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stefan brall, sylvia sparschuh & frank hees the future of work and learning THE FUTURE OF WORK AND LEARNING DEPARTMENT OF INFORMATION MANAGEMENT IN MECH. ENGINEERING CENTER FOR LEARNING AND KNOWLEDGE MANAGEMENT ASS. INSTITUTE FOR MANAGEMENT CYBERNETICS E.V. RWTH AACHEN UNIVERSITY GERMANY volume 1

IMO - The future of work and learning

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International Monitoring Trendstudie 1 The future of work and learning

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THE FUTURE OF WORK AND LEARNING

DEPARTMENT OF INFORMATION MANAGEMENT IN MECH. ENGINEERING CENTER FOR LEARNING AND KNOWLEDGE MANAGEMENTASS. INSTITUTE FOR MANAGEMENT CYBERNETICS E.V.

RWTH AACHEN UNIVERSITY

GERMANY

volume 1

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Stefan Brall, Sylvia Sparschuh & Frank Hees

The Future of Work and Learning

RWTH Aachen University

Germany

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Studies for Innovation in a Modern Working Environment –

International Monitoring

(www.internationalmonitoring.com)

Department of Information Management in Mech. Engineering

Center for Learning and Knowledge Management

Ass. Institute for Management Cybernetics e.V.

IMA/ZLW & IfU – RWTH Aachen University

Editors

Prof. Dr.-Ing. Klaus Henning

Dr. Frank Hees

Copyright © 2010 by IMA/ZLW & IfU

All rights reserved

1. Edition, Aachen

Volume 1

Germany

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1. Kontext der Studie 8

2. Die Online-Befragung 12

3. Ergebnisse der Online-Befragung 13

3.1 Einleitung 13

3.2 Arbeit und Unternehmen 16

3.2.1 Zwischen Selbsterneuerung und Stabilitätshoffnungen (Organisationsentwicklung) 16

3.2.2 Nachhaltigkeit und Wandel von Unternehmen (Unternehmenskultur) 17

3.2.3 Überlebensfähigkeit von Unternehmen (Innovation) 18

3.2.4 Führung im Innovationsprozess (Führung) 19 3.2.5 Gesundheits-, kompetenz- und innovations-förderliche Gestaltung von Arbeit (Arbeitsbedingung) 20

3.2.6 Kampf um die besten Talente (Personalentwicklung) 20

3.3 Lernen 21

3.3.1 In Arbeitsprozessen effektiv lernen (Lernen im Prozess der Arbeit) 21

3.3.2 Vom Anfang bis zum Ende (Lebenslanges Lernen) 23

3.3.3 Lernumgebungen gestalten (Lernkultur) 24

3.4 Kompetenzen 25

3.4.1 Was vom Lernen übrig blieb (Kompetenzentwicklung und -management) 25

3.4.2 Wissen effektiv nutzen (Wissensmanagement) 26

3.5 Bildung und Bildungspolitik 27

3.6 Gesellschaft 29

3.6.1 Beschäftigungsfähigkeit erreichen und erhalten (Arbeitsmarkt) 29

3.6.2 Zwei Seiten einer Medaille (Globalisierung und Regionalisierung) 30

3.6.3 Fit im Alter (Demografischer Wandel) 31

3.6.4 Vielfältigkeit nutzen (Migration) 32

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3.7 Work-Life-Balance 33

3.8 Vernetzung 34

3.9 Spannungsfelder 35

3.9.1 Einleitung 35

3.9.2 Bewertung der Spannungsfelder aus dem BMBF Programm 35

3.9.3 Benennung weiterer Spannungsfelder 35 Reichtum – Armut 37

Standardisierung – Flexibilisierung 38

Politische Stabilität – Politische Flexibilität 39

Demogafischer Wandel 40

Integration – Migration 40

Spezialist – Allrounder 40

4. Ergebnisse der Experteninterviews 41

4.1 Einleitung 41

4.2 Kompetenz- und Wissensmanagement 42

4.3 Arbeits- und Innovationsmanagement 43

4.4 Demografiemanagement 44

4.5. Gesundheitsmanagement 44

4.6 Ausbildungs- und Kompetenzdefizite 45

4.7 Transferprobleme 46

5. Handlungsempfehlungen 47

5.1 Politik 47

5.2 Forschung 48

5.3 Unternehmen 48

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Die Nationale und internationale Entwicklung zum Themenfeld „Arbeiten, Lernen, Kompetenzen entwickeln – Innovationsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt“ ist von Spannungsfeldern geprägt wie z. B. langfristige Strategien versus kurzfristige Ertragserwartungen, soziale Stabilität versus ökonomische Flexibilität, Wettbewerb versus Kooperation, wachsende Veränderungsdynamik versus Unsicherheit, Arbeitsverdichtung versus Personalreduktion, Innovati-onsfähigkeit versus steigender Kostendruck (vgl. Abb. 1).

1. Kontext der Studie

langfristige Strategien − kurzfristige Ertragserwartung

soziale Stabilität −ökonomische Flexibilität

Globalisierung −Regionalisierung

Wettbewerb −Kooperation

Herstellerinnovation −Kundeninformation

Zeit für Lernprozesse −Zeitdruck d. hohe Arbeitsbelastung

langfristige Strategien − kurzfristige Ertragserwartung

Betreibliche Interessen −Individuelle Interessen

Nachhaltigkeit −Gewinnmaximierung

Arbeitsverdichtung−Personalreduktion

Innovationsfähigkeit −steigender Kostendruck

verantwortlicher Umgang mit Humanressourcen − Kostendruck

Abb. 1: Im laufenden Programm benannte Spannungsfelder (Dilemmata)

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Abb. 2: Komponenten des Monitorings im Überblick

Expl

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ning

Explorative Studie

automatisiertes Monitoring

Schwerpunkt

KombinationTrend-studien

Review

Dialog

TransferHandlungsempfehlungen

Webmining: RSS Feeds, Webpages, News, …

Qualitative Analyse Qantitative Analyse

Textmining: Journals, Books, …

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Das Programm „Arbeiten, Lernen, Kompetenzen entwickeln – Innovationsfä-higkeit in einer modernen Arbeitswelt“ adressiert diese Dilemmata als Gegen-stand der zukünftigen Arbeits- und Innovationsforschung. Aus diesem Grund befasst sich ein Teilziel des Projekts „International Monitoring“ mit der Struk-turierung der im Programm festgelegten aktuellen Spannungsfelder und iden-tifiziert und bewertet zukünftige Spannungsfelder im nationalen und inter-nationalen Kontext. Hierzu werden diese systematisch erfasst, analysiert und strukturiert sowie Trends im Kontext des Programms ermittelt und zielgrup-pengerecht aufbereitet. Die Monitoringaktivitäten sind in vier Komponenten unterteilt (Abbildung 2).

Exploring

Die explorative Studie bildete den Auftakt der Monitoring-Aktivitäten. Die Stu-die ermittelt in weitgehend offenen Fragestellungen die Themen, Problemfelder und die drängenden Forschungsfragen im Themenfeld. Die Antworten spiegeln die Vielfalt des Programms wider und zeigen das Spektrum von Herausforde-rungen für die zukünftigen Jahre. Die Ergebnisse der explorativen Studie bilden neben dem aktuellen Forschungsprogramm den Ausgangspunkt für die weite-ren internationalen Analysen. Die aus den Antworten gebildeten Themencluster spiegeln dabei die Bandbreite des Themenfelds wider und verdeutlichen den Fa-cettenreichtum heutiger und zukünftiger Forschungsarbeit.

Observing

Mit dem Monitoring wird das Themenfeld Arbeiten, Lernen, Kompetenzent-wicklung und Innovationsfähigkeit explorativ erschlossen. Die unzähligen Quellen, seien es Dokumente im World Wide Web oder Publikationen in Fach-zeitschriften können durch die Analyse Hinweise zu Trends und Problemfel-dern geben und die Inhalte mit Blick auf verschiedene Kriterien für die weitere Analyse vorsortiert werden. Das automatisierte Monitoring erleichtert einerseits das Auffinden relevanter Texte und ermöglicht eine erste Einschätzung der ge-scannten Datenbestände.

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Analysing

Die Betrachtung von Schwerpunkten bildet das Kernstück der Analysen des Monitorings. Einerseits werden hier qualitative Analysen in Form von Inter-views oder dem Einsatz von strukturierten Gruppenbefragungen zur Anwen-dung gebracht, andererseits qualitative Aussagen quantitativ verifiziert. Die Schwerpunkte ergeben sich aus der explorativen Studie zu Beginn des Projektes bzw. im weiteren Projektverlauf aus den automatisierten Analysen. Die Ergeb-nisse der Analysen bilden wiederum die Grundlage für weitere Schwerpunkte und das weitere Monitoring.

Combining

Ergebnis des automatisierten Monitorings und der Betrachtung von Schwerpunk-ten ist die Ableitung von Handlungsempfehlungen. Diese sollen Grundlage der po-litischen Entscheidung im Themenfeld werden und bedürfen somit einer genauen Beurteilung durch einen interdisziplinären und internationalen Gutachterkreis. Hierfür werden die im Monitoring, aber auch in den anderen Arbeitsbereichen er-mittelten Ergebnisse sowie die abgeleiteten Handlungsempfehlungen in Fokusgrup-pen oder beispielsweise Delphibefragungen durch Experten verifiziert und damit auf eine breite Entscheidungsgrundlage gestellt.

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Der Fragebogen wurde als explorative Studie angelegt. Mit Hilfe der Antwor-ten der Experten sollten die im Forschungsprogramm beschriebenen Span-nungsfelder bewertet werden, der aktuelle Stellenwert auf Grundlage ihrer heu-tigen Forschungsaktivitäten ermittelt und durch die Benennung zukünftiger Forschungsbedarfe weitere Handlungsbedarfe aufgezeigt werden. Aus diesem Grunde und um das Forschungsfeld in seiner Breite zu erschließen wurde der Schwerpunkt auf die Beantwortung offener Fragen gelegt. Die Hauptfragestel-lungen lauteten daher:

• Welche Themen im Bereich „Arbeiten, Lernen, Kompetenzen entwi-ckeln – Innovationsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt“ beeinflus-sen aktuell ihre Tätigkeit?

• Welche Problemfelder / Herausforderungen im Bereich „Arbeiten, Ler-nen, Kompetenzen entwickeln – Innovationsfähigkeit in einer moder-nen Arbeitswelt“ sind heute am drängendsten?

• Welche Forschungsbedarfe sehen sie für die kommenden Jahre im Be-reich „Arbeiten, Lernen, Kompetenzen entwickeln – Innovationsfähig-keit in einer modernen Arbeitswelt“?

• Wie bewerten sie die Relevanz der Spannungsfelder hinsichtlich der Ge-staltung von Arbeits- und Lernprozessen in den kommenden zehn Jah-ren und sehen sie weitere Spannungsfelder, die in den kommenden zehn Jahren an Bedeutung gewinnen werden?

