem Punkt zeigt sich die Nützlichkeit des psychologischen Tagebuchs.

So wie ich das Tradingtagebuch nutzte, um mein Bewusstsein für die Marktmuster zu schärfen, kann uns das psychologische Tagebuch auf die sich wiederholenden Muster des Denkens, Fühlens und Handelns aufmerksam machen, die der vernünftigen Entscheidungsfindung im Weg stehen.Ein solches Tagebuch – wie die Charts, die ich bereits erwähnt habe – beginnt mit Beobachtung: Wir wollen uns unseren Tradingtag noch einmal vor Augen führen und alle Muster notieren, die sich auf unser Trading ausgewirkt haben.Das ursprüngliche Ziel ist nicht, diese Muster zu verändern.Wir wollen einfach unsere Fähigkeit verbessern, die Muster zu erkennen, damit wir schließlich lernen, sie zu identifizieren, wenn sie in Echtzeit auftreten.Das psychologische Tagebuch ist ein Werkzeug für die Entwicklung Ihres inneren Beobachters: Sie müssen erkennen, was Sie tun, wenn Sie es tun.Eines meiner liebsten Tagebuchformate sieht so aus: Ich teile ein normales Blatt Papier in drei Spalten.Die erste Spalte beschreibt die spezifische Marktsituation.Die zweite Spalte fasst die Gedanken, Gefühle und/oder Aktionen zusammen, die das Resultat dieser Situation waren.In der dritten Spalte werden die Folgen der jeweiligen kognitiven, emotionalen oder Handlungsmuster beschrieben.Ihr täglicher Tradingcoach Die ersten beiden Spalten helfen uns dabei, die situationsbezogenen Auslöser unserer Muster zu erkennen .Das fördert unsere langfristige Aufmerksamkeit für ihr Auftreten.Die dritte Spalte macht uns auf die negativen Konsequenzen unserer Muster aufmerksam.Diese negativen Konsequenzen könnten emotionalen Disstress umfassen, den Verlust mit einem Trade oder eine verpasste Gewinnchance.Wenn wir schädliche Muster eindeutig mit negativen Konsequenzen assoziieren, entwickeln und fördern wir die Motivation, diese Muster zu verändern .In der dritten Spalte sollten detailliert die Kosten der immer wieder auftretenden Muster genannt werden.Speziell sollte vermerkt werden, inwieweit das Muster Ihrer Zufriedenheit und Ihrem Tradingerfolg im Weg steht.Je mehr Sie über dieses Muster und sein Auftreten wissen und je sichererer Sie sich bezüglich der damit verbundenen Kosten sind, desto wahrscheinlicher werden Sie dieses Muster in Echtzeit identifizieren und motiviert sein, es zu brechen oder zu verändern.Zunächst einmal sollte es aber Ihr Ziel sein, Ihre sich wiederholenden Verhaltensmuster und deren Konsequenzen zu identifizieren – und nicht, diese Muster alle gleichzeitig zu verändern.Sie können nichts verändern, dessen Sie sich nicht bewusst sind.Ihr psychologisches Tagebuch ist ein wirkungsvolles Werkzeug zum Aufbau dieses Bewusstseins und des Verständnisses, was Ihren Disstress verursacht.Führen Sie dieses Tagebuch 30 Tage

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hintereinander.Das wir Ihnen dabei helfen, fast jede Variation Ihrer häufigsten Verhaltensmuster zu erkennen.So wird auch der Prozess der Selbstbeobachtung zu einem normalen Verhaltensmuster – und zwar zu einem positiven Muster, das Ihnen in Ihrem persönlichen Muster und beim Trading helfen kann.

Coaching-Schlüssel Beginnen Sie Ihr psychologisches Tagebuch mit der Aufzeichnung Ihrer einzelnen Trades und konzentrieren Sie sich auf diejenigen Situationen, in denen Sie Ihre persönliche Stimmung daran gehindert hat, solche Tradingideen auf angemessene Weise auszuführen oder zu mana-gen. Mit anderen Worten: Hierbei handelt es sich um die Gelegenheiten, bei denen Sie Ihre Tradingregeln nicht befolgt haben – das waren also keine Gelegenheiten, bei denen Sie Ihre Regeln befolgt haben und einfach falschlagen. Spielen Sie diese Trades gedanklich noch einmal nach. Noch besser: Nehmen Sie Ihr Trading auf Video auf und beobachten Sie es direkt. Und dann listen Sie auf, warum Sie diesen Trade durchgeführt haben (Spalte A), was Sie sich dabei gedacht haben (Spalte B) und wie das Ihr Trading beeinflusst hat (Spalte C). Berechnen Sie, wie viel Geld Sie die betreffende Aktion gekostet hat. Im Lauf der Zeit werden Sie zu Ihrem inneren Beobachter und solche Situationen bemerken, wenn sie auftreten. Damit können Sie das Endergebnis beeinflussen.74 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 75

Lektion 15: Wenn Sie zu angestrengt versuchen, Geld zu verdienenTrader nennen es »Pressing«: Das Erzwingen von Trades, um damit Geld zu verdienen.Manchmal wird einfach mit zu hohen Einsätzen getradet, manchmal wird auch zu häufig getradet.Mit Pressing kann man natürlich auch versuchen, bestimmte Dinge auszulösen.Das ist das diametrale Gegenteil eines selektiven Tradings zu dem Zeitpunkt, wenn man die Gewinnwahrscheinlichkeit auf seiner Seite hat.Mit der letztgenannten Einstellung lässt man den Markt auf sich zukommen und wartet auf seine Chance.Beim Pressing will man, dass bestimmte Dinge passieren – und dass sie sofort passieren.Es ist die Ironie beim Pressing, dass oft gerade die erfolgreichsten Trader damit scheitern.Sie hassen Verluste so sehr, dass sie alles tun, um zu gewinnen – einschließlich schlechten Tradings!Trading ist in etwa so, wie ein Kampfflugzeug zu fliegen oder Schach zu spielen.Es erfordert höchst kontrollierte Aggression.Beim Trading kommt das Kontrollelement aus dem Wissen, wann Märkte Chancen bieten und wann sie das nicht tun.Eine der besten Möglichkeiten zur Installation dieser Regeln ist das Trading mit Regeln.Dabei kann es um die Positionsgrößenbestimmung gehen, um die Frage, wann man einsteigt und aussteigt, wann man mit dem Trend traden sollte und so weiter.Wenn man Regeln über lange Zeit immer wieder beachtet, werden sie internalisiert und somit zu Mechanismen der Selbstkontrolle.Wir können diesen Prozess bei Kindern beobachten.Sie hören so oft Regeln über den Respekt vor älteren Menschen oder über Reinlichkeit, dass sie (schließlich!) diese Verhaltensweisen als Automatismus verinnerlichen.Die richtigen Verhaltensweisen beim Trading beginnen als Regeln und entwickelten sich zu Ge-wohnheiten.Diese automatischen Verhaltensweisen sind wichtig, weil sie weder Anstrengungen noch mentale Ressourcen erfordern.Wenn wir uns jedes Mal dazu zwingen müssen, die Regeln zu befolgen, falls wir mit bestimmten Situati-onen konfrontiert werden, wären wir innerlich viel zu belastet.Und damit könnten wir uns nicht mehr vollständig auf solche Situationen konzentrieren.Eine der großen Stärken des menschlichen Geists ist seine Fähigkeit, Regeln zu automatisieren, damit mentale und physische Ressourcen vollständig den Ihr täglicher Tradingcoach jeweils aktuellen Herausforderungen gewidmet werden können.Das befähigt uns dazu, uns diesen Herausforderungen mit Selbstkontrolle zu stellen (also unter der Herrschaft der Regeln).Wie können wir unsere Regeln automatisieren? Wir müssen sie in Gewohnheiten verwandeln.Irgendwann in unserem Leben war »Putz dir die Zähne« vielleicht eine Regel, die unsere Eltern uns einprägen mussten .Durch Wiederholung wurde sie zu einer Gewohnheit.Die meisten von uns benötigen keine Erinnerung oder eine spezielle Motivation, um die Regel zu befolgen.Das ist die Art von Automatisierung, die wir beim Trading anstreben: Unsere Regeln werden so sehr ein Teil von uns, dass sie keine spezielle Aufmerksamkeit oder Anstrengung erfordern.Wenn wir Pressing anwenden, um Geld zu verdienen, überwältigt das Bedürfnis, Trades durchzuführen, die Herrschaft unserer Regeln.Pressing tritt in der Regel dann auf, wenn wir wegen unserer Performance frustriert sind.Vielleicht haben wir Geld verloren, Chancen verpasst oder einfach nur seit einer Weile nichts verdient.Die Frustration verleitet uns dazu, Chancen zu erschaffen, statt auf die Chancen zu reagieren, die uns die Märkte bieten.In unserem Tanz mit den Märkten möchten wir, dass der Markt uns führt .Wenn wir versuchen, den Markt zu führen – wenn wir versuchen zu antizipieren, was passieren könnte, statt zu identifizieren, was passiert – sind wir mit ziemlicher Sicherheit nicht im Einklang mit den nächsten Kursbewegungen.Mit Pressing versuchen wir, die Märkte zu führen – und dies birgt die Gefahr, normale Verluste und langweilige Börsenphasen zu richtigen Einbrüchen werden zu lassen.Wie können wir die Tradingregeln automatisieren? Durch Wiederholung, so wie beim Zähneputzen.Wenn Sie Ihre Regeln oft und bei verschiedenen Gelegenheiten wiederholen, internalisieren Sie sie allmählich und verwandeln sie in Gewohnheiten.Sie werden immer noch die normalen Belastungen durch den Markt erfahren – niemand kann

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Risiken und Unsicherheit ausschließen –, aber Ihre Entscheidungsfindung wird so fundiert sein, dass Sie übermäßigen Belastungen nicht zum Opfer fallen können.Wenn Sie Ihr eigener Coach sind, können Sie vor und während des Tradingtags Chancen für Wiederholungen schaffen.Dieser Prozess besteht aus mehreren Schritten.76 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 77 1. Erstellen Sie eine Liste Ihrer wichtigsten Tradingregeln.Diese Regeln sollten mindestens umfassen: Ihre Regeln für das Risikomanagement, das Einlegen von Pausen nach hohen oder wiederholten Tradingverlusten, den Einstieg bei definierten Signalpunkten und die Vorbereitung auf den Handelstag.Sie können nicht erwarten, Ihre Tradingregeln zu internalisieren, wenn Sie sie zuvor nicht explizit definiert haben.

2. Schaffen Sie sich einen routinemäßigen Arbeitsplan zur Überprüfung der Regeln, bevor der Handelstag beginnt.Mentale Proben sind sehr nützliche Werkzeuge für die Wiederholung.Sie können sich jede Ihrer Tradingregeln als visualisiertes Szenarium vor Augen führen, das Sie mental durchschreiten, während Sie dabei ruhig und konzentriert bleiben.Sie können sich vorstellen, sich in verschiedenen Tradingsituationen zu befinden, sich an Ihre Regeln zu erinnern und sich daran zu halten.Je ausgeprägter und detaillierter diese Visualisierungen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie sie als realistische Erfahrung internalisieren werden.Je mehr Sie über Regeln nachdenken und sie erproben, desto mehr werden sie ein Teil von Ihnen. Wiederholung führt zu Internalisierung.

3. Schaffen Sie sich eine Pause im Verlauf des Tradingtags, in der Sie überprüfen können, inwieweit Sie Ihre Regeln befolgt haben.Die Mittagszeit, wenn sich das Marktgeschehen tendenziell verlangsamt, ist die perfekte Zeit, einen klaren Kopf zu bekommen, sein Trading bis zu diesem Zeitpunkt einzuschätzen und sich daran zu erinnern, was man am Nachmittag machen muss.Wenn Sie aus der Liste Ihrer Regeln eine Checkliste erstellen, können Sie einfach mit Ja oder Nein antworten, um zu beurteilen, ob Sie die Regel am Vormittag beachtet haben.Wenn Sie eine bestimmte Regel nicht beachtet haben, notieren Sie sie auf einem separaten Blatt Papier, das Sie an den Monitor kleben, und konzentrieren Sie sich beim Trading am Nachmittag auf diese Regel.

4. Verwenden Sie die Regeln am Ende des Tags als Bilanz.Eine Übersicht am Ende des Tags zeigt Ihnen, wie gut Sie abgeschnitten haben, was Ihre Vorbereitung auf das Trading, Ihre Einstiege, Ihr Risikomanagement und Ihren Ausstieg aus Positionen betrifft.Jede Regel sollte eine Beurteilung von A, B, C, D oder F erhalten.Alles, was schlechter abschneidet als B, kommt als explizites Ziel für das Trading des nächsten Tags infrage.Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Regeln, an denen Sie am meisten arbeiten müssen, auch die größte Aufmerksamkeit erhalten.Ihr täglicher Tradingcoach Diese Methode unterbindet die Tendenz, in Phasen der Frustration Erfolge erzwingen zu wollen, denn sie hilft Ihnen dabei, nicht von Ihren Regeln abzuweichen.Folglich ist es unwahrscheinlich, dass Ihre Frustration zu immer schlimmeren Verletzungen Ihrer vernünftigen Tradingregeln führen wird.Wenn Sie Ihre Regeln durch ständige Wiederholung zementieren, werden Sie gleichzeitig zu Ihrem eigenen Tradingcoach, indem Sie zunächst einmal verhindern, dass Frustration Ihr Trading beeinflusst.Gut, vielleicht beginnt unser Tag schon mit einer frustrierten Stimmung (vielleicht haben wir verschlafen), aber das wird uns nicht davon abhalten, unsere übliche morgend-liche Körperhygiene zu machen.Wenn wir sie uns einmal eingeprägt haben, bleiben wir unseren Verhaltensmustern treu – unabhängig von unserem emotionalen Zustand.Das ist wahre Selbstkontrolle.Gutes Selbstcoaching ist die Fähigkeit, Tradingprobleme zu korrigieren. Großartiges Selbstcoaching ist die Entwicklung von Routinemaßnahmen, die verhindern, dass solche Probleme überhaupt auftreten.Sie werden die Resultate an Ihrer persönlichen Stimmung erkennen – sowie am dramatischen Rückgang von verlustbringenden Trades, Tagen und Wochen.

Coaching-SchlüsselVersuchen Sie nicht, zu viele Regeln gleichzeitig zu internalisieren. Beginnen Sie mit den wich-tigsten, die Sie im Spiel halten: Einstiegsregeln (gute Kurse), Regeln zur Positionsgrößenbestim-mung (die Begrenzung des Risikos je Position) und Ausstiegsregeln (das Setzen klarer Kursziele und Stopps). Diese drei Themen, zusammen mit dem eigentlichen Grund Ihres Trades, können Sie aufschreiben oder sich laut vorsagen – als Tradingplan, der Sie dazu anleitet, kontrolliert zu traden, statt etwas erzwingen zu wollen.

Lektion 16: Wenn Sie ans Aufgeben denkenDie Verzweiflung ist eine der schwierigsten Manifestationen von belastendem Disstress, mit denen Sie sich als Trader konfrontiert sehen.Ich habe erlebt, dass dies selbst den besten Tradern passiert ist: Sie arbeiten hart, Sie glauben, kurz vor einem positiven Durchbruch zu stehen, und dann müssen Sie einige Schritte zurückweichen.Das fühlt sich so an, als kämen Sie einfach nicht vorwärts.Sie haben es satt, falschzuliegen und Geld zu verlieren.Früher konnten Sie es kaum erwarten, den neuen Handelstag zu begrüßen, und jetzt fürchten Sie sich davor.Es fällt Ihnen schwer, die routinemäßigen 78 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 79

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Researchaufgaben und die Vorbereitung am Morgen zu erledigen.Wenn Ihr Körper sprechen könnte, würde seine Botschaft lauten: »Was bringt mir das alles?« Sie stehen kurz davor, das Trading aufzugeben.Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Es gibt einen Zeitpunkt, an dem man das Trading aufgeben sollte.Ich kenne zahlreiche Trader, die es jahrelang versucht und dennoch nie die nötigen Fähigkeiten erworben haben (oder vielleicht nicht talentiert genug waren), um einen Grad an Kompetenz zu erreichen, auf dem sie ihre Kosten decken konnten.Wenn Sie dazu ausersehen sind, etwas zu tun – etwas, das Ihren Talenten, Ihren Fähigkeiten und Ihren Interessen entspricht –, dann werden Sie in den ersten ein, zwei Jahren eine signifikante Lernkurve aufweisen.Wenn sich diese Lernkurve nicht einstellt, sind Sie offensichtlich nicht für diese Aufgabe gemacht.Lassen Sie es also lieber sein und tun Sie etwas, das tatsächlich Ihren Fähigkeiten entspricht.Das hat nichts mit Flucht oder Feigheit zu tun.Sie beenden eine Verlustsituation und wenden sich etwas Besserem zu.Dieses Handeln ist in der gesamten Lebensplanung ebenso vernünftig wie beim Trading.Wenn Sie allerdings ständig Fortschritte gemacht und im Lauf der Zeit wirkliche Fähigkeiten bewiesen haben, sind Entmutigung und Depression in schwierigen Phasen Ihre emotionalen Herausforderungen.Wenn Sie Ihr eige-ner Tradingcoach sein wollen, müssen Sie sich auch in dunklen Zeiten selbst führen können.Jack Brehm, einer meiner Professoren an der Universität, hat die Theorie aufgestellt, dass Depression eine Form von unterdrückter Motivation ist.Wenn wir wahrnehmen, dass bedeutende Ziele innerhalb unserer Reichweite liegen, erfahren wir natürlicherweise einen Anstieg von Optimismus und Energie.Dieser Anstieg setzt in uns zusätzliche Energien frei, um unsere Ziele zu erreichen.Andererseits gilt: Wenn wir sehen, dass wertvolle Ziele für uns unerreichbar sind, hat uns die Natur mit den nötigen Mitteln ausgestattet, diese Motivation zu unterdrücken.Wenn ein Ziel wirklich unerreichbar ist, wäre es ja auch sinnlos, unsere Anstrengungen zu verdoppeln.Diese Unterdrückung der Motivation, welche die Form der Entmutigung oder sogar leichter Depressionen annehmen kann, ist unangenehm, sorgt aber auf ihre eigene Weise zu einer gesunden Anpassung.Denn sie führt dazu, dass wir uns von Zielen abwenden, die wir nicht verfolgen sollten.Das gibt uns die Freiheit, lohnendere Ziele anzustreben.In diesem Sinn enthält das Gefühl, aufgeben zu wollen, wichtige Informationen.Es handelt sich nicht nur um eine negative Emotion, die man überwinden oder minimieren muss.Entmutigung sagt uns, dass wir – in diesem Moment – eine unüberbrückbare Kluft zwischen unserem realen Selbst (wer wir sind) und unserem idealen Selbst (wer wir sein wollen) wahrnehmen.Wir haben nicht mehr das Gefühl, unsere Zukunft unter Kontrolle zu haben oder Ziele erreichen zu können, die uns wichtig sind.Wenn wir unser eigenes Trading effektiv coachen wollen, müssen wir uns mit dieser Wahrnehmung beschäftigen.Unser reales Selbst unterscheidet sich immer von unseren Idealen. Die Frage ist, ob wir uns fähig fühlen, diese Unterschiede zu überbrücken.Wenn man die Lücke zwischen realem und idealem Selbst überbrücken will, muss man zunächst einmal erwägen, ob sie, im jeweiligen Zusammenhang, eine Basis in der Realität hat.Vielleicht existiert ein bestimmter Vorteil nicht mehr, auf den wir bisher beim Trading gesetzt haben.Vielleicht haben sich die Marktmuster in einer Weise geändert, dass Dinge, die früher für uns funktioniert haben, nicht mehr ihr altes Potenzial aufweisen.In diesem Fall sagt uns das Gefühl, dass wir aufhören wollen, dass wir vielleicht, zumindest vorübergehend, tatsächlich aufhören sollten, um darüber nachzudenken, was bei unserem Trading funktioniert und was nicht.Das entscheidende Wort in diesem letzten Satz ist vorübergehend.Nur weil wir entmutigt sind, müssen wir uns noch lange nicht völlig von unserem Optimismus verabschieden: Vielleicht gibt es ja gute Gründe für unsere fehlende Motivation.Indem wir ein wenig Abstand gewinnen, können wir mögliche marktabhängige Gründe für unsere Gefühle untersuchen.Bei anderen Gelegenheiten kann unsere Entmutigung uns vielleicht Informationen liefern, dass unsere Erwartungen unrealistisch sind.Letztlich hoffen oder erwarten wir, dass wir an jedem Tradingtag Geld verdienen.Wir setzen uns der Gefahr erheblicher Enttäuschungen aus, wenn wir eine Reihe von Verlusttrades oder Verlusttagen erleben, was nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit absolut nichts Überraschendes ist.In solchen Fällen liefert der Mangel an Motivation einen Hinweis, dass wir nicht nur die Märkte, sondern auch uns selbst untersuchen müssen.Wenn wir das Beste erwarten, sind wir auf das Schlechteste kaum vorbereitet.Es gibt noch einen dritten Grund für das Nachlassen von Antrieb und Motivation: Burnout.Zu einem psychischen Burnout kommt es, wenn wir uns von den Anforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, überwältigt fühlen.80 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 81 Bei Tradern bedeutet ein Burnout sehr oft den Verlust der Balance im Leben.Man vertieft sich so sehr in die Belastungen des Tradings, dass Erholung, Beziehungen, Kreativität und Spiritualität verloren gehen.Für kurze Zeit ist eine solche völlige Konzentration auf das Trading zwar möglich – und manchmal notwendig –, aber auf lange Sicht schadet sie dem Trader.Dabei geht es weniger um einen Mangel als um Erschöpfung der Motivation.An der Leistungsgrenze ist es schwer, Energie und Begeisterung zu bewahren.Burnout entsteht, wenn wir das Gefühl haben, dass die Anforderungen an uns unsere Kräfte übersteigen.In jedem dieser Szenarien behandelt der Trader, der als sein eigener Coach fungiert, den Antriebsverlust als Information.Vielleicht ist er eine Reaktion auf Veränderungen an den Märkten; vielleicht fühlen Sie sich entmutigt wegen Ihrer jüngsten Tradingergebnisse; vielleicht ist er ein Anzeichen, dass Sie unrealistische Anforderungen an sich selbst stellen, oder ein Signal, dass Ihr Leben aus dem Gleichgewicht geraten ist .Wenn Sie sich wegen Ihrer

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jüngsten Tradingergebnisse entmutigt fühlen, müssen Sie zunächst einmal feststellen, was dieses Gefühl Ihnen sagt, damit Sie sich angemessen verhalten können.Wenn sich Markttrends, Themen oder die Volatilität verändert und die Profitabilität Ihrer Setups und Ideen beeinflusst haben, sollten Sie Ihre Risiken reduzieren, während Sie beobachten, welche Märkte, Muster und Ideen funktionieren, damit Sie sich darauf konzentrieren können.Sie sollten auch Ihre jüngste Tradingperformance überprüfen, um zu sehen, ob Sie Märkte und Muster identifizieren können, die für Sie ständig funktioniert haben, auch wenn andere versagten.Reduzieren Sie Ihre Risiken, überdenken Sie Ihr Trading, bewahren Sie Ihr Kapital und machen Sie aus Ihrer Entmutigung eine Chance.Wenn das Gefühl, aufgeben zu wollen, hauptsächlich eine Folge Ihrer eigenen Anforderungen an sich selbst ist, müssen Sie Ihre Anstrengung bei der Zielsetzung verdoppeln, um sicherzustellen, dass jeder Tag und jede Woche mit realistischen und erreichbaren Zielen beginnt.Wenn ein Basketballspieler in eine Formkrise gerät, entwickelt der Trainer spezielle Spielzüge mit hohen Trefferquoten, um den Spieler mental wieder auf die richtige Spur zu bringen.Ebenso sollten Sie Ihren psychischen Erfolg vorbereiten, indem Sie sich erreichbare Ziele setzen, die Sie und Ihr Trading weiter nach vorn bringen.Ihr täglicher Tradingcoach Und schließlich: Wenn Burnout zu Ihrem Mangel an Optimismus beiträgt, besteht die Herausforderung darin, Ihr Leben außerhalb des Tradings bewusst zu strukturieren: Sie müssen Zeit für körperliches Training, soziale Aktivitäten und insgesamt Zeit für das Leben außerhalb der Märkte reservieren.Man kann eine hervorragende geistige Diversifizierung erreichen, wenn man bedeutende Ziele im Leben hat, die nichts mit Trading zu tun haben.Wenn Sie sich psychisch ausschließlich auf Trading konzentrieren, wird es schwer, Energie und Enthusiasmus zu bewahren, falls es kaum Gewinne gibt.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, bedeutet das nicht, dass Sie sich ständig selbst einreden müssen, dass es Ihnen gut geht.Manchmal gibt es gute Gründe für den Mangel an positiven Emotionen.Der fähige Coach wird auf diese Gründe hören und sie zu Anregungen für konstruktive Veränderungen verwandeln.

Coaching-Schlüssel Inwieweit sind Sie psychisch diversifiziert? Wie viel Stress und Disstress empfinden Sie in Ihrem sozialen Leben, in Ihrem Familienleben und in Ihrem allgemeinen emotionalen Zustand? Wie viel Befriedigung empfinden Sie auf jedem dieser Gebiete? Was gibt Ihnen Unterstützung, wenn das Trading schlecht verläuft? Welche Probleme in Ihrem persönlichen Leben wirken sich auf Ihr Trading aus? Wie sieht es mit Ihrer körperlichen Fitness aus? Wie gut schlafen Sie und wie gut können Sie sich konzentrieren? Wie sieht es mit Ihrem Energieniveau aus? Es lohnt sich, die nicht mit dem Trading verbundenen Aspekte des Lebens ebenso mit monatlichen Bilanzen auszuwerten wie Ihre Ergebnisse an der Börse. Wenn Sie die anderen Aspekte Ihres Lebens als Belastung empfinden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich dies auf Ihre Konzentration, Ihre Entscheidungsfindung und Ihre Performance auswirken wird.

Lektion17: Was man tun kann, wenn die Furcht übermächtig wird Furcht ist eine normale emotionale Reaktion, wenn man mit Gefahr konfrontiert wird.Wenn wir Furcht empfinden, sind wir konditioniert, zu fliehen oder zu kämpfen: Wir können vor der Gefahrenquelle davonlaufen oder uns ihr stellen.Wie wir gesehen haben, sind die Gefahren, auf die wir reagieren, manchmal keine echten Bedrohungen.Wir nehmen sie aber als Bedrohungen wahr.Wenn wir dazu neigen, normale Situationen als Bedrohungen wahrzunehmen, wird aus Angst Furcht.Wir empfinden eine heftige Flucht-oder-Kampf-Reaktion, aber es gibt nichts, vor dem wir davonlaufen oder gegen 82 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 83 das wir kämpfen könnten.Die Gefahr gibt es nur in unserer Wahrnehmung, aber nicht in der Realität.Wenn wir uns wegen eines Trades oder des Beginns eines Trades nervös fühlen, ist es wichtig, zu wissen, ob wir aus Furcht oder aus Angst reagieren.Gibt es eine tatsächliche Gefahr im Marktumfeld oder existiert diese Gefahr nur in unserem Kopf? Nehmen wir an, dass ich den S&P 500-Index (SPY) leerverkauft habe und dass der Kurs ein früheres Unterstützungsniveau erreicht.Es gibt starke Verkäufe, während sich der NYSE TICK schnell auf –500 bewegt.Der SPY erreicht ein marginales neues Tief, aber ich bemerke, dass andere Indizes – NASDAQ und Russell – keine neuen Tiefs verzeichnen.Der TICK von –500 liegt deutlich über den vorherigen Tiefs in dieser Kursbewegung.Ich sehe Anzeichen, dass die Verkäufe nachlassen.Nervös warte ich ab, ob neue Verkaufsorders eingehen.Meine Order, die Position abzustoßen, ist vorbereitet und mein Finger liegt schon knapp über der Computermaus, um den Auftrag auszuführen.Ein paar Sekunden vergehen; der Markt sinkt um einen Tick, steigt um einen Tick, sinkt um einen Tick.Der Umsatz sinkt und meine Nervosität wegen des Trades steigt.Ich reagiere emotional und stelle die Position glatt.Ich finde, die Wahrscheinlichkeit, dass die Unterstützung hält, ist zu hoch, als dass ich riskieren möchte, meinen Gewinn mit diesem Trade aufs Spiel zu setzen.In diesem Szenario – auf Basis eines Trades, den ich erst vor ein paar Tagen durchgeführt habe – war die Furcht nachvollziehbar.Es gab eine reale Gefahr (in der nächsten halben Stunde stieg der Markt deutlich).Ich wusste, dass ich meinen Gefühlen trauen und aufgrund meiner Furcht handeln konnte: das Unterstützungsniveau, das Nachlassen von Umsätzen und TICK und die fehlenden Bestätigungen durch Indizes wie Russell 2000 und NASDAQ 100.

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Jahrelange Erfahrung beim Intraday-Trading sagte mir, dass Kursbewegungen auf kurze Sicht kaum tragfähig sind, wenn der breite Markt hinsichtlich Umsatz und TICK nicht mitspielt.Furcht ist der Freund des Traders, wenn sie auf tatsächliche Gefahrenquellen hinweist. Gefühltes Unbehagen mit einem Trade geht oft dem bewussten Erkennen einer Veränderung des Marktumfelds voraus.Ihr täglicher Tradingcoach Beachten Sie: Hätte ich die Furcht als negative Emotion identifiziert, versucht, sie beiseitezuschieben oder zu ignorieren, dann wäre ein wichtiger Tradingschlüssel verloren gegangen.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, ist es nicht Ihr Ziel, Ihre Emotionen zu eliminieren oder auch nur zu minimieren.Vielmehr besteht die Herausforderung darin, die Informationen zu extrahieren, die vielleicht die Basis dieser Gefühle sind .Das bedeutet, dass man offen für emotionale Erfahrungen ist und manchmal auf diese Erfahrungen vertraut.Blinder Aktionismus auf der Basis von Emotionen ist ein Rezept für eine Katastrophe, vor allem wenn wir Angst empfinden und nicht auf der Realität basierende Furcht.Aber es ist auch gefährlich, emotionale Erfahrungen zu ignorieren.Wenn Sie Ihre Emotionen ignorieren, können Sie kein Gefühl für die Märkte entwickeln.Was soll man also tun, wenn Nervosität die Entscheidungsfindung beeinflusst?In meinem Buch The Psychology of Trading habe ich solche Gefühle mit den Warnlampen auf dem Armaturenbrett eines Autos verglichen.Das Gefühl der Nervosität ist eine Warnung, ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt.Wenn Sie eine solche Lampe in Ihrem Auto aufleuchten sehen, ignorieren oder überkleben Sie sie nicht.Sie nutzen die Warnung, um herauszufinden: Was läuft falsch? Was sollte ich tun? Abhängig davon, welche Warnlampe aufleuchtet, stellen Sie das Auto entweder ab oder fahren in eine Werkstatt.Das ist wie der Ausstieg aus dem Markt: Das Risiko ist einfach zu groß geworden.Wenn Sie nervös werden, sollten Sie das zunächst einmal einfach zur Kenntnis nehmen.Wenn Sie sagen »Ich fühle mich jetzt mit diesem Trade nicht wohl«, können Sie Informationen aus Ihrer Erfahrung ziehen .Der nächste Schritt ist die Frage: »Warum fühle ich mich nicht wohl? Hat sich an diesem Trade etwas Wichtiges geändert?«Diese zweite Frage ist deshalb entscheidend, weil Sie Ihnen dabei hilft, realistische Furcht von der normalen Angst zu unterscheiden, die man vielleicht in einer unbekannten oder unsicheren Situation empfindet .Vor Kurzem habe ich den durchschnittlichen Einsatz pro Tradingposition erhöht und fühlte mich zunächst ein wenig nervös dabei.Als ich mich fragte: »Warum bin ich nervös?«, konnte ich keine Fehler an meinen Trades erkennen .Sie entwickelten sich wie erwartet.Das führte mich zu der Erkenntnis, dass ich nur wegen 84 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 85 des erhöhten Einsatzes pro Trade ein wenig Angst hatte.Ich überprüfte noch einmal meine Stopp-Niveaus und meinen umfassenden Tradingplan, um die Angst überwinden und vom erhöhten Risiko profitieren zu können.Aber ich musste diesen inneren Dialog durchführen, um zu sehen, ob das Warnsignal meines Körpers – die Nervosität – die Folge eines Marktproblems oder eines Wahrnehmungsproblems war.Furcht ist ein Warnsignal und muss nicht automatisch eine Aktion auslösen. Sie ist die Art, wie unser Geist und unser Körper uns sagen: »Da sieht etwas nicht richtig aus.«Wenn Sie sich davor fürchten, in eine Position einzusteigen, sollten Sie fragen: »Warum fühle ich mich unwohl mit dieser Idee? Glaube ich, dass ich in diesem Trade einen Vorteil habe?« Die Fragen beziehen sich auf den logischen Grund dieser Tradingidee.Läuft sie mit dem Markttrend? Kann man sie mit einer günstigen Relation zwischen Rendite und Risiko umsetzen? Handelt es sich um ein Muster, das ich schon in der Vergangenheit mit Erfolg getradet habe? Tritt es in einem Marktumfeld mit ausreichend Umsatz und Volatilität auf?Wenn ich mit einem Trader im Live-Modus arbeite (ihn also betreue, während er tradet), muss er laut sprechen, damit ich seinen Denkprozess bezüglich einer bestimmten Tradingidee nachvollziehen kann.Ich gebe dem Trader Feedback zur Qualität seines Denkens über seine Entscheidungen, damit ich ihm helfen kann herauszufinden, wann Nervosität gerechtfertigt ist (der Trade hat keine wirklich positive Gewinnerwartung) und wann vielleicht nicht (es handelt sich um eine gute Idee, aber der Trader fühlt sich unsicher, weil er gerade in einer Krise steckt).Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, können Sie Ihre Gedanken ebenfalls laut aussprechen.Wenn Sie in einem Raum mit anderen Tradern sitzen, wie es bei vielen eigenständigen Firmen der Fall ist, können Sie eine kurze Prüfliste vorbereiten, um sich den jeweiligen Zustand Ihrer Idee oder Ihres Trades vor Augen zu führen .Diese Prüfliste ist lediglich eine kurze Auflistung der Faktoren, die entweder den Einstig oder den Verbleib in einem Trade begründen.Das ist unsere Art, die Nervosität dazu zu verwenden, das Unbehagen bei einer guten Idee vom Unbehagen bei einer Idee zu unterscheiden, die vielleicht nicht so gut ist.Furcht ist oft einfach die Furcht vor dem Unbekannten, ein Nebenprodukt, wenn man Veränderungen durchführt.Wie Mike Bellafiore in Kapitel 9 ausführt, bedeutet das nicht, dass man den Trade nicht durchführen sollte.

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Ihr täglicher Tradingcoach Ich trade nun schon so lange, dass meine Prüfliste fest in meinem Denken verankert ist.Es gab allerdings einmal eine Zeit, in der ich es brauchte, meine Prüfliste in schriftlicher Form vor mir zu haben.Steigen die Umsätze in der Richtung meines Trades? Sind die Umsätze zum Geld- oder zum Briefkurs höher? Wird eine steigende Anzahl von Aktien zum Geld- oder zum Briefkurs umgesetzt? Selbst ein sehr kurzfristig orientierter Trader kann solche Kriterien rasch prüfen, so wie der Pilot eines Kampfflugzeugs die Daten seines Radarsystems in einer gefährlichen Gefechtssituation prüft.Eine Furchtreaktion lässt Sie Ihre eigenen Einschätzungen überprüfen, um sicherzustellen, dass Sie Ihre Entscheidungen aus den richtigen Gründen fällen.Sie können Ihre Furcht als Schlüssel verwenden, um Ihren Trade gründlicher zu untersuchen und Ihr Zutrauen in diese Idee nach unten oder nach oben anzupassen.Wenn Sie Furcht auf diese Weise zu nutzen verstehen, können auch aus negativen Emotionen Tradingwerkzeuge und sogar Freunde werden.Ihre Hausaufgabe: Verfassen Sie eine kurze Prüfliste, die Sie während eines Trades (oder vor der Platzierung eines Trades) laut lesen oder durchchecken können, wenn Sie sich besonders unsicher fühlen.Diese Liste sollte Sie anregen, zu überprüfen, warum Sie diesen Trade durchführen und ob er immer noch sinnvoll ist.Auf diese Weise coachen Sie sich selbst, indem Sie Ihre besten Entscheidungen sogar dann treffen, wenn Sie am nervösesten sind.Selbstvertrauen ist keine Folge des Fehlens von Furcht; es erwächst aus dem Wis-sen, dass Sie auch bei Stress und Unsicherheit Ihre beste Performance erreichen können.

Coaching-SchlüsselFinden Sie eine positive Veränderung Ihres Tradings, die Sie nervös macht, und verfolgen Sie sie als Tradingziel. Wie ich in The Psychology of Trading beschrieben habe, zeigt uns die Angst oft den Weg zu unserem größtmöglichen Wachstum, weil wir Angst empfinden, wenn wir vom Bekannten und Vertrauten abweichen. Das Trading eines neuen Markts oder Setups, die Erhö-hung des Einsatzes je Trade, das Halten von Positionen, bis sie ein bestimmtes Kursziel erreicht haben – das sind Situationen, die an den Nerven zerren, die aber großes Wachstum und viel Entwicklung ermöglichen können. In diesem Sinn kann Furcht Chancen anzeigen.86 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 87

Lektion 18: Performanceangst: Das häufigste Problem beim Trading

Stellen Sie sich vor, Sie müssen als Teil Ihrer Bewerbung um einen neuen Job einen Vortrag vor einer Gruppe von Leuten halten.Sie wollen den Job unbedingt haben und sind gut auf den Vortrag vorbereitet.Sie sind nervös, als die Sitzung beginnt, aber Sie erinnern sich daran, dass Sie die Materie beherrschen und schon mehrmals Vorträge gehalten haben.Als Sie zu sprechen beginnen, fällt Ihnen auf, dass die Zuhörer nicht besonders aufmerksam sind.Jemand telefoniert, während Sie reden, ein anderer scheint allmählich einzuschlafen.Ihnen kommt der Gedanke, dass Sie nicht interessant genug sind.Sie verlieren das Interesse der Zuhörer und fürchten, dass Sie auch den Job verlieren könnten.Sie entscheiden sich, etwas zu improvisieren, das originell ist und Aufmerksamkeit erregt, aber Ihre Nervosität steht Ihnen im Weg.Ihr Gedankengang läuft aus dem Ruder und Sie kehren stümperhaft wieder zum vorbereiteten Manuskript zurück.Performanceangst hat Sie durcheinandergebracht und die Qualität Ihres Vortrags leidet dadurch.Performanceangst tritt immer dann auf, wenn das Nachdenken über eine Leistung der Leistung selbst im Weg steht.Wenn wir uns während einer Prüfung zu große Sorgen machen, können wir die Inhalte vergessen, die wir gelernt haben.Wenn wir am Ende eines Basketballspiels allzu angestrengt versuchen, noch Punkte zu erzielen, werfen wir vielleicht daneben und verlieren das Spiel.Die Aufmerksamkeit, die wir dem Ergebnis der Performance widmen, kann uns die Konzentration auf die Performance kosten.Das ist ein verbreitetes Problem bei Tradern, wahrscheinlich das am weitesten verbreitete, dem ich bei meiner Arbeit in eigenständigen Tradingfirmen und Hedgefonds immer wieder begegne.Manchmal tritt die Performanceangst dann auf, wenn ein Trader gut abschneidet und nun versucht, höhere Risiken einzugehen, indem er größere Positionen tradet.Bei anderen Gelegenheiten durchleben Trader eine Flaute und entwickeln solche Sorgen wegen möglicher Verluste, dass sie es nicht mehr schaffen, gute Trades durchzuführen.Vielleicht entwickelt ein Trader so viel Druck, einen Gewinn zu erzielen, dass er zu früh aus Gewinntrades aussteigt und somit nie das volle Potenzial seiner Ideen ausschöpft.So wie bei dem Vortragenden nimmt die Performanceangst Trader aus dem Spiel und verleitet sie dazu, ihr Research und ihre Planungen zu überdenken.Ihr täglicher Tradingcoach Weitere Informationen über Performanceangst und den Umgang mit ihr finden Sie unter: http://traderfeed.blogspot.com/2007/04/my-favorite-techniques-for-overcoming.html.Wie wir in diesem Kapitel gesehen haben, sind unsere uns belastenden und stressenden Erfahrungen nicht nur die Folge bestimmter Situationen, sondern auch unserer Wahrnehmung dieser Situationen.Wenn ich davon überzeugt bin, ein heißer Jobkandidat zu sein, und glaube, zahlreiche Joboptionen zu haben, werde ich bei einem Bewerbungsgespräch oder einem Vortrag keinen unangemessenen Druck verspüren.Als ich die Universität verließ, fuhr ich zu einem Bewerbungsgespräch nach New York.Der Direktor der Klinik fragte mich nach meiner

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bevorzugten Therapiemethode.Ich lächelte und sagte ihm, dass ich die Urschreitherapie favorisierte.Das brach das Eis, wir lachten beide herzlich und von da an lief das Bewerbungsgespräch sehr gut.Ich wusste: Sollte es bei diesem Bewerbungsgespräch nicht klappen, würde es noch andere Möglichkeiten geben.Das gab mir die Freiheit, ich selbst sein zu können.Hätte ich mir gesagt, dies sei der einzige Job für mich und ich brauche ihn unbedingt, wäre der Druck hoch gewesen.Ich wäre viel zu nervös gewesen, um in diesem Bewerbungsgespräch einen Witz zu machen; wahrscheinlich hätte ich einen hölzernen und recht zurückhaltenden Eindruck gemacht.Hätte ich die Möglichkeit, den Job nicht zu bekommen, als Katastrophe gesehen, so hätte ich selbst dafür gesorgt, dass das Bewerbungsgespräch nicht gut verlaufen würde.Trader vertiefen sich in ihre eigenen Katastrophenfantasien.Statt Verluste als einen normalen, erwartbaren Teil des Tradings in einem unsicheren Umfeld zu sehen, betrachten sie Verluste als Bedrohung ihres Selbstbilds oder Ihres Lebensunterhalts.Wenn Trader Geld verdienen, fühlen sie sich gut und sehen die Zukunft in rosaroten Farbtönen.Wenn sie eine Reihe von Verlusttagen erleben, geht ihnen der Verlust ans Gemüt.Sie traden nicht mehr, um Gewinne zu machen, sondern um kein Geld zu verlieren.So wie der ängstliche Jobbewerber können sie ihre Fähigkeiten nicht mehr auf ganz natürliche Weise und automatisch einsetzen.Ein unter Tradern verbreiteter Fehler: Sie versuchen, katastrophale und negative Gedanken durch positive Gedanken zu ersetzen.Sie reden sich immer wieder ein, dass sie Geld verdienen werden, und träumen von positiven Gewinnerwartungen.Was aber wirklich passiert: Sie konzentrieren sich immer noch auf das Ergebnis der Performance, statt auf die Performance selbst.Der erfahrene Trader macht sich keine positiven oder negativen Gedanken während des Prozesses. Vielmehr konzentriert er sich ausschließlich auf den Akt der Performance selbst.Konzentriert sich eine begabte Theaterschauspielerin auf die Reaktionen des Publikums oder auf die am nächsten Tag erscheinenden Kritiken? Macht sich ein erfahrener Chirurg Gedanken über den Erfolg oder das Scheitern der Operation? Nein.Beide erbringen deshalb Spitzenleistungen, weil sie sich vollständig auf die Anwendung ihres Könnens konzentrieren.Positive oder negative Gedanken über die Performance kommen dem Prozess der Performance in die Quere. Wenn man sich auf das Tun konzentriert, kommen auch die Resultate von selbst.Diese Spitzenkräfte beziehen ihr Selbstvertrauen, sich ganz auf ihre Arbeit zu konzentrieren, nicht aus positivem Denken.Vielmehr wissen sie, dass sie mit eventuell auftretenden Rückschlägen umgehen können .Wenn die Leistung an einem bestimmten Abend nicht völlig befriedigend verlaufen ist, weiß die Schauspielerin, dass sie bei den Proben Verbesserungen erreichen kann.Wenn es bei einer Operation Komplikationen gibt, weiß der Chirurg, dass er sie schnell erkennen und sie beheben kann.Indem sie negative Ergebnisse nicht als Katastrophe begreifen, sind diese Experten in der Lage, die bedrückende Performanceangst zu vermeiden.Meiner Erfahrung nach ist die sorgfältige Dokumentation meiner schlechtesten Tradingtage und der bewusste Versuch, aus ihnen Erfahrungen zu machen, eine höchst wirkungsvolle Maßnahmen, um Performanceangst beim Trading zu überwinden.Dadurch werden Verluste zu Chancen, sich selbst zu coachen, und sind nicht mehr nur Erlebnisse des Scheiterns.Nehmen wir an, Sie haben einen sehr zuverlässigen Setup, der Ihnen sagt, dass eine Aktie steigen sollte .Sie kaufen die Aktie, die sich sofort in die gewünschte Richtung bewegt.Aber ebenso plötzlich ändert sie die Richtung und sinkt unter Ihren Einstiegskurs.Sie stellen fest, dass der Trendwechsel bei hohen Umsätzen stattgefunden hat, also verkaufen Sie die Position mit Verlust.Nun könnten Sie natürlich Ihr Pech beklagen, den Markt verfluchen und sich selbst unter Druck setzen, diesen Verlust beim nächsten Trade wieder aufzuholen.Alle diese negativen Aktionen erhöhen Ihren Performancedruck.Keine davon wird Ihr Trading konstruktiv verbessern.Ihr täglicher Tradingcoach Sie können den Verlust aber auch zum Anlass nehmen, den Markt zu untersuchen.Verzeichnen andere Aktien aus dieser Branche hohe Kursverluste? Fällt der Gesamtmarkt? Gibt es Nachrichten, die sich auf die Aktie, die Branche oder den Gesamtmarkt ausgewirkt haben? Trat Ihr Kauf-Setup während eines größeren Abwärtstrends auf, den Sie übersehen haben? Haben Sie auf den Setup zu spät reagiert und sind damit steigenden Kursen nachgelaufen? Alle diese Fragen bieten die Möglichkeit, aus dem Verlusttrade zu lernen, was später durchaus die Chance auf erfolgreiche Trades eröffnet.Wenn Sie zum Beispiel feststellen, dass ein überraschend nega tives Unternehmensergebnis in dieser Branche alles mit nach unten zieht, können Sie Ihre kurzfristige Einschätzung der Aktie vielleicht revidieren und von der Kursschwäche profitieren.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, gelangen Sie vielleicht zu dem Punkt, an dem Sie gute Tradingideen, die nicht funktionieren, tatsächlich zu schätzen wissen.Wenn sich ein Markt nicht so verhält, wie er es in einer bestimmten Situation normalerweise tut, schickt er Ihnen eine deutliche Botschaft.Wenn Sie Ihre Ideen nicht so umsetzen, wie Sie es normalerweise tun, ist das ein klares Anzeichen, dass Sie sich auf diesem Gebiet verbessern sollten.Eine einfache Maßnahme, mit der Sie sich diese Einstellung zu eigen machen können, ist die Identifikation – während des Tradingtags (oder während der Woche, wenn Sie Ihre Positionen in der Regel über Nacht halten) – zumindest einer sehr soliden Tradingidee oder eines Setups, mit dem Sie kein Geld verdient haben.Dieser gute Verlusttrade sagt Ihnen entweder etwas über den Markt oder über Ihr Trading oder über beides.Dann müssen Sie eine kurze Pause einlegen, die Botschaft des Markts entschlüsseln und Ihr Trading entsprechend anpassen.

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Indem Sie die Idee ausleben, dass Verluste Chancen bieten, nehmen Sie den Verlusten einen großen Teil ihrer Bedrohlichkeit.Das führt dazu, dass Sie hinzulernen und sich weiterentwickeln und es sorgt für eine positive Grundeinstellung, die Ihre Entwicklung optimal unterstützt.Jeder Rückschlag hat einen Sinn, und zwar, Ihnen beim Lernen zu helfen und Sie stärker zu machen.Performanceangst verschwindet, wenn es in Ordnung ist, einen Trade zu vermasseln.90 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 91

Coaching-Schlüssel Wenn Sie Ihre Tradingresultate im Lauf der Zeit genau dokumentieren und untersuchen, werden Sie Ihre typischen Krisen und Rückschläge kennenlernen: wie lange sie dauern und wie tief sie reichen. Erkennen Sie, wie ein Rückschlag aussieht, und akzeptieren Sie, dass so etwas von Zeit zu Zeit auftritt; dann wird er für Sie keine Bedrohung mehr sein. Oft kann man einen Kurseinbruch erkennen, schon während er entsteht. Sie können Ihr Trading dann schnell reduzieren, sich besser vorbereiten und dadurch Ihre Depotverluste minimieren. Am wichtigsten aber ist: Wenn Sie Kursrückschläge als einen normalen Teil des Tradings akzeptie-ren, können sie nicht zu Performanceangst führen. Tatsächlich sind es oft die Kursrückgänge, die uns dazu motivieren, an den Märkten neue Chancen zu finden und uns veränderten Marktbedingungen anzupassen. Ein großer Teil dieses Erfolgs besteht darin, in einem bedroh-lichen Umfeld Chancen zu finden.

Lektion 19: Wenn man fehl am Platz ist

Eines der zentralen Konzepte in Enhancing Trader Performance lautet, dass jeder Trader seine Entwicklung und seine Profitabilität maximieren kann, wenn er eine Nische entdeckt und hauptsächlich darin operiert.Eine Trading-nische hat mehrere Komponenten: Spezifische Märkte und/oder Assetklassen.Märkte verhalten sich unterschiedlich und sind unterschiedlich strukturiert.Manche Märkte sind volatiler, andere sind reifer und bieten mehr Markttiefe, manche bieten mehr Informationen als andere.Die Persönlichkeit des Markts muss zur Persönlichkeit des Traders passen.Jemand wie ich, der sich gern mit dem Sammeln von Daten, der Analyse historischer Muster von Umsätzen und Sentiment beschäftigt, kann an den reichlich mit Informationen gesegneten Aktienmärkten recht gut abschneiden.Weniger gut dagegen an den Währungsmärkten, wo die Umsätze und plötzliche Veränderungen des Sentiments undurchsichtiger sind.Eine Kernstrategie.Die Kernstrategie oder die Strategien eines Traders beeinflussen seine Rückschlüsse, was das Verhältnis von Angebot und Nachfrage betrifft.Manche Trader neigen zum Trendtrading, andere sind Antizykliker und traden eher gegen den Trend.Manche Trader verlassen sich hauptsächlich auf Trades in eine bestimmte Richtung, andere beachten den relativen Wert, zum Beispiel Spreads und paarweise Trades.Manche Trader sind sehr visuell ausgerichtet und verwenden Charts und technische Analyse.Andere orientieren sich mehr an statistischen Daten und Modellen.Ihr täglicher Tradingcoach Ein Zeitrahmen.Der Scalper, der Informationen rasch verarbeitet und seine Positionen nur für ein paar Minuten hält, unterscheidet sich vom Intraday-Positionstrader und noch stärker vom Swingtrader, der Positionen über Nacht hält.Ein Portfoliomanager, der mehrere Ideen und Märkte gleichzeitig tradet, macht sich andere Gedanken als ein Market-Maker, dessen Interesse nur einem einzigen Finanzinstrument gilt.Ihr Zeitrahmen bestimmt, worauf Sie achten: Der Market-Maker widmet dem Orderfluss große Aufmerksamkeit, der Portfoliomanager konzentriert sich vielleicht auf die makroökonomischen Fundamentaldaten.Der Zeitrahmen bestimmt auch die Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung und das relative Gleichgewicht der Zeit, die man mit dem Management von Trades und mit Research verbringt.Ich persönlich bin eher risikoscheu: Ich trade selektiv innerhalb kurzer Zeiträume.Ich kenne viele andere, aggressivere Trader, die häufig traden, und wieder andere, die in längeren Zeiträumen auf stärkere Kursbewegungen aus sind.Der Zeitrahmen wirkt sich auf das Risiko aus und bestimmt, wie der Trader mit den Märkten interagiert.Ein Rahmen für die Entscheidungsfindung.Manche Trader entscheiden eigenständig und rein intuitiv, verarbeiten Marktinformationen gleich dann, wenn sie bekannt werden.Andere Trader verlassen sich auf umfas-sende Analysen, bevor sie eine Entscheidung treffen.Es gibt sehr strukturierte Trader, die sich auf explizite Modelle verlassen.Dabei handelt es sich manchmal um rein mechanische Systeme.Andere Trader halten sich vielleicht an allgemeine Regeln, formulieren diese aber nicht als unumstößliche Richtlinien.Mein eigenes Trading ist eine Kombination von Kopf und Bauch: Ich recherchiere und plane meine Ideen, die Ausführung und das Management gestalte ich aber ganz eigenständig.Jeder Trader wendet seine eigene Mischung aus Analyse und Intuition an.Was Sie traden und wie Sie traden, sollte ein Ausdruck Ihres eigenen kognitiven Stils und Ihrer Stärken sein.

