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Research Collection Doctoral Thesis Ueber das Hederagenin Author(s): Ehmann, Ludwig Publication Date: 1936 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000095073 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Doctoral Thesis

Ueber das Hederagenin

Author(s): Ehmann, Ludwig

Publication Date: 1936

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000095073

Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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ETH Library

über das Hederagenin

Von der

Eidgenössischen Technischen Hochschule

in Zürich

zur Erlangung der

Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften

genehmigte

Promotionsarbeit

vorgelegt von

Ludwig Ehmann, dipl. Ingenieur-Chemiker

aus Ernetschwil (St. Gallen)

Referent: Herr Prof. Dr. L. Ruzicka

Korreferent: Herr Prof. Dr. H. E. Fierz

Weida i. Thür. 1936

Druck von Thomas & Hubert

Spezialdruckerei für Dissertationen

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Meinen lieben Eltern

aus Dankbarkeit gewidmet.

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Die vorliegende Arbeit wurde im Laboratorium für

organische Chemie an der Eidgenössischen Technischen

Hochschule in Zürich ausgeführt.Meinem hochverehrten Lehrer,

Herrn Prof. Dr. L Ruzicka,

möchte ich auch an dieser Stelle herzlich danken für die

Anregungen zu dieser Arbeit und für die wohlwollende

Unterstützung, die er ihr allzeit angedeihen ließ.

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Theoretischer Teil.

Einleitung.

Über das Bauprinzip und Ausdehnung der Terpenchemie.

Die Natur produziert im tierischen und pflanzlichen Organismus

eine außerordentlich mannigfaltige Reihe von Substanzen, die man

vom Gesichtspunkt der chemischen Konstitution in der Gruppe

der Terpene zusammen zu fassen sucht.

Es sind dies Stoffe, die teils in flüssiger, teils in kristalliner Form

aus verschiedenen ätherischen ölen isoliert werden können. Sie

treten als wesentliche Bestandteile der Harze auf, sind als Farbstoffe

überall zu beobachten und haben in der Reihe der biologisch höchst

wichtigen Vitamine ebenfalls einige Vertreter.

Als erstes, sehr charakteristisches Merkmal des Molekülbaus der

Terpene erkannte man durch die Elementaranalyse das typische

Atomverhältnis von fünf Kohlenstoffatomen zu acht Wasserstoff¬

atomen, oder allgemeiner ausgedrückt die Bruttoformel

(C5Hx)yOz>

worin x = 6—9, y = 2—8 und z = 0—6 sein kann. Die Zahl der

Kohlenstoffatome ist somit immer durch fünf, diejenige der Wasser¬

stoffatome durch acht (oder eine davon nur wenig abweichende

Zahl) teilbar. Die Zahl der Sauerstoffatome ist sehr schwankend.

Der Index x gibt auch weiterhin Auskunft über den Sättigungs¬

zustand der Terpenkörper, bzw. über die Frage nach dem Kohlenstoff¬

gerüst, ob aliphatische, monozyklische, bi-, tri- usw. polyzyklische

Struktur vorhanden sei; Index y kennzeichnet die Molekulargröße:

Hemiterpene (y = i), Monoterpene C10, Sesqui-, Di-, Tri- und Poly-

terpene, während schließlich die Sauerstoffatome für die Terpene

weiter nicht charakteristisch sind und gänzlich fehlen können.

8

Das zweite wichtige Merkmal der Terpene ist die bestimmte An¬

ordnung, in der die Kohlenstoffatome im Molekül enthalten sind.

Die Zahl 5 spielt dabei eine besondere Rolle, denn es lassen sich die

KohlenstoffSkelette aller Terpene in Bruchstücke von je 5 Kohlen¬stoffatomen unterteilen, die ein Isopentan- oder Isopren-Skelettdarstellen:

Cfl,

CH,

CH —CHa—CHs

CHi

CH

C—CH=CH,

Isopentan Isopren.

Für die Struktur der Terpene ist weiter charakteristisch, daß diese

Isopentangerüste nur durch Kohlenstoffbindungen und nicht durch

fremde Atome, wie z. B. die Sauerstoffatome bei den Kohlehydraten,verbunden sind. Da die Art der Verknüpfung der Isopentangerüstebei den verschiedenen Verbindungen der Terpenreihe eine sehr

mannigfaltige sein kann, ist auf den ersten Blick nicht immer sofort

zu erkennen, wie weit das Prinzip des Isopren-Bausteins in den

betreffenden Naturstoffen überhaupt verwirklicht ist.

Das sei an einigen Beispielen aus der Monoterpenreihe gezeigt:

-/\

2 Isoprene

^

\

2 Isoprenei

-OH

I

Geraniol Limonen

(Dipenten)

\

/

Pinen.

III

Die Formeln I —III lassen erkennen, daß sich die zwei verzweigtenC6-Kohlenstoffskelette zu einer offenen Kette oder aber zu einem

einfachen oder doppelten Ringsystem aneinander lagern können.

Die Zerlegbarkeit des Moleküls in Isopentangerüste ist aber nicht

9

bloß eine schematische Betrachtungsweise. So wird bei der trockenen

Destillation von Kautschuk, sowie bei der thermischen Zersetzung

von Pinen Isopren erhalten, und umgekehrt läßt sich ein Aufbau

aus Isopren in manchen Fällen auch durchführen. Schon seit langem

war die Bildung des in der Natur vorkommenden Dipentens durch

Kondensation zweier Isoprene bekannt. Kürzlich gelang auch die Dar¬

stellung aliphatischer und zyklischer Terpenalkohole durch Polymeri¬

sation des Isoprens in Gegenwart eines wasseranlagernden Mittels.

Ferner stehen die drei oben angeführten Vertreter der Monoterpene

auch untereinander in genetischen Beziehungen. Sowohl aus dem

aliphatischen Alkohol I, wie aus der bizyklischen Verbindung III

kann durch Einwirkung starker Säuren ein monozyklischer Kohlen¬

wasserstoff II gewonnen werden. Diese Isomerisierungsreaktionen

sind für die ganze Körperklasse außerordentlich typisch, und es ist

naheliegend, daß auch in der Pflanze die gegenseitige Umwandlung

der Terpenderivate in Gegenwart der im Zellsaft gelösten Säuren

vor sich gehen kann.

Eine weitere Stütze für die Isoprenbausteintheorie bilden die

„Synthesen von Terpenen aus Isopren" vonTh. Wagner-Jauregg1,

wonach man beispielsweise die Formel des- Geraniols, durch

1,4-Addition von 2 Isoprenen und Absättigung der radikalartigen

Enden der auf diese Weise entstandenen Kohlenstoffskelette mit

den Resten des Wassers, rekonstruieren kann.