Die Befragung wurde onlinegestützt durchgeführt um die weltweite Erreichbar-keit zu gewährleisten. Ein Hinweis auf die Befragung wurde an insgesamt 1100 Experten weltweit per Mail versand. Der Fragebogen war von Januar bis Mai 2008 erreichbar. Der Fragebogen lag sowohl in deutsch, als auch in englisch vor. Insgesamt wurden von den 214 Rückläufern 140 Fragebögen vollständig ausge-füllt. Von den Teilnehmern kamen die Mehrheit aus Europa und insgesamt 54 Teilnehmer aus Deutschland. Aufbauend auf den Fragebogen wurden darüber hinaus 18 vertiefende Interviews mit nationalen Experten durch geführt. Insge-samt waren vorrangig Wissenschaftler an der Studie beteiligt.

2. die online-Befragung

Abb. 3: Verteilung der Befragungsteilnehmerinnen und Teilnehmer

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Abb. 3: Verteilung der Befragungsteilnehmerinnen und Teilnehmer

3.1 einleitung

Insgesamt wurden zu den zu den drei offenen Frageblöcken 867 Antworten ge-geben (Themen 390, Problemfelder / Herausforderungen 269 und Forschungs-fragen 208). Diese wurden für die Auswertung in sieben Cluster mit insgesamt 52 Unterkategorien eingeteilt (Abbildung 4).

3. ergeBniSSe der online-Befragung

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Abb. 5: Verteilung der Antworten auf Cluster

Abb. 4: Thematische Cluster der Befragung

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Für die Zuordnung der Aussagen zu den Unterkategorien wurde jeweils auf eine Begriffsdefinition zurückgegriffen, welche sich am Ende der Studie findet.

Dabei wurden manche Antworten auf Grund mehrerer enthaltener Aussagen mehrfach zugeordnet. Insgesamt wurden die meisten Antworten der Kategorie Arbeiten & Unternehmen zugeordnet. Mit einigem Abstand folgen die Kategori-en Kompetenzen, Lernen, Gesellschaft und Bildung (Abbildung 5).

Arbeit & UnternehmenVernetzungWork-Life BalanceKompetenzenLernenGesellscha�Bildung

256 33 38 85100 70 91

196 10 19 75 83 41 90

146 23 16 57 89 24 61

300

250

200

150

100

50

0 Welche �emen beein�ussen aktuell ihre Tätigkeit?

Welche Probleme/ Herausforderungen sind heute am drängensten?

Welche Forschungsbedarfe sehen Sie für die kommenden Jahre?

265

33 38

85100

70

91

196

1019

7583

41

90

146

2316

57

89

24

61

Abb. 5: Verteilung der Antworten auf Cluster

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3.2 arBeit und unternehmenIm Folgenden werden die Antworten der am häufigsten genannten Unterkate-gorien zusammenfassend dargestellt. Dies kann aufgrund der Vielfältigkeit und Brandbreite nur in einer recht allgemeinen Form geschehen. Um die Hauptaus-sagen zu prononcieren werden jeweils am Ende jedes Kapitels einige zentrale zukünftige Forschungsbedarfe für diesen Bereich durch die Formulierung von Forschungsfragen benannt, welche durch die befragten Experten aufgeführt wurden.

3.2.1 Zwischen Selbsterneuerung und Stabilitäts- hoffnungen (organisationsentwicklung)

Unternehmen müssen sich permanent den Herausforderungen einer sich wan-delnden Umgebung anpassen. Das sehen auch die Befragungsteilnehmer so, denn sie suchen nach geeigneten Lösungen, wie die Organisationen dem per-manenten Wandel am besten begegnen können. Selbsterneuerung von Orga-nisationen hinsichtlich ihrer Strategien, Strukturen und Kulturen – aber auch die effiziente Gestaltung von betrieblichen Prozessen – sind schon heute im Fo-kus der Befragten. Dabei werden in den Unternehmen jedoch häufig früher er-folgreich eingesetzte Lösungen auf neue Herausforderungen angewendet ohne die Nebenwirkungen genauer betrachtet zu haben. In die Tiefen der Organi-sationsstrukturen dringen nur wenige Unternehmen bei der Bewältigung ak-tueller Herausforderungen vor. Dabei beinhaltet gerade die Verknüpfung des Blicks auf die Gestaltung von Arbeitsstrukturen mit den Möglichkeiten der Be-fähigung der Mitarbeiter enorme Potenziale hinsichtlich der Anpassungsfähig-keit der Organisation. Klar ist, dass Mitarbeiter mit hinreichenden Kompeten-zen ausgestattet sein müssen um sich den flexiblen Herausforderungen stellen zu können. Um Veränderungsprozesse in Organisationen gestalten zu können, muss die klassische Weiterbildung mit einer lernförderlichen Arbeitssystemge-staltung nachhaltig gekoppelt werden. Dies erfordert Zeit für Lernprozesse, die in Unternehmen nicht immer bereitgestellt wird. Es müsste genauer untersucht werden, mit welchen Reflexionsinstrumenten Unternehmen ihre Innovations-prozesse tatsächlich ergründen sowie durch Infrastrukturen, Arbeitsgestaltung und Mitarbeiterführung unterstützen können. Zudem sollte fokussiert werden,

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inwieweit lernförderlich gestaltete Arbeitsstrukturen zu stabilen Organisatio-nen führen.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe:

• Wie kann eine Organisation zum kreativen Feld werden?• Wie können Erfolgsfaktoren innovativer Unternehmen auf andere Orga-

nisationen übertragen werden?• Welche Faktoren individueller Stabilität und Sicherheit gewinnen in dy-

namischen und komplexen Unternehmensumwelten bei verschiedenen Mitarbeiter-gruppen an Bedeutung?

3.2.2 nachhaltigkeit und Wandel von unternehmen (unternehmenskultur)

Unternehmenskulturen wurden in den vergangenen Jahren intensiv betrachtet. Der Bedarf einer allgemeinen Betrachtung von Unternehmenskultur scheint sich verschoben zu haben hin zu spezifischeren Teilbereichen wie z.B. der Lern- oder Innovationskultur. Beide Teilbereiche stehen für die Veränderungsfähig-keit der Organisation, deren Wandel aus Sicht der Befragten allerdings nicht ohne Rücksicht auf Werte vonstatten gehen soll. Es geht also um eine Balan-ce von Stabilität und Flexibilität oder Nachhaltigkeit und Wandel von Unter-nehmen, die von Führungskräften aktiv unterstützt werden muss. Der interne Wandel der Organisationskultur stellt für viele Unternehmen dabei ein Prob-lemfeld dar. Es kommt dabei nicht selten zu Verständnisschwierigkeiten zwi-schen den verschiedenen Berufgruppen, was die Etablierung von innovations- und kompetenzförderlichen Arbeitswelten behindern kann. Forschungsfragen ergeben sich hinsichtlich der Frage der Etablierung eines sozialen Unterneh-mertums, des Managements von Emotionen und Werten und der Etablierung von Reflexionsorten, die ein Nachdenken über das operationale Geschäft hinaus ermöglichen. Eng verbunden damit ist auch die Frage der idealen Kompetenz-entwicklung von Führungskräften für ihre Aufgaben als Wissensmanager und Arbeitsfeldgestalter.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Wie kann individuelle Verantwortung für lebenslanges Lernen entwi-

ckelt werden?• Wie gestalten sich innovationsförderliche Unternehmenskulturen?

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• Wie lassen sich individuelle und organisationale Entwicklung bei zuneh-mender Konkurrenzdruck und Arbeitsverdichtung realisieren?

• Wie kann ein soziales Unternehmertum gefördert werden?• Wie können Lern- und Reflexionsprozesse nachhaltig in der Unterneh-

menskultur verankert werden?• Welche Bedeutung haben Emotionen und Werte für die Unternehmens-

kultur?

3.2.3 Überlebensfähigkeit von unternehmen (innovation)

Die Gestaltung innovationsförderlicher Arbeitsumgebungen wurde schon aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Ähnlich wie bei der Frage der Lernkul-tur stellt sich jedoch auch hier die Frage der Übertragbarkeit auf und Wirk-samkeit in unterschiedlichen Kontexten. Die Vielzahl der Faktoren, die einer genauen Betrachtung bedürfen, spiegeln sich auch in den Antworten der Be-fragten: Wie können innovative Arbeitsbedingungen auch bei einem zuneh-menden, weltweiten Konkurrenzkampf geschaffen werden? Wie sehen innovati-ve Arbeitswelten aus? Welche Rolle spielt die Führungskraft bei der Gestaltung innovationsförderlicher Rahmenbedingungen? Welche Kompetenzen muss das Individuum zur Innovationsgenerierung mit bringen? Welche Rolle spielen kol-laborative Umgebungen im Innovationsprozess? Wie wirken die unterschiedli-chen Einflussfaktoren zusammen? Gerade der letzte Punkt macht deutlich, dass es neben der Betrachtung der Einzelaspekte auch um die ganzheitliche Betrach-tung innovationsförderlicher Arbeits- und Lernkulturen in unterschiedlichen Kontexten gehen muss. Denn nur hierdurch können innovationsförderliche Strukturen geschaffen werden – und damit die Grundlage für eine langfristige Überlebensfähigkeit von Unternehmen.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Mit welchen Instrumenten können Erfolgsfaktoren von Innovationspro-

zessen analysiert werden?• Wie sieht eine innovationsförderliche Organisations- und Netzwerkum-

gebung aus?• Wie können innovationsförderliche Arbeitswelten entwickelt werden?• Welche Rolle haben Führungskräfte im Innovationsprozess?• Was macht eine Gesellschaft innovativ?

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• Wie können wissenschaftliche Erkenntnisse schneller in industrielle In-novationen umgesetzt werden?

3.2.4 führung im innovationsprozess (führung)

Die beschriebenen Herausforderungen erfordern eine gesonderte Betrachtung der Rolle der Führung im Innovationsprozess. Nicht allein die Unternehmens-spitze muss sich den neuen Herausforderungen stellen sondern insbesondere das mittlere Management, das als Personalverantwortlicher einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung und Entwicklung der Arbeitsbedingungen hat. Hier reicht es nicht aus, mit den immergleichen Instrumenten unterschiedliche Prob-lemstellungen anzugehen und Managementmethoden unangepasst zur Anwen-dung zu bringen. Vielmehr müssen innovative Wege der ermöglichenden und partizipativen Führung geschaffen werden. Hierzu ist es notwendig, einerseits schon früh für die notwendige Kompetenzentwicklung der Führungskräfte Sor-ge zu tragen. Es müssen ihnen Hilfsmittel an die Hand geben werden, die es ihnen erlaubt eine Abschätzung oder Messung der zur Anwendung gebrachten Maßnahmen, wie beispielsweise der Kompetenzentwicklung, der Selbstreflexi-on oder ähnliches, vor zu nehmen um deren Beitrag zur bei der Erledigung der Kernaufgaben zu ermitteln.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Wie können Führungskräfte effektiv auf ihre Rolle als Gestalter von-

Lern- und Wissensmanagement sowie von Arbeitssystemen vorbereitet werden?