Meine Erfahrung aus der Arbeit mit Tradern – und meiner eigenen Erfahrung mit harten Rückschlägen beim Trading – lautet, dass ein großer Teil des zermürbenden Disstresses darauf zurückzuführen ist, dass man außerhalb der eigenen Nische tradet.Ted Williams, der berühmte Baseballspieler, bietet uns hier eine nützliche Metapher.Er teilte das Schlagmal in zahlreiche Zonen auf und berechnete für jede Zone, wie oft er dort den Ball traf .Er fand

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zum Beispiel heraus, dass seine Trefferquote bei niedrigen und weiter entfernten 92 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 93 Bällen am schlechtesten war.Hohe und direkt über dem Schlagmal ankommende Würfe traf er dagegen recht gut.Bei manchen Würfen war er also ein eher durchschnittlicher Spieler, bei anderen war er ein Superstar.Wie er selbst sagte, war es die Quelle seiner spielerischen Erfolge, dass er lernte, das Schlagmal gut im Blick zu haben und auf die richtigen Würfe zu warten.Die Nische eines Traders definiert seine Stärken.An manchen Märkten trade ich gut, an anderen nicht.Zu gewissen Tageszeiten trade ich gut, während ich in anderen Zeiträumen verliere.Wenn ich meinen typischen Zeitrahmen verlängere oder verkürze, leidet meine Performance.Wenn ich Muster trade, die ich nicht recherchiert habe, verliere ich Geld.Ähnlich wie Williams trade ich dann gut, wenn ich auf die richtigen Würfe warte .Wenn ich die niedrigen und weit entfernten Bälle treffen will, scheide ich aus dem Spiel aus.Aus den Äußerungen der erfahrenen Trader in Kapitel 9 geht hervor, dass sie wissen, welche Bälle sie treffen sollten, und dass sie den Nutzen schätzen können, den es bringt, auf diese Würfe zu warten.Die Schlussfolgerungen sind klar: Unsere emotionalen Erfahrungen reflektieren, inwieweit wir beständig innerhalb unserer Nische gearbeitet haben.Das trifft auf die berufliche Karriere, auf Beziehungen und auch auf das Trading zu.Wenn unsere Bedürfnisse, Interessen und Werte bestens zu dem Umfeld passen, in dem wir tätig sind, führt diese Harmonie zu einer positiven emotionalen Erfahrung.Wenn unser Umfeld unsere Bedürfnisse, Interessen und Werte frustriert, führt dies zu psychischer Belastung.Negative Emotionen sind in diesem Zusammenhang sehr nützlich: Sie machen uns auf ein mögliches Missverhältnis aufmerksam zwischen dem, wer wir sind, und dem, was wir tun.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, müssen Sie innerhalb Ihrer Nische bleiben und die Bälle annehmen, die Sie am besten treffen, und diejenigen bleiben lassen, die nur marginale Ergebnisse liefern.Sie müssen also auch wissen, wann Sie keine Trades platzieren und nicht am Marktgeschehen teilnehmen sollten.Ebenso wichtig: Es bedeutet, zu wissen, wann der Vorteil da ist und wie man das Beste aus seinen Chancen macht.Bei aktiven Tradern ist es sehr verbreitet, dass sie zu viel außerhalb ihrer Nischen traden, Geld verlieren und dann nicht den Mut haben, ihren Vorteil zu nutzen, wenn sie eine wirklich gute Chance bekommen.Man kann leicht erkennen, wenn eine Traderkarriere durch eine spektakuläre Pleite endet.Weniger sichtbar ist das Ihr täglicher Tradingcoach Scheitern aufgrund der Unfähigkeit, von wirklich guten Chancen zu profitieren.Neulich sprach ich mit einem Daytrader, der davon überzeugt war, viel Geld verdienen zu können, wenn er seine Positionen nur für mehrere Tage hielt.Es sah zwar einfach aus, in Charts Zeiträume zu finden, in denen das gut funktioniert hätte, aber in Echtzeit waren solche Trades wesentlich schwieriger.Das war nicht die Spezialität dieses Traders; er agierte außerhalb seiner Nische.Er war darauf spezialisiert, Chancen und Risiken im Zeitrahmen eines Tages zu messen – und er wurde durch Gegentrends ausgestoppt, wenn er versuchte, seine Positionen länger zu halten.Noch schlimmer: Er vermischte seine Zeitrahmen und versuchte, einige verlustbringende Daytrades zu längerfristigen Positionen zu machen.Außerhalb seiner Nische begann er, wie ein Anfänger zu traden – und er erzielte auch die Ergebnisse eines Anfängers.Welches ist Ihre Spezialität? Was können Sie an der Börse am besten? Wenn Sie nur eine Strategie, ein Instrument und einen Zeitrahmen traden könnten, wofür würden Sie sich entscheiden? Kennen Sie tatsächlich die Antworten auf diese Fragen? Haben Sie Ihre letzten Trades genau genug dokumentiert, um beurteilen zu können, welche funktionierten und welche nicht? Es ist nichts daran auszusetzen, wenn Sie Ihre Nische auf sorgfältige und durchdachte Weise erweitern, so wie ein Unternehmen vielleicht die Vermarktung neuer Produkte in neuen Kategorien prüft.Aber so wie uns Bücher über Management sagen, dass großartige Unternehmen sich treu bleiben und ihre Kernkompetenzen nutzen, müssen wir beim Trading von unseren Stärken profitieren.In Kapitel 8 werden wir dieses Thema erörtern: Sie sind nicht nur Ihr eigener Tradingcoach, Sie sind der Manager Ihres Tradinggeschäfts.Das bedeutet, dass Sie Ihre Performance überprüfen, Ihre Ressourcen klug nutzen und sich an veränderte Marktbedingungen anpassen.Das größte Problem beim übertriebenen Trading ist, dass es uns aus unseren Nischen heraus-führt – und somit auch aus unseren Performancezonen.Hier ist eine einfache Übung, die Sie als Manager Ihres Tradinggeschäfts voranbringen kann .Wenn Sie einen Trade beginnen, bezeichnen Sie ihn einfach als A, B oder C.A-Trades entsprechen voll Ihren Stärken: Diese sind Ihr Brot-und-Butter Geschäft und Ihre besten Trades.B-Trades sind Ihre guten Trades: nicht unbedingt große Gewinnbringer oder »Home-Runs«, aber be94 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 95 ständige Gewinner.C-Trades sind eher marginal und spekulativ: Sie fühlen sich gut an, liegen aber deutlich außerhalb Ihres Spezialgebiets.Im Lauf der Zeit können Sie die Profitabilität Ihrer A-, B- und C-Trades nachrechnen und feststellen, ob Sie Ihre Nische wirklich kennen.Sie können auch das relative Volumen Ihrer Trades nachrechnen, um sicherzustellen, dass Sie hinter den höchsten Renditen her sind, wenn Sie Trades durchführen, die Ihren Stärken entsprechen, und die geringsten Risiken eingehen, wenn der Ball flach und von weither angeflogen kommt.Je klarer Sie Ihre Nische definieren, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sie verlassen .Diese Klarheit kann für Ihre Profitabiliät und für Ihre emotionalen Erfahrungen im Lauf der Zeit nur von Nutzen sein.

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Coaching-SchlüsselWenn Sie, wie oben beschrieben, Ihre Trades, Zeitrahmen, Setups oder Märkte mit A, B oder C markieren, haben Sie schon mit gutem Risikomanagement begonnen, falls es zu Kurseinbrü-chen kommt. Wenn Märkte sich nicht wie erwartet verhalten und Sie Ihren Vorteil verlieren, sollten Sie nur noch A-Trades durchführen. Oft beginnen Rückschläge damit, dass man über-mütig wird und seine Nische verlässt. Wenn die A-Trades nicht funktionieren, wissen Sie, dass Sie Ihre Risiken (Einsätze) reduzieren und die Märkte und Trends neu einschätzen müssen.

Lektion 20: Die Volatilität der Märkte und die Volatilität der Stimmung

Kürzlich postete ich etwas Wichtiges im Blog TraderFeed.Ich beschrieb zwei S&P-E-mini-Futures (ES) mit Laufzeiten bis Januar beziehungsweise Mai 2008 und verglich den Mittelwert der Volatilität im Zeitraum von einer halben Stunde.Damals war die am VIX gemessene Volatilität des Gesamtmarkts deutlich gesunken.Die Frage war, ob sich diese Volatilität von Tag zu Tag auch in Form einer niedrigeren Volatilität für Trader mit sehr kurzen Zeithorizonten auswirken würde.Die Ergebnisse waren erstaunlich: Im Januar, als der VIX hoch war, lag der Unterschied zwischen Kurshoch und -tief im Schnitt bei 0,60 Prozent.Im Mai, als der VIX niedriger stand, war die Spanne auf 0,28 Prozent geschrumpft.Mit anderen Worten: Für den aktiven Daytrader bewegten sich die Kurse im Mai nur noch halb so stark wie im Januar.Ihr täglicher Tradingcoach Denken wir einmal darüber nach, wie das Trader emotional betrifft.Der Trader, dessen Wahrnehmungen noch auf der Situation im Januar basieren und der im Mai weit stärkere Kursbewegungen erwartet, wird seine Kursziele in relativ großer Entfernung setzen.Bei niedrigerer Volatilität wird der Markt diese Ziele nicht innerhalb des getradeten Zeitrahmens erreichen.Stattdessen werden Trades, die ursprünglich in die erwünschte Richtung gelaufen sind, die Richtung ändern und die Erwartungen bei Weitem nicht erfüllen .Wenn Sie diese Erfahrung Tag für Tag und Woche für Woche machen, werden Sie bemerken, wie sich Frustration aufbaut.Wegen dieser Frustration stocken Trader ihre Positionen vielleicht auf das Doppelte auf – auch wenn die Chancen schlechter werden.Ich habe gesehen, wie Trader nur wegen dieser Dynamik bedeutende Summen verloren haben.Andererseits wird ein Trader, der sich auf ein Umfeld mit geringerer Volatilität spezialisiert hat, seine Stopps recht nahe an den Einstiegskursen platzieren, um seine Risiken zu managen.Wenn die Marktvolatilität steigt, werden die Stopps ausgelöst – auch wenn sich der Trade am Ende als richtig herausstellt.Auch hier ist das wahrscheinliche emotionale Ergebnis Frustration und möglicherweise ein Verstoß gegen die Tradingdisziplin.Beide Fälle sind exzellente und nur zu weit verbreitete Beispiele dafür, wie Trading Stress verursachen kann.Es sieht vielleicht so aus, dass Frustration den Verlust der Disziplin verursacht – und bis zu einem gewissen Grad trifft das auch zu –, aber ein ebenso wichtiger Teil des Bildes ist, dass die Frustra tion entsteht, weil der Trader es nicht schafft, sich an die Marktvolatilität anzupassen.Unflexible Regeln für Stopps, Kursziele und Positionsgrößen – mit anderen Worten: Regeln, welche die Marktvolatilität nicht berücksichtigen und auch nicht entsprechend angepasst werden – führen zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen, wenn sich die Marktvolatilität ändert.Aus diesem Grund können Veränderungen der Marktvolatilität zu emotionaler Volatilität führen.Wir hängen von den Märkten ab, weil wir uns nicht an das anpassen, was die Märkte tun.Schlechte Tradingpraktiken – eine schlechte Ausführung, schlechtes Risiko- und Trademanage-ment – ist für große emotionale Belastung verantwortlich. Das Trading wirkt sich ebenso stark auf unsere Psyche aus wie unsere Psyche auf das Trading.Die Persönlichkeitsforschung hat ergeben, dass jeder von uns, abhängig von seinen Charaktereigenschaften, verschiedene Niveaus der Toleranz gegenüber 96 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 97 finanziellen Risiken aufweist.Unsere Risikobereitschaft drückt sich in unseren Positionsgrößen aus, aber auch in den Märkten, die wir traden.Wenn die Marktvolatilität sinkt, werden die Märkte für risikoaverse Trader bedrohlich.Die Volatilität der Märkte trägt zur Volatilität der Stimmung bei, weil sich die potenziellen Risiken und Renditen jedes einzelnen Trades massiv verändern.Im Beispiel aus meinem Blog vollzog sich diese Veränderung innerhalb weniger Monate.Beachten Sie, dass Trader dieses Problem auch erleben können, wenn sie von einem Markt zu einem anderen wechseln – zum Beispiel vom S&P-500 zum Ölmarkt – oder von einer Aktie zu einer anderen .Daytrader, die Einzelaktien traden, haben oft eine Beobachtungsliste mit Aktien, bewegen sich schnell von einem Sektor zum anderen und traden Aktien mit verschiedenen Volatilitätsmustern.Wenn sie ihre Stopps, Kursziele und Positionsgrößen nicht entsprechend anpassen, können sie sich leicht selbst frustrieren, weil Trades zu schnell ausgestoppt werden, ihre Kursziele nicht erreichen oder zu übermäßig hohen Gewinnen und Verlusten führen.Viele Trader rühmen sich, mit einem bestimmten Trade einen riesigen Profit erzielt zu haben.Nur zu oft ist dieser Profit das Ergebnis einer zu umfangreichen und aggressiven Positionsgröße.Es ist zwar schön, dass der Trade zu einem Gewinn geführt hat, aber in Wirklichkeit ist der Trade wahrscheinlich das Ergebnis schlechten Risikomanagements.1000 Aktien einer kleinen Technologiefirma zu traden, kann ganz anders sein, als 1000 Aktien eines Dow-Jones-Unternehmens zu traden obwohl die Kurse vielleicht identisch sind.Das höhere Beta des Technologietitels sorgt dafür, dass Gewinne und Verluste weitaus höher ausfallen als beim Trading einer

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hochkapitalisierten Aktie.Das führt zu volatilen Tradingergebnissen und möglicherweise zu emotionaler Volatilität.Risiko und Rendite verhalten sich proportional zueinander: Wer hohe Gewinne anstrebt, muss zwangsläufig mit starken Rückschlägen rechnen. Der Schlüssel zum Erfolg ist das Trading inner-halb Ihrer Risikotoleranz, damit Umschwünge Ihre Sichtweise der Märkte und Ihre Entschei-dungsfindung nicht verändern.Kennen Sie die Volatilität des Markts, den Sie gerade traden? Haben Sie Ihr Trading angepasst, sodass Sie geringere Gewinne und Verluste erzielen, wenn die Volatilität niedrig ist, und höhere Gewinne und Verluste, wenn die Volatilität ansteigt? Wenn Sie verschiedene Märkte oder Instrumente traden, Ihr täglicher Tradingcoach passen Sie Ihre Erwartungen dann deren Volatilität an? Auf einer stark befahrenen Straße würden Sie nicht genauso fahren wie auf einer Straße, auf der kaum ein Auto zu sehen ist. Und Sie sollten schnelle Märkte nicht so traden wie langsame.Hier ist eine Strategie, die in dieser Hinsicht gut für mich funktioniert hat: Ich untersuche die letzten 20 Tradingtage und berechne den Mittelwert von Hoch und Tief für verschiedene Halteperioden: 30 Minuten, 60 Minuten und so weiter.Ich beachte auch die Volatilität rund um diesen Mittelwert: die Spanne der langsamsten und der lebhaftesten Märkte.Mit dieser Information kann ich mehrere Dinge bewerkstelligen:Wenn sich der Handel entfaltet, kann ich einschätzen, ob die heutigen Kursspannen vom 20-Tages-Durchschnitt abweichen.Das gibt mir ein Gefühl für die sich entwickelnde Volatilität des Tages, an dem ich trade.Das hilft mir, während des Tradings meine Erwartungen anzupassen.Ein Beispiel: Vor Kurzem vollzog der S&P-E-mini am Vormittag eine Bewegung von zwölf Punkten.Mein Research sagte mir, dass dies ganz am oberen Ende der jüngsten Erwartungen lag.Dieses Fazit hielt mich davon ab, der Bewegung nachzulaufen und half mir, mit einer Shortposition Gewinne zu erzielen.Wenn ich sehe, dass die Volatilität in den letzten 20 Tagen recht moderat war, kann ich mich auf die gute Ausführung konzentrieren, engere Stopps setzen und mit bescheidenen Kurszielen arbeiten.Daher nehme ich in einem Umfeld mit niedriger Volatilität meine Gewinne aggressiver und opportunistischer mit, was meine Frustration reduziert, wenn der Kurs die Richtung wechselt.Wenn ich sehe, dass die Volatilität in den letzten 20 Tagen gestiegen ist, kann ich meine Stopps erweitern, meine Kursziele erhöhen, das Volumen meiner Positionen anpassen und den Trades ein wenig mehr Luft lassen.Bei höherer Volatilität kann ich häufig mehrere Kursziele setzen, Teilgewinne mitnehmen, wenn das erste Ziel erreicht ist, und warten, bis der Rest der Position das höhere zweite Kursziel erreicht.

Beachten Sie, was in den oben beschriebenen Situationen passiert: Ich übernehme auf Basis der Marktvolatilität die Kontrolle über mein Trading.Statt mich von der Marktbewegung (oder vom Mangel an Bewegung) kontrollieren zu lassen, passe ich mein Trading aktiv an das Umfeld an, das am jeweili gen Tag vorherrscht.Diese Übernahme der Kontrolle ist ein wirksames Mittel gegen den psychischen Stress beim Trading und macht Veränderungen der Volatilität zu potenziellen Chancen.98 Kapitel 2 – Stress und Disstress: Wie Trader kreativ damit umgehen können 99 Die in Kapitel 10 beschriebenen Excel-Kenntnisse sind sehr hilfreich bei der Aufzeichnung von Umsätzen und Volatilität früherer Marktperioden. Als Ihr eigener Tradingcoach werden Sie Ihre Stimmungsveränderungen im Lauf der Zeit dokumentieren wollen.Wenn Sie sehen, dass Ihre Stimmung finster und frustriert wird, werden Sie untersuchen wollen, ob Veränderungen an den Märkten für die Veränderung Ihrer Emotionen verantwortlich sein könnten.Oft handelt es sich dabei um Veränderungen der Marktvolatilität und der Instrumente, die Sie traden.Stellen Sie Regeln auf, um sich verschiedenen Volatilitätsgraden anpassen zu können.Das wird Ihrem Trading und Ihrer Stimmung helfen.

Coaching-Schlüssel Wenn Sie das durchschnittliche Tradingvolumen Ihrer Aktie oder Ihres Futureskontrakts an jedem Zeitpunkt des Handelstags kennen, können Sie schnell einschätzen, ob es an einem bestimmten Tag niedrige oder höhere Volatilität geben wird. Wenn Sie wissen, wie die aktuellen Umsätze im Vergleich zu ihren Durchschnittswerten aussehen, können Sie identifizieren, ob Märkte wirklich aus einer Kursspanne ausbrechen, wobei große Marktteilnehmer einsteigen, weil der Titel nun neu bewertet wird. Wenn Sie Märkte identifizieren können, die in einem ähn-lichen Prozess sinken, sind Sie vorbereitet und können Ihr Trading

entsprechend zurückfahren. QuellenDer Blog Become Your Own Trading Coach ist die wichtigste ergänzende Quelle zu diesem Buch.Links und zusätzliche Postings zum Thema Stress und Leid finden Sie auf der Homepage im Blog über Kapitel 2: http://becomeyourowntradingcoach.blogspot.com/2008/08/daily-trading-coach-chapter-two-links.html.Strukturieren Sie Ihren Lernprozess als Trader so, dass Sie Erfolg und Selbstvertrauen aufbauen.Dieser Prozess ist eine große Hilfe beim Umgang mit Stress und Leid.Dieses Thema – und insbesondere das Thema, seine persön-liche Nische beim Trading zu finden – wird ausführlich im Buch Enhancing Trader Performance behandelt, das auch ein Kapitel über psychische Traumata enthält.Eine detaillierte Erörterung, wie sich emotionale Zustände auf das Trading auswirken, finden Sie in The Psychology of Trading.Links zu beiden Büchern finden Sie im Trading Coach-Blog (www.becomeyourowntradingcoach.blogspot.com).

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Ihr täglicher Tradingcoach Wenn Sie ein Buch suchen, das sich speziell mit Stress und Trading beschäftigt, können Sie sich Mastering Trading Stress von Ari Kiev, MD, ansehen (www.arikiev.com), das von einem sehr erfahrenen Tradingcoach geschrieben wurde.Wie beeinflussen Emotionen finanzielle Entscheidungen? Zwei gute Bücher zum Thema sind Richard L .Petersons Inside the Investor’s Brain, erschienen bei Wiley (2007), und Your Money and Your Brain von Jason Zweig (Simon & Schuster, 2007).Informationen über die Forschungsarbeiten James Pennebakers zum Thema des Schreibens als Mittel, mit Stress und Leid umzugehen, finden Sie auf seiner Homepage: http://pennebaker.socialpsychology.org/.100 101

Kapitel 3Psychisches Wohlbefinden:Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading

Glück ist der Sinn und Zweck des Lebens, das ganze Ziel der menschlichen Existenz.Aristoteles

Jüngste Forschungsarbeiten der sogenannten positiven Psychologie haben Erkenntnisse über die Bedeutung des Wohlbefindens, also positiver emotionaler Erfahrungen, erbracht.Es reicht nicht aus, mit Stress umgehen zu können und negativen Stress (Disstress) zu minimieren.Wenn wir unsere Performance maximieren wollen, müssen wir aus unserer Konzentration, Motivation und Energie das Beste machen.Wie oft habe ich schon gesehen, dass Trader Trades verpasst oder sich nicht angemessen auf den Handelstag vorbereitet haben, nur weil sie erschöpft waren und nicht auf der Höhe Ihres Leistungsvermögens agierten.Für einen Olympioniken wäre es unvorstellbar, nicht in Bestform zu diesem Ereignis zu kommen.Aber Trader riskieren ihr Kapital nur zu oft, wenn sie unausgeschlafen, ausgebrannt oder abgelenkt sind.Wie Sie Ihr Trading managen, hängt teilweise davon ab, wie Sie den Rest Ihres Lebens managen.Aber was ist Wohlbefinden und wie können wir es maximieren? Eine umfangreiche psychologische Forschung hilft uns, diese Fragen zu beantworten.Ein großer Teil davon wurde erst in den letzten zehn Jahren durchgeführt und ist Tradern, ja sogar Tradingcoachs unbekannt.Sehen wir uns an, wie Sie sich selbst zu positiveren Erfahrungen coachen können – und zu einer besseren Performance.

Lektion 21: Wie wichtig es ist, sich gut zu fühlen

Eine der am stärksten überschätzten Variablen in der Tradingpsychologie ist die Leidenschaft für das Trading oder die Börse.Leidenschaft hat für verschiedene Menschen viele unterschiedliche Bedeutungen.Meiner Erfahrung nach hat Leidenschaft recht wenig damit zu tun, wie hart Trader tatsächlich an ihren Fähigkeiten arbeiten .Trader, die unbedingt Gewinne erzielen wollen, Trader, die wie Spielsüchtige an den Märkten agieren und rund um die Uhr an nichts anderes denken: Sie alle behaupten vielleicht, eine spezielle Leidenschaft für ihre Tätigkeit zu empfinden.Diese Leidenschaften können gutes Trading und eine positive Lernkurve fördern – oder auch nicht.Wünsche und Motivation sind für den Erfolg beim Trading zwar erforderlich, aber nicht ausreichend.Statt sich auf ihre Leidenschaft zu konzentrieren, würden Trader gut daran tun, über die Gesamtheit ihrer Emotionen gegenüber ihren Markterfahrungen nachzudenken.Empfinden Sie nennenswertes Glück, Zufriedenheit und Motivation, wenn Sie recherchieren und an den Märkten traden? Genießen Sie wirklich, was Sie tun?Diese positive Seite der emotionalen Erfahrung ist das, was Psychologen als psychisches Wohlbefinden bezeichnen.Eine Person mit hohem Wohlbefinden macht regelmäßig die folgenden Erfahrungen:Eine gute Stimmung (Zufriedenheit)Positive Erwartungen (Optimismus)Ein positiver körperlicher Zustand (Energie)Eine positive Sicht der eigenen Person und des Lebens (Erfüllung)Positive Beziehungen zu anderen Menschen (Zuneigung)

Niemand von uns empfindet ständig alle diese Dinge, denn viele von diesen fünf Faktoren schwanken in Abhängigkeit von den Lebensumständen.Dennoch legen psychologische Forschungen nahe, dass manche von uns signifikant mehr Wohlbefinden verspüren als andere.Einen Teil dieser Unterschiede kann man auf angeborene Persönlichkeitszüge zurückführen, die sich in einer ganzen Reihe von Lebensumständen bemerkbar machen.Andere Unterschiede kann man unserem Umfeld zuschreiben, vor allem dem Maß, in dem unsere Lebensumstände unsere Bedürfnisse befriedigen oder frustrieren und unseren Wertvorstellungen entsprechen oder

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ihnen widersprechen.Ein großer Teil des psychischen Wohlbefindens hängt davon ab, ob eine Person, ihr soziales und ihr Arbeitsumfeld zueinander passen.102 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 103 Wenn Menschen chronisch unfähig sind, positive Emotionen zu empfinden, könnten wir vermuten, dass eine emotionale Störung vorliegt, zum Beispiel eine Form der Depression, die man Dysthymie nennt.Andere emotionale Probleme, darunter Angststörungen, können Menschen daran hindern, im Leben Freude und Befriedigung zu empfinden.Unter diesen Umständen ist es für die Betroffenen wichtig, die Hilfe eines erfahrenen und qualifizierten Experten auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit zu suchen.Oft können stark interventionistische Methoden – manchmal in Kombination mit Medikamenten – starke Verbesserungen bewirken, wenn chronische Probleme einer positiven Lebenserfahrung im Weg stehen.Sie müssen nicht tatsächlich depressiv sein – weinen, nicht aus dem Bett aufstehen können und an Selbstmord denken –, um von psychologischer Hilfe zu profitieren, wenn Ihnen positive Emotionen chronisch fehlen.Die Quellen bei Kapitel 1 enthalten Hinweise auf Kurztherapien, veranstaltet vom Beck Institute for Cognitive Therapy and Research.

Die Mehrheit der Menschen erlebt allerdings ein Hin und Her zwischen positiven und negativen Emotionen als Folge ihrer Lebensumstände.Wenn ihr Leben ihre Wertvorstellungen und Bedürfnisse befriedigt, genießen sie die oben genannten Emotionen.Wenn das Leben ihre Bedürfnisse nicht befriedigt, reagieren sie mit Unzufriedenheit, Frustration und verminderter Energie. In diesem Sinn dienen positive Emotionen als Lebensbarometer. Sie in-formieren uns, in welchem Maß wir das Richtige für uns tun.Sie können also sehen, warum positive Emotionen für das Trading so wichtig sind.Wenn Sie gut traden, lernen und sich weiterentwickeln und mit Ihren Anstrengungen Erfolg haben, sollten Ihre positiven Emotionen die negativen im Lauf der Zeit überwiegen.Die dominante emotionale Erfahrung aus Ihrer Arbeit sollte die Art von Stolz, Befriedigung und dem Gefühl sein, etwas geschafft zu haben, die Ihnen Energie und Optimismus gibt.Wenn Sie nicht traden, nicht wachsen und sich als Trader nicht weiterentwickeln, wenn Ihre Anstrengungen nicht zu Erfolgen führen, ist Ihre Tradingerfahrung wohl eher negativ.Sie empfinden seltener Befriedigung, Energie und Optimismus als Frustration, Überforderung und Entmutigung.Das ist wichtig, weil die Lernkurve des Traders durch die Energie und den Optimismus gefördert wird, die durch Zufriedenheit und persönliche Erfüllung entstehen.Sie befeuern die Konzentration und helfen Tradern, die zusätzlichen Anstrengungen auf sich zu nehmen, die zu einer überlegenen Internalisierung der Kursmuster führen.Ein Trader, der sich meistens wohlfühlt, kann eher das Selbstvertrauen haben, gute Trades aggressiv zu verfolgen und sich von mittelmäßigen Trades zu verabschieden.Ein Trader mit positiven emotionalen Erfahrungen neigt weniger dazu, wegen seiner Frustration impulsive Trades durchzuführen.Er wird mit höherer Wahrscheinlichkeit Verlustphasen durchhalten.Kurz gesagt: Sich gut zu fühlen trägt viel zu einer guten Performance bei, weil wir im Zustand emotionalen Wohlbefindens kognitiv am besten funktionieren.Emotionales Wohlbefinden fördert die kognitive Effizienz. Wir können am besten denken, wenn wir uns gut fühlen.Als Ihr eigener Tradingcoach können Sie die konstruktive Maßnahme ergreifen, die emotionalen Erfahrungen zu notieren, die Sie im Lauf der Zeit machen.Eine einfache Prüfliste mit Adjektiven, die Sie am Ende jedes Tradingtags ausfüllen, kann Ihnen ein Gefühl dafür vermitteln, ob Sie im Einklang mit Ihren Emotionen stehen oder gegen den Strom Ihrer Emotionen anschwimmen.Eine solche einfache Prüfliste finden Sie im folgenden Kasten.Kurze emotionale Prüfliste Kreuzen Sie die Adjektive an, die am besten beschreiben, wie Sie sich jetzt fühlen:1. glücklich, neutral, unglücklich2. zufrieden, neutral, unzufrieden3. voll Energie, neutral, erschöpft4. optimistisch, neutral, pessimistisch5. konzentriert, neutral, unkonzentriert6. ruhig, neutral, gestresst7. kompetent, neutral, inkompetent8. wachsend, neutral, stagnierendBewertung: Für jedes erste Adjektiv in den jeweiligen Serien, das Sie ankreuzen, geben Sie sich eine Bewertung von +1. Jede »neutrale« Antwort zählt 0. Das jeweils dritte Adjektiv wird mit -1 bewertet. Berechnen Sie die Gesamtsumme. Wenn Sie mindestens +4 beträgt, werden Sie herausfinden wollen, was Sie richtig tun, um Ihre Stimmung aufrechtzuerhalten – und vielleicht können Sie sie noch steigern. Wenn die Summe -4 oder weniger beträgt, werden Sie identifi-zieren wollen, was Sie vielleicht falsch machen und was Ihre Stimmung gedrückt hält. Wenn Ihr Ergebnis im relativ neutralen Bereich liegt, wollen Sie vielleicht beide Schritte machen: iden-tifizieren, was Sie tun, das Ihnen positive Erfahrungen vermittelt, und was Sie tun, das positive Erfahrungen verhindert. Wenn Sie Ihre täglichen Aktivitäten anpassen, können Sie die Waage zwischen positiven und negativen Emotionen zu Ihren Gunsten beeinflussen. 104 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 105 Es ist nicht nötig, dass Sie sich nach jedem einzelnen Tradingtag gut fühlen .Das ist unrealistisch.Wichtiger ist das langfristige Verhältnis von positiven und negativen Erfahrungen.Wenn Sie sich am Ende des Tradingtags öfter schlecht als gut fühlen, dann ist das ein klares Anzeichen, dass Sie entweder nicht gut traden – dass sich die Märkte in einer Art verändert haben, an die Sie sich nicht angepasst haben – und/oder, dass Sie sich keine klaren,

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erreichbaren Ziele setzen und dass Ihre Lernkurve deshalb stagniert.Wenn Sie am Ende jedes Tradingtags Ihre emotionale Temperatur messen, werden Sie auch immer besser bestimmte Verhaltensweisen beim Trading beobachten können, die Ihre Stimmung steigern oder drücken.Ich habe gelernt, meine Verluste bei einzelnen Trades einzugrenzen, nachdem ich vollständig verstanden hatte – durch eigene Erfahrungen –, dass hohe Verluste nicht nur meinen jährlichen Renditen schadeten, sondern auch meine Liebe und mein Interesse für das Trading ruinierten.Ich lernte auch, mich beim Trading auf meine Stärken zu konzentrieren, als ich feststellte, dass sie mir im Lauf der Zeit das tief empfundene Gefühl vermittelten, etwas erreicht zu haben.Trading ohne Emotionen gibt es nicht.Solange wir uns um unsere Performance kümmern, sind unsere Emotionen involviert, wenn wir unser Kapital aufs Spiel setzen und unsere Ziele verfolgen.Dieses Engagement kann sich zu unseren Gunsten auswirken, wenn wir durch Selbstcoaching einen positiven emotio-nalen Status aufrechterhalten und das Beste aus uns herausholen.

Coaching-SchlüsselMachen Sie besonders genaue Aufzeichnungen, wenn es um große Veränderungen im Leben geht: Man bekommt ein Kind, kauft ein neues Haus, zieht um, man erlebt eine Trennung in-nerhalb seiner Beziehung, einen Todesfall in der Familie, erleidet eine schlimme Krankheit etc. Oft, sehr oft sind solche Zeiten der Veränderung auch Zeiten von Stress und vermindertem Wohlbefinden. Selbst auf den ersten Blick glückliche Ereignisse, wie zum Beispiel die Geburt eines Kindes, können zu erhöhtem Performancedruck führen – und zu Schlafstörungen! Wid-rige Veränderungen des finanziellen Status sind in dieser Hinsicht besonders problematisch. Erwägen Sie durchaus einmal, Ihre Tradingrisiken zu reduzieren, bis Sie solche Situationen an-gemessen einschätzen können.

Lektion 22: Steigern Sie Ihr GlücksgefühlZwei essenzielle Komponenten des psychischen Wohlbefindens sind Freude und Erfüllung.Es ist wichtig, positive Gefühle für das zu entwickeln, was wir .Aber es ist auch wichtig, ein hohes Maß an Zufriedenheit mit unserem Leben aufzubauen.Die Kombination von Freude und Zufriedenheit führt zu einem dauerhaften Glücksempfinden.Wie das Zitat von Aristoteles am Beginn dieses Kapitels schon sagt, ist das Glück der Mittelpunkt des Lebens.Wenn griechische Philosophen über Glück schrieben, meinten sie damit nicht einfach eine positive, sonnige Stimmung.Stattdessen gab es eine enge Verbindung zwischen Glück und persönlicher Erfüllung: dem Gefühl, seine Potenziale zu verwirklichen und die Person zu sein, die man werden kann.Eine in diesem Sinn glückliche Person kann Phasen von Traurigkeit und Verlust, Angst und Frustration überstehen .In der Tat ist es schwierig, sich ein zielgerichtetes Leben vorzustellen, das nicht auf solche Hindernisse trifft.Was allerdings zum Glücksgefühl beiträgt, ist das tiefe Gefühl, im Leben auf dem richtigen Weg zu sein: das Gefühl, das zu tun, was man tun sollte.In diesem Sinn ist das Gegenteil des von Aristoteles beschriebenen Glücks nicht die Traurigkeit, sondern eine bestimmte Form des emotionalen Unbehagens: ein vages, aber eindringliches Gefühl der Schuld, dass man die Chancen des Lebens an sich vorbeiziehen lässt; dass man sich mit weniger zufrieden gibt, als einem eigentlich zusteht.Über die negativen emotionalen Erfahrungen wie Zorn, Angst oder Depression ist schon viel geschrieben worden, aber nur wenig über dieses nagende Schuldgefühl.Das ist nicht so dramatisch wie eine Panikreaktion oder ein Wutausbruch, aber es kann durch die damit verbundene Quälerei ebenso viel Schaden anrichten; Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat das Gefühl zu haben, in seiner beruflichen Karriere, in Liebesbeziehungen und in der persönlichen Entwicklung zu schlecht abzuschneiden.Auf einem solchen Fundament kann man sich dauerhaftes Selbstvertrauen und Selbstachtung nur schwer vorstellen.Andererseits gibt es einen besonderen Glanz der Zufriedenheit, wenn man eine wirklich befriedigende Tätigkeit ausübt.Da ich Psychologe bin, sind die Momente sehr befriedigend, wenn alles zusammenkommt und ich im Leben eines Klienten eine bedeutende Veränderung auslösen kann.Das trägt mich durch viele Sitzungen mit langsamer, schrittweiser und schwieriger Arbeit.Ganz ähnlich ist es, wenn man eine herausfordernde Tradingidee entwickelt, sie planvoll durchführt und damit Geld verdient.Das führt zu einem Gefühl der Zufriedenheit, das man mit einem stumpfsinnigen Trade, bei dem man einfach nur Glück hatte, nicht erreichen kann, auch wenn die Gewinne gleich 106 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 107 hoch sind.Stolz – nicht im Sinne hochnäsiger Arroganz, sondern als innere Überzeugung, dass man die richtigen Entscheidungen getroffen hat – ist eine wichtige Manifestation des Glücks im Sinn von Aristoteles.Leider bringt die Teilnahme am Marktgeschehen vielen Tradern nicht diese Erfüllung.Ja, sie verspüren Befriedigung, wenn sie Geld verdienen, und Schmerz, wenn sie verlieren.Aber ihnen fehlt dieses tiefe innere Gefühl der Befriedigung und Freude, etwas, das nur denjenigen möglich ist, die einer Berufung folgen.Der Grund hierfür: Sie hoffen, dass Gewinne Glücksempfinden bringen, während dieser Zusammenhang in Wirklichkeit genau umgekehrt funktioniert.Wir profitieren von unserer Lebensarbeit, wenn wir nach unserem Glück streben.Ebenso wie sexuelle Eroberungen nicht zum gleichen Glück führen wie eine erfüllende emotionale Beziehung und ein Lotteriegewinn nicht die gleiche Tiefe hat wie der Aufbau einer Firma, liefern Tradinggewinne nicht den wichtigsten emotionalen Treibstoff für eine Karriere als Trader.Das sind glückliche Ergebnisse, aber nicht die Ursachen von Glück.

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Leider agieren viele Trader in einer Weise an den Märkten, die nicht zu Erfüllung führen kann.Sie streben nach Gewinnen, wie ein geschickter Aufreißertyp nach Sex sucht.Manchmal haben sie Erfolg, manchmal nicht.Ihre Anstrengungen sind nicht kumulativ: Sie erreichen ebenso wenig eine Karriere, wie ein Kneipenhocker wichtige Beziehungen aufbaut.Oft erkennen Trader diese nagende existenzielle Schuld.Sie erkennen, dass viele Stunden vor dem Bildschirm ihnen wenig oder gar keinen ökonomischen Nutzen bringen, aber auch nicht zu einem anhaltenden Gefühl von Bedeutung und Befriedigung führen.Sie sind nicht unbedingt ängstlich, depressiv oder frustriert.Sie sind nur leer.Einen zufriedenen Trader können wir erkennen, weil er voll im Prozess des Tradings steckt und in diesem Prozess Erfüllung findet, auch wenn die Märkte gerade geschlossen sind.Ich sehe mir das Geschehen im Blog TraderFeed jeden Tag an und habe schon vor langer Zeit erkannt, dass die Zahl der Besucher nach Börsenschluss am Freitag und während des Wochenendes massiv sinkt.Wie viel Spaß kann man schließlich an den Märkten haben, wenn sie nicht geöffnet und aktiv sind? Das ist die Einstellung des Trading-Kneipenhockers.Dem glücklichen Trader macht es Spaß, die Märkte zu recherchieren und zu verstehen, sich auf den nächsten Tag und die nächste Woche vor-zubereiten, seine Tradingergebnisse und seine Performance noch einmal zu prüfen, neue Ideen und Methoden zu generieren.Für einen solchen Trader ist die Unterscheidung zwischen Arbeitstagen und Wochenende ebenso egal, Ihr täglicher Tradingcoach wie sie es für einen hingebungsvollen Künstler oder für einen Wissenschaft ler im Labor wäre.Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich für diese Trader, am Abend und an den Wochenenden noch mehr zu lesen als sonst, weil sie auf den gesamten Tradingprozess konzentriert sind, nicht nur auf den Prozess, mit Trades Geld zu verdienen.Wenn Sie derart in Ihre Tätigkeit involviert sind, dass Sie sie nicht auf die üblichen Geschäftsstunden beschränken möchten, wissen Sie, dass Sie nach Ihrem Glück streben.Wenn Sie in die richtige Person verliebt sind, dann durchdringt diese Liebe alle Ihre Aktivitäten, nicht nur die im Nightclub oder im Bett .Wenn Sie an den Märkten tiefe Erfüllung finden, leben und atmen Sie diese Märkte – nicht nur, wenn Sie dort Geld verdienen.Eine wichtige Übung zur Selbsteinschätzung, die Sie in den kommenden Wochen durchführen könnten, ist die Aufzeichnung, wie viele Stunden Sie außerhalb der offiziellen Handelszeiten dem Trading gewidmet haben und wie Sie sich in dieser Zeit fühlten.Erleben Sie Freudenausbrüche, wenn Sie neue Muster und Ideen entdecken? Empfinden Sie ein tiefes Gefühl der Meisterschaft und des Stolzes, wenn Sie an sich arbeiten und Ihr Können steigern? Vermitteln Ihnen Ihre ständigen Bemühungen, die Märkte zu interpretieren und Ihre Performance zu verbessern, ein Gefühl von Stolz und Befriedigung?Wenn Sie außerhalb der Handelsstunden dem Trading weniger Zeit widmen als während der Handelszeit, ist Trading wahrscheinlich nicht Ihre wahre Berufung.Können Sie sich einen Priester vorstellen, der sich nur von 9 Uhr bis 17 Uhr mit seiner Religion beschäftigt? Einen Künstler, der nur während Kunstmessen malt? Wenn Trading wirklich ein Teil von Ihnen ist und zu Ihrem Glück beiträgt, sind Sie höchstwahrscheinlich mit den Aktivitäten beschäftigt, die zum Aufbau von Fähigkeiten und Mustererkennung beitragen.Ein großer Teil des Tradingerfolgs hängt davon ab, ob man die Nische findet, die diesen Eifer aufrechterhält.

Coaching-SchlüsselViele Trader verwechseln Zufriedenheit und Erfüllung mit Faulheit und selbstgefälliger Befrie-digung ihrer selbst. Aus Furcht vor Selbstgefälligkeit widerstehen sie der Erfahrung der Zufrie-denheit. Folglich sind Trader oft unzufrieden mit ihren Fortschritten und fallen der Frustration zum Opfer – und den Auswirkungen der Frustration über ihr Trading. Man kann mit seinen bisherigen Fortschritten zufrieden und dennoch motiviert sein, sich weiterzuentwickeln. Die Lösung: Man muss sich kurzfristige und längerfristige Ziele setzen. So kann man Befriedigung ernten, wenn man ein unmittelbares Ziel erreicht, aber dennoch hungrig bleiben, was die größeren Ziele betrifft.

108 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 109

Lektion 23: Erreichen Sie die Zone

Die meisten erfahrenen Trader kennen das Gefühl, sich in der Zone zu befinden: Man erkennt die Märkte so deutlich, dass die richtigen Erfahrungen mühelos zu sein scheinen.Der Psychologe Abraham Maslow bezeichnete diese Gelegenheiten als Gipfelerlebnisse.Der Forscher Mihaly Csikszentmihalyi bezeichnet sie als Phasen des Fließens, des »Flow«.Das entscheidende Zeichen, dass man sich in der Zone befindet, ist, dass sich der Performer mit der Performance eins fühlt und – scheinbar ohne bewusste Anstrengung – seine Fähigkeiten auf hoch kompetente Weise einsetzt.Die Zone ist kein emotionaler Zustand, obwohl sie Gefühle des emotionalen Wohlbefindens hervorbringt und sicherlich durch negative emotionale Zustände zerstört werden kann.Das Vordringen in die Zone erfordert ein Eintauchen: die totale Konzentration auf das, was man tut.In diesem Sinn ist die Zone ein Zustand gesteigerter Konzentration: Sie ist das Ergebnis vollständiger Konzentration und des Engagements in einer Aktivität.Beachten Sie, dass wir uns automatisch verhalten können – sogar auf geschickte Art und Weise –, ohne wirklich in unsere Aktivität eingetaucht zu sein und ohne die Erfahrung der Zone zu machen.Repetitive Routinetätigkeiten

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wie das Autofahren auf einer leeren Straße oder das Gehen auf einer Straße in der Stadt erfordern keine besondere Aufmerksamkeit und bieten uns in der Regel auch keine Erfahrung des Wohlbefindens.Um in die Zone vorzu-dringen, muss man seine mentalen Anstrengungen auf eine Aufgabe richten, welche die ganze Aufmerksamkeit absorbiert.Die Performance in der Zone mag vielleicht mühelos erscheinen, aber sie ist alles andere als roboterhaft.Früher – und in Enhancing Trader Performance – habe ich die Bedeutung der Nische hervorgehoben: das Agieren auf einem Gebiet, das den eigenen Talenten, Fähigkeiten und Interessen entspricht.Ein guter Gradmesser dafür, ob Sie innerhalb Ihrer Nische operieren, ist der relative Zeitanteil, den Sie in der Zone verbringen, während Sie sich um Ihre Performance kümmern.Ich mache diese Flow-Erfahrungen relativ häufig, wenn ich schreibe.Dabei gehe ich selten von einem detaillierten Plan aus.Eher denke ich über ein Thema nach und lasse, während ich schreibe, die Gedanken und Worte fließen.Und wenn ich mit einem Klienten arbeite, konzentriere ich mich vollständig darauf, was er sagt, was das bedeutet und wie ich diese Informationen dazu nutzen kann, ihm eine Hilfe zu sein.Es ist überhaupt nicht ungewöhnlich, Ihr täglicher Tradingcoach dass die Zeit wie im Flug vergeht, wenn ich ein Gespräch mit jemandem führe.Ich bin so auf die Interaktion konzentriert, dass ich nicht mehr bemerke, wie die Zeit verstreicht.Den Zonenstatus beim Trading finde ich im häufigsten, wenn ich aktiv die Märkte erforsche – wobei ich mich ins Research vertiefe – und die daraus gewonnenen Einsichten bei kurzfristigen Trades einsetze.Das ist wichtig: Der Aspekt des Lösens von Rätseln beim Trading und nicht die Platzierung von Trades selbst nimmt meine Aufmerksamkeit in Anspruch.Wenn ich auf mechanische Art zu traden versuche, ohne mich in die Problemlösung zu vertiefen, empfinde ich Trading als schädlich für meine Psyche.Dann ist in kognitiver Hinsicht kein Fleisch auf den Knochen, meine Aufmerksamkeit ist nicht gefordert und ich bleibe außerhalb der Zone.Eines der schädlichsten psychischen Muster, das ich bei Tradern sehe, ist, dass sie versuchen, sich eine unechte Zone zu schaffen, indem sie mit zu hohen Risiken traden .Mit anderen Worten: Die Trader sind innerlich nicht an den Märkten und am Tradingprozess interessiert.Daher versuchen sie, Interesse und Aufmerksamkeit zu schaffen, indem sie mit ihren Tradingideen große Risiken eingehen.Das ist aus offensichtlichen Gründen problematisch: Es setzt die Trader der Gefahr außergewöhnlich hoher Verluste und möglicherweise dem Risiko des Ruins aus.Dies ist aber auch in psychologischer Hinsicht ruinös.Sobald sich ein Trader an ein bestimmtes Risikoniveau gewöhnt hat, ist ein höheres Niveau nötig, um Aufmerksamkeit und Interesse zu schaffen – ähnlich wie Süchtige höhere Dosierungen einer Droge brauchen, um den gewünschten Effekt zu erreichen.Letztlich muss ein Trader, der die Erregung durch das Risiko braucht, um sein Interesse am Trading aufrechtzuerhalten, pleitegehen.In Wahrheit handelt es sich hierbei um eine Sucht, nicht um Leidenschaft für die Märkte.

Mehr über suchtähnliches Trading finden Sie in Enhancing Trader Performance und hier: http://traderfeed.blogspot.de/2006/11/dr-bretts-heartfelt-plea-when-trading.html.

Eine höchst effektive Möglichkeit, den Zustand des Flow zu verlassen – oder gar nicht erst hineinzukommen –, ist die Konzentration auf sich selbst statt auf die Performance.Man kann nicht vollständig in eine sexuelle Begegnung eintauchen, wenn man sich Sorgen über seine sexuelle Leistungsfähigkeit macht.Bei einer sportlichen Performance wird man nicht in die Zone gelangen, wenn man sich selbst dazu zwingt, einen Rekord aufzustellen.Der 110 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 111 Trader, der sich während des Trades auf seine Gewinne und Verluste konzentriert, ist in diesem Ausmaß nicht mehr auf den Markt fokussiert.Die Dynamik der Performanceangst – das Nachdenken über die Performance, während man tradet – ist das Rezept für eine Katastrophe, wenn es Ihr Ziel ist, innerhalb der Zone zu operieren.Als ich mein erstes Buch über Trading schrieb, entschied ich mich dafür, das gesamte Manuskript fertigzustellen, noch bevor ich einen Vertrag meines Verlegers unterzeichnet hatte.Natürlich wollte ich, dass der Text veröffent-licht wurde, aber ich schrieb ihn nicht wegen Honoraren oder öffentlicher Anerkennung.Ich schrieb das Buch für mich, um meine Gedanken zu klären und zum Gesamtwissen auf diesem Gebiet beizutragen .Als ich es auf diese Art schrieb, musste ich mir keine Sorgen machen, wie die Leser darauf reagieren würden, ob meine Arbeit den Redakteuren gefallen würde und so weiter.Ich konnte mich einfach auf das Schreiben konzentrieren.Es ist sehr, sehr schwierig, eine gute Leistung erbringen zu müssen und sich gleichzeitig voll auf die Performance zu konzentrieren.Am zuverlässigsten hätte ich meine Schreiberfahrung (und meine Bücher) ruinieren können, hätte ich meine Aufmerksamkeit zwischen der Entwicklung und dem Schreiben über Ideen und dem Spekulieren darüber aufgeteilt, wie die Leser diese Ideen aufnehmen würden.Wenn die Performance von einem echten Wunsch zu einem akuten Bedürfnis wird, ist es fast unmöglich, an das Ergebnis der Performance zu denken.Man konzentriert sich dann ausschließlich auf die Arbeit.So ist das für den Trader.Wenn ein Trader Geld verdienen muss, fällt es ihm schwer, Marktschwankungen auszuhalten und sich auf die Ausführung seiner Tradingideen und Pläne zu konzentrieren.Wenn er den heutigen Trade braucht, um morgen seine Rechnungen bezahlen zu können, kann er in keine Zone eintreten: Natürlicherweise kommt immer dann Angst auf, wenn die Gewinne bedroht sind.Wenn ich psychisch von meiner Profitabilität abhängig bin, wenn mein Selbstwertgefühl und meine Identität von meinen Tradingresultaten

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abhängen, kann ich meine Tradingerfahrungen nicht mehr kontrollieren: Wahrscheinlich bestimmen die Marktbewegungen, wie ich mich fühle.Die Flow-Erfahrung erfordert ein gewisses Niveau von Kontrolle über das, was wir tun.Vielleicht kann eine andere Analogie dieses Thema beleuchten.Meine Frau Margie und ich investierten kürzlich eine Menge Geld in steuerfreie Anleihen.Wir nutzten eine Situation, in der ihre Renditen weit über die entsprechenden Renditen von (steuerpflichtigen) Staatsanleihen und Certificates of Deposit gestiegen waren.Wir planten, uns diese Positionen als Investments zu sichern, nicht als kurzfristige Trades.Wir dachten, wir würden im Lauf der Zeit von attraktiven Zinserträgen und möglicherweise auch von Kursgewinnen profitieren, wenn sich die steuerfreien Zinsen denen der steuerpflichtigen Papiere wieder angleichen würden.Wir konnten diese Investition problemlos durchführen, weil sie weniger als 10 Prozent unserer Ersparnisse entsprach.Unser übriges Kapital war in anderen Investitionen diversifiziert und arbeitete sogar dann für uns, falls sich unsere Anleihen kurzfristig gegen uns entwickeln würden.Wir konnten uns weiterhin auf unseren grundsätzlichen Investitionsplan konzentrieren, weil wir so diversifiziert waren, dass keine einzelne Position eine wundervolle Performance erreichen musste.Im Leben wie an der Börse reduziert Diversifikation den Performancedruck und erlaubt uns, stärker in die Sache einzutauchen, der wir uns gerade widmen.

Ein Trader, der bei einem bestimmten Trade nur einen kleinen Teil seines Kapitals riskiert, kann sich auf die Durchführung seines umfassenden Tradingplans konzentrieren, weil es kein akutes Bedürfnis gibt, dass eine be-stimmte Position funktioniert – und keine akute Bedrohung, falls sie nicht funktioniert.

Das ist ein psychologisches Paradoxon: Wenn man sich optimal auf eine einzelne Performance konzentrieren will, ist es hilfreich, in anderen Performances diversifiziert zu sein.Wenn ich als Vater, Ehemann und Psychologe positive Erfahrungen mache, dann müssen sich meine Bücher nicht gut verkaufen und meine Trades müssen keine Gewinne bringen.Genau diese emotionale Diversifizierung ermöglicht mir, mich weiter auf mein Schreiben und Trading zu konzentrieren – und daraus befriedigende Renditen zu ziehen.Als Ihr eigener Tradingcoach müssen Sie den Märkten nicht immer mehr Zeit, Arbeit und Emotionen widmen.Wenn Sie alle Ihre psychologischen Eier in den Tradingkorb legen, werden Sie sicherlich ausbrennen und die Performancezone nie erreichen.Vielmehr können Sie sich selbst am besten coachen, wenn Sie dafür sorgen, dass Trading nur eine von vielen erfüllenden Aktivitäten in Ihrem Leben ist.Legen Sie andere Eier in die Körbe von spirituellen Interessen, künstlerischen Tätigkeiten, Sport, sozialem Leben, intellektuellem Leben, Familie, Gemeinde und Hobbys.Wenn Sie ein in diesem Sinn ausgefülltes Leben führen, können Sie die Schwankungen Ihrer Tra1dingperformance am besten überstehen.Sie sind nicht mehr darauf angewiesen, dass Ihr Trading zu irgendeinem bestimmten Zeitpunkt funktioniert.So können Sie sich besser auf den Prozess des Tradings konzentrieren, bessere Trades generieren und ausführen.Hier ist Ihre Aufgabenstellung: Geben Sie sich selbst eine Note dafür, wie viel Interesse und Befriedigung für Sie mit den oben genannten Lebensbereichen verbunden ist.Wie diversifiziert sind Sie, was die Quellen Ihres Wohlbefindens betrifft? Dann suchen Sie sich ein Gebiet aus, das Sie kultivieren wollen, um Ihre emotionale Diversifikation zu verbessern.Sie werden dabei nicht nur eine neue Quelle der Freude und Bestätigung finden, sondern Sie legen auch die psychologische Basis – das innere Gefühl von Sicherheit und Erfüllung –, um Ihre Performancezone zu finden und in ihr zu bleiben.

