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Offizielles Organ für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 5/2010 Zupackend: FIFA- Schiedsrichter Knut Kircher hilft Joel Epalle wieder auf die Beine. Titelthema Soziales Engagement: Schiedsrichter helfen nicht nur auf dem Platz Kolumne Herbert Fandel: Fußball ist ein Spiel voller Fehler Zeitreise Horstmann und die freiwillige Blutprobe Lehrbrief Von der Ansetzung bis zum Heimweg

im Deutschen Fußball-Bund 5/2010training-service.fussball.de/fileadmin/_dfbdam/18302-srz_2010_05.pdf · SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 5/2010 3 Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma

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Offizielles Organ für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund

5/2010

Zupackend: FIFA-Schiedsrichter Knut Kircher hilft Joel Epalle wieder aufdie Beine.

Titelthema

Soziales Engagement:Schiedsrichter helfennicht nur auf dem Platz

Kolumne

Herbert Fandel:Fußball ist ein Spiel voller Fehler

Zeitreise

Horstmann und die freiwilligeBlutprobe

Lehrbrief

Von derAnsetzung biszum Heimweg

3S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 5 / 2 0 1 0Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen.

Editorial Inhalt

AnalyseHellwach von Anfang an 4

Titel-ThemaSchiedsrichter helfen nichtnur auf dem Platz 10

Regel-TestInnerhalb und außerhalb 15

LehrwesenGute Vorbereitung – gutes Spiel 16

MomentaufnahmeWas war da los, Christian Fischer? 19

Panorama 21

ZeitreiseRote Augen auf „Rote Erde“? 24

Aus den Verbänden 27

MeinungDas Spiel steckt voller Fehler 28

Liebe Leserinnen und Leser!

„Jeder Mensch macht Fehler. Das Kunststückliegt darin, sie dann zu machen, wenn keinerzuschaut.“ Dieses Zitat entstammt dem rei-chen Erkenntnisschatz des großen Schauspie-lers Peter Ustinov. Wir Schiedsrichter wissen jalängst, dass unsere Arbeit auf dem Platz auchmit Fehlern behaftet ist, von denen sich dereine oder andere manchmal gar nicht vermei-den lässt. Frei nach Ustinov besteht daher dieKunst des Schiedsrichters wohl darin, die Feh-ler an eher unbedeutender und möglichstnicht an spielentscheidender Stelle zumachen.

Gleichwohl wird es immer das Ziel eines gutenSchiedsrichters sein, alles dafür zu tun, Fehlerzu vermeiden, ein Spiel in der Balance zu hal-ten und bei den Spielern während der 90Minuten Akzeptanz als Spielleiter zu finden.Weitere Gedanken dazu finden Sie auf den Seiten 28 und 29.

***

Die Vorbereitung auf eine Spielleitung dientnatürlich auch der Fehlervermeidung. Nur wersich als Schiedsrichter rechtzeitig und gewis-senhaft auf eine Begegnung einstellt, wird dasSpiel erfolgreich leiten können. Gewissenhaf-tigkeit und Professionalität spielen dabeiebenso eine wichtige Rolle wie der Respektvor der Aufgabe. Vereine, Mannschaften undSpieler haben unabhängig von ihrer Klassen-zugehörigkeit ein Anrecht darauf, dass sichein Schiedsrichter mit seinem Auftrag intensivbefasst. Für den Kreisklassenfußballer istschließlich sein Spiel am Wochenende ebensodas Highlight der Woche wie für den professio-nellen Bundesligaspieler.

In gewohnt interessanter Weise befasst sichGünther Thielking mit dieser manchmal etwastrockenen Materie der Vor- und Nachbereitungeines Spielauftrags.

***

Der Fußball hat sich in den letzten Jahrzehn-ten enorm verändert, das ist inzwischen eineBinsenweisheit. Am besten erkennt das, wersich die „laufenden Bilder“ dieser Zeit ansieht.

Das Anrechtaller Spieler

Herbert Fandel, Vorsitzender der DFB-Schiedsrichter-Kommission.

Bei aller Ernsthaftigkeit, mit der „damals“ umPunkte und Pokale gekämpft wurde, war diegesamte Szenerie des großen Fußballs sicheretwas unverkrampfter, der Kontakt allerAkteure untereinander auch außerhalb desSpielfelds selbstverständlicher. Die voran-schreitende Professionalisierung hat zusam-men mit dem stetig wachsenden Medieninte-resse in dieser Beziehung vieles schwierigergemacht.

Deutlich wird bei einem solchen Blick zurückaber auch, dass wir in Deutschland immerSpitzenschiedsrichter von internationalemFormat hatten, die zu ihrer Zeit auf Augenhöhe

mit den Anforderungen des Fußballs standen.Ein treffendes Beispiel dafür bietet eine hoch-interessante Geschichte, die einst WalterHorstmann widerfuhr, der Ende der 60er- undin den 70er-Jahren einer der besten deut-schen Schiedsrichter war. Er schreibt über dasDrum und Dran eines Flutlichtspiels im legen-dären Dortmunder Stadion „Rote Erde“ unterseiner Leitung. Auch nach der Lektüre magman nicht entscheiden, ob die Zeit damals füreinen Schiedsrichter angenehmer war. Anderswar sie in jedem Fall.

***

Das Titelthema der Ihnen vorliegenden Ausgabebeschäftigt sich mit dem Engagement vielerUnparteiischer neben ihrem eigentlichen Jobauf dem Platz. Anderen Menschen auf unter-schiedlichste Art behilflich sind viele Schieds-richter-Kolleginnen und -Kollegen auf beein-druckende Weise, wie die von David Bittnerund den Öffentlichkeits-Mitarbeitern der Ver-bands-Schiedsrichter-Ausschüsse ausgewähl-ten Projekte zeigen.

Ihnen allen wünsche ich weiterhin viel Freudeund Erfolg an der Schiedsrichterei und mög-lichst fehlerfreie Spielleitungen.

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1. SPIELTAG■ „Meine Mannschaft hat die ersteViertelstunde komplett verschla-fen“, ist einer der gängigen Erklä-rungsversuche von Trainern für denschnellen 0:2-Rückstand ihresTeams nach 15 Minuten. Manchmalgelingt es der Mannschaft dannnoch, das Spiel zu drehen. DieseChance hat ein Schiedsrichter nicht.Wenn er die erste Viertelstundekomplett verschläft, wird er in denallermeisten Fällen nur noch deneigenen Schlusspfiff herbeisehnen.

Höchste Konzentration von derersten Sekunde an – das muss des-halb immer die Devise sein, anjedem Spieltag und bei jedem Spiel.Der Start in die Bundesligasaison2010/2011 bot dafür besten Anschau-ungsunterricht. Keine zwei Minutenläuft das Spiel Köln gegen Kaisers-lautern, da muss Felix Brych schonden Kölner Mohamad vom Feldschicken (Foto 1). Leicht nach linksversetzt bringt der Abwehrspieleretwa 20 Meter vor dem Tor seinenGegenspieler Hoffer zu Fall, indemer ihn an der Schulter hält undzugleich Hoffers linken Oberschen-kel von hinten trifft. Der Lautererhätte eine klare Torchance gehabt,da er ohne das Foul den etwas nachaußen rollenden Ball problemloserreicht hätte, um dann aufs Tor

zuzulaufen (Foto 2). Eine „Notbrem-se“, von einem hellwachen Schieds-richter umgehend geahndet.

■ Einige Kilometer weiter südlichzeigt das Team von Günther Perl zumexakt gleichen Zeitpunkt höchsteAufmerksamkeit. Im Spiel Hoffen-heim gegen Bremen muss Perl inder 2. Minute im Zusammenspiel mit

Assistent Michael Emmer einenStrafstoß gegen die Gastgeber ver-hängen: Luis Gustavo streckt denrechten Arm vom Körper weg undlenkt so rund 14 Meter vor dem eige-nen Tor eine Flanke von rechts ab.

■ Leider gibt es auch von der „Hell-wach“-Regel Ausnahmen, was sichdann auch gleich in der schongenannten Begegnung Köln gegenKaiserslautern bestätigt. Man mussallerdings darauf hinweisen, dass essich um eine komplizierte Abseits-Situation handelt, die der Assistentfalsch einschätzte. Es lohnt sich, denVorgang in der 8. Minute genauer zubetrachten.

Kölns Stürmer Novakovic steht beider Freistoß-Ausführung knapp imAbseits (Foto 3). Das ist, wie wir wis-sen, nicht verboten. Als sein Mann-schaftskollege McKenna den Ballköpft, steht Novakovic noch deut-

licher im Abseits (Foto 4). Auch jetztliegt noch kein Grund für den Assis-tenten vor, die Fahne zu heben. DerBall prallt nun gegen den Kopf desLauterers Rodnei, fliegt hoch in dieLuft und segelt dann als BogenlampeRichtung Torwart Sippel (Foto 5).Der will ihn fangen, lässt ihn aberdurch die Hände (Foto 6) auf denBoden fallen. Jetzt drückt ihn Nova-kovic über die Linie (Foto 7) – 1:0 fürKöln.

Keine Proteste der Abwehrspieler,der TV-Reporter freut sich selbst beider Zeitlupe noch über den kuriosenTreffer und merkt nichts. Und derAssistent geht (leider) zur Mitte –eine Fehlentscheidung.

Denn es ist ganz egal, von wie vielenAbwehrspielern der Ball abgefälschtoder unkontrolliert berührt wird –erst wenn einer von ihnen den Ballbewusst und zielgerichtet spielt,

Analyse

Hellwach von Anfang anAn 13 Beispielen aus den ersten vier Spieltagen der Profi-Ligen zeigen Lutz Wagner und Lutz Lüttig auf, was Schiedsrichter aller Klassen aus den richtigen und manchmal leider auch falschenEntscheidungen ihrer Bundesliga-Kollegen ableiten können.

Erstes Saisonspiel, 2. Minute: Felix Brych zeigt dem Kölner Kapitän Mohamad die Rote Karte –der schnellste Feldverweis der Bundesliga-Geschichte.

Eindeutig: Mohamad verhindert Hoffers klare Torchance.

Foto 2

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Novakovic steht schon beim Freistoß leicht im Abseits.

McKenna köpft gegen den Kopf von Rodnei…

…der Ball fliegt hoch in die Luft…

…Torwart Sippel lässt ihn durch die Hände gleiten…

…und Novakovic erzielt das Tor.

Keine Kontrolle: Der Ball fliegt über Marx und Vidal hinweg.

Foto 3

Foto 4

Foto 5

Foto 6

Foto 7

wird die Abseitsposition des Angrei-fers aufgehoben. Bis dahin wird siestrafbar, sobald dieser Stürmer insSpiel eingreift. Man muss sich alsounter Umständen ziemlich langemerken, wer im Abseits stand, alsder Ball zuletzt von einem Angreiferberührt wurde. Das Prinzip, nachdem Assistenten heute mehr dennje handeln müssen, heißt ja „waitand see“ und nicht „wait and for-get“.

Foto 8

Dass in diesem Fall der Fehler desAssistenten noch durch den schlim-men Schnitzer des Torwarts über-troffen wurde, ist kein Trost. Es zeigtnur, dass man als Schiedsrichter imFußball beim Fehlermachen Konkur-renz hat.

2. SPIELTAG■ Leverkusen gegen Gladbach, 57. Minute. Wieder die Frage: „Not-bremse“ ja oder nein? Der Glad-bacher Marx bringt Vidal rund 14Meter vor dem Tor – leicht nachrechts versetzt – zu Fall. Ausschlag-gebend ist nicht so sehr das Ziehenan Vidals Arm, sondern die Berüh-rung am Fuß. Vidal schlägt sichdadurch zwangsläufig selbst gegendie Wade und stürzt. Die Spielstrafe„Strafstoß“, die Wolfgang Starkanordnet, ist daher völlig in Ord-nung. Genauso wie die Entschei-dung, Marx nicht des Feldes zu ver-weisen. Denn der Ball war währenddes Laufduells in der Luft und nichtunter Vidals Kontrolle (Foto 8). Erhatte also nicht die Möglichkeit,unmittelbar zum Torabschluss zukommen. Keine klare Torchance –keine „Notbremse“ – keine Rote Karte.

■ Was schon bei der WM in Süd-afrika auffiel, scheint sich auch in

der Bundesliga fortzusetzen: dieProbleme der Torhüter mit dem Ball.Ob die Schützen immer geschickterwerden oder ob es an den Flugei-genschaften des Einheitsballs liegt,ist für die Schiedsrichter neben-sächlich. Sie und vor allem ihreAssistenten können kaum nochdavon ausgehen, dass ein Torhüterdie Kugel sicher packt oder klarfaustet. Abprallende Bälle bedeutenaber immer höchste Abseitsgefahr!

Beim Spiel St. Pauli gegen Hoffen-heim gibt es an diesem Spieltag eingutes Beispiel dafür. Die Gästefeiern schon überschwänglich ihrFührungstor, als sie merken, dassMarkus Häcker, Assistent im Teamvon Manuel Gräfe, Abseits anzeigt.Es sah ganz leicht aus für St. PaulisTorwart Hain, den Freistoß aus fast40 Metern Entfernung festzuhalten,dennoch misslang es ihm. Erklatschte ihn nach vorn ab, und dernachlaufende Hoffenheimer Vukce-vic bugsierte den Ball ins Netz (Foto 9). Der Assistent hatte sichauf diese Eventualität gut einge-stellt, die Anordnung der Spieler im

Abgeprallt: Torwart Hainkonnte den Ball nicht festhal-ten.

Foto 9

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Analyse

Moment der Freistoß-Ausführung fürsich „fotografiert“ (Foto 10) undkonnte so die Abseitsstellung vonVukcevic als strafbar einordnen, alsder ins Spiel eingriff.

■ Was sicher auch in dieser Saisonwohl nicht nachlassen wird, sind dieDiskussionen über das Handspiel.Eine Situation aus dem Spiel Nürn-berg gegen Freiburg: Der FreiburgerBarth dreht sich im eigenen Straf-raum im Zweikampf mit Bunjaku ab,

weshalb es sich bei dieser Armhal-tung um eine „natürliche“ (fußball-spezifische) Bewegung handelte(Foto 12).

Hier dennoch die Frage aufzuwer-fen, ob Barth diese Bewegung nutzt,um „völlig unabsichtlich“ den Flugdes Balls zu stören, ist selbstver-ständlich gestattet. Sie mit „Ja“ zubeantworten, hieße aber, dem Spie-ler noch mehr zu unterstellen als esdas Regelwerk mit dem Begriff„Absicht“ sowieso schon tut.

Unter diesem Aspekt kann man sichja mal ausmalen, zu welchen Diskus-sionen der Versuch des Videobewei-ses in solchen Situationen führenwürde.

■ Im Zweitligaspiel Union Berlin –Greuther Fürth will AbwehrspielerBiliskov den Ball wuchtig aus demeigenen Strafraum schlagen. Bevorer den Ball in der Luft treffen kann,hat ihm aber Angreifer Mosqueradie Kugel schon weggespitzelt

Foto 10

Foto 11

(Foto 13). Statt des Balls erwischtder Fürther den Fuß von Mosquera.Der kann deshalb das Gleichgewichtnicht halten und stürzt. Schiedsrich-ter Bandurski pfeift mit leichter Ver-zögerung, aber völlig zu Recht Straf-stoß.

Dass es einen Moment bis zum Pfiffdauert, mag auch an der Abspracheper Headset mit seinem Assistentengelegen haben. Aber grundsätzlichentwickeln gute Schiedsrichter imLaufe der Zeit die Fähigkeit, eine

Szene vor ihrer Entscheidung noch-mal vor dem geistigen Auge ablau-fen zu lassen, sie ziehen sozusageneine innere Zeitlupe zu Rate. Das istvor allem dann notwendig, wenn einungewöhnlicher Bewegungsablaufvorliegt, wie das hier der Fall ist. Biliskovs Vergehen ist ja keins derüblichen, die zum Strafstoß führen:Trikotzerren, Halten, zu späte Grät-sche oder simples Beinstellen. DerFürther trifft seinen Gegenspielerohne Absicht (kein „Gelb“), abereben nicht ohne Folgen: Mosquerastürzt. Und deshalb muss die Spiel-strafe verhängt werden: direkterFreistoß, im 16-Meter-Raum Straf-stoß.