• Wie entwickeln Führungskräfte innovative Strategien im Umgang mit Herausforderungen?

• Wie erwerben Führungskräfte eine integrierte Sicht auf das Thema Ar-beiten, Lernen und Kompetenzentwicklung?

• Wie können Führungskräfte im operativen Tagesgeschäft die strategi-sche Gestaltung von Lern- und Arbeitssystemen realisieren?

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3.2.5 gesundheits-, kompetenz- und innovations- förderliche gestaltung von arbeit (arbeitsbedingung)

Die Fragen zur Gestaltung einer innovations- und lernförderlichen Unterneh-menskultur verweisen deutlich auf die Arbeitsumgebung als ein Element der Gestaltung von Arbeit. Wesentlich für die Effektivität einer Organisation ist das Zusammenbringen von unterschiedlichen Bedürfnissen des Unternehmens und seiner Mitarbeiter. Hierbei ist der steigende Zeit- und Kostendruck, der in der Folge häufig zu einer Arbeitsverdichtung führt, kein unwesentlicher Faktor. Problematisch stellt sich unter solchen Bedingungen die Aufrechterhaltung der Work-Life-Balance dar, die häufig im Widerspruch zu den Herausforderungen der Unternehmen steht. Es stellt sich für Unternehmen die Frage, wie sie eine gesundheits-, kompetenz- und innovationsförderliche Arbeitsumgebung auch im Hinblick auf die globalen Herausforderungen gestalten können und wie die Mitarbeiter befähigt werden können, Herausforderungen unter turbulenten Ar-beitsbedingungen erkennen und lösen zu können.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Wie kann eine gesundheits-, kompetenz- und innovationsförderliche Ar-

beitsumgebung im globalen Wettbewerb gestaltet werden?• Wie können in Phasen der Arbeitsverdichtung Kompetenzen kontinuier-

lich weiter entwickelt werden?

3.2.6 Kampf um die besten talente (Personalentwicklung)

Die Herausforderungen im Bereich der Personalentwicklung sind klar durch die anhaltend steigende Nachfrage nach Fachexperten geprägt. Während einerseits Strategien der kurzfristigen Rekrutierung von hinreichend ausgebildeten Mitar-beitern und Führungskräften auf dem Prüfstand stehen, stellt sich andererseits die Frage, wie das Niveau der potenziellen zukünftigen Mitarbeiter und Füh-rungskräfte langfristig insgesamt angehoben werden kann. Gleichzeitig wird die Frage aufgeworfen, wer letztendlich für die Weiterentwicklung im Fokus ei-nes lebenslangen Lernens zuständig ist – das Individuum oder das Unterneh-men. Ansätze zur Begegnung dieser Herausforderungen werden beispielsweise in der Verknüpfung von Personal- und Organisationsentwicklung sowie der Be-rufsbildung gesehen. Dies deutet darauf hin, dass auch die Auflösung der Ge-gensätzlichkeit der Verantwortung für das Lernen nicht in einem entweder-oder,

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sondern in der Verknüpfung der verschiedenen Interessen der Entwicklung von Unter-nehmen und Mitarbeitern unter der Perspektive des internationalen Wettbewerbs liegt. Hierzu muss die Anerkennung informell erworbener Kompetenzen und das interne Kompetenz- und Talentmanagement vor dem Hintergrund der nachhaltigen Entwick-lung der Ressourcen des jeweiligen Unternehmens in den Fokus genommen werden. Der

„Kampf um die besten Talente“ bedingt darüber hinaus, motivationale, emotionale, ge-sundheitliche und wertebezogene Elemente stärker in den Fokus zu nehmen um Mitar-beiter langfristig an das Unternehmen zu binden. Die Wirkungszusammenhänge zwi-schen den einzelnen Elementen müssen dabei genauer untersucht werden, so dass für die Unternehmen auch Aussagen über den Return of Investment gemacht werden können.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe:

• Mit welchen Verfahren und Instrumenten können informelle Kompetenzen effek-tiv erhoben werden?

• Wie erfolgt die Anerkennung von Kompetenzen in der unternehmerischen Praxis und wie kann die Anerkennung vergleichbar gemacht werden?

• Wie können Personalentwicklung, Organisationsentwicklung und Berufsbildung verknüpft werden?

• Wie können Kompetenzentwicklungsprozesse nachhaltig gestaltet werden?• Wie kann der Return of Investment sowohl von einzelnen Kompetenzentwick-

lungsmaßnahmen als auch von arbeitsintegrierten Lernkonzepten gemessen werden?

3.3 lernen3.3.1 in arbeitsprozessen effektiv lernen (lernen im Prozess der arbeit)

Das Lernen im Prozess der Arbeit ist ein bedeutendes Feld innerhalb aktueller Debat-ten zum betrieblichen Lernen. In zahlreichen europäischen wie auch nationalen bil-dungspolitischen Initiativen wird immer wieder betont, wie viel Relevanz das Konzept zum einen für den „den Zusammenhalt in der Gesellschaft“, aber auch für die Stand-ortsicherheit hat. Dies schlägt sich auch in den Antworten der Befragten wider, die sich inhaltlich schon geraume Zeit mit diesem Thema auseinander setzen. So werden unter anderem die Verbindungen zwischen dem Arbeitsplatzlernen und dem akademischen

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Lernen an Universitäten untersucht, geforscht wird zur Gestaltung lernförder-licher Arbeitsplätze ebenso wie zum selbstorganisierten Lernen im Prozess der Arbeit. Zur Realisierung dieser Konzepte ist die Ausbildung der Verantwortli-chen in den Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Gerade vor dem Hin-tergrund zunehmenden Arbeitsaufkommens und geforderter Kosteneffektivität des Lernens stellt nicht zuletzt die Messbarkeit und der Nachweis der Wirksam-keit des Lernens in der Arbeit ein Baustein zur nachhaltigen Implementierung dar.

Gerade die sich zur Zeit immer weiter fragmentierende Arbeitswelt, in der immer weniger Menschen ihre gesamte Arbeitsbiographie bei einem Arbeitge-ber verbringen, wirft hier jedoch Probleme auf: Wie kann bei an Übergängen reichen Arbeitsbiographien sichergestellt werden, dass dennoch ein sinnvolles Lernen im Prozess der Arbeit stattfindet und wer trägt die Verantwortung für das Lernen über die Lebensspanne? Ebenso noch nicht geklärt ist die formelle Anerkennung von im Prozess der Arbeit erworbenen Kompetenzen.

Obwohl sich das Thema Lernen im Prozess der Arbeit also schon vielfach auf den Forschungsagenden der Befragten befindet, bestehen nach wie vor zahlrei-che Forschungsbedarfe. Grundsatzforschung muss weiterhin betrieben werden ebenso zur Wirksamkeit von arbeitsintegriertem Lernen wie zum Lernverhal-ten von Arbeitnehmern bzw. Erwachsenen. Weiterhin wird Bedarf gesehen in der Forschung zum Lernen in Produktionssystemen und innovativen, lernför-derlichen Arbeitswelten bzw. Arbeitsplatzgestaltungen. Die „Analyse der Ver-bindung von informellen Lernprozessen in der Arbeit mit formellen und non-formellen Lernprozessen im Betrieb und außerhalb” wie auch Konzepte für eine Lern- und evidenzbasierte Lernkultur müssen weiter erforscht werden. Des Weiteren wird angeregt, globale Standards zum Arbeitsplatzlernen sowohl für Lernende als auch für Lehrende zu entwickeln. Nicht zuletzt sollen auch die Möglichkeiten erforscht werden, die uns durch neue Technologien wie dem Ein-satz von webbasiertem E-Learning zur Verfügung stehen. Auch der Effekt des Arbeitsplatzlernens auf die Produktivität sowohl des Unternehmens im Ganzen als auch auf den einzelnen Arbeitnehmer und die curriculare bzw. pädagogische Unterstützung des Lernens im Prozess der Arbeit stellen weitere Forschungsbe-darfe dar.

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Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe:

• Wie wirksam ist Lernen im Prozess der Arbeit und welche Formen sind am effektivsten?

• Wie gestaltet man integrierte Lernkonzepte in Unternehmen, die formel-les und informelles Lernen verknüpfen?

3.3.2 Vom anfang bis zum ende (lebenslanges lernen)

Lebenslanges Lernen ist als Strategie ähnlich dem Lernen im Prozess der Ar-beit schon seit einigen Jahren Bestandteil der bildungspolitischen Agenda. Das lebenslanges Lernen wird definiert als eine „alles formale, nicht-formale und informelle Lernen“ einbeziehende Strategie, die „in allen Lebensphasen und Le-bensbereichen, an verschiedenen Lernorten und in vielfältigen Lernformen an-geregt und unterstützt werden kann.“ (BLK 2004) Dementsprechend verwun-dert es nicht, dass auch die befragten Experten das Thema lebenslanges Lernen bereits jetzt ausführlich bearbeiten. Schwerpunkte bilden derzeit u.a. mobiles Lernen mit dem Fokus auf informationstechnische Prozesse zur Unterstützung des Lernens, Forschung zum Lernverhalten von Rentnern im Alter von 55 bis 75 Jahren und die Beschaffenheit von Arbeitsumgebungen, die Weiterbildung und informelles Lernen unterstützen können. Probleme, welche die die Forscher zur-zeit sehen, liegen begründet in der Bewertung von Lernen, wenn sich Arbeit und Lernen nicht mehr klar voneinander trennen lassen und wie Unternehmen pa-rallel ihre Weiterbildungsangebote und zugleich ihr Organisationskonzept vor dem Hintergrund sich ändernder technologischer Potentiale verändern können.Für die Befragten ergeben sich daraus weitere Forschungsbedarfe, die zuneh-mend an Relevanz gewinnen. Hierzu gehört beispielsweise die Frage, wie He-ranwachsende zu einem lebenslangen Lernen hingeleitet werden können und nachhaltig motiviert werden, eigenverantwortlich diesen Prozess zu gestalten? Darüber hinaus stellt sich auf Seiten von Unternehmen, aber auch auf der po-litischen Seite die Frage, welche innovativen Strategien Unternehmen und die Bildungspolitik anwenden können, um das lebenslange Lernen nachhaltig zu fördern und zu verankern?

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe:

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• Wie können Heranwachsende zu einem lebenslangen Lernen hingelei-tet und nachhaltig motiviert werden verantwortlich diesen Prozess zu gestalten?

• Welche innovativen Strategien Unternehmen und die Bildungspolitik an-wenden können, um das lebenslange Lernen nachhaltig zu fördern und zu verankern?