CH3 CH3 CH3

I I IC

/\CHa CH

I I> CHa CH2—OH

\CH

IIC

/\CH3 CH3

Das Prinzip der verzweigten C5-Kohlenstoffkette hat sich in der

Terpenchemie als sehr fruchtbar erwiesen. Die soeben angeführten

Formeln von Vertretern einfacher Terpene lassen schon die ungemein

C

CH2 CH11

C

/\CH2 CH

1 1

II

CH2 CH2

\CH

1

1 \

y CH2 CH2

\CH

111

C

/\CH2 CH3

II

c

/\CH8 CH2—

1 A. 496, 52 (1932).

10

große Mannigfaltigkeit der Terpenchemie erkennen, die durch die

unbegrenzte Variation des einfachen Bauprinzips bedingt werden.Die Natur macht aber von diesen Möglichkeiten nur geringen Ge¬

brauch. Die weitaus größte Zahl der Monoterpene und der Sesqui¬terpene enthält die Isoprenreste in Form einer regelmäßigen Kette,während nur in seltenen Fällen auch eine unregelmäßige Anein¬

anderreihung der Isoprenreste vorkommt.

Man versteht unter einer solchen regelmäßigen Kette die Ver¬

bindung der benachbarten Isoprenreste mit den entgegengesetztenEnden. Das hat zur Folge, daß sich in einer solchen, aus vielen

Isoprenresten aufgebauten, aliphatischen Verbindung, die als Seiten¬

ketten vorhandenen Methylgruppen in regelmäßigen Abständen folgen.Als einfache Beispiele seien die Alkohole Geraniol und Farnesol

sowie das Phytol angeführt, welches als Vertreter der höheren

Terpenreihe die natürliche Fortsetzung des Farnesols bildet.

Ctt2OHPhytol.

In der Reihe der höheren Terpene ist das Prinzip der regel¬mäßigen Isoprenkette nur noch teilweise verwirklicht. Dafür er¬

scheinen in manchen Fällen neue Ordnungsprinzipien, z. B. Symmetrie¬zentren. So ist der aliphatische Triterpenkohlenwasserstoff Squalenaus insgesamt 6 Isopentanresten aufgebaut, und zwar sind 3 Isopren¬reste in regelmäßiger Kette angeordnet und daran anschließend folgtin umgekehrter Reihenfolge wiederum eine Dreikette. Das Molekülist somit auf die Mitte symmetrisch gebaut:

/

//

/

A Squalen.

/

11

Die Konstitutionsaufklärung der Terpene

durch Abbau gelang nur in der Monoterpenreihe mit befriedigendem

Erfolg, während beispielsweise in der Reihe der Sesquiterpene die

Oxydation, mit Ausnahme weniger Fälle, zu nicht trennbaren

Gemischen führte oder überhaupt keine greifbaren höhermolekularen

Produkte als Essigsäure und Kohlendioxyd lieferte.

Nun ist aber, wie schon anfangs erwähnt, die Isomerisierungs-

reaktion für die ganze Körpergruppe der Terpene außerordentlich

typisch. Es gelingt, die Vertreter der einzelnen in der Natur vor¬

kommenden Terpengruppen ineinander umzuwandeln; es entstehen

im wesentlichen Ringschlüsse, zyklische Isomere, so daß es nahe

lag zu versuchen, daraus durch geeignete Dehydrierungsoperationen

die dazugehörigen aromatischen Kohlenwasserstoffe darzustellen.

„Diese sind fester gefügt als die hydrierten Abkömmlinge und

sollten dann eher charakteristische Abbauprodukte liefern und sich

auch leichter synthetisieren lassen. Die sekundäre Aufgabe, die

Ermittlung der Lage der Kohlenstoffdoppelbindungen, der quaternären,

bei der Dehydrierung abgespaltenen Methylgruppen und der sauer¬

stoffhaltigen Substituenten ließe sich dann anhand des bekannten

Ringsystems weit einfacher erledigen."1Dieses Arbeitsprogramm hat sich in der Folge für die Konstitutions¬

aufklärung der Terpene als außerordentlich fruchtbar erwiesen.

So ist für die Mehrzahl der Monoterpene das p-Cymol das

experimentell zugängliche Sinnbild des regelmäßigen Baues. Dieser

Benzolkohlenwasserstoff läßt sich auch tatsächlich aus allen be¬

kannten Monoterpenen dieses Typus herstellen.

i i

Monoterpen- Typus p-Cymol.

Bei der nächst höheren Terpengruppe, den Sesquiterpenen, wo

die Möglichkeit für Variationen natürlich größer ist, gelingt es alle

1 Aus L Ruzicka, Über Konstitution und Zusammenhänge in der Sesqui-

terpenreihe, S. 6—7.

12

Abkömmlinge auf zwei aromatische Grundkohlenwasserstoffe, dasCadalin und das Eudalin zurückzuführen. Man kann diese Kohlen¬wasserstoffe schematisch aus einer Drei-Isoprenkette, wie sie dieNatur im Farnesol bildet, durch Einfügung von Ringbindungen ab¬

leiten, und kommt im Falle des Cadalins zur folgenden Gleichung:

/\/\

/\

Cadalin.

Beachtet man ferner, da Eudalin nur 14 Kohlenstoffatome enthält,daß bei derDehydrierung eudalinliefernderSesquiterpen-Verbindungeneine quaternäre Methylgruppe abgespalten wird, so gelangt man

für die Bildung dieses Grundkohlenwasserstoffes zu folgender Um¬wandlungsreihe.

\_\ "T \/ /~\/V

Eudalin.

Die Diterpene zeichnen sich vor allen anderen Gruppen der

Terpene durch die größte Mannigfaltigkeit im Kohlenstoffgerüstaus. Dieses ist von kaum zehn in der Natur vorkommenden Di-

terpenen bekannt, und man hat dabei fünf verschiedene Bautypenangetroffen. Diese Typen haben alle wiederum das eine gemein¬same Merkmal der Aufteilbarkeit in Isoprenreste; die Art der Zu¬

sammensetzung zum Molekül der Diterpene ist jedoch in manchenEinzelheiten recht verschieden.

Der einfachste Fall einer regelmäßigen Kette von 4 Isoprenrestenist bisher im Phytol, der einen Alkoholkomponente des Chlorophylls,mit Sicherheit nachgewiesen worden.

Das Vitamin A enthält gegenüber dem Phytol ein neues, be¬merkenswertes Bauelement, einen Sechsring, wie er bisher bei denin der Natur vorkommenden Mono- und Sesquiterpenen noch nicht

angetroffen wurde, wohl aber in den künstlichen Veichenriechstoffen,den Jononen, enthalten ist.

13

/ CH2OH

CO—CH3

i3-Jonon.

Vitamin A

Ganz neuartig ist der Bau des Saffranfarbstoffes Crocetin (XII),

dessen Skelett aus zwei symmetrischen Hälften, die beide das Kohlen¬

stoffgerüst des Geraniols besitzen, zusammengesetzt ist.

HOOC CH3\/

/—OH

\/CH,

XII

CH3

Crocetin

COOH

CH3

Geraniol.