3. SPIELTAG■ Auch wenn die Manndeckungnicht mehr ins taktische Repertoiredes modernen Fußballs passt, so bil-den sich doch manchmal währenddes Spiels „Pärchen“. Ihnen mussdie besondere Aufmerksamkeit desSchiedsrichter-Teams gelten – beiZweikämpfen und auch noch

unmittelbar danach! Als im SpielDortmund gegen Wolfsburg der Ballbereits neben dem Tor ins Ausgerollt und nicht mehr Spielobjektder beiden Kontrahenten ist, trittder Wolfsburger Diego SebastianKehl in die Beine. Auch wenn derTritt nicht besonders heftig ist und Kehl wohl nicht nur wegen derWucht des Tritts zu Boden geht:Dafür kann es nur „Rot“ geben undnicht – wie geschehen – „Gelb“. Mitden Augen bei der Szene bleiben,heißt die Devise. Das galt hier

Dieses Bild speicherte Assistent Häcker in seinem Kopf.

Barth war Bunjaku entgegengesprungen und hatte sich dabeiabgedreht…

Mosquera hat den Ball getroffen, Biliskov nur den Fuß desStürmers.

…aus der Nähe sah das so aus.

Foto 12

als der Angreifer versucht, den Balllinks an ihm vorbei zu spielen. DieKugel prallt von hinten gegen sei-nen nicht angelegten linken Arm(Foto 11). Keine Absicht, entschiedSchiedsrichter Tobias Welz und wirfolgen ihm dabei. Der Spieler blickteweder zum Ball noch streckte er dieHand gezielt nach ihm aus. Die Armewaren in keiner unnatürlichen Hal-tung – also über Schulter- bezie-hungsweise in Kopfhöhe. Barth ver-suchte so die Balance zu halten,

Foto 13

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Nur Sekundenbruchteile liegen zwischen angelegtem Arm…

…und absichtlichem Handspiel von Barzagli.

Idrissou (rechts) will Franz überholen. Der schaut nur zu ihm,nicht auf den Ball…,

…blockt dann den Gladbacher weg…

…und will auch noch einen Freistoß haben.

besonders für den Assistenten, der freie Sicht auf das Geschehenhatte.

■ Natürlich gibt es auch an diesemSpieltag knifflige Handszenen. ImSpiel Gladbach gegen Frankfurt hatsich der Frankfurter Köhler bis zurGrundlinie durchgesetzt und spieltnun den Ball zurück Richtung Tor-raumlinie. Die Kugel fliegt gegenden Arm des grätschenden Abwehr-spielers Brouwers. Der Arm desGladbachers ist zwar nicht am Körperangelegt, aber das ist beim Grät-schen eine normale Bewegung, umdie Balance halten zu können. Des-halb ist die Entscheidung „weiter-spielen“ von Schiedsrichter JochenDrees vollkommen in Ordnung.

■ Diese Entscheidung wird bei einerweiteren Handsituation auch beimSpiel Dortmund gegen Wolfsburggetroffen. Abwehrspieler Barzaglihat seinen linken Arm angewinkeltam Körper, als der Ball auf ihn

zufliegt (Foto 14). Im allerletztenMoment zuckt sein Ellenbogen kurznach links und vom Körper weg undlenkt so den Ball ab (Foto 15). Im Stadion sah es aus wie ein „Körperabpraller“, niemand regtesich auf, dass der Strafstoßpfiff aus-blieb. Bei Betrachtung der Zeitlu-penbilder erkennt man dann aberdie aktive Bewegung zum Ball hin.Wie schwierig es ist, bei den gerin-gen Abständen zwischen den Spie-lern in einer solchen Strafraum-Situ-ation, der Schnelligkeit der Aktionund dem unterschiedlichen Blick-winkel von Kamera und Schieds-richter zur richtigen Entscheidungzu kommen, soll an dieser Stellenicht unerwähnt bleiben.

■ Nochmal zurück zum Spiel Glad-bach gegen Frankfurt: Im Laufduellzwischen Maik Franz und Mohama-dou Idrissou Richtung FrankfurterStrafraum spürt der Frankfurter,dass sein Gegenspieler ihn überho-len wird – er ist einfach schneller.

Franz schaut deshalb nicht auf denBall, sondern zu Idrissou (was aller-dings in dieser Deutlichkeit nur die Hintertorkamera zeigen kann,Foto 16), um den richtigen Momentzu erwischen. Dann springt er demGladbacher in den Weg und lässtsich selbst sofort fallen (Foto 17).Während er am Boden liegend miterhobenen Armen auch noch einenFreistoß für sich reklamiert

(Foto 18), gerät Idrissou ins Strau-cheln. Der Torwart kann den Ballaufnehmen, die mögliche Chanceist vereitelt. Der Schiedsrichterlegt Franz’ Aktion als nicht straf-bar aus – und lässt das Spiel wei-ter laufen. Aber der Frankfurterhat hier gehandelt, ohne den Ballals Spielobjekt zu sehen. Ein Straf-stoß wäre deshalb angebrachtgewesen.

Foto 14

Foto 15

Foto 16

Foto 17

Foto 18

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Analyse

4. SPIELTAG■ Ist es dreist, ist es dumm – manfragt sich immer wieder einmal,was Spieler verleitet, ihrem Gegnerfernab des Balls Schläge und Stößezu versetzen. Wenn das Schieds-richter-Team es nicht mitbekommt,dann ist das aus unserer Sichtärgerlich. Aber eine der vielenKameras wird es einfangen. In derBundesliga so gut wie immer, in der2. Bundesliga häufig auch. Dasmüssten die Spieler doch inzwi-schen wissen. Stellt das Sportge-richt dann ein „krass sportwidrigesVerhalten“ fest, setzt es für denSpieler eine Sperre und oft aucheine Geldstrafe.

Besser als dieses Verfahren gefälltes uns natürlich, wenn das Schieds-richter-Team das Vergehen schonauf dem Spielfeld feststellt. Sogeschehen beim Spiel Bielefeldgegen Ingolstadt, als Marc See-mann in einer Spieleransammlungvor einem Eckstoß eine Tätlichkeitdes Bielefelders Sako feststellt und ihn des Feldes verweist. Ein Malmit links, ein Mal mit rechts hatSako seinem Gegenspieler den

Ellenbogen in den Magen geschla-gen (Fotos 19 und 20) – neun Minu-ten nach seiner Einwechslung.

Sowohl der erste als auch der zweiteEllenbogenstoß allein hätte schonfür einen Feldverweis gereicht. Eingutes Stellungsspiel – vor allem beiStandard-Situationen – erleichtertsolch schwerwiegende Entschei-dungen: Seiteneinsicht und dazuein Blick für auffällige „Spieler-

Ein Mal mit links und gleich danach auch noch…

…mit rechts: Sako malträtiert Malte Metzelder.

So deutlich wie in diesemStandbild ist der Kopfball des Freiburgers in derGeschwindigkeit des Spielsnatürlich nicht zu erkennen.

pärchen“ – das ist die Basis für einehohe Trefferquote, wenn man denAusdruck in diesem Zusammen-hang mal benutzen darf.

■ Frankfurt gegen Freiburg, 89.Minute, es steht 0:0: Auf der linkenSeite der Freiburger wird der Ballweit nach vorn geschlagen. Imengen Kopfballduell mit Maik Franzverlängert ihn der Freiburger CisséRichtung Frankfurter Tor (Foto 21).Nicu, der in diesem Moment rechtdeutlich im Abseits steht, spieltden Ball kurz darauf zur Mitte,Rosenthal erzielt ein Tor. DerSchiedsrichter erkennt es an, Freiburg siegt mit 1:0.

Was lässt sich aus dieser Fehlent-scheidung ableiten?

1. Zunächst stellt nicht die Abseits-position das eigentliche Problemdar, sondern die Frage, wer den Ballmit dem Kopf berührt hat – Angrei-fer oder Abwehrspieler? Passiertdas wie in diesem Fall auf der demAssistenten gegenüberliegendenSeite (fast 50 Meter entfernt!),muss der Schiedsrichter damitrechnen, dass sein Assistent dasnicht entscheiden kann. Deshalbmuss er selbst genau beobachten,wer den Ball spielt, zumal er imNormalfall viel näher „dran“ ist.

2. Der Assistent ist dann auf dieHilfe des Schiedsrichters angewie-sen, um sicher beurteilen zu kön-nen, ob das Abseits strafbar istoder nicht. Es muss also eine Kom-munikation stattfinden.

3. In den Lizenzligen ist in solchenFällen das Headset natürlich hilf-reich. Im Idealfall (Schiedsrichtererkennt, dass der Angreifer denBall berührt und teilt das mit), hebtder Assistent die Fahne noch inner-halb des Zeitraums, der bei dieserkonkreten Szene in Frankfurt zwi-schen Abspiel und Torerzielungliegt. Aber auch danach – bei „ver-dächtigen“ Protesten der Spieleroder der Trainer – kann man nochRücksprache nehmen, seit Beginndieser Saison ja auch mit dem Vier-ten Offiziellen.

4. In den Amateurligen muss dieKommunikation im direktenGespräch ablaufen. Wenn nur dergeringste Zweifel besteht, dass dasTor nicht regelkonform zustandegekommen ist, ist für den Schieds-richter der Gang an die Seitenliniezu seinem Assistenten immer dasgeringere Übel. Bei der wichtigstenEntscheidung im Fußball, ob näm-lich ein Tor regulär erzielt wordenist oder nicht, muss man sich Zeitlassen. Sicherheit geht vor Schnel-ligkeit, das gilt immer und überall.

Wenn allerdings auch der Schieds-richter nicht weiß, wer den Ballberührt hat, dann muss die Ursa-chenforschung sicherlich nochwoanders ansetzen.

Foto 19

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Titelthema

Schiedsrichter helfennicht nur auf dem PlatzFußballern das geordnete Spielen zu ermög-lichen – das ist das Ziel jedes Schiedsrichters.Aber es ist nicht nur diese unmittelbare „sport-liche“ Hilfe, die die Unparteiischen leisten.Bundesweit helfen viele von ihnen ihren Mit-menschen auf unterschiedlichste Art und Weise.Einige der bemerkenswerten Projekte, die Beispiel und Anregung zugleich sein sollen,stellt David Bittner hier vor – unterstützt vonden Öffentlichkeitsmitarbeitern der Verbands-Schiedsrichter-Ausschüsse.

Singende Schiedsrichter(Württemberg)

Vor mehr als 40 Jahren kamen Mit-glieder der Schiedsrichter-Vereini-gung Hechingen auf die Idee, dieeigene Weihnachtsfeier musika-lisch zu gestalten. Gesagt – getan:Nach der Regel-Büffelei bei denSchulungsabenden wurdengemeinsam Lieder eingeübt undschließlich aufgeführt. Der großeAnklang, den die Premiere 1969fand, kam allerdings nicht vonungefähr: Die meisten Mitgliederder „Sängerabteilung“, so nannte

sich das Ensemble zunächst, hat-ten bereits Erfahrungen in ande-ren Chören gesammelt.

Josef Pfister, Gründer und heuteEhrenvorsitzender des Chors, undseine Mitstreiter ahnten allerdingsnicht, welch großer Erfolg ihnen inden nächsten Jahrzehnten beschie-den sein sollte.

Mehr als 600 Veranstaltungenhaben die Sänger im Laufe derJahre durchgeführt, daruntergroße Konzerte mit 1.100 Besu-chern in der Balinger Stadthalle,Festkonzerte in Gemeindehallen,Klöstern, Kirchen und Kapellen,

musikalisch gestaltete Festgottes-dienste und Feierstunden. Dassoziale Engagement haben siedabei nie aus den Augen verloren:Benefiz-Konzerte für soziale undkirchliche Zwecke, für krebskrankeKinder und Lebenshilfe-Einrichtun-gen brachten bisher rund 40.000Euro zusammen.

Von den Gründungsmitgliedernsind heute noch vier Sänger aktiv,ansonsten hat sich einiges –eigentlich fast alles – verändert:

Die ursprüngliche Idee, festlicheAnlässe im Bereich des Schieds-richterwesens musikalisch zubegleiten, weitete sich sehr schnellaus und, völlig ungeplant, entstandein bald in der württembergischenRegion beliebter und gefragterMännerchor. Fernsehen, Rundfunkund Presse berichteten schon frühüber diesen besonderen Chor ausFußball-Schiedsrichtern, der sichereinmalig in Europa ist. „Heute sindvon unseren 32 Sängern immernoch die Hälfte aktive oder ehema-

Einst Umrahmung der Gruppen-Weihnachtsfeier, heute profes-sionelle Auftritte: Der Schiedsrichterchor Zollernalb hat eineenorme Entwicklung genommen.

Das Fernsehen begleitete schon früh Auftritte des ungewöhn-lichen Chors.

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lige Schiedsrichter“, sagt ErichWellenzohn, seit zehn Jahren Vor-sitzender des SchiedsrichterchorsZollernalb, wie er inzwischen heißt.

Wer beim Programm einesSchiedsrichterchors erstmal anFußball-Hits denkt, der irrt: „DerBegriff ,Schiedsrichterchor’ ist füruns manchmal ein Nachteil, weilman Schiedsrichtern offensichtlichnicht zutraut, qualitativ gut zu sin-gen“, erzählt Wellenzohn. Dabei istdas Repertoire der Sänger absolutbemerkenswert: „Wir haben mehrals 200 Titel Chorliteratur aufLager, dazu gehören Volkslieder,internationale Folklore, Klassik,Oper und Operette sowie großeund kleine Werke geistlicher Chor-musik.“

Gelegenheit, in die drei CDs desChors hineinzuhören, bietet sichauf der Homepage www.schieds-richterchor-zollernalb.de unterdem Link „Medien – Audio“.

Kein Wunder, dass sich die singen-den Schiedsrichter bei einem qua-litativ so anspruchsvollen Pro-gramm längst zu einem Gesangs-ensemble von überregionalerBedeutung entwickelt haben. Kon-zertreisen führten den Schieds-richterchor Zollernalb schon bisnach Frankreich, Italien, Holland,Österreich, Tschechien, Kanada, indie Schweiz und die Ukraine. Sovielehrenamtlicher Einsatz wurdeinzwischen auch von offiziellerSeite gewürdigt. So erhielten JosefPfister und Chorleiter KarlheinzLeis den Verdienstorden derBundesrepublik Deutschland.

Gemeinsam gegen Leukämie(Westfalen)

Als im Dezember vergangenenJahres ihr Schiedsrichter-KameradMarco im Alter von 21 Jahren anLeukämie erkrankte, wollten dieKollegen im Kreis Olpe ihm soschnell wie möglich helfen. Bereitsauf der Monatsschulung im Februarstellte der Kreisausschuss seineIdee vor: Man startete eine Typisie-rungsaktion für Marco, um einenzu ihm passenden Spender von

Stammzellen zu finden. Sofort fan-den sich 50 Helfer, die die Vorbe-reitung und die Durchführung amTag der Typisierung unterstützenwollten. Sponsoren wurden gesucht,eine Halle gebucht und intensiv fürden guten Zweck geworben. West-falens FIFA-Schiedsrichter Thors-ten Kinhöfer übernahm spontandie Schirmherrschaft für dieAktion.

Um einen Grundstock für dieBegleichung der Typisierungs-Kosten (50 Euro pro Spender) zubekommen, zahlten die Unpartei-ischen des Kreises Olpe die Speseneines ihrer Spiele auf ein Spenden-konto ein. Alle Voraussetzungenwaren geschaffen für eine mög-lichst erfolgreiche Aktion. Sie warfür den 13. Juni geplant – doch Marcoverstarb wenige Wochen vorher.Nicht ohne seinem Stiefvater FrankSchmitt das Versprechen abge-nommen zu haben, die Typisierungauf jeden Fall durchzuführen, umdamit vielleicht jemandem helfenzu können, der heute noch nichtweiß, dass er einmal eine Stamm-zellenspende benötigt. Auch dieUnparteiischen wollten die Aktionweiter umsetzen, und so kamenneben 50 Schiedsrichtern auch 270überwiegend junge Leute am 13. Juniin die Schützenhalle nach Kirchvei-schede und ließen sich Blut füreine Typisierung abnehmen.