• Inwieweit sind Arbeitsplätze bereits heute geeignet um die Grundlage ei-nes lebenslangen Lernens zu bilden?

• Wie kann lebenslanges Lernen institutionalisiert werden – und in wel-chem Rahmen ist das sinnvoll?

3.3.3 lernumgebungen gestalten (lernkultur)

Das Thema Lernkultur ist in den letzten Jahrzehnten ähnlich intensiv betrachtet worden wie das Thema Organisationskultur. Unter dem Schlagwort „neue Lern-kultur“ wurden viele Konzepten und Untersuchungsergebnissen publiziert und postuliert. In der Befragung zeigt sich, dass eine Vielzahl von Themen der Lern-kultur schon heute intensiv betrachtet und untersucht werden. Hierzu gehören Fragen der Selbstorganisation im Lernprozess – aber auch der Möglichkeiten und Grenzen kollektiven Lernens. Kernfrage ist dabei oftmals, wie ein kompe-tenzförderliches Lernen in den Prozess der Arbeit integriert werden kann, da die vielfältigen Tätigkeiten am Arbeitsplatz eine Fülle an Lernanlässen für in-formelle oder formelle Lernformen bieten. Darüber hinaus können die Resultate direkt in der täglichen Praxis zur Anwendung kommen. Fragen und Probleme ergeben sich notgedrungen aus der Komplexität des Gegenstandes und auch die Befragten sehen weiterhin Probleme und Forschungsbedarfe. Ein Hauptbereich ist die Frage der Messung und Bewertung verschiedener Lernarrangements in-ner- und außerhalb des Arbeitsprozesses hinsichtlich ihrer Wirksamkeit.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Wie kann die Lernförderlichkeit von Arbeitsstrukturen gemessen und

bewertet werden?• Wie kann ein selbständiges Lernen unterstützt werden?• Wie können kollektive Lernprozesse in den Arbeitsalltag integriert

werden?• Wie kann lebenslanges Lernen strukturell verankert werden?

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• Wie können verschiedene Lernformen effektiv miteinander verzahnt werden?

• Wie können Lernprozesse effizient befördert werden?

3.4 KomPetenZen3.4.1 Was vom lernen übrig blieb (Kompetenzentwicklung und -management)

Kompetenzentwicklung und Kompetenzmanagement sind zwei der von den Be-fragten am häufigsten häufig genannten Themen. Zu den erwarteten Kompeten-zen zählen nicht nur die fachlichen sondern längst auch soziale Kompetenzen, die auch zunehmend in den Curricula beruflicher und universitärer Ausbildung verankert sind. Längst ist aber auch klar, dass Kompetenzentwicklung nicht bloß in den Bereich der schulischen bzw. universitären Ausbildung fällt sondern auch danach in den Unternehmen durch Weiter- und Fortbildung gewährleistet werden muss. Sich immer schneller verändernde Anforderungen an zunehmend fluider werdende Wissensbestände erfordern das flexible Anpassen von Wissen und Kompetenzen. Vorraussetzung dafür sind zum einen lernförderliche Be-dingungen am Arbeitsplatz und die Bereitstellung entsprechender Ressourcen durch die Unternehmen. Kompetenzentwicklung erfolgt heute noch häufig un-systematisch und ist dabei nicht auf die Anforderungen eines Lernens über die Lebensspanne hinweg zum Erhalt der Berufsfähigkeit ausgerichtet. Forschungsbedarfe sehen die Experten vor allem hinsichtlich der Verfeinerung von Verfahren der Kompetenzdiagnostik und von Methoden zum Training spezifischer Kompetenzen. Gerade mit Blick auf sich permanent wandelnde Kompetenzanforderungen ist die Frage der passgenauen Schließung von Kom-petenzlücken entscheidend für die Gestaltung von kurzfristigen Anpassungs-qualifizierungen. Hierbei rückt auch das Internet in den Fokus. Im Rahmen eines differenzierten Methodeneinsatzes in ganzheitlichen Lernumgebungen ist das Web neben Präsenzschulungen ein Baustein einer ganzheitlichen Lern-umgebung. Insbesondere seine Bedeutung hinsichtlich der Generierung und Nutzung kollektiver Intelligenz steht erst in den Startlöchern und muss insbe-sondere hinsichtlich des Wirkungszusammenhangs zum Unternehmenserfolg

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fokussiert werden. Insgesamt kann auch für diesen Bereich konstatiert werden, dass die Realisierung lernförderlicher Unternehmen den Forschungserkenntnis-sen weiter hinterherhinkt. Viele Aussagen der Experten beziehen sich daher auf die konkrete Realisierung von spezifischen Kompetenzentwicklungsbedarfen.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe:

• Wie können Kompetenzen bei sich permanent wandelnden Kompeten-zanforderungen optimal weiterentwickelt werden?

• Wie müssen Kompetenzmessmethoden für den Einsatz in verschiedenen Kontexten optimiert und erweitert werden?

• Wie kann die Humankapitalberechnung unter Einbezug von Kompeten-zen realisiert werden?

3.4.2 Wissen effektiv nutzen (Wissensmanagement)

Nach dem Abklingen der Euphorie über die Möglichkeiten eines Managements des Wissens ist eine differenzierte Betrachtung der Möglichkeiten insbesonde-re in Verbindung mit dem Kompetenzmanagement getreten. Die Aufbereitung von Erfahrungswissen wird nach dem Urteil der Befragten auch weiterhin ein wichtiges Thema bleiben; allerdings weniger unter dem Fokus einer Speicherung von Erfahrungswissen sondern verstärkt durch Kommunikation der Beteilig-ten. Hierbei treten die Möglichkeiten eines Web 2.0 in den Fokus. Hier gibt es vielfältige Potentiale, deren Bedeutung für das Wissensmanagement noch nicht hinreichend erforscht sind. Ein weiteres relevantes Zukunftsthema ist die zu-nehmende Informationsflut und deren zielgerichtete Filterung und Verarbei-tung. Die Informationen müssen zur Anpassung von Wissensbeständen eines Unternehmens methodisch aufbereitet und in die Arbeitsprozesse integriert werden.

Die Befragungsteilnehmer identifizieren zahlreiche Forschungsbedarfe. Vor allem muss zur Verschmelzung von Wissensmanagement und Kompetenz-management weiter geforscht und die Kompetenzentwicklung wissensintensi-ver Prozesse fokussiert werden. Auch die Effektivität der Nutzung kollektiven Wissens sowie die effiziente Weitergabe von Wissen verlangt nach weiterer For-schung. Vergleichsweise junge Mechanismen der Wissensgesellschaften wie die vielzitierte „Weisheit der Vielen“, also der angenommene Wissensvorsprung

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durch Vernetzung, müssen ebenso weiter erforscht werden wie die Aufberei-tung und Vermittlung von Wissen mittels dem semantischen Web oder dem Web 2.0.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Wie können Wissens- und Kompetenzmanagement verschmolzen

werden?• Wie kann Wissen effektiv gemeinsam generiert und weiter gegeben

werden? • Welche Möglichkeiten bieten moderne Informations- und Kommunikati-

onstechnologien bei der Wissensgenerierung und beim Wissenstransfer?• Wie ist die Kosten-Nutzen-Relation gegenüber herkömmlichen Lernme-

thoden?

3.5 Bildung und Bildungspolitik

Das Bildungssystem nimmt als maßgeblicher Grundstein aller Innovation na-turgemäß einen zentralen und großen Teil unter den Antworten der Umfra-geteilnehmer ein. Viele Teilnehmer sehen sich bereits jetzt in ihrer aktuellen Forschungsarbeit mit den Implikationen der aktuellen Bildungspolitik konfron-tiert und setzen sich dementsprechend mit ihnen auseinander. Sie sehen aber auch die durch gesteigerte Innovationserfordernisse noch angewachsenen An-sprüche an die staatliche Rahmengestaltung der (schulischen, universitären, be-ruflichen) Bildung und die Notwendigkeit von weiterer und tiefergehender For-schung in diesem Bereich. Weitaus größer ist allerdings die Zahl der Teilnehmer, die mit dem Blick auf die Zukunft mittel- und langfristig Probleme im Bereich der Bildungspolitik erkennen ohne dies direkt mit der Notwendigkeit weiterer konkreter Forschungsbedarfe im Bereich Arbeiten, Lernen und Kompetenzen entwickeln zu koppeln.

Fast die Hälfte der Antworten in diesem Bereich lassen sich der Bildungspo-litik zuordnen. Die Befragten stellen klare und deutliche Forderungen an die von der Politik vorgegebenen Bedingungen des deutschen Bildungssystems wie beispielsweise die konsequente Umsetzung der „Accreditation of prior lear-ning“ (APL). Dieses Thema ist auch in anderen Ländern in der Diskussion. Bei-spielsweise in Südafrika, wo unter dem Stichwort „rural research“ bzw. „rural education“, der Bildungszugang und die Bildungsbeteiligung von Menschen in

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ländlichen Gebieten diskutiert wird. Die dortige Diskussion kann unter Um-ständen auch Anregungen für die hiesige Debatte über die Bewertung und Ein-ordnung von Kompetenzprofilen bieten.

Auch die Finanzierung von Bildung steht auf der Agenda. Angesprochen wur-den in dieser Hinsicht sowohl die zunehmend schwieriger werdende staatliche Finanzierung als auch die durch Unternehmen bereitgestellten Gelder für Wei-terbildungsmaßnahmen. Ein Umfrageteilnehmer brachte das auf die prägnan-te Gleichung „steigende Kosten bei gleichbleibenden/sinkenden Budgets“. Dies erfordert die Entwicklung von adäquaten Kompetenzentwicklungsangeboten für die Bildung am Arbeitsplatz. Die Forschung hat auch hier bereits gezeigt, dass Weiterbildungsprogramme entwickelt werden müssen, die einerseits den sich wandelnden Arbeitsstellen entsprechen und andererseits sich hinsichtlich Flexibilität und Dauer fundamental von den traditionellen Weiterbildungen unterscheiden.

Ein weiteres, von den Umfrageteilnehmern häufig genanntes Thema war der Bereich der Ausbildung. Unsere Umfragewerte legen nahe, dass der Fachkräf-temangel als Thema wahr- und ernstgenommen und ebenso die Notwendigkeit der Ausbildungsbereitschaft der auszubildenden Betriebe betont wird. Die Fra-ge lautet vor diesem Hintergrund, wie man Absolventen von der Schule oder der Universität in die Unternehmen überführt und auf die Arbeit vorbereitet.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Wie müssen die schulischen und beruflichen Rahmenbedingungen zur-

Einbindung von „Bildungsverlierern“ gestaltet sein?• Wie kann die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Qualifizie-

rungswegen erhöht werden?• Wie wirkt sich der Wandel der Arbeitswelt auf die Berufsstruktur aus?