Coaching-Schlüssel Gönnen Sie sich kurze Pausen vom Tradingmonitor. Diese Unterbrechungen können eine großartige Möglichkeit sein, neue Konzentration zu sammeln und sich aus schwierigen Märk-ten zu verabschieden. Die besten Pausen sind diejenigen, die Sie ganz ausfüllen und Sie in eine andere Zone führen als das Trading. Ein Beispiel ist körperliches Training. Gespräche mit angenehmen Menschen können die gleiche Funktion erfüllen. Ich bin immer voll konzentriert, wenn ich mit meiner Katze Gina spiele oder in unserem Pool schwimme. Die Aktivität lenkt mich vollständig von dem ab, was ich zuvor gemacht habe, und lässt mich mit einer neuen Per-spektive zurückkehren. Schalten Sie in einen anderen Gang – konzentrieren Sie sich körperlich und/oder emotional auf eine andere Sache, nachdem Sie kognitiv voll in die Märkte vertieft waren. Diese Pausen können zu höchst effektiven Trades führen.

Lektion 24: Traden Sie mit Energie

Eine sehr wichtige Dimensionen des psychischen Wohlbefindens ist die Energie.Glück, Begeisterung, Motivation und allgemeine Zufriedenheit sind nur schwer aufrechtzuerhalten, wenn Sie sich mental und physisch erschöpft fühlen.Die Erschöpfung ist der Feind der Konzentration; physische Dynamik fördert eine positive und energiegeladene Stimmung.Wir sind wie ein Laptop-Computer, der mit Batterien läuft. Nach längerem Betrieb werden wir erschöpft.Konzentration und Aufmerksamkeit erfordern Anstrengung; letztlich schöpfen wir unsere mentalen

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Reserven aus und verlieren die Konzentration.Das führt zu Fehlern beim Trading: Wir verpassen Chancen, übersehen wichtige Daten und vergessen entscheidende Aspekte Ihr täglicher Tradingcoach unserer Tradingpläne.Wenn wir erschöpft sind, fallen wir auch höchstwahrscheinlich in alte – und oft negative – Verhaltensmuster zurück.Wenn wir keine Energie mehr haben, essen wir vielleicht aus lauter Langeweile, sind ungewöhnlich aufgeregt, wenn sich etwas nicht zu unseren Gunsten entwickelt, oder hängen negativen Gedanken nach.Stellen Sie sich das so vor: Um zielorientiert zu bleiben, ist stabile Konzentration nötig.Um uns selbst aktiv führen zu können, brauchen wir einen aufmerksamen und aktiven Verstand.Wenn wir müde werden, verlieren wir diese aktive Führung.Wir werden passiv und reagieren eher auf Dinge, statt diese Dinge in Gang zu setzen.Diese Unterscheidung zwischen aktivem und passivem Trading ist äußerst wichtig.Der aktive Trader recherchiert über die Märkte, identifiziert chancenreiche Gebiete.Er führt seine Trades bewusst aus und managt sie, um das Maximum aus einer Chance herauszuholen.Der aktive Trader überlässt nichts dem Zufall, sondern alles ist vorher geplant: wo er nach Chancen sucht, wo er sich zurücklehnt, wo er Gewinne mitnimmt, wo er seine Stopps setzt.Das erfordert Zeit, Energie und dauerhafte Konzentration.In diesem Sinn ist gutes Trading rein intentional: Es ist ein zielgerichteter Willensakt.Wenn wir physisch ausgelaugt sind, verlieren wir die Fähigkeit, diese zielgerichtete Konzentration zu bewahren.Wir vernachlässigen unser Research; wir können Risiken und Renditen nicht mehr richtig einschätzen.Wir fallen in einfache Heuristik zurück und steigen aufgrund simpler Gedankengänge in Trades ein – aufgrund von Chartmustern oder Kursniveaus, die hinsichtlich Risiko und Rendite wahrscheinlich keinerlei Vorteil bieten.Noch schlimmer: Wenn wir erschöpft sind, werden wir emotional reaktiv; wir jagen Hochs und Tiefs nach und setzen auf roboterhafte Weise Regeln um (auf fallende Kurse schwacher Aktien in starken Märkten setzen), ohne die nötige Zeit und Arbeit zu investieren, den breiteren Kontext unserer Entscheidungen einzuschätzen (ein Trendtag nach oben).

Das Management Ihrer Energie während des Tradingtags erfordert mindestens folgende Dinge:

Sie müssen richtig und qualitativ hochwertig schlafen.Unterbrochener Schlaf kann Sie wichtiger Schlafphasen berauben und Ihnen das Gefühl geben, nicht wirklich ausgeruht zu sein, obwohl Sie etliche Stunden im Bett verbracht haben.114 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 115 Ernähren Sie sich richtig.Hochs und Tiefs des Blutzuckerspiegels können es schwierig machen, die Konzentration zu wahren.Ein Übermaß an Alkohol und Zucker kann zu einem kurzfristigen Schub führen, aber auch zu ablenkenden Gegenreaktionen.Achten Sie auf Ihren Geist.Ich habe gesehen, dass Alkohol und Drogen sich im Lauf der Zeit sehr schlimm auf Trader auswirken, weil eine lange Partynacht am folgenden Tag zu einer Verschlechterung der Performance führt.Andererseits gilt: Wer im persönlichen Leben konzentriert und zielgerichtet vorgeht, erlebt oft, dass sich das auf sein Trading überträgt.Achten Sie auf Ihren Körper.Physisches Training gehört zu den am stärksten vernachlässigten Facetten eines Tradingplans.Viele Stunden vor dem Bildschirm fördern nicht gerade die Fitness.Im Lauf der Zeit wird unsere Kondition schlechter und unsere Energiebatterien verlieren an Spannung.Legen Sie Pausen ein.Nicht viele Leute können den ganzen Tag auf einen Bildschirm starren und ständig die Marktbewegungen verfolgen, ohne ihre Konzentration einzubüßen.Pausen, wenn am Markt gerade wenig los ist, können uns wieder die Energie geben, die wir brauchen, wenn es an den Märkten lebhafter zugeht.Eine Tradingkarriere ist ein Marathon, kein Sprint. Die Gewinner wissen ihre Geschwindigkeit einzuteilen.

Keine der oben genannten Überlegungen ist weltbewegend, aber es ist verblüffend, wie schlecht viele Trader abschneiden, wenn sie diese fünf Faktoren in eine tägliche Prüfliste aufnehmen.Wir bereiten unsere Trades vor, aber wir bereiten uns selbst oft nicht auf das Trading vor.Wie können wir diszipliniert traden, wenn wir persönlich nicht diszipliniert sind?Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, können Sie es sich nicht leisten, sich selbst in Grund und Boden zu rammen, indem Sie so hart arbeiten, dass Sie schließlich nicht mehr arbeiten können.Und Sie können Ihren körperlichen Zustand auch nicht derart vernachlässigen, dass – ebenso wie bei dieser erwähnten Laptop-Batterie – Ihre Gedächtniseffekte Sie bei jedem Aufladevorgang auf einen immer niedrigeren Energiestatus führen.Es ist Ihre Aufgabe, Ihre täglichen Gewinne und Verluste einfach als Funktion zweier Faktoren zu notieren: Ihres Energieniveaus (hoch oder niedrig) und Ihres Tradingmodus (aktiv/geplant oder passiv/ungeplant).Fügen Sie Ihrem Tradingjournal eine einfache Prüfliste hinzu, um die Korrelationen zwischen Ihrem körperlichen

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Ihr täglicher Tradingcoach Zustand, Ihrem Konzentrationsniveau, Ihrer Zielgerichtetheit und Ihren Tradingresultaten erkennen zu können.Wenn Ihnen Energie fehlt, wird Ihnen auch Konzentration fehlen.Wenn Ihnen Konzentration fehlt, wird Ihnen auch Zielgerichtetheit fehlen.Und wenn Ihnen Zielgerichtetheit fehlt, dann fehlt Ihnen auch die Fähigkeit, Tradingpläne umzusetzen.Wenn Sie diese Korrelationen nicht für sich selbst berechnen und zu schätzen wissen, werden Sie wahrscheinlich nicht die Motivation bewahren, sich beständig mit den fünf oben genannten Gebieten zu beschäftigen.Wenn Sie erst einmal sehen, dass es eine direkte Korrelation zwischen Ihrem Energieniveau und der Qualität Ihres Tradings (sowie Ihren Tradingergebnissen) gibt, wird Sie dies motivieren, sich täglich mit den Themen Schlaf, Ernährung, Training und gesunder Lebensstil zu beschäftigen.Sie werden auch Schuldgefühle oder Angst überwinden können, weil Sie sich vom Monitor wegbegeben und dann feststellen, dass Chancen nicht nur eine Funktion sich bewe-gender Märkte sind: Sie sind auch eine Funktion Ihrer Fähigkeit, von solchen Märkten zu profitieren.

Coaching-SchlüsselViele Trader vernachlässigen ihr Familienleben (Ehepartner und Kinder), weil sie sich vollstän-dig auf ihre Arbeit konzentrieren. Das daraus resultierende Schuldgefühl und die Ablenkung durch diese unerfüllten Bedürfnisse stehen der Performance stärker im Weg als die Zeit, die es erfordern würde, mehr miteinander zu unternehmen. Der mentale Verjüngungseffekt im Urlaub – auch wenn es sich nur um Kurzurlaub am Wochenende handelt – kann die familiären Beziehungen erneuern und der Arbeit mehr Energie geben. Wenn Sie schon für Ihr persön-liches Leben zu erschöpft sind, arbeiten Sie wahrscheinlich beim Trading nicht effizient. Man muss dazu kein völlig ausgeglichenes Leben führen – das tun nur wenige von uns –, aber wenn sich Ihr Leben unausgeglichen anfühlt, wird dies Ihre Energie, Ihre Konzentration, Ihren Opti-mismus und Ihre Arbeit untergraben.

Lektion 25: Absicht und Größe: Trainieren Sie Ihr Gehirn durch Spielen

Ein Kernkonzepte in meinem Buch The Psychology of Trading ist die Zielgerichtetheit.Wir können Zielgerichtetheit als die Fähigkeit definieren, langfristig eine sinnvolle Tätigkeit aufrechtzuerhalten.Die Fähigkeit, sich Auf merksamkeit und Konzentration zu bewahren, eine Folge von Aktivitäten im Hinblick auf ein ausgewähltes Ziel zu koordinieren und immer wieder andere Methoden zu testen, um ein Problem zu lösen, bis die Lösung gefunden ist: Das alles sind Manifestationen der Zielgerichtetheit.Wie schon erwähnt, gibt es eine erstaunliche Verbindung zwischen Zielgerichtetheit und psychischem Wohlbefinden.In seinen »Flow«-Studien fand Mihaly Csikszentmihalyi heraus, dass diese Momente, »in der Zone« zu sein, das Ergebnis des vollständigen Aufgehens in den gerade ausgeübten Aktivitäten ist.Wenn wir vollständig auf das konzentriert sind, was wir gerade tun, erreichen wir einen Zustand, in dem Performance fast mühelos und vollständig natürlich aussieht.Das ist ein höchst angenehmer Zustand, der unter kreativen Menschen schon für sich selbst zu einer psychischen Belohnung wird.In einem realen Sinn repräsentiert die Leidenschaft eines schöpferischen Menschen für seine Arbeit eine Leidenschaft für den Flow-Zustand .Daher liefert uns eine beispielhafte Performance schon in sich selbst eine Belohnung: ein psychologisches Feedback-System, das im Kern der Großartigkeit liegt.Das hilft bei der Erklärung der Erkenntnisse des Forschers Dean Keith Simonton, dass großartige Individuen auf den verschiedensten Gebieten ungewöhnlich produktiv sind.Sie haben es geschafft, innerhalb der Performancezonen zu arbeiten, und so wird die beständige Arbeit zu einem begehrten Ziel per se.Ihre Produktivität ist ein Nebenprodukt einer Art von positiver Sucht: das Anstreben des Rauschzustands der Performancezone als eigenständiges Ziel.Elkonon Goldberg bemerkt in seinem ausgezeichneten Text The Executive Brain, dass die verschiedenen Facetten der Zielgerichtetheit – Aufmerksamkeit, Planung, Denken – Funktionen des frontalen Teils des Kortex sind .Seine Studien sprechen auch für eine überraschende Plastizität des Gehirns: Indem Sie Gehirnfunktionen nutzen, trainieren Sie diese Gehirnabschnitte und stärken ihre Funktionen. Das ist etwa so, wie das Training in einem Fitnesscenter unsere Muskeln und unsere Kondition aufbaut.Zu jedem bestimmten Zeitpunkt haben wir vielleicht ein relativ fixes Maß an Zielgerichtetheit.Wir können unser Gehirn nur bis zu einem gewissen Grad beanspruchen, ehe die Arbeit uns ermüdet und wir eine Pause brauchen.Im Lauf der Zeit können wir die Kapazität unseres Gehirns für zielgerichtetes Handeln erhöhen, indem wir diese Funktionen des frontalen Kortex trainieren.So wie Gewichtheben der beste Weg ist, unsere Körperkraft zu steigern, ist das Engagement in beständige und zielgerichtete Arbeit der beste Weg, unsere zielgerichteten Aktivitäten auszubauen.Ihr täglicher Tradingcoach Wenn wir Ziele energisch verfolgen, bauen wir Zielgerichtetheit und freien Willen auf.Man könnte denken, dass Trading genau aus diesem Grund eine exzellente Form des geistigen Trainings ist.Das ist allerdings nicht unbedingt der Fall.Wir können per Mausklick Trades platzieren, ohne uns mit angestrengtem und zielgerichtetem Denken zu beschäftigen.Das ist das passive Trading, das ich im letzten Kapitel beschrieben habe.Wenn wir ohne konzentrierte Absicht traden, setzen wir unsere mentalen Muskeln nicht ein .Auf einem breiteren Niveau könnte man sagen: Wenn wir unser Leben im Autopilotmodus führen, verkümmern diese

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Muskeln.Jeder von uns kennt Personen, die sich von der Aktivität zum Muskelschwund bewegen und sich offenbar keine großen Gedanken über die langfristigen Folgen ihrer Handlungen machen.Sie geben Geld aus und verschulden sich, sie stürzen sich in Beziehungen und reaktivieren Konflikte der Vergangenheit .Gurdjieff beschreibt dies als Tendenz, mechanisch zu leben, als seien wir Reiz-Reaktions-Maschinen.Wir sehen das oft bei alten Menschen nach dem Berufsleben.Nachdem sie lange Zeit passiv funktioniert haben, werden schon kleine Arbeiten sehr anstrengend.Das Leben wird mechanisch; die Kapazität für Zielgerichtetheit ist geschwunden.Ebenso wie man mit dem Training einer bestimmten Muskelgruppe keine anderen Muskeln aufbaut (oder wie man durch Aerobic keine Muskelkraft aufbauen kann), muss die Kultivierung einer bestimmten Form von Zielge-richtetheit nicht unbedingt unsere Kapazitäten bei anderen Formen steigern.Gute Beispiele dafür liefern sehr aktive Daytrader, die eine erstaunliche Fähigkeit entwickeln, ihre Konzentration vor dem Bildschirm zu wahren, während sie den ganzen Tag Geld- und Briefkurse und Ticks nach oben und unten beobachten.Aber diese Trader sind oft nicht in der Lage, die Art von mentaler Anstrengung aufrechtzuerhalten, die man braucht, um sich selbst über längere Zeiträume zu beobachten oder systematisch Märkte zu prüfen, um Trends und Themen zu identifizieren.Natürlich können wir Konzentration und Anstrengung am besten bei Aktivitäten aufrechterhalten, die uns interessieren und zu unseren Fähigkeiten passen.Das kreative Talent, das im Flow-Zustand verbleibt, kann diesen Status teilweise deshalb erreichen, weil es sich auf die Performancenische beschränkt, die wir im letzten Kapitel erörtert haben: eine Sphäre von Talent, Können und Interesse.Außerhalb dieser Nische verschwören sich die schiere Anstrengung, die nötig ist, um zu Resultaten zu kommen, die Frustration darüber, sie nicht zu erreichen, und die Langeweile darüber, dass wir außerhalb unserer Werte und Interessen operieren, dazu, den Flow zu unterbrechen und uns vom Ziel abzubringen.118 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 119 Dies ist die Dynamik, die ich in Enhancing Trader Performance beschrieben habe: Talente führen zu Interessen.Diese führen zum Eintauchen in den Aufbau von Fähigkeiten.Dieser führt zu Kompetenz.Diese führt zu weiterem Flow und schließlich zur Entwicklung einer Performance der Spitzenklasse.Es ist die Interaktion zwischen dem Flow-Zustand und der Entwicklung von Zielgerichtetheit, die zu beschleunigten Lernkurven führt: Ohne den Flow haben die Talente kein Ziel und werden sich nie zu außergewöhnlich ausgeprägten Fähigkeiten entwickeln.Viele Trader haben deshalb keinen Erfolg, weil sie außerhalb der Nischen traden, die durch die Schnittstellen ihrer Talente, Interessen und Fähigkeiten definiert sind.Sie erreichen kaum einmal den Flow-Zustand, weil sie etwas zu tun versuchen, das sie eigentlich nicht interessiert und ihren wahren Fähigkeiten nicht entspricht.Ihr Trading bringt ihnen nur wenig Wohlbefinden.Ohne den Flow fehlt diesen Tradern der motivierende Schub, ihre Anstrengungen aufrechtzuerhalten, und das hält sie davon ab, Zielgerichtetheit zu kultivieren.Dann fragen sie sich, warum sie sich nicht an einen Tradingplan halten können oder warum sie sich mit impulsiven Trades selbst sabotieren.Die Lernkurven von Elite-Performern kultivieren Zielgerichtetheit, während sie Fähigkeiten aufbauen. Das bedeutet, dass Elite-Performer langfristig mehr aus ihren Fähigkeiten machen können als andere. Welches ist der erste Schritt bei der Entwicklung der Performance? Die häufigste Antwort lautet Übung.Und diese ist natürlich wichtig.Aber vor der Übung sollte das Spiel kommen.Das Spiel sagt uns, welche Aktivitäten Spaß machen und welche nicht.Wenn wir mit etwas spielen, entdecken wir den damit verbundenen Spaß und auch die Frustrationen.Wir erkennen, ob es für uns interessant ist.Die meisten Trader, die ihre Nische nicht kennen, haben nie mit den Märkten gespielt.Sie haben nicht versucht, verschiedene Stile, Instrumente und Zeitrahmen zu traden.Sie wissen nicht, wie es ist, Positionen wochenlang zu halten – oder nur für ein paar Minuten.Diese Trader können den Unterschied zwischen Trades, die durch schnelle Mustererkennung entstehen, und anderen, die auf rigoroser Analyse basieren, nicht einschätzen.Sie versuchen, andere Trader zu imitieren, oder sie wählen den Weg des geringsten Widerstands und traden auf Basis oberflächlicher Chart- oder Indikatorenmuster.Außergewöhnliche Fähigkeiten können sich in einem solchen Lernumfeld niemals entwickeln; die Zielgerichtetheit verkümmert.Ihr täglicher Tradingcoach Elite-Performer hören nie auf zu spielen.Künstler machen Entwürfe, Sportler spielen im Gedränge und Schauspieler improvisieren.Spielen ist ein Weg zur Entdeckung des eigenen Selbst und manchmal entdecken wir Leidenschaften und Talente, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie haben.Ihre Aufgabe in dieser Lektion besteht darin, einen Markt, einen Tradingstil oder einen Zeitrahmen auszusuchen, die sich von Ihrem üblichen Vorgehen unterscheiden und damit neben Ihrem üblichen Trading auf dem Papier zu traden.Ihr Papiertrading sollte reale Tradingideen und Gewinne/Verluste in Echtzeit dokumentieren.Die simulierten Trades sollten wie reale Trades gemanagt werden, mit Gewinnzielen, Stopps und Entscheidungen über die Aufstockung und Reduzierung von Positionen.Ich führe zum Beispiel ein kleines separates Tradingkonto für das Spielen mit längerfristigen Tradingideen .So kann ich mit geringem Kapitalrisiko mein Research testen und mögliche Vorteile entdecken.Vielleicht bringen die meisten Ideen in diesem Entwurfplan keine Gewinne, aber es ist nur eine vielversprechende Anstrengung erforderlich, um Türen zu neuen Chancen zu öffnen.Das hält meinen Geist und mein Trading frisch.So bleibe ich auch in Kontakt mit dem größeren Bild des Markts, wenn ich meine üblichen kurzfristigen Trades durchführe.Vor allem aber sagt es mir, welche Tradingideen und welche Strategien wirklich mein Interesse und meine Fantasie

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fesseln, welche die vielversprechende Basis für eine neue Nische bilden könnten.Wenn Sie mit dem Trading spielen, vermeiden Sie Stagnation und entdecken Nischen, die Zielgerichtetheit und Performance aufrechterhalten.So baut man sich eine Karriere als Trader auf – und so bildet man die mentalen Muskeln, welche die Performance auf immer neue Höhen treiben.

Coaching-SchlüsselWenn Sie Ihre Vorbereitung aufs Trading so strukturieren, wie Sie körperliche Trainingseinhei-ten strukturieren würden, dann erhöhen Sie jeden Tag ein wenig Ihre Fähigkeit, Ihre Ziele im Auge zu behalten. Kürzlich sah ich zu, wie jemand mit einer starken Idee in einen Trade einstieg. Er wurde ausgestoppt, stieg aber nach einem neuen Signal noch einmal in diesen Trade ein. Auch diesmal wurde er ausgestoppt. Er stieg ein drittes Mal ein, nutzte einen Trend und erzielte einen sehr hohen Gewinn. Sein Durchhaltevermögen war eine Funktion seiner Hartnäckigkeit: seiner Fähigkeit, sein Ziel über die Zeit zu verfolgen – trotz Erschöpfung und Entmutigung. Seine tägliche sorgfältige Vorbereitung führte dazu, dass er zusätzliche Anstrengungen unter-nahm, als es darauf ankam. Zu einem Zeitpunkt, an dem die meisten anderen die Idee längst aufgegeben hätten. Wenn Sie Mühe in die Entwicklung Ihres Tradings investieren, bereiten Sie nicht nur Ihren Geist vor, sondern sie konditionieren auch Ihren Willen.120 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 121

Lektion 26: Kultivieren Sie einen ruhigen Gemütszustand

Wenn wir an psychisches Wohlbefinden denken, denken wir natürlich an Freude, Vergnügen und Kraft.Eine andere Facette des Wohlbefindens ist die Gelassenheit: ein Geist, der frei ist von ablenkenden Gedanken und Gefühlen.In vielerlei Hinsicht ist dies für eine Eliteperformance unentbehrlich: Ein ruhiger Geist kann sich vollständig auf Marktmuster konzentrieren.Die meisten von uns verbringen zu viel Zeit unter dem Einfluss von Anreizen, einen höheren Grad an Gelassenheit zu erreichen.Soziale Interaktion, Fernsehen, Radio, Musik, Handys, Werbung und Computer: Wir verbringen einen großen Teil unseres Tages in einer Mischung aus visuellen Reizen und Geräuschen.Alle werben um unsere Aufmerksamkeit, unterhalten uns von außen, fordern uns aber immer mehr heraus, uns selbst von innen zu stimulieren.Wenn wir uns nicht selbst unsere eigene Stimulation schaffen können, setzen viele von uns das Fehlen von Stimulation mit Langeweile gleich.Langeweile ist ein leerer Zustand, ein frustrierter Zustand, in dem man sich für nichts interessiert.Wenn wir aber darüber nachdenken, können wir sehen, dass Langeweile eine innere Leere ausdrückt; eine Unfähigkeit, in uns selbst und in der äußeren Welt interessante Dinge zu finden.Die Aversion gegen Langeweile ist die Quelle vieler Tradingprobleme.Um die Langeweile auszulöschen, basteln sich Trader Trades zusammen, traden im Übermaß und erleiden dabei anhaltende Verluste.Trader gehen ungewöhnliche Risiken ein und arbeiten mit zu gewagten Positionsgrößen, um ihre Erregung und ihr Interesse zu bewahren.Ironischerweise halten viele Trader Emotionen für ihre Feinde, obwohl sie sich in Wirklichkeit ganz besonders vor der Langeweile an ruhigen Märkten fürchten.Aber die Aversion gegen Langeweile schadet dem Trading auch noch auf eine viel subtilere Weise .Wie ich in meinem Buch Enhancing Trader Performance betont habe, hängt Expertise beim Trading von der Fähigkeit ab, Muster zu entdecken, die innerhalb unbedeutender Daten auftreten, und auf ihrer Basis zu agieren .Experimente mit implizitem Trading legen nahe, dass wir komplexe Muster in bestimmten Situationen entdecken können, ohne die spezifische Art dieser Muster verbal beschreiben zu können.Das geschieht regelmäßig, wenn wir den Eindruck haben, dass sich ein Markt ganz anders Ihr täglicher Tradingcoach verhält als sonst, oder wenn wir wegen eines Gesprächs ein schlechtes Gefühl haben.Kleine Kinder stellen grammatikalische Sätze zusammen, ohne die Regeln der Grammatik zu kennen.Sie haben so viele Beispiele des richtigen Sprechens gehört, dass sie wissen, was sich richtig anhört – und was sich falsch anhört .Wie Trader und Gesprächspartner entwickeln sie ein Gefühl für Muster und für die Abweichung von diesen Mustern.Dieses Bauchgefühl, die Basis jeder validen Intuition, ist mehr als eine bloße Ahnung.Es ist das Resultat zahlreicher Wiederholungen komplexer Muster.Als ich zum ersten Mal ein Auto fuhr, konnte ich es kaum auf der richtigen Fahrbahnseite halten.Mit viel Erfahrung kann ich heute mögliche Unfälle von Autos antizipieren, die weit von mir entfernt sind.Oft trete ich schon auf die Bremse oder werde plötzlich aufmerksam, bevor ich mir der bedrohlichen Situation bewusst bin.Wenn wir uns in allen Aktivitäten des Lebens auf explizites Nachdenken verlassen müssten, könnten wir niemals rasch auf Gefahr reagieren.In evolutionärer Hinsicht ist es für uns sinnvoll, ein Gefühl für die Realität und ein begriffliches Verständnis zu entwickeln.Wenn unsere Aufmerksamkeit aufgespalten ist und wir abgelenkt sind, verlieren wir unser Gefühl.Das liegt daran, dass sich die implizite Mustererkennung als gespürtes Gefühl manifestiert, eine Art subtiles Bewusstsein.Wenn ich diese subtilen Hinweise von Geist und Körper nicht beachte, werde ich die Signale völlig verpassen .In einem solchen Zustand können wir keine Nuancen in Gesprächen oder kleine, aber bedeutsame Veränderungen der Verkehrsmuster wahrnehmen.Wir verlieren wertvolle Informationen und verlieren einen großen Teil unserer Fähigkeit, auf der Grundlage internalisierter Muster schnell zu reagieren.

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Schlimmer noch: Wenn wir chronisch abgelenkt sind, können wir uns niemals die nötige Aufmerksamkeit bewahren, um komplexe Marktmuster zu internalisieren.Daher sind Gelassenheit und ein ruhiger Geist so wichtig.Mit einem ruhigen Geist können wir auf die subtilen Hinweise der Mustererkennung achten.Wenn wir nicht abgelenkt sind, sind unsere Antennen ausgefahren.Sie kön-nen Signale von Situationen empfangen, die sich richtig anfühlen, und auch Zugang zu Intuition erfordert einen ruhigen Geist. Stark intuitive Menschen fühlen sich durch diese Ruhe nicht gelangweilt, sondern profitieren tatsächlich davon.122 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 123 von solchen, die das nicht tun.Der erfahrene Trader hat schon so viele Märkte gesehen und so viele Relationen zwischen den Marktvariablen festgestellt, dass er lernt, auf diese Bauchgefühle zu vertrauen.Das ist weder mystisch noch irrational.So wie ein Pferdeflüsterer mit dem Pferd eins werden kann und noch die subtilsten Botschaften versteht, kann ein erfahrener Trader das Geflüster der Märkte hören.Aber wenn der Geist voller Lärm ist, wird das Geflüster übertönt.Wer sich vor Langeweile fürchtet, wird nie einen ruhigen Gemütszustand erreichen.Die beiden entscheidenden Schritte, um einen ruhigen Gemütszustand zu erreichen, sind ein ruhiger Körper und konzentriertes Denken.Hier kann Biofeedback für den Trader extrem hilfreich sein.Es bietet eine strukturierte Methode, zu lernen, wie man seinen Geist beruhigt.Derzeit verwende ich als Biofeedback die Einheit emWave von Heart Math (www.heartmath.com).Sie liefert eine Messung der Pulsfrequenz und der Variabilität dieser Frequenz (HRV).Der Anwender steckt den Finger in einen kleinen Sensor, der mit einem Computer mit der Biofeedback-Software verbunden ist.Die HRV-Daten werden in einem Chart dargestellt.Wenn sie steigen, sehen die Charts wie Sinuswellen aus.Niedrigere Ergebnisse führen zu unruhigen, unrhythmischen Mustern.Das Ziel besteht darin, die Muster so sinuswellenartig wie möglich aussehen zu lassen.Man kann sich auch die Anteile von hohen, mittleren und niedrigen HRV-Daten im Lauf der Zeit anzeigen lassen, begleitet von akustischen Piepgeräuschen.Sie können also die Augen schließen (vielleicht um gezielte Gedankenübungen auszuführen) und immer noch Ihre HRV be-obachten.Sogar Kinder können diese Einheit benutzen, indem sie sich mit Videospielen beschäftigen, wobei die HRV-Werte hoch bleiben.Wenn Sie eine Weile mit Biofeedback gearbeitet haben, lernen Sie, dass der beste Weg zu hohen HRV-Werten ist, sich ruhig zu verhalten, Ihre Aufmerksamkeit zu konzentrieren sowie tief und rhythmisch zu atmen.(Anwender können verschiedene Schwierigkeitsniveaus einstellen, um ihre Fähigkeiten aufzubauen.) Daher ist die emWave ein Trainingswerkzeug – sie lehrt die Anwender, Geist und Körper zu kontrollieren – und sie ist eine Möglichkeit, konzentrierte Aufmerksamkeit längerfristig zu beobachten.Es sind auch andere, ähnliche Einheiten erhältlich (zum Beispiel Journey to the Wild Divine).Die meisten Trader werden ihre Entscheidungen anhand der Bedienungsfreundlichkeit und der Attraktivität der grafischen Benutzeroberfläche treffen.Wenn ich nur in ein einziges psychologisches Werkzeug investieren dürfte, das mir beim Trading hilft, würde meine Wahl auf eine dieser Biofeedback-Einheiten fallen.Sie sind leicht transportabel und können sogar beim Echtzeittrading eingesetzt werden.Dazu minimiert man den Feedback-Monitor, lässt den Ton aber an.Biofeedback ist ein Werkzeug zum Selbsttraining zur Kontrolle des Erregungsniveaus von Geist und Körper.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, ist es wichtig, Ihren Geist so in Form zu halten, wie ein Athlet für angemessene Kondition sorgt.Ich finde, dass fünf bis zehn Minuten Übungen jeden Morgen vor dem Beginn des Tradings nützlich sind, um mit ruhigem Geist traden zu können.In dieser Zeit verbleiben Sie völlig ruhig in einer bequemen Sitzposition.Sie atmen tief, langsam und sehr rhythmisch.Ihre Augen können die ganze Zeit geschlossen bleiben, Sie können sich auf Ihre Atmung, auf Ihre Gedanken oder auf ruhige Musik konzentrieren, die Sie über Kopfhörer empfangen.Entscheidend ist, in diesem Yoda-Zustand zu verbleiben, den ich in The Psychology of Trading beschrieben habe: sehr entspannt, aber auch sehr aufmerksam und konzentriert.Wenn Sie dies jeden Tag praktizieren, entwickeln Sie die Fähigkeit, Ihren Geist schließlich willentlich zu beruhigen – nur mit einigen tiefen und rhythmischen Atemzügen.In hektischen Zeiten während des Tradingtags ist das enorm hilfreich.Es hält Sie von Situationen fern, in denen Sie angesichts der Marktbewegungen impulsiv und reaktiv werden.So wie Sie sich durch das Studium der jüngsten Marktbewegungen, die Prüfung von Charts und die Identifikation chancenreicher Gebiete auf den Tradingtag vorbereiten, ist es sinnvoll, sich mental vorzubereiten, um die Ein-stellung zu erreichen, die nötig ist, um von ihnen profitieren zu können .Ihre Aufgabe besteht darin, einen Teil Ihres Vormittags der mentalen Vorbereitung und dem Erreichen eines ruhigen Geisteszustands zu widmen.Wenn Sie Schwierigkeiten haben, die nötigen Anstrengungen aufrechtzuerhalten, um diesen Yoda-Status zu erreichen, denken Sie darüber nach, Biofeedback in ihr morgendliches Vorbereitungsprogramm einzubauen, so wie Sportler täglich mit Laufbändern und Kraftmaschinen arbeiten.Das Meistern Ihres geistigen Zustands ist eine wesentliche Komponente beim Meistern der Performance: Wenn Sie sich auch im langweiligsten Marktumfeld Ihre Gelassenheit bewahren können, werden Sie gut vorbereitet sein, in Kursbewegungen einzusteigen, wenn sich deren Tempo beschleunigt.124 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 125

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Coaching-Schlüssel Wenn das Platzieren von Trades für Sie die wichtigste Stimulationsquelle an den Finanzmärkten ist, werden Sie zu übermäßigem Trading neigen. Indem Sie mit anderen Tradern zusammenar-beiten, Vorgehensweisen entwickeln, um Tradingideen und Themen zu kommunizieren, müssen Sie sich in langsamen Marktphasen nicht langweilen. Andere Märkte, andere Zeitrahmen – für den hingebungsvollen Trader gibt es immer etwas Interessantes.

Lektion 27: Bauen Sie emotionale Widerstandskraft auf

Drei Trader platzieren exakt die gleichen Trades; sie alle verlieren Geld.Der erste Trader ist entmutigt, verflucht den Markt und beendet seinen Tradingtag.Der zweite Trader reagiert frustriert.Er schwört, sein Geld zurückzuho-len, tradet aggressiver und verliert an diesem Tag eine ganze Menge Geld.Der dritte Trader zieht sich zurück, schätzt seine Strategie noch einmal neu ein, wartet auf eine Kurszone mit klaren Chancen und platziert einen guten Trade, der sein Konto für diesen Tag ausgleicht.Welches ist der Unterschied zwischen diesen Tradern? Die psychologische Forschungsliteratur nennt ihn Widerstandskraft: die Fähigkeit, auch bei signifikantem Stress gut zu funktionieren.Eine derart hartnäckige Person kann zum Beispiel ihren Job verlieren, daheim aber immer noch gut funktionieren und eine effektive Strategie entwickeln, um einen neuen Job zu finden.Eine weniger widerstandskräftige Person wird durch den Jobverlust aus der Bahn geworfen.Das wirkt sich auch auf andere Lebensbereiche aus und macht es schwierig, neue Chancen zu finden.Ein wichtiger Grund, warum viele Leute keine Widerstandskraft haben: Sie nehmen negative Ereignisse persönlich.Ein Teil ihres Selbstwertgefühls hängt von ihren individuellen Lebensresultaten ab.Wenn alles gut läuft, fühlen sie sich gut.Wenn sie auf Hindernisse stoßen, sind sie entmutigt, voller Zweifel und frustriert.Statt sich direkt und konstruktiv mit diesen Hindernissen zu beschäftigen, reagieren sie auf die Emotionen, die dadurch ausgelöst werden, dass sie Ereignisse auf sich beziehen.Ein inspirierendes Beispiel für Widerstandskraft ist das Überleben des Autors Viktor Frankl in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager.Er begann während seiner Haft, ein Buch zu schreiben (zunächst auf Papierfetzen, dann nur im Kopf).Das war für ihn eine Motivation: ein Grund, weiterzumachen.Andere, welche die gleichen schrecklichen Erfahrungen machten, hatten diese Widerstandskraft nicht und Ihr täglicher Tradingcoach gingen letztlich zugrunde.Der größere Teil der Hartnäckigkeit nährt einen Grund, sich durchzusetzen: für einen höheren Zweck und eine Vision.Es überleben diejenigen, die eine Vision und einen Zweck haben – größer als sie selbst.Kürzlich recherchierte ich ein neues Muster, das ich traden wollte, und sah beim Trading am frühen Morgen eine Chance.Ich war unsicher, ob ich einen kleinen oder einen eher normal großen Trade platzieren sollte .Ich stellte mir vor, der Trade könnte gegen mich laufen, und bemerkte, dass ich wirklich keine Lust hatte, mit einer relativ ungeprüften Idee Geld zu verlieren.Mit dem kleineren Trade machte ich mir über die Folgen der Profitabilität auf mein Portfolio keine Sorgen.Ein größerer Verlust hätte meine Wochenperformance geschädigt und das wäre frustrierend für mich gewesen.Also führte ich den kleinen Trade durch, beobachtete das Muster in Echtzeit, machte einen kleinen Gewinn und begann, dieses Muster in mein übliches Trading zu integrieren.Durch die Auswahl der Positionsgröße ließ ich meine psychologische Widerstandskraft die Höhe meines Risikos bestimmen.Als ich bis zum Niveau meiner Hartnäckigkeit tradete, verblieb ich unabhängig vom Ergebnis des Trades in einem positiven Zustand.»Wie werde ich mich fühlen, wenn ich ausgestoppt werde?« Diese Frage diktierte den Umfang meines Trades.Um eines klarzustellen: Das kann man auch bis zu einem ungesunden, risikoaversen Extrem treiben.Wir können bei unseren Trades so geringe Risiken eingehen, dass wir die potenziellen Renditen schwer nach unten drücken.Entscheidend ist, dass Sie sich selbst und vor allem die Grenzen Ihrer Hartnäckigkeit kennen.Manchmal fantasiere ich darüber, bei einer vielversprechenden Idee einen übermäßig großen Trade durchzuführen und einen Riesengewinn einzustreichen.Ich merke allerdings, dass ein solcher Trade meine Hartnäckigkeit überwältigen kann.Sobald die Position gegen mich liefe, würde ich – sogar bei einer normalen, zu erwartenden widrigen Kursbewegung – wegen der verlorenen Dollars Stress empfinden.Zweifellos würde mich dies davon abhalten, den Trade effektiv zu managen.Erfolgreiche Trader lernen im Lauf der Zeit, ihre Widerstandskraft aufzubauen und mit Stresssituationen umzugehen, die früher vielleicht einmal überwältigend waren.Dieser kleine Trade, den ich neulich platzierte, wäre in den 1970er-Jahren, als ich meine ersten Trades machte, ein großer Trade für mich gewesen.Nun ist er emotional folgenlos.Erfahrung stärkt das Anpassungs126 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 127 vermögen: Ganz allgemein können wir mit vertrauten Situationen mit einem hohen Maß an Widerstandskraft umgehen.Wenn wir einen bestimmten Grad der Herausforderung meistern, bauen wir Widerstandskraft für den nächsthöheren Grad auf.Der effektivste Weg zum Aufbau emotionaler Widerstandskraft ist die Erfahrung mehrerer normaler Rückschläge und die Erkenntnis und Erfahrung, dass wir sie überstehen können.Unsere Verluste sorgen für die tiefe emotionale Überzeugung, dass wir Verluste überstehen und letztlich prosperieren können.Jemand, der in seinem Leben viele Rückschläge erlitten und sich davon erholt hat, erwirbt die Überzeugung, dass er in fast jeder Situation mit den

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Füßen auf dem Boden landen kann.Der Trader, der wiederholt Rückschläge erlebt und später mit seinen Aktientrades neue Hochs erreicht, weiß, dass er bei normalen Rückgängen seiner Performance nichts zu befürchten hat.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, besteht Ihre Herausforderung nicht nur darin, sich ein hohes Niveau an Widerstandskraft zu bewahren, sondern auch darin, diese Widerstandskraft im Lauf der Zeit auszubauen.Es ist eine sinnvolle Übung, die Situation bei meinem beschriebenen kleinen Trade auszuweiten und sich die Worst-Case-Szenarien für die von Ihnen platzierten Trades lebhaft vorzustellen.Mit anderen Worten: Sobald Sie Ihren Stopp platziert haben, stellen Sie sich vor, wie Sie sich fühlen und wie Sie reagieren würden, sollte dieser schlimmste Fall eintreten.Das Wichtigste dabei: Planen Sie Ihren nächsten Schritt für diesen Fall – einschließlich Ihres möglicherweise nächsten Trades.Mit anderen Worten: Proben Sie das hartnäckige Verhalten, das Sie kultivieren wollen.Sie können sich das so vorstellen, als spielten Sie die Rolle einer sehr widerstandskräftigen Person.Wenn Sie Widerstand proben und entsprechend handeln, wird diese Rolle ein Teil von Ihnen .Nietzsche sagte sinngemäß: Man kann zu eigener Großartigkeit finden, wenn man sich sein Ideal vorspielt.Beim Trading entwickeln wir uns selbst. Jeder Gewinn ist eine Chance, Gier und Selbstüber-schätzung zu überwinden. Jeder Verlust ist eine Chance, Widerstandskraft aufzubauen.Beachten Sie: Widerstandskraft bedeutet nicht, dass Sie sich auf folgende Trades stürzen, nachdem Sie Verluste aus anderen Trades erlitten haben.Viel eher trifft zu, dass der widerstandsfähige Trader jemand ist, der auch nach normalen und zu erwartenden Verlusttrades sein Wohlbefinden bewahren kann.Wenn Ihnen Widerstandskraft fehlt, blicken Sie nach hinten und reagieren auf den letzten Trade statt auf die nächste Marktentwicklung.Der hartnäckige Trader bleibt aktiv, auch angesichts eines Verlusts.Ein hartnäckiger Trader könnte nach einem Verlust daher sein Trading unterbrechen oder es wieder aufnehmen.Er befolgt grundlegende, bewährte Pläne und Strategien.Das macht authentische Widerstandskraft aus – nicht aber das impulsive Eingehen von Risiken oder die Flucht vor ihnen.

Coaching-SchlüsselWenn ich einen Trader frage, wie gut er abschneidet, und er nennt als Antwort eine Dol-larsumme, weiß ich in der Regel, dass hier ein Problem lauert. Erfahrene Trader beurteilen ihre Renditen in Prozentsätzen, nicht aber in absoluten Dollarsummen. Daher könnten sie zum Beispiel darüber nachdenken, ihre Risiken einzuschränken, wenn sie im Jahresvergleich 5 Prozent verloren haben. Sie können ihr Risiko pro Trade auch auf 25 Basispunkte begrenzen (0,25 Prozent ihres Depotwerts). Wenn Sie sich selbst in Dollareinheiten bewerten, werden Sie Schwierigkeiten haben, Ihre Positionsgrößen zu erhöhen oder größer zu werden, wenn Ihr Kontostand wächst. Standardisieren Sie Ihre Sichtweise in Prozentwerten, dann werden Sie viel widerstandsfähiger. Ein Verlust von 20.000 Dollar in einem 2.000.000-Dollar-Portfolio fühlt sich nicht signifikant anders an als ein Verlust von 500 Dollar in einem 50.000-Dollar-Portfolio. Und wenn Sie Ihre Einsätze je Trade reduzieren, standardisieren Sie auch Ihr Risikomanagement, falls Sie in Prozentwerten messen, statt Verluste laufen zu lassen, weil sie in Dollarsummen ausgedrückt niedrig zu sein scheinen.

Lektion 28: Integrität und das Richtige tun

Viele Lektionen in diesem Buch beginnen mit der Erörterung eines Tradingthemas.Dann folgen Vorschläge, wie man dieses Thema bewältigen kann.Diese Lektion dagegen beginnt mit der Empfehlung und arbeitet sich dann zurück.Ihre Aufgabe in dieser Lektion ist, Ayn Rands Roman The Fountainhead zu lesen.Sollten Sie das Buch schon kennen, lautet die Aufgabe, es noch einmal gründlich zu lesen.Für diejenigen, die mit dem Buch nicht vertraut sind: The Fountainhead ist die Geschichte des Architekten Howard Roark, der ein unorthodoxes, kreatives Genie ist.Seine Ideen stoßen auf harten Widerstand und auch auf gemischte Gefühle seitens der Frau, die er liebt.Er muss sich entscheiden, ob er seine Ideale aufgeben oder Kompromisse schließen sollte, vor allem weil er sieht, dass weniger talentierte Menschen wirtschaftlichen Erfolg haben, 128 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 129 indem sie sich nach der gerade vorherrschenden Mode richten.In vielerlei Hinsicht ist The Fountainhead eine Studie über Integrität und die Schwierigkeit wie auch die Bedeutung, die es hat, das Richtige zu tun.Ohne ein Selbst kann es auch keine Selbstachtung geben: ein gut definiertes Gefühl, wer man ist und wofür man steht.Es gibt viel falschen Ersatz für Selbstachtung, darunter die Anerkennung durch andere und das Volumen des eigenen Tradingdepots.Letztlich bedeutet Selbstachtung allerdings, dass man sich selbst kennt und an seinen Werten festhält.Man braucht eine Vision, was sein kann, und muss dieser Vision treu bleiben.Viele Trader haben keine weitere Vision als den Wunsch, Geld zu verdienen.Natürlich ist gegen Geldverdienen nichts zu sagen und auch nicht gegen diejenigen, die das durch unabhängige geistige Anstrengungen schaffen.Auf solche Gewinne darf man mit Recht stolz sein.Trader, die den Heiligen Gral suchen, statt sich unabhängig auf ihre Planung und ihr Urteil zu verlassen, ersetzen die schwierigere Aufgabe, Kompetenz beim Lesen von Marktmustern und entsprechendes Agieren zu entwickeln, durch den Wunsch nach schnellen, leichten Gewinnen.Jemand, der lange um einen Partner wirbt, und jemand, der sich auf einen One-Night-Stand einlässt, führen den gleichen physischen Akt aus, aber die Bedeutung ist völlig unterschiedlich.Der eine Akt ist ein

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Ausdruck der Achtung.Die andere ist oft nur eine Flucht vor sich selbst.Auf so vielen Gebieten sehen wir niemals die Früchte unserer Mühen; wir sind Teil eines grö-ßeren Teams und eines größeren Prozesses. Trading ist insofern einzigartig, als wir ganz allein für das verantwortlich sind, was wir verdienen. Und wir sehen jeden Tag die Ergebnisse unserer Arbeit.Wenn Sie The Fountainhead lesen, ist es lehrreich, darüber nachzudenken, wie Howark Roark auf dem Gebiet des Tradings vorgehen würde.Würde er sich einer eigenständigen Tradingfirma anschließen, die eifrig nach gerade interessanten Aktien sucht, roboterhaft gegen Kursbewegungen spekuliert, Stärke oder Schwäche nachjagt? Schon der Gedanke ist lächerlich.Würde er einige Seminare besuchen, ein paar Bücher lesen und die gleichen ungeprüf-ten Chartmuster traden wie andere Anfänger? Das ist undenkbar.Nein, der Trader Howard Roark würde die Märkte gründlich studieren, ebenso wie der Architekt Roark eifrig Baumaterialien und Baumethoden studierte.Ihr täglicher Tradingcoach Er würde nicht an allen Märkten mit der gleichen Methode traden, so wie er nicht für alle seine Bauprojekte das gleiche Design verwendete.Vielmehr würde er sorgfältig jede einzelne Situation prüfen und seine Strategie dem aktuellen Kontext anpassen.Der Trader Roark würde mit sorgfältig durchdachten Plänen arbeiten, ebenso wie er mit Bauplänen arbeitete, die er von Anfang an selbst ausgearbeitet hatte.Kurz: Roark würde als Trader ebenso arbeiten wie als Architekt; als Ausdruck seiner kreativen Vision und der reinen Freude daran, etwas Neues und Wertvolles zu schaffen.Vor allem aber würde der Trader Roark ebenso wie der Architekt Roark für etwas stehen.Er hätte seine Meinung über die Märkte und wie und warum sich die Märkte bewegen, ebenso wie er seine Meinung über Design und Bauen hatte.Es wäre seine Meinung, nichts etwas sklavenhaft aus der Tradition oder aktuellen Moden Entliehenes.Es ist sehr wahrscheinlich, dass seine Meinung unkonventionell wäre und bei den selbst ernannten Tradinggurus auf reichlich Skepsis stoßen würde.Das würde aber keine Rolle spielen.Der Trader Roark würde seinem Denkrahmen treu bleiben.Konfrontiert mit der Wahl, der Masse zu folgen oder aufgrund seiner eigenen Überzeugungen zu handeln, würde er nicht zögern, das Richtige zu tun.Jeder großartige Trader, den ich kennengelernt habe, hatte eine Perspektive und einige Metho-den, die eindeutig seine persönlichen waren.Aus diesem Grund wäre für den Trader Roark der wirtschaftliche Erfolg ein greifbarer Indikator seiner Effizienz und der Richtigkeit seiner Entscheidungen.Das wäre die Wirkung, nicht die Ursache.Roark tradet nicht nur, um Geld zu verdienen; ebenso wenig wie er baut, um Häuser und Bürogebäude zu verkaufen .Der Architekt Roark baut, weil es das ist, wozu er berufen ist.Auch wenn er keine Kunden hat, entwirft er im Geist und in seinen Plänen Gebäude.Ebenso würde der Trader Roark Märkte beobachten und untersuchen, auch wenn er gerade keine Trades durchführt.Seine Arbeit ist eine Erweiterung seines Wesens; seine Gewinne sind das Ergebnis jahrelanger Mühe und Integrität.Die eigene Arbeit kann die Pflege eines Kindes, den Aufbau einer Firma, das Design eines Hochhauses oder die Entwicklung eines einzigartigen Rahmenwerks zur Analyse und für das Trading der Finanzmärkte umfassen.Um Erfolg zu haben, brauchen wir alle beständige und hingebungsvolle Arbeit; eine Vision dessen, was sein kann, und den Willen, dieser Vision auch dann 130 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 131u folgen, wenn es bequemer wäre, sie aufzugeben.Das ist die wahre Geschichte der finanziellen Widerstandskraft: Stolz und Achtung, die so tief reichen, dass man auch angesichts von Rückschlägen und Enttäuschungen keine Kompromisse schließen will.Was an Ihrem Trading gehört ausschließlich Ihnen? Was haben Sie entwickelt, das Sie am deutlichsten als Trader auszeichnet? Welches ist die Vision hinter Ihrem Trading? Das ist Ihr Kern, Ihre Essenz als Trader.Wenn Sie gut traden, bleiben Sie diesem Kern treu.Und das wird Ihnen in den schwierigsten Zeiten gute Dienste leisten.Wenn Sie keine detaillierten Antworten auf die genannten Fragen geben können, sind Sie dann wirklich dazu bereit, Ihr Kapital zu riskieren? Haben Sie wirklich das nötige Selbstvertrauen, um mit schwierigen Situationen umzugehen, wenn Sie nur geborgte Ideen und Methoden zur Verfügung haben? Lesen Sie sorgfältig Kapitel 9 dieses Buchs; Sie werden sehen, dass erfahrene Trader ihre Karrieren auf der Basis ihrer Arbeit aufbauen.Sie selbst haben die Märkte erforscht, dann blieben sie Ihren Ideen und dem treu, was sie mit ihren Sinnen aufnahmen.

Coaching-Schlüssel Diese Lektion zeigt, warum es so wichtig ist, sich an seine Tradingpläne zu halten. Die Pläne sind vielleicht nicht perfekt und manchmal funktionieren sie nicht richtig, aber wenn Sie Vertrauen in Ihr Urteilsvermögen aufbauen und trainieren wollen, integer zu handeln, haben Sie keine an-dere Wahl, als den Ideen zu folgen, die Sie für korrekt halten. Sie können kein Selbstvertrauen aufbauen, indem Sie Ihre Überzeugungen aufgeben und im Widerspruch zu Ihren Wahrneh-mungen handeln. Je klarer Sie sich über Ihre Marktmeinung sind, über die Planung Ihrer Akti-onen in den verschiedenen Szenarien und über die Gründe Ihrer Trades, desto leichter wird es Ihnen fallen, auf der Basis Ihres Urteils zu handeln und aufgrund Ihrer eigenen Erfahrung Fortschritt und Wachstum festzustellen.