Obwohl bis heute schon mehr als8.000 Euro Spenden eingegangensind, wird noch weitaus mehr Geldbenötigt, um sämtliche Typisierun-

Am Aktionstag gegen Leukämie dabei: Frank Schmitt (hintenZweiter von links), der Stiefvater des verstorbenen Marco. DerVorsitzende des Kreis-Schiedsrichter-Ausschusses, WolfgangRawe (am Tisch links), und sein Stellvertreter Ralf Harnisch-macher (ganz rechts) freuten sich mit vielen Olper Schieds-richtern über den großen Zuspruch.

gen bezahlen zu können. Daherbleibt das Spendenkonto bisDezember 2010 bestehen. Und dieOlper Schiedsrichter hoffen, dasssich viele Unparteiische aus demBundesgebiet der Aktion anschlie-ßen und eventuell die Speseneines Spiels spenden. Das Spen-denkonto dazu lautet: Sparkasse ALK, Stichwort: Kampfgegen Leukämie – jetzt erst recht, BLZ: 462 516 30, Konto: 21 00 11 36.

NEIN! zu Rassismusund Gewalt (Hessen)

Im vergangenen Jahr haben dieSchiedsrichter der Hessenliga eineAktion gestartet, der sich in diesemJahr auch die Unparteiischen der

Verbandsliga angeschlossen haben:Bei der Antirassismus-Kampagnedes Hessischen Fußball-Verbandesverpflichten sich die Schiedsrichtermit ihrer Unterschrift, dass sie jedeForm von Rassismus verurteilenund kompromisslos gegen rassisti-sche Äußerungen, Provokationen,Beleidigungen und Handlungen ein-schreiten. Nach den Statuten desVerbandes schließt dies sogar dieMöglichkeit eines Spielabbruchsein, zum Beispiel bei rassistischenBeleidigungen durch Zuschauer.

„Rassismus ist noch weiter verbrei-tet als man denkt“, sagt Gerd Schu-gard, Schiedsrichter-Obmann desHFV. Eine Feststellung, die aufErfahrungen der Schiedsrichterfußt, die beim Verbands-Lehrgangin Grünberg in diesem Sommer vonübelsten rassistischen Beschimp-fungen berichteten. Um ihren Ein-satz an der Antirassismus-Kampagnezu untermauern, tragen alle Teamsin Hessen einen Aufnäher auf demÄrmel ihres Schiedsrichter-Trikots.Darauf steht: „NEIN! zu Rassismusund Gewalt“. Initiiert wurde dieSache vom „Projekt ballance hes-sen“, das sich unter der Schirm-herrschaft von Steffi Jones undSebastian Kehl für Integration, Tole-ranz und Fair Play einsetzt.

Die Aktion läuft inzwischen nichtnur in den obersten SpielklassenHessens. Karsten Vollmar, Referentfür Öffentlichkeitsarbeit, stellt mit

Patrick Beck, Marco Unholzer und Jan Turinski (von rechts)präsentieren das Emblem der Antirassismus-Aktion auf ihrenÄrmeln. Ganz links „ballance“-Geschäftsführer Michael Gla-meyer, ganz rechts Toleranz-Botschafter Lutz Wagner.

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Titelthema

Freude fest, dass sich immer mehrSchiedsrichterkreise an der Kam-pagne beteiligen, unter anderem inDarmstadt, Frankfurt, Alsfeld,Friedberg, Schlüchtern und imOdenwaldkreis. Vollmar: „Wir sindsehr stolz darauf, dass dieSchiedsrichter-Vereinigung desSchwalm-Eder Kreises hierfür sogarden Fair-Play-Preis 2010 zugespro-chen bekam.“ Verliehen wurde ervon einer hochrangigen Jury undüberreicht von Steffi Jones, derOK-Chefin der Frauen-Fußball-WM2011.

94 Kartons für dieKomoren (Württemberg)

Eine bemerkenswerte Aktion hatFIFA-Schiedsrichter Knut Kirchermitgestaltet – für die Komoren,einen Inselstaat, der zwischenMadagaskar und Mosambik im Indi-schen Ozean liegt. 94 Kartons mitSportkleidung schipperten seit dem10. Dezember 2009 in einem riesi-gen Schiffscontainer auf die Komo-ren (615.000 Einwohner) zu. AnfangFebruar kam die Ladung mit 880Trikots, 110 Paar Fußballschuhen,Fahnen für Schiedsrichter-Assisten-ten, Bällen und jeder Menge ande-rer Utensilien auf Njadzidja, dergrößten unter den vier Komoren-Inseln, an. Die gut 3.000 Euro Trans-portkosten wurden dank KirchersAufruf mehr als gedeckt. Allein beiden 41 Schiedsrichter-Gruppen inWürttemberg kamen rund 5.600Euro für die gute Sache zusammen.

Entstanden ist die Aktion aus Kir-chers Freundschaft mit YoussoufMohamed. Der Kreisliga A-Schieds-richter, 1996 von den Komoren nachDeutschland ausgewandert, hatteschon öfter auf eigene Kosten pri-vate Hilfsgüter an seine Landsleutegeschickt. Das Pfeifen in Deutsch-land macht Youssouf MohamedFreude, auch weil sein Verein SSCTübingen ein multikultureller Klubmit ausgeprägtem Migrations-Hintergrund ist. Mohamed hatte sei-nem Tübinger Kollegen Kircher dieHilfsaktion schmackhaft gemacht.

Auf dem Dachboden seiner Miet-wohnung in Dußlingen stapelte,sondierte und sortierte Mohamed

mit Kirchers Hilfe die Spenden. Alsdie Fracht auf fünf Paletten mitüber 1.200 Kilogramm Gewicht see-tauglich verschweißt in seineKomoren-Heimat verschifft wurde,war Mohamed stolz und glücklich.Knut Kircher: „Youssoufs Bruderhat mir erzählt, dass Leute jedenTag im Hafen schauten, ob dasSchiff angekommen ist.“

Der Inhalt der 94 Kartons war abernicht nur für die Schiedsrichtergedacht. Komplette Trikotsätzewurden an Mannschaften auf denverschiedenen Inseln der Komo-ren-Gruppe verteilt. Der Fußball-Verband der Komoren wurde 1979gegründet und im September 2005in den Weltverband FIFA aufge-nommen.

Vom Regelbrecherzum Regelhüter(Westfalen, Südwest)

Einen Lehrgang für Schiedsrichterin einer Justizvollzugsanstalt(JVA) durchzuführen, könnte manmit einiger Böswilligkeit der Ver-zweiflung einiger Schiedsrichter-Ausschüsse zuschreiben, die aufdiese Weise ihr Nachwuchsproblemminimieren wollen.

„Hinter dem Lehrgang des KreisesMünster in der dortigen JVA ver-gangenes Jahr steckt natürlich

einiges mehr“, erzählt David Hen-nig, zuständig für die VSA-Öffent-lichkeitsarbeit in Westfalen, „näm-lich der Glaube, dass Menschen sichändern können und jeder eine zweiteChance verdient hat“. Eine Schieds-richter-Tätigkeit kann laut JVA-Lei-terin Maria Look helfen, Kontakte zuknüpfen: „Es geht darum, nach derHaftentlassung Anschluss an einenSportverein zu finden.“ Geleitetwurde die „Knast-Ausbildung“ imMärz 2009 vom ehemaligenBundesliga-Schiedsrichter HansVoß: „Der Schiedsrichter musserkennen und beurteilen oder ver-urteilen. Er ist in einer PersonAnkläger und Richter. Und wennman den jungen Menschen das ver-mittelt, lernen sie Verantwortungzu tragen für die Zukunft.“

Als sehr interessiert und regeltech-nisch sowie körperlich topfitbeschreibt Voß die 21 Teilnehmer,die dabei waren. Alle hätten diePrüfung bestanden. Und diejenigen,die inzwischen entlassen sind,seien einem Verein angegliedertworden und auch aktiv im Einsatz.„Kontakt zu den ehemaligen Häft-lingen besteht allerdings nichtmehr, wir wissen auch nicht ihreAdressen“, berichtet Voß. „DieSchiedsrichter sollen ihrer Tätigkeitvöllig unbelastet und ohne Vorur-teile von Spielern oder Außenste-henden nachgehen können.“ Weilder erste Lehrgang ein so großer

Erfolg war, wurde die Schiedsrich-ter-Vereinigung bereits gebeten,Ende 2010 erneut einen Lehrganganzubieten.

Und auch in Rheinland-Pfalz gibt esein solches Projekt. Dort haben indiesem Jahr in der JVA Zweibrückenund in der JugendstrafanstaltSchifferstadt insgesamt 15 Strafge-fangene am Crashkurs zum Fußball-Schiedsrichter teilgenommen. DasMotto: „Vom Regelbrecher zumRegelhüter“. Zwei der Straftäter, diesich im offenen Vollzug befinden,hätten bereits ihr erstes Spielgepfiffen, berichtet ein Sprecherdes Landes. Ausgerüstet wurde der„erste Jahrgang“ durch die SeppHerberger-Stiftung.

Jürgen Veth, Beauftragter des Süd-westdeutschen Fußballverbandesfür soziales Engagement, erklärt:„Wir wollen den Menschen, die eineStrafe absitzen, die Chance bieten,wieder Selbstwertgefühl und Aner-kennung zu erlangen. Vielleichtwird damit sogar eine Vorausset-zung für ein zukünftiges straffreiesLeben geschaffen und die Gefahreines Rückfalls reduziert.“

Knut Kircher (links) und Youssouf Mohamed katalogisierenund packen die Spenden für Mohameds Heimat, die Komoren.

Lehrgang im Gefängnis: DieAusbilder Hans Voß (vorn),Thorsten Kaatz und PhilippHagemann verlassen dieJustizvollzugsanstalt Mün-ster.

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Jeder Euro hilft(Bayern, Schleswig-Holstein,Niederrhein)

Viele Schiedsrichter-Gruppenunterstützen mit ihren Spendensoziale Einrichtungen in ihrerRegion. Stellvertretend seien hiereinige Beispiele genannt.

Januar 2010: Obmann Thomas Primon, KreisvorsitzenderHans-Dieter Wichert und Ansetzer Peter Fitten (von links) mitdem Spenden-Scheck.

Weidens Obmann Willi Hirsch (links) überreichte die 500 Euroan Martin Lechner und einen seiner Schützlinge.

■ Gruppe Weiden: „Einmal imMonat findet bei uns eine Ver-sammlung statt, bei der jedes Malauch ein Spenden-Fußball dieRunde macht. Da werden alleSchiedsrichter um eine kleineSpende gebeten“, erzählt ObmannWilli Hirsch aus Floß. Immer wenn500 Euro beisammen seien, werdedieser Betrag einer Einrichtungübergeben. Zuletzt war es das Kin-derheim St. Elisabeth in Windisch-eschenbach, das sich über den vio-letten Geldschein freuen durfte.Hirsch übergab die willkommeneSpende an Martin Lechner, denstellvertretenden Einrichtungslei-ter. Das Geld werde für Zwecke ein-gesetzt, die nicht vom Jugendamtabgedeckt seien, sagt Lechner.Dazu können zum Beispiel Vereins-tätigkeiten für die Jugendlichengehören.

■ Ebenfalls für Kinder haben sichdie Schiedsrichter der GruppeJura-Süd in diesem Jahr einge-setzt. Die Sammelaktion mit dem„Spenden-Dino“ erbrachte 600Euro, die an die Aktion „Kinder-

schicksale Mittelfranken“ überge-ben wurden, die sich Hilfsbedürfti-gen widmet.

■ Im Kreis Neumarkt/Jura betei-ligten sich die Unparteischen ander Aktion des Rother LandratsHerbert Eckstein – „Jeder Bürgereinen Euro“ – und übergaben einenScheck in Höhe von 932 Euro.

■ Auch im Norden Deutschlandsgeben die Unparteiischen gerneetwas ab: „Die Schiedsrichter derLeistungsklasse 1, also der höchs-ten Landesklasse und darüber hin-aus, haben auf ihren Tagungen inden vergangenen Jahren zum Bei-spiel für die Opfer der Tsunami-Katastrophe 2004 oder für ein Kin-derhospiz in Flensburg gesam-melt“, berichtet Jan Kohlmann,Öffentlichkeitsmitarbeiter inSchleswig-Holstein.

■ In Moers (Niederrhein) spende-ten die Schiedsrichter anlässlichihrer Jahresabschlussfeier 666Euro für den Verein „Klartext fürKinder“, der aktiv gegen Kinderar-mut im Moerser Umland arbeitetund Jugendliche aus sozial schwa-chen Familien unterstützt.

Lauf ins Leben(Schleswig-Holstein)

„Wir verbinden Sport und Helfenmiteinander“, hat sich eineSchiedsrichter-Gruppe im KreisRendsburg-Eckernförde gedacht

und am „Lauf ins Leben“ teilge-nommen. Am Start waren: TimHartmann, Nils Dannemann, MichaelMohr, Alexander Schmidt, PhillipOtte, Isa Schmidt, Dennis Binge,Sven Westermann, Manuel Gosch,Felix Ploog, Angela und Jörg Kohn.Dieser Staffellauf über 24 Stundenfindet seit 2005 zu Gunsten derSchleswig-Holsteinischen Krebsge-sellschaft statt. Die Teilnehmerengagieren sich neben dem Laufdurch eigene Spendenideen undAktionen.

Dabei steht nicht der Wettkampf-gedanke im Vordergrund, sonderndas soziale Engagement. Deshalbwerden auch keine Zeiten und Run-den gewertet – einzige Bedingungist, dass während der 24 Stundenimmer ein Läufer pro Gruppe aufder Laufbahn ist. 2009 waren 53Teams mit insgesamt 850 Läuferndabei. Neben der Sammlung vonStart- und Spendengeldern geht esbei der Veranstaltung auch darum,das Bewusstsein für Krebs zu stär-ken. Der Lauf durch die kalte, dunkleNacht steht für die schweren Zei-ten, die viele Betroffene nach derDiagnose Krebs erleben. Der Son-nenaufgang am Morgen wirktdagegen wie ein starkes Zeichender Hoffnung auf Genesung.

Selbst kicken unddamit helfen (Thüringen)

Seit zehn Jahren schon organisiertdie Schiedsrichter-Gruppe Hildburg-hausen (Thüringen) ihre Fußball-Sommergala. Was verbirgt sich hin-ter dem vielversprechendenBegriff? „Über den Zeitraum derSommerpause veranstalten wir

mehrere Events – vom Schiedsrich-ter-Turnier über Benefizspiele bishin zu Konzerten von Coverbands“,erzählt Obmann Axel Reder.

Angefangen hatte es damit, dass eszwar viele Schiedsrichter-Mann-schaften gab, aber im Sommerkaum Turniere für sie. „Neben demgemeinsamen Kicken, dem Kennen-lernen und dem Erfahrungsaus-tausch wollten wir auch etwasGutes für andere tun und spendendeshalb den kompletten Erlös jedesTurniers“, sagt Reder, der mit sei-nen Schiedsrichtern in den vergan-genen Jahren außerdem Benefiz-spiele organisierte. So waren unteranderem schon Zweitligist GreutherFürth und Drittligist Carl-Zeiss Jenazu Gast. „Rund 1.000 Besucher sindbei diesen Spielen dabei“, freut sichder Schiedsrichter-Obmann überviel Geld, das in die Spendenkassekommt.

Mehr als 11.000 Euro sind so in denzehn Jahren zusammengekommen.Und damit haben die Hildburghau-sener schon viele Menschen unter-stützt: Hochwasseropfer in Dresden,Kinder aus Tschernobyl, einenschwer verunglückten Schiedsrich-ter-Kollegen sowie Kindergärtenund -heime im Kreisgebiet. „Bei derOrganisation unserer Sommergalasind wir inzwischen ein eingespiel-tes Team“, sagt Obmann Reder. „Anden Veranstaltungstagen selbstsind dann zwischen 30 und 40Schiedsrichter ehrenamtlich im Ein-satz.“

Ihnen macht das Helfen eben auchaußerhalb des Spielfelds Spaß – wieso vielen anderen Schiedsrichternin ganz Deutschland. ■

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Innerhalb und außerhalbRegel-Test Fragen

Immer wieder gibt es Irritationen bei Behandlungen, wenn der Spielerhalb im Spielfeld steht: Darf er von dort unmittelbar ins Spiel eingreifenoder nicht, zählt er beim Abseits mit oder nicht? Nach welchen Kriteriender Schiedsrichter in so einem Fall handelt, beschreibt Lutz Wagner in denSituationen 3 und 4 seines Regel-Tests. Auch sonst geht es viel um „drin-nen und draußen“ - Auflösungen Seite 18.

Situation 1Bei der Strafstoß-Ausführungunterbricht der ausführende Spie-ler circa zwei Meter vor dem Ballseinen Anlauf, läuft dann weiterund schießt den Ball aufs Tor. DemTorwart gelingt es trotz Berührungnicht, den Ball abzuwehren. Er rolltüber die Torlinie ins Tor.