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3.6 geSellSchaft

3.6.1 Beschäftigungsfähigkeit erreichen und erhalten (arbeitsmarkt)

Sowohl die gegenwärtigen als auch längerfristige Entwicklungen auf dem Ar-beitsmarkt haben direkten Einfluss auf die Antworten der Teilnehmer genom-men, die viele verschiedene Themenfelder in diesem Bereich identifizieren konnten. Die Diskrepanz zwischen den auf lange Zeit angelegten (wirtschaftli-chen) Strategien gegenüber kurzfristigen Ertragserwartungen, dem Fachkräfte-mangel und der Dienstleistungsentwicklung sind neben den traditionellen The-menfeldern der Arbeitsmarktforschung – wie dem steigenden Kostendruck und Wettbewerb bei zunehmender Unsicherheit der Mitarbeiter von Unternehmen – wichtige Themenfelder, die heute schon auf der Agenda stehen. Der Zeit- und psychische Druck auf die kleinste Produktionseinheit im Geflecht der Unter-nehmen, dem Angestellten, wächst dabei den Antworten der Umfrageteilneh-mer folgend zusehends. Diese Themenfelder bedürfen weiterhin einer näheren Betrachtung und breiterer Forschung.

Den Antworten der Befragten nach zu urteilen teilt sich der Arbeitsmarkt immer weiter auf; viele Erwerbstätige, wie Zeitarbeitnehmer, geringfügig oder

„prekär“ Beschäftigte, seien schon heute von Zukunftschancen und Weiterbil-dung ausgeschlossen. Dieser sich stetig beschleunigende Prozess, wie auch die zunehmende Rationalisierung, trifft dabei nicht nur gering qualifizierte Arbeit-nehmer sondern ist inzwischen nicht mehr an der Qualifikation des einzelnen Erwerbstätigen festzumachen. Diese Segmentierung des Arbeitsmarktes, also die Teilung in prekär Beschäftigte und hochqualifizierte Wissensarbeiter stellt uns nicht nur jetzt schon vor Probleme, er führt unweigerlich auch in der Folge zu Altersarmut. Zusätzlich ändert sich der Charakter der Arbeit: Immer mehr Jobs verlangen kreative Lösungsansätze, die andere Fähigkeiten („skill sets“) und ein anderes Wissen erfordern als die bisher erworbenen Kompetenzen. Da-mit wird letztlich die Frage gestellt, wie die Beschäftigungs- und Innovationsfä-higkeit im Verlauf einer Erwerbsbiographie beibehalten werden kann.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Mit welchen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten kann der Segmentie-

rung des Arbeitsmarkts entgegengewirkt werden?

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• Wie kann die Beschäftigungs- und Innovationsfähigkeit im Laufe der Er-werbsbiografie aufrechterhalten und gesteigert werden?

• Wie können Universitäten angemessen die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Absolventen fördern?

• Wie sehen innovative Lösungen zur Flexibilisierung von Lernprozessen in der Praxis aus?

3.6.2 Zwei Seiten einer medaille (globalisierung und regionalisierung)

Es fällt auf, dass die wirtschaftliche Globalisierung nationaler und internatio-naler Märkte fast ausschließlich von nicht-deutschen Umfrageteilnehmern als Thema genannt wird. Dem Bereich der Globalisierung zuzuordnende Nennun-gen aus Deutschland sind ausschließlich im Bereich der Frage nach weiteren Spannungsfeldern zu beobachten. Dies offenbart eine eindeutige Diskrepanz zwischen den Nennungen aus dem nicht-deutschen und dem deutschen Bereich. Denn dort wird Globalisierung durchaus häufig genannt. So wird nicht nur die wirtschaftliche Seite der Globalisierung fokussiert, sondern auch deren Einfluss auf den lokalen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Bereich. Gerade auch das bildungspolitische Problem einer „global workforce“, also Arbeitneh-mern, die in international agierenden bzw. transnational handelnden Unterneh-men eingesetzt werden, wird als Herausforderung eines modernen Bildungssys-tems benannt.

Gleichzeitig wird neben der Globalisierung auch der nur scheinbare Gegen-part der Regionalisierung thematisiert. Eine der Fragestellungen lautet dabei, wie sich lokale oder nationale Gemeinschaften mit ihren spezifischen Eigen-heiten – seien diese wirtschaftlicher, kultureller oder politischer Natur – auf der globalen Bühne gemeinsam vertreten lassen können und dabei trotz allem die Vielfalt gewährleistet wird.

Als Kehrseite der Globalisierung wird u.a. auch die „ubiquitäre digitale Prä-senz“ ins Feld geführt, also die Möglichkeit an immer mehr Orten der Welt über das Internet direkten und indirekten Einfluss auf das „Weltgeschehen“ zu neh-men – unabhängig davon, wo man sich geografisch verortet. In Zukunft wird diese Einflussnahme ohne körperliche Anwesenheit mit Sicherheit eine zuneh-mende Bedeutung haben, denn neben den heute schon praktizierten Arbeitsbe-sprechungen über Grenzen und Kontinente hinweg, wird die Zusammenarbeit in transnationalen Firmen dadurch erheblich erleichtert werden. Damit bringt

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die Globalisierung auch Chancen im Bereich der Wissensgenerierung und -ver-teilung mit sich. Zukünftige Forschung wird nach Angaben der Umfrageteilneh-mer sich um die Frage kümmern müssen, wie Wissen global nutzbar gemacht werden kann und wie dabei kulturelle Differenzen im Sinne eines effektiven Di-versity Managements gewinnbringend genutzt werden können.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Welchen Einfluss hat eine globalisierte Weltwirtschaft auf Regionen?• Wie kann international Wissen generiert und verteilt werden?• Wie kann Wissen global nutzbar gemacht werden?• Wie können kulturelle Differenzen bei der Wissensgenerierung und

-nutzung gewinnbringend genutzt werden?

3.6.3 fit im alter (demografischer Wandel)

Über alle Ländergrenzen hinweg wird die demografische Entwicklung als The-ma der Forschung im Bereich Arbeiten, Lernen, Kompetenzen entwickeln ge-nannt. Die Auswirkungen auf das Unternehmertum, auf die in Erwerbstätigkeit stehende aber auch arbeitslose junge Bevölkerung und vor allem auf das Sozial-gefüge einer Zivilgesellschaft, deren Grundfeste auf dem solidarischen Genera-tionenvertrag aufbauen, sind bereits jetzt unübersehbar. Ähnlich wie auch das Thema Gesundheitsmanagement geht es bei diesem Themenfeld vor allem um die konkrete Umsetzung in den Unternehmen.

Speziell Unternehmen stehen aktuell und zunehmend in Zukunft vor dem Problem, wie und in welchem Maße sich der Transfer von Erfahrungswissen der älteren Arbeitnehmer an jüngere Generationen bewerkstelligen lässt bzw. wie Wissen in Organisationen im Sinne eines stringenten Demografiemanagements auch nach dem Ausstieg der Wissensträger nachhaltig erhalten bleiben kann. Gleichzeitig wird von einem Umfrageteilnehmer konstatiert, dass „Erfahrungs-wissen […] immer weniger Anerkennung“ erfährt. Dementsprechend fordern die Umfrageteilnehmer weitere Forschung in den Bereichen der Berufsstruktu-ren, dem Wandel der Arbeitswelt und der alternden Gesellschaft.

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Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe: • Wie können die Erkenntnisse zum demografischen Wandel in die Unter-

nehmen nachhaltig in der Fläche verankert werden?• Wie kann der Transfer von der Wissenschaft in die Praxis auch nach dem

Ende von öffentlich geförderten Projekten nachhaltig aufrecht erhalten werden?

3.6.4 Vielfältigkeit nutzen (migration)

Gerade das Thema Migration stellt ein spannendes Themenfeld dar, da sowohl große Chancen mit ihr einhergehen wie auch vielfältige Probleme durch die kul-turüberschreitende Zusammenarbeit generiert werden. Die Umfrageteilnehmer sehen darüber hinaus das „Erkennen, Nutzen und Erweitern der Kompetenzen von Migranten“ auch als drängendes Thema. Für die allerorten propagierte In-ternationalität auf dem Arbeitsmarkt und der Arbeit in multikulturellen Ar-beitsumgebungen stellt die Integration von Migranten eine wertvolle Ressource dar. Probleme sehen die Teilnehmer der Befragung bei der Kompetenzentwick-lung von Migranten: „insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund finden nur schwer Unterstützung, wenn sie sich weiterbilden wollen“. Weiter geforscht werden muss sowohl im Bereich der kompetenzorientierten als auch der sozia-len Integration von Migranten. Im Bereich der Integration treten nach Aussagen der Umfrageteilnehmer demnach auch die meisten Spannungsfelder in diesem Bereich auf (siehe Kap. 3.9.3)

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe:

• Wie können Menschen mit Migrationshintergrund kompetenzorientiert integriert werden?

• Wie kann das Potenzial von Mitarbeitern mit vielfältigen und interkultu-rellen Erfahrungshintergründen optimal genutzt werden?

• Wie können die Kompetenzen von Migranten anerkannt, genutzt und erweitert werden?

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3.7 Work-life-Balance

Neue Arbeitswelten und veränderte Rahmenbedingungen verändern nicht nur die Ökonomie sondern sie haben auch direkten Einfluss auf die individuelle Sphäre. Die Teilnehmer der Studie sehen vor allem gesundheitliche Aspekte als großes gegenwärtiges und auch zukünftiges Thema. Ein großer Teil der in die-sem Bereich abgegebenen Einschätzungen beruht auf der Annahme, dass in Zu-kunft die Diskrepanz von sozialer Stabilität und ökonomischer Flexibilität in der Arbeit zunehmen wird. Die daraus abgeleiteten Prognosen sehen die steigen-de psychische (Unsicherheit angesichts umbrechender Arbeitsstrukturen, sich ständig erneuernde vorausgesetzte Wissensbeständen und Themenfelder, Stress etc.) und körperliche Belastung wie auch den zunehmenden Zeitdruck und die Arbeits- und Leistungsverdichtung als Probleme, auf die z. B. mit den Mitteln des Gesundheitsmanagements reagiert werden muss. Weitere Forschung muss außerdem im Bereich der Work-Life-Balance und der Verbindung von Arbeits- und Lebenswelt getätigt werden.In diesem Zusammenhang ergeben sich auch Verbindungen zum Thema Demo-grafischer Wandel: Weitere Untersuchungen zur Verbindung von Altersarbeit und der Gesundheit sowie der „mentalen Fitness“ der „Generation 50 plus“ und aktives Demografiemanagement in den Betrieben werden gefordert. Vor dem Hintergrund der oben genannten Beschleunigungstendenzen stellt sich auch die Frage, wie sich eine Gesundheits- und zugleich innovationsförderliche Ar-beitsumgebung gestalten lässt. Zudem sollen Tools für das Human-Ressource-Management entwickelt werden, die eine „Umsetzung anspruchsvoller Lern- und Gesundheitskonzepte ermöglichen.“

Insgesamt zeigt die Befragung, dass es zwar eine Vielzahl von Problemen im Unternehmen gibt, die Herausforderungen einer gesundheitsorientierten Orga-nisation zu gestalten, sie zeigt aber auch, dass hier eher die Umsetzung von wis-senschaftlichen Erkenntnissen als die Erforschung weiterer Aspekte im Mittel-punkt der Bemühungen stehen sollte.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe:

• Welche Instrumente können Führungskräfte und Personaler unterstüt-zen anspruchsvolle Lern- und Gesundheitskonzepte umzusetzen?