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Lektion 29: Steigern Sie Ihr Selbstvertrauen und bleiben Sie bei Ihren Trades

Über Risikomanagement und die Wichtigkeit von Stopps ist schon sehr viel geschrieben worden.Ein Stopp ist idealerweise der Punkt, der Ihnen sagt, dass Ihre ursprüngliche Tradingidee falsch war.Trader setzen feste Stopps, die näher am Einstiegskurs liegen als die Kursziele und dabei helfen, bei jedem Trade für ein positives Verhältnis zwischen Risiko und Chance zu sorgen.In der Regel kann man einen professionellen Trader daran erkennen, wie er aus einem Verlusttrade aussteigt.Der Ausstieg erfolgt automatisch und ist kein Grund, konsterniert zu sein.Verluste sind ein akzeptierter Teil des Spiels.Ihr täglicher Tradingcoach Die guten Trader lernen aus solchen Verlusten und verwenden sie dazu, ihre Ansichten über die Märkte noch einmal zu überdenken.Folglich kann ein Verlusttrade den nächsten Gewinntrade vorbereiten.Für viele Trader viel schwieriger und wesentlich seltener Thema in der Fachliteratur ist etwas, das man Gewinnstopp nennen könnte.Trader, die mit religiöser Inbrunst an Stopps glauben, können Schwierigkeiten haben, bei Gewinntrades ihre Profite wachsen zu lassen.Sie beenden diese Trades vorzeitig und reduzieren die Renditeseite des Risiko/Rendite-Profils.Langfristig haben diese Trader Probleme, erfolgreich zu sein, weil ihre Gewinntrades letztlich nicht viel größer sind als ihre Verlusttrades – und manchmal sogar kleiner.Es gibt einige Gründe, warum Trader dazu neigen, ihre Gewinne zu begrenzen.Ein Grund ist, dass sie Kursziele nicht so deutlich identifizieren können wie Stopps.Solche Ziele basieren vielleicht auf einer ganzen Reihe von Faktoren.Zum Beispiel auf der Volatilität des Gesamtmarkts, der Anwesenheit klarer Unterstützungs- und Widerstandsmuster und dem Zeitrahmen des Musters, das man tradet.Zum Beispiel basieren viele meiner Trades auf historischen Analysen der Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Kursniveaus erreicht werden (das Hoch oder das Tief des Vortags oder Zielpunkte und Basis von Hoch, Tief und Schlusskurs des Vortags).Diese Niveaus dienen dann als Kursziele für meine Setups.Man kann viel leichter in einem Trade engagiert bleiben, wenn man ein festes Ziel im Kopf hat; ebenso wie es leichter fällt, Arbeit zu erledigen, wenn man ein klares Ziel hat.Ohne ein vordefiniertes Ziel kann man sich leicht von kleinen Kursschwankungen in die Irre führen lassen.Dann bestimmen Furcht und Gier das eigene Handeln und das hat nichts mit der ursprünglichen Tradingidee zu tun.Eine weitere Gefahr in solchen Gewinnstopp-Situationen ist mangelndes Vertrauen in die eigenen Tradingideen.Einer der wichtigen Vorteile des Prüfens der eigenen Tradingsetups: Man kann die historische Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass sich ein Markt wie erhofft entwickeln wird.Dieses Wissen kann die notwendige Sicherheit liefern, dass der Trade sein Kursziel schließlich erreichen wird .Wenn Setups und Muster von anderen ausgeborgt werden, ohne sie vorher zu testen (entweder durch eigenes Trading auf dem Papier oder durch historische Analyse), ist es schwierig, diesen Ideen wirklich zu vertrauen.Wenn Märkte auf dem Weg zum Kursziel normale Retracements vollziehen, sind solche widrigen Umstände schwer zu überstehen.Statt sie als mögliche Chancen zu sehen, zu günstigen Kursen Positi1onen aufzustocken, kann man sie auch leicht als Bedrohung der erreichten Buchgewinne sehen.Und schließlich kann die Risikoaversion eines Traders eine Rolle dabei spielen, dass Gewinne vorzeitig begrenzt werden.Nehmen wir an, Sie haben die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: Sie können einen sicheren Gewinn von 1000 Dollar einstreichen oder mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent 1500 Dollar und mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent 5000 Dollar kassieren.Längerfristig werden Sie mehr verdienen, wenn Sie sich für die 75-Prozent-Chance entscheiden.Dennoch kann eine Person jederzeit das Gefühl haben, es sei idiotisch, einen sicheren Gewinn von 1000 Dollar abzulehnen.In einer solchen Situation fällt die Entscheidung sowohl wegen des Seelenfriedens des Traders als auch wegen der allgemeinen Profitabilität.Aus ähnlichen Gründen platzieren Trader Gewinnstopps, um ein Gefühl der Sicherheit zu erreichen, nicht, um ihre Gewinne zu maximieren.Einen Trade anhand des Kursziels zu sehen, erfordert ein ungewöhnliches Maß an Sicherheit und die Fähigkeit, Unsicherheit zu tolerieren.Wenn sich der Trade weiter in die gewünschte Richtung bewegt, haben Sie höhere Buchgewinne und Ihre zukünftigen Risiken werden höher, selbst wenn das Risiko/Rendite-Bild günstig bleibt.Diese Fähigkeit, die Unsicherheit eines Trades auszusitzen, während die Gewinne ständig steigen, erfordert besonderes Vertrauen in den ursprünglichen Tradingplan.Ironischerweise braucht man mehr Selbstvertrauen, um einem Trade treu zu bleiben, der in die gewünschte Richtung läuft, als bei einem anderen, der in einer engen Kursspanne verharrt – einfach deshalb, weil höhere Buchgewinne auf dem Spiel stehen.Meist braucht man mehr Selbstvertrauen, um an einem Gewinntrade festzuhalten, als in ihn einzusteigen. Wie erreicht man also dasjenige Niveau an Selbstvertrauen, das man braucht, um gute Trades auszusitzen? Oft ist es nicht per se der Verlust von Buchgewinnen, der die wirkliche Bedrohung für die Trader darstellt.Wenn sich ein Trade zu Ihren Gunsten entwickelt und sie Ihren Stopp sorgfältig auf das Einstiegsniveau nachziehen, können Sie letztlich niemals durch plötzliche, ungewöhnliche und widrige Kursausschläge Schmerzen erleiden.Es ist viel-leicht enttäuschend, einen Buchgewinn wieder zu verlieren, aber für sich selbst genommen stellt ein solches Ereignis kaum eine Bedrohung für das Tradingkonto dar.

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Ihr täglicher Tradingcoach Die Bedrohung für Trader liegt vielmehr darin, wie sie mit einem solchen Rückschlag umgehen.In vielen Fällen wird ihre Einstellung sehr negativ, weil sie Buchgewinne wieder abgeben mussten.Vielleicht kritisieren sie sich selbst wegen der verpassten Chance oder geraten in einen unangenehmen Zustand der Frustration.Statt das Verschwinden eines Gewinns nicht als Verlust zu werten, entwickeln sie Schuldgefühle.Trader meiden die Selbstbeschuldigung und das unangenehme Gefühl, die Sache noch einmal hinterfragen zu müssen, aber nicht den Buchverlust selbst.»Es ist nie ein Fehler, einen Gewinn mitzunehmen« – das ist eine Einstellung, die mehr dieser psychologischen Realität entspricht als der logischen Notwendigkeit, mehr zu gewinnen als zu verlieren.Trader denken oft, dass sie einen Trade managen, wenn sie vorzeitig aussteigen, obwohl sie in Wirklichkeit nur ihre eigenen Gedanken und Gefühle über diesen Trade managen.Vertrauen spielt hier eine große Rolle. Sie vertrauen auf Ihre Ehe, weil Sie Ihrer Frau vertrauen.Sie halten sich für einen sicheren Autofahrer, weil Sie auf Ihre Fähigkeit vertrauen, Ihr Auto bei verschiedenen Straßenverhältnissen steuern zu können.Wenn Sie nicht Ihren Tradingideen gemäß agieren – das heißt: Sie stehen sie nicht bis zur geplanten Entscheidung durch –, untergraben Sie Ihr Zutrauen, indem Sie es sich selbst niemals erlauben, Vertrauen in diese Ideen aufzubauen.So wie das Misstrauen eines Ehepartners niemals zu Sicherheit in einer Ehe führen kann, wird es das Vertrauen auf Ihr Trading nicht fördern, wenn Sie Ihren bewährten Ideen nicht trauen.Sie können die Unsicherheit eines Trades, der zu Ihren Gunsten verläuft, nur ertragen, wenn Sie die Erfahrung machen, dass man diese widrigen Umstände tatsächlich ertragen kann, und dass man viel mehr gewinnt, als man verliert, wenn man an seinen geplanten Trades festhält.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, ist es wichtig, dass Sie sowohl den Glauben als auch das Selbstvertrauen in Ihr Trading einbauen.Man kann das auf zwei verschiedene Arten erreichen:

Sorgen Sie für eine zuversichtliche Einstellung.Bevor das Trading beginnt, sollten Sie mental proben, wie Sie mit sich selbst in dem Fall sprechen würden, dass Sie einen Trade streichen müssen, nachdem Sie einen Buchgewinn wieder verloren haben.Vielleicht sollten Sie die Einstellung »Wer nichts wagt, der nichts gewinnt« proben.– Es ist in Ordnung, einen kleinen Teil der Trades zu streichen, wenn man dadurch einen höheren Prozentsatz laufen lassen kann.Das ist besser, als sich selbst Vorwürfe zu machen und frustriert zu sein.Sie können einen großen Teil der Bedrohlichkeit von widrigen Kursbewegungen verhindern, wenn Sie sich beizeiten darauf vorbereiten.

▶▶Bauen Sie auf kleinen Einheiten auf.Ein nützliches Prinzip von Kurztherapien: Man beginnt große Veränderungen durchzuführen, indem man mit kleinen Veränderungen anfängt.Wenn Sie lediglich ein paar Dinge richtig machen, erhalten Sie das nötige Feedback und die Ermutigung, diese Anstrengungen auszuweiten.Beim Trading ist das einfach.Auch wenn Sie einen großen Teil Ihrer Position schon vor einem geplanten Kursziel abstoßen, können Sie einen kleinen Teil behalten, der dann entweder das Kursziel erreicht oder ausgestoppt wird.Das schützt die Gewinne und vermindert die Risikoaversion.Gleichzeitig ermöglicht es dem Trader, aus erster Hand zu sehen, wie Ideen bis zum Ziel reifen können.Im Lauf der Zeit kann man größere Teile seiner Positionen behalten und so seine Performance ausbauen.

Selbstvertrauen ist nicht nur eine Funktion Ihres Denkens, sondern auch Ihrer Handlungen.Wenn Sie so handeln, wie es Ihrem Urteil entspricht, haben Sie die Chance, zu beobachten, wie Ihr Urteil funktioniert – und so können Sie Selbstvertrauen aufbauen.Leider bremst das Gewinnstopp-Szenario auch die Entwicklung des Selbstvertrauens.Wenn Sie mit Selbstvertrauen agieren – auch im kleinen Maßstab –, coachen Sie sich selbst in Richtung Vertrauen in Sie selbst und bewirken eine tiefere Internalisierung dieses Selbstvertrauens.

Coaching-SchlüsselDie andere Seite des impulsiven Traders ist der Perfektionist. Ich habe schon viele Trader ge-sehen, die großartige Ideen entwickelt haben, aber nie eingestiegen sind, weil die Kurse die erwünschten Einstiegsniveaus nie erreichten. Es kann extrem frustrierend sein, selbst eine gro-ße und profitable Idee zu entwickeln, zu sehen, dass sie funktioniert, selbst aber nicht mit an Bord zu sein. Lassen Sie es nicht zu, dass das Perfekte zum Feind des Guten wird. Wenn Sie eine fantastische Idee haben – wenn Sie zum Beispiel sehen, dass ein Markt ausbricht und in eine Trendbewegung übergeht –, sollten Sie zumindest mit einem kleinen Teil Ihrer maximalen Positionsgröße einsteigen. Wenn es sich um einen guten Trend handelt, kann man bei Gegen-bewegungen die Position jederzeit aufstocken. Wenn es sich um keinen guten Trend handelt, können Sie mit bescheidenen Verlusten aussteigen. Sorgen Sie aber immer dafür, dass Ihre Tradingpositionen Ihren Überzeugungen entsprechen. In psychologischer Hinsicht werden Sie immer profitieren, wenn Sie auf der Basis Ihres Selbstvertrauens agieren.

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Lektion 30: Verwandeln Sie Stress in Wohlbefinden

Wir haben gesehen, dass Stress nicht zur Belastung, also Disstress, führen muss, wenn er durch großzügige Mengen an Wohlbefinden kompensiert wird.Menschen können viele Probleme, Druck und Unsicherheit aushalten, wenn ihnen ihre Arbeit etwas bedeutet und sie die Erfahrung gemacht haben, dass Belohnungen mit ihren Anstrengungen verknüpft sind.Wie man mit einer schwierigen Situation umgeht, das stellen wir uns als ein Set von Strategien vor, mit stressbeladenen Situationen so umzugehen, dass sie nicht zu Disstress führen.Indem sie effektiv mit den Risiken und Unsicherheiten der Märkte sowie mit den Anforderungen der Lernkurve umgehen, können Trader große Fortschritte machen, um ein günstiges emotionales Gleichgewicht zu erreichen.Psychologische Studien sagen uns, dass es auf diesem Gebiet keine allgemeingültige effektive Strategie gibt.Menschen mit verschiedenen Persönlichkeiten und Bedürfnissen wenden verschiedene Muster an, um optimal mit solchen Situationen umgehen zu können.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, ist es wichtig, zu wissen, wie Sie am besten mit Stress beim Trading umgehen, damit Sie diese Strategie bei Bedarf wieder aktivieren können.Dieses Wissen ist besonders entscheidend, weil wir in Zeiten der höchsten Belastung oft in alte, abgenutzte Verhaltensmuster abrutschen, die früher vielleicht einmal funktioniert haben, für die aktuelle Situation aber wohl nicht mehr geeignet sind.Ein vermeidendes Muster hat möglicherweise in früheren, von interpersonellen Konflikten geprägten Situationen funktioniert, aber seine Anwendung mitten in einem Verlusttrade und in einem sich schnell bewegenden Markt wäre eine Katastrophe.Natürliche Impulse sind nicht unbedingt die beste Strategie für den Umgang mit Stress.Wie wir in Kapitel 5 sehen werden, sind es oft diese alten Methoden, die uns in zykli -schen Problemmustern festhalten.Ein Beispiel, das ich oft erlebe, betrifft Trader, die höchst konfrontative Strategien verfolgen.Viele Trader sind aggressive Persönlichkeiten und haben Erfolg, weil sie sich Herausforderungen frontal stellen.Das kann recht gut in Situationen funktionieren, in denen man eine geschäftliche Vereinbarung treffen oder mit schlechten Nachrichten umgehen muss.An den Märkten ist die aggressive Reaktion allerdings nicht immer die beste.Wenn man es mit 136 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 137 einer Reihe von Verlusttrades zu tun hat – was jedem von uns schon passiert ist –, können Trader aggressiver werden und mit der Situation umgehen, indem sie mehr und mit höheren Einsätzen traden.Diese Art des Umgangs mit Frustrationen verleitet einen Trader dazu, maximale Risiken einzugehen, wenn er den am wenigsten deutlichen Blick auf den Markt hat – das ist tatsächlich eine Formel für katastrophale Verluste.Falsche Strategien erkennt man oft, wenn man auf seine Aktionen zurückblickt und sich fragt, was eigentlich zu diesem Verhalten geführt hat.Wie können Sie also wissen, wie diese Strategien in bestimmten Situationen am besten für Sie funktionieren? Weiter unten finden Sie eine Prüfliste, die Ihnen dabei helfen wird, die verschiedenen Arten zu identifizieren, wie Sie mit Tradingproblemen umgehen sollten.Als Übung für diese Lektion möchte ich, dass Sie sich an verschiedene Situationen erinnern, in denen Sie Tradingprobleme effektiv gelöst haben, und an andere Situationen, in denen Sie schlecht abgeschnitten haben.Neben jeder Strategie notieren Sie, ob Sie sie angewendet haben, wenn Sie gut tradeten.Dann machen Sie neben jeder Strategie einen Kreis, wenn es sich um eine Methode handelt, die Sie anwendeten, wenn Sie schlecht tradeten.

1. Ich habe andere nach Ideen oder Feedback gefragt.2. Ich habe sichergestellt, dass ich nicht überreagiere.3. Ich habe mich von der Situation distanziert und darüber nachgedacht, was ich nun tun sollte.4. Ich habe versucht, aus diesem Problem keine große Sache zu machen.5. Ich habe versucht zu erkennen, was ich aus der Situation mitnehmen und was mir in Zukunft helfen könnte.6. Ich habe intensive Anstrengungen unternommen, um das Problem sofort anzugehen.7. Ich habe meinen Fehler erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen.8. Ich habe beschlossen, für eine Weile mit dem Trading aufzuhören und mir eine neue Sichtweise zu erarbeiten.

Wieder einmal ist es nicht entscheidend, die richtigen und die falschen Strategien zu identifizieren, sondern diejenigen, die für Sie am besten funktioniert haben – und diejenigen, die mit den Problemmustern in Ihrem Trading zu tun hatten.Eine wichtige Dimension ist hier das Zusammenwirken von Aktion und Reflexion.Manche Leute profitieren am stärksten, wenn sie auf HerausIhr täglicher Tradingcoach forderungen rasch reagieren; andere bringen sich zunächst einmal unter Kontrolle, setzen die Dinge in die richtige

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Perspektive, durchdenken ihre Pläne und/oder beraten sich mit anderen.Eine weitere wichtige Dimension ist die Unterscheidung zwischen der Konzentration auf das Problem und der Konzentration auf die Emotionen.Manche Trader reagieren auf Situationen am besten, indem sie zunächst ihrem Ärger freien Lauf lassen und ihn sich so vom Hals schaffen.Dann bitten sie andere um Input und Unterstützung und arbeiten aktiv daran, negative Emotionen abzudämpfen.Andere Trader fahren am besten damit, dass sie ihre Gefühle beiseiteschieben, die Situation analysieren und versuchen, durch aktive Arbeit das Problem zu lösen.Trader haben oft Probleme, wenn es ihnen nicht gelingt, ihre Problemlösungsstrategien umzusetzen.Dem analytischen Trader kann es schaden, wenn er feststellt, dass er seinen Emotionen freien Lauf lässt und sich ohne vorherige Reflexion und Planung mit Problemen auseinandersetzt.Der Trader, der von sozialer Unterstützung und dem Feedback seitens anderer Leute abhängig ist, wird seine Probleme kaum effektiv lösen können, wenn er den Mut verliert und sich von hoch geschätzten Kollegen isoliert.Wenn Sie Ihre besten und Ihre schlechtesten Problemlösungen miteinander vergleichen – Ihren effektivsten und den am wenigsten effektiven Weg, mit Tradingproblemen umzugehen –, identifizieren Sie, was Sie tun müssen, um ein günstiges Gleichgewicht zwischen Wohlbefinden und negativem Stress herzustellen.Wenn Sie aufzeichnen, wie Sie mit schlechtem Trading umgehen, schaffen Sie ein mentales Modell der besten Möglichkeiten, Tradingprobleme zu lösen.Dieses Modell kann dann zu einem Drehbuch werden, auf das Sie in schwierigen Zeiten zurückgreifen können.Machen Sie diese Aufzeichnungen zu einem Teil Ihres täglichen Tradingjournals.Sie werden Sie auf Verhaltensmuster aufmerksam machen, auf die Sie bauen können, wenn es am Markt wieder einmal Probleme gibt.138 Kapitel 3 – Psychisches Wohlbefinden: Verbessern Sie Ihre Erfahrungen beim Trading 139

Coaching-SchlüsselSehen Sie Ihre besten und Ihre schlechtesten Strategien zur Problemlösung als Abfolge von Handlungen, nicht nur als isolierte Strategien. Wenn ich zum Beispiel gut mit Problemen um-gehe, beruhige und konzentriere ich mich zunächst. Dann erst beschäftige ich mich mit dem Lösen konkreter Probleme. Ich werde am besten mit Verlusten fertig, indem ich sie zu Tode analysiere und herauszufinden versuche, was da falsch gelaufen ist. Und dann ziehe ich eine positive Lernerfahrung daraus. Wenn ich schlecht mit Problemen umgehe, beruhige ich mich nicht, sondern beschuldige mich stattdessen. Dann füge ich dem ersten schlechten Trade noch einen zweiten hinzu, weil ich den Verlust aufholen will. In diesem negativen Modus analysiere ich auch nicht meine Verlustpositionen, sondern wende meine Aufmerksamkeit attraktiveren Märkten, Instrumenten oder Setups zu. Das sorgt dafür, dass ich nichts aus meinem Verlust lerne – und dass ich diesen Fehler irgendwann wiederholen werde. Wenn wir die Problem-lösung als Abfolge von Verhaltensweisen betrachten, können wir mentale Blaupausen für die Aktionen entwickeln, die wir unter schwierigsten Marktbedingungen brauchen. So kann man sicherstellen, dass Stress beim Trading nicht zu negativem Stress (Disstress) führt, welcher der Performance schadet.

QuellenDer Blog Become Your Own Trading Coach ist die wichtigste Informationsquelle für dieses Buch.Links und zusätzliche Postings zum Thema Stress und Disstress finden Sie auf der Homepage des Blogs für Kapitel 3: http://becomeyourowntradingcoach.blogspot.de/2008/08/daily-trading-coach-chapter-three-links.html.Einer der frühen Texte, der die Forschungsergebnisse der positiven Psychologie zusammenfasst, ist Well-Being: The Foundations of Hedonic Psychology, herausgegeben von Daniel Kahneman, Ed Diener und Norbert Schwarz, erschienen bei Russell Sage Foundation (1999).Ein weiteres gutes Referenzwerk ist Handbook of Positive Psychology, herausgegeben von C.R.Snyder und Shane J.Lopez, veröffentlicht bei Oxford University Press (2003), sowie von den gleichen Autoren Positive Psychology: The Scientific and Practical Explorations of Human Strengths (Sage Publications, 2006).Wie unsere Emotionen unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden betreffen, ist das Thema des von James W.Pennebaker herausgegebenen Texts Emotions, Disclosure, and Health, herausgegeben von der American Psychological Association (1995).Ihr täglicher Tradingcoach Zahlreiche kostenlose Artikel zu den Themen dieses Kapitels finden Sie im Abschnitt »Articles on Trading Psychology« unter www.brettsteenbarger.com/articles.htm.140 141

Kapitel 4Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess

Erfolg bedeutet nicht, keine Fehler zu machen, sondern niemals den gleichen Fehler zweimal zu machen.George Bernard Shaw

Welches sind die entscheidenden Prozesse des Selbstcoachings? Welche konkreten Schritte können wir unternehmen, um unser Trading zu verändern und unsere Performance zu verbessern? Das sind einige der Themen, denen wir uns in diesem Kapitel widmen werden.Ein großer Teil dieses Kapitels entspringt den

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Forschungsarbeiten der vergangenen Jahrzehnte, die gemeinsame effektive Bestandteile von Beratungs- und Therapiemethoden untersucht haben.Eine interessante Erkenntnis aus diesen Studien lautet, dass alle bedeutenden Beratungsmethoden effektiver zu sein scheinen als das Fehlen jeglicher Beratung, aber es gibt keine Methode, die beständig bessere Ergebnisse bei einer Reihe von Menschen und Problemen zeigt.Die bedeutenden Beratungsmethoden scheinen nicht nur gleichwertig zu sein, sie scheinen auch größtenteils aus den gleichen Gründen zu funktionieren.Diese Gründe erfassen, was zu Veränderungen führt – und was unsere Anstrengungen beflügeln kann, unsere eigenen Tradingcoachs zu werden.

Lektion 31: Führen Sie ein Tradingjournal zur Selbstbeobachtung

Der Begriff Selbstbeobachtung bezieht sich auf Methoden, die man anwendet, um langfristig seine eigenen Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster aufzuzeichnen.Selbstbeobachtung ist die Grundlage vieler anderer Techniken des Selbstcoachings, die in diesem Kapitel beschrieben werden, weil sie uns sagt, was wir verändern müssen .Wir können kein Muster verändern, von dessen Ihr täglicher Tradingcoach Existenz wir nichts wissen.Bei Kurztherapien besteht die erste Hausaufgabe sehr oft daraus, Übungen zur Selbstbeobachtung durchzuführen.Ebenso wie wir Marktmuster zunächst einmal beobachten müssen, ehe wir sie traden können, ist das Bewusstwerden unserer eigenen Muster der erste Schritt zu deren Veränderung.Eine sehr weit verbreitete Methode der Selbstbeobachtung ist die Verwendung von Tradingjournalen.Aktive Daytrader können ihre Einträge während einer Pause um die Mittagszeit und nach Börsenschluss tätigen, andere machen sich einfach am Ende des Handelstags ihre Notizen.Entscheidend ist, die Muster so früh wie möglich nach ihrem Auftreten zu erfassen, statt sich auf sein trügerisches Gedächtnis zu verlassen.Beachten Sie, dass die Selbstbeobachtung für sich genommen keine Veränderungstechnik ist, aber oft zu Veränderungen führt.Sobald Sie Ihre Muster und die kostspieligen Folgen kristallklar sehen, wird es viel einfacher, sie zu durchbrechen und somit zu verhindern, dass sie in Zukunft auftreten.Bei anderen Gelegenheiten kann Sie die Selbstbeobachtung auf Muster aufmerksam machen, von denen Sie nichts wussten .Das ist äußerst wertvoll, weil es die Basis für eine Veränderung legt, die sonst unmöglich wäre.Immer wenn Sie Ihre langfristige Performance systematisch prüfen – und die Faktoren, die mit erfolgreicher und erfolgloser Performance zu tun haben –, betreiben Sie Selbstbeobachtung.Zum Beispiel prüfte ich meine jüngste Performance Trade für Trade und stellte fest, dass ich prozentual mit kleinen Trades höhere Verluste verzeichnete als mit großen.Diese Prüfung führte zu der Feststellung, dass ich bei recht kleinen Trades nicht so aufmerksam war, was die Platzierung und das Einhalten von Stopps betrifft.Obwohl der Verlust bei jedem kleinen Trade in Dollar gemessen nicht hoch war, addierten sich diese kleinen Verluste im Lauf der Zeit .Das brachte mich dazu, eine neue Methode für das Setzen und Einhalten von Stopps bei kleinen Trades einzuführen, indem ich jetzt bei jedem Trade ausführlich das Risiko/Rendite-Verhältnis aufschreibe, ehe ich den Auftrag erteile.Die Selbstbeobachtung machte mir bewusster, was ich tat, und das wiederum stützte die Qualität meines Tradings.Die Selbstbeobachtung ist die Grundlage, auf der sämtliche Coaching-Bemühungen beruhen.Meine Erfahrung ist, dass das zuverlässigste Anzeichen für Scheitern beim Trading die Unfähigkeit zur Selbstbeobachtung ist.Diese Unfähigkeit führt 142 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 143 dazu, dass Trader ihre Problemmuster nicht klar identifizieren können.Sie hält sie davon ab, zu reflektieren und aus Ihren Anstrengungen bei Veränderungen zu lernen.Ziele ohne Selbstbeobachtung sind nicht viel mehr als gute Absichten; sie führen nie zu konkreten Aktionen, die Veränderungen einleiten und dann auch bewahren.Warum strengt sich ein Trader, der sich offensichtlich Erfolg wünscht, nicht beständig an, seine eigenen Gedanken, Emotionen und/oder seine Tradingperformance zu beobachten? Ich glaube, es liegt daran, dass viele Trader durch Trading und Geldverdienen motiviert sind, nicht aber von dem Wunsch, sich selbst und die Märkte zu verstehen.Das ist eine wichtige Unterscheidung.Der Coach Bob Knight sagte, sie sind motiviert, zu gewinnen, aber nicht motiviert, die Arbeit zu erledigen, die erforderlich ist, um ein Gewinner zu werden.Bei den besten Tradern ist die Selbstbeherrschung eine entscheidende Motivation.Daher traden sie noch immer, wenn sie sich schon längst bequem in den Ruhestand verabschieden könnten.Das am weitesten verbreitete Format zum Beginn der Selbstbeobachtung ist das Führen eines Tradingjournals .Die grundlegenden Komponenten eines Journals zur Selbstbeobachtung könnten wie folgt aussehen:Teilen Sie die Seiten Ihres Journals in drei Spalten.Die erste Spalte beschreibt den Trade, der platziert wurde, inklusive Volumen und Tageszeit.Wenn Sie sich nach und nach in eine bestimmte Position einkaufen, sollte dies nur ein einziger Eintrag in Ihrem Journal sein.Und wenn Sie mehrere Positionen erwerben, um von einer bestimmten Tradingidee zu profitieren (wenn Sie also zum Beispiel im Edelmetallbereich engagiert sein wollen und daher drei verschiedene Minenaktien kaufen), wäre dies ebenfalls ein einziger Eintrag in Ihrem Tradingjournal.Die erste Kolumne könnte also zusammenfassen, was Sie für jede Tradingidee getan haben, was Sie dabei riskiert haben, wann Sie die Trades platziert haben, was Sie dafür bezahlt haben und wie Sie die Trades platziert haben (zum Beispiel auf einmal oder in mehreren Einzelschrit ten, zum Marktkurs oder limitiert).Wenn Sie sehr häufig traden, können Sie über die Möglichkeit nachdenken, Ihre Tradebeobachtung mit Hilfsmitteln wie

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StockTickr (www.stocktickr.com) oder Trader DNA (www.traderdna.com) zu automatisieren.Die zweite Spalte fasst die Ergebnisse des Trades zusammen, einschließlich der Kurse und der Zeitpunkte Ihres Ausstiegs, sowie Ihren Gewinn oder Verlust mit diesem Trade (oder mit der Tradingidee) und die Art Ihres Ausstiegs (zum Beispiel auf einmal oder in einzelnen Schritten, zum Marktkurs oder mit Kurslimits).Die dritte Spalte enthält alle Verhaltensbeobachtungen bei diesem Trade oder dieser Tradingidee: was Sie dabei dachten, wie Sie sich fühlten, Ihre Vorbereitung auf diesen Trade, das Ausmaß Ihres Vertrauens in diesen Trade und so weiter.Mit anderen Worten: Die dritte Spalte wirft einen Blick auf Sie und Ihren mentalen Zustand, Ihre Denkmuster und den körperlichen Zustand während der Trades.Die dritte Spalte könnte auch Beobachtungen darüber enthalten, wie gut Sie in den Trade ein- und ausgestiegen sind und den Trade gemanagt haben .Was auch immer bei diesem Trade für Sie wichtig war – das Gute wie das Schlechte –, sollte in die dritte Spalte eingetragen werden.Halten Sie Ihr Tradingjournal einfach. Viele Anstrengungen zur Selbstbeobachtung scheitern, weil sie zur Belastung werden.Für einen Trader wie mich, der pro Tag höchstens ein paar Trades platziert, ist ein solches Journal recht einfach zu führen.Eigenständige Trader, die pro Tag mehrere Dutzend Trades oder noch mehr durchführen, empfinden ein solches Journal wahrscheinlich als Belastung.Man kann die Selbstbeobachtung kaum wirksamer sabotieren, als wenn man sie so belastend gestaltet, dass man die Anstrengung nicht aushält.Wenn Sie ein aktiver Trader sind und die Beobachtung Ihrer Trades nicht automatisieren können, gibt es mehrere Möglichkeiten, das Journal zu straffen:Sie können für das Trading am Vormittag und das Trading am Nachmittag jeweils nur einen einzigen Eintrag machen, wobei die Spalten Ihre Positionen einfach zusammenfassen – Ihre Gewinne und Verluste am Vormittag und am Nachmittag und die Beobachtungen Ihres Tradings zu diesen Zeiten.Sie können lediglich Einträge über ausgewählte Positionen vornehmen, die Ihrer Meinung nach herausragen, weil Sie besonders erfolgreich oder besonders erfolglos waren.Wenn Sie auf diese Weise eine Auswahl aus Ihren Trades treffen, stellen Sie bitte sicher, dass sowohl die besten als auch die schlechtesten Trades vertreten sind, damit Sie positive und negative Muster beobachten können.Das sind die Trades, aus denen wir am meisten lernen können.144 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 145 Wenn Ihr Trading komplex ist, mit vielen Positionen, Absicherungen und wechselnden Risiken im Lauf der Zeit (wie bei einem Market-Maker oder einem sehr aktiver Portfoliomanager), können Sie Ihren Tag in einem einzigen Journaleintrag zusammenfassen.Die erste Spalte berichtet über Ihre wichtigsten Tradingideen, die zweite über Gewinne und Verluste, die dritte über Ihre Selbstbeobachtungen.Es gibt kein bestimmtes Format der Selbstbeobachtung, das für alle Trader perfekt ist. Es ist entscheidend, das Format zu übernehmen, das Ihren Bedürfnissen und Ihrem Tradingstil am besten entspricht. Die wirkliche Arbeit steht an, wenn Sie genug Einträge gesammelt haben, um Muster in Ihrem Trading zu bemerken: die Faktoren, die Ihre besten Trades und Tage sowie Ihr schlechtestes Trading auszeichnen.Wie wir unser Selbstbeobachtungsjournal analysieren, ist das Thema der nächsten Lektion.Für den Moment aber ist es lediglich Ihre Aufgabe, Aufmerksamkeit zu wahren und ein aktiver Beobachter Ihres eigenen Tradingprozesses zu sein.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, gibt es immer einen Teil von Ihnen, der sich der Entscheidungsfindung und der Durchführung von Trades entzieht.Sie beobachten sich selbst und üben Kontrolle über das aus, was Sie tun und wie Sie es tun.Der eigentliche Wert des Tradingjournals ist, dass es den Prozess der Selbstbeobachtung strukturiert und dabei hilft, ihn regelmäßiger zu machen und ihn zu automatisieren.Wenn Sie auf einer Ihnen ver-trauten Straße gehen, würden Sie kaum darüber nachdenken, wie Sie gehen; alles liefe automatisch ab .Sollten Sie allerdings durch ein Minenfeld gehen, wären Sie höchst aufmerksam und würden jeden Schritt sorgfältig abwägen.Trading ist weder ein Gang im Park noch durch ein Minenfeld … vielleicht gleicht es mehr einem Spaziergang in einem schönen, aber irgendwie gefährlichen Park.Sie möchten sich auf den Spaziergang konzentrieren, aber gleichzeitig aufmerksam sein und bewusst agieren können.Das ist die Funktion des Tradingjournals.Es befähigt Sie dazu, sich selbst zu beobachten, auch wenn Sie auf das konzentriert sind, was Sie gerade tun.

Coaching-SchlüsselEine wichtige Erkenntnis über das Führen eines Journals stammt von Charles Kirk (www.thekirkreport.com). Sie finden darüber etwas in Kapitel 9. Kirk gibt seine Beobachtungen in ein Datenbankprogramm ein, damit er jederzeit Zugriff auf Journaleinträge zu verschiedenen Themen hat. Das ist eine effektive Methode der langfristigen Beobachtung spezieller Trading-probleme.

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Lektion 32: Erkennen Sie Ihre Muster

Es ist ein entscheidendes Element von Kurztherapien, einen konkreten Fokus für die Veränderung zu schaffen.Ein Grund, warum es so lange dauerte, bis ältere Therapiemethoden eingerichtet wurden – einschließlich der Jahre dauernden Psychoanalyse – war, dass sie versuchten, umfangreiche Veränderungen der Persönlichkeit zu bewirken.Unser Verständnis von Charaktereigenschaften, ihrer biologischen und vererbten Komponenten, hilft uns, unsere Ziele etwas bescheidener zu gestalten.Keine Form des Coachings oder der Beratung wird die Persönlichkeit eines Menschen umstrukturieren – und das soll sie auch gar nicht.Das Ziel des Coachings ist, Men-schen zu helfen, an ihren Schwächen zu arbeiten und Ihre Stärken auszubauen, damit sie ihre grundlegenden Persönlichkeiten ausleben und ihre Fähigkeiten so konstruktiv und erfolgreich wie möglich anwenden können.Sie können Ihre Persönlichkeit nicht verändern, aber Sie können die Art und Weise verändern, wie sie zum Ausdruck kommt.Viele Leute, die sich Coachs nennen, haben keine formale Ausbildung in Psychologie.Vor allem fehlen ihnen die Erfahrung und die Grundlagen professioneller Helfer.Sie legen sich eine Reihe von Methoden zur Selbsthilfe zu und versuchen, alle Probleme diesen Methoden anzupassen.Das Ergebnis ist ein vorgefertigter Satz von Lösungen für jedes erdenkliche Problem.Das kann zu Katastrophen führen.Die Muster, die mit dem Trading zu tun haben, liegen weit außerhalb des Bereichs dieser vorgefertigten Patentlösungen.Bei einer Präsentation im Rahmen einer Konferenz traf ich kürzlich eine erfolgreiche Traderin, die gerade ein schwaches Jahr erlebte und sogar darüber nachdachte, mit dem Trading aufzuhören.Sie klagte über den Verlust an Begeisterung und Erregung bei ihrem Trading.Zudem hatte sie an Gewicht zugelegt und starke negative Gefühle sich gegenüber entwickelt.Sie hatte schon mit drei Coachs und Therapeuten gearbeitet, ohne jeden Erfolg.Nach einer kurzen Diskussion hatte ich genug Informationen gesammelt, um ihr den Vorschlag zu machen, sie solle sich einer Blutuntersuchung bei ihrem Hausarzt unterziehen.Sie tat das auch und die Diagnose ergab ein niedriges Thyroidniveau.Nachdem sie eine angemessene Hormonbehandlung erhalten hatte, kamen ihre Energie und ihre gute Stimmung zurück, ihre Konzentrationsfähigkeit wurde besser und sie nahm ihre erfolgreiche Karriere wieder auf.146 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 147

Wie viele Trader müssen ihre Karriere abbrechen, weil sie die Muster, die ihre Probleme verursachen, nie verstehen?

Sie könnten nun die Frage stellen: »Wie kann ich als Trader mit recht wenig Erfahrung, was angewandte Psychologie betrifft, darauf hoffen, jemals obskure Muster wie niedrige Hormonniveaus identifizieren zu können? Wenn schon erfahrene Coachs und Berater diese Muster übersehen, wie soll ich sie dann erkennen?«Ironischerweise glaube ich, dass Sie in einer besseren Position sind als die meisten kommerziellen Coachs, ungewöhnliche Muster zu erkennen, die gutem Trading im Weg stehen könnten, und entsprechend zu handeln.Ich konnte die Empfehlungen an die Traderin ohne Skrupel aussprechen, weil ich sie nicht als Klientin gewinnen wollte.Sie bezahlte mich nicht für meine Dienste und ich konnte durch eine bestimmte Empfehlung im Vergleich zu einer anderen nichts gewinnen.(Beachten Sie: Mein Coaching beschränkt sich auf eine Gruppe von eigenständigen Tradingfirmen, Hedgefonds und Investmentbanken.Einzelne Trader akzeptiere ich nicht als Klienten.) Die meisten Coachs, die sich auf einzelne Trader konzentrieren, müssen dagegen ständig für ihr Geschäft werben.Es liegt nicht in ihrem Interesse, bestimmte Handlungen vorzuschlagen (zum Beispiel Bluttests und Thyroid-Medikation), die nicht zu weiteren Dienstleistungen und zusätzlichen Honoraren führen.Folglich konzentrieren sie sich auf Lösungen, die sie liefern können (die ihnen also zusätzliche Umsätze bringen).

Maslow bemerkte einmal: Wenn man nichts anderes hat als einen Hammer, tendiert man dazu, alles wie einen Nagel zu behandeln.

Als Ihr eigener Tradingcoach haben Sie keine solchen Interessenkonflikte.Sie können die Mustererkennung für sich selbst erlernen und Ihre eigenen Probleme diagnostizieren.Wenn Sie sich über das Problem noch immer nicht klar sind, auch nachdem Sie Ihr Journal ausführlich studiert haben, schicken Sie eine E-Mail an die spezielle, für dieses Buch reservierte Adresse ([email protected]) und ich werde mein Bestes tun, Ihnen eine vielversprechende Richtung aufzuzeigen.Aber ich denke, Sie werden angenehm überrascht sein, festzustellen, dass Sie es mit Ihren Problemen aufnehmen können, sobald Sie einige grundlegende Techniken erlernt haben.Sobald Sie gelernt haben, sich selbst zu coachen, haben Sie die Fähigkeit erworben, Ihre Ent-wicklung ein Leben lang selbst zu leiten.

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Ihr täglicher Tradingcoach Sehen wir uns also an, wie Sie mithilfe des im letzten Kapitel beschriebenen Tradingjournals Experte darin werden können, Ihre eigenen Muster zu erkennen.Wenn Sie Ihre Einträge in diesem Journal nachprüfen, sollten Sie sie in zwei Teile unterteilen: diejenigen, die Ihr erfolgreichstes Trading beschreiben, und diejenigen, die beschreiben, wie Sie am schlechtesten getradet haben.Der erste Teil zeigt das, was wir Lösungsmuster nennen, der zweite zeigt ihre Problemmuster.Die Differenz zwischen den Lösungs- und den Problemmustern weist Sie oft auf praktische Handlungen hin, die Sie durchführen könnten, um Ihre Performance zu verbessern.Zum Beispiel könnten Sie feststellen, dass Sie bei Ihrem erfolgreichen Trading beim Einstieg geduldiger sind und weniger Trades mit jeweils kleinerem Einsatz durchführen.Wenn Sie weniger erfolgreich sind, traden Sie öfter und mit maximalem Einsatz.Der Vergleich zwischen dem besten und dem schlechtesten Trading wird Sie auch darauf aufmerksam machen, wie unterschiedlich Sie mit Marktproblemen umgehen.Sie könnten zum Beispiel feststellen, dass Sie sich stark auf Probleme konzentrieren, wenn Sie gut traden.Wenn Sie weniger erfolgreich sind, traden Sie, während Sie verwirrt oder frustriert sind, ohne auf eine klar definierte Chance zu warten.Entscheidend ist, nach Mustern zu suchen, nicht nur nach isoliertem Auftreten von gutem oder schlechtem Trading.Für jeden guten Tradingtag können Sie einige Dinge festhalten, die Sie richtig gemacht haben, und dann prüfen, welche Einstiege Tag für Tag auftreten.Und was die schlechten Tradingtage betrifft, können Sie Ihre entscheidenden Fehler notieren und beobachten, welche von ihnen im Lauf der Zeit auftreten. Ihre Stärken beim Trading zeigen sich in den Mustern, die sich bei erfolgreichen Trades wieder-holen.Wenn Sie keine auffälligen Muster finden, müssen Sie Ihr Trading vielleicht über einen längeren Zeitraum beobachten, damit Sie eine große Zahl von Beispielen für gute und schlechte Tradingtage zur Verfügung haben.Sie suchen nach gemeinsamen Elementen, die auffällig sind; Sie sollten nicht zu schnell Subtilitäten in diese Muster hineinlesen.Die Dinge, die am besten funktionieren, sind die auffälligsten – es fällt einem buchstäblich wie Schuppen von den Augen.Ein Beispiel: Als ich meine Arbeit zur Mustererkennung erledigt, mein bestes und mein schlechtestes Trading miteinander verglichen hatte, fand ich deutliche Unterschiede in den Positionsgrößen meiner Trades 148 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 149 (Anfangspositionen schnitten am besten ab, wenn sie weder zu groß noch zu klein waren), im Timing der Trades (Positionen zu früh am Morgen oder zu spät am Nachmittag schnitten schlechter ab als solche, die gekauft wurden, nachdem sich der Markt im frühen Handel sortiert hatte) und in der Zeitdauer meiner Trades (bei kurzer Haltezeit mit klaren Kurszielen und Stopps war die Performance besser).Ich fand auch heraus, dass ich am besten tradete, wenn ich ein klares langfristiges Bild des Markts hatte, das kürzerfristige Einstiege und Trades dirigierte.Und ich tradete absolut am schlechtesten, wenn ich am Beginn des Handelstags eine feste Meinung hatte und sie im Lauf des Tags auch nicht anpasste, sondern gegen einen Trend handelte.Beachten Sie, wie jedes dieser Muster den Trader darauf fokussiert, was er ändern soll, welches der erste Schritt bei der Entscheidung ist, wie man solche Veränderungen vollzieht.Trader können oft keine Veränderungen durchführen, weil sie nicht wissen, was sie verändern sollen.Sie stützen sich auf vage Generalisierungen (»Ich muss disziplinierter sein«), statt spezifische Verhaltensweisen zu identifizieren, an denen sie arbeiten können.Indem Sie detaillierte Vergleiche zwischen Ihrem besten und Ihrem schlechtesten Trading durchführen, können Sie sich auf Ihr Selbstcoaching konzentrieren und Ihre Energien in die konstruktivsten Richtungen lenken.Wenn Sie Ihre Muster kennen – die Ihnen Erfolg oder Misserfolg eintragen –, haben Sie schon einen sehr großen Schritt getan, um dauerhafte Veränderungen zu bewirken.Unten finden Sie einige Muster, auf die Sie besonders achten sollten, wenn Sie Ihr Journal noch einmal lesen:Emotionale Muster – klare Unterschiede, wie Sie sich fühlen, wenn Sie gut traden und wenn Sie schlecht traden, vor allem vor und während der Trades.Verhaltensmuster – merkliche Unterschiede, wie Sie sich in Ihren besten und Ihren schlechtesten Tradingphasen auf Trades vorbereiten und sie managen.Kognitive Muster – bedeutende Unterschiede in Ihren Denkprozessen und in Ihrem Konzentrationsniveau während Ihrer besten und schlechtesten Trades.Physische Muster – emotionale Unterschiede, wenn Sie am besten und am schlechtesten traden: Energieniveau, physische Anspannung, Entspannung und Haltung.Tradingmuster – Unterschiede in den Positionsgrößen der Trades, Tageszeiten, Art des Einstiegs und des Ausstiegs und Instrumente, die als Funktion guten oder schlechten Tradings betrachtet werden.

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Coaching-Schlüssel Sie werden oft mehr als nur ein Muster beobachten und oft gibt es Verbindungen zwischen diesen Mustern. Ein Beispiel: Ihre kognitiven Muster können zu bestimmten emotionalen Mustern führen, die zu bestimmten Tradingmustern verbunden werden. Stellen Sie sich Mus-ter als Sequenz vor – als eine Art von positiver oder negativer Kaskade – und nicht als Entweder-oder-Phänomene. Exzellente Coachs sehen nicht nur Muster, sondern auch Mus-ter von Mustern. Hier sind einige unter Tradern weitverbreiteten Muster, auf die man achten sollte:

1. Die Platzierung von impulsiven, frustrierten Trades nach Verlusttrades.2. Die Vermeidung von Risiken und das Verpassen guter Trades nach einer Verlustphase.3. Übertriebenes Selbstvertrauen während einer Gewinnphase und die Platzierung unbe-deutender oder ungeplanter Trades.4. Angst wegen der Performance und der verfrühte Ausstieg aus Gewinntrades.5. Die Erhöhung des Einsatzes, um vorherige Verluste aufzuholen.6. Das Ignorieren von Stopps, um keine Verluste realisieren zu müssen.7. Das Arbeiten an einem Trading, wenn man Geld verliert, aber nicht, wenn man Geld gewinnt.8. Sich in der jeweils aktuellen Marktentwicklung zu verstricken, statt einen Trade aktiv zu managen, sich auf den nächsten Trade vorzubereiten oder ein Portfolio zu managen.9. Sich selbst nach Verlusttrades zu beschimpfen und die Motivation für das Trading zu verlieren.10. Wegen der Erregung und der Aktivität zu traden, statt Geld verdienen zu wollen.11. Trades zu platzieren, weil man Angst hat, eine Marktbewegung zu verpassen, statt wegen eines positiven Risiko/Rendite-Profils der Idee.

Lektion 33: Ordnen Sie Mustern Kosten und Vorteile zu

Für Trader, die sich selbst coachen wollen, ist es ein riesiger Schritt nach vorn, wenn sie die Verhaltens-, Denk- und emotionalen Muster kennen, die mit erfolgreichem und erfolglosem Trading verbunden sind.Um eine dauer-hafte Veränderung zu bewirken, ist das notwendig, aber nicht ausreichend.Es ist nämlich ein Unterschied, ein Muster zu kennen – und die Motivation zu haben, dieses Muster dauerhaft zu verändern.Viele unserer Anstrengun-gen, Veränderungen zu bewirken – auf persönlichem wie auf beruflichem Gebiet – scheitern an der Motivation.Wir sehen uns die schlechten Bilanzen von Leuten an, die abnehmen, sich gesund ernähren oder regelmäßig trainieren wollten, um zu sehen, dass es zwei verschiedene Dinge sind, zu wissen, was man tun muss, und es tatsächlich zu tun.150 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 151 Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, liegt Ihre Herausforderung darin, sich zur Veränderung zu motivieren, so wie ein Trainer im Sport eine Mannschaft dazu motiviert, weiterhin hart zu arbeiten und angestrengt zu trainieren.Wenn ein Journal zu führen und Ihre Muster bei gutem und schlechtem Trading zu beobachten nur eine routinemäßige Übung ist – irgendein Bestandteil der täglichen Aufgabenliste –, wird dies nicht Ihre Motivation inspirieren und Sie werden Ihre Bemühungen nicht aufrechterhalten.Den Wunsch zu fördern, Veränderungen herbeizuführen, ist schwierig; vor allem dann, wenn das Trading einigermaßen gut läuft.»Wenn es nicht kaputt ist, repariere es nicht«, so lautet eine Formel, die dazu führen kann, dass man etwas nicht mehr reparieren kann, wenn es tatsächlich kaputtgeht.Aber es gibt einen noch wichtigeren Grund, die Anstrengungen des Selbstcoachings aufrechtzuerhalten.Wenn Sie gut traden, dann ist dies exakt der Zeitpunkt, an dem Sie sich Ihrer Stärken am klarsten bewusst sind, damit Sie jetzt Ihre Gewinne maximieren können.Die wahren Wettkämpfer und die erfolgreichsten Akteure im Sport, in der Kriegsführung und bei strategischen Spielen wie Schach sind diejenigen, die den Killerinstinkt besitzen: Sie haben ein Gefühl dafür, wann sie den Vorteil besitzen, und diesen Vorteil reizen sie bis zum Äußersten aus.Bescheidene Gewinne zu erzielen, wenn Sie gut traden, ist eine Garantie dafür, dass Sie schlechte Renditen erzielen, wenn Sie die Märkte nicht so gut sehen können.Bei den meisten Tradern sind es die relativ wenigen hohen Gewinne aus den besten Tradingphasen, die am stärksten zur Gesamtprofitabilität beitragen.Der Maßstab für Selbstcoaching ist, wie hart Sie an Ihrem Trading arbeiten, wenn Sie gerade Geld verdienen.Wenn Sie gut traden, ist es genauso wichtig, dass Sie an sich arbeiten, wie wenn Sie schlecht traden .Sie wollen nicht reparieren, was nicht kaputt ist, sondern Sie wollen etwas fassbar machen, das Sie richtig machen, damit Sie mehr davon tun und voll davon profitieren können.Andererseits gilt: Wenn Sie schlecht traden, wollen Sie nicht in Enttäuschung und Niederlagen abgleiten.Führen Sie weiterhin Ihr Journal und bemühen Sie sich, Ihre Muster zu erkennen, um Ihre konstruktive Grundeinstellung zu bewahren, auch wenn Sie im Moment nichts anderes tun können, als Ihre Risiken zu begrenzen, wenn negative Muster auftauchen.Dennoch erzielen Sie Fortschritte.

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Ihr täglicher Tradingcoach Wie bewahren sich exzellente Trader (und Wettkämpfer auf jedem Gebiet) die Motivation, auf höchstem Performanceniveau zu agieren? Ein wichtiger Faktor dieser Motivation ist ein intensiver Drang zum Wettbewerb und ein unbändiger Wille, zu gewinnen.Die Trader, mit denen ich persönlich gearbeitet habe und die beständig hohe Gewinne erzielten, haben ganz unterschiedlich getradet und die Märkte auf radikal unterschiedliche Weise gesehen.Manche Trader waren laut und extrovertiert, andere waren eher stille Denker.Manche hatten eine frappierende Intuition, andere gewannen ihre Einsichten durch sorgfältige Analysen.Ihre gemeinsame Charaktereigenschaft war eine intensiv kompetitive Einstellung.Sie treten mit ihren Kollegen und mit den Märkten in Wettbewerb und am meisten kämpfen sie gegen sich selbst.Ihr Stolz und ihr Selbstwertgefühl kommen nicht nur vom Geldverdienen, sondern auch davon, dass sie besser werden.Deshalb machen erfolgreiche Trader auch weiter, obwohl sie längst bequem in den Ruhestand gehen könnten.Die schlechteren Trader? Sie traden, um nicht zu verlieren; sie traden, um ihre Jobs zu behalten.Sie hungern nicht danach, über sich hinauszuwachsen; sie wollen gut abschneiden, aber nicht das Beste aus sich herausholen.Der Drang, besser zu werden, unterscheidet sich vom Wunsch, Geld zu verdienen, und ist sehr viel seltener.Die erfolgreichen Trader können sich diesen Antrieb bewahren, indem sie immer wieder an die Kosten ihrer negativen und die Vorteile ihrer positiven Muster denken.Wenn ein erfolgreicher Trader beschließt, einen bestimmten Trade oder Markt zu meiden, liegt dies oft an einer spezifischen Erinnerung, dass diese Idee in der Vergangenheit zu Verlusten geführt hat.Indem sie emotional mit dem Schmerz verbunden bleiben, den ihr schlechtestes Trading verursacht hat, bleiben Trader motiviert, Fehler beim Trading zu vermeiden.Und ihre Stärken zu kennen ist nicht nur das abstrakte Bewusstsein erfolgreicher Trader, sondern eine emotionale Verbindung mit dem Stolz und dem Gefühl, etwas erreicht zu haben, weil sie es gut gemacht haben.Eine hervorragende Übung beim Selbstcoaching – und eine großartige Aufgabe für diese Lektion – besteht darin, nicht nur die Muster Ihres besten und schlechtesten Tradings zusammenzufassen, sondern die mit den negativsten Tradingmustern tatsächlich aufzuschreiben und sie zu visualisieren. Gleiches gilt für die Vorteile, die mit den besten Mustern verbunden sind.Mit anderen Worten: Sie beenden die Einträge in Ihrem Journal nicht, bis Sie emotional 152 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 153 mit den Dingen verbunden sind, über die Sie schreiben.Sie werden Ihre negativen Muster verändern wollen, wenn Sie den Punkt erreichen, an dem Sie diese Muster hassen, und es wird Sie anekeln, wie diese Muster Sie zurückgeworfen haben.Sie werden Ihre positiven Muster ausbauen wollen, wenn Sie deren Vorteile sehen und spüren.Wenn Sie sich selbst gut coachen, ist das Führen eines Journals eine emotionale Übung, nicht nur eine kognitive.Abstraktes positives Denken bringt hier nicht viel.Die Wiederholung von Bestätigungen wie »Ich werde ein erfolgreicher Trader sein« ist bestenfalls sinnlos und schlimmstenfalls eine Selbsttäuschung.Dieses positive Denken funktioniert deshalb nicht, weil es keine Verbindung zu Ihrer täglichen Tradingpraxis aufweist.Es ist nicht genug, dass Sie sich einfach gut fühlen, und manchmal kann es wirklich wertvoll sein, sich so schlecht zu fühlen, dass man einen bestimmten Fehler niemals wiederholen wird.Hilfreich ist, die besten emotionalen Erfahrungen beim Trading – die tollsten Momente von Freude und Leistung – mit den spezifischen Praktiken zu assoziieren, die Ihnen dieses Glück brachten.Es ist zudem enorm hilfreich, sich den Schmerz Ihres schlechtesten Tradings mit dem konkreten Versprechen, so etwas nie mehr erleben zu wollen, noch einmal in Erinnerung zu rufen.Denken Sie an Football-, Basketball- oder Tennistrainer.In jeder Trainingsstunde werden Dinge eingeübt, der Trainer liefert Feedback und Motivation.Auch für das Selbstcoaching ist das keine schlechte Formel.Einen negativen Gedanken und ein negatives Verhaltensmuster verändern Sie am ehesten, wenn Sie sie mit konkreten Kosten und Konsequenzen assoziieren.Ein positives Verhalten aktivieren Sie am besten, wenn Sie es mit spezifischen und gefühlten Vorteilen verbinden.