Weniger regelmäßig gebaute Kohlenstoffgerüste trifft man beim

a-Camphoren und bei den Koniferenharzsäuren Abietinsäure und

Dextro-pimarsäure. Doch ist auch hier eine teilweise Übereinstimmung

der Struktur der Ringe mit dem entsprechenden Teil der Molekel

der Diterpenalkohole zu erkennen.

,coon

/\\/\

Abietinsäure

COOH

\/v\

I IL/V \

Reten

/\/\£H=CH2

\/\/\

\Y~

Dextro - pimarsäure Pimanthren.

14

Es gibt in der Diterpenreihe keine wichtigen aromatischen Grund¬

kohlenwasserstoffe, die wie das p-Cymol, das Cadalin und das

Eudalin einer größeren Reihe derselben zugrunde liegen würden.

Als gemeinsames Merkmal der Diterpene ist wohl der Phenanthren-

grundriß zu betrachten, wie er in den trizyklischen Vertretern dieser

Reihe verwirklicht ist, und in welcher Schreibweise auch die übrigenDiterpene bildlich dargestellt werden können.

Polyterpene mit 25 Kohlenstoffatomen sind bisher in der

Natur noch nicht aufgefunden worden. Es wird dies wohl kein

Zufall sein, sondern mit dem Bildungsmechanismus dieser Ver¬

bindungen in der Natur zusammenhängen.

Weit verbreitet sind dagegen in der Natur die Triterpene mit

30 Kohlenstoffatomen. Zu dieser Gruppe gehören die in den

meisten Milchsaft führenden Pflanzen enthaltenen Amyrine, das

Lupeol usw., sowie die zahlreichen Sapogenine. Die Kenntnis der

Struktur dieser Verbindungen ist mit Ausnahme des aliphatischenTriterpens Squalen sehr lückenhaft geblieben. Sie besitzen alle

ein ungefähr gleiches Verhältnis von Kohlenstoff zu Wasserstoff,die eine für ein tetra- oder pentazyklisches Triterpen mögliche Formel

verlangen würde. Es finden sich in der Literatur auch verschiedene

Meinungsäußerungen, daß diese Stoffe mit den Terpenen insbesondere

mit den Sesquiterpenen zusammenhängen sollen, oder vielleicht mit

den Sterinen oder Gallensäuren in verwandtschaftlichen Beziehungenstehen.

Nachdem sich nun die Dehydrierungsmethode bei der Konstitutions¬

aufklärung der Sesquiterpene als überaus wertvoll erwiesen hatte,versuchte man diese Methode auch zur Aufklärung des Kohlenstoff¬

gerüstes der Triterpene heran zu ziehen.

Als wichtigstes Dehydrierungsprodukte erhielt man bei allen diesen

Naturkörpern Trimethyl-naphthaline, und zwar 1,2,5- und 1,2,7-Tri-

methyl-naphthalin. Ferner gelang auch bei einigen pentazyklischenTypen die Isolierung eines Kohlenwasserstoffes von der Brutto¬

formel C25H20, dem die Grundstruktur eines Picens zuerteilt

wurde.

Die zwischen Di- und Triterpenen stehende, vorläufig noch nicht

aufgefundene Terpengruppe mit 25 Kohlenstoffatomen, sollte demnach

von einem Chrysengrundriß abgeleitet werden können.

15

Phenanthrentypus Chrysentypus Picentypus \S

Die Ergebnisse der Dehydrierung der Triterpene gestatten eine

Unterteilung derselben in eine Agathalingruppe mit 1,2,5-Trimethyl-

naphthalin (Agathalin), und in eine Sapotalingruppe mit 1,2,7-Tri-

methyl-naphthalin (Sapotalin) als Grundtypus.

\J\/\

Agathalin

\^\/\y

Sapotalin

Aus der Agathalingruppe ist bis jetzt nur ein einziger Vertreter

bekannt, das Squalen, ein aliphatischer Kohlenwasserstoff, der in

größerer Menge im Haifischleberöl vorhanden ist. Das Squalen ist

aber nicht nur seinem Skelett nach mit den Mono- und Sesqui-

terpenen verwandt, sondern auch die Doppelbindungen sind derart

angeordnet, daß das Squalen nach den für die einfacheren Terpene

geltenden Gesetzmäßigkeiten durch Behandeln mit starken Säuren

das Tetracyclo-squalen, ein zyklisches Isomeres bildet.

Tetracyclo-squalen.

Einmal stimmt der Bau der Ringe A und B mit dem oberen Teile

der Molekel der meisten Triterpene überein. Ferner liefert die

16

Dehydrierung des Tetracyclo-squalens unter Sprengung des Mole¬

küls genau in der Mitte das 1,2,5-Trimethyl-naphthalin. Dieser

Kohlenwasserstoff wurde auch bei der Dehydrierung des Vitamins A

mit Selen erhalten1.

Höhermolekulare Dehydrierungsprodukte, wie methylierte Di-

naphthyläthane oder gar Picen, deren Bildung ja durchaus möglichwären und das ganze Grundskelett des Tetracyclo-squalens wider¬

spiegeln würden, konnten bisher nicht gefaßt werden.

Bei allen anderen nach der Selenmethode dehydrierten Triterpenenwurde dagegen das 1,2,7-Trimethyl-naphthalin (Sapotalin) erhalten,und neben verschiedenen anderen Produkten konnte in den meisten

Fällen, wie schon erwähnt, auch noch ein Kohlenwasserstoff isoliert

werden, der die Eigenschaften eines Trimethyl-picens aufweist.

Auffallend ist, daß fast alle mit Selen dehydrierten Triterpene in

der Hauptsache das gleiche Resultat ergeben haben, also wohl das

gleiche oder doch nur wenig voneinander abweichende Kohlenstoff¬

gerüste aufweisen werden. Diese Tatsache ist bemerkenswert, da eine

so große Mannigfaltigkeit in den Kohlenstoffgerüsten der Diterpen-reihe festgestellt worden ist.

In der Gruppe der Triterpene werden eine große Reihe von Sub¬

stanzen zusammengefaßt, die, wie schon erwähnt, auf Grund der Er¬

gebnisse der Selendehydrierung im wesentlichen denselben chemischen

Grundriß aufweisen müssen. Es sind dies Naturkörper, die mit

Ausnahme des im Fischleberöl vorkommenden aliphatischen Kohlen¬wasserstoffes Squalen ausschließlich im Pflanzenreich aufgefundenwerden. Sie lassen sich weiterhin nach der Art ihres Vorkommens

in der Natur unterscheiden in solche, die frei in der Pflanze auf¬

treten und andere, die an Zucker als Glukoside gebunden sind.

Zur ersten Gruppe gehören einmal die Triterpenalkohole Betulin,aus der Birkenrinde, die in den meisten Milchsaft führenden Pflanzen

enthaltenen Amyrine und Lupeol, ferner die Reihe der Harzsäuren,wie die Boswellinsäure aus Weihrauchharz, die Elemisäuren aus

Manila-Elemiharz, die Sia- und Suma-resinolsäuren aus Siam- bzw.