• Wie können Individuen zu einem gesundheitsbewussten Verhalten in al-len Lebensbereichen befähigt werden?

• Wie wirkt sich die Standardisierung von Prozessen auf die Beschäftigten aus?

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3.8 Vernetzung

Wenn wir hier die Kategorie Vernetzung einführen, ist das auf zweierlei Art zu verstehen: Zum einen die „klassische“ Vernetzung in Arbeitsgruppen, zwi-schen Unternehmen und deren Arbeitnehmern oder auch informelle aber den-noch karriereförderliche Netzwerke; zum anderen die Vernetzung, wie sie in den letzten Jahren immer relevanter wurde: Das Internet und Web 2.0 als sozi-ales und mitunter Karriere-/Arbeits-Netzwerk räumlich getrennter Individuen. Trennscharf lassen sich diese beiden Arten der Vernetzung nicht mehr vonei-nander unterscheiden. Das hängt auch damit zusammen, dass das klassische Netzwerkbilden längst das Internet als Werkzeug erkannt hat. Bei weitem heisst das aber im Gegenzug noch lange nicht, dass Social Networks wie Facebook oder Xing die alten „persönlichen“ Netzwerke ablösen würden. Oft fungieren sie auch lediglich als Ergänzung bereits bestehender Netzwerke. Neben des eher sozialen Aspekts der Netzwerkbildung stellen die neuen Informationstechno-logien für die Unternehmen weitere Chancen dar, die für sie in dieser Form bislang nicht bestanden: Die Möglichkeit, mittels neuer Technologien wie VoIP oder Videochats weltweit „direkt“ miteinander zu kommunizieren wird nach Meinung der Umfrageteilnehmer maßgeblichen Einfluss auf die Innovationsfä-higkeit von Unternehmen haben.

Gleichwohl sehen die Umfrageteilnehmer auch die Grenzen bzw. Gefahren der neuen Medien: Die digitale Spaltung (digital divide oder digital gap), wel-che bereits seit Mitte der neunziger Jahre kontrovers diskutiert wird, findet sich auch in der Befragung wieder, wenn die Kompetenz im Umgang mit dem Inter-net bzw. dem Web 2.0 die Umfrageteilnehmer beschäftigt.

Auswahl zukünftiger Forschungsbedarfe:

• Wie sehen innovationsfördernde Formen der Vernetzung aus?• Welches Potenzial haben emergierende Technologien für das Lern- und

Wissensmanagement von Unternehmen?• Wie kann kollaboratives Lernen effektiv im Unternehmen genutzt wer-

den?

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3.9 SPannungSfelder3.9.1 einleitung

Das Programm „Arbeiten – Lernen – Kompetenzen entwickeln, Innovationsfä-higkeit in einer modernen Arbeitswelt“ adressiert die in der Einleitung (Kap. 1) beschriebenen Dilemmata als Gegenstand der zukünftigen Arbeits- und Inno-vationsforschung. In der Befragung wurden die Teilnehmer einerseits gebeten die Bedeutung der Spannungsfelder für das eigene Land als auch mit Blick auf die weltweite Entwicklung zu bewerten (siehe Kap. 3.9.2) als auch gefragt, welche weiteren Spannungsfelder von Bedeutung sind (siehe Kap. 3.9.3)

3.9.2 Bewertung der Spannungsfelder aus dem BmBf Programm

Die Relevanz der beschriebenen Spannungsfelder wurde von den befragten Ex-perten bestätigt. Differenzen in der Bewertung der Relevanz treten vor allem in der unterschiedlichen Gewichtung der Relevanz für Deutschland bzw. mit Blick auf die globale Entwicklung. Mit Blick auf Deutschland sind die inhaltlich eng verknüpften Spannungsfelder „langfristige Strategien – kurzfristige Ertragser-wartungen“ und „soziale Stabilität – ökonomische Flexibilität“ als besonders re-levant bewertet worden. Weniger Bedeutung wurde, gerade im Vergleich zu der weltweiten Bewertung den Spannungsfeldern „Wettbewerb –Kooperation“ und

„Globalisierung – Regionalisierung“ zugesprochen.

3.9.3 Benennung weiterer Spannungsfelder

Im Fragebogen konnten außerdem weitere Spannungsfelder benannt werden, die aus Sicht der Befragten zur Zeit Relevanz besitzen (Abbildung 7, S. 38). Die häufigsten Nennungen entfielen auf die Differenz zwischen Reich und Arm und die damit eng verknüpften Chancen der Erlangung von Beschäftigungsfähig-keit. Ein weiteres Spannungsfeld ist der Spagat zwischen Standardisierung und Normierung einerseits sowie Kreativität und Flexibilität andererseits. Dabei wird auch auf die Verlässlichkeit der politischen Rahmenbedingungen verwie-sen in der unternehmerisches Handeln erfolgen soll. Dauerbrenner bleibt der

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Abb. 6: Bewertung der Spannungsfelder aus dem Programm

demografische Wandel in seinen unterschiedlichsten Facetten. Die Frage nach der Integration von Migranten wird aus unterschiedlicher Perspektive aufge-worfen: Einerseits aus der Perspektive des demografischen Wandels und der Notwendigkeit von hochqualifiziertem Personal, andererseits aus der Perspek-tive der Länder, die die Abwanderung ihrer Bildungselite deutlich zu spüren bekommen. Die Frage nach Spezialistentum einerseits und einer notwendigen

verantwortlicher Umgang mit Humanressourcen − Kostendruck (weltweit)

verantwortlicher Umgang mit Humanressourcen − Kostendruck (in Deutschland)

Innovationsfähigkeit − steigender Kostendruck (weltweit)

Innovationsfähigkeit − steigender Kostendruck (in Deutschland)

Arbeitsverdichtung − Personalreduktion (weltweit)

Arbeitsverdichtung − Personalreduktion (in Deutschland)

Nachhaltigkeit − Gewinnmaximierung (weltweit)

Nachhaltigkeit − Gewinnmaximierung (in Deutschland)

wachsende Veränderungsdynamik − Unsicherheit (weltweit)

wachsende Veränderungsdynamik − Unsicherheit (in Deutschland)

Zeit für Lernprozesse − Zeitdruck/ hohe Arbeitsbelastung (weltweit)

Zeit für Lernprozesse − Zeitdruck/ hohe Arbeitsbelastung (in Deutschland)

Herstellerinnovation − Kundeninnovation (weltweit)

Herstellerinnovation − Kundeninnovation (in Deutschland)

Wettbewerb − Kooperation (weltweit)

Wettbewerb − Kooperation (in Deutschland)

Globalisierung − Regionalisierung (weltweit)

Globalisierung − Regionalisierung (in Deutschland)

soziale Stabilität − ökonomische Flexibilität (weltweit)

soziale Stabilität − ökonomische Flexibilität (in Deutschland)

langfristige Strategien − kurzfristige Ertragserwartung (weltweit)

langfristige Strategien − kurzfristige Ertragserwartung (in Deutschland)

3,00

4,03

4,11

3,81

3,73

4,02

3,96

4,32

4,04

4,02

3,92

4,03

4,07

3,81

3,78

3,97

3,54

4,16

3,61

4,26

4,21

3,95

4,25

3,20 3,40 3,60 3,80 4,00 4,20 4,40

Mittelwerte (1 geringe Relevanz, 5 hohe Relevanz)

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breiten Kompetenzbasis andererseits wird insbesondere vor dem Hintergrund von Innovationsentwicklung und Wissenstransfer fokussiert.Neben den bereits genannten Spannungsfeldern wurden weitere benannt, die jedoch von weniger als fünf Personen eingebracht wurden:

• individuelle Verantwortung für Lernen – gesellschaftliche Verantwor-

tung für Lernen• soziale Verantwortung – Individualismus• Arbeitsverdichtung – Personalreduktion• Mitarbeiter – Führungskräfte• Arbeitskräftebedarf – Arbeitslosigkeit/Pension (Abbildung 8, S. 39).

Im Folgenden werden die sieben am häufigsten genannten Spannungsfelder auf Basis der Antworten der Befragten genauer charakterisiert.

reichtum – armut

Die Umfrageteilnehmer sehen auch weiterhin Reichtum und Armut als Span-nungsfeld, das in den nächsten zehn Jahren an Bedeutung gewinnen wird. Ins-besonders die zunehmend auseinanderklaffende soziale Schere zwischen Reich und Arm – und damit in Verbindung stehend: priveligiert und unpriveligiert

– werden als Spannungsfelder erkannt. Während immer mehr Menschen unter-halb der Armutsgrenze leben, nähmen die Kosten für Bildung und Bildungszu-gang zu. Zudem werden die Verarmung größerer Gesellschaftsschichten und die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse wie Kurz- und Leiharbeit, erzwungene Selbständigkeit etc. genannt.

Beschäftigungsfähigkeits - Ausbildungs- und Kompetenzdefizit Dem Ver-langen nach kompetenten und spezialisierten Arbeitnehmern stehen nach Ansicht der Befragten oftmals rigide Bildungspolitiken und damit einherge-hende Bildungsselektion entgegen. Analog zur auseinanderklaffenden Einkom-menschere teilt sich die Gesellschaft nach Ansicht der Befragten zunehmend auch in gebildete und ungebildete Milieus auf, wobei sich diese oftmals immer noch nach dem Bildungsniveau der Eltern richten: Häufig entspricht ein hohes

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Bildungsniveau der Eltern gute Ausbildungschancen der Kinder. Umgekehrt ha-ben es Kinder aus bildungsfernen Familien durchaus schwerer, Zugang zu Bil-dung zu bekommen.

Standardisierung – flexibilisierung

Während von Arbeitnehmern größtmögliche Flexibilität erwartet wird und auch Unternehmen an sich flexibler in ihren Kooperationen werden, besteht auch wei-terhin das Verlangen nach Sicherheit und Effizienz versprechender Standardisie-rung. Dieses Dilemma zeigt sich sowohl in mikroökonomischen Zusammenhän-gen als auch in makroökonomischen. Die Frage hierbei ist, wie sich gewünschte Kreativität mit der Planung von Abläufen im Unternehmenszusammenhang

Reichtum− Armut

Beschä�igungsfähigkeit Ausbil-dungs- bzw. Kompetenzde�zit

Standardisierung − Flexilibisierung

politische Stabilität− politische Flexibilität

Demographischer Wandel

Integration − Migration

Spezialist − Allrounder

Anzahl der Nennungen von insgesamt 76 neu benannten Spannungsfeldern, fehlende Werte = Sonstige

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18

Abb. 7: Weitere Spannungsfelder aus der Befragung

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Abb. 8: Spannungsfelder des Programms im Anschluss an die Befragung

zusammenbringen lässt und wie sich innovationsförderliche Freiheiten mit zu-nehmender Kontrolle vertragen. Nicht zuletzt wirft dieses Dilemma auch die Frage auf nach oftmals noch starren Organisationsstrukturen und offenen bzw. dynamischen Informationsströmen.