Coaching-SchlüsselAlle Anstrengungen zur Selbstveränderung scheitern, wenn Menschen beginnen, Ausnahmen zu machen und es sich erlauben, zu alten Verhaltensweisen zurückzukehren. Um Ausnahmen zuzulassen, muss man die alten, negativen Muster akzeptieren. Wenn unsere alten Muster völlig unattraktiv werden, halten wir Veränderungen am ehesten durch. Wenn Sie ein Journal führen, wollen Sie eine Einstellung kultivieren und nicht nur blutleere Zusammenfassungen dessen aufschreiben, was Sie tun. Wenn Sie in Ihrem Journal nicht viele emotionale Worte finden – konstruktiv ausgedrückt –, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Ihr Journal Ihre Veränderungen zusammenfassen, sie aber nicht vorantreiben wird.

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Lektion 34: Setzen Sie sich effektive Ziele

Erfolgreiches Coaching erfordert Konzentration auf Veränderungen.Bei Tradern scheitern viele Bemühungen zur Selbsthilfe, weil sie nicht fokussiert sind.An einem Tag schreibt der Trader etwas über Positionsgrößenbestimmung in sein Journal und arbeitet daran.Am nächsten Tag konzentriert er sich auf emotionale Kontrolle und wieder einen Tag später darauf, seine Verluste schneller zu realisieren.Wenn man von einem Fokus zum nächsten springt, kann man keine bestimmte Richtung beibehalten.Das ist problematisch, weil die meisten Lernprozesse nicht sofort auftreten.Aus Forschungsarbeiten wissen wir, dass Lernprozesse in der Regel viele Versuche und eine Menge Feedback erfordern.Wenn wir über wichtige Fähigkeiten nachdenken, die wir erworben haben – von der Bedienung eines Computers bis zum Autofahren –, können wir sehen, dass Versuch und Irrtum die Norm waren.Ich kann die Straßenkarte einer mir unbekannten Stadt lange Zeit studieren und eine Menge dabei lernen, aber letztlich werde ich mich dort erst dann auskennen, wenn ich auf verschiedenen Straßen gefahren bin, Verkehrszeichen beachtet, mich verfahren und mir bestimmte markante Gebäude eingeprägt habe.Wenn wir diesen Lernprozess absichtlich betreiben – unsere Versuche in einem konzentrierten Zeitraum durchführen und jeweils sofort Feedback erhalten –, können wir unsere Lernkurve wesentlich verkürzen.Klavierspielen lernt man leichter, wenn man jeden Tag spielt und jede Woche Unterricht nimmt, als wenn man im Lauf mehrerer Jahre manchmal ein wenig übt.Wenn wir keinen bestimmten Fokus für Veränderungen haben und Tag für Tag von einem Tradingziel zum nächsten springen, machen wir nicht wirklich Lernfortschritte: Unsere Anstrengungen haben nichts Kumulatives.Als Ihr eigener Coach müssen Sie eine bestimmte Richtung etablieren und durchhalten, um Ihr Wachstum und Ihre Entwicklung zu steuern.Für das effektive Setzen von Zielen ist das entscheidend.Wenn die Motivation die Energie liefert, die Sie für Ihren Prozess der Selbstverbesserung brauchen, liefern Ziele den Bezugspunkt und kanalisieren diese Energie.Das Training eines olympischen Athleten ist eine Studie, wie man Fähigkeiten richtig entwickelt: intensive Arbeit an bestimmten Aspekten der Performance, begleitet von reichlich Feedback und Korrekturen durch den Trainer.154 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 155 Wenn Sie ein problematisches Muster erkennen, ist das nicht dasselbe, wie wenn Sie sich ein Ziel für die Arbeit an sich selbst setzen, obwohl Ersteres in der Regel Letzteres steuert.Ein problematisches Muster macht Sie auf das aufmerksam, was Sie falsch machen.Zielsetzung erfordert das Bewusstsein neuer Denkmuster, emotionaler Muster und Handlungsmuster, die das problematische Muster ersetzen sollen.Ein Ziel beschreibt, was Sie in bestimmten Situationen tun oder nicht tun werden.Wenn Sie Ihr Tradingjournal und die Übungen zur Mustererkennung so aufgebaut haben, wie ich es in den letzten Abschnitten empfohlen habe, werden viele Ihrer Ziele auf natürliche Weise den Mustern folgen, die mit Ihrem besten Trading verbunden sind.Ihr allgemeines Ziel wird sein, so zu traden, wie Sie es typischerweise tun, wenn Sie gut traden.Beachten Sie, dass ich Ziele im Sinne eines Prozesses definiere statt als absolute Ergebnisse.Das ist sehr wichtig.Viele Trader halten es für ein Ziel, eine Million Dollar zu gewinnen oder vom Trading leben zu können.Diese Ergebnisziele sind vielleicht motivierend und haben definitiv ihre Existenzberechtigung, aber sie fokussieren den Trader nicht darauf, was er heute und morgen tun muss, um besser zu werden .Trader mit einem kurzen Zeitrahmen haben nicht die volle Kontrolle über ihre Ergebnisse: Ein Trader kann gute Entscheidungen treffen und eine hohe Gewinnwahrscheinlichkeit erreichen, nur um dann Geld zu verlieren, wenn sich die Märkte auf anormale Art und Weise verhalten.Was Trader kontrollieren können, ist der Prozess des Tradings: wie sie Entscheidungen treffen und umsetzen können.Bei den effektivsten täglichen Zielen geht es darum, gut zu traden, und nicht darum, körbeweise Geld zu verdienen.Diese Logik lässt sich auch auf Sporttrainer anwenden.Ein Trainer betont vielleicht das Ziel, den nächsten Gegner zu besiegen, aber die täglichen Trainingseinheiten drehen sich um solche Dinge wie das Platzieren guter Würfe (Baseball), den zusätzlichen Pass zu machen (Basketball) und Laufspiele effektiv abzublocken (Football).Diese Prozessziele liefern die dauerhafte Konzentration auf das Training und stellen sicher, dass Coaching zu effektivem Lernen führt.Im Prinzip ist jeder Coach ein Lehrer.Wenn Sie Ihr eigener Coach sind, steuern Sie Ihre eigenen Lernbemühungen.Effektive Ziele wenden sich an effektive Tradingpraktiken, die das Trading in einzelne Fähigkeiten zerlegen und sie dann trainieren – eine nach der anderen.

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Ihr täglicher Tradingcoach Wenn Sie Ihre Journaleinträge nach den Mustern absuchen, die Ihr bestes von Ihrem schlechtesten Trading unterscheiden, werden Sie folgende Frage stellen wollen: »Welcher Faktor macht in meinem Trading den größten Unterschied aus?« Anders ausgedrückt lautet die Frage: »Welches sind die ein, zwei Faktoren, mit denen ich eher wie bei meinem besten und weniger wie bei meinem schlechtesten Trading agieren kann?« Die Antwort auf diese Frage ist die Grundlage unserer besten Prozessziele.Sie steuert unsere Bemühungen, besser zu werden, von Tag zu Tag und von Woche zu Woche.Ziele sollten nicht so spezifisch sein, dass sie sich nur auf wenige Umstände anwenden lassen (»Ich kaufe unlimitiert, wenn die Put/Call-Ratios ein 100-Tage-Hoch erreichen«), und sie sollten nicht so allgemein oder vage formuliert sein, dass sie keine konkreten Aktionen steuern (»Ich will nicht mehr so oft traden«).Die besten Ziele sind solche, an denen Sie ein paar Wochen lang Tag für Tag arbeiten können .Wenn Sie nicht zumindest ein paar Wochen lang jeden Tag an einem Ziel arbeiten, ist es unwahrscheinlich, dass Sie Ihre neuen Muster zu positiven Gewohnheiten machen werden.Wie bereits erwähnt sollten Sie sich nicht auf zu viele Ziele gleichzeitig fokussieren.Alles in allem habe ich herausgefunden, dass ich mit beständiger Intensität an drei Zielen arbeiten kann – und meist konzentriere ich mich auf noch weniger Ziele.Das bedeutet, dass ein guter Selbstcoach Prioritäten setzt, was notwendige Veränderungen betrifft, und sich auf die Faktoren konzentriert, die den größten Unterschied ausmachen.In diesem Zusammenhang ist es eine sehr gute Übung, die Augen zu schließen und sich vorzustellen, man sei ein großartiger Trader.Stellen Sie sich vor, Sie seien der beste Trader, der Sie sein können.Sie können sich auch einen absolut perfekten Tradingtag vorstellen.Was machen Sie anders als bei Ihrem normalen Trading, wenn Sie ein großartiger Trader sind? Wie unterscheidet sich Ihr Trading am perfekten Tag von schlechten Tagen? Stellen Sie sich vor, wie Sie alles richtig machen, wenn Sie gut traden.Was tun Sie? Wie tun Sie es? Diese höchst spezifischen Visionen sind das Rückgrat Ihrer Ziele.Coaching-SchlüsselSetzen Sie sich das Ziel, erfolgreiche Trader kennenzulernen, die viel Börsenerfahrung haben. Oft können Sie effektive Ziele formulieren, indem Sie einfach deren beste Tradingqualitäten nachahmen. 156 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 157

Lektion 35: Bauen Sie auf Ihr Bestes und richten Sie sich auf die Lösung

Bis zu diesem Punkt haben die Lektionen in diesem Kapitel betont, wie wichtig es ist, die mit gutem und schlechtem Trading verbundenen Muster zu beobachten.Meist konzentriert man sich nur auf das schlechte Trading.Wenn wir Coaching anwenden, um Stärken aufzubauen, statt uns nur mit unseren Schwächen zu beschäftigen, liefert die Konzentration auf Lösungen überraschende – und überraschend schnelle – Ergebnisse.Mehr über den lösungsfokussierten Ansatz finden Sie in The Psychology of Trading.Es gibt mehrere Gründe, warum die Konzentration auf die Lösung für Trader hilfreich ist, die sich selbst coachen wollen:Motivation – Es ist einfacher, motiviert und optimistisch zu bleiben, wenn wir betonen, was wir richtig machen, nicht nur wenn wir unsere Erwartungen nicht erfüllen.Stellen Sie sich einen Sporttrainer vor, der sich nur mit den Schwächen seiner Spieler beschäftigt.Auf lange Sicht wäre das demoralisierend.Wenn die Konzentration auf den Stärken liegt, kann Coaching stärkend und inspirierend sein, ohne Veränderungen, die vollzogen werden müssen, oder die Dringlichkeit dieser Veränderungen zu ignorieren.Zielsetzung – Zu wissen, was Sie falsch gemacht haben, sagt Ihnen nicht, was Sie richtig machen müssen.Wenn Sie sich auf Ihr bestes Trading konzentrieren, können Sie spezifische Muster identifizieren, die mit Ihrem Erfolg verbunden sind, und diese in konkrete Ziele für Ihre zukünftige Arbeit ummünzen.Streben nach Gewinn – Arbeit mit dem alleinigen Zweck, Schwachstellen zu verbessern, wird wahrscheinlich nicht zu Stärken führen.Bestenfalls kann man es auf einem schwachen Gebiet zu durchschnittlichen Leistungen bringen.Nur wenn Sie das Beste aus Ihren Stärken machen, lernen Sie, wie Sie mit Schwächen umgehen können.Das führt zu einer optimalen Performance.

Ein Grund, warum ich die Wichtigkeit des simulierten Tradings auf dem Papier und das Spielen mit verschiedenen Tradingstilen und Märkten betone, ist, dass einen diese Erfahrung dazu befähigt, die eigenen Stärken aus erster Ihr täglicher Tradingcoach Hand zu beobachten.Auffallend oft stolpern Trader über ihre Performancenischen, indem sie etwas entdecken, das sie gut können.Wenn Sie Ihre Stärken nicht kennen, können Sie wahrscheinlich auch nicht systematisch darauf bauen und sie zum Antrieb einer hervorragenden Performance machen.Aber vielleicht fragen Sie sich: »Wie kann ich mich auf die Lösung konzentrieren, wenn ich jeden Tag Probleme habe und Geld verliere?« Man kann nur schwer in Verbindung mit seinen Stärken bleiben, wenn man sein Scheitern ständig an der Gewinn-Verlust-Bilanz abliest.Wir haben gesehen, dass diese Frage eine besondere Herausforderung ist, wenn wir Gewinntage als gutes und Verlusttage als schlechtes Trading identifizieren.Diese Denkweise macht es schwierig, gutes Trading zu beobach-

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ten und richtig einzuschätzen, wenn wir gerade kein Geld verdienen.Aber Trader können gut traden – sie können Setups mit nachweisbaren Vorteilen einsetzen, ihre Positionsgrößen gut wählen und das Risiko ihrer Trades ma-nagen –, auch wenn die Trades gegen sie laufen.Schließlich bedeutet auch ein 60/40-Vorteil pro Trade, dass ein Trader im Lauf der Zeit mehrere Verlusttrades oder Verlusttage in Folge erleben wird.Wenn Sie gutes und schlechtes Trading in prozessualen Begriffen und nicht nur nach dem Ergebnis definieren, können Sie Stärken während schlechter Phasen, aber auch Fehler entdecken, wenn Sie gerade Gewinne machen.Um weiterhin auf Lösungen konzentriert zu sein, können Sie sich fragen: »Was habe ich heute gut gemacht? Was an diesem Trade habe ich richtig gemacht?« Sie werden herausfinden, dass Ihre Performance im Lauf der Zeit variiert.Nicht alle Trades sind schlecht konzipierte und schlecht ausgeführte Verlustbringer.Wenn Sie heute weniger verloren haben als an den Vortagen, was haben Sie besser gemacht? Wenn Sie an Verlusttagen einige Gewinntrades hatten, was zeichnete diese Gewinntrades aus? Konzentrieren Sie sich auf die Verbesserungen in Ihrem Trading und isolieren Sie dann die spezifischen Aktionen, die Sie durchgeführt haben, um diese Verbesserungen zu erreichen.Diese Aktionen können sinnvolle Ergänzungen Ihrer täglichen Aufgabenliste sein.»Was habe ich in dieser Woche besser gemacht als letzte Woche?«, das ist ein sehr guter Aus-gangspunkt für die Steuerung der Arbeiten in der nächsten Woche. Tun Sie mehr von dem, was funktioniert – das ist der Kern der Konzentration auf Lösungen.158 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 159 Eine weitere Technik zur Stützung der Lösungsorientierung, von der am Ende der letzten Lektion die Rede war, ist die Identifikation eines Mentors oder eines Traders, den Sie respektieren, und die Frage, wie er eine bestimmte Idee traden würde.Manchmal ist es sehr hilfreich, Lösungsmuster auszuprobieren, die man sich von anderen ausgeborgt hat.Im Lauf der Zeit übernimmt man diese Muster ins eigene Denken und Trading und so werden sie zu eigenen Mustern.Ich habe zum Beispiel mit ziemlich vielen Hedgefonds-Depotmanagern gearbeitet und habe von ihnen gelernt, wie wichtig es ist, Märkte thematisch zu sehen: verschiedene Märkte und Assetklassen zu beobachten und Erklärungen zu schaffen, die eine längerfristige Perspektive steuern.Die spezifischen Themen, die ich verfolge, und die Zeitrahmen, die ich beobachte, sind völlig andere als deren Themen und Zeitrahmen, aber es gibt Ähnlichkeiten, was den Prozess betrifft.Wenn ich nicht gut trade, kann ich deren Prozesse modellieren und mich eher auf die Seite der Markttrends stellen.Eine weitere Möglichkeit, die Lösungsorientierung beizubehalten, ist die Betonung der Fehler, die Sie bei Ihrem Trading nicht machen.Solche Notizen sind Ausnahmen von Problemmustern.Wenn Sie kürzlich einen Fehler ge-macht haben, hilft es, sich auf Gelegenheiten zu konzentrieren, als Sie diesen Fehler nicht gemacht haben .Was machen Sie anders, um diesen Fehler zu vermeiden? Vielleicht antizipieren Sie das Problem und machen es bewusst anders.Vielleicht vermeiden Sie den Fehler, indem Sie eine bestimmte Regel oder Praxis befolgen.Was immer Ihnen hilft, weniger von den falschen Dingen zu tun, kann auch die Grundlage für Lösungen sein.Sehen Sie sich Situationen an, in denen Sie Ihre schlimmsten Fehler nicht machen. Solche Si-tuationen sind oft der Schlüssel, problematische Muster auf beständigere Weise zu vermeiden. Die wirkliche Macht der Fokussierung auf Lösungen ist, dass die positiven Muster ganz allein Ihnen gehören, wenn Sie entdecken, was Sie bei Ihrem besten Trading tun.Statt die Rolle des Experten und Gurus anderen zu überlassen, werden Sie zu Ihrem eigenen Guru, indem Sie die besten Praktiken finden, die nur Ihnen gehören.Sie werden zu Ihrem eigenen Rollenmodell.Das ist eine höchst vielversprechende Facette des Selbstcoachings: Indem Sie entdecken, wer Sie sind, wenn Sie am besten sind, können Sie Ziele erschaffen, die spezifisch, einzigartig und relevant für Sie sind.Folglich ist der Lernprozess relevanter und verleiht mehr Kraft.Er stärkt Ihre Stärken, während Sie sie aufbauen.Ihr täglicher Tradingcoach Eine große Aufgabe ist die erneute Durchsicht Ihres Tradingjournals und der Vergleich problematischer Einträge (Bemerkungen über schlechtes Trading) mit den Einträgen, die sich auf eine Lösung beziehen (Bemerkungen darüber, was Sie am besten machen).Wenn die Problemeinträge überwiegen, sollten Sie Ihr Trading strukturieren und sich dazu zu zwingen, einige wichtige Grundfragen anzusprechen.Was genau habe ich in letzter Zeit beim Trading am besten gemacht?Wie genau vermeide ich alte Tradingfehler, wenn ich gut trade?Wie genau trade ich bei meinem besten Trade entsprechend meiner Vorstellung vom idealen Trader?

Ein guter Sporttrainer verliert das Potenzial eines Spielers nie aus den Augen, auch wenn er dessen Schwächen korrigiert.Die Herausforderung des Selbstcoachings ist, seine Schwächen nie aus dem Blickfeld zu verlieren und täglich an ihrer Minimierung zu arbeiten.

Coaching-SchlüsselEs gibt ebenso Lösungsmärkte wie lösungsbezogene Verhaltensmuster: spezielle Märkte und Marktbedingungen, die uns unser erfolgreichstes Trading erleichtern. Diese genau zu kennen ist sehr hilfreich beim Zuordnen von Risiken auf Ihre Tradingideen. Das hilft Ihnen auch, sich aus bestimmten Trades herauszuhalten und sich auf andere zu konzentrieren.

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Lektion 36: Brechen Sie mit alten problematischen Mustern

Wenn Sie Ihr Tradingjournal einige Wochen oder noch länger führen, bekommen Sie ein Gespür für Ihre problematischen Muster.Normalerweise hat ein Trader nicht zehn verschiedene Probleme.Er hat ein, zwei Probleme, die sich auf zehn verschiedene Arten manifestieren.Zum Beispiel verpasst ein Trader oft gute Trades, ignoriert manchmal seine Stopps, wählt zu konservative Positionsgrößen und steigt zu früh aus Gewinntrades aus.Diese Beispiele sehen vielleicht wie verschiedene Probleme aus, von denen jedes einen anderen Coaching-Plan und Prozess erfordert.Wenn der Trader aber sein Journal studiert, stößt er wahrscheinlich darauf, dass ein einziges Problemmuster – Angst, die mit negativen Selbstgesprächen verbunden ist – für alle diese Dinge verantwortlich ist.Es ist nicht so, dass der Trader viele Probleme hat (obwohl es sich mit Sicherheit so anfühlen kann). Es handelt sich um ein einziges Kernproblem, das sich auf viele Aspekte des Tradingprozesses auswirkt.160 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 161 Wie Sie an dem genannten Beispiel sehen, erfordert Selbstcoaching, dass Sie nicht nur Muster erkennen, sondern Muster innerhalb der Muster.Diese Muster von Mustern machen in der Regel den wichtigsten Fokus des Coachings aus.Das bedeutet, wenn Sie das Kernmuster akkurat identifizieren, können sich viele verschiedene Schwierigkeiten beim Trading innerhalb eines angemessenen Zeitraums beheben lassen.Sobald der Trader in unserem Beispiel lernt, seine Angst zu meistern und sie nicht in Selbstgespräche zu leiten, mit denen er sich selbst täuscht, wird er weniger Chancen verpassen, seinen Stopps beständiger treu bleiben, angemessene Risiken eingehen und Trades laufen lassen, bis sie das gesetzte Kursziel erreicht haben.

Wenn Sie sich selbst fragen »Welches ist der gemeinsame Nenner meiner verschiedenen Tra-dingfehler?«, beginnt der Prozess, Muster von Mustern zu finden.

Das Kernmuster beinhaltet oft einen Gefühlszustand, der immer wieder auftaucht und gute Entscheidungsfindung verhindert.Zum Beispiel kann der Trader in Phasen der Angst, der Frustration und der Aussichtslosigkeit ab-gleiten.Wie dieser Gefühlszustand das Trading beeinflusst, kann sich von Tag zu Tag ändern .Das führt zu den zahlreichen Manifestationen, die Trader denken lassen, sie hätten Dutzende von Problemen.Indem wir jedes Tra-dingproblem bis zu einem bestimmten kognitiven (Denken) oder emotionalen (Fühlen) Zustand zurückführen, können wir die Ereignisse identifizieren, die typischerweise diesen Zustand auslösen, und effektive Coaching-Interventionen entwerfen, um mit diesen Situationen und Auslösern umgehen zu können.Oft weiß ein Trader, was er falsch macht, aber nicht, wie er es richtig machen soll.Dieses Problem tritt auf, wenn sich Trader nicht intensiv genug auf Lösungen konzentrieren.Sie wissen zum Beispiel, dass sie Verlustpositionen nicht aufstocken sollten, um ihre Verluste wieder aufzuholen, aber sie wissen nicht, wie man erneut in einen Trade einsteigt und gutes Research nutzt, nachdem die Anfangsposition ausgestoppt worden ist.Diese Situation erfordert zwei wichtige Coaching-Schritte: 1) Unterbrechen Sie das Problemmuster, damit es Ihr Trading nicht zerstört, und 2) entwickeln Sie Regeln und Prozeduren für ein mögliches Lösungsmuster (dies ist das Thema der nächsten Lektion).Weil Trader Problemlösungen nicht immer griffbereit haben und kostspielige Verluste stoppen müssen, ist die Unterbrechung des Problemmusters oft ein Ihr täglicher Tradingcoach erstes Coaching-Ziel.»Richten Sie vor allem keinen Schaden an« – Teil des hippokratischen Eids – ist hier relevant.Wenn man aufhört, falsche Dinge zu tun, führt das an und für sich nicht dazu, dass gute Dinge entstehen.Aber so können Sie lange genug solvent bleiben, bis Sie Lösungen finden!Ein wichtiger Punkt in The Psychology of Trading ist: Der Schlüssel zur Überwindung von Problemmustern ist die Veränderung des Zustands, in dem Sie sich befinden, wenn diese Probleme auftauchen.Das bedeutet, dass es wichtig ist, auf das Auftreten von Mustern zu achten und die charakteristische Art zu erkennen, wie sie sich manifestieren.Ich trade zum Beispiel teilweise dann am schlechtesten, wenn ich, nachdem sich der Trade entfaltet hat, vor allem auf Gewinne und Verluste achte .Dieser Fokus kann mich bei einer kleineren Position dazu verleiten, höhere Risiken zu tolerieren als sonst, weil mir ein Verlust nicht wehtut.Er kann auch dazu führen, dass ich bei einer großen Position zu schnell Gewinne mitnehme, um einen sicheren Profit zu verbuchen.Ich habe gelernt, dass ich meine Aufmerksamkeit neu fokussieren muss, wenn ich während des Trades Gewinne zu zählen beginne.Das mache ich, indem ich mich kurz vom Bildschirm abwende, den Blick auf einen Gegenstand in der Nähe richte und einige tiefe Atemzüge mache .Sobald ich mich in einem neuen Zustand befinde – ruhiger und konzentrierter –, kann ich mich leichter von Gewinnen und Verlusten lösen und den Trade sich wie geplant entwickeln lassen.Eine weitere schnelle Möglichkeit, in einen anderen Zustand zu kommen, ist, sich einfach vorläufig vom Bildschirm zu lösen und etwas zu tun, das nichts mit Trading zu tun hat.Man könnte ein wenig Gymnastik machen, mit einem anderen Trader reden oder sich etwas zu essen oder zu trinken besorgen.Etwas anders zu tun befähigt den Trader oft dazu, anders mit Situationen umzugehen: Die neue Aktivität hilft Ihnen, die Rahmenbedingungen Ihres Denkens und Fühlens zu verschieben.Ich finde diese Aktivität vor allem nach

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Verlusten besonders nützlich.Ein kleiner Spaziergang und Abstand vom Markt erlauben es mir, mit einer frischen Perspektive zum Bildschirm zurückzukehren.Wenn Sie Ihren physischen Zustand verändern, ändern Sie auch die Art, wie Sie die Welt wahr-nehmen und Informationen verarbeiten.Die Veränderung beginnt, wenn Sie sich selbst dabei stoppen, etwas zu tun, das nicht funktioniert.162 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 163 Eine weitere Art, seinen Zustand zu verändern, besteht darin, ein Journal zu führen oder in einer bestimmten Situation laut zu sprechen.Letzteres ist vor allem dann nützlich, falls Sie allein traden und andere nicht stören, wenn Sie Ihre Information mit lauter Stimme verarbeiten.Wenn Sie über das, was passiert, schreiben oder sprechen und ausdrücken, was Sie zu der Zeit denken und fühlen, wenn Sie es denken und fühlen, werden Sie von einer Person, die in eine Erfahrung eintaucht, zu einer Person, die ihre eigene Erfahrung beobachtet.Wenn Sie ein aktiver Trader sind, schnell ein- und aussteigen, haben Sie vielleicht keine Zeit, Einträge in Ihrem Journal vorzunehmen und sich selbst auf diese Weise zu beobachten.Laut reden können Sie aber auch, während sie immer noch den Bildschirm beobachten.In der Tat traden viele Trader in Chicago auf diese Weise mit mir: Sie sprechen laut darüber, was gerade passiert, während sie traden.Um mein obiges Beispiel aufzugreifen: Wenn ich während eines Trades laut über meine Gedanken zu Gewinnen und Verlusten spreche, erinnert mich das an die Tatsache, dass ich mich nicht mehr auf den Trade selbst konzentriere.Ich höre mich über etwas anderes sprechen als über das Management des aktuellen Trades .Das schiebt mich in einen anderen Zustand und drängt mich dazu, mich anzustrengen, um wieder in den Trade zurückzufinden.Diese Verschiebung wird immer leichter, wenn Trader lernen, Selbstbeobachtung zur Gewohnheit zu machen.

Wenn Sie Ihre Gedanken und Gefühle laut aussprechen, identifizieren Sie sich nicht mehr mit ihnen: Sie nehmen sie als Zuhörer wahr.

Eine gute Frage für Ihr Selbstcoaching lautet: Wie würde Ihre Gewinn-Verlust-Bilanz aussehen, wenn Sie die 5 Prozent Ihrer größten Verlusttrades eliminieren können? Für die Profitabilität vieler Trader würde das einen riesi-gen Unterschied ausmachen.Indem Sie die Muster unterbrechen, die diese großen, durch schlechtes Trading verursachten Verlusttrades begleiten (sie werden nicht nur von einer schlechten Idee verursacht), sollten Sie »vor allem keinen Schaden anrichten«.In der Regel handelt es sich um einen speziellen emotionalen Zustand und eine Denkweise, die das schlechte Trading auslösen.Falls Sie den Zustand und die Gedanken erkennen, wenn sie auftreten, können Sie sich selbst aufhalten und zumindest ein Desaster vermeiden.Dieses Erkennen wäre ein wunderbares Ziel, an dem man beim Trading arbeiten kann.Suchen Sie sich nur ein negatives Muster heraus, das für Ihr täglicher Tradingcoach viele Ihrer schlimmsten Verlusttrades verantwortlich war, und identifizieren Sie die üblichen Auslöser dieses Musters.Dann wählen Sie eine Methode, wie Sie das Muster unterbrechen, wenn Sie bemerken, dass sich einer dieser Auslöser bemerkbar macht – auch wenn diese Methode nicht mehr leistet, als Sie von der Platzierung von Trades abzuhalten, bis Sie Ihr emotionales Gleichgewicht wieder erreicht haben.Ein guter Trainer weiß, wann er seinen Spieler aus dem Spiel nehmen muss, damit der sich ausruhen und sich eine Lektion anhören kann.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, müssen Sie manchmal etwas Ähnliches tun.Denken Sie daran: Das Ziel ist nicht das Trading, sondern das Geldverdienen.Manchmal ist es die beste Methode, langfristig Gewinne zu erzielen, wenn man sicherstellt, dass man sein Geld behält, wenn die falschen Muster aus vollen Rohren feuern.

Coaching-SchlüsselWenn ich etwas in einem frustrierten Tonfall sage oder eine frustrierte Geste mache, wäh-rend ich versuche, in einen Trade einzusteigen, während ich einen bereits bestehenden Trade manage oder während ich auszusteigen versuche, ist dies mein Signal, dass ich ein sich entwi-ckelndes Muster unterbrechen muss. Typischerweise atme ich dann viel langsamer und kon-zentriere mich auf die Atmung, während ich weiter meinen Geschäften nachgehe. Sobald es dann praktikabel ist, lege ich eine kurze Pause ein und kaufe keine neuen Positionen, bis ich herausgefunden habe, warum ich frustriert bin, was mir das sagt (über mich und/oder über den Markt) und wie ich das in mein Trading einbauen will. Wenn ich die Frustration als Schlüs-sel zur Unterbrechung von Mustern verwende, kann ich wegen der Frustration nicht kopflos agieren, aber ich werde auch sensibel für die Gründe der Frustration.

Lektion 37: Werden Sie beständig, indem Sie Regeln folgen

Ein überaus wichtiges Ziel des Selbstcoachings ist, positives Tradingverhalten in Gewohnheitsmuster zu verwandeln.Das ist von entscheidender Bedeutung.Sie wollen nicht ständig nachdenken, um immer das Richtige tun, wenn sich eine Chance bietet.Sie wollen das Richtige lieber automatisch tun.Mühe und Energie, die Sie dazu aufwenden, über Ihr Handeln nachzudenken – und sich dazu zu bewegen versuchen, es tatsächlich zu tun –, werden vom tatsächlichen Marktgeschehen abgezogen.Wenn Sie automatisch das Richtige tun können, können Sie sich vollständig auf das konzentrieren, was Sie tun.Das ist entscheidend, wenn Sie sensibel auf subtile

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Veränderungen von Angebot und Nachfrage an den Märkten reagieren wollen.164 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 165 Regeln sind die Brücke zwischen neuen Verhaltensmustern und erworbenen Gewohnheiten.Kinder werden nicht mit einem entwickelten Sinn für Ethik und Verantwortung geboren.Sie lernen Regeln, die schließlich verinnerlicht werden, von Eltern und Lehrern.Ein Teil dieser Verinnerlichung geschieht durch die langfristige Beobachtung von Rollenmodellen.Ein großer Teil erfolgt daraus, dass sie die erwünschten Verhaltensweisen zu expliziten Regeln macht, die eingeübt werden können.Solche mentalen Proben ermöglichen es den Menschen, ihre alten Verhaltensweisen in Schach zu halten und sich bewusst um neue zu bemühen.Wir sehen diese Dynamik am Werk, wenn Trader lernen, Verluste zu kontrollieren.Statt aus Trades auszusteigen, wenn der Verlustschmerz zu heftig ist – ein Muster, das ganz natürlich auftaucht –, schafft sich der Trader ein auf Regeln basierendes Stopp-Niveau.Die Regel wird vielleicht von anderen Gedanken begleitet, welche die Bedeutung der Regel betonen, die Verluste, die auftreten, wenn die Regel nicht befolgt wurde, und die Vorteile, wenn man sie beachtet.In einem solchen Fall wählen die Trader, sich dem zu verweigern, was sie in diesem Moment eigentlich tun möchten.Lieber lassen sie sich von Regeln leiten.Solches Verhalten führt dazu, dass wir auf der richtigen Straßenseite fahren, auch wenn wir in Eile sind.Regeln halten unsere Impulse unter Kontrolle; sie lassen uns das Richtige tun, auch wenn wir nicht dazu neigen, in unserem besten Interesse oder in dem anderer Personen zu agieren.

Wir befolgen soziale Regeln, ohne überhaupt über die Regeln des angemessenen sozialen Ver-haltens nachzudenken, weil wir die richtigen Verhaltensweisen so oft wiederholt und die Regeln im Lauf der Zeit so stark verinnerlicht haben. Das ist das Ziel von Tradingregeln.

Trading ist besonders herausfordernd, weil die normale menschliche Reaktion selten diejenige ist, mit der man Geld verdient.Eine Übung aus dem Blog TraderFeed untersuchte Zeiträume, in denen über einen Monat, eine Woche oder einen Tag Gewinne vorlagen, und verglich sie mit solchen, in denen über diese drei Zeiträume Verluste zu Buche schlugen.In der ersten Situation identifizierte fast jeder den Trend als nach oben gerichtet, während man in der zweiten Situation einen klaren Abwärtstrend zu erkennen glaubte.Wären Sie aber nach den Aufwärtsphasen in den Markt eingestiegen, hätten Sie bedeutend schlechter abgeschnitten als der Marktdurchschnitt.Hätten Sie nach den Abwärtsphasen verkauft, wären beträchtliche Verluste die Folge gewe-sen.Die naheliegende Strategie scheitert genau deshalb, weil sie so naheliegend ist.Wenn ein Trend bereits offensichtlich ist, sind alle Momentumplayer Ihr täglicher Tradingcoach und Trendfolger schon an Bord.Und sie wollen schnell aussteigen, wenn sich der Trend dreht.So bleiben Trader, die das Naheliegende getan haben, auf Verlusten sitzen.Wenn wir Regeln formulieren, bremsen wir diese normalen menschlichen Tendenzen aus.Eine Regel kann so einfach sein wie: »Nur dann einsteigen, wenn der Markt über den Zeitraum X gesunken ist .« Am breiten Akti-enmarkt funktionieren solche einfachen Regeln im Durchschnitt überraschend gut.Eine andere Regel könnte lauten: »Steigen Sie nie in einen Trade ein, bevor Sie das Risiko (das Stopp-Niveau) und die Rendite (das Kursziel) berechnet haben und die Rendite mindestens doppelt so hoch ist wie das Risiko .« Eine solche Regel würde einen Trader zurückhalten, der in Versuchung gerät, in der Spätphase einer Marktbewegung noch an Bord zu springen.Was Trader Setup-Kriterien nennen, sind oft einfach Regeln, sie in Trades umzusetzen.Wenn die Kriterien nicht als feste Regeln etabliert sind – und mental als solche eingeübt werden –, gibt es eine Tendenz, gegen die Setups zu verstoßen.Das geschieht oft wegen der Furcht, eine Gewinnchance zu verpassen oder wegen Risikoaversion nach einem früheren Verlust oder einer Serie von Verlusten.Wenn die Setups als Regeln strukturiert sind, ist das Trading vielleicht nicht mechanisch, aber es kann viel beständiger sein.Häufig ist der unbeständigste Trader der mit den lockersten Regeln.Regeln helfen, das Trading beständiger zu machen.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, formulieren Sie nicht nur Ihre Regeln, sondern müssen dies auf eine Weise tun, welche die Wahrscheinlichkeit maximiert, dass Sie sie auch wirklich befolgen werden.Der Schlüssel zur erfolgreichen Formulierung von Regeln ist die Erkenntnis, dass Regeln mehr sind als Gedanken, die Ihnen durch den Kopf gehen.Eine gute Regel ist mit Gefühlen verbunden: dem Bewusstsein für die Folgen einer Regelverletzung und für die Vorteile, die Regeln zu befolgen.Was lässt einen Diabetiker seiner Diät treu bleiben oder ein eifriges Kind darauf warten, dass es in der Klasse eine Frage beantworten darf? Es ist nicht nur der Gedanke an die Regel, sondern auch das unmittelbare Gespür dafür, was im Fall einer Regelverletzung passieren würde.Wenn Leute denken »Damit komme ich schon durch« verlieren die Regeln ihre Kraft.Sie sind dann nur noch leere Worte und gute Absichten.166 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 167

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Das ist das Geheimnis der Formulierung von Tradingregeln, ob sie sich nun auf Einstiege, Ausstiege, Positionsgrößen, Stopps, Diversifikation oder das Generieren von Ideen beziehen.Immer wenn Sie die Regel aufschreiben oder mental einüben, stellen Sie bitte sicher, dass Sie emotional mit dieser Regel verbunden sind.Durchleben Sie noch einmal Situationen, in denen Sie gegen die Regel verstoßen haben.Konzentrieren Sie Ihre Aufmerksamkeit auf erfolgreiche Tradingepisoden, in denen Sie die Regel befolgt haben.Machen Sie aus der Regel mehr als nur eine Richtlinie; sie sollte einen Glauben und eine Überzeugung repräsentieren .Die besten Regeln sagen, man muss, und nicht man sollteIhre Aufgabe besteht darin, eine gründliche Inventur Ihrer Tradingregeln durchzuführen.Wie viele haben Sie und wie explizit sind sie formuliert? Erinnern Sie sich nur passiv an sie oder üben Sie sie mit Glauben und Über -zeugung ein? Wenn Sie so sind wie die meisten Trader, werden Sie herausfinden, dass Sie viele lockere Richtlinien, aber nur wenige feste Regeln haben.Das bedeutet, dass Sie sich nicht wirklich bemüht haben, die Muster hinter Ihrem besten und Ihrem schlechtesten Trading zu verstehen, die das Rückgrat aller guten Regeln sind.Regeln sollten die besten Tradingpraktiken reflektieren.Denken Sie daran: Sie können sich nicht an eine Disziplin halten, die Sie nie wirklich formuliert haben.Je klarer die Regeln sind und je stärker Sie sie spüren, desto stärker werden sie Ihre Impulse abbremsen und Sie zu Ihrem besten Verhalten führen.Regeln sind keine Zwangsjacken; Sie geben Ihnen die Freiheit, das Beste aus sich herauszuholen.Denken Sie an Berufe, in denen Beständigkeit eine Tugend ist: Piloten, die ein Flugzeug führen, Chirurgen, die Eingriffe vornehmen, oder Rennfahrer, die in einer Gruppe von Autos manövrieren.Die besten Performer lassen sich von Regeln leiten: Sie sind sich der Gefahren sehr bewusst, die auftreten, wenn sie die Regeln ihres Berufs ignorieren.Durch die Verinnerlichung ihrer Regeln können sie ihre Aufgaben einwandfrei erfüllen.Das ist Ihr Ziel beim Selbstcoaching: Regeln so sehr zur Routine zu machen, dass eine außergewöhnliche Performance zur Norm wird.Ihr täglicher Tradingcoach

Coaching-Schlüssel Das Befolgen von Regeln ist eine sehr gute Grundlage der Selbstbewertung. Prüflisten-Report-karten, welche die Vorherrschaft der Regeln beobachten, helfen, Ihre besten Praktiken Tag für Tag mehr zu verwurzeln. Zu den Regeln, die Sie für die Selbsteinschätzung formulieren und beobachten sollten, gehören: 1. Regeln für die Positionsgrößenbestimmung2. Regeln zur Verlustbegrenzung pro Trade, pro Tag, pro Woche etc.3. Regeln zur Aufstockung vorhandener Positionen4. Regeln zur Unterbrechung des Tradings oder zum Limitieren von Positionsgrößen und Risiken5. Regeln zur Erhöhung von Positionsgrößen und Risiken pro Trade, pro Tag etc.6. Regeln zum Ein- und Ausstieg7. Regeln zur Vorbereitung des Tradingtags oder der Tradingwoche8. Regeln für die Diversifikation zwischen PositionenNicht alle diese Regeln sind für alle Trader relevant. Sie müssen sich auf diejenigen Regeln kon-zentrieren, die Ihr bestes Trading erfassen. Diese verwenden Sie für die Reportkarten, für Ihre tägliche und wöchentliche Selbsteinschätzung und Zielsetzung.

Lektion 38: Rückfall und Wiederholung

Der größte Feind des Coachings ist der Rückfall.Es ist relativ einfach, eine Veränderung einzuleiten, aber recht schwierig, sie durchzuhalten.Unsere alten Muster sind natürliche Reaktionen: Sie sind das, was wir Tag für Tag und Jahr für Jahr tun.Diese Muster haben wir uns gründlich eingeprägt; sie sind so oft wiederholt worden, dass sie automatisch geworden sind.Wenn man Bemühungen um Veränderungen nicht durchsteht, füllen die natürlichen Muster diese Lücke automatisch.In der Praxis bedeutet das, dass jeder Veränderungsprozess eine Reihe von Entwicklungsstadien durchläuft:Phase 1 – Wir wiederholen alte Muster automatisch, spüren die Konsequenzen und versuchen, diese Konsequenzen so gut es geht zu meiden.Phase 2 – Die Folgen der alten Muster akkumulieren sich und wir entwickeln das Bewusstsein, dass eine Veränderung nötig ist, obwohl wir vielleicht nicht wissen, wie wir etwas verändern können, und vielleicht auch ambivalente Gefühle gegenüber Veränderungen hegen.168 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 169 Phase 3 – Wir können die negativen Folgen unserer alten Verhaltensweise nicht länger akzeptieren und verpflichten uns dazu, Veränderungen durchzuführen, indem wir versuchen, anders zu denken und zu handeln.Phase 4 – Ab und zu gleiten wir in alte Muster zurück, wenn unsere Änderungsbemühungen an Schwung verlieren.Dann schwanken wir für eine Weile zwischen Veränderung und Rückfall.Phase 5 – Wir wenden neue Muster oft genug an, sodass sie automatisiert werden, was die Gefahr eines Rückfalls deutlich reduziert.Nehmen wir ein praktisches Beispiel: In Phase 1 leben wir in einer unbefriedigenden Liebesbeziehung, minimieren aber die Probleme und versuchen, von Tag zu Tag so weiterzumachen .In Phase 2 erkennen wir, dass

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die Probleme da sind, kämpfen aber noch mit der Frage, ob wir wirklich den Stier bei den Hörnern packen und diese Probleme offen mit dem Partner besprechen sollten.Phase 3 bringt das klare Bewusstsein, dass eine Veränderung nötig ist, dazu gehören häusliche Diskussionen, um die Probleme herauszuarbeiten.In Phase 4 gibt es vereinzelt gute Zeiten, unterbrochen vom erneuten Auftreten der problematischen Interaktionen.Vielleicht nehmen wir auch eine Partnerschaftsberatung in Anspruch.In Phase 5 arbeiten wir immer noch an den Beratungsübungen und verändern unsere Kommunikationsmuster, bis es neue und konstruktivere Möglichkeiten gibt, miteinander umzugehen, die dann wieder zur Routine werden.Dieses schrittweise Schema legt nahe, dass ein Rückfall nicht nur ein Problem ist, sondern auch ein Schritt auf dem Weg zur Veränderung.Nur wenige Leute verändern Muster sofort und für alle Zeiten.Meist gibt es ein zähes Ringen zwischen den alten, eingeprägten Mustern und den neuen, konstruktiveren, an denen wir arbeiten.Zu diesem Ringen kommt es genau deshalb, weil wir uns die neuen Muster noch nicht eingeprägt haben: Es bedarf einer bewussten Anstrengung, sie in die Tat umzusetzen.In der Frühphase des Veränderungsprozesses denken wir nicht über Veränderung nach.In den mittleren Phasen müssen wir sehr bewusst daran denken.Erst spät in diesem Prozess tauchen neue Verhaltensweisen natürlicher und automatischer auf.In jedem Veränderungsprozess gibt es eine Zwischenphase, in der die alten Problemmuster neben den neuen, positiven Mustern existieren. In diesem Stadium sind Rückschläge die Norm und nicht unbedingt ein Zeichen des Scheiterns. Ihr täglicher Tradingcoach Was befähigt uns also dazu, den Übergang von der angestrebten Veränderung zu einer Verinnerlichung neuer Muster so gründlich zu vollziehen, dass uns diese Muster zur zweiten Natur werden? Wenn Sie an die Zeit zurückdenken, als Sie Autofahren lernten, gab es eine Periode, als Sie sich bewusst auf jeden Aspekt des Fahrens konzentrieren mussten; vom Einsatz des Blinkers über das Wenden bis zum Wechsel der Fahrspur.Erst durch wiederholte Erfahrungen wurden diese Aktivitäten automatisch.Das gab Ihnen die Freiheit, sich wenn nötig auf den Zustand der Straße zu konzentrieren, mit Mitfahrern zu reden und Zielorte zu finden, mit denen Sie nicht vertraut waren.Wiederholte Erfahrungen mit neuen kognitiven, emotionalen und verhaltensbezogenen Mustern beim Trading zementieren diese Muster und geben Ihnen die Freiheit, sich auf die Märkte zu konzentrieren.Der Rückfall wird durch die Wiederholung überwunden.

Nur wenn neue Verhaltensmuster oft und in verschiedenen Zusammenhängen wiederholt wor-den sind, werden sie allmählich automatisch, wodurch die Tendenz zu Rückfällen überwunden wird.

In der Lektion über Zielsetzung haben wir gesehen, dass Sie sich als Ihr eigener Tradingcoach nicht Tag für Tag und Woche für Woche neue Ziele setzen wollen.Das ist ein verbreiteter Fehler vieler Tradingjournale.Trader unternehmen Schritte, um Veränderungen einzuleiten – die oben genannten Phasen 3 und 4 –, stabilisieren diese Veränderungen aber nicht durch wiederholte Erfahrungen.Wesentlich besser ist es, sich auf eine oder zwei Verän-derungen zu konzentrieren und diese über Wochen und Monate regelmäßig zu institutionalisieren, statt zu versuchen, in kurzer Zeit viele Veränderungen durchzuführen.Nach der Regeldiskussion im letzten Kapitel ist es Ihre Aufgabe, Ihre aktuel len Tradingziele noch einmal zu prüfen und einzuschätzen, wie gut und beständig Sie Tag für Tag daran arbeiten.Idealerweise sollten Ihre Ziele und die angestrebten Veränderungen so beschrieben sein, dass Sie notwendigerweise an jedem Tradingtag daran arbeiten müssen.Eine Möglichkeit zur Förderung dieser Beständigkeit ist der Entwurf einer täglichen Reportkarte, in der Sie selbst benoten, wie Sie die Verhaltensweisen umsetzen, die Sie zu kultivieren versuchen.Das Ziel ist, jeden Tag eine gute Benotung zu erhalten und seine Ziele nicht nur bei bestimmten Gelegenheiten zu erreichen.Ganz ähnlich ist es, wenn Sie jeden Tag über Ihre Zielperformance schreiben.Allein der Akt, über neue Verhaltensweisen nachzudenken und sie auszuwer170 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 171 ten, dient als eine Art Wiederholung.Sie werden neuen Verhaltensweisen mit weit höherer Wahrscheinlichkeit treu bleiben, wenn Sie sich ihrer sehr bewusst sind.Sprechen Sie über die Veränderungen, die Sie vollziehen, schreiben Sie darüber, benoten Sie sich täglich selbst und setzen Sie sie vor allem jeden Tag beim Trading um.Ebenso wie beim Autofahren werden Sie bald feststellen, dass Sie automatisch das Richtige tun .An diesem Punkt brauchen Sie keine Motivation; Sie haben Ziele zu Gewohnheiten gemacht.

Coaching-Schlüssel Konzentrieren Sie sich als erste Aktivität des Tages auf ein wichtiges, zielorientiertes Muster, um für einen zielgerichteten Tag in Fahrt zu kommen. Ich habe mit Tradern gearbeitet, die viel besser an ihren Tradingzielen festhielten, wenn sie mit körperlichen Fitnessprogrammen began-nen. Ihr Fitnesstraining zwang sie, ihren Tag zielorientiert zu beginnen, was sich auf ihr Trading übertrug. Sie trainierten nicht nur, um besser zu traden, sondern um Veränderungen in allen Lebensbereichen durchzuhalten.