Sumatrabenzoe und schließlich die weit verbreitete Ursolsäure.

Die erwähnten Glukoside sind schon lange unter dem Namen

Saponine bekannt, eine Bezeichnung, die ihnen auf Grund ihrer

1In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, daß auch Agathendisäure, ein

Vertreter der Diterpenreihe, neben Pimanthren, 1, 2, 5-Trimethyl-naphthalin liefert.

17

charakteristischen Fähigkeit, mit Wasser ähnlich den Seifen einen

dauerhaften Schaum zu liefern, gegeben wurde. Sie vermögen noch

in großer Verdünnung Blutkörperchen aufzulösen. Diese besonders

hervortretende Hämolysewirkung wird durch Cholesterin und andere

Sterine durch Komplexbildung wieder aufgehoben. Parallel zur

Intensität der Hämolyse der verschiedenen Saponine läuft die Reiz¬

wirkung auf Auge und Geschmacksempfindung, sowie die toxische

Wirkung auf Fische.

Saponine sind in über 60 Pflanzenfamilien nachgewiesen worden.

Doch ist der Gehalt an diesen Stoffen in den Pflanzen sehr ver¬

schieden. Manche Vertreter enthalten in fast allen ihren Teilen

Saponine, während bei anderen das Vorkommen im wesentlichen auf

Blätter, Stengel, Früchte oder Wurzeln beschränkt ist. Bei der

hydrolytischen Spaltung der Saponine werden neben verschiedenen

Zuckerarten, wie Galactose, d-Glucose, 1-Arabinose, Rhamnose usw.,

die zuckerfreien Aglukone, die Sapogenine, erhalten, die auch in freiem

Zustand in verschiedenen Pflanzen aufgefunden werden. Die Ein¬

gangs erwähnte Unterteilung in frei vorkommende und glukosidisch

gebundene Triterpene ist somit nur rein schematisch haltbar, wie

auch eine große Zahl verschiedener Saponine auf ein und dasselbe

Aglukon zurückgeführt werden können.

Folgende Saponine bzw. Sapogenine, deren Aglukone bei der

Dehydrierung mit Selen Sapotalin liefern, sind bis jetzt bekannt

geworden :

Ascin bzw. Ascigenin aus der Roßkastanie Aesculuc hippocastanum.

Camelia-saponin bzw. -sapogenin aus Camelia japonica.

Cyclatnin bzw. Cyclamiretin aus dem Alpenveilchen Cyclamen

europaeum.

Glycyrrhizin bzw. Glycyrrhetin aus der Süßholzwurzel Glycyrrhiza

glabra.

Gypsophila-saponin (Albsaponin, Saponalbin) bzw. Gypsogenin, das

in der Seifenwurzel Gypsophila arrostii und panniculata vor¬

kommt.

Quillaja-saponin bzw. Quillajasäure aus Quillaja saponaria.

Oleanolsäure, die zu den verbreitesten Sapogeninen zählt und in

zahlreichen Pflanzen als Glukosid wie auch in freier Form

angetroffen wird; so in Olivenblättern, in der Zuckerrübe als

Ehmann. 2

18

Rübensaponin, in Gewürznelken, in Viskumarten als Viskutn-

säure, in der Guajakrinde, in Panax repens (Panax-sapogenin)und in Aralia-Arten vergesellschaftet mit Hederagenin.

Hederin (Aralin, Sapindus- oder Kalosaponin), dessen Vorkommen

für die Gruppe der Araliaceen wie Efeu fiedera helix, Aralia

japonica, Kalopanax ricinifolius und Sapindusarten wie Seifen¬

nuß Sapindus mukerossi charakteristisch ist, liefert bei der

sauren Hydrolyse Hederagenin (Sapindus- oder Kalosaponin).

Terpene mit 35 Kohlenstoffatomen sind in der Natur nicht

aufgefunden worden, dagegen einige wohl charakterisierte Vertreter

der nächst höheren und gleichzeitig höchsten bisher bekannt ge¬

wordenen Gruppe von Terpenen mit sicher ermittelter Molekular¬

größe. Die wichtigsten natürlichen Polyenfarbstoffe, das Carotin,das Xanthophyll und Lutein, die im Pflanzenreich so verbreiteten

Verbindungen mit 40 Kohlenstoffatomen im Molekül, ferner

der rote Farbstoff der Tomate, das dem Carotin isomere Lycopinund verschiedene andere Pflanzenpigmente gehören in diese Reihe.

/ /X

\//\

\/l /

Lycopin /S-Carotin.

Die Farbe dieser Verbindungen ist auf die lange Reihe kon¬

jugierter Doppelbindungen zurückzuführen. Typisch ist sowohl beim

Carotin wie beim Lycopin die Zusammensetzung aus zwei sym¬

metrischen Hälften, analog dem Squalen. Was den äußersten Teil

des Moleküls anbetrifft, so stehen Carotin und Lycopin zueinander

im gleichen Verhältnis wie Geraniol zu ß-Jonon, oder wie Phytolzu Vitamin A. Die aus Analogiegründen mit den einfacheren Terpen-verbindungen denkbare Umwandlung von Lycopin in Carotin oder

in ein noch stärker zyklisiertes Gebilde ist bisher, bei der großenEmpfindlichkeit dieser Körper gegenüber Säuren, nicht durchführbar.

19

Der Pflanze aber, die unter wesentlich milderen Bedingungen arbeitet,

wird dies durchaus möglich sein.

Den Abschluß der Reihe derTerpene bildet als höchstes bekanntes

Glied der Kautschuk, der ebenfalls aus einer regelmäßigen Isopren¬

kette besteht, dessen Molekülgröße bis jetzt aber nur annähernd

bekannt ist, sicher jedoch sehr groß sein muß.

....(-C=C-C=C-)X....

Untersuchungen über das Hederagenin.

Vorkommen und Eigenschaften des tiederagenins.

Hederagenin wurde erstmals von van der Haar1 aus dem, in

Efeublättern (Hedera helix) enthaltenen Saponin, Hederin rein dar¬

gestellt. Das Glukosid spaltet bei saurer Hydrolyse je ein Mol

Arabinose und Rhamnose ab und liefert das kristalline, bei 331°

schmelzende Hederagenin. Später wurde von W.A.Jacobs2 die

Identität des Hederagenins mit dem aus Seifennüssen (Sapindus

mukerossi) gewonnenen Sapindus-sapogenin festgestellt. Die Seifen¬

nüsse bilden bis heute wohl die leichtest zugängliche Quelle zur

Darstellung größerer Mengen von Hederagenin. Desgleichen stimmt

auch das Kalo-sapogenin aus Kalopanax ricinifolius3 in allen

Eigenschaften mit Hederagenin überein. Wahrscheinlich ist Hedera¬

genin in der Natur viel weiter verbreitet als bis anhin festgestellt

wurde.