Politische Stabilität – Politische flexibilität

Das Problem der Stabilität im Gegensatz zur Flexibilität betrifft nicht nur wirtschaftliche Bereiche. Es wird verwiesen auf die allgemeine politische Verdrossenheit, welche durch eine mangelnde Verlässlichkeit der Politik her-vorgerufen wird. Tagesaktuelle Änderungen der politischen Devisen gerade im bildungspolitischen Bereich sind keine Seltenheit und so werden im Nachgang

Innovaionsfähigkeitvs. steigender Kostendruck

Politische Stabilität vs. Politische Flexibilität

Herstellerinnovation vs. Kundeninnovation

Nachhaltigkeit vs. Gewinnmaximierung

Arbeitskrä�ebedarf vs. Arbeitslosigkeit/

Pension

Mitarbeiter vs. Führungskrä�e

Integration vs.

Migration

Globalisierung vs.

RegionalisierungDemographischer

Wandel

Standardisierungvs.

Flexibilisierung

Innovationsfähigkeit vs. steigender Kostendruck

Arbeitsverdichtung vs. Personalreduktion

soziale Verantwortung vs. Individualismus

soziale Stabilität vs. ökonomische

Flexibilität

Reichtum vs.

Armut

Spezialist vs.

Allrounder

Wettbewerb vs.

Kooerpation

Zeit f. Lernprozesse vs. Zeitdruck d. hohe

Arbeitsbelastung

Verantwortlicher Umgang mit

Humanressourcen vs. Kostendruck

langfristige Strategien vs. kurzfristige

Ertragserwartungen

wachsende Veränder-ungsdynamik vs.

Unsicherheit

GLOBALE DILEMMATA

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von Vergleichstudien oftmals lieber neue „Säue durch das Dorf getrieben“ als langfristige Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Gefragt sind gerade im Bildungsbereich Lösungen, die nachhaltig Lernen ermöglichen und damit Be-schäftigungsfähigkeit fördern.

demogafischer Wandel

Das Spannungsfeld demografischer Wandel lässt sich nicht allein durch eine Gegenüberstellung von zwei Begrifflichkeiten charakterisieren. Es handelt sich vielmehr um einen Bereich, der durch das Wissen um die Bedeutung der aktiven Bearbeitung dieser Herausforderung und der nicht hinreichenden Realisierung geprägt ist (Kap. 3.6.3). Als Spannungsfelder im Bereich des demografischen Wandels identifizieren die Teilnehmer der Befragung zum einen die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiter und zum anderen die soziale Sicherheit im Sinne des Generationsvertrages. Gleichzeitig erfordern alternde Mitarbeiter in Unternehmen selbstverständlich auch neue bzw. andere Maß-nahmen im Bereich der Work-Life-Balance (vgl. Kap. 3.7). Ebenso stellt sich die Frage nach dem „Wettbewerbsvorsprung bei Wissensthemen auf internationa-ler Ebene“ im Hinblick auf Alterung und Überalterung weiter Gesellschaftsteile.

integration – migration

Das Dilemma im Spannungsfeld von Integration und Migration ist ein nach wie vor virulentes. Dass der Standort Deutschland Migranten benötigt, ist ein mittlerweile belegter und zumindest wissenschaftlich anerkannter Faktor. Aber die Debatte über Migration darf nicht ausschließlich aus „Nützlichkeitsgrün-den“ und in Bezug auf den internationalen Wettbewerb um Hochqualifizierte

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geführt werden. Deutschland als Einwanderungsstaat muss Integrationschan-cen auch für bildungsferne Migranten bereit halten. Ein offener Zugang zu den bestehenden Bildungssystemen und ein Ausbau dieser wären ein Weg dem Inte-grationsproblem zu begegnen.

Spezialist – allrounder

Das Spannungsfeld Spezialist – Allrounder ist geprägt durch die Notwendigkeit hoher Spezialisierung auf der einen Seite und des gleichzeitigen Bedarfs eines breiten Wissens andererseits und von Personen, die verschiedene Wissensbe-reiche integrieren können. Gerade in den sogenannten Zukunftstechnologien

– der Mikro-, Nano- und Biotechnolgie und der Medizintechnik – werden Kom-petenzen zur interdisziplinären Zusammenarbeit bei gleichzeitiger hoher Spezi-alisierung gefordert. Die Gegensätzlichkeit von Theortiker und Praktiker sowie Spezialist und Universalist wird aufgelöst durch die Notwendigkeit beide Seiten dieser Medaille zu beherrschen.

4.1 einleitung

Die Ergebnisse der Online-Befragung wurden in 18 Telefoninterviews mit aus-gewiesenen nationalen Experten der Arbeits-, Lern-, Kompetenz- und Innova-tionsforschung vertiefend betrachtet. Basierend auf dem Online-Fragebogen wurden die Experten leitfragengestützt befragt. Die Ergebnisse der halbstan-dardisierten Befragung sollen hier zusammenfassend vorgestellt werden. Der Kernpunkt der Befragung bezogen sich auf das Programmfeld „Arbeiten, Ler-nen, Kompetenzen entwickeln (ALK) – Innovationsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt“ und umfasste Themen, welche aktuell die Tätigkeit der Befragten beeinflussen, Problemfelder und Herausforderungen, welche heute als drängend eingeschätzt werden und Forschungsbedarfe, für welche in den kommenden Jahren Lösungsansätze entwickelt werden sollten.Aus der Analyse der Interviews konnten sechs Antwortcluster identifiziert wer-den, die nach Meinung der Experten eine hohe Relevanz für Deutschland haben:

• Kompetenz- und Wissensmanagement,• Arbeits- und Innovationsmanagement,• Demografiemanagement,

4. ergeBniSSe der exPerteninterVieWS

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• Gesundheitsmanagement,• Ausbildungs- und Kompetenzdefizite,• Transferprobleme.

Für die einzelnen Cluster wurden Thesen formuliert, welche die Befunde der einzelnen Antwortcluster verdichten und pointieren.

4.2 Kompetenz- und Wissensmanagement

These: In Deutschland fehlt eine systematische Wirtschaftspolitik bezogen auf intellektuelles Kapital in Verbindung mit Kompetenzentwicklung, um dem Fach-kräftemangel zu begegnen.

Die Experten sind sich einig, dass kompetenzförderliche Arbeit und Arbeits-plätze in größerem Maße geschaffen und erhalten werden müssen. Kompetenz-entwicklungsmaßnahmen sind nicht allein auf der Führungsebene auszubauen sondern insbesondere auch für gewerbliche Mitarbeiter und Geringqualifizierte notwendigerweise zu realisieren. Die Unternehmen benötigen hierfür prakti-kable Verfahren zur Kompetenzbewertung und der Förderung von Kompeten-zen. Diese gilt es zu entwickeln und nachhaltig zu etablieren. Die Anerkennung von informell erworbenen Kompetenzen ist heute notwendiger als je zuvor und muss in das stärker als heute geförderte Kompetenz- und Talentmanagement der Unternehmen eingebunden werden. Wissens- und Kompetenzmanagement sind heute nicht mehr voneinander zu trennen und müssen weiter miteinan-der verschmolzen werden. Besonders die Kompetenzentwicklung für wissensin-tensive Prozesse verdient verstärkte Aufmerksamkeit. Auch bei der Berechnung von Humankapital sind Kompetenzen unbedingt mit einzubeziehen.

Ein spezieller Fokus liegt auf den Kompetenzen von Migranten. Diese gilt es einerseits, zielgerichteter zu entwickeln und zu fördern sowie andererseits effek-tiver zu nutzen. Dafür sind interkulturelle Kompetenzen in den Unternehmen, aber auch gesamtgesellschaftlich zu etablieren bzw. auszubauen.

Weiterer Forschungsbedarf besteht bei der Erfassung und Anerkennung von informellem Lernen.

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4.3 arbeits- und innovationsmanagement

These: Eine enge Verzahnung von Arbeiten und Lernen ist die entscheidende Voraussetzung für dauerhafte Innovationen in Deutschland.

In Unternehmen wird eine wirkungsvollere Verbindung von Arbeiten und Inno-vationen zur Sicherung der Überlebensfähigkeit benötigt. Dazu gilt es, die indi-viduelle Innovations- und Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter über das ge-samte Arbeitsleben zu erhalten und stärker zu fördern. Die Wirkungskette von Kompetenz, Innovation und finanziellem Erfolg ist hierbei weiter zu erforschen. Die Implementierung von Innovationsprozessen in Unternehmen braucht nach Aussage der Experten eine stärkere Fokussierung auf die Arbeitsbedingungen, welche effektiv und effizient zu Innovationen führen. Großer Entwicklungs-bedarf besteht für sie in einer lernförderlichen Gestaltung von Arbeitsbedin-gungen als auch von Arbeitstrukturen. „Lernen im Prozess der Arbeit“ ist so-mit weiterhin eine aktuelle Herausforderung. Aber auch die Auswirkungen von institutionalisiertem Lernen und institutionalisierter Wandlungsfähigkeit auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen und Organisationen sind weiter zu erforschen.

Kompetenzentwicklung darf nicht allein ein individueller Prozess sein, der vom Unternehmen abgekoppelt zu betrachten ist. Individuelle und kollektive Lern- und Arbeitsprozesse müssen stärker parallel erfolgen und Lernen muss sich für die Mitarbeiter lohnen. Dafür müssen beispielsweise Entgeltsysteme und Lernprozesse besser miteinander verknüpft werden.

Betrachtet man Lernen aus einer gesamtunternehmerischen Sicht, werden auch für die Unternehmen neue Perspektiven zur Weiterentwicklung der Or-ganisation durch kollektive organisationale und interorganisationale Lernpro-zesse deutlich. Als besonders wichtig wurde betont, dass in den Unternehmen Werte vermittelt und Werte (vor-)gelebt werden müssen.

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4.4 demografiemanagement

These: Dem „War of Talents“ begegnen bislang nur Wenige strategisch!