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Lektion 39: Schaffen Sie ein sicheres Umfeld für Veränderungen

In der letzten Lektion haben wir gesehen, wie wichtig die Wiederholung bei der Zementierung neuer Denk-, Verhaltens- und emotionaler Muster ist.Der am weitesten verbreitete Grund, warum fähige Trader scheitern, sich selbst zu höheren Performanceniveaus zu coachen, ist, dass sie Veränderungen einleiten, sie aber nicht durchhalten.Sobald sie Verbesserungen erzielen, lassen sie in ihren Anstrengungen nach und fallen in alte Verhaltensmuster zurück.Ein erfolgreicher Coach weiß, wann der Gegner angeschlagen ist, und lässt dann nicht nach.Wenn Sie eine positive Erfahrung gemacht haben, wollen Sie daraus eine Motivation für weitere positive Erfahrungen machen, keinen Schlüssel zur Selbstzufriedenheit.Die besten Tradingbemühungen entwickeln auf diese Weise einen eigenen Schwung, häufen Erfolg auf Erfolg und stützen ein Gefühl von Meisterschaft und Errungenschaften.Das Problem mit der Erfahrung ist, dass sie Zeit erfordert.Vor allem wenn Sie mit langem Zeitrahmen traden, können Wochen und Monate vergehen, ehe Sie die Möglichkeit haben, eine große Basis an neuen Erfahrungen aufzubauen.Wenn Sie Ihre Erfahrungen vervielfachen könnten, könnten Sie auch Ihre Lernkurve beschleunigen.Veränderungen, die sonst Monate erfordern würden, könnten in wenigen Wochen vollzogen werden.Ihr täglicher Tradingcoach Coachs beim Sport und in der darstellenden Kunst vervielfachen ihre Erfahrungen durch wiederholte Übung.Eine Mannschaft trifft vielleicht nur am Wochenende auf einen wirklichen Gegner, aber sie trainiert jeden Tag, um sich auf die Spiele vorzubereiten.Auf ähnliche Weise üben Schauspielerinnen und Schauspieler ihren Text jeden Tag ein, ehe sich der Vorhang für die tatsächliche Vorstellung öffnet.In diesen Übungsstunden verdichten die Per-former den Coaching-Prozess: Sie lernen, was sie richtig und falsch gemacht haben, unternehmen bewusste Anstrengungen, ihre positive Performance zu wiederholen, korrigieren Fehlentscheidungen und erreichen schließlich den Punkt, an dem ihre Anstrengungen natürlich und automatisch werden.Übung ist wertvoll, weil sie ein sicheres Umfeld schafft, um Fehler machen zu können.Das Match steht nicht auf der Kippe und das Spiel ist nicht ruiniert, wenn man etwas Neues ausprobiert, das dann in der Praxis nicht funktioniert.Wiederholung beschleunigt die Lernkurve.Übung kann für Ihr Selbstcoaching sehr hilfreich sein.Wenn Sie merken, dass Sie eine bestimmte Veränderung vornehmen müssen, sollten Sie mit simuliertem Trading beginnen, bei dem kein Kapital auf dem Spiel steht.Das kann auf mehrere Arten geschehen:Einfache Chartprüfung – Manchmal beinhalten die Veränderungen, die Sie vollziehen, Entscheidungen darüber, wie Sie einsteigen, aussteigen oder Risiken managen würden.Wenn dies Ihre Ziele sind, können Sie Charts auswerten und einfach laut über die Entscheidungen reden, die Sie an den wichtigsten Punkten treffen würden.Hier fehlt zwar das reale Umsetzen des Tradings in Echtzeit (und dies kann die realen Erfahrungen auch nicht ersetzen), aber es verlangsamt den Prozess der Entscheidungsfindung bis zu dem Punkt, an dem Sie neue Dinge auf sehr bewusste, reflektierte Weise ausprobieren.Meine favorisierte Art der Chartarbeit ist, auf meinem Bildschirm jeweils um einen Chartbalken vorzurücken und dann laut über meine Wahrnehmung und meine Entscheidungen zu sprechen.Das ist so, wie wenn man auf einem großen und leeren Parkplatz Autofahren lernt, indem man sehr langsam fährt.So hat der Lernende viel Zeit, zu kriechen, ehe er geht und dann läuft.Simuliertes Training – Meine Chartsoftware ist mit einem Simulationsfeature ausgestattet.Ich kann dort Orders eingeben und meine Gewinne und Verluste im Lauf der Zeit beobachten.Das ist hilfreich, weil man mit echten Marktda172 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 173 ten in Echtzeit Entscheidungen trifft, aber kein Kapital aufs Spiel setzt.Durch das Trading im Simulationsmodus kann man an einem einzigen Tag den Erfahrungswert vieler Tage sammeln.Sie können Ihre Aufmerksamkeit auch auf die problematischsten und herausforderndsten Marktsituationen richten und die Erprobung Ihrer Fähigkeiten auf Zusammenhänge konzentrieren, die Ihre neuen Muster am dringendsten erfordern.Trading mit reduzierten Positionsgrößen – Nicht alle Veränderungen, die ich bei meinem eigenen Trading anstrebe, sind revolutionär.Manche sind kleine, evolutionäre Verbesserungen.Kürzlich veränderte ich die Kriterien, wie ich meine Gewinnziele setze, was mir erlaubte, bestimmte Trades ein wenig länger zu halten .Ich reduzierte meine Positionsgrößen auf die Hälfte, als ich mit den neuen Kriterien tradete, weil ich wusste, dass die längeren Haltezeiten schon an und für sich unangenehm für mich sein würden.Sobald ich ein Niveau gefunden hatte, wo ich mich mit den kleineren Positionen wohlfühlte – und mit dem kleineren Risiko meine Fehler machte –, ging ich allmählich wieder bis auf mein vorheriges Risikoniveau zurück.Ein Lernprozess beginnt am besten in einem sehr sicheren Umfeld und beschäftigt sich erst spä-ter mit riskanteren Situationen. Wenn man die Sicherheitsregeln verletzt, schafft man Ablenkung, die den Lernprozess stört.Beachten Sie: Wenn ich in meinem Trading radikale Veränderungen vornehmen wollte – zum Beispiel agrarische Rohstoffe statt Aktienindizes zu traden –, müsste ich mich lange Zeit mit Chartanalysen und Simulation vorbereiten, ehe ich Kapital einsetzen würde.Es dauert länger, diese substanzielleren Veränderungen zu verinnerlichen, weil es eine ausgedehntere Lernkurve gibt.Im Durchschnitt machen wir mehr Fehler, wenn wir große Veränderungen statt kleine Verbesserungen versuchen.Wenn Sie Ihr eigener Coach sind, sorgen Sie bei

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großen Veränderungen für mehr Sicherheit.Die kleineren Verbesserungen können mit Echtzeittrading und reduzierten Risiken vollzogen werden.Einer der größten Fehler, den Trader machen, ist, ein- oder zweimal eine Veränderung zu vollziehen und dann sofort höhere Risiken einzugehen, angeregt durch die Aussichten auf neue Renditen durch neue Gewohnheiten .In meiner Erfahrung als Coach und Trader ist es nicht ungewöhnlich, dass die Tradingergebnisse erst einmal schlechter werden, ehe sie besser werden, wenn man bedeutende Veränderungen der Tradingpraktiken vornimmt.Sie wollen Ihren Ihr täglicher Tradingcoach Entscheidungsfindungsprozess nicht stark verändern, wenn Sie gerade große Risiken eingehen – ebenso wenig wie Sie in wenigen Stunden Bremsen und Gangschaltung eines Autos zu beherrschen lernen und anschließend gleich auf die Autobahn fahren.Wie das Buch Enhancing Trader Performance betont, können Sie keinen schlimmeren psychologischen Fehler machen, als sich selbst zu traumatisieren.Wenn Sie stärkere Rückschläge Ihres Kontos verursachen, weil Sie auf Ihre Veränderungen nicht vorbereitet waren, ist das Ergebnis schädlich für Ihre Tradingperformance und Ihr Selbstcoaching.Sie wollen den Veränderungsprozess so stark wie möglich strukturieren, um häufige Erfolge und keine emotional schädlichen Verluste zu erleben.So können Sie sich Selbstvertrauen und Wirkmächtigkeit bewahren, sogar wenn Sie Fehler machen.Viele Trader sind zu begierig auf das Trading.Sie drängen auf Erregung und Gewinne und haben Probleme, mit Beobachtung, Simulation und reduzierten Risiken zu traden.Damit umgeht man den Prozess, Wiederholungen zu ermöglichen und neue Muster zu zementieren.Wenn Trader Verluste erleiden, während sie Veränderungen vornehmen, zweifeln sie an sich selbst und ziehen sich von ihren Bemühungen um Veränderung zurück.Statt Erfolg und Selbstvertrauen zu schaffen, lernen sie, sich vor Veränderungen zu fürchten.Ein wichtiger Punkt beim Selbstcoaching ist, selbst für konzentrierte Erfahrung zu sorgen, indem man maximalen Gebrauch von Praxis und Feedback macht.Oft suchen wir im Anschluss an Verlustphasen nach Veränderung; es ist nur natürlich, dass man versucht, zurück in die Märkte zu springen und das verlorene Kapital zurückzugewinnen.Das Ziel ist aber, das richtige Tradingverhalten zu installieren, nicht verlorenes Geld sofort zurückzuholen.Wenn Sie die richtigen Muster verinnerlichen, werden die Ergebnisse ganz von selbst folgen.Ihre Aufgabe ist, konzentriertes Lernen in Ihren Zeitplan einzubauen, indem Sie sich für die tägliche Erprobung neuer Fähigkeiten und Muster Zeit frei halten.Es ist ein exzellentes Ziel, jeden Tag den Gegenwert von zwei Tagen Lernerfahrung zu erreichen, indem Sie außerhalb und während der Tradingstunden die neuen Muster einüben.Erleben Sie Tradingtage noch einmal, entweder per Video oder anhand einer Softwareplattform, die ein Simulationsfeature aufweist, um dieses Ziel zu erreichen.Ich weiß von den Besucherstatistiken in meinem Blog und anderen, dass Trader nach Börsenschluss, vor allem aber an Wochenenden und Feiertagen 174 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 175 weniger Zeit mit dem Sammeln von Marktinformationen verbringen.Trader nutzen diese Zeit, um Abstand von den Märkten zu gewinnen.Niemand bestreitet, dass ein Gleichgewicht im Leben nötig und wünschenswert ist, aber nur von neun bis fünf zu arbeiten funktioniert beim Trading nicht besser als bei der Leitung einer Firma oder beim Aufbau einer Karriere als Künstler, Wissenschafter oder Spitzensportler.Wenn Sie von Spitzenperformern, egal auf welchem Gebiet, lesen, fällt eine Eigenschaft auf: Sie zählen ihre Arbeitsstunden nicht.Sie konzentrieren sich vollständig auf ihre Interessen und folglich lernen sie mehr als andere.Sie entwickeln viel schneller neue Fähigkeiten und Kompetenzen als ihre Kollegen, einfach weil sie ihre Erfahrungen multiplizieren.

Viele Trader wenden sich vom Monitor ab, wenn sie Tradingprobleme haben, und machen somit weniger Erfahrungen. Während der schlimmsten Rückschläge sollten Sie Ihr Trading und Ihre Risiken minimieren, aber Ihre Arbeit an den Märkten maximieren.

Wenn Sie ein sicheres Umfeld schaffen, um sich selbst und Ihr Trading zu verändern, ahmen Sie das Lernverhalten der Großen nach – von Konzertpianisten über Schachchampions bis zu olympischen Athleten.Wenn Sie mit Übungen beginnen, die Fehler ermöglichen, und von ihnen lernen, wird die Entwicklung zur Freude, nicht zur Last.Das ist Selbstcoaching vom Feinsten.

Coaching-SchlüsselDie Videoaufzeichnung von Märkten zur späteren Überprüfung ist eine exzellente Möglich-keit, Erfahrungen zu multiplizieren. Das erneute Abspielen des Markttags erlaubt Ihnen, zu beobachten, wie sich Muster unter verschiedenen Marktbedingungen ständig wiederholen. Die erneute Überprüfung von Marktbewegungen, die Sie verpasst haben, sensibilisiert Sie für spätere chancenreiche Situationen.

Lektion 40: Nutzen Sie Ihre Vorstellungskraft, um den Veränderungsprozess voranzutreiben

Die letzten beiden Lektionen haben die Bedeutung der Wiederholung bei der Zementierung neuer

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Verhaltensweisen und dem Verlernen alter Muster betont.Indem Sie neue Chancen schaffen, um die neuen Fähigkeiten, Einsichten und Verhaltensmuster einüben zu können, beschleunigen Sie ihre Verinnerlichung und machen Ihren Kopf für die grundlegenden Aufgaben des Tradings frei.Ihr täglicher Tradingcoach In diesem Zusammenhang ist ein riesiger Vorteil des menschlichen Gehirns die Fähigkeit, durch den Einsatz der Vorstellungskraft virtuelle Erfahrungen zu schaffen.Wenn wir uns eine spezifische Tradingsituation lebhaft vor-stellen und uns selbst visualisieren, Schritt für Schritt neue Möglichkeiten umsetzen, um mit dieser Situation umzugehen, entspricht die mentale Übung annähernd der Kraft der tatsächlichen Erfahrung.Sie müssen nicht traden, um viele mit dem Trading verbundene Verhaltenweisen einzuüben.Indem wir im Kopf realistische Situationen schaffen und unsere Fantasie einsetzen, um unsere erwünschten Muster einzusetzen, können wir diese Muster auch zementieren.Eine Technik, die von dieser Art der Visualisierung Gebrauch macht, ist die erstmals von Donald Meichenbaum beschriebene Stressimpfungsmethode.Indem wir uns stressbeladene Marktszenarien vorstellen und uns detailliert vor Augen halten, wie wir darauf reagieren wollen, impfen wir uns gegen diesen Stress .Diese mentale Vorbereitung kann in einer ganzen Reihe von Situationen angewendet werden; von psychologisch herausfordernden Situationen bis zu solchen, die neue Tradingmethoden erfordern.Unsere Fähigkeit, Probleme zu bewältigen, wird mobilisiert, wenn wir uns antizipierte stress-beladene Situationen vorstellen. Das bereitet uns vor, wenn diese Situationen beim Trading tatsächlich auftreten.Der Schlüssel zum effektiven Einsatz des Vorstellungsvermögens: Die Fantasie muss lebhaft sein und reale Gefühle hervorrufen.Im Gegensatz zur einfachen verbalen Wiederholung eines Tradingziels hat die Fantasie die Kraft, mit bestimmten Situationen verbundene Emotionen heraufzubeschwören.Diese Fantasie macht die verbale Rezitation zu einer viel engeren Annäherung an die Tradingerfahrung.Wenn wir uns lebhaft vorstellen, wie ein Trade durch unseren mentalen Stopp fällt, bevor wir den Ausstieg vollziehen können, rufen wir einige der Angst- oder frustrierten Gefühle hervor, die normalerweise mit unerwarteten Verlusten assoziiert sind.Während wir eine milde Version der Tradingemotionen erfahren (die Fantasie kann eine tatsächliche Erfahrung kaum duplizieren), können wir unsere besten Praktiken einüben und angesichts von Stress planvoll und diszipliniert vorgehen.Diese milde Konfrontation mit Stress ist wie der Kontakt des Körpers mit einem schwachen Virus: Sie impft, weil sie stark genug ist, um Anpassungsreaktionen hervorzurufen, aber nicht stark genug, um eine große Bedrohung darzustellen.176 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 177 Nur wenige psychologische Techniken sind so anerkannt und werden so stark empfohlen wie die Vorstellungskraft und nur wenige werden so schlecht durchgeführt.Es gibt verschiedene Facetten effektiver Vorstellungsübungen:Spezifizität – Es reicht nicht aus, sich abstrakt eine stressbeladene Situation vorzustellen wie den Verlust von Geld oder das Verpassen einer Chance.Die Fantasie sollte sehr spezifisch und direkt sein .Zum Beispiel die Visu-alisierung eines bestimmten Markts oder einer Marktsituation, bestimmter Kursniveaus und eines speziellen Marktgeschehens.Es ist der Realismus der Vorstellung, der es möglich macht, dass die Übungen als Ersatz für tatsächliche Erfahrungen dienen.Dynamik – Die Vorstellung sollte kein allgemeiner statischer Schnappschuss sein, sondern eher ein detaillierter, realistischer Film.Wenn Sie in der Zeitung die Beschreibung einer Situation lesen, reagieren Sie nicht so stark, wie wenn Sie die gleiche Situation in einem Film sehen.Die dynamische Natur der Vorstellung ist entscheidend für ihren Realismus, der wiederum für den Impfprozess entscheidend ist.Flache, nicht überzeugende Bilder regen unsere Kraft der Problemlösung nicht an und mit Sicherheit sind sie keine effektiven Annäherungen an reale Tradingerfahrungen.Ausarbeitung – Wenn ich den am weitesten verbreiteten Fehler identifizieren sollte, den die Leute beim Einsatz der Fantasie als Veränderungstechnik begehen, würde ich ihre Tendenz nennen, die Vorstellungsarbeit abzukürzen.Längere, elaboriertere Übungen mit Herausforderungen in der Fantasie sind effektiver als sehr kurze Übungen.Wenn die Übungen zu kurz sind, verstärken Sie vielleicht unwissentlich das Muster, vor Stress davonzulaufen! Die beste Übung ist die sehr detaillierte Vorstellung einer Situation von Anfang bis Ende – und dann die Wiederholung dieses Szenarios, bis es keine Emotionen mehr hervorruft.Diese Praxis verstärkt nicht nur den Umgang mit Problemen, sondern auch Meisterschaft und Erfolg.Eine interesssante Technik aus der Literatur zu menschlichem Verhalten ist die Reizüberflutung: Man setzt sich über längere Zeit imaginierten Situationen aus, die äußerst stressbeladen sind. Trader lernen, auch in einer Flut belastender Vorstellungen die Kontrolle zu behalten, damit sie sich auf fast alles vorbereiten können, was der Markt ihnen an Knüppeln zwischen die Beine wirft.Variation – Trader stellen sich in der Regel ein herausforderndes Szenario vor, wecken die Fantasie und wechseln dann schnell zu etwas anderem.Wie Ihr täglicher Tradingcoach wir bereits gesehen haben, zementiert die Wiederholung den Lernprozess.Indem sie das Prinzip der Wiederholung auf dem Gebiet der Vorstellungskraft nicht anwenden, gehen Trader das Risiko eines Rückfalls ein.Wenn Sie ein detailliertes und realistisches Tradingszenario schaffen, sich vorstellen, wie Sie damit umgehen, und die Szene wiederholen, bis Sie ein meisterhaftes Niveau erreicht haben, können Sie Variationen dieses Szenarios schaffen.Sie könnten zum Beispiel anfangen, indem Sie sich eine Frustration infolge eines sich schnell bewegenden Markts vorstellen.Wäre es Ihr Ziel, neue Problemlösungsmuster und Phasen der Frustration zu

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erlernen, würden Sie dieses erste Szenario meistern und dann Variationen davon erschaffen, zum Beispiel Frustrationen im Zusammenhang mit langsamen Märkten oder fehlender Orderausführung.Variieren Sie die Szenarien, dann können Sie Ihr Lernen generalisieren und es immer besser auf die aktuellen Tradingbedingungen anwendbar machen.Beständigkeit – Eine einzelne Fantasieübung wird Ihr Verhalten über Tage und Wochen nicht beeinflussen.Es ist die tägliche Wiederholung der Übungssitzungen, die zu dauerhaften Resultaten führt.Viele Trader beziehen zu-nächst einige Vorteile aus Fantasieübungen und fallen anschließend wieder in ihre alten Verhaltensweisen zurück.Beständigkeit beim Einsatz der Übungen stellt sicher, dass die neuen Muster, die Sie einüben, immer im Mittelpunkt Ihrer Aufmerksamkeit stehen werden.Der häufige Einsatz von Fantasieübungen ist eine großartige Möglichkeit, Ihre Aufmerksamkeit auf Veränderungen und die Notwendigkeit von Veränderungen zu richten.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, wollen Sie sehen und spüren, dass Sie erfolgreich sind, und nicht nur manchmal an Erfolge denken.In Ihrer inneren Welt können Sie Fähigkeiten praktizieren, sich mit neuen Denkmustern beschäftigen und beständig Ziele erreichen, lange bevor Sie sie beim Trading in Echtzeit verzeichnen.Ihre Aufgabe ist, kraftvolle und detaillierte Fantasieszenarien von stressbeladenen, herausfordernden Marktsituationen zu erschaffen sowie Gedanken, Gefühle und Verhaltensmuster, die damit assoziiert sind, und die speziellen Schritte, die Sie unternehmen wollen, um diese Situationen zu meistern.Wenn Sie Ihre gelenkte Fantasie konstruieren, wollen Sie Furcht, Gier, Frustration und Langeweile verspüren und sich vorstellen, dass Sie in Versuchung sind, Ihre üblichen negativen Muster anzuwenden, um auf diese Zustände zu reagieren .In Ihrem imaginierten Szenario werden Sie sich lebhaft vorstellen, wie Sie diese negativen Muster in Schach halten und Ihre besten Praktiken zielgerichtet einsetzen.So könnten Sie sich zum 178 Kapitel 4 - Schritte zur Selbstverbesserung: Der Coaching-Prozess 179 Beispiel vorstellen, dass Sie in Versuchung sind, eine Position aufzustocken, wenn sie ein Stopp-Niveau unterschritten hat, aber Sie überprüfen diese Versuchung und halten sich stattdessen an den Stopp.Fantasie ist für Sie als Trader das, was ein Übungsplatz für einen Athleten ist: ein Ort, wo Sie sich auf eine Performance vorbereiten können, indem Sie simulierte Performancesituationen herstellen.Als Trader können Sie Ihre Fantasieübungen machen und praktizieren, lange bevor Sie diese Ideale im täglichen Trading einsetzen.Die Veränderung von Verhaltensmustern muss nicht Monate oder Jahre dauern, wenn Sie jeden Tag zu einer Erfahrung des konzentrierten Lernens machen können.Ein großer Teil des erfolgreichen Selbstcoachings ist das Ergebnis kreativer und beständiger Anwendung von Vorstellungskraft und Übung.

Coaching-SchlüsselNutzen Sie Ihre Fantasie, um sich selbst als den Trader vorzustellen, der Sie sein möchten: Sie gehen Risiken ein, treffen diszipliniert Entscheidungen, setzen Ideen geduldig um, lernen aus Verlusttrades. Wenn Sie eine Rolle und ein Bild von sich selbst in dieser Rolle erschaffen, setzen Sie Szenarien um, die im Lauf der Zeit ein Teil von Ihnen werden.

QuellenDer Blog Become Your Own Trading Coach ist die wichtigste zusätzliche Quelle für dieses Buch.Links und zusätzliche Postings zum Thema der Coaching-Prozesse finden Sie auf der Homepage im Blog zu Kapitel 4: http://becomeyourowntradingcoach.blogspot.de/2008/08/daily-trading-coach-chapter-four-links.html.Ein großer Teil der in diesem Kapitel diskutierten Rahmenbedingungen kommt aus der Forschung zu Hilfsprozessen in der Kurztherapie.Zu den Standardwerken auf diesem Gebiet gehören das Kapitel »Brief Therapy«, verfasst von Dewan, Steenbarger und Greenberg für Textbook of Psychiatry (5.Auflage, Band 1), herausgegeben von Robert E.Hales, Stuart C.Yudofsky und Glen O.Gabbard (American Psychiatric Publishing, 2008), und das Kapitel »Brief Psychotherapies« von denselben Autoren für das Referenzwerk Psychiatry (3. Auflage), herausgegeben von Allan Tasman, Jerald Kay, Jeffrey A.Lieberman, Michael B.First und Mario Maj (Wiley, 2008).Ihr täglicher Tradingcoach Eine exzellente Basis für das Nachdenken darüber, wie man aus seinen Stärken das Beste macht, sind die Untersuchungen des Gallup-Instituts, beschrieben in Now, Discover Your Strengths, geschrieben von Marcus Buckingham und Donald O.Clifton (The Free Press, 2001).Siehe auch den populären Managementtext Good to Great, geschrieben von Jim Collins (Harper Business, 2001).Eine vollständige Beschreibung von lösungsfokussierter Arbeit finden Sie in meinem Kapitel »Solution-Focused Brief Therapy: Doing What Works« in The Art and Science of Brief Psychotherapies, herausgegeben von Mantosh J.Dewan, Brett N.Steenbarger und Roger P.Greenberg (American Psychiatric Publishing, 2004).180 181

Kapitel 5 Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings

Die seltsamste und fantastischste Tatsache über negative Emotionen ist, dass die Menschen sie wirklich verehren.P. D. Ouspensky

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Bislang haben wir Prozesse erörtert, die allen Veränderungsbemühungen und jedem Performancecoaching gemeinsam sind.Nun sehen wir uns individuelle Rahmenbedingungen für das Coaching an, beginnend mit psychodynamischen Modalitäten.Diese Rahmenbedingungen sind Methoden, welche die Kontinuität von Vergangenheit und Gegenwart betonen, wie sich alte Muster in der Gegenwart erneut bemerkbar machen – und die Art, wie aktuelle Beziehungen Muster wiederholen können, die aus früheren negativen Beziehungen stammen.Der psychodynamische Rahmen wird häufiger mit langfristiger Psychoanalyse als mit Coaching in Verbindung gebracht, aber ich finde es extrem wertvoll, das Medium der Beziehungserfahrungen einzusetzen, um Tradern bei ihrer Performance zu helfen.Dieses Kapitel erklärt, wie psychodynamische Faktoren mit dem Trading verbunden sind und wie der dynamische Rahmen Ihre eigenen Bemühungen zum Selbstcoaching stützen kann.Ich persönlich profitiere von dynamischen Modalitäten am stärksten, wenn ich an Tradingproblemen arbeite, die Teil von umfassenderen Herausforderungen im Leben sind – vor allem wenn diese ein Teil unserer Lebensgeschichte waren, bevor wir mit dem Trading anfingen.Viele Themen, die sich auf das Trading auswirken – Sorgen über Erfolg/Misserfolg, Selbstvertrauen/Selbstzweifel, Sicherheit/Unsicherheit – sind älter als unser Trading, spielen bei unseren finanziellen Entscheidungen aber eine Rolle.Ihr täglicher Tradingcoach Am besten beschreibt man Psychodynamik als Denkweise oder als Satz von Hilfsmitteln, die mit dafür sorgen, dass unsere Vergangenheit nicht zu unserer Zukunft wird.Und im Zusammenhang dieses Buchs beginnt alles mit einer einzigen Einsicht: Wir haben Beziehungen zu unseren Märkten und die Beziehungen wiederholen Muster, die wir in anderen Beziehungen eingesetzt haben.Sehen wir uns an, wie wir uns von diesen Mustern befreien können …

Lektion 41: Psychodynamik: Entkommen Sie der Schwerkraft vergangener Beziehungen

Die psychodynamischen Methoden und Ansätze haben sich seit den psychoanalytischen Arbeiten Sigmund Freuds und den späteren Beiträgen der »Neo-Freudianer« signifikant weiterentwickelt.Im Verlauf dieser Entwicklung hat sich die Forschung über Psychodynamik von Instinkten und Sexualität als wichtigste Basis des Verhaltens entfernt und sich dem zwischenmenschlichen Verständnis wiederkehrender Konflikte und Muster zugewandt.Gleichzeitig hat sich die psychodynamische Psychologie auch von der analytischen Couch und der Annahme verabschiedet, Therapie sei ein langfristiger Prozess.Heute bevorzugt man aktivere, kürzerfristige Methoden der Verände-rung.Überraschenderweise hat sich diese Evolution weitgehend abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit abgespielt, was zu der Wahrnehmung beitrug, analytische Methoden seien altmodisch und überholt.Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.Die Kernperspektive des psychodynamischen Modells ist, dass aktuelle Probleme Wiederholungen von Konflikten und Mustern früherer Beziehungen sind.Das Selbst wird als Ergebnis jahrelanger Verinnerlichung von Beziehungserfahrungen gesehen.Wenn wir positive und befriedigende Beziehungen genießen, verinnerlichen wir ein positives Selbstbild und Konzept.Negative, konfliktreiche Beziehungen werden als negatives und konfliktreiches Empfinden des Selbst verinnerlicht.Diese Perspektive berührt ein Thema, das wir in diesem Buch schon erörtert haben: Beziehungen dienen als Spiegel, anhand deren wir uns selbst erfahren.Wir sind die Summe unserer wichtigen Beziehungserfahrungen.Im Lauf unseres Lebens lernen wir Verteidigungsstrategien für den Umgang mit den Ängsten, die durch Beziehungskonflikte und ihre Folgen entstanden 182 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 183 sind.Diese Abwehrmechanismen sind vielleicht nützlich zur Vermeidung von Unbehagen, aber tendenziell werden sie in zukünftigen Beziehungen und Lebenssituationen überlagert.Wenn aktuelle Situationen die Gefühle auslösen, die durch frühere Beziehungsprobleme entstanden sind, führen unsere überholten Abwehrmethoden dazu, dass wir Verhaltensweisen zeigen, die zu unerwünschten Ergebnissen führen.Diese aus der Vergangenheit stammenden Gefühlsmuster, die defensiven Reaktionen und die negativen Konsequenzen bilden das, was Lester Luborsky Kernbeziehungskonfliktthemen nennt.Diese Themen wiederholen sich auf vielfältige Weise und in verschiedenen Situationen und das führt dazu, dass wir unerwünschtes Verhalten zeigen.Der Zweck von Beratung und Therapie ist aus dieser Perspektive, uns von diesen zyklischen Mustern zu befreien.Wenn wir auf Situationen »überreagieren«, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir auf Themen aus unserer Vergangenheit ebenso reagieren wie auf aktuelle Situationen, die diese Themen auslösen.

Um ein Beispiel aus The Psychology of Trading zu verwenden: Ich bin in einer sehr innigen Familie aufgewachsen.Meine Eltern hatten sich beide von ihren Eltern entfremdet und schworen, für ihre Kinder ein völlig anderes familiäres Umfeld zu schaffen.Sie waren dabei so erfolgreich, dass ich manchmal das Gefühl hatte, das Umfeld sei zu innig.Ich suchte nach Privatheit, machte lange Fahrradausflüge, Spaziergänge und stand sogar lange unter der Dusche.Später, als ich meine Frau Margie kennenlernte und Teil eines Haushalts mit drei Kindern wurde, ging ich ebenfalls lange duschen und zog mich aus dem Familienleben zurück.Das störte die üblichen

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Rituale am Vormittag und führte im Haushalt zu gewissen Spannungen.Jahrelang hatte ich allein gelebt und nie das Gefühl gehabt, anderen zu nahe zu sein.Als ich in die neue familiäre Situation kam, traten die alten Gefühle aus meinen prägenden Erfahrungen wieder auf und ich reagierte wie früher: indem ich mich zurückzog und nach Privatheit suchte.Was in meiner Kindheit funktioniert hatte, ging in der neuen Familie gründlich schief.Indem ich in neuen Situationen alte Verteidigungsmuster einsetzte, schuf ich neue Probleme.Alle diese Abwehrmuster treten automatisch auf, außerhalb unserer bewussten Wahrnehmung.Wir können diese repetitiven Muster nicht verändern, wenn wir sie uns nicht bewusst machen .Ein Ziel der psychodynamischen Ihr täglicher Tradingcoach Arbeit ist, das Unbewusste bewusst zu machen, damit wir für alte Konflikte neue Lösungen finden können .Ich konnte meine Muster innerhalb der Familie verändern, nachdem ich begriffen hatte, dass ich meine alten Methoden nicht mehr einsetzen musste: Meine jetzige Familie war nicht meine frühere und ich war kein Kind mehr.Das erste Ziel der psychodynamischen Arbeit ist die Einsicht: das Erkennen und Verstehen der eigenen Muster und das Bewusstsein ihrer Grenzen. Die wichtigste Einsicht ist einfach: In der Vergangenheit hatten Sie einen Grund, so zu handeln, jetzt aber nicht mehr.Was hat das mit Trading zu tun? Das Risiko und die Unsicherheit des Tradings – die Gewinne und Verluste, Siege und Niederlagen – können Gefühle aus der Vergangenheit auf unheimliche Art wiederbeleben .Ein klassisches Beispiel ist der Trader, der das Gefühl hatte, die Hoffnungen und Erwartungen seiner Eltern nie erfüllt zu haben.Er bringt sein Gefühl der Minderwertigkeit mit an den Markt und geht unvernünftige Risiken ein, um zu beweisen, dass er in Wahrheit ein Erfolgsmensch ist.Natürlich kann kein noch so hoher Börsengewinn die emoti-onale Lücke füllen.Daher geht er immer höhere Risiken ein, bis er sein Konto an die Wand fährt – und seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt.In einer solchen Situation wird eine Verbesserung der Tradingmethoden das Problem des Traders nicht lösen.Bis er den Kernkonflikt seines Dilemmas gelöst hat, wird er seine persönlichen Dramen immer wieder beim Trading ausleben.Viele Tradingprobleme sind das Ergebnis des Ausagierens persönlicher Dramen an den Märkten.Situationen, in denen sich Konflikte aus der Vergangenheit auf das aktuelle Trading auswirken, identifiziert man am besten durch die Untersuchung der Gefühle, die durch aktuelle Tradingprobleme hervorgerufen werden .Wenn sie Gefühlen ähneln, die Sie in früheren beruflichen und Beziehungssituationen empfunden haben, ist es gut möglich, dass sie die Spitze zyklischer Muster mangelnder Anpassung repräsentieren.Ein Beispiel: Wenn Ihre Frustration zu Problemen bei Ihrem Trading führt und auch schon in freundschaftlichen und romantischen Beziehungen problematisch war, gibt es ein klares Muster, das über die Märkte hinausreicht.Wenn Sie beim Trading die gleichen konfliktgeladenen, verletzten Gefühle verspüren wie in der Vergangenheit, ist das ein Zeichen, dass die Vergangenheit sich weigert, Vergangenheit zu bleiben.Als Ihr eigener Tradingcoach müssen Sie manchmal unter der Oberfläche graben, um die Ursprünge der Probleme aufzudecken.Sie müssen diese Ent184 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 185 deckung vollziehen, indem Sie Ihre eigene persönliche Geschichte analysieren und sie mit Ihren jüngsten Erfahrungen vergleichen.Mit anderen Worten: Sie sollten nicht nur auf Ihre aktuellen Muster schauen, sondern auch auf die aus der Vergangenheit.In deren Überlappungsbereich können wir psychodynamische Veränderungsmethoden am besten anwenden.Ihre Aufgabe ist, ein Blatt Papier zu nehmen und zwei Sets von Sinuswellen zu zeichnen, jeweils mit vier Hochs und Tiefs.Im ersten Set markieren Sie die Hochs mit den »Spitzenerfahrungen« Ihres Lebens: mit Ihren positivsten und erfüllendsten Erfahrungen.Diese Erfahrungen können aus allen Lebensbereichen stammen, von Beziehungen bis zur Karriere.Dann markieren Sie die Tiefs mit den negativsten Erfahrungen Ihres Lebens, ebenfalls aus allen Lebensbereichen.Dies sind die Erfahrungen, die vom stärksten emotionalen Schmerz und Leid geprägt waren.Wenn Sie damit fertig sind, sollte der erste Sinuswellenchart mit den Höhe- und Tiefpunkten Ihres Lebens gefüllt sein.Wenn Sie mit dem ersten Set fertig sind, füllen Sie den zweiten auf ähnliche Weise aus, allerdings geht es diesmal nur um Ereignisse, die mit Trading zu tun haben.So füllen Sie die Hochs der Sinuswellen mit den positivsten und erfüllendsten Tradingerfahrungen aus und die Tiefs mit den schmerzhaftesten.Sorgen Sie dafür, dass alle Einträge in beiden Sets von Sinuswellen so detailliert geschildert sind, dass Sie wirklich feststellen können, warum ein Ereignis ein Hoch- oder ein Tieferlebnis war.Die wirkliche Arbeit beginnt, wenn Sie die die Hochs und die Tiefs in beiden Sets miteinander vergleichen. Sie suchen nach gemeinsamen Themen, die Ihre Lebenserfahrung mit Ihrer Tradingerfahrung verbinden.Viele dieser Gemeinsamkeiten finden sich auf einem emotionalen Niveau.Hier sind einige häufige Gemeinsamkeiten, nach denen Sie suchen können.Themen von Angemessenheit und UnangemessenheitThemen der Rebellion gegen Regeln und DisziplinThemen von Langeweile und RisikobereitschaftThemen von Erfolg/Hoffnung und Scheitern/EntmutigungThemen von Anerkennung und Zurückweisung

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Themen von Zufriedenheit/Akzeptanz und Zorn/FrustrationThemen von Sicherheit und GefahrIhr täglicher Tradingcoach Wenn Ihnen die Märkte ein Gefühl vermitteln, das Sie während einer der schlimmsten Erfahrungen Ihres Lebens empfunden haben, sollten Sie die Möglichkeit bedenken, dass Sie in einem Netz von repetitiven Konflikten und deren Bewältigung gefangen sind.Dieses Netz zu erkennen und es fest im Kopf zu behalten ist schon die halbe Miete, wenn man etwas ändern will.Als Ihr eigener Tradingcoach wollen Sie gewissenhaft traden und nicht unbewusst Ihre Vergangenheit wiederholen.Es ist viel schwieriger, in alte, destruktive Muster zurückzufallen, wenn Sie sich über diese Muster im Klaren sind.

Coaching-SchlüsselSehr oft schlagen wir die letzte psychologische Schlacht. Identifizieren Sie die jüngste konflik-treiche Beziehungserfahrung in Ihrem Leben und die Gedanken, Gefühle und Verhaltenswei-sen, die durch diese Beziehungen verursacht worden sind. Dann betrachten Sie Ihre jüngsten Tradingprobleme, um zu prüfen, ob dabei ähnliche Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen eine Rolle spielten. Oft sind es nicht nur Erfahrungen aus der frühen Kindheit, die unser aktu-elles Verhalten prägen, sondern die jüngsten Konflikte. Die Erkenntnis, wie Sie diese Probleme gelöst haben (oder Schritte unternehmen, sie zu lösen, wenn sie noch aktuell sind), kann recht hilfreich sein, wenn Sie verhindern wollen, dass sie sich auf Ihr Trading auswirken.

Lektion 42: Machen Sie repetitive Muster greifbar

In der letzten Lektion haben wir Sinuswellen verwendet, um Hoch- und Tieferlebnisse in unserem Leben und bei unserem Trading zu identifizieren.Sobald wir das Gefühl haben, dass es tatsächlich Gemeinsamkeiten gibt, ist der nächste Schritt, diese Muster greifbar zu machen, damit wir wirklich verstehen, warum sie existieren und warum sie sich wiederholen.Zunächst wollen wir uns allerdings der Frage zuwenden, was es bedeutet, wenn man zwischen den Hochs und Tiefs der Erfahrungen keine Gemeinsamkeiten findet.Vielleicht müssen Sie in jedem Chart mehr Hochs und Tiefs zeichnen, bevor die Themen sichtbar werden.Vielleicht betrachten Sie die Ereignisse auch logisch statt psychologisch.Suchen Sie in den Hochs und Tiefs nach Ähnlichkeiten der Motivation und Emotion und nicht nach oberflächlichen Details.Die gemeinsamen Elemente werden oft plötzlich deutlich, wenn wir uns die Muster als emotionale Wiederholungen vorstellen.Manchmal gibt es aber tatsächlich keine Verbindungen zwischen unseren Tradingproblemen und den Herausforderungen in unserem früheren Leben.186 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 187 Vielleicht sind die Tradingprobleme einfach das Ergebnis von Marktverschiebungen, Mangel an Können und Erfahrung oder sitiuationsbezogenen Faktoren, die mit Ablenkungen des laufenden Tages zu tun haben.Wenn das die wichtigsten Gründe für aktuelle Tradingprobleme sind, ist die psychodynamische Methode für Veränderungen weniger relevant.Vielleicht müssen Sie eher Ihren Lernprozess strukturieren, wie im Buch Enhancing Trader Performance beschrieben, oder Sie müssen sich einen Rahmen suchen, der sich stärker auf die Gegenwart konzentriert, wie die in den Kapiteln 6 und 7 beschriebenen Methoden des Selbstcoachings.

Nicht alle Tradingprobleme sind emotionalen Ursprungs. Manchmal müssen wir nur unsere Tradingfähigkeiten verbessern.

Meiner Erfahrung nach ist das fruchtbarste Gebiet für die Suche nach Ähnlichkeiten zwischen Tradingproblemen und Konflikten im früheren Leben der Bereich signifikanter Beziehung, wie die zu Eltern und Partnern.Konflikte mit Eltern und Partnern sind in der Regel die emotional wichtigsten.Gegen sie verteidigen wir uns mit der höchsten Wahrscheinlichkeit in unserem Trading und lassen sie auf diese Weise wieder aufleben.Sobald diese Probleme greifbar sind, werden wir sehr aufmerksam und erkennen, wenn sie erneut auftreten.Das ist der erste Schritt, sie zu umgehen und ihnen einen anderen Ausgang zu verleihen.Ein Trader, mit dem ich arbeitete, hatte im Lauf der Jahre zahlreiche Beziehungen zu Freundinnen, aber er bekannte sich zu keiner von ihnen.Stattdessen hatte er oft noch eine Beziehung in Reserve, falls die erste scheitern sollte.Er hatte als Kind einen Bruder verloren.Seine Eltern waren durch den Verlust völlig erschüttert, versuchten aber, weiterzuleben wie bisher und sich nicht übermäßig mit der Tragödie zu beschäftigen.Unser Trader lernte, sich gegen Verluste zu wehren, indem er sich nie zu sehr auf eine andere Person einließ.Diese Verteidigung schützte ihn davor, den Schmerz des Ereignisses aus seiner Kindheit noch einmal zu erleben, aber es hinderte ihn auch an einem erfüllten emotionalen Leben.Wo lag also war sein Problem? Obwohl er behauptete, leidenschaftlich am Trading interessiert zu sein, verbrachte er in Wirklichkeit überraschend wenig Zeit damit.Er ignorierte Tradingsignale, tradete mit fast lächerlich kleinen Positionen und ließ sich leicht durch Gespräche in Chatrooms und das Lesen von Websites ablenken .Während er Letzteres als »Vorbereitung« auf

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Ihr täglicher Tradingcoach sein Trading rechtfertigte, schaffte er es nie, seriös zu traden.Ebenso wie er in seinen Beziehungen Verpflichtung und Verlust mied, ließ er sich auch nicht wirklich auf die Märkte ein und schaffte nie etwas, das auch nur annä-hernd seinem Potenzial entsprach.Um dieses Muster greifbar zu machen, kann man sinnvollerweise mit dem grundlegenden Bedürfnis beginnen.Der Trader im obigen Beispiel hat ein überwältigendes Bedürfnis nach Sicherheit.Folglich schlägt er in seinen Be-ziehungen und beim Trading den Pfad ein, der ihm am sichersten erscheint.Das Gefühl, gegen das er sich wappnet, ist der Verlustschmerz; die Verletzlichkeit, sich selbst zu investieren und dieses emotionale Investment zu verlieren.Der Trader stand seinem Bruder sehr nahe und erholte sich niemals wirklich von den Folgen dieses Verlusts.Und er verteidigt sich gegen dieses Gefühl, indem er sich zu nichts wirklich verpflichtet.Er vermeidet es, sich in seinen Beziehungen und seinem Trading zu stark zu engagieren, damit er nie mehr einen so schmerzhaften Verlust wie in seiner Kindheit erleiden muss.Das führt für ihn zu vielen negativen Konsequenzen.Vor allem fühlt er sich leer und nicht wirklich ausgefüllt – in der Liebe wie im Beruf.Man kann die meisten repetitiven Muster in dieses Schema aufteilen:Bedürfnis – Was wir vermissen und wonach wir uns sehnen.Gefühlszustand – Leid, weil dieses Bedürfnis nicht erfüllt worden ist.Verteidigung – Was wir tun, um mit dem schmerzhaften Gefühlszustand fertigzuwerden und ihn zu meiden.Wiederholungen – Wie wir die Verteidigung in aktuellen Situationen einsetzen.Konsequenzen – Die negativen Ergebnisse unserer aktuellen Verteidigungsbemühungen.

Ein Trader, den ich kennenlernte, hatte ein intensives Bedürfnis nach emotionaler Unterstützung.Seine Eltern hatten sich scheiden lassen, als er noch klein war.Die Mutter heiratete bald wieder und zwang ihn dazu, mit einer Patchworkfamilie zurechtzukommen.Oft fühlte er sich von seiner Mutter verlassen und er hielt sich nicht für gut genug, als dass er Kontakt zu seinem (abwesenden) Vater verdient hätte.Seine Verteidigung gegen diese Gefühle bestand darin, die Rolle eines Musterknaben einzunehmen.Er zwang sich, in der Schule die besten Noten zu bekommen, ein hervorragender Sportler zu sein und bei außerschulischen Aktivitäten zu glänzen .Indem er mehr tat, 188 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 189 hoffte er, sich wertvoller zu fühlen.Allerdings trieb er sich folglich oft in die Erschöpfung und in Phasen der Hoffnungslosigkeit, weil keine noch so guten Leistungen die elterliche Liebe ersetzen konnten, die er vermisste.Im Gegensatz zum Trader aus dem vorherigen Beispiel arbeitete er beim Trading extrem intensiv und brach manchmal zusammen, wenn seine Tendenz zum Überflieger keine Ergebnisse brachte.Als Ihr eigener Tradingcoach ist dies Ihre Herausforderung: Ermitteln Sie Ihr Kernbedürfnis.Meistens ist es etwas, das Sie sich in früheren Beziehungen gewünscht haben, aber nicht dauerhaft bekamen .Das kann Autonomie sein, Liebe, Respekt oder Unterstützung.Sobald Sie dieses Bedürfnis identifiziert haben, sollten Sie die schlimmsten Erfahrungen aus Ihren Sinuswellencharts noch einmal prüfen und die Gefühlszustände deutlich beschreiben, die mit der Frustration Ihres Kernbedürfnisses verbunden waren.Vielleicht ist dieses Gefühl Depression und Traurigkeit, vielleicht ist es Angst, vielleicht auch Ärger und Zorn.Höchstwahrscheinlich ist es dieses Gefühl, das sich bei Ihren schwierigsten Tradingerfahrungen wiederholt.

Die Bedürfnisse, die in Ihrem persönlichen Leben am wenigsten befriedigt werden, sabotieren höchstwahrscheinlich Ihr Trading.

Denken Sie darüber nach, wie Sie dieses Gefühl zu vertreiben versuchen.Das ist Ihr defensives Muster; ihre Methode, mit den Schmerzen umzugehen, die durch unerfüllte Bedürfnisse verursacht werden.Höchstwahrscheinlich bringt Sie das am unmittelbarsten in Schwierigkeiten beim Trading, weil Sie über-mäßig traden, in chancenreichen Zeiten passiv bleiben etc.Dann treffen Sie Tradingentscheidungen, nicht um Ihr Kapital zu managen, sondern um das Leid zu managen, das von diesen Kernkonflikten kommt.Wir traden dann am schlechtesten, wenn wir eher unsere Gefühle als unsere Positionen managen.Es ist Ihre Aufgabe, in die Sinuswellencharts aus der letzten Lektion Ihre Tradingprobleme als Sequenzen von Bedürfnissen, Gefühlen, Abwehrmaßnahmen und Konsequenzen darzustellen.Sie sollten in der Lage sein, einen akkuraten Verlaufschart zu zeichnen, der zeigt, wie mit frustrierten Bedürfnissen verbundene Gefühle Sie dazu bringen, Aktionen durchzuführen, die aktuell Probleme schaffen.Dieser Chart erfasst den Fokus Ihres psychodynamischen Selbstcoachings.Indem wir dieses Muster durchbrechen und neue Elemente einführen, können wir konzentrierter traden und unsere Ergebnisse eher selbst bestimmen.

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Ihr täglicher Tradingcoach Coaching-SchlüsselMeiner Meinung nach brauchen die meisten Trader keine Langzeittherapie. Wenn Trader be-deutende Probleme haben, können sie ihre Karriere nicht aufrechterhalten. Sie funktionieren recht gut, aber manchmal fallen sie in alte Muster zurück, die ihre Effektivität negativ beeinflus-sen. Oft können Trader ihre Muster identifizieren, indem sie die häufigsten und kostspieligsten Abweichungen von ihrem Tradingplan identifizieren und dann die Gefühle und Situationen notieren, die mit diesen Abweichungen verbunden sind. Wenn Sie Ihre Gefühle über Ihre jüngsten Tradingprobleme notieren und beobachten, wann und wie diese Gefühle in anderen Lebensbereichen aufgetreten sind, können Sie die Muster greifbar machen, die Ihr zukünftiges Trading mit größter Wahrscheinlichkeit beeinflussen werden.

Lektion 43: Wir stellen unsere Abwehrmechanismen infrage

Ein Kardinalproblem der psychodynamischen Arbeit ist, dass die Probleme, die Menschen dazu motivieren, Veränderungen vorzunehmen, nur selten die Kernkonflikte sind, die sie in den verschiedensten Situationen wiederholen.Nein, es ist die Verteidigung gegen den Schmerz aus diesen Konflikten, die zu unerwünschten Folgen führt, und die Erkenntnis, dass eine Veränderung nötig ist.So gesehen sind unsere Probleme das Ergebnis unserer rigiden, überholten Problemlösungsmaßnahmen.Was früher in unserem Leben funktioniert hat, arbeitet jetzt gegen uns.Ein gutes Beispiel aus den Märkten ist das »Trading aus Rache«.Das geschieht, wenn wir aggressiver traden, nachdem wir Verluste erlitten haben, weil wir all unser Geld sofort zurückgewinnen wollen .Schmerz und Frust-ration wegen eines Verlusts führen zu einer zornigen, defensiven Reaktion; zu einer Anstrengung, den Schmerz loszuwerden.An diesem Punkt geht es beim Trading nicht um Chancen; es ist ein Abwehrmechanismus, um mit den Gefühlen von Enttäuschung und Verlust fertigzuwerden.Der Abwehrmechanismus existiert, weil der Trader im Grunde seines Herzens nicht glaubt, dass er den Schmerz und die Trauer über einen Verlust aushalten kann.Vielleicht war ein solcher Schmerz irgendwann im Leben tatsächlich unerträglich.Jetzt, als reifer Erwachsener, kann der Trader mit normalen Verlusten umgehen, sei es an der Börse, im Geschäftsleben oder in der Liebe.Es fühlt sich aber nicht so an und der Trader geht mit Verlusten immer noch so um wie früher als Kind.Indem er dieses Muster greifbar macht, erwirbt der Trader die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung und ein klareres Bewusstsein über die Konsequenzen der Wiederholung alter Zyklen.Dieses verstärkte Be190 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 191 wusstsein befähigt den Trader schließlich dazu, seine Abwehrmechanismen infrage zu stellen und neue Antworten auf alte Bedrohungen zu entwickeln.Veränderungen des psychodynamischen Modus bedeuten, dass man etwas tut, das keiner na-türlichen Reaktion entspricht: Man meidet die alten Mechanismen des Umgangs mit unange-nehmen Gefühlen.In Ihrer Rolle als Ihr eigener Tradingcoach durchbrechen Sie zyklische Probleme, indem Sie zum Beobachter werden und nicht derjenige sind, der in den Mustern gefangen ist.Als Beobachter stehen Sie außerhalb der Zyk-len; sie verzehren Sie nicht mehr.Die oben beschriebenen Sinuswellen- und Verlaufscharts sind nützliche Werkzeuge bei der Aufrechterhaltung dieses Bewusstseins des eigenen Selbst.Ihr Ziel ist das Erkennen repetitiver Muster, bevor diese zu unangenehmen Folgen führen können.Eine Möglichkeit, das zu schaffen, ist die Grundlage Ihrer nächsten Coaching-Aufgabe.In der Regel bemerken Sie, dass sich ein Muster zu entwickeln beginnt, wenn ein damit verbundener Gefühlszustand Ihr Trading unterbricht.Im obigen Beispiel –Trading aus Rache – kann dieses charakteristische Gefühl Frustration und Anspannung sein.In anderen Situationen kann es sich um ein Gefühl von Verlust und Leere handeln.Sobald Sie dieses charakteristische Gefühl verspüren, sollten Sie es laut benennen, etwa so, als seien Sie ein Live-Sportreporter.Sie könnten zum Beispiel laut sagen: »Ich habe gerade einen Verlust verbucht und fühle mich jetzt wirklich frustriert.Ich bin zornig und ich will mein Geld zurück.Ich will einen anderen Trade finden, aber das hat mir in der Vergangenheit Schmerzen bereitet.Ich springe zurück in den Markt und mache dadurch alles nur noch schlimmer.«Wenn Sie diese Selbstbeobachtung nicht laut äußern können – zum Beispiel weil Sie zusammen mit anderen in einem Raum traden –, kann ein psychologisches Journal den gleichen Zweck erfüllen.Entscheidend ist, dass Sie detailliert beschreiben, was Sie denken und fühlen, was Sie tun möchten, damit diese Gedanken und Gefühle verschwinden, und wie diese Handlungsabfolge Ihnen in der Vergangenheit Schmerzen zugefügt hat.»Ich verachte mich selbst und will für heute einfach mit dem Trading aufhören«, wäre eine Selbstbeobachtung eines Traders, der in einem Zyklus aggressiven Tradings steckt: Geldverluste, Schuldgefühle, Rückzug von den Märkten und erneute Versuche mit aggressivem Trading, um die verlorene Zeit und die verlorenen

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Ihr täglicher Tradingcoach Chancen aufzuholen.Sie nehmen die Rolle des Psychologen ein und stellen fest, was vor sich geht, statt sich damit zu identifizieren.Wenn Sie ein Verhaltensmuster beschreiben, identifizieren Sie sich nicht mehr mit ihm.An diesem Punkt geht es uns nicht darum, das Muster zu verändern.Wir werden aufmerksamer für sein Auftreten, seine Manifestationen und Konsequenzen.Das kann Tage und sogar Wochen beständiger Anstrengungen erfordern, während Sie die Position des Selbstbeobachters einnehmen.Dabei ist es unvermeidlich, dass Sie zuweilen das Muster vollständig durchbrechen: Sie unterlassen den Trade aus Rache oder den übermäßig aggressiven Trade.Bevor Sie die richtigen Dinge tun, werden Sie aufhören, die falschen Dinge zu tun .Das führt zu einem Gefühl von Meisterschaft und Selbstkontrolle: Allmählich kontrollieren Sie die Muster, statt sich von ihnen kontrollieren zu lassen.Lautes Sprechen und Einträge in Ihr Journal werden Sie nicht von eingeprägten Mustern befreien, aber sie liefern Ihnen Optionen.Indem Sie einfach etwas anders machen – sogar in kleinem Ausmaß, wenn Sie zum Beispiel wesentlich kleinere »Rachetrades« durchführen –, erreichen Sie ein gewisses Maß an Kontrolle.Durch lautes Sprechen, um ein Bewusstsein ihres Selbst zu erwerben, können Sie sich aktiv daran erinnern, dass die Ereignisse in der Gegenwart nicht das eigentliche Problem sind.Das Problem ist, was in der Vergangenheit geschehen ist und Sie verletzt hat, und nicht das, worauf Sie in der Gegenwart reagieren (oder überreagieren).Vielleicht verlieren Sie Geld mit einer Position, die den Stopp noch nicht erreicht hat.Sie bemerken, dass Sie Furcht empfinden und in Versuchung geraten, vorzeitig aus dem Trade auszusteigen.Sie sprechen diese Furcht und diese Versuchung laut aus und erinnern sich: »Der Verlust mit dieser Position ist nicht das eigentliche Thema.Ich reagiere auf meine Verluste im letzten Jahr (oder den Verlust meiner Beziehung).Wenn ich meine Tradingidee aufgebe, verschwinden deshalb nicht meine alten Verluste.«(Beachten Sie: Dieses Beispiel setzt natürlich voraus, dass Ihre Position eine verantwortungsvolle Größe und einen vernünftigen Stopp hat.Falls nicht, könnte Ihr schlechtes Trading und nicht Probleme aus der Vergangenheit – sehr mit Recht! – Ihre Furcht und Ihren Wunsch zum Ausstieg auslösen.)192 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 193 Was Sie beim lauten Sprechen wirklich betonen, ist die Botschaft: »Das Problem ist nicht wirklich mein Trading.Es ist etwas anderes.« Das gibt Ihnen die Freiheit, sich mit dem »etwas anderem« zu beschäftigen und nicht die Vergangenheit in der Gegenwart auszuleben.Es gibt Ihnen auch die Freiheit, Ihren Trade einfach als Trade zu behandeln und nicht als etwas, das emotionsgeladener ist.Sie werden wissen, dass Sie signifikante Fortschritte erzielt haben, wenn Sie Ihre Muster beständig erkennen, sobald sie auftauchen.So bleiben Sie ein Beobachter statt ein passiver Teilnehmer.

Coaching-SchlüsselIn diesem Buch und in Enhancing Trader Performance habe ich erwähnt, wie Videoaufnahmen der Märkte Trader für die Muster von Angebot und Nachfrage sensibilisieren können, um ihnen bei Tradingentscheidungen zu helfen. Ich habe schon gesehen, dass Trader sich selbst beim Tra-ding filmten. Das ist ein großartiges Werkzeug der Selbstbeobachtung und des Erkennens der emotionalen und Verhaltensmuster. Wenn Sie einige Ihrer wiederkehrenden Muster auf Video gesehen haben, werden Sie aufmerksamer für deren Auftreten beim Echtzeittrading.

Lektion 44: Noch einmal mit Gefühl: Gewinnen Sie Distanz zu Ihren Problemmustern

Zwei entscheidende Phasen des Wandels, die bei der psychodynamischen Arbeit durchlaufen werden, sind die Sichtweisen, dass Ihre Muster der Vergangenheit nichts mehr mit Ihnen zu tun haben und Sie sie als Ihre eigenen persönlichen Hindernisse betrachten.Sobald Sie Ihre alten Muster und die Art, wie sie Ihr Trading schädigen, erkannt haben, besteht der nächste Schritt darin, sich von ihnen zu distanzieren. Sie werden nicht so wie früher denken, fühlen und handeln, wenn Ihnen diese Muster fremd sind und Sie sie als Quellen des Schmerzes betrachten.Ein in der psychodynamischen Literatur oft verwendeter Begriff ist Ego Alien (fremdes Ich).Das bedeutet, dass eine bestimmte Art die Welt zu sehen, sie zu erfahren oder in ihr zu agieren, dem eigenen Selbstempfinden fremd geworden ist.Wenn eine Person ein solches Muster zu wiederholen beginnt, resultieren daraus die folgenden Gedanken:

»Das habe ich früher so gemacht.« »Ich will das nicht mehr tun.«

»Ich reagiere auf die Vergangenheit und nicht auf das, was jetzt passiert.«

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Ihr täglicher Tradingcoach Natürlich hat niemand bewusst destruktive Verhaltensmuster.Es ist aber einfach, sie unbewusst zu wiederholen.Wenn wir diese Muster in den Ego-Alien-Bereich verschieben, denken wir nicht nur über sie nach, sondern weisen sie aktiv zurück.In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, über das alte Ich und das neue Ich nachzudenken.Das alte Ich hatte Angst vor dem Scheitern, weil es ein Versagen mit dem Verlust der Liebe und der Wertschätzung seitens anderer Menschen gleichsetzte.Das neue Ich weiß, dass das Ergebnis eines einzelnen Trades keinen besseren oder schlechteren Menschen aus mir macht.Das alte Ich wurde zornig und frustriert, wenn ich meinen Willen nicht bekam, weil ich es hasste, etwas nicht unter Kontrolle zu haben.Das neue Ich kontrolliert mein Trading durch meine Planung und lässt den Markt tun, was er will.Beachten Sie, wie eine klare Unterscheidung zwischen dem Alten und dem Neuen dem Trader hilft, sich mit positiven, konstruktiven Mustern zu identi fizieren und zu den alten, automatischen Mustern Distanz zu wahren.