Situation 2Während der Halbzeitpause wech-selt die Heimmannschaft aus, ohneden Schiedsrichter darüber zuinformieren. Der eingewechselteSpieler erzielt ein Tor. In diesemMoment bemerkt der Schiedsrich-ter diesen Tausch.

Situation 3Zwecks Behandlung begibt sich einAbwehrspieler in Höhe des eige-nen Strafraums zur Seitenlinie.Während der Behandlung steht ermit einem Bein im Spielfeld undmit dem anderen Bein außerhalb.Nun bekommt circa 25 Meter vordem Tor ein Stürmer des Gegnersden Ball von einem Mitspieler desStürmers zugespielt und hat nurnoch den Torwart des verletztenAbwehrspielers vor sich.

Situation 4Ein Stürmer wird im Bereich derMittellinie von einem Physiothera-peuten behandelt. Dabei steht derSpieler mit einem Fuß im Spielfeld,mit dem anderen Fuß außerhalbdes Feldes. Als der Ball in seineNähe kommt, läuft er zum Ball undspielt diesen einem Mitspieler zu.

Situation 5In einer Spielruhe versetzt der Tor-wart seinem Gegenspieler einenKopfstoß. Der neutrale Schiedsrich-

ter-Assistent zeigt das Vergehenan, dieses Zeichen sieht derSchiedsrichter jedoch nicht undlässt das Spiel gemäß Unterbre-chung fortsetzen. Als er wenigeSekunden später das Assistenten-zeichen wahrnimmt, unterbricht erdas Spiel erneut.

Situation 6Ein Auswechselspieler wartet ander Seitenlinie auf seine Einwechs-lung. Als sich das Spielgeschehenin seinen Bereich verlagert, läufter ohne Anmeldung auf das Spiel-feld. Bevor der Schiedsrichter dasSpiel deshalb unterbrechen kann,wird der Auswechselspieler voneinem Spieler der gegnerischenMannschaft mit den Händen ver-warnungswürdig gestoßen. Erstjetzt erfolgt die Unterbrechung.

Situation 7Nach der Torerzielung für die Gast-mannschaft, jedoch kurz vor demAnstoß, bemerkt der Schiedsrich-ter, dass deren Spieler mit der Nr. 14unbemerkt und ohne Anmeldungauf das Spielfeld gelangt war. NachRücksprache mit seinem neutralenSchiedsrichter-Assistenten bestä-tigt dieser, dass der Spieler mit derNr. 14 der Passgeber vor dem Tor-erfolg war.

Situation 8Der Torwart kann nach einemAngriff unmittelbar an der Torlinieden Ball sicher unter Kontrollebringen. Der Angreifer gerät dabeiseitlich des Tores knapp über dieTorlinie. Dort kommt es zu einemStreit mit einem Auswechselspie-ler des Gegners, der sich dort auf-wärmt. Der Angreifer schlägt denAuswechselspieler, während sich

die Mannschaft des Torwarts unddes Auswechselspielers mittlerwei-le im Angriff befindet.

Situation 9Ein ausgewechselter Spieler befin-det sich auf der Spielerbank. Nacheinem Zweikampf unterbricht derSchiedsrichter das Spiel nicht. Dader ausgewechselte Spieler darübererregt ist, wirft er seine Wasserfla-sche auf das Spielfeld in Richtungdes Spielers der gegnerischenMannschaft. Wie muss der Schieds-richter entscheiden, wenn der aus-gewechselte Spieler bereits ver-warnt war?

Situation 10Nachdem der Schiedsrichter denAnstoß per Pfiff freigegeben hat,schießt der Spieler der Heim-Mann-schaft direkt auf das Tor. Als derBall auf das leere Tor zurollt,bemerkt der Schiedsrichter, dassdie Gastmannschaft keinen Torwartauf dem Feld hat.

Situation 11Bei einem Eckstoß verkürzt derAbwehrspieler noch vor der Aus-führung den Abstand auf wenigerals 9,15 Meter. Er wird angeschos-sen und der Ball geht ins Toraus.

Situation 12Ein Angreifer läuft mit dem Ball amFuß alleine auf das Tor zu. Knappvor dem Strafraum reißt ein Vertei-diger den Angreifer mit den Händenzu Boden. Der Ball gelangt zu einemanderen Angreifer, der den Ball kon-trolliert und nach einigen Schrittenungehindert auf das Tor schießenkann. Der Torwart kann den Ballabwehren. Der Schiedsrichter ent-scheidet auf Strafstoß und „Gelb“.

Situation 13Bei der Strafstoß-Ausführung wirdder Ball an den Pfosten geschos-sen. Der Torwart und der Schützelaufen zum Ball. Zunächst gelingtes dem Schützen, vor dem Torwartan den Ball zu gelangen und ihnanzunehmen. Bevor der Schützeden Ball auf das Tor schießen kann,wird er vom Torwart brutal umge-rannt.

Situation 14Nach einem Zweikampf an derStrafraumgrenze kommen zweiGegenspieler zu Fall. Da derSchiedsrichter nicht pfeift, nimmtder Abwehrspieler, der außerhalbdes Strafraums liegt, den Ball ausVerärgerung in die Hand und wirftihn dem Gegner, der knapp inner-halb des Strafraums liegt, heftig insGesicht. Daraufhin unterbricht derSchiedsrichter das Spiel.

Situation 15Nach einem Zweikampf innerhalbdes Spielfelds, Höhe Mittellinie ander Seitenlinie, kommt ein Angrei-fer zu Fall und gerät dabei aus demSpielfeld. Der Ball bleibt im Spiel.Nun sieht der Schiedsrichter, wiedieser Spieler ohne Anmeldungwieder auf das Spielfeld läuft undseinem Gegenspieler einen verwar-nungswürdigen Fußtritt versetzt.

Mund abputzen und weiter:Der angeschlagene KevinKuranyi will so schnell wiemöglich wieder ganz aufsSpielfeld.

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Lehrwesen

Gute Vorbereitung – gutes SpielEs sind nicht nur die Leistungen auf dem Platz, die zur Einschätzung der Leistungsfähigkeiteines Schiedsrichters dienen. Auch das Verhalten im „administrativen“ Bereich vom Erhalt desSpielauftrags bis zum Ausfüllen des Spielberichts spiegelt die Persönlichkeit wider. Darum gehtes im DFB-Lehrbrief Nr. 33, den Günther Thielking hier vorstellt.

Rund 80.000 Schiedsrichter lei-ten im Bereich des DFB Fußball-

spiele. Nur wenigen gelingt es, bisin den Profibereich vorzustoßen.Doch auch diese Unparteiischenmussten ebenso wie alle anderenihre ersten Erfahrungen an derBasis sammeln. Auf Dorfsportplät-zen verdienten sich viele vonihnen ihre ersten Sporen als Spiel-leiter. Und dabei war es hilfreich,dass sie während ihrer Ausbildungim Anwärter-Lehrgang nicht nurRegelkenntnisse vermittelt beka-men, sondern auch wichtige Bau-steine in Bezug auf die formalenAufgaben eines Schiedsrichterskennengelernt hatten – seineSpielansetzung bestätigen, recht-zeitig zum Spiel anreisen und denSpielbericht korrekt ausfüllen zumBeispiel.

Während nun mit der Zahl dergeleiteten Spiele die Erfahrung desneuen Schiedsrichters wächst under immer besser mit Spielern undRegeln umgehen kann, hält dieEntwicklung im formalen Bereichoft nicht Schritt. Im Gegenteil – wasam Anfang noch penibel befolgtwurde, unterliegt im Laufe der Zeiteiner gewissen Lässigkeit, um esnoch vornehm auszudrücken. Dawerden Spielberichte nachlässigoder gar falsch ausgefüllt, es wer-den zu hohe Fahrtkosten berech-net, ja selbst die Kleidung desSchiedsrichterteams ist manchesMal alles andere als vorbildlich.

Die Redakteure der Lehrbriefehaben diese Thematik aufgegriffenund darüber mit mehreren Obleutenund Lehrwarten der Landesverbändegesprochen. Ihre Informationendienten als Grundlage, um den Lehr-brief 33 mit didaktischen undmethodischen Hinweisen zu dieserProblematik zusammenzustellen.

So berichtete Gerhard Theobald,Lehrwart im Saarland, dass er sichoft Klagen seiner Kreisobleute zumThema „Administrative Aufgabeneines Schiedsrichters“ anhörenmuss. Immer wieder sei es notwen-dig, in den Kreisen über Selbstver-ständlichkeiten wie „Spielabsagen,Spielbericht und rechtzeitige Anreisezum Spielort“ zu sprechen. Auf derStrecke bleiben deshalb häufig diespielregelbezogene Arbeit, die Pro-blemanalysen von Spielleitungenund die Übungen zur Persönlich-keits-Entwicklung.

Theobald spricht damit vielenSchiedsrichterfunktionären aus demHerzen. Auch in anderen Landes-verbänden gehört die Aufarbeitungsolcher formalen Vorgänge zur eherunbefriedigenden, jedoch notwen-digen Arbeit während der Lehr-abende mit den Schiedsrichtern ander Basis.

Vor allem das Thema „Spielberichte“steht immer wieder im Mittelpunkt.Selbst beim Spielbericht-online,der sich in der mittleren und höhe-ren Ebene zunehmend durchsetzt,

treten bei den Schiedsrichtern Wis-senslücken auf. Klaus Ladwig,Schiedsrichter-Obmann des Fußball-verbandes Sachsen-Anhalt, musstemit dieser neuen Form der Spielbe-richte bereits einige negativeErfahrungen sammeln. Da würdenzum Beispiel Auswechselspielernicht eingetragen oder das Ergeb-nis stimme nicht. Die zuständigenObleute hätten sich dann Kritikvon den Spielinstanzen anzuhören,verbunden mit dem Hinweis, dasses wegen der Schlampigkeit derSchiedsrichter erforderlich sei, dienotwendigen Eintragungen nach-träglich telefonisch einzuholen.Für Ladwig gehört es deshalb zuden wichtigen Aufgaben der Funk-tionsträger, dass die Zusammenar-beit mit den übrigen Organen part-nerschaftlich verläuft, um das Kon-fliktpotenzial bei den formalenAbläufen so gering wie möglich zuhalten.

Sorgen bereitet vor allem vielenälteren Unparteiischen diese moderneVersion des Spielberichts. Sie habennicht täglich mit elektronischenMedien zu tun, ihnen fehlen dienotwendigen PC-Kenntnisse undsie sind deshalb froh, wenn sie aufdas herkömmliche Papierformularals Spielbericht zurückgreifen kön-nen. Doch auch dabei gibt es regel-mäßig Probleme. Schiedsrichter-Obmann Egon Biere (Schleswig-Holstein) stellt immer wieder fest,dass einige Schiedsrichter es nichtlernen, ihre Spielberichte rechtzei-tig abzusenden. „Bei den regelmä-ßigen Treffen der Kreis-Schieds-richter-Obleute gehört diesesThema, ebenso wie die Problema-tik der rechtzeitigen Spielabsagenim Verhinderungsfall und vor allemdie Mitteilung über Freitermine derUnparteiischen immer wieder malzur Tagesordnung.“

Alle wichtigen Utensilien liegen bereit, die Spielnotizkarte istvorbereitet – es kann losgehen.

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Für Schwierigkeiten bei jüngerenUnparteiischen und Schiedsrich-tern, die gerade ihre Prüfungabgelegt haben, sorgt nicht seltendie Fahrt zum richtigen Spielort.Gerhard Theobald wies darauf hin,dass sich die Schiedsrichter imSaarland rechtzeitig vor der Abrei-se zu ihrem Spiel nach dem Sport-gelände zu erkundigen hätten, aufdem ihr Spiel stattfindet. Vor allembei den Jugendspielgemeinschaf-ten, denen mehrere Vereine ange-hören, bestehe nämlich die Gefahr,dass der Schiedsrichter den richti-gen Platz nicht auf Anhieb findetund deshalb erst nach etlichenTelefonaten und einigen zusätz-lichen Kilometern kurz vor Spielbe-ginn am Spielort eintrifft.

Eine Absprache mit den dort schonwartenden Schiedsrichter-Assis-tenten der beiden Vereine sei dannkaum noch möglich. Und geradediesen nichtneutralen Helfern ander Linie müssten die angesetztenUnparteiischen vor dem Spielimmer wieder einige grundsätzli-che Hinweise zu ihren Aufgabengeben. Ohne eine deutliche Ansagewürden diese „Assistenten“ oftihre Kompetenzen überschreiten,Abseits winken, Strafstöße anzei-gen oder die Unparteiischen dar-auf hinweisen, dass sie gefälligstdem einen oder anderen Spielerdes gegnerischen Vereins ausirgendwelchen Gründen mal dieGelbe Karte zeigen sollten. So wirddann aus dem formalen Problem

der zu späten Anreise des Schieds-richters für ihn ein inhaltliches beider Spielleitung.

Der Lehrbrief beinhaltet unteranderem eine tabellarischeZusammenstellung der wichtigstenVorgaben, die von den Schiedsrich-tern vor, während und nach einemSpiel zu beachten sind. Neben denbereits genannten werden die Vor-bereitungen vor der Abreise zumSpiel ebenso angesprochen, wiedas Vorgehen nach der Ankunft amSpielort und das grundsätzliche

Diese Methode ist wenigErfolg versprechend…

…besser sind sorgfältigeNotizen, damit keine Irrtümerentstehen.

Auftreten auf dem Platz gegenüberden Spielern und Vereinsoffiziellen.Den Lehrwarten wird eine Power-point-Präsentation geboten, undanhand einer Checkliste bekommendie Teilnehmer an den Fortbildun-gen zugleich konkrete Hilfen, wassie rund um eine Spielleitung zubeachten haben. Diese wurde vonMichael Hüsing, dem Schiedsrich-ter-Lehrwart des Kreises Emsland(Niedersachsen) zusammengestellt.

Deutlich wird gerade bei dieserAuflistung, dass die DFB-Lehrbriefe

mit ihren Arbeitshilfen als Ergän-zung zum Weiterbildungsangebotder Schiedsrichter-Kreise anzuse-hen sind. Denn oft müssen dieLehrwarte (und damit natürlichauch die Schiedsrichter) spezielleregionale Vorgaben beachten. Sowird eine Passkontrolle vor denSpielen regional unterschiedlichdurchgeführt, und so gibt in eini-gen Landesverbänden der Schieds-richter nach dem Schlusspfiff amMittelkreis das Ergebnis bekanntund lässt von beiden Mannschaf-ten den Sportgruß aussprechen,während dies in anderen Verbän-den nicht durchgeführt wird. Auchder Einsatz nichtneutraler Schieds-richter-Assistenten wird in denSpielklassen und Kreisen unter-schiedlich gehandhabt.

Es reicht deshalb bei diesem DFB-Lehrbrief also nicht aus, ihn ein-fach „eins zu eins“ zu überneh-men. Die Lehrwarte sind gebeten,ihn ihren Bedürfnisse anzupassen.

Vorsicht vor Pauschalurteil

Positive WM-Beispiele

Eine aktuelle Lehrarbeit ohne Aufarbeitung der WM 2010wäre unvollständig und für die Unparteiischen in den Krei-sen unbefriedigend. In diesen Wochen werden einzelne Ent-scheidungen der FIFA-Referees sicherlich weiter im Mittel-punkt der monatlichen Lehrabende stehen. Viel zu oftgeraten dabei aber nur die negativen Beispiele in dieDiskussion und werden auf das gesamte Leistungsbild derUnparteiischen bei dieser WM übertragen.

Bei der Frage nach der Bedeutung für die Fortbildung derSchiedsrichter an der Basis müssen solche Pauschalurteilesehr kritisch betrachtet werden, denn so werden die zahl-reichen gut gepfiffenen Spiele vergessen. Bei allem Ärgerdarüber, dass etliche der Schiedsrichterleistungen denAnforderungen einer WM nicht gerecht wurden, brachtedoch die Mehrzahl der Referees ihre Spiele souverän undohne großes Aufheben über die Zeit. Nehmen wir uns des-halb Unparteiische wie Wolfgang Stark mit seinem Teamoder Benito Archundia (Mexiko) und Viktor Kassai(Ungarn) als Vorbilder. Und verweisen, was die Fehlleistun-gen in Südafrika angeht, nochmal auf die Analysen in dervorigen Ausgabe der Schiedsrichter-Zeitung.