Hederagenin ist eine Dioxy - monocarbonsäure. Die Carboxyl-

gruppe läßt sich in alkoholischer Lösung glatt titrieren. Die Alkali¬

salze des Hederagenins sind in Wasser nicht löslich, was die Un¬

löslichkeit des Sapogenins trotz der Carboxylgruppe erklärt. Die

Veresterung der Carboxylgruppe bietet keine Schwierigkeiten, man

erhält beispielsweise:

Hederagenin-methylester Fp. 238° und

Hederagenin-äthylester Fp. 190°.

1 Arch. Pharm. 250, 424 (1912); 251, 632 (1913).* 3. Biol. Chem. 63, 621 (1925).3 M. K o t a k e und K. T a g u c h i, Scient. Pap. Inst. Physical Chem. Res. 18,5 (1932);

Proc. Imp. Acad. Tokyo 8, 12 (1932).

2*

20

Die beiden Hydroxyle sind alkoholischer Natur und liefern mit

Acetanhydrid

fiederagenin-diacetat Fp. 176°.

Als weitere funktionelle Derivate seien erwähnt:

fiederagenin-methylester-diacetat . Fp. 190° und

Hederagenin-äthylester-diacetat . . Fp. 158°.

Herderagenin ist optisch aktiv und besitzt nach A. Winterstein

und Stein1 ein dg° = + 71,4° (in Chloroform-Methylalkohol).Auf Grund des Verlaufs der bekannten Sterin-Farbreaktionen (nach

Salkovski, Liebermann-Burchard usw.), sowie des Verhaltens

bei der Zinkstaubdestillation im Wasserstoffstrom, wurde das

Hederagenin schon von van der Haar2 den pflanzlichen Sterinen

zugeordnet, bzw. in naher Verwandtschaft mit jener Körperklassevermutet.

Die Bruttoformel des Hederagenins.

E. Winterstein und H. Blau8 stellten seinerzeit für das aus

Sapindus Mukorossi dargestellte Sapogenin die Formel C18H2803 auf.

Auf Grund von Brombestimmungen an einem Monobromderivat des

Sapogenins aus Sapindus Mukorossi gelangten A. Winterstein

und 3. Meyer* zu einem wesentlich höheren Molekulargewicht (480)als die erstere Formel verlangen würde. Sie postulierten die

Formel C81H5004 in Übereinstimmung mit den Untersuchungen von

W. A. Jacobs5 über das Sapogenin aus Sapindus saponaria L.

Dieselbe Bruttoformel wurde schon vor längerer Zeit von A.W. van

der Haar6, sowie von van der Haar und Tamburello' für das

aus Efeu (Hedera helix) dargestellte Hederagenin vorgeschlagen.Hederagenin wäre somit im Gegensatz zu anderen Vertretern der

Triterpenreihe, bei denen 30 C-Atome die Regel darstellen, die

einzige Verbindung mit 31 C-Atomen. Es ist natürlich außer¬

ordentlich schwierig durch Elementaranalyse eine zuverlässige Ent-

1 H. 211, 9 (1932).3 B. 55, 1054, 3041 (1922).3 Z. physiol. Chem. 75, 410 (1911).4 Z. physiol. Chem. 199, 37 (1931).6 3. biol. Chem. 63, 621 (1925).6 Arch. Pharm. 250, 430 (1912).7

B. 54, 3151 (1921).

21

Scheidung zu treffen, da die für die in Betracht kommenden Formeln

berechneten Werte für Kohlenstoff und Wasserstoff meist innerhalb

der Fehlergrenze der Analysenmethode liegen. So beträgt der

Unterschied der berechneten C-Werte von C80 auf C3l 0,27 und für

Wasserstoff 0,12%. Dagegen sind die Molekulargewichte um

14,0 Einheiten verschieden, so daß die Titration einen zuverlässigen

Entscheid zwischen den homologen Formeln erlauben sollte.

Die von M. Furter ausgeführten Analysen ergaben Werte, die

innerhalb folgender Grenzen schwankten:

C 76,43-76,44, H 10,30-10,46 °/0 und

Molekulargewicht: 479,8-485,5.

CaoHisOi. Ber.: C 76,21; H 10,24°/0; Molekulargewicht: 472,4.

C81H60O4. Ber.: C 76,48; H 10,36°/0; Molekulargewicht: 486,4.

Nach neueren Untersuchungen von A.Winterstein und G.Stein1

dagegen ist Hederagenin als eine Dioxy - triterpensäure C30H4804

anzusprechen. Die Verfasser stützen diese um ein Kohlenstoff

ärmere Formel einmal durch Elementaranalyse und Äquivalent¬

gewichtsbestimmungen, und ferner durch die auffällige Tatsache,

daß Oleanolsäure, welche eindeutig 30 Kohlenstoffatome besitzt, mit

Hederagenin in Aralia japonica vergesellschaftet aufgefunden wurde.

Dieses Ergebnis ist um so mehr zu begrüßen, als damit Hederagenin

seine Ausnahmestellung verlieren würde und sich zwangslos in die

Reihe der übrigen bekannten Triterpene einfügen läßt.

Die Anzahl der Doppelbindungen.

Nachdem nun die Bruttoformel des Hederagenins, ob 30 oder

31 Kohlenstoffatome, noch nicht eindeutig entschieden ist, erhebt

sich neben der Frage nach dem Kohlenstoffgerüst in erster Linie

die nach der Zahl der im Molekül anwesenden Kohlenstoffringe

bzw. Doppelbindungen. Die Prüfung des Sättigungszustandes kann

nach verschiedenen Methoden erfolgen, einmal durch katalytische

Hydrierung, durch die Ozonidbildung, durch Einwirkung von Benzo¬

persäure, durch Bestimmung der Molekular-Refraktion, durch die

Gelbfärbung mittels Tetranitromethan und durch Darstellung der

1 Z. physiol. Chem. 211, 8 (1932).

22

Bromlaktone nach Winterstein. Dabei ist aber zu beachten, daß

das Versagen der einen Reaktion kein sicherer Beweis für das

Fehlen von Doppelbindungen ist.

So ist im Fall des Amyrins auch unter ganz energischen Be¬

dingungen keine Hydrierung zu erzwingen, obgleich beim Behandeln

mit Ozon Ozonide erhalten werden, mit Benzopersäure Sauerstoff

verbraucht und mit Tetranitromethan eine deutliche Gelbfärbungbeobachtet wird1.

Nach Untersuchungen von A. W. van der Haar2, W.A. Jacobs3

und A. Winterstein und W. Wiegand4 scheint fiederagenin gegen¬über katalytisch erregtem Wasserstoff indifferent zu sein. Es verhält

sich in dieser Hinsicht analog wie das eben erwähnte Amyrin, die

Siaresinolsäure, die Sumaresinolsäure und die Oleanolsäure.