»Reagiere ich auf die Märkte oder auf meine Gefühle aus der Vergangenheit?« – Das ist die Frage, die aus der Selbstbeobachtung folgt.

Man kann diese Unterscheidung auch festigen, indem man sich auf die Feststellung konzentriert: »Das tue ich, um Geld zu verdienen; das tue ich, um Geld zu verlieren.« Immer wenn Sie sich mit einem bestimmten Gedanken oder einer Handlung beschäftigen, sollten Sie sich fragen: »Denke/agiere ich so, wenn ich Geld verdiene, oder denke/agiere ich so, wenn ich Geld verliere?« Auch hier gilt: Indem Sie sich auf die wahrscheinlichen Ergebnisse dessen konzentrieren, was Sie tun, werden Sie zum Beobachter Ihrer Verhaltensmuster und durchbrechen die automatische Wiederholung dieser Muster.Wie wir bei der Erörterung der Kosten von Mustern schon gesehen haben, hält die Konzentration auf die Folgen destruktiver Muster aus der Vergangenheit nicht nur diese Muster fern, sondern sie stärkt auch die Motivation, sie nicht zu wiederholen.Wenn Sie erkennen, dass ein Geldverlust oder eine verpasste Chance in jüngster Vergangenheit die Folge eines Rückfalls in alte Muster war, können Sie diesen Fehler in Zukunft vermeiden, vor allem wenn die Erinnerung die monetären Kosten und den emotionalen Schmerz dieses Ereignisses betont.In The Psychology of Trading betone ich die Wichtigkeit, alte, negative Muster als Feinde zu behandeln.Wenn Sie etwas als Feind 194 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 195 sehen, ist es schwierig, es beizubehalten, und es wird leichter, es durch dauerhafte Bemühungen zu verändern.Die meisten Menschen fühlen sich mit der Emotion des Hasses nicht wohl.Man hat uns beigebracht, dass es nicht richtig ist, zu hassen.Aber auch der Hass hat seinen Nutzen.Hass impliziert vollständige Ablehnung – eine kom-plette Zurückweisung.Wenn wir unsere früheren Muster hassen, sind wir uns ihrer destruktiven Tendenzen derart bewusst, dass wir Himmel und Erde in Bewegung setzen werden, um sie nicht zu wiederholen.Der Süchtige, der die destruktiven Folgen des Drogenmissbrauchs erlebt hat, lernt, Drogen zu hassen.Wer eine unglückliche Ehe und die Scheidung von einem narzisstischen Partner hinter sich hat, ist von dieser Erfahrung derart angeekelt, dass er diesen Fehler nie wieder machen wird.Meiner Meinung nach steht außer Frage, dass ich meine Lebenspartnerin niemals gefunden hätte, wenn ich zuvor nicht andere, unbefriedigende Beziehungen erlebt hätte.Daher hasste ich die Gefühle, die ich in schlechten Beziehungen empfand so sehr, dass ich absolut entschlossen war, etwas Besseres zu finden.

Wenn wir es hassen, wie unsere alten Muster uns verletzt haben, finden wir eine Quelle positi-ver Motivation: den Drang nach einem besseren Leben.

Es gibt bei den Anonymen Alkoholikern eine alten Erkenntnis: Alkoholiker müssen am Boden liegen, bevor sie sich ernsthaft um Abstinenz bemühen.Wenn es noch keine ernsthaften Konsequenzen gibt, fällt es nur zu leicht, Probleme zu leugnen, zu minimieren und sie beiseitezuschieben.Wenn sie am Boden liegen, haben die Konsequenzen einen Punkt erreicht, an dem sie diese nicht mehr ignorieren können; sie sind mit zu viel Schmerz und Schaden verbunden.An diesem Punkt geben die Leute entweder völlig auf oder sie erreichen den Punkt, an dem sie hasssen, was diese Gewohnheiten mit ihrem eigenen Leben angerichtet haben.»Ich kann nicht dorthin zurück« ist das Gefühl vieler Menschen, die diesen Punkt von Hass und Ekel erreicht haben.An diesem Punkt hält man die alten Verhaltensmuster fern; man identifiziert sich nicht mehr mit ihnen.Eine großartige Anwendung dieser Idee (und eine lohnende Übungsaufgabe) ist die Konzentration auf einen Feind, den man im nächsten Tradingmonat überwinden will.Ihre Wahl sollte auf ein Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster fallen, das Ihrem Trading in den vergangenen Monaten deutlich geschadet hat, und es sollte ein Muster sein, das Sie auch in anderen Lebensbereichen beobIhr täglicher Tradingcoach achtet haben.Dies ist besonders wirksam, wenn Sie anhand Ihrer Sinuswellencharts nicht nur beim Trading, sondern auch bei anderen Aspekten des Lebens schädliche Folgen des Musters beobachtet haben.Dann erinnern Sie sich an all die Schmerzen, die Ihnen dieses Muster im Lauf der Jahre bereitet hat, und an die Preise, die Sie dafür bezahlt haben, dieses Muster zu wiederholen.Sie erklären dieses Muster zu Ihrem Feind und suchen dann

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zielstrebig nach Möglichkeiten, sich diesem Feind an jedem Tradingtag zu stellen.Beachten Sie, dass dies etwas anderes ist als die einfache Beobachtung eines Musters, wenn es gerade auftritt.Stattdessen antizipieren Sie das Muster aktiv und freuen sich sogar auf sein Auftreten, damit Sie die Chance haben, es zurückzuweisen.Der Trader denkt dann: »Nicht ich bin das Problem; das Problem ist dieses alte Muster.« Sobald Sie überholte Denkweisen identifiziert haben und als Überreste aus der Vergangenheit behandeln, die für Sie nicht funktionieren, haben Sie einen riesigen Schritt getan, um sich von diesen Mustern zu befreien.Sie werden sich auf Dauer bemühen müssen, Ihren Feind zu bekämpfen, aber das kann enorm viel Spaß machen und Kraft verleihen.Immer wenn Sie Ihre alten Muster des Geldverlierens bemerken und sich weigern, ihnen zu folgen, haben Sie einen Kampf gegen Ihren Feind gewonnen und Ihr Empfinden von Selbstvertrauen und Meisterschaft gestärkt.Wenn Sie sehr wettbewerbs- und leistungsorientiert sind, dann fragen Sie sich, ob Sie Ihre Willensfreiheit zurückgewinnen oder diese an die Wiederholung Ihrer Vergangenheit verlieren wollen.Ein Wettkämpfer will nicht verlieren und bekämpft seinen Feind bis zum Tod.Eine wirkungsvolle Hilfe zur Veränderung ist die Anwendung Ihres Kampfgeists, um die Feinde Ihres Glücks zu bekämpfen: Ihre inneren Dämonen.

Coaching-SchlüsselEine Feind, den man beim Selbstcoaching als Ersten bekämpfen muss, ist das Zögern. Wir zö-gern, wenn wir wissen, dass eine Veränderung nötig ist, die wir aber nicht als dringend erforder-lich betrachten. In dieser Situation wird das Zögern selbst zu dem Muster, das wir hassen müs-sen, weil es uns die Kraft nimmt, unser Leben zu verändern. Oft ist das Zögern auch selbst ein Verteidigungsmechanismus – eine Methode, Ängste zu vermeiden, die mit antizipierten Verän-derungen verbunden sind. Indem wir mit kleinen, nicht bedrohlichen Veränderungen beginnen, die wir an jedem Tag durchführen, bekämpfen wir das Zögern und bauen das Gefühl auf, den Veränderungsprozess zu kontrollieren und zu meistern. Große Ziele und radikale Verände-rungen sind oft mit Zögern verbunden. Wenn Sie sich auf überschaubare Ziele konzentrieren, an denen Sie regelmäßig arbeiten können, nehmen Sie der Veränderung ihre Bedrohlichkeit.196 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 197

Lektion 45: Machen Sie das Beste aus Ihrer Coaching-Beziehung

Ein grundlegendes Prinzip der psychodynamischen Arbeit ist, dass Veränderungen oft im Zusammenhang mit Beziehungen auftreten.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, besteht eine Ihrer Herausforderungen darin, sich mit den richtigen Beziehungen zu umgeben: solche, die Ihre Ziele unterstützen und Ihnen den Spiegel vorhalten, der Ihnen zeigt, welche Person und welcher Trader Sie sein könnten.Stellen Sie sich zwei Coaching-Szenarien vor, in denen ich mit einem Trader in einer Tradingfirma arbeite .In beiden Szenarien hat der Trader mehr Geld verloren als geplant, weil er mit zu großen Positionen und zu großzügigen Stopps gearbeitet hat.Der Gewinn einer ganzen Woche wird durch den Verlust eines einzigen Tages ausgelöscht.Im ersten Szenario kritisiere ich den Trader:

»Wie konnten Sie so unvorsichtig sein? Sie haben gerade Ihre Woche ruiniert. Wissen Sie, was passiert, wenn Sie so weitermachen? Das ist kein guter Zeitpunkt, um auf der Straße zu stehen und nach einer Firma zu suchen, die neue

Trader einstellt.«Im zweiten Szenario wähle ich einen anderen Ton:

»Jetzt kommen Sie! Sie können besser traden als so! Erinnern Sie sich an den letzten Monat, als Sie ein paar Tage hintereinander Gewinne gemacht haben? Sie brauchten dazu keine großen Positionen. Sehen wir zu, dass wir wieder zu

diesem großartigen Trading zurückfinden.«Die erste Interaktion reflektiert ein Gefühl des Scheiterns.»Ich bin so enttäuscht von Ihnen!«, lautet die Botschaft.Diese Methode konzentriert sich zudem auf das Negative und betont das Wort-Case-Szenario.Das zweite Szenario geht nicht am Problem vorbei, aber es beginnt auf der Grundlage guten Tradings .Es reflektiert Ermutigung und erinnert an die Stärken des Traders.Stellen Sie sich vor, dass solche Interaktionen Tag für Tag und Woche für Woche stattfinden.Es ist nicht schwer, zu erkennen, wie die erste Methode die Sicherheit und das Selbstvertrauen eines Traders untergräbt, was dann zu weiterem schlechtem Trading führt.Die zweite Interaktion würde einem Trader wahrscheinlich helfen, wieder gut zu traden.Sie zielt auf Erfolg ab, nicht nur auf die Vermeidung des Scheiterns.Ihr täglicher Tradingcoach

Jeder Trader ist unweigerlich sein eigener Coach.Er spricht ständig mit sich selbst über seine Performance, bemüht sich, seine Performance zu verbessern, und bilanziert seine Resultate.Die einzige Frage lautet, inwieweit dieses Selbstcoaching zielgerichtet, geführt und konstruktiv ist.Vom psychodynamischen Standpunkt aus gesehen unterscheidet sich Ihr Selbstcoaching nicht von einer Beziehung zu einem professionellen Coach.Die Dynamik dieser Beziehung dient als Spiegel und Trader werden tendenziell verinnerlichen, was er reflektiert.

Unsere Selbstgespräche sind Selbstcoaching.

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Das bedeutet: Wie Sie sich auf Ihre Problemmuster aus der Vergangenheit konzentrieren, ist für den Erfolg Ihres Selbstcoachings entscheidend.Sie werden manchmal in alte Muster zurückfallen; Sie werden Chancen verpassen, neue, positive Muster in die Tat umzusetzen.Es wird vorkommen, dass Sie hart daran arbeiten, ein bestimmtes Muster zu meiden, nur um auf ein anderes hereinzufallen.All diese Situationen können entmutigend und frust-rierend sein.Aber als Ihr eigener Coach sind Sie dafür verantwortlich, mit Ihnen, Ihrem Schützling, eine konstruktive Beziehung zu bewahren.»Gestalten Sie die Plage bequem und das Bequeme als Plage« – so habe ich meine Methode, mit Klienten zu arbeiten, in The Psychology of Trading beschrieben.Das ist keine schlechte Formulierung für das Selbstcoaching.Wenn Sie sich geplagt fühlen – leiden, verletzt sind, verlieren –, sollten Sie Ihre eigene beste Unterstützung sein.Wenn Sie gewinnen, sollten Sie sich plagen, indem Sie Ihre Disziplin verdoppeln und auf jede Art von Selbstüberschätzung achten, die es ermöglichen könnte, dass sich alte Gewohnheiten wieder in Ihr Trading einschleichen.Es ist eine großartige Erfahrung, wenn Sie Ihr Tradingjournal durchgehen und den emotionalen Ton Ihrer Einträge prüfen.Klingen Sie wie positive Coaching-Kommunikation oder sind sie negativ, frustrierend und beschuldigend? Betonen sie Ihre Fortschritte und Errungenschaften oder drehen sie sich nur darum, was Sie falsch gemacht haben?Das Schlimmste, was Sie als Tradingcoach tun können, ist, Ihre alten persönlichen Muster wiederzubeleben, indem Sie zur Stimme einer Figur aus der Vergangenheit werden, die ein Teil der zyklischen zerstörerischen Konflikte war, die Sie überwinden wollen.Wenn Sie einen Elternteil hatten, der feind198 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 199 lich und kritisch war, jemand, den man nicht zufriedenstellen konnte; wenn Sie einen Partner hatten, der Ihre Errungenschaften nicht anerkennen konnte, oder einen verbitterten Bruder, sollten Sie in Ihrem Selbstcoaching nicht deren Rollen einnehmen.Wie Sie sich selbst behandeln, kann ein Teil genau jenes Musters sein, das Sie verändern wollen: Die Arbeit daran ist eine großartige Methode, mit dieser Aufgabe voranzukommen.Perfektionismus ist oft ein feindlicher und zurückweisender Teil der Selbstzuschreibungen, der sich als Antrieb zu Leistungen maskiert.Ein Trader, mit dem ich arbeite, spricht mit sich selbst tatsächlich in der zweiten Person, wenn er sich selbst coacht.Er überprüft seine Ziele und seine Performance mit Tonbandaufnahmen, die er tagsüber in seinen Pausen noch einmal abspielt.Er sagt vielleicht: »Bill, heute musst du auf deine Versuchung achten, an diesem Markt übertrieben stark zu traden.Damit hattest du letzte Woche schon Probleme.Eine Veröffentlichung der Fed steht kurz bevor und es ist unwahrscheinlich, dass sich der Markt bewegen wird, ehe das erledigt ist.Sorgen wir dafür, dass du es in dieser Woche richtig machst!«Tag für Tag verwandelt das Hören solcher Botschaften beabsichtigte Coachinggespräche in verinnerlichte Selbstgespräche.Wenn Sie längere Zeit das Richtige getan haben, beginnen Sie, es zu fühlen und automatisch zu wiederholen.Die Rolle als Coach ist dann wirklich ein Teil von Ihnen geworden.Andererseits: Wenn Ihre Stimme beim Selbstcoaching frustriert ist, entwickeln Sie eine Beziehung zu sich selbst, die Ihnen im Lauf der Zeit Ihre Motivation und Ihr Selbstvertrauen rauben kann.Viele Trader denken, dass Sie sich zum Erfolg treiben, wenn Sie in Wirklichkeit nur die kritischen und feindlichen Stimmen aus vergangenen Beziehungen wiederholen.Ein Trader, mit dem ich gearbeitet habe, verdiente eine Menge Geld, weil er viel mehr Gewinn- als Verlusttrades verzeichnete, aber man merkte das nie an der Art, wie er redete.Er konzentrierte sich immer auf die Verlusttrades, die Trades, die er länger hätte halten können, um mehr Geld zu gewinnen, und die, aus denen er besser früher ausgestiegen wäre.Die grundlegende Botschaft seiner Aussagen lautete, dass alles, was er tat, nicht gut genug war.Als es für ihn an der Zeit war, seine Risiken zu erhöhen und höhere Gewinne anzustreben, stieß er an seine Grenzen und konnte die Veränderung nicht vollziehen.Tage, Wochen und Monate, in denen er sich gesagt hatte, sein Trading sei nicht gut genug, untergruben seine Fähigkeit, mit Selbstvertrauen Ihr täglicher Tradingcoach große Positionen zu traden.Er glaubte, er coache sich zum Erfolg, indem er sich weigerte, mit seinen Gewinnen zufrieden zu sein, aber in Wirklichkeit schadete er seiner Selbstachtung.Eine ganz andere Methode des Selbstcoachings wurde von dem Trader repräsentiert, der sich ehrgeizige, aber erreichbare Performanceziele setzte und sich (und seiner Frau) eine seit Langem ersehnte Reise ins Ausland versprach, sollte er seine Ziele erreichen.Als er seine Frau in seine Bemühungen einbezog, sein Trading zu verbessern, und einen Anreiz wählte, der ihnen beiden sehr viel bedeutete, konnte er eine positive Motivation aufrechterhalten.Das machte die Reise besonders lohnend, weil sie eine greifbare Erinnerung an seinen Erfolg war.In dieser Situation kultivierte er eine Beziehung zu sich selbst, die seine Selbstachtung und Meisterschaft förderte.Die zentrale Botschaft der psychodynamischen Methode ist, dass wir die Summe unserer relevanten Beziehungen sind.Keine unserer Beziehungen ist so zentral wie die, die wir zu uns selbst haben . Indem wir uns selbst coachen, übernehmen wir die Kontrolle über die Beziehung zu uns selbst.Die Stimme, die wir als Coach anwenden, ist die Stimme, die in unseren Kopf dringt, wenn wir es mit den Risiken und der Unsicherheit der Märkte aufnehmen.

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Coaching-SchlüsselTrainer im Sport wenden sich vor einem Spiel normalerweise an ihre Teams, um wichtige Lektionen zu betonen und Motivation aufzubauen. Denken Sie daran, sich selbst anzusprechen, bevor der Tradingtag beginnt, wobei Sie Ihre Pläne und Ziele für diese Sitzung betonen. Neh-men Sie Ihre Ansprache auf Band auf und hören Sie sich das Band gegen Mittag noch einmal an. Achten Sie besonders darauf, wie Sie mit sich selbst sprechen. Es ist viel schwieriger, in eine negative Stimmung abzurutschen, wenn Sie sich die Zeit für ein explizites Selbstgespräch nehmen, dem Sie dann aus der Perspektive eines Zuhörers lauschen.

Lektion 46: Finden Sie positive Tradingbeziehungen

Warum engagieren Menschen einen persönlichen Trainer, der ihnen helfen soll, in Form zu kommen, wenn sie schon wissen, welche Übungen sie machen sollten? Warum engagiert ein Hedgefonds einen Coach, der mit erfahrenen Portfoliomanagern arbeitet, wenn diese Manager viel mehr vom Geschäft verstehen als der Coach? Warum verlassen sich Hochleistungssportler, die mehr können als jeder, den sie engagieren, dennoch auf einen Coach?200 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 201 Wenn man die Psychodynamik der persönlicher Veränderung versteht, liegen die Antworten auf diese Fragen auf der Hand.In jedem Fall macht das Engagieren eines Trainers oder Coachs aus einem individuellen Entwicklungsprozess einen zwischenmenschlichen Prozess.Das ist ein höchst wirkungsvoller Schritt zur Beschleunigung der Lernkurve, aber er wird in der Regel kaum verstanden.Wenn Sie ein Ziel mit anderen Leuten verfolgen, verleihen Sie Ihren Bemühungen eine neue Motivationsquelle.Aus der psychologischen Forschung wissen wir, dass die Qualität der Beziehung zwischen dem Klienten und dem Helfer das wichtigste Element für den Erfolg von Beratung und Therapie ist.Das ergibt auch einen Sinn: Wenn er für den Helfer Wertschätzung empfindet, will der Klient Veränderungen nicht nur für sich selbst erreichen, son-dern auch für den Berater.Man will jemanden, den man schätzt und der für einen arbeitet, nicht enttäuschen.Wenn Sie sich entschließen, ab und zu ins Fitnessstudio zu gehen, um zu trainieren und in Form zu kommen, ist es ein -fach, dann und wann einen Tag ausfallen zu lassen.Wenn Sie aber mit einem guten Freund eine Vereinbarung getroffen haben, wollen Sie ihn nicht enttäuschen.Sie werden Ihren Plänen mit höherer Wahrscheinlichkeit treu bleiben.Sich anderen gegenüber zu Veränderungen zu verpflichten erhöht die Motivation und hilft der anderen Person, Sie zu motivieren.Beziehen Sie eine andere Person in Ihre Veränderungsbemühungen ein.So sorgen Sie für eine neue Quelle der Spiegelung.Ein guter Sporttrainer liefert Ihnen Feedback darüber, wie Sie abschneiden, und hält Ihre Motivation aufrecht, auch wenn Ihre Bemühungen zu stagnieren scheinen.Ein Berater in einem Diätzentrum wird Ihnen helfen, Ihren Gewichtsverlust zu dokumentieren, was Ihnen positives Feedback liefert, wenn Sie planmäßig vorgehen.Tag für Tag macht es diese Ermutigung leichter für Sie, Ihre eigenen ermutigenden Selbstgespräche zu führen.Sie werden Ihr eigener Coach; zum Teil durch die Verinnerlichung der Rolle eines tatsächlichen Helfers.Um diesen Vorteil zu erreichen, ist es nicht nötig, dass Ihr Mentor eine professionelle Ausbildung hat oder dass Sie eine professionelle Beziehung zu ihm haben.Die Anonymen Alkoholiker sind ein sehr gutes Beispiel für eine Organisation, in der erfahrene Mitglieder Neulingen helfen.Die Gruppentreffen bieten eine Umgebung, die Veränderungen fördert.Die Slogans und Ihr täglicher Tradingcoach das schriftliche Material enthalten gemeinsame Glaubenssätze und Verpflichtungen, und die Beziehung zu einem Sponsor liefert die Motivation, mit jemandem zu arbeiten, der sich um einen kümmert.Der Effekt ist letztlich die Spiegelung einer neuen Identität für den Teilnehmer: einer Identität eines Menschen, der sich erholt, und nicht die eines gescheiterten Süchtigen.Als Tradingcoach arbeite ich hart daran, das Geld aus der Gleichung mit den Tradern und Portfoliomanagern herauszunehmen, mit denen ich arbeite.Ich erhalte ständig Anrufe und Mails von Tradern, die mir von ihren neuesten Fortschritten berichten.Ich würde das niemals in Rechnung stellen.Nicht weil ich ein Altruist bin, sondern weil ich betonen möchte, dass es nicht einfach um Geld geht.Ich will keinen Trader daran hindern, mich anzurufen.Ich will sogar, dass er mich anruft, weil mir wichtig ist, was mit ihm passiert, und nicht, weil ich eine Rechnung ausstellen will.Für mich geht es um die Beziehung und darum, alles zu tun, was ich kann, um dem Trader zu Zufriedenheit und Erfolg zu verhelfen.Ich hoffe, dass sich dies für den Trader auch so entwickelt.Meine Motivation, dem Trader zum Erfolg zu verhelfen, hilft ihm oft in den schwierigen Zeiten des Selbstzweifels.In solchen Phasen kann ich seine Stärken besser erkennen als er selbst.Ein guter Coach ist jemand, der das Beste in Ihnen niemals aus den Augen verliert.Als Ihr eigener Tradingcoach müssen Sie nicht jemanden wie mich engagieren, um wichtige Veränderungen zu vollziehen, oder Ihre Anstrengungen, sich zu verändern, auf einen zwischenmenschlichen Kontext ausweiten.Viel-mehr können Sie Ihre Anstrengungen der Selbstentwicklung maximieren, indem Sie Ihr eigenes Performanceteam zusammenstellen: eine Gruppe von Kollegen mit der gleichen Einstellung, die sich umeinander kümmern und einander helfen.Würde ich Trading in Vollzeit betreiben, dann wäre es einer meiner ersten Schritte, mich über Blogkommentare, Postings in Diskussionsforen, Teilnehmer an Traderkonferenzen und ähnlichen Veranstaltungen

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zu informieren, um Leute zu finden, die an meinen Märkten traden und das Trading ernst nehmen .Ich bräuchte keine Klone, sondern einfach Trader, die hinsichtlich ihrer Tradinginstrumente und Zeitrahmen mit mir vergleichbar sind.Dann würde ich etwas zu bilden versuchen, was man virtuelle Tradinggruppen nennen könnte: Gruppen von Kollegen, die mit ihrem eigenen Kapital traden, aber ihre Ideen bereitwillig kommunizieren und einander helfen.Man müsste so eine Gruppe sorgfältig auswählen und alle Teilnehmer müss202 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 203 ten ihre Tradingideen und Tradingergebnisse völlig kostenlos kommunizieren.In einem solchen Umfeld könnten die Gruppenmitglieder einander fördern, sich in schwierigen Zeiten Hilfe gewähren und voneinander lernen.Eine besonders wichtige Funktion einer solchen Gruppe wäre die gegenseitige Unterstützung; ähnlich der, wie sie bei den Anonymen Alkoholikern statt-findet.StockTickr (www.stocktickr.com) unterstützt kleine und große Tradinggruppen aktiv und achtet besonders auf die Verbesserung der Performance.Selbst wenn Sie nur einen oder zwei hilfreiche Kollegen finden, mit denen Sie sich über Ideen und Ergebnisse unterhalten können, haben Sie schon einen wichtigen Schritt getan, um einen neuen zwischenmenschlichen Kon-text für die Veränderungen zu schaffen, die Sie zu erreichen versuchen.Wenn Sie Ihre Kollegen klug auswählen, werden sie Sie herausfordern, unterstützen, von Ihnen lernen und Ihnen Dinge beibringen.Weil Sie diese Kollegen schätzen und sie nicht im Stich lassen wollen, werden Sie mit höherer Wahrscheinlichkeit an Ihrer Vorbereitung, Ihrer Disziplin und Ihren Zielen festhalten.Ein deutlich unterschätztes Stück psychologischer Weisheit besteht darin, soziale Zusammenhänge zu der Person (Trader) zu finden, die Sie sein wollen.Im Lauf der Zeit wird Ihnen das Feedback anderer Personen das Beste an Ihnen vor Augen halten und dieses ideale Selbst wird zu einem immer größeren Teil von Ihnen.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, müssen Sie nicht alles selbst tun.Ein Kardinalprinzip der psychologischen Rahmenbedingungen ist, dass die besten Veränderungen das Ergebnis kraftvoller Erlebnisse von emotionalen Beziehungen sind.Ihre Aufgabe besteht nun darin, nur eine Person zu finden, die ein Teil Ihres Teams wird: jemanden, dessen Veränderungsbemühungen Sie unterstützen können und der die Ihren unterstützt.Aus dieser Beziehung kann viel mehr werden – ein Netzwerk konzentrierter Profis, die einander helfen und motivieren.Wenn Sie aus dem Trading eine Beziehungserfahrung machen, gewinnen Sie Rollenmodelle, werden zum Rollenmodell, lernen von anderen und profitieren von der Belehrung anderer.Sie finden neue Wege zur Erfahrung Ihrer Stärken und Anleitung, wie Sie darauf bauen.Ihr täglicher Tradingcoach

Coaching-SchlüsselOnline-Tradingrooms bieten exzellente Chancen, Trader mit ähnlicher Einstellung kennenzuler-nen, und zudem können sie sehr wichtige Lerninstrumente sein. Einige Online-Tradingrooms, die es schon lange gibt, sind der von Linda Bradford Raschke mit Schwerpunkt auf dem tech-nischen Trading an verschiedenen Märkten (www.lbrgroup.com), der an Marktprofilen orien-tierte Room des Institute of Auction Market Theory unter der Leitung von Bill Durye und der Tradingroom von John Carter und Hubert Senters (www.tradethemarkets.com). Sehen Sie sich auch einmal die an Marktprofilen orientierten Lernprogramme von Jim Dalton und Terry Liberman (http://www.jdaltontrading.com/) an, um Kontakt zu ähnlich denkenden Tra-dern zu knüpfen. Zwei sehr bekannte Traderforen sind Elite Trader (www.elitetrader.com) und Trade2Win (www.tradetowin.com). In beiden kann man mit anderen Tradern Informationen austauschen und Kontakte zu Kollegen suchen. Für diejenigen, die gerade Tradingsysteme ent-wickeln, ist die Community interessant, die sich rund um die Plattform TradeStation gebildet hat (www.tradestation.com). Falls Sie eine bestimmte Tradingplattform oder Applikation be-vorzugen, kann es wirklich sehr wertvoll sein, Kontakt mit anderen zu haben, welche die glei-chen Werkzeuge verwenden. Market Delta (www.marketdelta.com) betreibt Lernprogramme für Anwender und ist auch im Netz für sie präsent. Dies tut auch Trade Ideas (www.tradeideas.com). Diese beiden Applikationen fand ich nützlich.

Lektion 47: Tolerieren Sie Ihr Unbehagen

Eine wichtige Erkenntnis der Psychodynamik besagt, dass unsere Abwehrmechanismen – die Maßnahmen, mit denen wir den Schmerz aus früheren Konfliktmustern meistern – sich physisch manifestieren können .Stellen Sie sich einen Trader vor, der in einer Verlustposition feststeckt.Tick für Tick sieht er zu, wie sich der Trade gegen ihn entwickelt.Seine Anspannung steigt immer mehr.Mit steifem Hals und angespannten Stirnmuskeln beugt er sich zum Bildschirm und hat seine Maus fest im Griff.Diese physische Anspannung kann man als Abwehrstrategie sehen.Diese Strategie unterbindet andere bedrohliche physische und emotionale Erfahrungen.Vielleicht würde der Trader jetzt gern schreien und fluchen, aber hat Angst vor Kontrollverlust.Vielleicht möchte der Trader einfach weinen, weil die Serie unnötiger Verluste ihn traurig macht.Er will aber keine Schwäche zeigen und hält über seine Anspannung die Tränen zurück.Es gibt viele andere physische Manifestationen der Abwehr.Stellen Sie sich einen Trader vor, der zögert, auf ein gut recherchiertes Tradingsignal zu reagieren.Seine Angst wächst, er sagt zu sich selbst, der Markt sei zu unsicher, und entfernt sich von seinem Bildschirm – nur um später feststellen zu müssen, dass sein Signal letztlich valide war.Seine Vermeidungsmaßnahme Situation zu verlassen – beruhigt kurzfristig seine Nervosität, hält ihn aber

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auch davon ab, die Marktentwicklung zu prognostizieren und Chancen zu nutzen.Eine weitere physische Verteidigung tritt auf, wenn ein Trader aus Frustration handelt, auf den Tisch schlägt, seine Maus durchs Zimmer wirft oder laut flucht und irgendwelche anderen für seine Verluste verantwortlich macht.Indem Sie Ihren Gefühlen freien Lauf lassen, vermeiden Sie, sich selbst zu befragen und die Verantwortung für Ihre Verluste zu übernehmen.Sie verteidigen sich gegen die Schuld und das Bewusstsein, dass Sie Ihren Depots Schaden zugefügt haben.Wir setzen oft unseren Körper ein, um unsere Gefühle nicht sehen und nicht an sie denken zu müssen.Einer meiner subtilen Abwehrmechanismen besteht darin, eifrig Informationen auszuwerten, um meine Idee bewerten zu können, wenn ich das Gefühl habe, dass eine Position nicht zu meinen Gunsten läuft .Natürlich verteidige ich mich gegen das Gefühl, falschzuliegen, und daher suche ich verzweifelt nach Gründen, an diesem Trade festzuhalten und den Verlust aufzuholen.Diese Reaktion macht die Situation meist noch viel schlimmer.Ich habe gelernt: Wenn ich mich in einem Trade völlig emotional verhalte, gibt es in der Regel gute Gründe für meine Gefühle und ich muss auf sie hören.Erinnern Sie sich daran, dass Abwehrmechanismen in der Psychodynamik Strategien sind, die helfen, uns vor dem emotionalen Schmerz früherer Konflikte zu schützen.Einer der einfachsten Mechanismen ist die Verdrängung: Gedanken, Gefühle und Erinnerungen werden aus dem Bewusstsein verbannt, damit sie uns keine Probleme verursachen können.Das Problem mit der Verdrängung ist natürlich, dass ein verdrängter Konflikt ungelöst bleibt.Wir können etwas nicht überwinden, wenn wir uns seiner Existenz nicht bewusst sind.Viele Trader setzen ihren Körper zur geistigen Verdrängung ein.Ihre physische Anspannung schränkt sie ein und verhindert das physische und emotionale Ausdrücken von Gefühlen.Ich habe Trader kennengelernt, die körperlich recht verspannt waren und doch keine Ahnung von Ausmaß und Art ihrer emotionalen Belastungen hatten.Auf seltsame Weise war diese verspannte Haltung ihre Methode, die Emotionen zu kontrollieren: Sie sind immer auf der Hut vor Gefahren und halten sich selbst streng unter Kontrolle.

Es ist schwierig, beim Trading den Bezug zu subtilen Hinweisen des Markts zu bewahren – das implizite Wissen, das wir durch jahrelange Mustererkennung erworben haben –, wenn unser Körper vor Anspannung und sogar Schmerz aufschreit.

Für Ihr Selbstcoaching brauchen Sie mehr als nur den Willen, diese defensiven Muster zu durchbrechen, um am meisten von ihnen profitieren zu können.Sie brauchen zudem die Fähigkeit, sich auf die Gefühle zu konzentrieren, gegen die Sie sich verteidigen.Sie sollten sich fragen: »Welche Gefühle wehre ich ab, wenn sich meine Muskeln verkrampfen?« Und: »Was will ich vermeiden, wenn ich anderen die Schuld gebe oder meinen Bildschirm ver-lasse?« Es geht dabei darum, gegen einen solchen Verteidigungsmechanismus vorzugehen – absichtlich die Muskeln zu entspannen, sich auf das eigene Innere zu konzentrieren, vor dem Bildschirm zu bleiben – und die bedrohlichen Gefühle einfach zu erleben.In der Psychodynamik spricht man von der Konfrontation mit den eigenen Abwehrmechanismen.Im Beratungsgespräch erzählt eine Klientin beispielsweise über ihre schmerzhaften Beziehungserfahrungen, wechselt dann plötzlich das Thema, beginnt, über ihre Kinder und deren schulische Leistungen zu sprechen.Vielleicht weise ich die Klientin sanft auf diesen Themawechsel hin und erkläre ihr, dass es für sie wohl leichter ist, über ihre Kinder als über sich selbst zu reden.Dann erzählt sie von ihrer Beziehung.Neue Informationen und eine Flut von Gefühlen kommen zur Sprache, gefolgt von Erinnerungen an ihr schlechtes Verhältnis zu ihrem Vater.Die Abwehrmechanismen zu durchbrechen führt zu einem emotionalen Durchbruch.Die Tiefe ihrer unterdrückten und verdrängten Gefühle wird ihr bewusst.Psychodynamisch vorgehende Therapeuten sind mit diesem Phänomen recht vertraut: Wenn man mit unterdrückten Gedanken, Gefühlen und Impulsen in Berührung kommt, führt dies zu einem neuen emotionalen Bewusstsein der eigenen Situation.Ihre Perspektive ändert sich, wenn Ihr emotionaler Zustand und Ihr Bewusstsein sich verändern.Diese Verschiebung führt oft zu neuen Einsichten und neuen Inspirationen für den Umgang mit schwierigen Konflikten.Wenn sich Ihre Gefühle verändern, entwickeln sich häufig auch neue Sichtweisen.Für diese emotionale Arbeit kann es sehr hilfreich sein, wenn Sie sich ganz bewusst Dinge vorstellen.Wenn Sie sich lebhaft eine Marktsituation 206 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 207 ausmalen, die dazu führt, dass Sie verkrampfen oder Ihrer Frustration freien Lauf lassen, können Sie, wenn Sie wirklich in eine solche Situation kommen, die Erfahrung machen, wie es sich anfühlt, diese Abwehrmechanismen anzuwenden.Es kann dann zu einer Vielzahl von Empfindungen kommen, derer Sie sich zuvor nicht bewusst waren.Wenn Sie sich zum Beispiel weigern, herumzubrüllen und andere zu beschuldigen, verspüren Sie vielleicht Traurigkeit und Schmerz über Ihre Verluste.Das macht es Ihnen möglich, sich mit dem Schmerz und der Unterstützung Ihrer selbst zu beschäftigen, statt diese Gefühle mit einem Wutausbruch zu verscheuchen.Ein höheres emotionales Bewusstsein kann zu einem Gefühl der Bestärkung führen, nicht zu mehr Kummer.Ein guter psychodynamischer Berater oder Therapeut wird unsere Abwehrmechanismen herausfordern und uns die verschiedenen Strategien nicht durchgehen lassen, die wir anwenden, um problematische Emotionen unter

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Kontrolle zu halten.Das Ergebnis ist das Bewusstsein, dass die Gefühle, die wir meiden, letztlich gar nicht so vernichtend sind.Vielleicht waren wir früher im Leben, als wir jünger und verletzlicher waren, wirklich nicht in der Lage, mit diesen Gefühlen umzugehen und alles zu tun, um sie auszulöschen.Jetzt, als reife Erwachsene, müssen wir nicht mehr vor ihnen davonlaufen.Es ist eine enorm kraftvolle und stärkende Erfahrung, unsere bedrohlichsten Emotionen zu verspüren und dann zu erkennen, dass wir letztlich nichts Schreckliches zu befürchten hatten.Also, wovor laufen Sie davon? Stellen Sie sich Ihre schlechtesten Tradingmuster als Abwehrmechanismen vor: als Handlungen, mit denen Sie sich vor emotionalen Schmerzen schützen.Wenn Sie sich dann weigern, gemäß diesen Mustern zu handeln, lassen Sie die Erfahrung auf sich einwirken und prüfen Sie, was Sie dabei fühlen.Sehen Sie, ob Sie eine andere Methode finden können, mit diesem Gefühl umzugehen.Sehr oft sind unser impulsives Tra-ding, unsere ängstliche Risikovermeidung, unsere Wutausbrüche und unser schlechtes Risikomanagement Versuche, uns vor einer schmerzlichen emotionalen Erfahrung zu schützen.Wenn Sie diese Erfahrung finden und Kontakt mit den betreffenden Gefühlen aufgenommen haben, werden Sie sehen, dass Sie vor nichts davonlaufen müssen.Sie können mit Verlusten, Versagensängsten und Enttäuschungen umgehen.Als Ihr eigener Coach müssen Sie sich das lediglich beweisen.Ihr täglicher Tradingcoach

Coaching-SchlüsselMassage kann ein exzellentes Mittel gegen körperliche Verspannungen sein, aber Sie können dabei auch viel über das Spannungsmuster Ihres Körpers lernen. Wenn Sie stärkeres Körper-bewusstsein entwickeln, bemerken Sie selbst, wie sich Ihre Muskeln verspannen oder Ihre Atmung sich verlangsamt, und dann können Sie bewusst Entspannungsübungen machen. Wenn Sie sich entspannen, indem Sie Ihre Muskulatur lockern und tiefer atmen, öffnen Sie sich einer neuen emotionalen Erfahrung und entwickeln neue Methoden des Umgangs mit Ihren Ge-fühlen.

Lektion 48: Die Übertragung von Meisterschaft

Gegen Ende meines Studiums, während meines Praktikumsjahrs in New York, begann ich eine psychoanalytische Therapie.Das Büro des Therapeuten befand sich in seiner Wohnung in einem für Manhattan typischen Hochhaus.Viele der Themen, an denen ich arbeiten wollte, hatten mit Rebellion gegen Autorität zu tun – ein Muster, das sich auf viele Situationen bei der Arbeit und in der Schule bezog.In der Regel versuchte ich, meinen Vorgesetzten zu gefallen.Wenn sie mir Anerkennung vorenthielten, konnte ich ziemlich rebellisch werden.Vor allem mochte ich das Gefühl nicht, von anderen kontrolliert zu werden.Wenn es in einer Arbeitssituation auch nur den Hauch von Zwang gab, schlug ich zurück – manchmal ziemlich hart.Als ich im Büro meines Therapeuten ankam, bemerkte ich, dass die Wohnungsschlüssel im Schloss steckten.Ich schob sie in meine Tasche, klopfte an die Tür, traf meinen Therapeuten und die Sitzung begann.Nach ein paar Mi-nuten kam die Frau des Therapeuten ins Büro – die Störung war ihr schrecklich unangenehm – und fragte ihren Mann, ob er die Wohnungsschlüssel habe.Ich langte in meine Tasche, lächelte ihr zu und gab ihr mit einem Augenzwinkern die Schlüssel.Kein schlechter Anfang für eine erste Sitzung.Sie müssen kein Freudianer sein, um das Manöver bei meiner ersten Sitzung zu durchschauen, einmal ganz abgesehen von der sexuellen Symbolik der Schlüssel.Wenn die Frau etwas brauchte, war ich derjenige, von dem sie es bekam.Es ist das bleibende Verdienst meines Therapeuten, dass er sehr gut auf die Situation reagierte: Er ging nicht in die Defensive, ignorierte die Episode aber auch nicht.Er forderte mich auf, mit ihm darüber nachzudenken, was 208 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 209 passiert war und warum.Das ist die psychodynamische Methode: Man verwendet eine Beziehung als Medium, um mit sich wiederholenden Konflikten aus der Vergangenheit umgehen zu können.Was der Therapeut erkannt hatte, war natürlich die Übertragung.Im psychodynamischen Jargon bezeichnet die Übertragung den Transfer von Konflikten aus der Vergangenheit in die Gegenwart.Mit anderen Worten: Ich reagierte auf meinen Therapeuten so, wie ich vielleicht auf meinen Vater oder auf meinen Chef reagiert hätte.Wäre der Therapeut nun feindselig und defensiv geworden (was legitim gewesen wäre, denn schließlich hatte ich ja seine Schlüssel eingesteckt!), dann hätte ich mir meine rebellische Haltung bewahrt.Tatsächlich hätte eine sol-che Reaktion des Therapeuten wahrscheinlich meine schlimmsten Befürchtungen über Autoritätspersonen bestätigt.Indem er sich weigerte, von seiner professionellen Haltung abzuweichen, bestätigte er meine Erwartungen nicht und legte die Rolle der Autoritätsperson ab.Das gab mir Raum, um nachzusehen, was ich in dieser und in anderen Beziehungen tat und warum ich es tat.Schließlich erkannte ich, dass mein Bedürfnis, in Beziehungen die Kontrolle zu übernehmen, seine Wurzeln in meiner Schwäche und Furcht hatte und kein Ergebnis von Stärke war.Ich lernte, dass ich eine viel bessere Kontrolle erreichen konnte, indem ich in Beziehungen mein Geschick nutzte, konstruktiv mit Menschen umzugehen.Die Heilkraft der psychodynamischen Arbeit ist die Nutzung von Beziehungen zur Schaffung neuer positiver und mächtiger emotionaler Erfahrungen.

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Für Trader ist es nicht ungewöhnlich, Märkte zu personalisieren.Manchmal sehen wir Märkte als gefährlich, bedrohlich, als abgekartetes Spiel, als Schatzkiste, Spielplatz oder kompliziertes Rätsel.Wenn wir Märkten menschliche Eigenschaften zuschreiben, müssen wir uns fragen, warum wir uns dabei für bestimmte Eigenschaften und gegen andere entscheiden.So wie ich Autorität auf meinen Therapeuten projizierte, projizieren wir die für uns problematischsten Eigenschaften auf Märkte.Das ist eine Art Übertragung.Wenn wir jahrelang mit dem Eindruck gelebt haben, dass uns niemand zuhört, haben wir nun das Gefühl, dass Märkte irrational und kapriziös sind.Wenn wir den Eindruck hatten, dass andere uns ausnützen, konzentrieren wir unsere Frustration vielleicht auf die Kursmakler, die Märkte zu unserem Schaden manipulieren.Ihr täglicher Tradingcoach Das Konzept der Übertragung legt nahe, dass uns an den Märkten wahrscheinlich das am stärksten frustriert, was uns auch in der Vergangenheit schon frustriert hat – und wahrscheinlich im Rahmen von Beziehungen .In einem sehr wichtigen Sinn haben wir Beziehungen zu den Märkten, die wir traden, und es ist für uns nicht ungewöhnlich, dass wir diesen Beziehungen die gleichen Eigenschaften zuschreiben, die unsere persönlichen Beziehungen belasten.Wenn wir an den aktuellen Märkten Muster aus der Vergangenheit ausleben, reagieren wir nicht mehr auf die objektive Nachfrage und das objektive Angebot.Wir verlieren uns in unseren eigenen Mustern und werden blind für die Muster der Märkte.

Auch beim Umgang mit unseren Tradingpartnern stoßen wir auf Beispiele von Übertragung.Wie ein Trader mit mir interagiert, zeigt oft, wie er an den Märkten vorgeht.Manche Trader vermeiden die Interaktion mit mir, weil ihnen ihre jüngsten Verluste peinlich sind.Eben diese Trader wenden bei ihrem Trading Vermeidungsmuster an, vernachlässigen die Verlustbegrenzung und die Vorbereitung.Andere Trader stellen sich beim Coaching mit mir als hilflos dar und betteln fast darum, dass man sie mit fertigen Antworten füttert, statt selbst Methoden auszuprobieren.Eben diese Trader verhalten sich in schwierigen Marktsituationen passiv, geben bereitwillig auf und zeigen nach ganz normalen Verlusten nur wenig Durchhaltevermögen.Ein Vorteil des Tradings mit einem Mentor oder einer Tradergruppe mit ähnlicher Einstellung ist, dass man beobachten kann, wie man miteinander umgeht.Die Muster, die in Ihrem Umgang mit anderen Tradern auftauchen, reflektieren oft die Muster, an denen Sie bei Ihrem Trading arbeiten müssen.Muster von übermäßigem Selbstvertrauen, Vermeidung, Rationalisierung – sie alle tauchen in Ihren sozialen Interaktionen auf.

Ihre wichtigsten Mängel im zwischenmenschlichen Umgang finden ihren Ausdruck an den Märkten.

Wie sehen Sie die Märkte, die Sie traden? Was sagen Sie über die Märkte, wenn Sie vom Trading am stärksten frustriert sind? Wenn Sie ein Bild Ihrer Märkte malen oder sie jemandem beschreiben sollten, der kein Trader ist, wie würden Sie sie darstellen? Hier ist es sinnvoll, in Ihrem Tradingjournal nachzulesen und Ihre Selbstgespräche auf alle Anzeichen einer Personalisierung der Märkte und des Tradings zu überprüfen.

Als Ihr eigener Tradingcoach haben Sie die Fähigkeit, Ihre eigenen Tradingerfahrungen zu schaffen.Wenn Sie das Ausmaß Ihrer Risiken kontrollieren, 210 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 211 Trades nur ausführen, wenn eine günstige Chance/Risiko-Relation gegeben ist, und Ihre Setups auf klare, geprüfte Muster beschränken, haben Sie die Möglichkeit, Tradingerfahrungen zu schaffen, die nicht dem Übertragungsdrehbuch folgen – so wie mein Therapeut sich weigerte, die Rolle zu akzeptieren, die ich ihm zugedacht hatte.Falls Ihr Problem der Umgang mit Frustrationen ist, besteht Ihre Herausforderung darin, bei Ihrem Zugang zu den Märkten Frustrationen zu schaffen, mit denen Sie umgehen können.Wenn Fluchtverhalten Ihr Muster ist, dann ist es Ihre Aufgabe, sichere Möglichkeiten zu finden, in Übereinstimmung mit Ihren Plänen in Ihren Trades engagiert zu bleiben.

Schaffen Sie Tradingerfahrungen, in denen Sie sich ohne Gefahr mit Ihren Ängsten konfrontieren können, und äußern Sie Ihre Frustrationen auf konstruktive Art. Diese Erfahrung schafft neue Wendungen für alte Drehbücher.

Wenn wir verhasste Eigenschaften auf die Märkte projizieren, teilen wir uns selbst auf.Ein Teil von uns kämpft gegen den Tradingprozess, ein anderer Teil versucht, in ihm engagiert zu bleiben .Auf diese Weise abgelenkt und geteilt, sind wir weniger dazu in der Lage, Marktmuster und deren Verschiebungen zu erkennen.Unter Tradern gibt es den Spruch: »Lass den Markt zu dir kommen.« Das bedeutet, dass man unvoreingenommen an die Märkte herangehen und Muster verarbeiten sollte, wenn sie sich entfalten.Das bedeutet Freiheit von Projek-tionen und von Konflikten, die wir auf unser Trading übertragen.Durch die Beobachtung, wie Sie zu den Märkten – und über sie – sprechen, können Sie sich von diesen sich wiederholenden Themen lösen und die Märkte tatsäch -lich auf sich zukommen lassen.

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Coaching-SchlüsselDer obigen Erörterung können Sie entnehmen, warum es psychologisch so wichtig ist, Ihre Einsätze und Risiken zu reduzieren, wenn Sie beim Trading auf Probleme stoßen. Das bietet ei-nen sicheren Kontext für das Ausprobieren neuer Ideen und die Verfeinerung Ihrer Methoden. So können Sie sich den Marktproblemen direkt und konstruktiv zuwenden, statt defensiv zu reagieren. Wenn wir unser Trading geplanter und geregelter gestalten, schaffen wir Kontrollerfahrungen. Wenn wir Risiken reduzieren, schaffen wir Erfahrungen von Sicherheit. Der Kern des psychodynamischen Selbstcoachings ist die Generierung neuer und kraftvoller Erfahrun-gen, die unseren Umgang mit uns selbst, mit anderen und mit der Welt verändern. Das Erschaf-fen neuer Tradingerfahrungen ermöglicht Ihnen, Ihr Trading und Ihre Märkte auf eine neuartige Weise zu erfahren, welche die Tür zu Chancen öffnet.Ihr täglicher Tradingcoach

Lektion 49: Die Macht der Diskrepanz

Eine wichtige Erkenntnis im Rahmen der Psychodynamik ist, dass Reden allein nicht zu dauerhaften Veränderungen führt.Wie wir in der letzten Lektion gesehen haben, verändern wir uns vielmehr durch neue, kraftvolle emotionale Erfahrungen.Diese Erfahrungen sind genau deshalb kraftvoll, weil sie unsere schlimmsten Befürchtungen und Erwartungen untergraben und uns zeigen, dass wir in der Tat die Konflikte und Gefühle meistern können, die früher einmal überwältigend waren.Wir können uns diesen Veränderungsprozess als die Generierung neuer Schlüsse für alte Geschichten vorstellen.Meine alte Geschichte ist vielleicht, dass ich mich vor Verlusten fürchte, weil ich früher traumatisierende Verluste erlitten habe, entweder als Trader oder schon vorher.Wegen dieser Verlustangst finde ich es unmöglich, Trades zu halten, bis ihre logischen Stopps oder Gewinnziele erreicht sind.Unvermeidlicherweise werde ich so besessen davon, einen Gewinn abzusichern oder einen Verlust zu minimieren, dass ich meinem Tradingplan zuvorkomme und früh aussteige.Beachten Sie, dass es sich hier um ein defensives Muster handelt: Ich versuche, dem Unbehagen, den ein Verlust verursachen würde, vorzubeugen, indem ich vorzeitig aussteige.Der Nachteil dieses Musters ist, dass ich niemals vollständig vom Gewinnpotenzial meiner Ideen profitiere, was sich natürlich auf meine Gewinn-Verlust-Bilanz auswirkt.Solange ich dieses Muster anwende, werde ich mich nie mit meiner Verlustangst konfrontieren und diese Angst nie überwinden können.Die Wiederholung des Musters verstärkt sie nur.Was wir in der psychodynamischen Arbeit brauchen, ist also ein neuer Schluss dieses Szenarios.Wir müssen uns weigern, defensiv zu werden, müssen stattdessen absichtlich im Trade bleiben und das Gefühl der Furcht zu-lassen.Die Idee dahinter ist, dass diese Furcht irgendwann in unserem Leben zu bedrohlich war, um sie aushalten zu können.Jetzt allerdings, in einem neuen Lebensabschnitt, in dem Sie mehr Ressourcen haben, können Sie mit der Furcht umgehen.Sie müssen sich nicht mehr dagegen verteidigen.Die Konfrontation mit Ihrem Grundkonflikt und seinen Emotionen – die Dinge, gegen die Sie sich am meisten verteidigt haben – ist für den psychodyna-mischen Veränderungsprozess entscheidend.Man kann den psychodynamischen Veränderungsprozess als Sequenzschema darstellen:212 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 213 Identifizieren Sie Ihre wiederkehrenden Problemmuster.Konfrontieren Sie sich mit den Kosten und Konsequenzen dieser Muster.Finden Sie heraus, wogegen Sie sich mit diesen Mustern verteidigen (was Sie vermeiden).Schaffen Sie Erfahrungen, vor allem in Beziehungen, um sich mit dem zu konfrontieren, was Sie vermeiden.Wiederholen Sie diese Erfahrungen in verschiedenen Beziehungen, um neue, konstruktive Methoden des Umgangs mit ihnen zu internalisieren.Ihre Probleme, so betont es diese Sichtweise, sind einfach Mechanismen zum Schutz vor mit Furcht verbundenen Erinnerungen, Gefühlen oder Wünschen.Sobald Sie diese Befürchtungen empfinden und wahrnehmen, müssen Sie die Furcht auf eine Weise kanalisieren, die Ihren Tradingplan nicht vom richtigen Weg abbringt.Sie könnten mit einem Tradingkollegen sprechen, um eine andere Sichtweise kennenzulernen, einige Übungen durchführen, um sich zu beruhigen, oder die Gelegenheit nutzen, um in Ihrem Tradingjournal zu schreiben, und Ihre Angst eher beobachten, als darin verwickelt zu sein.Indem Sie sich weigern, Ihre alten defensiven Muster anzuwenden, garantieren Sie sich ein psychologisch hilfreiches Resultat.Das ist sehr wichtig.Solange Ihre Position ein angemessenes Volumen aufweist, wenn das Chance/Risiko-Verhältnis in der Platzierung von Stopps und Kurszielen stimmt, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie erreichen Ihr Ziel und verdienen Geld oder Sie werden auf dem von Ihnen festgelegten Kursniveau ausgestoppt.Das zweite Szenario ist zwar weniger wünschenswert als das erste, aber keines von beiden ist eine Katastrophe.Wenn Sie sich auf eine Art verhalten, die von Ihrem alten Muster abweicht, schaffen Sie eine Situation, in der Sie nur gewinnen können: Entweder Sie gewinnen Geld oder Sie finden durch eigene Erfahrung heraus, dass der Verlust letztlich gar nicht so schlimm und kein Anlass für Befürchtungen war.In mancher

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Hinsicht ist diese Erfahrung sogar noch hilfreicher.Indem Sie sich mit Ihrem Worst-Case-Szenario konfrontieren und sehen, dass Sie damit umgehen können, entwickeln Sie ein enormes Gefühl von Zuversicht und Meisterschaft.Gut zu traden ist eine kraftvolle Quelle neuer, positiver emotionaler Erfahrungen.Es gibt viele Möglichkeiten, abweichende Erfahrungen zu konstruieren.Eine besteht darin, sich mit Menschen zu umgeben, die anders auf Sie reagieren als Ihre Bekannten aus der Vergangenheit, und sie zu einem Teil der Veränderungen zu machen, an denen Sie arbeiten.Diese Leute können Sie dann dabei unterstützen, alte Muster nicht zu wiederholen, und Ihnen positives Feedback geben, wenn Sie neue, positive Muster umsetzen.Eine andere Möglichkeit, Diskrepanz zu schaffen, ist die direkte Konfrontation mit unangenehmen Situationen, wobei man sich weigert, alte, defensive Manöver anzuwenden.Wenn Sie mit den Gefühlen in Kontakt kommen, die Sie bislang abgewehrt haben, werden Sie überrascht sein, wie problemlos Sie durch das Zulassen dieser Gefühle zu ganz neuen und konstruktiven Erlebnissen kommen.Ein von den psychodynamischen Therapeuten Alexander und French verwendeter Ausdruck erfasst den Kern dieser Methode: korrektive emotionale Erfahrung.Was Menschen dazu befähigt, ihre Problemmuster zu überwin-den, ist eine Gruppe emotionaler Erfahrungen, welche die Lernprozesse aus der Zeit vergangener Konflikte korrigieren. Es ist nicht genug, ein Problem zu identifizieren und darüber nachzudenken. Als Ihr eigener Tradingcoach müssen Sie Erfahrungen schaffen, die es Ihnen erlauben, dieses Problem zu überwinden .Das bedeutet natürlich, dass man sich weigert, problematische Gefühle zu unterdrücken.Stattdessen muss man sie vollständig erfahren und sich direkt mit ihnen auseinandersetzen.Wenn Sie die Erfahrung machen, dass Sie Ihr emotionales Worst-Case-Szenario überstehen und ohne bleibenden Schaden daraus hervorgehen können, dann ist das die korrektive emotionale Erfahrung.Es ist also Ihre Aufgabe, ein persönliches Experiment durchzuführen und im Lauf des Tradingtags nur eine korrektive emotionale Erfahrung zu machen.Identifizieren Sie Ihr repetitives Tradingverhalten, das Ihr Trading am stärksten behindert, und stellen Sie sich dann vor, was Sie ohne diese Verhaltensweisen denken und fühlen würden.Wenn eine Situation auftaucht, in der Sie normalerweise Ihr Muster wiederholen würden, strengen Sie sich an, sich zurückzuhalten und die Gefühle zu empfinden, die Sie identifiziert haben.Prüfen Sie, welche Gefühle das sind, wie Sie mit ihnen umgehen können und wie sich dieser neue Umgang auf Ihr Trading auswirkt.Vielleicht werden Sie überrascht sein, herauszufinden, dass die Konfrontation mit Ihren Ängsten der beste Weg ist, sie zu überwinden.214 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 215

Coaching-SchlüsselWenn Sie einen Tradingmentor haben, jemanden, den Sie respektieren und bewundern, dann versuchen Sie einen Tag lang, wie diese Person zu traden. Machen Sie alles so, wie dieser Mensch es Ihrer Meinung nach tun würde. Prüfen Sie, wie Sie sich mit diesem Gefühl der Dis-krepanz fühlen, wenn die Umsetzung Sie zwingt, Ihre eigenen negativen Muster zu überwinden. Durch die Umsetzung eines idealen Musters schaffen Sie neue Erfahrungen mit den Märkten, die alte, repetitive Muster untergraben.