Egal in welcher Spielklasse: Rechtzeitige Anreise ist besonders bei unsicherer Witterung wichtig,um in Ruhe eine Platzbesichtigung machen zu können, wie hier das Team um Norbert Grudzinski.

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Regel-Test Antworten

So werden die auf Seite 15 beschriebenen Situationen richtig gelöst.

Situation 1Tor, Anstoß. Täuschen ist erst dannnicht mehr erlaubt, wenn dasStandbein neben dem Ball steht.

Situation 2Indirekter Freistoß, wo sich derBall bei der Unterbrechung befin-det. In diesem Fall (Erkennen desSpielers kurz vor der Torerzielung)unmittelbar vor dem Tor, das heißtim Torraum (Ort im Torraum freiwählbar). Zusätzlich wird dieserSpieler verwarnt. Die Halbzeitpau-se stellt im Bezug auf die Aus-wechslung von Spielern keinebesondere Spielunterbrechung dar.Sie ist zu behandeln wie jedeandere Unterbrechung im Spiel.Der Spieler bleibt so lange Aus-wechselspieler, bis der Schieds-richter den Wechsel vollzogen hat.

Situation 3Weiterspielen.

Situation 4Indirekter Freistoß dort, wo derBall bei der Unterbrechung war.Verwarnung.

Anmerkung zu den Regelübertre-tungen 3 und 4 (auch mit Bezug aufdie Situationen 9 und 13 im Regel-Test der Schiedsrichter-Zeitung4/2010)

Führt das Verhalten eines Spielersdazu, dass der Schiedsrichter einenicht zweifelsfreie Situation vor-findet, so ist diese immer zuUngunsten des die Regel übertre-tenden Spielers auszulegen. Hebt erein Abseits auf (wie in Situation 3),so gilt er als innerhalb des Spiel-felds. Greift er in das Spiel ein (wiein Situation 4), so gilt er als außer-halb des Spielfelds. Dies ent-spricht Sinn und Geist der Regeln:Alle Vorteile dem, der die Regelneinhält, alle Nachteile dem, der sieübertritt.

Situation 5Schiedsrichterball, Feldverweis.Auch wenn das Spiel fortgesetztwurde, ist eine Persönliche Strafenoch möglich. Eine Spielstrafekann nicht mehr ausgesprochenwerden.

Halb drinnen, halb draußen: Der Spieler bleibt mit dem Blick auch während der Behandlungbeim Geschehen auf dem Rasen.

Innerhalb und außerhalbSituation 6Indirekter Freistoß und „Gelb“ fürbeide Spieler. Das Vergehen desAuswechselspielers geschiehtzuerst, deswegen gibt es den indi-rekten Freistoß für die gegnerischeMannschaft. Der Auswechselspie-ler wird wegen unerlaubten Betre-tens des Spielfelds und der Spielerder gegnerischen Mannschaftwegen des verwarnungswürdigenStoßens mit „Gelb“ bedacht.

Situation 7Indirekter Freistoß, Verwarnung.Der zwölfte Spieler bleibt so langeein Auswechselspieler, bis er vomSchiedsrichter ordnungsgemäßzugelassen wird. Es ist ein indirek-ter Freistoß zu verhängen, da dasSchiedsrichter-Team eindeutig klä-ren kann, dass der Spieler schonwährend der Torerzielung auf demFeld war.

Situation 8Schiedsrichterball, Feldverweis. DasSpiel ist auf jeden Fall zu unterbre-chen. Ein Vorteil ist nicht ratsam.

Situation 9Indirekter Freistoß, Feldverweismittels Roter Karte. Dass der Spielerbereits verwarnt war, spielt keineRolle, da es sich hier um ein feldver-weisreifes Vergehen handelt.

Situation 10Schiedsrichterball. Ein Fehler desSchiedsrichters, den er bemerkt, alsder Ball schon regelgerecht im Spielist. Deshalb ist der Schiedsrichter-ball die einzig richtige Entschei-dung.

Situation 11Wiederholung des Eckstoßes. DerSpieler wird verwarnt.

Situation 12Der Schiedsrichter kann wegenVerhinderung einer eindeutigenTorchance sofort auf direkten Frei-stoß und Feldverweis entscheiden.Sollte er aber auf Vorteil erkennen,dann darf er in der nächsten Spiel-unterbrechung den Verteidiger nurnoch verwarnen – wegen unsport-lichen Haltens. Die Torchance bliebdurch die Vorteilsgewährung jaerhalten.

Situation 13Indirekter Freistoß, Feldverweis. Daszweimalige Spielen des Balles durchden Schützen führt zum indirektenFreistoß. Der Feldverweis wird fürdas brutale Vorgehen des Torwartsausgesprochen.

Situation 14Strafstoß, Feldverweis. Wenn eineMannschaft zwei Vergehen verübt,ist das schwerwiegendere zubestrafen. Mit dem Strafstoß istdas Team auf jeden Fall härterbestraft, als wenn der Schiedsrich-ter das Handspiel (direkter Frei-stoß) ahndet.

Situation 15Direkter Freistoß am Tatort undVerwarnung. Der Spieler begehtnur ein Vergehen. Verwarnt wird erfür den Tritt. Der sofortige Wieder-eintritt ist erlaubt und somit auchnicht verwarnungswürdig. Er darfdas Spielfeld unmittelbar und ohneAnmeldung wieder betreten, da erdas Spielfeld ungewollt und des-halb nicht unerlaubt verlassen hat.

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Momentaufnahme

Was war da los,Christian Fischer?Tolle Torwartparaden, üble Fouls, feiernde Fans, schimpfende Trainer -diese Bilder kennt man vom Fußball. Aber es gibt auch das andere Foto,das eine eher ungewöhnliche Situation zeigt, in die ein Schiedsrichtergeraten ist. Lutz Lüttig fragt nach, worum es dabei ging.

Drei Karten hat der ordentlichausgestattete Schiedsrichter

dabei: eine gelbe, eine rote undeine Spielnotizkarte. Die ist über-wiegend weiß, und wozu siebenutzt wird, sagt ja schon ihrName. Die Bedeutung der beidenanderen Karten als optische Über-setzung für Verwarnung und Feld-verweis ist 40 Jahre nach derenEinführung selbst Menschen

bekannt, die dem Fußball nicht sozugeneigt sind.

Nun ist ja vieles im Fußball exaktgeregelt. Manche empfinden dasals Regulierungswut, die dasErmessen und die Spielgestal-tungsmöglichkeiten des Schieds-richters immer weiter einschränkt,andere möchten noch genaueraufgeschrieben wissen, wie dieses

oder jenes auf dem Spielfeld undauch drum herum zu beurteilenoder durchzuführen ist. Woraufnoch niemand gekommen ist –aber wer weiß, wie lange noch? –,wäre eine Vorschrift, wo die dreiKarten während des Spiels unter-zubringen sind. Brusttascherechts: „Gelb“, Brusttasche links:Spielnotizkarte, Gesäßtascherechts: „Rot“ – das wäre ein Mög-

lichkeit, die wohl nicht allzu weitvon der Realität entfernt ist. Links-händern könnte man überdies eineSonderregelung zugestehen.

Dass eine solche Vorschrift aberverhindert hätte, was uns das Fotoauf dieser Seite zeigt, wäre docheine kühne Behauptung. Wie es zudieser Szene kam, erfragen wirbeim Hauptakteur: Was war da los,Christian Fischer?

Der Oberstudienrat aus Hemer(Westfalen), seit 2005 Spielleiter inder 2. Bundesliga: „Das Fotostammt vom letzten Spieltag derSaison 2007/2008. Die Augsburgerwaren in Abstiegsgefahr und durf-ten auf keinen Fall gegen Jena ver-lieren. Und wie das oft so ist in sol-chen Spielen: Augsburg ging zwarin Führung, aber Jena, obwohlschon längst abgestiegen, mischtemunter mit. Mitte der zweitenHalbzeit fiel der Ausgleich für dirThüringer. Augsburg wurde nervös,Jena hielt dagegen, und die Foulshäuften sich.“

„Schiedsrichter Christian Fischer zeigt Ilja Kandelaki (Jena) die Gelb/Rote Karte, wobei das Farbenspiel nicht ganz funktioniert“,hat Fotograf Klaus Krieger zu diesem Foto geschrieben.

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Momentaufnahme

Christian Fischer „zog an“ und ver-warnte den Jenaer Kandelaki inder 68. Minute nach einem Foul-spiel. Acht Minuten später brachtederselbe Spieler den AugsburgerKern rüde zu Fall.

Der Schiedsrichter erzählt weiter:„Klares ,Gelb’. Ich fasse in dieBrusttasche und denke dabei: Oh,Nr. 24, den habe ich doch vorhinschon verwarnt. Zur Sicherheit einschneller Blick auf die Spielnotiz-karte, die ich zusammen mit derGelben Karte aus der linken Brust-tasche gezogen habe. Dann halteich die ,Gelbe’ hoch. Und denke –die Gedanken sind ja immerschneller als die Hände –, ich habedie ,Rote’ schon in der Hand. Alsoauch hoch damit! Und dann steheich da, wie es auf dem Foto zusehen ist: links die Gelbe Karte undrechts die Spielnotizkarte, die ichfür die ,Rote’ hielt.

Als ich den Fehler merke, steckeich die beiden Karten schnell weg.Eine Sekunde überlege ich, dochnoch die Rote Karte aus der Gesäß-tasche zu ziehen, aber der Spielertrollt sich, ohne zu murren. Auchsonst sagt niemand etwas. Eshätte wohl auch eher Verwirrunggestiftet, wenn ich die echte RoteKarte nachgezogen hätte. Auchnach dem Spiel spricht mich nie-mand an, kein Assistent, kein Ver-einsverantwortlicher, kein Journa-list, auch nicht der Beobachter. Esist offensichtlich egal, was derSchiedsrichter in die Luft hält,nachdem er einem Spieler zumzweiten Mal die Gelbe Kartegezeigt hat. Jeder weiß, dass das,Rot’ bedeutet und der Spieler vomPlatz muss.

Ich weiß gar nicht mehr, ob wirnoch in der Kabine über diesenKartensalat gesprochen haben.

Aber ich habe für mich schonUrsachenforschung betrieben. Eswar ja, wie schon beschrieben, vorallem für Augsburg ein sehr wich-tiges Spiel, auf dessen Ablaufnatürlich auch die ebenfallsgefährdeten Mannschaften ganzgenau schauten. Da hatte ein Feld-verweis beim Spielstand von 1:1 inder 75. Minute – egal gegen wen –eine besondere Bedeutung. Ich warin diesem Moment wohl nicht ruhiggenug, sondern wollte der Maß-nahme Nachdruck verleihen undbin deshalb zu schnell vorgegan-gen. Das muss ich selbstkritischeinräumen. Auch als erfahrener

Bei der Verwarnung sprechen

Seit Einführung der Gelben und Roten Karte im Jahr 1970heißt es in der Fußball-Umgangsprache oft: „Der Schieds-richter hat ihm ,Gelb’ gezeigt.“ In der Fußball-Amtssprache,also im Regeltext, findet man zwar auch den Ausdruck„Zeigen einer Karte“, nach wie vor ist aber vermerkt, dass bei entsprechenden Vergehen „eine Verwarnung aus-gesprochen“ wird. Es geht also (auch) um das Sprechenbei einer Verwarnung und nicht nur um das Anzeigenmittels einer Karte.

Ob das im Normalfall auf dem Platz immer so gemachtwird („Sie sind hiermit verwarnt“), darf sicher bezweifeltwerden. Da wird manches Mal nur noch die Karte hoch-gehalten (bei groß gewachsenen Schiedsrichtern manch-mal so hoch, dass der Spieler sie kaum sehen kann) undfertig ist die wortlose Verwarnung. Dabei sollte derSchiedsrichter diese Disziplinar-Maßnahme durchaus auchverbal begleiten. Vielleicht nicht so formell, wie geradebeschrieben. Aber ein Satz wie „Sie haben es jetzt wirklichübertrieben!“ oder „So können Sie heute auf keinen Fallweitermachen, dann geht’s raus!“ verdeutlicht dem Spielerdurch die direkte Ansprache, dass es der Schiedsrichterernst meint.

Das sprachliche und optische Signal „Verwarnung“ sollunaufgeregt und ohne Inszenierung gesendet werden. „Esist sinnlos, Bestimmtheit durch Geschrei oder Volksredenersetzen zu wollen“, schreibt Ex-FIFA-Schiedsrichter Gün-ter Linn im DFB-Schiedsrichter-Handbuch. Und trifft damitden Nagel auf den Kopf.

Was macht man aber, wenn die Karten in der Umkleide-kabine liegengeblieben sind? Dann kann ein Schiedsrichternatürlich trotzdem eine Verwarnung aussprechen – imwahrsten Sinne des Wortes „aussprechen“. So wie es vor1970 üblich war. Allerdings sollte er in diesem Fall denMannschaftskapitän des verwarnten Spielers informieren.Und noch ein augenzwinkernder Tipp dazu: Ganz Wage-mutige könnten neben der Ansprache ja zum Anzeigen derVerwarnung die Spielnotizkarte hochhalten. Falls die nichtauch in der Kabine liegt.

„Gelb“ zeigen genügt nicht

Schiedsrichter sollte man sichimmer wieder mit den Grund-sätzen unserer Tätigkeit beschäfti-gen. Sicherheit geht vor Schnellig-keit, ist so ein ungeschriebenesGesetz, das sich banal anhört unddennoch für jede Spielleitung vongrößter Bedeutung ist.“

Und lernt man etwas aus so einemVorfall, Christian?

„Ich hoffe doch. Die beidenGelb/Roten Karten, die ich seitdemzeigen musste, habe ich jedenfallsin Ruhe und ohne Komplikationenan den Mann gebracht.“ ■

Als Christian Fischer das nächste Mal einem Spieler (hier: Biliskov/Fürth) zweimal „Gelb“ zeigen musste, klappte derAblauf mit dem Zücken der Roten Karte wieder bestens.

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Nicht mehr viel übrig: diemalträtierte Eckfahne vonIserlohn.

Bis hierhin und nicht weiter:Die Technische Zone istinzwischen auch in unterenLigen eingeführt.

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Die internationalen Spiele der Deutschen im Juli und August 2010

FIFA-Schiedsrichter unterwegsName Wettbewerb Heim Gast Assistenten/Vierte Offizielle/Torrichter*

Felix BRYCH Champions League FC Kopenhagen Rosenborg Trondheim Schiffner, Borsch, Aytekin, Welz, WingenbachManuel GRÄFE Europa League PAOK Saloniki Fenerbahce Istanbul Wezel, Häcker, ZwayerThorsten KINHÖFER Champions League Dynamo Zagreb FC Koper (Slowenien) Scheppe, Fischer, AytekinThorsten KINHÖFER Champions League AIK Stockholm Rosenborg Trondheim Scheppe, Steuer, GagelmannThorsten KINHÖFER Europa League FC Karpaty Lviv (Ukraine) Galatasaray Istanbul Bornhorst, Fischer, DreesAnja KUNICK Frauen WM-Qualifikation Georgien Bulgarien Rafalski, JaworekFlorian MEYER Europa League FC Timisoara (Rumänien) Manchester City Glindemann, Henschel, GagelmannBabak RAFATI Europa League FC WIT Georgia (Georgien) Banik Ostrava Bornhorst, Margenberg, WingenbachPeter SIPPEL Europa League FC Liverpool FK Rabotnicki (Mazedonien) Häcker, Christ, WelzPeter SIPPEL U 21-EM-Qualifikation Bosnien-Herzegowina Ungarn Borsch, Hofmann, DingertWolfgang STARK Champions League SC Braga (Portugal) FC Sevilla Salver, Pickel, Schmidt, Sippel, DingertBibiana STEINHAUS Frauen WM-Qualifikation Finnland Italien Wozniak, MüllerBibiana STEINHAUS Frauen WM-Qualifikation Island Frankreich Wozniak, MüllerBibiana STEINHAUS Frauen WM-Qualifikation Ukraine Polen Wozniak, Müller

* Vom DFB nominiert

Tätlichkeit gegeneine Eckfahne

Lars Lehmann, Lehrwart im KreisIserlohn, hatte sich ins Seilersee-Stadion des VTS Iserlohn aufge-macht. Er wollte sich anschauen,wie Jonathan Pott die Kreispokal-partie gegen den VfK Iserlohn überdie Bühne bringen würde. Dass erdabei auch als Fotograf zum Ein-satz kommen würde, hatte Leh-mann natürlich nicht gedacht.Nachdem Schiedsrichter Pott kurzvor Ende der ersten Halbzeit einen

Spieler wegen Tätlichkeit des Fel-des verwiesen hatte, ließ der Sün-der beim Verlassen des Spielfeldsseiner Wut gleich noch mal freienLauf. „Opfer“ diesmal: eine Eckfahne.