Aus Hederagenin, sowie aus den soeben angeführten Triterpenenerhält man durch Einwirkung von Ozon Ozonide, deren Analyseauf eine Aufnahme von 3—5 Mol Ozon hinweist, die aber durch¬

wegs halogenhaltig sind, so daß der diagnostische Wert dieser

Methode ein wenig zweifelhaft erscheint. Ferner gestattet der Sauer¬

stoffgehalt der Ozoneinwirkungsprodukte keine Rückschlüsse auf

die Zahl der Kohlenstoffdoppelbindungen. Man kann beispielsweisean das einfach ungesättigte Cholesterin nach Fürth und Felsen¬

reich8 bis 4 Mol Ozon anlagern und die zweifach ungesättigtenHarzsäuren Abietinsäure6und Dextro-primarsäure7 liefern Additions¬

produkte von 3 Mol Ozon.

Hederagenin selbst war infolge seiner Schwerlöslichkeit in ozon¬

beständigen Lösungsmitteln, wie Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff,Äthylbromid, Essigester, Eisessig und dergleichen mehr, für diese

Versuche ungeeignet.Durch andauernde Einwirkung eines ozonhaltigen Sauerstoffstromes

auf Hederagenin-methylester in Chloroform oder Äthylbromid erhielt

man ein flockiges Ozonid, das auch nach monatelangem Trocknen

1Ruzicka und Mitarbeiter, A. 471, 21 (1929).

2Arch. Pharm. 252, 421 (1914); R. 44, 770 (1925).

3 3. of biol. Chem. 88, 153 (1930).4

Z. physiol. Chem. 199, 47 (1931).5 Bio. Ch. Z. 69, 416 (1915).6 Helv. 6, 685 (1923).' Helv. 5, 331 (1922).

23

im Hochvakuum nicht halogenfrei zu erhalten war. Die Analysen

zeigten einen Chlorgehalt von 17—18%-

Dieselben Erscheinungen waren auch bei der Ozonisation der

Siaresinolsäure1, des Betulins3 und des Amyrins3 zutage getreten,

wo der Chlorgehalt zwischen 12 und 14% schwankte. Ob dieser

Halogengehalt nur auf absorbiertes Lösungsmittel4 oder ob vielleicht

das Lösungsmittel selbst durch Einwirkung von Ozon Halogen ab¬

spaltet, und dieses dann ebenfalls in Reaktion tritt, ist zur Zeit

noch nicht aufgeklärt. Es scheint überhaupt, daß die Ozonide

zwecks Erfassung der Zahl der Doppelbindungen bei den Triterpenen

nicht in Frage kommen.

Als weiteres Kriterium, für das Vorhandensein einer aktiven

Doppelbindung bei den Triterpenen, ist die Titration mit Benzoper¬

säure herangezogen worden. Es ist aber wie bei den Ozoniden

zu beachten, daß die Zahl der aufgenommenen Sauerstoffatome

keineswegs der Zahl der Kohlenstoffdoppelbindungen äquivalent zu

sein braucht. So wurde von Ruzicka und Frank5 beim Dihydro-

dextro-primarsäure-rnethylester mit überschüssiger Benzopersäure

die Sauerstoffzahl 2 statt 1, wie zu erwarten war, festgestellt. Sie

konnten das zugehörige Dioxyd nicht isolieren, erhielten aber eine

isomere Dextro-pimarsäure. Offenbar ist dies der dehydrierenden

Wirkung der Benzopersäure zuzuschreiben, da Wind au s und

Lüttringhaus6 beim Ergostenol-acetat und dem „Dihydro-

ergosterin I" ebenfalls die entsprechenden Dehydroprodukte aus

dem Reaktionsgemisch isolieren konnten. In analoger Weise ließ

sich beim a-Amyrilen, das auch 2 Sauerstoffatome aufnahm,

nur ein Monoxyd isolieren'. Diese eigenartigen Resultate ver¬

mindern die Aussichten, in der Benzopersäure über ein allgemein

und gleichmäßig anwendbares Reagens in der Polyterpenreihe zu

verfügen. Es ist aus diesen Gründen ratsam, bei einem Verbrauch

1R. Egli, Ober die Siaresinolsäure, Diss. E. T. H. 1932, S. 20.

2 H. Brüngger, Über das Betulin, Diss. E. T. H, 1932, S. 18.

3Ruzicka, Huyser, Pfeiffer und Seidel, A. 471, 23 (1929).

4Beim Betulin-ozonid gelang es, den Halogengehalt von 13,11 °/0 Chlor durch

intensives Trocknen im Hochvakuum auf 1,69 °/0 herunter zu drücken.

5 Helv. 15, 1294 (1932).6 A. 481, 119 (1930).1 Ruzicka, Silbermann und Pieth, Helv. 15, 1285 (1932).

24

von über einem Sauerstoffatom, die Versuche nur noch qualitativzu deuten.

Es gelang A. Winterstein und G.Stein1 nach 200stündigerEinwirkungsdauer von Benzopersäure die Aufnahme von 1 Atom

Sauerstoff zu erzwingen. Wesentlich leichter dagegen verlief die

Benzopersäuretitration beim Diacetylhederabetulin2, welches schon

nach 15 Stunden die für eine Doppelbindung berechnete MengeSauerstoff aufnahm. Die Doppelbindung im Hederagenin wurde

somit durch die Kohlensäure-Abspaltung wesentlich reaktionsfähiger,was auch in der relativ leichten Hydrierbarkeit des Hederabetulins

deutlich zum Ausdruck kam.

Zur weiteren Aufklärung des Sättigungzustandes, beziehungsweiseder Ringzahl des Hederagenins, wurde auch die Ermittlung der

Molekular-Refraktion herangezogen. Man kennt in der Literatur

zahlreiche Verbindungen, deren Kohlenstoffdoppelbindungen gegen

katalytisch erregten Wasserstoff oder gegen Benz"opersäure reaktions¬

träge sind, die aber mittels der Molekular-Refraktion die Doppel¬bindung ebenso deutlich wie bei reaktionsfähigen Verbindungenerkennen lassen. Es erhebt sich die Frage, ob bei der Molekular-

Refraktion solcher Triterpene die als Doppelbindung gedeutetenExaltationen nicht etwa durch das besondere unbekannte poly¬zyklische System verursacht sein könnten. Es sind bisher noch

keine Fälle bekannt geworden, wo die Molekular-Refraktion poly¬zyklischer Kohlenstoffverbindungen, wenn nicht gerade aromatische

oder sonst besonders kumulierte Doppelbindungen anwesend sind,eine besonders starke Exaltation aufweisen würden. So wurde von

Tschugaeff3 beim Cholesterin und von Ruzicka und Rudolph4beim Cholatriensäureester, die höchstgliedrigen bisher untersuchten

Ringsysteme, eine auf vier Ringe hinweisende, also normale Mole¬

kular-Refraktion festgestellt.Für die Bestimmung der Dichte und des Brechungsindex kam

Hederagenin selbst, des hohen Schmelzpunktes wegen, nicht in Frage.

1Z. physiol. Chem. 199, 75 (1931).

s

Neuerdings haben A. Winterstein und G. Stein, Z. physiol. Chem. 211,10 (1932), für das dekarboxylierte Hederagenin den Namen Hederagenol vor¬

geschlagen.3 A. 385, 352 (1911).4A. 471, 39 (1929).