In den Unternehmen wird eine stärkere und bewusstere Auseinandersetzung mit der demografischen Entwicklung gebraucht. Spezifische Lösungen sind not-wendig um die Frage zu beantworten, wie es gelingt, mit einer älter werden-den Belegschaft unter weltweitem Innovationsdruck zu bestehen. Es werden da-bei intelligente Konzepte benötigt, um besser als bisher das Erfahrungswissen Älterer zu aktivieren und als Wettbewerbsvorteil der Unternehmen zu nutzen. Von den Experten wurde ganz klar hervorgehoben, dass eine Arbeitsgestaltung für ältere Belegschaften als ein sehr wichtiger Forschungsschwerpunkt gesehen wird. Sowohl für junge als auch für ältere Mitarbeiter ist eine altersgerechte und dynamische Arbeitsgestaltung besonders vordringlich.

4.5 gesundheitsmanagement

These: Es wird zunehmend schwerer, die Beschäftigungs- und Innovationsfähig-keit über das gesamte Arbeitsleben zu erhalten.

Die Entwicklung von Gesundheitskompetenzen auf individueller und organisa-tionaler Ebene ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wichtiger als je zuvor. Dabei steht die Befähigung zu einer selbstverantwortlichen Arbeits- und Lebensgestaltung im Mittelpunkt. Unter dem Stichwort „Work-Life-Ba-lance“ ist auch das Gleichgewicht von Arbeits- und Lebensqualität auf Unter-nehmensebene zu fördern. Gesundheitsmanagement soll ein Gegengewicht zu erhöhtem Konkurrenzdruck und wachsender Arbeitsverdichtung schaffen. Als eine Hauptaufgabe wurde dabei der Abbau des großen Drucks von standardi-sierten Prozessen auf die Beschäftigten benannt. Allerdings befürchten die Ex-perten eine Verringerung der Bemühungen von Unternehmen um eine Work-Life-Balance. Ihrer Auffassung nach führt dies nicht nur zu einem Rückgang der Geburtenrate, sondern auch zu verringerten Zeitbudgets für ehrenamtliche Tätigkeiten und für soziale Beziehungen, was langfristig erhebliche Auswirkun-gen auf das gesellschaftliche Zusammenleben haben wird.

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4.6 ausbildungs- und Kompetenzdefizite

These: Um der Bildungsschere zu begegnen und langfristig im internationalem Wettbewerb zu bestehen sind massive Investitionen notwendig.

Der sich weiter öffnenden Schere zwischen hochqualifizierten Wissensarbeitern und prekär Beschäftigten, die zwischen Arbeitslosigkeit und gering qualifizier-ter Beschäftigung pendeln (Segmentierung des Arbeitsmarktes), muss gegen-gesteuert werden. Dafür ist eine stärkere Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung sowie zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung ist erforderlich. Hierzu gehört auch die Anerkennung informell erworbener Kompetenzen, die die Quereinstiegsmöglichkeiten erhöhen.Die Befähigung und Motivation von Heranwachsenden für lebenslanges Lernen wurde als besonders relevanter Forschungsbedarf identifiziert, ebenso wie deren Befähigung für das Erkennen und Lösen von Herausforderungen unter turbu-lenten Umfeldbedingungen. In der Auffassung der Experten ist die betriebliche Bildungsarbeit dabei als Einheit von Personal- und Organisationsentwicklung und Berufsbildung zu begreifen und zu gestalten. Benötigt wird aus ihrer Sicht ein alltägliches und lebenslanges Weiterlernen anstelle von einzelnen weiterbil-denden Maßnahmen.

Die Bildungsschere wird aus Sicht der Experten langfristig zu einem Hemm-schuh in Deutschland. Während einerseits aufgrund demografischer Entwick-lungen immer weniger Menschen die Last der Renten tragen müssen, entsteht parallel eine immer größer werdende Gruppe von Nicht- oder kaum Gebildeten, was auch die sozialen Sicherungssysteme grundsätzlich in Frage stellt. Besorgt äußerten sich die Experten mit Blick auf die sich weitende Bildungsschere über die Entwicklung des deutschen Bildungssystems – und insbesondere über die einseitige Förderung von Eliten. Die soziale Spaltung und die Bildungsarmut wurden von den Experten als ein wichtiges, zu bearbeitendes Spannungsfeld hervorgehoben.

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4.7 transferprobleme

These: Viele Themen sind hinreichend erforscht worden. Es fehlt ein systemati-scher Transfer in die unternehmerische Praxis.

Die Interviewten machten deutlich, dass viele Themen zwar hinreichend er-forscht worden sind, es jedoch an einem systematischen und breiten Transfer in die betriebliche Praxis mangelt. Aus ihrer Sicht werden neue und effektivere Transferwege benötigt. Hoher Umsetzungsbedarf besteht insbesondere bei den Strategien zum Umgang mit dem demografischen Wandel, dem Arbeits- und Gesundheitsschutz (Arbeitsverdichtung), der Verankerung von individuellen Strategien zum Umgang mit Unsicherheit und Komplexität, sowie der Einfüh-rung von Konzepten zum Kompetenzenmanagement.

Prinzipiell müssen KMU besser befähigt werden, den Innovationstransfer bei der Nutzung moderner Technologien und der Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse – insbesondere auch der Arbeitsgestaltung und des Managements zu erhöhen. Es gilt, innovative Lösungen schneller, breiter, wirkungsvoller und praxisnäher zu transferieren. Dafür müssen andere und effektivere Transfer-formen gefunden werden. Zentrale Frage aus Sicht der Forschungsförderer ist daher, wie Unternehmen, die keine Förderung erhalten, einen schnellen Zugang zu Forschungsergebnissen erhalten. Durch die Forschungsförderer und die Ge-förderten ist zu beachten, dass der Transfer innerhalb der Projektlaufzeit einen anderen Charakter hat, als der Transfer nach Beendigung der Projekte.

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5.1 Politik

Neben die Umweltdebatte muss auch eine Wissensdebatte und damit verbunden eine Standortdebatte treten. Wissen wird von den Experten als das „Lebenseli-xier“ Deutschlands als Hochtechnologiestandort bezeichnet. Auf diesem Feld ist auch eine stärkere interministerielle Kooperation und Koordination notwendig. Ein Experte führte dazu aus:

„Auf Dauer können wir nicht die verlängerte Werkbank hier sein für NO-KIA und andere skandinavische Unternehmen, sondern wir müssen selbst se-hen, dass wir mit unserem Wissens- und intellektuellem Kapital diese Standor-te hier definieren können. Das muss einfach politisch ganz klar stärker in den Vordergrund.“

Die Experten benennen auch Kinderfreundlichkeit als politischen und öko-nomischen Faktor und betonen seine Bedeutung für Deutschland. Gerade mit Blick auf soziale Ungleichheiten und die stärkere Ausdifferenzierung von Bil-dungseliten und bildungsfernen Bevölkerungsgruppen ist dieser Entwicklung verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken.

Nach Einschätzung der Experten wird insgesamt mehr internationale Koope-ration, internationales Monitoring und internationales Benchmarking benötigt. Deutschland muss sich in der internationalen Zusammenarbeit und Koopera-

5. handlungSemPfehlungen

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tion konkret und besser positionieren, beispielsweise durch die Stärkung von internationalen und europäischen Initiativen.

Die bereichsspezifische Förderung muss dabei stärker hin zu einer bereichs-übergreifenden Förderung ausgebaut werden. Mit Blick auf den Transfer von Forschungsegebnissen ist verstärkt der Fokus auf die unterschiedlichen Trans-feranforderungen während und nach der Projektlaufzeit zu legen. Der For-schungstransfer muss insgesamt, beispielsweise durch die Förderung von spezi-fischen Innovationstransferprojekten, erhöht werden.

5.2 forschung

Die Studie verweist zusammenfassend am Ende jeden Kapitels auf zentrale For-schungsbedarfe, wie sie von den befragten Experten angeführt wurden. Viel-fach rücken disziplinübergreifende Fragestellungen auf die Agenda die nicht allein durch kleine Forschungsverbünde bearbeitet werden können. Diszipli-nübergreifende Forschung kann einen erheblichen Beitrag zur Innovation in Deutschland leisten. Bei der Gestaltung der Forschung muss stärker als bisher der Transfer in den Fokus genommen werden. Nicht allein während der Lauf-zeit der Projekte sondern gerade darüber hinaus sollen die Transfermittel ihre Wirksamkeit entfalten.

5.3 unternehmen

Die Studie zeigt an mehreren Stellen deutlich, dass Unternehmen vielfach wis-senschaftliche Erkenntnisse negieren. Demografischer Wandel, die Realisie-rung von Work-Life-Balance oder die Gestaltung lernförderlicher Arbeitsplätze gehören zu diesen Bereichen. Hier kann eine realistische Reflexion der Unter-nehmenspraxis durch die Unternehmen Abhilfe schaffen. Nach Aussage der Experten werden keine „Praxisattrappen“ sondern organisationale Reflexions-kompetenzen und eine Fehlerkultur sowie eine „echte“ Innovationsakzeptanz gebraucht.

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Besonders kritisch wurde auf die Frage nach innovativen Unternehmens- und Lernkulturen geantwortet. Von einem Experten wurde angemerkt:

„Wenn man so sieht, wie es in den Betrieben wirklich zugeht, das ist schon erschütternd. Die Leute machen nur große Sprüche, aber wenn man dann die Mitarbeiter fragt, „wann haben Sie denn das letzte Mal irgendwo an einer Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen?”, sagen sie: „Was ist denn das?””

Benötigt werden eine noch effizientere Vernetzung von Unternehmen mit der Wissenschaft und eine größere Mobilisierung insbesondere von KMU für For-schung und Innovation. Diese Empfehlung deckt sich auch mit den Kernaufga-ben der nationalen Forschungs- und Innovationspolitik, welche im Gutachten 2008 der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) aufgeführt werden.

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imPrint

Contact:Dr. rer. nat. Frank Hees · [email protected] Trantow, M.A. · [email protected]

Department of Information Management in Mech. EngineeringCenter for Learning and Knowledge ManagementAss. Institute for Management Cybernetics e.V. IMA/ZLW & IfU – RWTH Aachen University

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laYout

Verena Geduldig · [email protected]

WeB

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The project on which this publication is based received funding from the Federal Ministry of Education and Research (ALK00200) and the European Social Fund. Responsibility for the contents of this publication lies with the authors.

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Die explorative Studie „The Future of Work and Lear-ning“ bildet den Auftakt der Monitoring-Aktivitäten des Projektes „International Monitoring“. Die Stu-die basiert auf einer Online-Befragung von interna-tionalen Wissenschaftlern und Praxisakteuren sowie vertiefenden Interviews und ermittelt die virulenten Problemstellungen und Forschungsfragen im The-menfeld des BMBF-Forschungs- und Entwicklungs-programms „Arbeiten – Lernen – Kompetenzen ent-wickeln. Innovationsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt“. Dabei spiegeln die vorliegenden Ant-worten die interdisziplinäre Vielfalt des Programms sowie des Forschungsfelds wider und skizzieren das breite Spektrum heutiger und zukünftiger Herausfor-derungen einer modernen Arbeitswelt.