Lektion 50: Durcharbeiten

Der Ausdruck »durcharbeiten« hat in der psychodynamischen Arbeit eine spezielle Bedeutung.Sobald Sie erste Veränderungen vollzogen haben – das Durchbrechen alter Muster von Verteidigung, Konfrontation mit emotionalen Konflikten und das Finden neuer Möglichkeiten, mit diesen umzugehen –, beinhaltet der Prozess des Durcharbeitens die Erweiterung dieser Zugewinne, indem man den Prozess in einer Vielzahl von Situationen wiederholt.Wie wir gesehen haben, bekämpft die Wiederholung den Rückfall: Das Durcharbeiten eines Problems in einer Reihe von Beziehungssituationen zementiert neue und reife Methoden des Umgangs mit grundlegenden Konflikten.Ein klassisches Beispiel ist der Trader, der in seinen Beziehungen Nähe vermeidet, weil er Angst hat, zurückgewiesen zu werden.Natürlich überträgt er in der Beziehung zu seinem Berater seine Ängste aus der Vergangenheit auf die aktuelle Situation und meidet intime Themen.Das gibt ihm zwar ein oberflächliches Gefühl der Sicherheit, hindert den Trader aber daran, über die wirklich wichtigen Dinge zu sprechen – und darüber hinaus.Sobald der Trader sich bewusst bemüht, sich in den Sitzungen zu öffnen, liefert der Berater die diskrepante Reaktion, indem er den Trader nicht zurückweist.Das erleichtert es im Lauf der Zeit, in Zukunft das Muster mit dem Berater zu durchbrechen und offen zu bleiben.Beim Prozess des Durcharbeitens würde der Trader aus unserem Beispiel die mit dem Berater erzielten Fortschritte in angemessener Art und Weise auf andere Beziehungen übertragen: Freundschaften, enge Beziehungen am Arbeitsplatz und romantische Beziehungen.Das Durcharbeiten des Konflikts in den verschiedensten Situationen festigt neue und positive Muster.Die positive Spiegelung vieler Beziehungen befähigt den Trader, ein Gefühl von Sicherheit zu internalisieren, das er auf eine Vielzahl von Lebenssituationen

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Ihr täglicher Tradingcoach übertragen kann.Mit anderen Worten: Nicht eine einzelne korrektive emotionale Erfahrung, sondern viele solche Erfahrungen befähigen uns dazu, ein neues Selbstgefühl zu internalisieren.Erfolgreiches Selbstcoaching baut zahlreiche korrektive emotionale Erfahrungen auf. So kann man neue, konstruktive Muster internalisieren.Letztlich ist dies der Kern der psychodynamischen Arbeit: die Neudefinierung des Selbst durch Schaffen und Absorbieren so vieler wirkungsvoller und konstruktiver Erfahrungen, dass es unmöglich wird, in der Vergangenheit verhaftet zu bleiben.Ich habe die Identität eines Autors nicht nur internalisiert, indem ich Artikel und Bücher geschrieben habe, sondern auch durch die langfristige Interaktion mit Redakteuren und Lesern .Es gab eine Zeit, in der ich mit einer Schreibblockade vor einem weißen Blatt Papier saß und mir Sorgen machte, dass das, was ich schrieb, nicht die Aufmerksamkeit des Publikums erhalten würde.Nach etlichen positiven Erfahrungen mit meinen Schriften und den Lesern ist das heute kein Problem mehr.Das Schreiben geht mir so natürlich von der Hand wie ein Gespräch.Vielleicht gab es auch eine Zeit, als Sie sich für einen kleinen Anfänger beim Trading hielten.Wenn Sie dann über Monate und Jahre Erfahrungen als Trader gesammelt, Geld verdient und Ihr Konto aufgefüllt haben, sehen Sie sich nicht mehr als Neuling.Durch die positiven Erfahrungen nehmen Sie die Identität eines erfahrenen und geschickten Traders an.Erinnern Sie sich an den Prozess der Entwicklung von Expertise: Die Schritte, die Fähigkeiten aufbauen, sind auch die Schritte, die Identität konstruieren.Wenn Sie sich die Lernkurve hinaufarbeiten, ist die Entwicklung vom Anfänger zum kompetenten Trader mehr als der Aufbau von Wissen und Fähigkeiten.Sie ist eine Transformation des Selbst als Ergebnis wiederholter positiver Erfahrungen. Ihre Ausbildung als Trader sollte Ihnen ständig korrektive emotionale Erfahrungen liefern: Das Training selbst wird zum Hilfsmittel bei der Arbeit an Ihren Schwächen.Wenn Sie den Punkt des Durcharbeitens erreicht haben, wollen Sie selbst aktiv für Erfahrungen sorgen und sich in möglichst vielen Situationen mit Ihren alten Mustern konfrontieren, um die Möglichkeit zu schaffen, sie durch neue Muster zu ersetzen.Wie ich in vorangegangenen Lektionen schon betont habe und wie Sie den Ratschlägen erfahrener Trader in Kapital 9 entnehmen können, ist dies besonders wirksam, wenn Sie Probleme mithilfe von Tra2dingkollegen durcharbeiten.Deren Widerspiegelung Ihres Erfolgs – ebenso wie das Feedback, das meine Identität als Autor stabilisierte – wird Sie in die Lage versetzen, sich Ihre Veränderungen buchstäblich zu Herzen zu nehmen.Ihre Anstrengungen beim Selbstcoaching im psychodynamischen Modus werden am erfolgreichsten sein, wenn Sie Ihre alten Muster täglich unterbrechen und neue Muster einsetzen können – mit dem aktiven Feedback derje-nigen, mit denen Sie arbeiten.Ich habe viele Trader gekannt, die versuchten, ihre spezifische Tradingperformance geheim zu halten.Offensichtlich war es ihnen peinlich, dass sie nicht mehr Geld verdienten.Sie reden bereitwillig über ihre Gewinntage, sind nach schlechten Tagen aber seltsam vage oder schweigsam.Das ist exakt das Gegenteil der Methode, die für Sie funktionieren wird.Sie wollen mit allen Ihren Fehlern und Schwächen offen umgehen, weil Ihnen dies emotional dabei helfen wird, die Schwächen in die richtige Perspektive zu setzen.Wenn Ihre Fehler (oder Ihre Ängste bezüglich der Reaktionen anderer auf diese Fehler) so bedrohlich sind, dass Sie sie verbergen müssen, werden Sie von Ihren defensiven Mechanismen kontrolliert.Wenn Sie sich anderen völlig öffnen können, haben Sie nichts zu verbergen.Ihre Akzeptanz durch andere ist vollständig und echt – keine falsche Reflexion eines falschen Selbst.Vor einiger Zeit stellte ich meine Trades via TraderFeed live ins Netz und lud die Leser ein, es mir gleichzutun und auch ihre Trades zu posten.Damals zählte der Blog etwa 2000 Besucher pro Tag.Ich stellte mir vor, dass wir von zehn verschiedenen Tradingmodellen lernen könnten, falls nur ein halbes Prozent aller Besucher mein Angebot annehmen würde.Von den 2000 Leuten zeigte allerdings nur einer zögerliches Interesse.Keiner wollte sein Trading veröffentlichen.So, lieber Leser, reagieren Verlierer.Wenn Leser eine psychodynamische Veränderungsmethode annähmen, würden sie ihre Trades bereitwillig in Echtzeit darstellen und keinerlei Anstrengung unternehmen, ein falsches Selbst aufrechtzuerhalten.Im Lauf der Zeit wären ihre Fortschritte offensichtlich und das massive positive Feedback, das sie erhalten würden, sollte eine neue Identität, ein tiefes Gefühl der Sicherheit und emotionale Furchtlosigkeit festigen.Verantwortlichkeit liefert kraftvolle Möglichkeiten, unsere größten Unsicherheiten durchzuar-beiten.Ihr täglicher Tradingcoach Ihre Herausforderung aus dieser Lektion besteht darin, den Kimono zu öffnen und das Durcharbeiten mit dem Feedback von Personen, die Sie respektieren, zwischenmenschlich zu gestalten.Das wäre ein Teil Ihres täglichen Tradingplans und stellt sicher, dass Sie jeden Tag korrektive emotionale Erfahrungen schaffen.Manche mir bekannten Trader haben exakt diese Methode angewendet, indem sie ihre eigenen Blogs starteten, ihre Trades posteten und Beziehungen zu anderen Tradern entwickelten, die konstruktiv auf ihre Ideen reagierten.Beziehungen sind ein kraftvolles Medium für Veränderungen, vielleicht das kraftvollste.Wenn Sie die richtigen Beziehungen pflegen, verleihen Sie Ihrem Selbstcoaching eine reale Wirksamkeit, die über die einfachen Einträge in Ihrem Tradingjournal hinausgeht.

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Coaching-SchlüsselFinden Sie mindestens eine Person, der Sie Rechenschaft über Ihre Entwicklung als Trader ablegen. Es sollte jemand sein, dem Sie vertrauensvoll Ihre Gewinn-Verlust-Bilanz, Ihre Trading-journale und Ihre Ziele vorlegen können. Trader bei professionellen Tradingfirmen genießen den großen Vorteil, dass sie automatisch für ihre Performance verantwortlich sind und deshalb mit Mentoren und Risikomanagern offen über Erfolge und Misserfolge sprechen können. Die Verantwortlichkeit sorgt dafür, dass man sich nicht verstecken kann. Das ist eine exzellente Strategie, um defensives Verhalten zu bekämpfen und die mit Rückschlägen verbundene Be-drohung zu entfernen.

QuellenDer Blog Become Your Own Trading Coach ist die wichtigste zusätzliche Quelle für dieses Buch.Links und zusätzliche Postings zum Thema der Coachingprozesse finden Sie auf der Homepage des Blogs für Kapitel 5: http://becomeyourowntradingcoach.blogspot.de/2008/08/daily-trading-coach-chapter-five-links.html.Einen exzellenten Überblick über psychodynamische Methoden der Kurztherapie finden Sie in Hanna Levensons Kapitel »Time-Limited Dynamic Psychotherapy: Formulation and Intervention« in The Art and Science of Brief Psychotherapies, herausgegeben von Mantosh J.Dewan, Brett N.Steenbarger und Roger P.Greenberg (American Psychiatric Publishing, 2004).Eine lesenswerte Quelle zum Thema des Aufbaus emotionaler Selbstwahrnehmung ist Leslie S.Greenbergs Buch Emotion-Focused Therapy: Coaching 218 Kapitel 5 - Alte Muster aufbrechen: Der psychodynamische Rahmen des Selbstcoachings 219 Clients to Work Through Their Feelings (American Psychological Association, 2002).Lesen Sie hierzu auch den klassischen Text von Leslie S.Greenberg, Laura N.Rice und Robert Elliott Facilitating Emotional Change: The Moment-by-Moment Process (Guilford, 1993).Relevante Artikel über Psychodynamik und Selbstcoaching finden Sie im Abschnitt »Articles on Trading Psychology« meiner persönlichen Website: www.brettsteenbarger.com/articles.htm.Zu diesen Artikeln gehören »Behavioral Patterns That Sabotage Traders« und »Brief Therapy for Traders«.Selten findet man Tradingcoachs, die etwas über Psychodynamik wissen.Eine bemerkenswerte Ausnahme ist Denise Shull, die das Kapitel »What Would Freud Say: Stroll Down Freud’s Mental Path to Profits« im von Laura Sether herausgegebenen Buch The Psychology of Trading (W&A Publishing, 2007).221

Kapitel 6Eine neue Landkarte des Denkens: Kognitive Methoden des Selbstcoachings

Für die meisten von uns liegt die größere Gefahr nicht darin, unsere Ziele zu hoch anzusetzen und sie nicht zu erreichen, sondern sie zu niedrig zu setzen und sie deshalb zu erreichen.

Michelangelo

In Kapitel 5 haben wir die psychodynamischen Rahmenbedingungen des Selbstcoachings erörtert.Diese Rahmenbedingungen sind besonders relevant, wenn wir im Lauf der Zeit in einer Reihe von Situationen unsere unproduktiven Muster wiederholen.Grundsätzlich ist die psychodynamische Sichtweise eine historische: Sie demonstriert die Verbindungen zwischen unseren Umgangsmechanismen in der Vergangenheit und der Art, wie wir heute auf bestimmte Situationen reagieren.Der kognitive Rahmen ist weniger historisch, ebenso wie der verhaltensmäßige, den wir in Kapitel 7 erörtern werden.Er betont, wie wir im Hier und Jetzt mit der Welt umgehen.Eine essenzielle Botschaft kognitiver Methoden lautet, dass man seine Handlungen verändert, wenn man seine Sichtweise verändert.Die Vergangenheit ist in diesem Zusammenhang zwar nicht irrelevant, aber das kognitive Selbstcoaching erklärt, was wir im Hier und Jetzt tun können, um unseren Umgang mit der Welt zu verändern.Kognitives Coaching ist von besonderer Bedeutung, wenn man gegen negative Denkmuster kämpft, die Motivation, Konzentration und Entscheidungsfindung beeinträchtigen.Zu den häufigsten kognitiven Mustern, die Trader verändern wollen, gehören die folgenden:PerfektionismusSelbstbeschimpfung nach VerlustenSorgenUngünstige Marktereignisse persönlich nehmen Übermäßiges Selbstvertrauen

Kognitive Methoden helfen uns, unser Denken zu reflektieren und unsere Wahrnehmung der Welt und unserer eigenen Person neu zu strukturieren.Sehen wir uns an, wie das funktioniert.

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Lektion 51: Schemata des Verstandes

In Kapitel 5 haben wir psychodynamische Methoden des Veränderungsprozesses beschrieben.Dabei wird die Verwendung kraftvoller emotionaler Beziehungserfahrungen beim Durchbrechen von Verhalten betont, das aus früheren Konflikten stammt.Wenn man sie auf das Selbstcoaching anwendet, erfordert die psychodynamische Perspektive eine duale Sichtweise der Vergangenheit und der Gegenwart.Dabei versucht man zu erkennen, wann die Vergangenheit in den aktuellen Reaktionen auf Tradingprobleme wiederholt wird.Der kognitive Ansatz dagegen konzentriert sich stärker auf die Gegenwart.Der Fokus liegt auf unserem Denken sowie der Relation zwischen unserem Denken und der Art, wie wir uns fühlen und verhalten.Ebenso wie die in Kapitel 7 beschriebenen verhaltensmäßigen Methoden basiert der kognitive Veränderungsansatz auf der Lerntheorie.Statt die Erschaffung von Beziehungserfahrungen zu betonen, liegt der Schwerpunkt auf dem Aufbau von Fähigkeiten.Daher spielen »Hausaufgaben« in der kognitiven Arbeit eine wichtige Rolle, und das macht den kognitiven Ansatz für das Selbstcoaching besonders nützlich.Beim kognitiven Coaching erlernen Sie Fähigkeiten, mit denen Sie Informationen konstruktiver verarbeiten können.Viele kognitive Psychologen beziehen sich auf die Analogie des Naturwissenschaftlers, wenn sie unsere Denkprozesse beschreiben.Naturwissenschaftler beobachten die Natur, suchen nach Mustern und Regelmäßigkeiten.Sobald sie diese Relationen gefunden haben, entwickeln sie Theorien, die ihre Beobachtungen erklären sollen.Experimente prüfen diese Theorien und liefern neue Beobachtungen, die es den Wissenschaftlern ermöglichen, ihre Theorien zu modifizieren.Im Lauf der Zeit gelangt die Wissenschaft durch das Testen, Beobachten, Modifizieren und weitere Tests zu einem immer stärker verfeinerten Verständnis der Welt.222 Kapitel 6 - Eine neue Landkarte des Denkens: Kognitive Methoden des Selbstcoachings 223 Kognitive Forscher nennen die Theorien in unseren Köpfen Schemata.Diese Schemata sind so etwas wie mentale Landkarten, mit denen wir uns in der uns umgebenden Welt orientieren.Wir interpretieren Ereignisse und Interaktionen mit anderen anhand dieser Schemata.Wenn möglich, passen wir ihnen neue Ereignisse an und modifizieren, wenn erforderlich, unser Verständnis, damit es zu neuen Ereignissen passt.Der Entwicklungspsychologe Jean Piaget erklärte, dieser Prozess der Assimilation und Anpassung liefere uns ein tieferes und reicheres Verständnis unserer Welt .Wir arbeiten ständig an unseren Landkarten der Realität.

Wir erfahren die Welt niemals direkt; jede Erfahrung wird durch mentale Landkarten gefiltert. Wenn unsere Landkarten die Welt verzerren, werden auch unsere Wahrnehmungen verzerrt.

Schemata sind nicht nur Ansammlungen von Gedanken, sondern sie sind Komplexe aus Gedanken, Gefühlen und Handlungstendenzen.Nehmen wir zum Beispiel an, dass ich als Kind heftig verprügelt wurde und die Welt nun als einen gefährlichen Ort wahrnehme.Eines meiner Schemata könnte dann lauten: »Du kannst den Menschen nicht trauen.Sie werden dir wehtun.« Wenn andere versuchen, mich kennenzulernen, wird dieses Schema zu einer Linse, durch die ich ihr Verhalten sehe.Statt freundlich zu reagieren, wende ich meine Abwehrmaßnahmen an und distanziere mich.Wegen des Schemas habe ich ihr Verhalten als gefährlich interpretiert.Manchmal sind die Schemata verzerrt wie die Linsen, durch die wir Ereignisse sehen.Sie verleiten uns dazu, wie im oben geschilderten Beispiel auf übertriebene Weise Ereignisse zu sehen und auf sie zu reagieren.Nehmen Sie das Beispiel des Traders, der seinen Wert anhand seiner Gewinn-Verlust-Bilanz definiert.Wenn er Geld verdient, wird er übermütig und setzt zu viel ein.Und bei einem schweren Rückschlag wird er risikoscheu und zweifelt an sich selbst.Solange seine Tradingergebnisse durch dieses Schema gefiltert werden, wird er wahrscheinlich auf verzerrte Art und Weise über seine Profitabilität nachdenken und auf sie reagieren.Problematische Muster entwickeln sich, wenn sich unsere verzerrten Reaktionen auf die Welt gegenseitig verstärken.Im oben geschilderten Beispiel nehme ich Menschen als gefährlich und nicht vertrauenswürdig wahr, weil andere mich früher verletzt haben.Das gilt auch dann, wenn Menschen freundlich auf mich zugehen.Meine Wachsamkeit lässt mich für andere feindlich oder misstrauisch aussehen und natürlich sind sie dann nicht mehr freundlich zu Ihr täglicher Tradingcoach mir.Das wiederum überzeugt mich davon, dass meine Ansichten über sie völlig richtig waren, was wiederum mein verzerrtes Schema verstärkt.Wenn wir in solchen sich selbst verstärkenden Schemata feststecken, überprüfen wir unsere mentalen Landkarten nicht mehr: Unsere negative Sicht der Welt und unsere Reaktionen auf sie verfestigen sich.Automatische Gedanken sind die habituellen Denkweisen, die aus unseren Schemata erwachsen.Sobald ein Schema ausgelöst wird, setzt es in der Regel eine Reihe von Gedanken und Gefühlen in Gang, die unsere Handlungen anleiten.Zum Beispiel kann uns das Schema eines verletzlichen Selbstwertgefühls dazu verleiten, auf einen Börsenverlust mit Niedergeschlagenheit, Depression und vielen Gedanken zu reagieren, die in der Reaktion »Ich werde niemals Erfolg haben« ihren Höhepunkt erreichen.Solche Gedanken und Gefühle sind keine objektiven Einschätzungen der Märkte oder unseres Tradings.Vielmehr sind sie automatische, erlernte Reaktionen, die zu angewöhnten Mustern geworden sind.

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Wir beobachten unsere Schemata niemals direkt; vielmehr erfahren wir ihre Manifestationen durch unsere automatischen Gedanken.Das Ziel der kognitiven Arbeit ist, diese negativen Denkmuster zu verlernen und sie durch eine realistischere Sichtweise der Welt zu ersetzen.Diese Restrukturierung unseres Denkens bedeutet, dass wir, wie Naturwissenschaftler, unsere Theorien revidieren müssen.Die kognitive Herangehensweise liefert Methoden, um diese Revision zu vollziehen.

Es gibt viele automatische Gedanken, die Trader betreffen, wenn sie mit Risiken und Unsicherheit kämpfen.Hier sind einige davon:»Ich muss mehr Geld machen.«»Ich bin so dumm.Wie habe ich das nur tun können?«»Ich muss an diesem Markt richtigliegen.«»Geld zu verlieren kann ich mir nicht leisten.«»Der Markt will mir schaden.«»Ich muss mir mein Geld zurückholen.«»Ich mache nichts richtig.«

Der erste Schritt, Ihr eigener Tradingcoach zu werden, besteht dem kognitiven Ansatz zufolge darin, die Gedanken zu identifizieren, die beim eigenen Tra224 Kapitel 6 - Eine neue Landkarte des Denkens: Kognitive Methoden des Selbstcoachings 225 ding automatisch auftauchen.Manche Trader, mit denen ich gearbeitet habe, entschieden sich für eine ungewöhnliche Maßnahme.Sie nahmen sich selbst während des Handelstags auf Tonträger oder Video auf und überprüften diese Aufnahmen nach Handelsschluss.Das ist eine hervorragende Methode, um die wiederkehrenden Gedanken und Gefühle zu identifizieren, die mit Problemen beim Trading verbunden sind .Oft gibt es nur einen oder zwei automatische Kerngedanken, die unsere Erfahrung dominieren.Das sind die Gedanken, die den ersten Fokus Ihrer Coaching-Bemühungen ausmachen.Ihre Aufgabe ist nun, sich beim Trading zu beobachten, entweder per Video oder über Tonaufzeichnungen, und sich Notizen über wiederkehrende Gedanken und Gefühle zu machen.Befassen Sie sich zunächst nicht damit, diese Gedanken zu verändern.Beobachten Sie einfach, wie Ihr Verstand gelegentlich überwältigt wird, wenn die Ereignisse bestimmte Schemata auslösen.Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Sie durch Ihre Erfahrungen aus erster Hand verstehen, dass Ihr Wille und Ihr Verstand nicht vollständig frei sind.Manchmal können wir alle recht robotermäßig agieren und Gedanken wiederholen, die zu reinen Gewohnheiten geworden sind.Durch die Beobachtung dieser gewohnheitsmäßigen Denkmuster beginnen Sie mit dem Prozess, sich von ihnen zu trennen.

Coaching-SchlüsselUnsere problematischsten automatischen Gedanken kommen oft zum Vorschein, wenn wir müde oder überfordert sind. Denken Sie einmal an Zeiten zurück, als Sie sich von Arbeit, Verantwortung und Marktproblemen überlastet fühlten. Welche Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf? Wie wirken sich diese Gedanken auf Ihre Gefühle und Ihr Verhalten aus? Die Selbst-beobachtung, wenn Sie psychologisch am verwundbarsten sind, ist eine großartige Methode, die eigenen negativen Denkmuster und Schemata deutlich zu erkennen.

Lektion 52: Nutzen Sie Ihre Gefühle, um Ihr Denken zu verstehen

Die Erforschung Ihrer stärksten Gefühle ist eine hervorragende Möglichkeit, das automatische Denken zu identifizieren, das Ihr Trading am stärksten gefährden könnte.Im kognitiven Ansatz sind unsere Gefühle eine Funktion unserer Wahrnehmung: Wie wir Dinge sehen und wie wir das Gesehene interpretieren, prägt unsere emotionalen Reaktionen.Wenn Ihre InterpretatiIhr täglicher Tradingcoach on bestimmter Ereignisse extrem ist, reagieren Sie höchstwahrscheinlich mit extremen Emotionen.Diese Gelegenheiten, bei denen wir peinlich berührt auf unser Verhalten zurückblicken und uns fragen, wie wir die Dinge derart an die Wand fahren konnten, sind höchstwahrscheinlich die Nachwirkungen von Zeiten, als wir von den automatischen Gedanken kontrolliert wurden, die aus verzerrten mentalen Landkarten stammten.Wenn ich zum Beispiel über die Ereignisse nachdenke, als ich komplett die Kontrolle über mich selbst verlor, dann waren das wahrscheinlich Situationen, in denen ich etwas erreichen wollte, meinen Weg aber ohne vernünf-tigen Grund blockiert sah.Vielleicht versuchte ich, pünktlich zu einer Verabredung zu erscheinen, und vor mir fuhr jemand sehr langsam, während er mit seinem Handy telefonierte.Es könnte auch eine Situation sein, in der ich mit einem Trader in einer Firma etwas zu erreichen versuche, aber auf bürokratische Hindernisse stoße.Der Gedanke hinter meinen Temperamentsausbrüchen lautet: »Ich muss das jetzt erledigen!« Oft handelt es sich um Situationen, in denen es nicht um Leben und Tod geht.Man muss sie eigentlich nicht sofort und an Ort und Stelle erledigen.Mein Schema sagt allerdings, dass es schrecklich wäre, wenn etwas nicht sofort erledigt wird; es wäre eine Katastrophe.Ich reagiere auf meine eigenen inneren Vorstellungen, was ich tun sollte und tun muss – und nicht auf die objektiven Anforderungen der Situation.Die übertriebene emotionale Reaktion

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nährt ein verborgenes Denkmuster, das meine Wahrnehmung verzerrt.

Wenn wir Wünsche in Anforderungen verwandeln, mobilisieren wir den Körper und reagieren mit Stress.

In der psychodynamischen Arbeit wäre der Fokus von historischer Natur: die Ermittlung von Beziehungsmustern aus der Vergangenheit, die vielleicht am Beginn meines Denkens und meiner Gefühle standen .Der kognitive Ansatz beschäftigt sich dagegen weniger mit den Ursprüngen der Denkmuster als mit dem, was wir in der Gegenwart tun, um sie zu erkennen und zu modifizieren.Indem wir unsere extremen emotionalen Reaktionen beobachten, wenn sie auftreten, können wir die Denkmuster zu erkennen lernen, die uns in der Gegenwart betreffen, und sie eventuell infrage stellen.Beim kognitiven Ansatz erreicht man dies, indem man lernt, anders zu denken und die Welt durch andere Linsen zu filtern.226 Kapitel 6 - Eine neue Landkarte des Denkens: Kognitive Methoden des Selbstcoachings 227 Ein Beispiel: Wenn ich mir Druck bezüglich der Zeit und der Aufgaben mache, die ich erledigen will, erkenne ich meine steigende Frustration und sage mir, dass ich damit nichts erreichen werde.Eine andere Sichtweise dieser Situation lautet: »Was könnte schlimmstenfalls passieren? Wäre das wirklich eine Katastrophe?« Wenn ich mir das schlimmste mögliche Szenario vor Augen halte, sehe ich, wie idiotisch es ist, mich damit zu beschäftigen.Die möglichen Konsequenzen entsprechen nur selten dem Ausmaß an Druck, den ich auf mich selbst ausübe.Letztlich ist es dies, was die Verzerrung des Schemas ausmacht.

Wenn wir die Linsen austauschen, durch die wir Ereignisse sehen, verändern wir unsere Reak-tionen auf diese Ereignisse.

Welches sind unsere übertriebensten emotionalen Reaktionen auf die Märkte? Werden Sie wütend, wenn Ideen nicht funktionieren? Fühlen Sie sich am Boden zerstört, wenn Sie Verluste erleiden? Haben Sie in volatilen Bör -senphasen Angst? Vielleicht schwanken Sie auch zwischen Gefühlen der Selbstüberschätzung und der Eitelkeit und Empfindungen von Verzweiflung und Wertlosigkeit? Ihre intensivsten Gefühle sind Widerspiegelungen Ihrer verborgensten Denkmuster und diese Gefühle zeigen Ihre wichtigsten Schemata:Schema der Gerechtigkeit – »Ich habe Arbeit reingesteckt; ich sollte Geld verdienen.«Schema der Katastrophe – »Es wäre schrecklich, wenn mein Trade nicht funktioniert.«Schema der Sicherheit – »Ich kann jetzt nichts tun; der Markt ist zu gefährlich.«Schema des Selbstwerts – »Ich bin ein kompletter Versager; ich kann kein Geld verdienen.«Schema der Zurückweisung – »Ich werde dermaßen idiotisch aussehen, wenn ich damit keinen Erfolg habe.«

Man kann leicht erkennen, wie diese Schemata natürlicherweise zu übertriebenen Emotionen von Zorn, Frustration, Furcht und Depression führen.Als Ihr eigener Tradingcoach wollen Sie Ihre extremsten Gefühle dazu verwenden, etwas über Ihre verzerrtesten Sichtweisen Ihrer eigenen Person und Ihres Tradings zu erfahren.Wenn Sie Ihre Risiken richtig managen, sollte kein einzelner Trade und kein einzelner Tradingtag allzu bedrohlich sein.Wenn Sie Ihr täglicher Tradingcoach Märkte als sehr bedrohlich empfinden, wissen Sie, dass die Märkte und sogar Ihr Trading nicht das eigentliche Problem sind, sondern die Art und Weise, wie Sie Ihre Tradingergebnisse interpretieren.Lesen Sie die letzten beiden Sätze bitte ganz langsam noch einmal.Wenn Sie gut traden – mit Plänen, die bewiesene Vorteile aufweisen und mit angemessener Risikokontrolle –, ist das Trading zwar anstrengend, aber nicht frustrierend.Die Märkte sind nicht die Ursache, dass wir uns ängstlich, depressiv oder zornig fühlen.Die Bedrohung liegt darin, wie wir selbst unsere Börsenresultate sehen.Wenn ich mit starken Emotionen auf mein Trading reagiere, führe ich gern eine einfache Übung durch .Ich stelle mir die einfache Frage: Reagiere ich auf die Situation so, wie sie ist, oder reagiere ich auf das, was ich mir selbst über die Situation einrede? Diese Frage zwingt mich zur Konfrontation mit meinem Denken, und ich muss mich fragen, ob die Heftigkeit meiner emotionalen Reaktion tatsächlich gerechtfertigt ist.Wenn die objektive Situation nicht die Ursache meiner Gefühle ist, müssen meine Emotionen inneren Ursprungs sein: eine Funktion Ihrer Art, Ereignisse zu verarbeiten.Wenn die Emotionen der Situation nicht angemessen sind, muss mein Denken über die Situation verzerrt sein.

Je größer die Verzerrung Ihres Denkens, desto größer ist auch die Verzerrung Ihrer Emotionen.

Schreiben Sie auf, was Sie zu jemand anderem – einem anderen Trader – sagen müssten, damit er so reagiert, wie Sie gerade reagiert haben.Was könnten Sie ihm sagen, damit er so extrem reagiert? Wahrscheinlich würden Sie der anderen Person sagen, dass es um die Emotionen geht, die Sie sich selbst einreden:»Du taugst nichts!«»Das ist alles deine Schuld!«»Du wirst dein Geld verlieren!«

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»Du kannst nicht gewinnen!«

Falls Sie diese Botschaften jedes Mal aufschreiben, wenn Sie extrem emotional reagieren, sind Sie nahe daran, den Output Ihrer kognitiven Schemata zu duplizieren.Es ist viel leichter, mentale Landkarten neu zu zeichnen, wenn sie offen vor Ihnen liegen.228 Kapitel 6 - Eine neue Landkarte des Denkens: Kognitive Methoden des Selbstcoachings 229

Coaching-SchlüsselEin verbreitetes Denkmuster, das die Reaktionen der Trader auf die Märkte verzerrt, könnte man »Gerechtigkeitsschema« nennen: die Vorstellung, dass die Märkte fair sein sollten oder sich so verhalten sollten, wie sie es in der Vergangenheit getan haben. Sobald wir uns darauf versteifen, wie sich die Märkte verhalten sollten, öffnen wir uns für Frustration und Enttäu-schung, wenn die Märkte ihre eigenen Wege einschlagen. Ich habe schon oft gesehen, dass Trader ungeduldig wurden und auf Märkte schimpften, die sich einfach nicht bewegten. Trader verlieren die Geduld und stürzen sich auf jede Bewegung zu neuen Hochs oder Tiefs, weil sie meinen, dies sei die Ausbruchsbewegung – nur um dann festzustellen, dass der Markt wieder in seine langsame Kursspanne zurückkehrt. Wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie darüber nach-denken oder reden, wie sich der Markt verhalten sollte (was er aber nicht tut), können Sie die Frustration dazu einsetzen, Ihre Energien anderweitig zu kanalisieren: zu längeren Zeitrahmen im selben Markt, zu aktuellem Research oder zu anderen Instrumenten oder Märkten. Wenn wir auf unseren eigenen Sinn für Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit reagieren, verarbeiten wir das tatsächliche Marktgeschehen nicht mehr auf objektive Weise.

Lektion 53: Lernen Sie aus Ihren schlechtesten Trades

Die Anonymen Alkoholiker lehren die Menschen, sich ihrer schlechten Gedanken bewusst zu werden.Wir müssen aber keine Alkoholiker sein, um auf verzerrte Weise mit der Welt umzugehen.Wir entwickeln sich wiederholende Verhaltensmuster und folgen täglichen Gewohnheiten.Die meisten von uns sind Gewohnheitstiere.Wir tun jeden Morgen dasselbe, essen täglich zur gleichen Zeit und gehen immer etwa zur gleichen Zeit schlafen .Wir fahren die gleichen Strecken zur Arbeit und wieder nach Hause, hören die gleiche Musik und sehen uns im Fernsehen die gleichen Sendungen an.Es gibt in unserem Leben nicht viel, das nicht durch Muster geprägt ist.So ist es auch mit unserem Denken.Wir lernen Methoden der Informationsverarbeitung und sie werden ein Teil unserer täglichen Routine.Wir beschuldigen uns selbst, weil wir Konflikte mit anderen vermeiden.Wir antizipieren negative Resultate, damit wir nicht überrascht sind, wenn etwas schiefgeht.In bestimmten Situationen können solche Denkweisen sehr nützlich für uns sein.Als eingeschliffene Gewohnheitsmuster verzerren sie allerdings unsere Sichtweise der Welt.Letztlich ist ja nicht alles unsere Schuld und nicht jedes Ereignis nimmt ein schlechtes Ende.Unsere negativen Denkmuster sind erlernte Gewohnheiten. Der Kern der kognitiven Arbeit ist, sie wieder zu verlernen und sie durch konstruktivere Methoden der Verarbeitung von Ereignis-sen zu ersetzen.Ihr täglicher Tradingcoach Sobald diese Denkweisen automatisch werden, geschieht dies auch mit den sie begleitenden Gefühlen .Wenn wir uns selbst beschuldigen, fühlen wir uns entmutigt, herabgesetzt und deprimiert.Wenn wir das Schlechteste antizipieren, fühlen wir uns ängstlich und verunsichert.Je stärker sich diese Schemata auf unser Trading auswirken, desto mehr schadet dies unseren objektiven Reaktionen auf das Marktgeschehen.Wir sind wie Roboter: Wir reagieren mit automatischen Gedanken und unerwünschten Gefühlen.Wie Gurdjieff bemerkte, ist es wichtig, sich in emotionaler Hinsicht dieser Tatsache bewusst zu werden: An einem bestimmten Punkt sind wir extrem auf das Trading konzentriert, beobachten Marktmuster und reagieren darauf.Dann kommt es zu einer Verschiebung, und wir haben unser Denken nicht mehr unter Kontrolle.Es wurde gefangen genommen.Nun setzt eine Lawine von Gedanken und Gefühlen ein, die mit der aktuellen Situation vielleicht überhaupt nichts zu tun haben.Stellen Sie sich vor, dass jemand die Kontrolle über Ihren Computer übernommen hat, während Sie traden, und den Monitor plötzlich auf irgendeinen anderen Markt einstellt.Stellen Sie sich vor, dass Sie keine Kontrolle über Ihre Maus mehr haben und Trades starten, die Sie nicht eingehen wollten.Ich garantiere Ihnen, dass Sie sehr wütend wären, falls Ihnen das passieren würde.Sie würden es niemandem erlauben, die Kontrolle über Ihren Computer oder Ihre Maus zu übernehmen.Sie würden alles tun, was Sie könnten, um die Kontrolle über Ihre Ausrüstung wiederzuerlangen.Diese Einstellung sollten Sie auch haben, wenn es um die Machtübernahme über Ihren Verstand geht.Es reicht nicht, einfach zu beobachten, wie automatische Gedanken die Kontrolle übernehmen.Sie müssen den Schrecken davor spüren, buchstäblich die Kontrolle über Ihren Verstand und über Ihr Verhalten zu verlieren.Ein großer Teil der Motivation, fehlerhafte Schemata zu verändern, kommt aus dem Bewusstsein des Schmerzes, die solche Schemata in allen Bereichen des Lebens verursachen.

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Automatische Gedanken schleichen sich nicht einfach in Ihr Denken ein, sondern sie überneh-men die Kontrolle. Wir verändern uns, wenn wir uns die Motivation erhalten, unser Denken selbst zu kontrollieren.

Wir haben gesehen, dass die Überprüfung Ihrer Selbstgespräche via Audio- oder Videoaufnahmen und die Aufzeichnung Ihrer extremsten Emotionen beim Trading Sie auf Ihr schlechtes Denken aufmerksam machen können.Ein 230 Kapitel 6 - Eine neue Landkarte des Denkens: Kognitive Methoden des Selbstcoachings 231 weiteres kraftvolles Werkzeug zur Identifikation problematischer Schemata und Denkmuster ist die Rückschau auf Ihre absolut schlechtesten Tradingentscheidungen.Dabei muss es sich nicht um Ihre schlimmsten Verlusttrades handeln.Es sollte sich um Situationen handeln, bei denen Sie einfach eine goldene Gelegenheit verpasst haben.Ihre schlechtesten Tradingentscheidungen sollten Sie anhand Ihrer Reaktionen darauf erkennen: »Wie konnte ich das nur tun?« Diese Reaktion ist ein fantastischer Hinweis und besagt, dass Sie tatsächlich nicht die richtige Einstellung hatten, als Sie diese schlechte Entscheidung trafen.An einem bestimmten Punkt, wenn Sie keine Antwort auf die Frage finden, wie Sie einen solchen Fehler machen und so dämlich sein konnten, werden Sie erkennen, dass eine andere Kraft die Kontrolle über Ihren Verstand übernommen hat.Sobald Sie diese schlechtesten Trades identifiziert haben, werden Sie die Gründe der Gedanken und Gefühle replizieren wollen, die zur falschen Entscheidungsfindung führten.Dazu müssen Sie natürlich Ihr Tradingjournal konsultieren und auf Ihre jüngsten Tradingerfahrungen zurückblicken.Normalerweise lassen wir solche Episoden hinter uns – mit dem beruhigenden Gedanken, dass wir beim nächsten Mal mit mehr Disziplin und Vorbereitung traden werden.Aber in unserer Übung geht es um eine psychologische Autopsie: Sie müssen Ihren fehlerhaften Prozess der Entscheidungsfindung mit allen seinen peinlichen Details exhumieren.Was dachten Sie damals? Was fühlten Sie? Was wollten Sie mit dieser Tradingentscheidung vermeiden oder erreichen?Die üblichen Gedanken und Gefühle in solchen schlechten Tradingphasen sind Ihr Schlüssel zu den Schemata, die damals aktiviert wurden.Vielleicht war es ein Sicherheitsschema: Sie sagten sich selbst, dass Sie es sich nicht leisten könnten, Buchgewinne wieder zu verlieren oder besondere Risiken einzugehen.Es könnte sich auch um ein Selbstwertschema handeln, weil Sie sich einredeten, wie toll es wäre, sollte dieser Trade zu einem Volltreffer werden.Ihre Gefühle während dieser Trades – die Angst, die Selbstüberschätzung – liefern wertvolle Hinweise auf die dabei entstandenen automatischen Gedanken.

Unsere schlechtesten Trades entstehen nicht durch die Märkte selbst, sondern durch die Reak-tion auf unsere automatischen Gedanken.

Bei meinem eigenen Trading wird ein verbreitetes Schema aktiviert, das eine Variation des Sicherheitsthemas ist: Vermeidung von Gefahren.Klar ist: Zu Ihr täglicher Tradingcoach bestimmten kritischen Zeitpunkten am Markt kann dies eine sinnvolle Vorgehensweise sein, die Tradern hilft, mit angemessenen Positionsgrößen zu arbeiten und Verluste zu begrenzen.Wenn das Schema allerdings zu verzerrter Wahrnehmung führt, dann geschieht es, dass jeder Rückschlag von einem Kurshoch als Gefahr definiert wird, einen Verlust zu erleiden.Das macht es besonders schwierig, in Gewinntrades engagiert zu bleiben, weil schon recht geringe Kursrückgänge den Wunsch wecken, die Gewinne einzustreichen.Eine realistischere Sichtweise würde Gefahr nicht nur anhand wieder verlorener Buchgewinne, sondern auch anhand verpasster Chancen definieren.Zu meinen schlechtesten Trades zählen einige, bei denen ich mit einer kurzfristigen Perspektive agierte und daher die langfristige Kursentwicklung verpasste.Das Bedürfnis, Gefahren zu vermeiden, setzte mich der ebenso großen Gefahr aus, meine Gewinne zu früh mitzunehmen.Beachten Sie, dass diese schlechtesten Tradingepisoden mit Mustern des Denkens, des Fühlens und des Verhaltens zu tun haben.Sobald wir von der (falschen) Voraussetzung ausgehen: »Du musst Risiken vermeiden«, und sobald wir Risiko als jede Marktbewegung definieren, die gegen unsere Positionen läuft, prägen wir unsere Gefühle und Handlungen entsprechend.Es mag schmerzhaft sein, wenn wir uns unsere schlechtesten Trades noch einmal vor Augen führen, aber es ist auch befreiend.Es zeigt uns, wo unsere Gedanken vom rechten Weg abgekommen sind, und das kann uns dazu bringen, anders zu agieren.

Coaching-SchlüsselViele unserer schlechtesten Trades entstehen durch die Anforderungen, die wir an uns selbst stellen. Notieren Sie sich die Zeitpunkte, als Sie sich selbst einredeten, Sie müssten unbedingt an einer Marktbewegung teilhaben oder Geld verdienen. Wenn diese Anforderungen zu ri-giden Pflichten werden, jagen wir Marktbewegungen hinterher, weigern uns, kleinere Verluste zu realisieren, und verstoßen auch noch auf andere Weise gegen die Prinzipien des guten Tradings. Wenn wir uns mehr auf unsere inneren Anforderungen als auf die Tradingregeln kon-zentrieren, ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass wir Geld verlieren. Sie können diese Anforderungen anhand des Gefühls von Leistungsdruck identifizieren, das sie auslösen. Es ist ein anderes Gefühl, wenn man wegen Chancen und nicht wegen Druck tradet. Beobachten Sie Ihre schlechtesten Trades und die damit verbundenen Gefühle. Sie können Hinweise darauf liefern, wann Ihr automatisches Denken Ihr bestes Trading sabotiert.

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232 Kapitel 6 - Eine neue Landkarte des Denkens: Kognitive Methoden des Selbstcoachings 233

Lektion 54: Verwenden Sie ein Journal, um Ihr Denken neu zu strukturieren

Betrachten Sie Ihre emotionalen Episoden aus der Vergangenheit und Ihre Fehler beim Trading als nützliche Werkzeuge bei der Identifikation Ihrer mentalen Landkarten und der Art, wie sie Ihre Wahrnehmung verzerren können.Das Ziel der kognitiven Arbeit liegt darin, Ihre automatischen Gedanken zu identifizieren, damit sie nicht die Kontrolle über Ihr Denken und Ihr Trading übernehmen können.In Enhancing Trader Performance habe ich dargelegt, wie ein kognitives Journal Tradern helfen kann, ihre Denkprozesse zu restrukturieren.Als Format des Journals schlage ich die Form eines einzelnen Blatts Papier für jeden Tradingtag oder für jede Woche vor (je nach Häufigkeit Ihres Tradings), wobei jedes Blatt die Form einer Tabelle haben sollte.Die linke Spalte der Tabelle beschreibt die Ereignisse, die es gab, als Sie ein Tradingproblem feststellten.Diese Spalte umfasst das, was am Markt geschah, was Sie planten und wie Sie in den Markt einstiegen – oder eben nicht.Die zweite Spalte berichtet darüber, wie Sie über das Problem mit sich selbst gesprochen haben .Im Buch habe ich mich an die traditionelle Methode gehalten, die zweite Spalte zur Beschreibung dessen zu verwenden, was Sie über die betreffenden Ereignisse dachten.Für Ihr Selbstcoaching könnte es allerdings am hilfreichsten sein, tatsächlich Ihre Gedanken und Gefühle über den Trade aufzuschreiben und zu erfassen .Diese Spalte sollte die Ideen enthalten, die Gedanken, die Ihnen durch den Kopf gehen, und diese so realistisch darstellen wie in dem Satz »Warum habe ich den Trade nicht durchgeführt, wo ich ihn doch aufgespürt hatte? Ich hätte heute Geld verdienen sollen und stattdessen habe ich auf überflüssige Weise Geld verloren.Ich bin so enttäuscht von mir! Ich weiß nicht einmal, ob ich weiterhin traden will.«Die entscheidenden Sätze aus den Aufzeichnungen Ihrer Selbstgespräche werden Sie oft auf die Art der aktivierten Schemata aufmerksam machen.Im oben genannten Beispiel ist das Wort »sollen« oder »sollte« ein gutes Zeichen, dass sich hier ein perfektionistisches Selbstwertschema zeigt, das zu zornigen Selbstgesprächen und Entmutigung führt.Wenn es um müssen und sollen geht, wird die Aufmerksamkeit des Traders von den Märkten abgelenkt und zum Thema des Selbstwertgefühls geführt.Beachten Sie, dass dies nicht in einem konstruktiven Kontext geschieht; stattdessen sind die Selbstgespräche Ihr täglicher Tradingcoach kritisch und strafend.Man kann sich schwer vorstellen, wie ein solches Denken dem Trader zu Fortschritten verhelfen soll.Ich stelle mir diese automatischen Gedanken aus der zweiten Spalte als eine Art Tonbandgerät im Gehirn vor, das sich in bestimmten Marktsituationen (erste Spalte) einschaltet.Oft tauchen die gleichen Formulierungen und Bot-schaften in verschiedenen Situationen immer wieder auf.Man kann diesen Prozess leicht beobachten, wenn man sein kognitives Journal durchliest: Sie sehen nicht nur, wie negativ die Selbstgespräche sein können, sondern auch, wie automatisch und roboterhaft sie sind.

Achten Sie besonders auf emotionale Worte und Formulierungen, die sich in Ihren Selbst-gesprächen wiederholen. Diese Worte und Formulierungen werden durch Ihre wichtigsten Schemata geprägt.

Die dritte Spalte beschreibt, was als Ergebnis der Selbstgespräche passiert: die Gefühle, die Sie empfinden, und die Handlungen, die Sie durchführen.Zum Beispiel könnten die zornigen und perfektionistischen Gedanken im obigen Beispiel Sie dazu bringen, den Tradingtag abzubrechen, Möglichkeiten und auch die Chance zu verpassen, etwas über die aktuelle Marktsituation zu lernen.Die zornigen Selbstgespräche könnten in der Folgezeit auch zu Revanchetrades führen, mit denen Sie noch mehr Geld verlieren.Die dritte Spalte fasst alle persönlichen und finanziellen Folgen des automatischen Denkens zusammen.Im Lauf der Zeit zeigt Ihnen die Prüfung dieser dritten Spalte die absoluten Kosten, die durch die Verzerrung Ihres Denkens entstehen.Wenn Sie Ihr eigener Tradingcoach sind, müssen Sie sich die Motivation zur Veränderung bewahren.Wenn Sie erkennen, dass Denken in seinen mechanischen Abläufen tonbandartig ist und dass seine Folgen Ihren Erfolg sabotieren, werden Sie verstehen, dass eine Veränderung unvermeidlich ist.Wenn Sie die täglichen Einträge lesen, welche die gleichen Gedanken, Verhaltensweisen, Verluste und verpassten Chancen betonen, konzentrieren Sie sich nicht nur auf Ihr Denken, sondern auch auf Ihre Motivation zu Veränderungen.

Der häufigste Fehler, den Trader beim Führen eines solchen Journals machen, ist, ihre Einträge nicht spezifisch genug zu formulieren; so fehlen entscheidende Details und das Gesamtverständnis.Unten finden Sie ein Beispiel für ein Journal, in dem wichtige Details fehlen und das dem Trader nicht hilft, die spezifischen Denkmuster und die Folgen zu verstehen, die in verschiedenen Tradingsituationen auftauchen:

SituationenSelbstgespräche Folgen

Page 101: Ihr täglicher Tradingcoach

Ich habe meine Charts am Morgen nicht analysiert.Ich muss mich ausruhen.Ich habe eine gute Bewegung verpasst.Mein Tradingeinsatz war zu hoch.Das könnte ein großartiger Trade sein.Ich habe einen hohen Verlust realisiert.Der Markt bewegte sich durch meinen Stopp.Ich verliere zu viel Geld.Ich habe eine Pause eingelegt.Ich habe bei einem Trade meine Gewinne nicht realisiert.Ich denke, der Kurs wird sinken.Der Markt hat sich gedreht.Nachrichten kamen heraus.Die Aktie bewegt sich deutlich.Die Aktie hat keine starke Aufwärtsbewegung vollzogen. Ich habe den Tradingtag beendet.