25

Es mußte deshalb nach Derivaten gesucht werden, deren Schmelz¬

punkt innerhalb des experimentell möglichen Temperaturbereichs fiel,

und deren Beständigkeit bei der üntersuchungstemperatur durchaus

sichergestellt war. Zur Untersuchung kamen erstens der schon von

van der Haar1 dargestellte Diacetyl-hederagenin-äthylester

(Fp.l50°) und zweitens das von A. Winterstein und G. Stein2 erst¬

mals beschriebene Dihydro-hederabetulin-diacetat (Fp. 133,5

bis 134,5°). Die gefundenen Werte der Molekular-Refraktion sind

in folgender Tabelle zum Vergleich gegen die berechneten Werte

zusammengestellt:

Diacetyl-hederagenin-äthylester. Temperatur 158,5°.

Molekular-Refraktion für C^kAi =ber.: 160,21. EMD +1,41.

„QeHaeOell „ 161,94. EMD - 0,32.

gef.: 161,62.

Molekular-Refraktion für C37rl5806 =ber.: 164,82. EMD +1,06.

„C3,ti580611 „

166,55. EMD -0,67.

gef.: 165,49.

Dihydro-hederabetulin-diacetat. Temperatur 144,7°.

Molekular-Refraktion für Ca3rl640i J>er.: 146,82. EMD +0,14.

„C33H54O4 |l „ 148,55. EMD - 1,59.

gef.: 146,96.

Molekular-Refraktion für C34H6604 =ber.: 151,53. EMD -0,58.

„C34H6604|l „

153,26. EMD -2,31.

gef.: 150,95.

Die obige Zusammenstellung der berechneten und gefundenen

Molekular-Refraktionen für Diacetyl-hederagenin-äthylester und für

Dihydro-hederabetulin-diacetat zeigt die gute Übereinstimmung mit

den von einem Cg0-Grundskelett abgeleiteten Werten.

Somit würde Hederagenin in Obereinstimmung mit neueren Be¬

funden A. Wintersteins die Bruttoformel C30rl48O4 besitzen, ferner

pentazyklische Struktur und eine Doppelbindung in der Molekel

aufweisen.

1 B. 54, 3418 (1921).s Z. physiol. Chem. 199, 75 (1931).

26

Für die ungesättigte Natur des Hederagenins, also für das Vor¬handensein von mindestens einer Doppelbindung, konnte außer der

Molekular-Refraktion noch ein weiterer Anhaltspunkt erhalten werden,nämlich die Gelbfärbung, welche das Hederagenin in Chloroform¬

lösung mit Tetranitromethan zeigt. Es gibt wohl Kohlenstoffdoppel¬bindungen, z. B. solche a-/?-ungesättigter Fettsäuren, Ketone oder

Aldehyde, welche mit Tetranitromethan keine Gelbfärbung geben.Umgekehrt hat man aber bisher noch keinen Fall beobachtet, beidem eine organische Verbindung ohne Doppelbindung Gelbfärbunggeben würde. Dagegen ist nach Untersuchungen von Ruzicka fest¬

gestellt worden, daß Verbindungen, bei denen die Anwesenheit

reaktionsträger Doppelbindungen sichergestellt ist, überraschender¬weise mit Tetranitromethan in Chloroform Gelbfärbungen zeigen,die ebenso deutlich zutage treten wie bei Verbindungen mit reaktions¬

fähigen Doppelbindungen. Der positive Ausfall der Reaktion mitTetranitromethan ist somit immer auf die Anwesenheit einer Kohlen¬

stoffdoppelbindung zurückzuführen, während der Ausfall der Gelb¬färbung keine Deutung zuläßt1.

Eindeutig und präparativ konnten schließlich A. Wintersteinund W. Wiegand2 den ungesättigten Charakter des Hederageninsdurch die Darstellung des Bromlactons nachweisen, in welchemdie Kohlenstoffdoppelbindung durch eine Bromatom- und eine Lacton-

bindung abgesättigt wird. Die genannten Autoren konnten zeigen,daß sich die Sapogeninsäuren, z. B. Hederagenin und Oleanolsäure,wie auch Sia- und Sumaresinolsäure, in Methylalkohol bequembromieren lassen, und zwar unter Bildung eines Lactonringes.Im Vergleich zu den Bougaultschen Jodlactonen ist dieserReaktionsverlauf durchaus verständlich,« und läßt darüber hinaus

zugleich einen Teil der Konstitution des Hederagenins erkennen,wonach in demselben eine ß,y- oder y, <5-ungesättigte Karbon¬säure vorliegt.

Diese Annahme wurde noch wesentlich gestützt dadurch, daß

Hederagenin selbst durch Einwirkung starker Säuren ebenfalls eineneutrale Verbindung, das Hederageninlacton, lieferte, welche alsodieselbe Bruttoformel wie das Ausgangsmaterial besitzt.

1

Vergleiche die Zusammenstellung von Ruzicka, Huyser, Pfeiffer undSeidel, A. 471, 25— 26 (1929).

3 Z. physiol. Chem. 199, 46 (1931).

27

Unter der Annahme einer ß, y -Stellung der Doppelbindung zur

Carboxylgmppe, formulierten A. Winterstein und Mitarbeiter1 die

Lactonbildung folgendermaßen:

c—c—c;

Br

* /

\

-c=o

xc—c—cy\

-c=o

Monobrom - hederagenin -

lacton

Hederagenin-lacton.

Dagegen wurde von Z. Kitasato und C. Sone2 bei derBromierung

von Hederagenin-methylester in Methylalkohol keine Lactonbildung

beobachtet; sie erhielten Monobrom-hederagenin-methylester. Die

Ringbildung tritt aber wieder beim Arbeiten in verdünnter Essig¬

säure in Erscheinung, wobei unter Verseifung der Methoxy-Gruppe

neben Monobrom-dehydro-hederagenin-lacton auch ein Dibrotn-

hederagenin - lacton gebildet wurde. Das Bromatom in den Ver¬

bindungen aus Methyl-hederagenin erwies sich gegen Alkalien oder

gegen Reduktion als bedeutend resistenter als das Bromatom in

Monobrom-hederagenin-lacton, und zwar offenbar deshalb, weil

das Bromatom bei den erstgenannten Verbindungen an einer Doppel¬

bindung liegt. Folgendes, von Kitasato aufgestelltes Schema,

möge das soeben gesagte erläutern:

! I

-CH =CH-C— C—

1 IHO —C=0

Hederagenin

-CHBr—CH(OH) —C—C—' I

HO —C=0

I I

-H,o -CHBr—CH—C—C--J-> ! ! I

0- -c=o

Monobromlacton

1 C. r. 139, 864 (1904); 143, 398 (1906).2 Acta Phytochimica 6, 180 (1932).

28

1— CH= Crl — C-

!