Der Spieler trat mit voller Wuchtgegen die Plastikstange, die gleichin mehrere Einzelteile zerbrach.Die im Regelwerk vorgeschriebeneMindesthöhe von 1,50 Meter warnicht mehr gegeben, dennochwurde erstmal – nicht ganz regel-gerecht – mit der „kurzen“ Fahneweitergespielt. Während Lars Leh-mann das „corpus delicti“ mit sei-nem Handy für den nächsten Lehr-abend (und nun auch für die DFB-Schiedsrichter-Zeitung) fotogra-fierte, reagierten die Verantwort-lichen beim VTS Iserlohn vorbild-lich und schafften ruckzuck eineneue Eckfahne herbei.

Coaching Zone sollEmotionen bremsenNach Bayern hat nun auch derWürttembergische Fußballverband(WFV) die sogenannte CoachingZone in den Amateurklassen unter-halb der Oberliga eingeführt.„Viele Trainer haben versucht, denSchiedsrichter durch ihr Verhaltenam Spielfeldrand zu beeinflussen,und sind dort zum Teil tobendhoch- und runter gerannt“,begründete WFV-Sprecher HeinerBaumeister den Beschluss, den dieVorsitzenden der Fußballbezirkefassten. Jetzt können die Schieds-richter Trainer und Funktionäre,die sich daneben benehmen oderdie Coaching Zone ohne Erlaubnis

verlassen, umgehend hinter dieBarriere verweisen. Die TechnischeZone soll sechs Meter breit undmindestens zehn Meter von derMittellinie entfernt sein. Da derRaum zwischen Seitenlinien undBarrieren oder Banden gerade inden unteren Ligen auf vielenSportplätzen begrenzt ist, mussdie Linie der Coaching-Zone nichtzwingend mit Farbe oder Kreidegestreut werden. In diesen Fällenreichen auch „Hütchen“ als Mar-kierung aus.

Schiedsrichtergewürgt: 27 Spiele SperreDer paraguayische Fußball-ProfiJose Pedroso ist nach seiner Attackegegen einen Schiedsrichter für

27 Meisterschaftsspiele gesperrtworden, wie der Sport-Informa-tions-Dienst (SID) berichtet. DerVerteidiger des chilenischen Zweit-ligisten Rangers hatte im Punkt-spiel bei Deportes Concepcion(0:3) Referee Marcelo Mirandanach seinem Platzverweis wegenwiederholten Foulspiels gewürgt.Seine Teamkollegen hatten ihn nurmit Mühe von einer weiterenAttacke abhalten können.

Pedrosos Platzverweis und demWutausbruch war ein umstrittenesElfmeter-Tor für Concepcion vor-ausgegangen. Miranda ließ denStrafstoß wegen vermeintlicherRegelverstöße von Feldspielernund Torwart insgesamt viermalausführen, ehe Deportes nach zweiFehlschüssen wie schon beimersten Versuch zum vorentschei-denden 2:0 traf. Danach hattePedroso seine Nerven nicht mehrim Griff. Chilenische Medienberichteten später, der Paraguayerhätte die Rangers bereits verlas-sen und wäre in sein Heimatlandzurückgekehrt.

Webb sieht ein: „Ich hätte ,Rot’zeigen müssen“Sechs Wochen nach dem WM-Finalezwischen Spanien und den Nieder-landen (1:0 n.V.) äußerte sichSchiedsrichter Howard Webb zurLeistung seines Teams: „Wir woll-

ten einen guten Job machen undhatten Verständnis für die Emoti-onen und den Druck der Spieler,

waren aber enttäuscht von derHärte des Spiels.“ Der Engländersprach am 11. Juli in Johannesburginsgesamt 13 Verwarnungen ausund zeigte dem NiederländerJohnny Heitinga die Gelb/RoteKarte.

Webb weiter: „Es gibt nicht vieleDinge, die ich ändern würde. Wasich allerdings ändern würde, wäredie Farbe der Karte für Nigel deJong. Das war eine Rote Karte.“Der Niederländer war nach einerhalben Stunde nach einem Kung-Fu-Tritt gegen Xabi Alonso mit„Gelb“ davongekommen. „Aber aus meinem damaligen Blickwinkelwar es kein Feldverweis. MeineSicht war durch den Rücken vonAlonso und Mark van Bommelneben ihm eingeschränkt. Und ichwollte die Entscheidung danachfällen, was ich sehe. Deshalb habe

Die Spanier können es nicht fassen: Howard Webb zeigt Nigelde Jong nur „Gelb“. Der scheint dankbar zu sein.

ich mich für ,Gelb’ entschieden“,erläuterte der 39-Jährige, der seitfünf Jahren als Profi-Schiedsrich-ter arbeitet.

Webb bezeichnete die Begegnungals „eines der härtesten Spiele“seiner Karriere, auf das er inzwi-schen mit Stolz zurückblicke: „Wirhaben unter schwierigen Bedin-gungen einen guten Job gemacht.“Nach dem Finale habe er sichallerdings physisch und psychischleer gefühlt.

Rückwechseln auchbei ErwachsenenerlaubtMit Beginn der laufenden Saisonwurde in Bayern das Rückwechselnvon Spielern auf den Erwachse-nenbereich ausgedehnt. Allen

Zu Besuch bei Freunden

Ein intensives Trainingsprogramm absolvier-ten die beiden deutschen UnparteiischenGuido Winkmann und Robert Hartmannbeim diesjährigen Spitzenlehrgang der fran-zösischen Schiedsrichter in Aix-les-Bains. IhrAufenthalt in dem Kurort am Rande derAlpen gehörte zur Kooperation zwischendem Französischen Fußball-Verband (FFF)und dem DFB. Sie erwiderten damit denBesuch einer französischen Vertretung, dievon Bernard Lavis, dem Präsidenten derKommission „Recruitement“, beim Lehrgangder deutschen Bundesliga-Schiedsrichter inAltensteig/Wart angeführt wurde.

Die beiden deutschen Referees musstenwährend ihrer Tage in Frankreich feststellen,dass sich die Ausbildungsschwerpunktebeim Spitzenlehrgang ihrer Gastgeber völliganders darstellten als beim DFB, wo die Per-sönlichkeitsschulung einen hohen Stellen-wert genießt. Intensive Trainingseinheitenmit aktuellen Übungsformen bestimmten dieTagesabläufe in Aix-les-Bains. Für die nötigeAbwechslung sorgten eine halbtägige Fahr-radtour am Rande des Lac de Bourgogne,Videoanalysen von der WM 2010 sowie einspannender Vortrag des Psychologen MattiaPiffaretti, der zum Thema „Möglichkeitenzum Stressabbau“ referierte.

Sprachprobleme gab es kaum für GuidoWinkmann und Robert Hartmann beimGedankenaustausch mit den französischen

Unparteiischen zu ihren Spielen in derBundesliga und bei einem Rückblick auf dieBegegnungen der Weltmeisterschaft in Süd-afrika. Grundlage der Gespräche war Eng-lisch, kam man sich damit nicht näher, sohalfen einige Brocken Französisch oder auchDeutsch über die Sprachbarrieren hinweg.

Marc Batta, Präsident der französischenSchiedsrichter-Kommission, zog ein positi-ves Fazit zum gegenseitigen Besuch der bei-den Delegationen: „Wer als Spitzenschieds-richter zukunftsorientiert arbeiten will, dermuss über die nationalen Grenzen hinausblicken. Die Erfahrungen im Austausch mitUnparteiischen anderer europäischer Fuß-ballverbände bringen alle Seiten ein großesStück voran.“

Günther Thielking

Winkmann und Hartmann in Frankreich

Philippe Kalt, Guido Winkmann, RobertHartmann und WM-Schiedsrichter StephaneLannoy (von links) bildeten einen starkeLaufgruppe.

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kurznotiert

■ Neuer Dress: Die Top-Schieds-richterinnen des DFB gehen seitBeginn der Saison eigene modi-sche Wege. In Abstimmung mitAusrüster adidas und Schiedsrich-ter-Partner DEKRA tragen BibianaSteinhaus und Co. nun Trikots miteinem gesonderten Frauen-Schnitt. Bisher konnten sie nur inMänner-Trikots antreten.

■ Glückwunsch: BemerkenswerteGeburtstage feierten zwei ehema-lige Bundesliga-Schiedsrichter:Heinz Siebert (Mannheim, 44 Ein-sätze von 1964 bis 1971 sowie von1967-1969 FIFA-Schiedsrichter)wurde am 2. August 85 Jahre alt.Wilfried Hilker (Bochum, 66 Ein-sätze von 1965 bis 1977) ist seitdem 14. August 80 Jahre alt.

■ Keine Wiederholung: Der italie-nische TV-Sender RAI kündigteeinen Verzicht auf Wiederholun-gen von strittigen Szenen an. Aus-genommen sind Aktionen, indenen es um Tore und Platzver-weise geht. Mit der Maßnahmewollen die Verantwortlichen desöffentlich-rechtlichen Sendersden in Italien besonders hitzigenDiskussionen über Schiedsrichter-Entscheidungen einen Riegel vor-schieben. Die Sender Sky undMediaset zeigen allerdings deut-lich mehr Fußball als die RAI undhaben sich dem Vorhaben nichtangeschlossen.

■ Berufung: Das DFB-Präsidiumhat in seiner Sitzung am 20.August Hans Scheuerer (Mün-chen) als zweiten Vertreter desSüddeutschen Fußball-Verbandesin die DFB-Schiedsrichter-Kom-mission berufen. Scheuerer leitetezwischen 1984 und 1996 insge-samt 103 Spiele in der Bundesliga.

■ Diskussion: Im Laufe des Okto-ber will sich der InternationalFootball Association Board (IFAB)mit den technischen Möglichkei-ten der Torlinien-Überwachungbefassen. Das höchste Regel-Gremium des Weltfußballs tagt inCardiff.

Mannschaften von der Kreisligaabwärts ist es nun erlaubt, bereitsausgewechselte Spieler abermalsins Spiel zu schicken. Im aufstiegs-berechtigten Spielbetrieb der Her-ren dürfen es drei, im nicht-auf-stiegsberechtigten Bereich und beiden Frauen vier Akteure sein, diebeliebig oft aus- und wieder einge-wechselt werden können. Stellt derSchiedsrichter fest, dass die Aus-wechselei vor allem gegen Spiel-ende lediglich der Spielverzöge-rung dient, kann er den Wechselablehnen oder muss die verlorengegangene Zeit unbedingt nach-spielen lassen.

Blatter: Neues Konzept fürTop-SchiedsrichterFIFA-Präsident Joseph S. Blatterhat ein neues Konzept für Top-Schiedsrichter angekündigt undsich für Profi-Referees ausgespro-chen. „Die große Baustelle im Fuß-ball, das habe ich aber auchbereits im Vorfeld der WM gesagt,ist das Schiedsrichterwesen. EndeOktober, Anfang November werdenwir mit einem Konzept für Top-Schiedsrichter erscheinen. Es wird

Ehrung für die Schiedsrichterin und den Schiedsrichter des Jahres im Rahmen des EM-Qualifi-kationsspiels Deutschland gegen Aserbeidschan: In Anwesenheit von DFB-GeneralsekretärWolfgang Niersbach (rechts) und Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel überreichte Stefan Kölbl,Vorstandvorsitzender der DEKRA, die Pokale an Bibiana Steinhaus und Wolfgang Stark. ZurFeier des Tages hatte sich Paule, das unübersehbare Maskottchen der Nationalmannschaft,sogar in ein Schiedsrichter-Trikot gezwängt. Die DEKRA ist übrigens schon seit 2003 Partnerder deutschen Top-Schiedsrichter; der Vertrag läuft noch bis Mitte 2012.

eine Verjüngung geben“, erklärteder 74-jährige Schweizer in einemInterview auf der Homepage desDFB. „Die WM soll nicht dafür dasein, dass jemand jenseits der 40

noch schnell einen Einsatz bekom-men muss. Außerdem bin ich fürden Profi-Schiedsrichter, auchwenn ich weiß, dass es dazu andereMeinungen gibt.“

In eigener Sache

Schiedsrichter-Zeitung gratis für Anfänger-Lehrgänge

■ Ein Angebot an alle Lehrwarte: Wer einen Anwärter-Lehrgangdurchführt, kann die entsprechende Menge an aktuellen (oder älte-ren) Exemplaren der DFB-Schiedsrichter-Zeitung beim Verlag kosten-frei bestellen. Per Email: [email protected] oder per Post: Kuper-Druck GmbH, Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler.

■ Ein wichtiger Hinweis für alle Einzel-Abonnenten und Empfängervon Gruppen-Sendungen: Wenn Sie umziehen, teilen Sie dem Verlag([email protected]) bitte so früh wie möglich Ihre neue Adressemit. Ein Nachsendeantrag bei der Post reicht leider nicht aus, dennder umfasst seltsamerweise nicht die Zustellung von abonniertenZeitschriften an die neue Adresse!

■ Unmittelbar nach Fertigstellung jeder Ausgabe erhält der Einzel-abonnent sein Exemplar per Post direkt nach Hause. Die anderenLeser erhalten die neue Ausgabe an ihren Lehrabenden. Zwar findendiese zumeist monatlich statt, aber bei rund 500 Schiedsrichtergrup-pen in Deutschland verteilen sich die Termine dieser Pflichtsitzungennatürlich über den gesamten Zeitraum eines Monats. Wer sichergehen will, dass er die Schiedsrichter-Zeitung so früh wie möglichlesen kann, sollte sie direkt abonnieren. Kosten: 15 Euro pro Jahr.Unter [email protected] ist das schnell erledigt.

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Zeitreise

Rote Augen auf „Rote Erde“?Wir schreiben den 31. Januar 1969, der 21. Spieltag der Bundesliga-Saison beginnt mit einem Flutlichtspiel im legendären Dortmunder Stadion. Auf der Presse-Information mit den Mannschaftsaufstellungensteht in der Rubrik Schiedsrichter: „Horstmann (Nordstemmen)“. In seinem Erinnerungsbuch schildert Walter Horstmann in der ihm eigenennorddeutsch-klaren Sprache, was ihm an diesem Freitagabend widerfuhr.

Fünf Jahre nach meiner Bundes-liga-Premiere pfeife ich wieder

im Stadion Rote Erde. Und dieBegegnung heißt erneut BorussiaDortmund gegen 1860 München. EinSpiel mit Nachspiel, das ich nie ver-gessen werde.

Niemals hätte ich gedacht, dassdieses Abendspiel so außergewöhn-lich würde. Es geht weder um Meis-terschaft oder Abstieg, noch gehtes um einen Pokalsieg. Nur um zweiPunkte. Die Begegnung Ende Januarist zunächst ganz normalerBundesliga-Alltag. Legendär istlediglich das Borussen-Stadion RoteErde, in dem die Partie Dortmundgegen München 1860 stattfindet.Kurz vor der Pause (bereits in der15. Minute erzielten die Dortmunderdas 1:0) pfeife ich Elfmeter. Mün-chens Bernd Patzke hatte im Straf-raum zugelangt, doch neben demüblichen Gemecker nach so einerStrafstoß-Entscheidung höre ichUngeheuerliches. Münchens Tor-wart Petar Radenkovic beschwertsich lautstark, dass der Schieds-richter betrunken sei: „Seine rotenAugen sagen doch alles.“ AuchPatzke geht zur verbalen Attackeüber: „Der Kerl ist besoffen!“

Der Strafstoß wird verwandelt, dannist Halbzeit. Beim Gang in die Kabinegeht das Gehetze weiter. Radenko-vic brüllt: „Der ist betrunken. Esmuss ihm eine Blutprobe entnom-

men werden.“ Nun laufen plötzlichüberall Journalisten herum. Selbstin meine Kabine wollen sie. Ich höreÄußerungen wie: „Schauen Sie sichmal die roten Augen des Unpartei-ischen an.“ Ich schmeiße alle raus.Tür zu. Ruhe. Bin außer mir. Das istVerleumdung. Wie stehe ich dennda? Werde einen Bericht an den DFBverfassen, denke ich. Trotz der Auf-regung bleibe ich konzentriert undbringe die zweiten 45 Minuten gutüber die Runden. Noch einmal mussich einen Spieler zur Räson bringen.Klaus Fischer hat gegen den Dort-munder Horst Trimhold nachgetre-ten – ich stelle ihn vom Platz. Dasses wieder die 60er getroffen hat,macht die Stimmung nach demAbpfiff nicht besser. Die Beschimp-fungen und Verleumdungen gehenweiter: ,,Horstmann ist betrunken.“

Das kann ich nicht auf mir sitzenlassen. Nach Spielschluss klopft esan der Tür, und Münchens Techni-scher Direktor Kurt Krolopp bittetum Einlass. lm Schlepptau einigeweitere Vorstandsmitglieder. Siewollen wissen, was Radenkovicgeäußert habe. ,,Ich schreibe einenBericht an den DFB“, unterrichte ichKrolopp. Jetzt wird ihm mulmig. Erweiß, dass das eine Verhandlungvor dem Sportgericht zur Folge hat –und möglicherweise deftige Strafennach sich ziehen wird. So sei dasdoch alles nicht gemeint gewesen,höre ich. Entschuldigungen werden

ausgesprochen. Einer der Vor-standsherren sagt, er hoffe, dieSache sei damit erledigt.

Ich bleibe bei meiner Meinung,werde Meldung an den DFB machen.Dafür ist zuviel passiert. Allein dieJournalisten, die das Theater mit-bekommen haben. Sie werden süffi-sant ihre Artikel schreiben. Ich sehedie Schlagzeilen schon in der Kabinevor mir.

,,Also“, sage ich ruhig zu denMünchnern, die immer noch in derKabine stehen. „Ihr wollt jetzt dasGanze mit dem Mantel der Liebezudecken. Aber das geht nicht.Schließlich haben doch alle gewusst,

43. Minute: Torwart Radenkovic attackiert Walter Horstmann,von rechts kommt Bernd Patzke hinzu. Im Hintergrund berei-tet sich Dortmunds Mannschaftskapitän Wolfgang Paul schonauf den Strafstoß vor.

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dass ich nichts getrunken habe. Wirsaßen am Nachmittag beim Skatzusammen, 60-Trainer Hans Pilz warauch dabei. Und da gab es nur Limound Wasser.“ Nun wird es wiederhektisch. Kurt Krolopp rennt raus.„Ich muss noch mal mit unseremTrainer reden“, sagt er. Die anderengehen auch. Damit ist die Angele-genheit im Stadion beendet.

Mir ist der Ernst der Lage bewusst.Deshalb fahre ich, kaum dass ichgeduscht bin, nach Dortmund in dieCity – ins Nordstadt-Krankenhaus.Ich erkundige mich an der Pforte.„Wo ist der Bereitschaftsarzt?“ Manbeschreibt mir den Weg. Es ist kurzvor halb elf. „Herr Doktor, ich willmir eine Blutprobe entnehmen las-sen.“ – „Was wollen Sie? Wofürdenn überhaupt?“ – „Ich werdebeschuldigt, im alkoholisiertenZustand ein Fußballspiel gepfiffenzu haben. Das will ich widerlegen.“Sein Blick verrät mir, dass es in sei-nem Gehirn rattert. Womöglichdenkt er, ich wolle ihn verarschen.

„Sind Sie noch ganz bei Trost?“schimpft der Bereitschaftsarzt. Ich

hingegen habe keine Lust auf langeDiskussionen und will unbedingtdiese Blutprobe machen lassen. Ichmuss mich wohl eindeutiger verhal-ten, geht es mir durch den Kopf,also werde ich sauer. „Muss ichIhnen erst eine kleben, odermachen Sie es freiwillig?“ Ich bauemich vor ihm auf, schaue so ent-schlossen wie es eben geht. Offen-sichtlich hilft das. Der Arzt kramtwortlos drei Röhrchen und dasBesteck zum Blutabnehmen hervor.Ein Pieks, das war es. „So, wo schickeich das Zeug jetzt hin?“ fragt derArzt unwirsch. „Nicht an meine Pri-vatadresse. Das stecken Sie malschön in einen Umschlag undschicken ihn nach Frankfurt zumDeutschen Fußball-Bund.“

Ich fahre nach Hause. In Groß Esch-erde schaue ich am nächsten Mor-gen noch vor dem Frühstück in dieZeitung. Wie erwartet gehören mirin der Presse einige Schlagzeilen.Die Fahne des Schiedsrichters isteine der großen Überschriften, dieich zu lesen bekomme und die BILDtitelt: Nur Saft und Kaffee getrun-ken? Hält sich alles in Grenzen,

hätte schlimmer kommen können,denke ich.

Zwei Wochen später sitze ich beimDFB-Sportgericht und warte aufmeine Verhandlung. München 1860hat tatsächlich Einspruch gegen dieWertung der Partie eingelegt – dieBegründung: Ich soll angetrunkengewesen sein. Der Beweis: meineroten Augen! Die Tür geht auf, undein Tross von schätzungsweise 40Personen stürmt den Saal: DieMünchner sind da. Fünf Anwältemarschieren vorn weg, dahinterSpieler und Klubverantwortlichesowie Zeitungsleute, Fernsehjour-nalisten und Rundfunkberichter-statter. Alle aus Bayern. Auf dereinen Seite nimmt das Aufgebot der60-er Platz, auf der anderen Seiteich mit meinen beiden Linienrich-tern. Schnell kommen die Münchnerzur Sache, lenken das Thema aufmeine „roten Augen während desSpiels“ und den angeblichen „Alko-holgenuss“. AmtsgerichtsdirektorHanns Bär, der die Verhandlung desSportgerichts führt, räuspert sich:„Ja, Herr Horstmann, was sagen Siedazu?“

„Was soll ich da lange reden, HerrRichter? Wir saßen vor dem Spieldoch noch zusammen – MünchensTrainer Pilz, ein Dortmunder Betreu-er und einer meiner Assistenten.Wir spielten eine Runde Skat. Undeigentlich müsste Herr Pilz genauwissen, dass ich da nur Limonadeund Kaffee getrunken habe.“ – „Daskann ja jeder sagen“, werde ich ausder Münchner Ecke unterbrochen.Ich lasse mich nicht beirren undrede weiter: ,,Ich habe keine Lust,lange Rechenschaft über jede Minutedes besagten Tages abzulegen. Esgibt eine Blutprobe, die Ergebnissemüssen dem DFB vorliegen.“

Unruhe im Saal. Die 60er schauenverblüfft, und auch der Vorsitzendefragt erstaunt: „So, so, Sie habenalso eine Blutprobe machen lassen.Aber sie haben doch den Münch-nern gesagt, dass sie keinesfalls soeine Probe…“ Ich falle ihm ins Wort:,,Ich muss den Sechzigern ja nichtalles auf die Nase binden.“ – ,,Wo istdenn diese Blutprobe?“, will derVorsitzende wissen. DFB-Chefanklä-ger Hans Kindermann meldet sich:,,Das Ergebnis liegt mir vor. Hier istes.“ Er wedelt mit dem Papier.„Gehen Sie mal zu Herrn Kinder-mann rüber, und bringen Sie mirdas Papier“, sagt der Vorsitzende.Ich folge der Aufforderung. DerRichter liest, legt dabei die Stirn inFalten.

Nervöses Gemurmel im Saal. „Also“,sagt Hanns Bär und winkt NilsTimm, den federführenden Anwaltder Sechziger, heran, „kommen Siemal rüber zu mir.“ Auch Timmschaut sich das Dokument an – undmarschiert zu seiner Fraktion. Wie-der Gemurmel. „Herr Richter, ichbitte darum, die Verhandlung füreine halbe Stunde zu unterbre-chen.“ Bär stimmt zu, die Münchnerverlassen den Saal.

Ich bleibe mit meinen Linienrich-tern sitzen. Nur Hans Kindermann,der Ankläger, gesellt sich zu uns.,,Wollen wir mal sehen, was dieHerrschaften nun zu sagen haben“,sagt er und lächelt. Nach einer hal-ben Stunde wird die Verhandlungfortgesetzt. Timm, der Häuptlingder Anwaltsriege, bittet um dasWort. „In Anbetracht dieser für uns

Die Kampfbahn „Rote Erde“ in Dortmund-Aplerbeck Ende der 60er-Jahre, als Walter Horst-mann hier ein für ihn unvergessliches Bundesligaspiel leitete.

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neuen Sachlage ist der Vorwurfnicht aufrechtzuhalten. Herr Horst-mann war am Tag des Spiels wohlnüchtern. Trotzdem dürfte er nichtim Vollbesitz seiner geistigen Kräftegewesen sein. Ich führe da noch-mals die roten Augen auf, die WalterHorstmann eindeutig gehabt hat.“

Wieder legt der Vorsitzende seineStirn in Falten. „Ja, was ist das dennjetzt mit diesen roten Augen? HerrHorstmann, können Sie zur Aufklä-rung beitragen?“

„Wenn Sie gestatten, Herr Vorsit-zender, gehe ich jetzt auf die Toiletteund wasche mein Gesicht. Ich wette,dass ich danach rote Augen habe.Vielleicht ist mir damals währendder ersten Hälfte des Spiels auchetwas Schweiß in die Augen gelau-fen, kann ja sein. Auch das könntedie Rötung erklären.“ Der Vorsit-zende hat längst genug gehört undmacht dem Treiben ein Ende. DerEinspruch der Münchner ist abge-schmettert.

Torwart Radenkovic und VerteidigerPatzke werden wegen Schiedsrich-ter-Beleidigung und unsportlichenVerhaltens bestraft. Radenkovicbekommt eine vierwöchige Sperreaufgebrummt. Patzke 14 Tage und1.000 DM Strafe. Er kann sich damitherausreden, dass er mit „besof-fen“ nicht „betrunken im eigent-lichen Sinn meinte“, sondern beiihm „besoffen so etwas wie unmög-lich heißt“. Das sei Berliner Mund-art, und schließlich wisse alle Welt,dass er aus Berlin komme.

Später gibt es noch ein Revisions-verfahren – die Münchner gebeneinfach keine Ruhe. Doch auchdiese Berufung wird abgewiesen.Zum Schluss der Verhandlung willder Richter allerdings von mir wis-sen, warum ich am 31. JanuarRadenkovic und Patzke nicht schonin der Pause des Feldes verwiesenhabe. Schließlich seien die Anschul-digungen schon in der Pause hin-ausposaunt worden. Meine Antwort:„Stellen Sie sich mal vor, die Münch-ner Mannschaft wäre mit zwei Mannweniger aus der Kabine gekommen.Ohne Patzke, ohne Radenkovic.Oder die Mannschaft wäre gar nichtmehr aus der Kabine gekommen.

Walter Horstmann 75

Walter Horstmann war von 1961 bis 1982 DFB-Schiedsrich-ter. Er leitete 155 Bundesligaspiele und kam in 40 DFB-Pokalspielen zum Einsatz. Eine besondere Ehre war es fürden gebürtigen Niedersachsen, 1975 ausgerechnet in Hannover das DFB-Pokalfinale leiten zu dürfen: EintrachtFrankfurt schlug den MSV Duisburg 1:0. Für die FIFA unddie UEFA war Horstmann von 1970 bis 1972 und von 1978bis 1982 unterwegs: 30 internationale Klubspiele sowiefünf A-Länderspiele sind die Bilanz dieser Zeit.

21 Jahre auf der DFB-Liste

4. Dezember 1976, Bayern München gegen EintrachtFrankfurt: Walter Horstmann mit Jürgen Grabowski undGerd Müller (rechts) bei der Seitenwahl. Die Linienrichterwaren Wolf-Günter Wiesel (links) und Klaus-Peter Zittrich.

Dann hätte ich das Spiel abbrechenmüssen. Mehrere ZehntausendZuschauer waren im Stadion, undzumindest die Fans der Sechzigerwären aus dem Häuschen gewesenvor Wut. Es hätte womöglich Tumul-te, Schlägereien und Ausschreitun-gen gegeben. Das wollte ich verhin-dern.“

Acht Jahre lang pfeife ich nach die-sen Ereignissen kein Spiel von Mün-chen 60 mehr. Münchens Klubvor-sitzender Erich Riedl, damals CSU-Bundestagsabgeordneter, bittetnämlich kurz nach den Verhandlun-gen den DFB darum, aus Sicher-heitsgründen Walter Horstmannnicht mehr für die Partien seinesTeams anzusetzen. Er kommt damitdurch.

Erst 1977 werde ich endlich wiedereinmal den TSV 1860 pfeifen dürfen.In den Relegationsspielen zwischenden Münchnern (Zweiter der 2. Liga)und Arminia Bielefeld (Drittletzterder Bundesliga) geht es um einenPlatz in der höchsten Spielklasse.Beide gewinnen ihr Heimspiel mit4:0. Ich werde für das Entschei-dungsspiel in Frankfurt angesetzt.Die Münchner gewinnen mit 2:0, und damit ist der Frieden zwischen1860 und Horstmann wiederherge-stellt.

Die hier abgedruckteGeschichte ist ein Auszug ausdem Taschenbuch „Der Horst-mann macht das. Basta!“, dasdie Hildesheimer JournalistenThorsten Berner und UlrichHempen geschrieben haben.

Während seiner beruflichen Ausbildung zum Feinblechnerlegte er am 15. Oktober 1951 mit 16 Jahren seine Schieds-richterprüfung ab. Neben dem aktiven Sport engagierte ersich auch durchgehend ehrenamtlich: Das begann 1956 imKreisjugend-Ausschuss Hildesheim, ging über Tätigkeitenals Bezirks-Lehrwart in den 70er-Jahren bis hin zum Vor-sitzenden des Fußballkreises Hildesheim (1991 bis 2005).Und selbstverständlich hat er auch ab 1983 seinen Nach-folgern auf den Bundesliga-Plätzen mit seinen präzisenBeobachtungsbögen und fachlichen Ratschlägen geholfen.

Viel Arbeit, viel Ehre – auch darauf kann Walter Horst-mann stolz sein: Neben der „Goldenen Pfeife“ des DFB als„Schiedsrichter des Jahres 1982“ wurden ihm unter ande-rem der Verdienstordender BundesrepublikDeutschland (2000) unddie Silberne Ehrennadeldes DFB (2007) verliehen.

Am 28. August wurdeder ehemalige Betriebs-ratsvorsitzende der Stadt-werke Hildesheim 75Jahre alt. Walter Horst-mann lebt mit seinerFrau Lisa nach wie vor inGroß Escherde, einemOrtsteil von Nordstem-men (Niedersachsen).

Walter Horstmann 2010 mit seiner Frau Lisa.

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Aus den Verbänden

Tipps von Florian Meyer

Aufmerksame Zuhörer fand FIFA-Schiedsrichter Florian Meyer imClubheim des TuS Aumühle bei sei-nem Besuch im Bezirk Bergedorf.Fast zwei Stunden lauschten dieSchiedsrichter den interessantenAusführungen ihres Kollegen. EinigeKernsätze von Florian Meyer: „Ichbin Schiedsrichter mit Leiden-schaft. – Es ist reizvoll, immer wie-der mit Menschen umzugehen. –Wir können aus jedem Spiel etwasfür den Alltag und unser Leben ler-

Erich Woitelle 80

Mit Erich Woitelle aus Lage wurdekürzlich ein Schiedsrichter-Urge-stein 80 Jahre alt.

Fast 60 Jahre ist er dem Schieds-richterwesen verbunden. Bereits1951 legte er seine Schiedsrichter-prüfung ab. In der Zeit zwischen1966 und 1972 wurden ihm Spiel-leitungen in der zweithöchstenSpielklasse im deutschen Fußballübertragen. Nach über 700 Einsät-zen beendete Erich Woitelle 1972seine aktive Schiedsrichter-Lauf-bahn.

Von 1964 bis 1989 war er Lehrwartdes Kreises Detmold, von 1972 bis1979 Mitglied des Lehrstabs desVerbands-Schiedsrichter-Aus-schusses und Beobachter auf Ver-bandsebene. In der Zeit zwischen1979 und 1989 war er als Verbands-Lehrwart für die Aus- und Weiter-bildung der Unparteiischen desFußball- und Leichtathletik-Verban-des Westfalen zuständig undgleichzeitig Beobachter in derBundesliga und 2. Bundesliga.

Für seine Verdienste um den Fuß-ballsport ist Erich Woitelle mit derGoldenen Ehrennadel des Fußball-und Leichtathletik-VerbandesWestfalen ausgezeichnet worden.

Pascal Pooch

Positive Bilanz gezogen

„Ich bin stolz auf Euch, weil Ihr inden vergangenen vier Jahren inden verschiedenen Bereichen einehervorragende Arbeit geleistethabt!“, erklärte FLB-Präsident Sieg-fried Kirschen den Delegierten des

Hamburg

Westfalen

nen. – Schiedsrichterei ist Lebens-schule. – Bundesliga-Schiedsrich-ter haben alle ihren Beruf. Ichhalte das für ganz wichtig, denndamit erhalten wir uns unsereUnabhängigkeit! Trotzdem betrei-ben wir die Schiedsrichterei pro-fessionell. – Grundvoraussetzungfür jeden Schiedsrichter sind Fit-ness und Regelkenntnis. – Da wires in jedem Spiel mit unterschied-lichen Menschen zu tun haben, müs-sen wir die richtige Strategie fin-den, die Menschen durch das Spielzu führen. Wichtig ist dabei diePersönlichkeit des Schiedsrichtersund dazu gehört auch die Körper-sprache“. Viele anschauliche Bei-spiele aus der Praxis von Bundesli-gaspielen und internationalenSpielen unterstrichen und verdeut-lichten diese Aussagen des sympa-thischen Schiedsrichters vom RSVBraunschweig.

Carsten Byernetzki

Brandenburg

Verbands-Schiedsrichter-Tages inKienbaum. Denn der einstige FIFA-Referee weiß — auch in seinenFunktionen als Vorsitzender desNOFV-Schiedsrichter-Ausschussesund internationaler Beobachter —die Leistungen der „schwarzenZunft“ am besten einzuschätzen.

Mit seinem Statement bestätigteder Verbandsvorsitzende denRechenschaftsbericht, denSchiedsrichter-Obmann HeinzRothe zuvor gehalten hatte. „Grad-messer für die gute Arbeit imSchiedsrichterwesen des Landesist die Präsenz unserer Schieds-richter in den höchsten Spielklas-

Über den Besuch von Florian Meyer (Mitte) im Bezirk Bergedorf freutensich (von links) NFV-Schiedsrichter Dennis Krohn, Ex-FIFA-Schiedsrichter-Assistent Uwe Ennuschat, Obmann Günther Adermann und Lehrwart Chris-tian Henkel.

FLB-Präsident Siegfried Kirschen (Vierter von rechts) und Schiedsrichter-Obmann Heinz Rothe (Zweiter von rechts) mit dem neuen Ausschuss.

sen“, machte Heinz Rothe deutlichund konnte die Berufung jungerNachwuchsreferees für die Regio-nalliga beziehungsweise A- und B-Junioren Bundesliga bekanntgeben.

Von zwei weiteren Schwerpunktenwar die Tätigkeit des Ausschussesgekennzeichnet. Zum einen betonteRothe den Stellenwert einer hohenQualität — ob bei der Absicherungder Spiele im Landesmaßstab, inder Lehrarbeit oder im Beobach-tungswesen. Zum anderen stellteer heraus, dass ökonomischeAspekte — nicht zuletzt im Interes-se der Vereine — zunehmend eineRolle spielen müssten. Dement-sprechend vergaß der Ausschuss-vorsitzende auch nicht den Dankan den Schiedsrichter-Förderver-ein, die Landesregierung und dieBrandenburgische Sportjugend,ohne deren Unterstützung vorallem Aktivitäten in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit undin der Talentförderung nicht mög-lich wären.

Das erfolgreiche Wirken des Aus-schusses in der vergangenenLegislaturperiode schlug sichschließlich in den Wahlergebnissennieder. Neben dem VorsitzendenHeinz Rothe wurden auch alle bis-herigen Mitglieder des Schieds-richter-Ausschusses wiederge-wählt.

Silke Wentingmann-Kovarik

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Meinung

Was ist eigentlich die Faszina-tion des Fußballs, dieses ein-

fachen Spiels, das seit mehr als100 Jahren nach mehr oder weni-ger denselben Regeln gespieltwird? Ist es die Spielstärke derTeams, deren taktische Strategie?Sind es die technischen Fertigkei-ten der Stars? Oder ist es dasUnberechenbare, das Unvorher-sehbare, das Unvollkommene desSpiels an sich, das die Menschen indie Stadien und vor den Fernseherlockt? Bei genauerem Hinschauenentdeckt man, dass es oft Fehlersind, die das Ereignis zu einemErlebnis werden lassen. Planbaresund Programmiertes gehören nichtzum Fußball, der Moment fasziniert,und die Wirkung dieses Momentsmuss möglichst emotional undnachhaltig sein.

Als der englische Torwart RobertGreen im Vorrundenspiel der Welt-meisterschaft gegen die USA denschwachen Schuss eines gegneri-schen Stürmers ins Tor rutschenließ, wurde das bis dahin normaleSpiel plötzlich zu einem sport-lichen Drama. Es endete unent-schieden, und die Historie derenglischen Torhüter und derenFehlgriffe standen tagelang imMittelpunkt der Berichterstattung.Ganz England war entsetzt undtrauerte, während andere großeFußballnationen heimlich lachtenund sich hinter vorgehaltenerHand freuten. Dieser vermeidbareFehler des Nationalkeepers ent-fachte Emotionen und lieferteGesprächsstoff.

Vor vielen Jahren arbeitete Chris-toph Daum als Trainer beim VfBStuttgart. 1992 wurde der VfB mitihm Deutscher Meister und spieltedaraufhin in der ersten Runde desEuropapokals gegen Leeds United.Beim Rückspiel in Leeds unterlief

Daum ein Fehler, indem er währenddes Spiels einen vierten Ausländerauf das Feld schickte. Dies wardamals nicht erlaubt – und sowurde das Spiel mit 3:0 für Leedsgewertet (tatsächlich ging es 4:1für Leeds aus, nach einem 3:0-Siegfür Stuttgart im Hinspiel – womitder VfB wegen des erzielten Aus-wärtstores eigentlich eine Rundeweiter gewesen wäre). So kam eszu einem Entscheidungsspiel imCamp-Nou-Stadion von Barcelona.Durch eine Niederlage vor fast leeren Rängen schied der VfB aus.Ein Riesenfehler von Daum, der aufeiner menschlichen Unzulänglich-

keit unter ungeheurem Druckbasierte.

Im Finale der Fußball-WM zwischenSpanien und den Niederlanden tratder holländische NationalspielerNigel de Jong seinem Gegenspielermit offener Sohle gegen die Brust.Ein klarer Feldverweis hätte dieFolge sein müssen – und eigentlichhätte auch noch ein zweiter Spie-ler der Holländer wenig später „Rot“sehen müssen. SchiedsrichterHoward Webb verkannte die tät-lichen Attacken und beließ es beieiner Gelben Karte, im zweiten Fallgar nur bei einer Ermahnung.

Ich erinnere mich noch sehr gut aneines der Ruhrpott-Derbys zwi-schen Dortmund und Schalke imJahr 2004 unter meiner Leitung.Es ging wie fast immer hoch her,und alle Beteiligten auf dem Platz –einschließlich der Unparteiischen –standen mächtig unter Dampf. EineViertelstunde vor Schluss hieß esnoch 0:0, als ein Schalker Verteidi-ger im eigenen Strafraum plötzlichden Ball ohne Not mit der Handspielte. Das Stadion tobte, derDortmunder Sieg schien greifbarnahe. Dann scheiterte der Elfme-terschütze am Schalker Torhüter.Und kurz vor Schluss schoss Schalke

Das Spiel steckt voller FehlerDen Gegenspieler zum Fehler zwingen, einen Fehler wieder gutmachen wollen, Fehlerkette stattViererkette – das Wort mit den sechs Buchstaben spielt bei der Erkärung für die Faszination desFußballs eine zentrale Rolle, wie Herbert Fandel in seiner Kolumne feststellt.

Ein Alptraum ausgerechnet bei der WM: Englands Nationaltorwart Robert Green hat den harm-losen Schuss eines US-Stürmers durchrutschen lassen und keine Chance mehr, den Fehler aus-zubügeln. Das Vorrundenspiel endete 1:1.

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gar noch das Tor zum Auswärts-sieg. Fehler über Fehler in diesemSpiel, die letztlich zu einem denk-würdigen Ruhr-Derby beitrugenund dieses Derby in meiner Erinne-rung festhalten.

Der Grund, warum der Fußball, derso bemerkenswert durchsetzt istmit Fehlleistungen aller Akteure

auf dem Spielfeld (und auch drumherum), seit Jahrzehnten die Mas-sen begeistert, liegt auf der Handund gehört als Ausspruch SeppHerbergers zum Fußball-Allgemein-wissen: Man weiß nicht, wie dasSpiel ausgeht! Niemand kann ver-lässlich vorhersagen, wer heutewelchen Fehler macht; niemandweiß vor Spielbeginn, ob ein Tor-wart danebengreift, ein Schieds-richter-Assistent ein klares Abseitsübersieht oder ein Verteidigerungeschickt einen Stürmer imStrafraum foult. Ja, selbst demwunderschönsten Tor, dem 35-Meter-Schuss in den Winkel, gehtein Fehler voraus: Irgendjemandhat den bejubelten Torschützenzum Schuss kommen lassen… DerTrainer wird dem „Schuldigen“ bei

der Spielanalyse seinen Fehlerschon aufzeigen.

Nun haben aber nicht alle Fehlerauf dem Fußballfeld in der Öffent-lichkeit die gleiche Bedeutung.Während der verschossene Elfme-ter alsbald vergessen ist, wird demSchiedsrichter das überseheneHandspiel im Strafraum noch einigeZeit vorgehalten. Der Fußball hatsich in den vergangenen Jahrenenorm entwickelt, und ich habedurchaus Verständnis für die Mei-nung einiger Trainer und Spieler,tatsächliche und scheinbare Fehl-entscheidungen der Schiedsrichtertechnisch überprüfen zu wollen.Zumindest kann ich ihre Beweg-gründe verstehen. Nur messenauch sie hier mit unterschied-lichem Maß.

Es ist nach wie vor unmöglich,Strafraumszenen einwandfrei undfehlerlos mittels der TV-Bilder – obin Zeitlupe oder nicht – zu beurtei-len. Denn es fehlt dem Fernsehbildetwas ganz Entscheidendes: diedritte Dimension, die Tiefe. Wennauch nur als Ausschnitt, sind dochdie Breite und die Höhe des realenBildes auf dem Spielfeld sehr wohlauch auf dem Bildschirm vorhan-den, aber damit endet auch dieAbbildung der Wirklichkeit. Berührtder Fuß des Verteidigers wirklichdas Bein des Stürmers, oder siehtes auf dem Bildschirm nur so aus?

Viele Unwägbarkeiten bleibenbeim TV-Beweis erhalten: Ein Zwei-kampf kann unterschiedlich bewer-tet werden, wenn die Kameraposi-tion keine eindeutige Betrachtungzulässt. Zeitlupen können harteSchläge weicher zeichnen, aberauch normalen Körperkontakt bru-tal aussehen lassen. Fußball wirdeben auf dem Platz gespielt, imFernsehen wird er nur übertragen.Unterschiedliche Ansichten amMonitor wären daher der Ruin die-ses Sports, denn 95 Prozent allerEntscheidungen in einem Spiel liegen im Bereich des Ermessens.Und weil sie von dem, der das will,immer angezweifelt werden kön-nen, gehören sie in die Hand einesUnparteiischen, der all seine Ent-scheidungen in eine Entschei-dungskette stellt und damit eine

Balance im Spiel herzustellen ver-sucht.

Dabei macht er auch Fehler. LeichteFehler (Einwurf in die falsche Rich-tung), mittelschwere Fehler (Zwei-kampf im Mittelfeld falsch beur-teilt) und schwerwiegende Fehler(Ball deutlich hinter der Linie, Toraus klarer Abseitsposition odernach eindeutigem Foulspiel aner-kannt).

Seit mehr als einem Jahrhundertlebt der Fußball mit solchen Fehl-leistungen – und er wird damit wei-ter leben müssen, wenn er weiterleben soll. Nach heutigem Standkann das zweidimensionale Fern-sehen unseren Sport nicht von sei-ner Fehlerhaftigkeit befreien. DieBilder können allerdings Spielernund Schiedsrichtern bei der Aufar-beitung ihrer Leistung helfen undsie so besser machen.

Anders sieht es bei einem Chip imBall aus, vorausgesetzt, seine Tor-anzeige funktioniert fehlerlos. ImWM-Spiel Deutschland gegen Eng-land passierte dem uruguayischenAssistenten im Team von JorgeLarrionda der Fehler seinesLebens. Nach einem Schuss vonFrank Lampard sprang der Ball,von der Latte abgeprallt, deutlichhinter der Torlinie auf. Der Kom-

mentator benötigte schon die Zeit-lupe, um zu erkennen, dass derBall im Tor war (auch wenn er diesnachher zu kaschieren versuchte).Eine einwandfrei funktionierendetechnische Hilfe wie der Chip imBall hätte dem Schiedsrichter die-sen Treffer sofort angezeigt. OhneZeitverlust durch eine TV-Beschauinklusive aufkommender Unruheim Stadion und auf dem Spielfeldhätte er diesen Treffer anerkannt.Ich bin generell für diese Hilfedurch ausgefeilte Technik und mitmir unsere Bundesliga-Schieds-richter: Das Spiel bliebe unverän-dert, aber eine Quelle für denschwerwiegendsten Fehler, den einSchiedsrichter machen kann, wärezuverlässig beseitigt.

Und die Fehler der Spieler? Siegehören, wie beschrieben, eben-falls zum Fortgang des Spiels. DerVersuch, sie zu minimieren, ist wiebei den Schiedsrichtern Anlassjeder Trainingseinheit, die dieAkteure unseres Sports absolvie-ren. Nicht erreichbar bleibt dabeidas Ziel der Fehlerfreiheit, die dasUnvorhersehbare abschaffenwürde. Zum Glück ist das so, dennohne Fehler endet jedes Spiel 0:0 –und wir Schiedsrichter hättennichts zu tun.

Das wäre uns auch nicht recht. ■

Howard Webbs Fehler, für dieses Foul „Gelb“ statt „Rot“ zuzeigen, wurde dadurch abgemildert, dass die hier benachtei-ligten Spanier das WM-Finale letztlich gewannen.

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Vorschau 1/201 1

„In der Arbeit mit Behinderten liegtimmer auch ein Stück weit die Über-nahme einer gesellschaftlichen Ver-antwortung“, sagt Niels Haupt. DerSchiedsrichter aus Niedersachsenentschied sich vor zweieinhalb Jahren, Unparteiischer in der neu gegründeten Blinden-Bundesliga zu werden. Inzwischen war er sogar WM-Teilnehmer (Foto). Steffen Lüdeke zeichnetden ungewöhnlichen Weg nach, den der ehemalige Oberliga-Schiedsrichter gegangen ist.

Porträt

Wenn nur derSchiedsrichteretwas sieht

Die Diskussion wird an jedem Wochenendegeführt: War es nicht doch ein Foul am Torwart,als der Angreifer ihn im Sprungduell berührte(Foto)? Oder war alles in Ordnung, und derSchiedsrichter hat das Tor zu Recht anerkannt?Es ist immer wieder sinnvoll, sich mit der Rolledes Torwarts in den Spielregeln zu beschäftigen.Der Lehrbrief Nr. 34 gibt wichtige Hinweise undAnleitungen zur Lehrarbeit.

Kontrolle der Fingernagellänge(Foto): Ob man so etwas auch im Fuß-ball einführen sollte? Im Wasserballist es gang und gäbe – und ja auchverständlich. Was da so alles unterWasser passiert und trotzdem vomSchiedsrichter erkannt werden muss,ist schon erstaunlich. Für Unparteiische im Fußball bekommt der Begriff „verstecktes Foul“ soeine ganz neue Dimension. Wir schauen mal über unseren Spielfeldrand hinaus.

Lehrwesen

Der Torwart als Spieler mitSonderrechten

Report

Zum BeispielWasserball

■ Anmerkung der Redaktion: Die Ausgabe 6/2010 wird nicht etwa eingespart oder „vergessen“,sondern umbenannt in 1/2011 (Januar/Februar) und erscheint Mitte Dezember. Wir tragen damitder großen Zeitspanne Rechnung, innerhalb der die einzelnen Ausgaben die Leser erreichen undvermeiden den Eindruck, dass Sie eine „alte“ Ausgabe erhalten, auch wenn Ihr Lehrabend langenach dem Erscheinungsdatum liegt. Entsprechendes gilt für die weiteren Ausgaben: Das Heft2/2011 (März/April) erscheint also Mitte Februar und nicht wie bisher erst im April.