1

-c—

|+ Bi•,+H,0

-

I 1

-CHBr—CrI(OH)-C—C-i i

CH30--c=o CHsO—O=0

Methyl - hederagenin

—CBr=CH-1 1

-c-c-1 1

+ Br2+H!C) —CBr(Br)--CH(OH)-I

-C-i

1-c

1

-H,0>

CH30—C=0 Crl30—C=0

Monobrom - hederagenin - methylester

-ch3oh —CBr(Br)—CH —C—C— _HBr —CBr=C—C—C-—> I 1 I > I 1 I

0 c=o 0 c=o

Dibrom - lacton Monobrom - dehydro - hederagenin -

lacton.

Durch Einwirkung von Zinkstaub-Eisessig wurde aus Monobrom-

hederagenin-lacton wieder Hederagenin regeneriert. Dagegen konnte

mittelst methylalkoholischer Kalilauge eine neue bromfreie Säure,sowie deren Methylester, erhalten werden, die offenbar, in Analogiezu den Bougaultschen Beobachtungen an den Jodlactonen, eine

y-Ketosäure bzw. deren Methylester darstellt.

1 1— CH2-CO—C—C—

1 1

1 1— CH,—CO—C—C—

1 1

CH30-C=0 HO—C=0

Keto - hederagenin - methylester y- Keto - hederagenin.

Schließlich konnte durch vorsichtige Oxydation von Diacetyl-hederagenin mit Chromsäure ein &-Keto-y-lacton, «5-Keto-diacetyl-hederagenin-y-lacton, erhalten werden, wodurch die Annahme der

7, (5-Stellung der Kohlenstoffdoppelbindung zur Carboxylgruppeweiterhin bestätigt werden konnte. Nach Kitasato verläuft die

Oxydation in der Weise, daß vorerst die —CH = CH—Gruppe in

—CH(OH)—CH(OH)— verwandelt wird, woraus unter Wasseraustrittan der y-Stelle und an der Carboxylgruppe ein <5-0xy- y -lacton

gebildet wird, dessen (5-Oxygruppe weiter zum Carbonyl oxydiertwird. Der Reaktionsverlauf sei durch das folgende Schema ver-

29

anschaulicht und kann ferner bequem mit der Bromlacton-Bildung

verglichen werden:

ll II

—CH=CH— C— C——Cti(OH)— CH(OH) —C—C—

, j V! |

HO—C=0 HO—C=0

—CH(OH)—CH—C-C— -CO—CH—C—C—

* I i I + j i |O C=0 0 C=0

—CH=CH —C—C— -CHBr-CH(OH)—C—C— —CHBr—CH-C—C—1 I

' ! > I ' I

HO —C=0 HO—C=0 0 C=0

Daß die Ketogruppe wirklich in ô-Stellung, bzw. die Doppel¬

bindung in /, d-Stellung zur Carboxylgruppe stehen muß, ergibt

sich weiter aus der für solche <3-Ketone charakteristischen Beständig¬

keit gegen Alkalien, und durch die Bildung eines Monobromderivates,

dessen Bromatom nach der Auffassung von Kitasato f-Stellung

zugewiesen wird.

Die Oxydation des Hederagenins.

Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis der Feinstruktur des Hedera¬

genins wurde von W. A.Jacobs und Mitarbeitern1 in einer Reihe

von Untersuchungen über die Oxydationsprodukte des Hederagenin-

methylesters niedergelegt. W.A.Jacobs erhielt durch Einwirkung

eines Gemisches von Chrom- und Schwefelsäure auf Hederagenin-

methylester als Hauptprodukt den Hedragon- methylester (C31H4803)

und ferner unter Kohlensäure-Abspaltung einen Monoketo-dicarbon-

ester C8iH4805. Mittels Kaliumpermanganat in Aceton erhielt er

zwei weitere Abbauprodukte, Hederagon- methylester (CaaH50O4) und

Hederagin-methylester (C82HB00B). Die beiden mit Kaliumperman¬

ganat erhaltenen Oxydationsprodukte konnte er mittels Chromsäure

in Hedragon-methylester überführen.

1 3. biol. Chem. 63, 631 (1925); 69, 641 (1926).

30

Folgende Zusammenstellung möge die von Jacobs aufgefundenenBeziehungen illustrieren:

Hederagenin - methylester(C32H52O1)

KMn04 in Aceton Cr03 in Eisessig

Hederagon-methylester

C32H50O4

Hederagin-methylester

C32H60O5

Hedragon-methylester

C11H48O3

Säure C3lH4805

Aus diesen Oxydationsversuchen hat Jacobs geschlossen, daß die

zwei alkoholischen Hydroxylgruppen im Hederagenin ein 1,3-Glykolbilden müssen; erstens auf Grund der Bildung einer Carbonyl-gruppe aus der sekundären Alkoholgruppe bei der Oxydation mit

Kaliumpermanganat, und zweitens wegen der Oxydation der primärenAlkoholgruppe zur Carboxylgruppe mit demselben Reagens, wobei

ein Mono-oxy-dicarbonsäure-ester, Hederagin-monomethylester,gebildet wird. Durch Oxydation mit Chromsäure und Schwefelsäurewird aber zuerst die primäre Alkoholgruppe zur Carboxylgruppeund die sekundäre zur Carbonylgruppe oxydiert, wobei der Autorals Zwischenstufe eine ß-Ketosäure annimmt, die beim Behandelnmit Chromsäure leicht Kohlendioxyd verliert und in ein KetonC31H4803, Hedragon-methylester übergehen soll.

\/CH

ICH—OH

IC-CH2OH

CH

Ic=o

C—CH2OH

CH

CH-OH

IC —COOH/\

c=o

C^COCVH/Y

c=o

COOH + C02IC/\

\/CH

IC=0 + C02

!CH/\

Die von Jacobs dargestellten Oxydationsprodukte sind alles

Methylester, herrührend von der ursprünglich vorhandenen Ester¬

gruppe, und sind wie Hederagenin-methylester selbst unter gewöhn¬lichen Bedingungen nicht verseifbar. Die Verseifung gelingt erst

31

mit einigermaßen befriedigender Ausbeute beim Erwärmen des

Reaktionsgemisches auf etwa 150°.

Kitasato erhielt beim Behandeln von Monobrom - hederagenin-

lacton mit Beckmannscher Mischung ein Oxydationsprodukt, das

nach dem von Jacobs angenommenen Reaktionsverlauf entstanden

sein muß, denn beim Kochen dieses neutralen, bromhaltigen

Oxydationsproduktes mit Zinkstaub-Eisessig wurde eine bromfreie

Säure erhalten, die nach erfolgter Methylierung mit Diazomethan

mit dem von Jacobs erhaltenen fiedragon-methylester identisch war.

Die schon erwähnte enorm schwere Verseifbarkeit desfiederagenin-

methylesters läßt erkennen, daß die Carboxylgruppe im Hederagenin-

molekül sicher nicht primärer Art ist, sondern daß diese Reaktions¬

trägheit1 bestimmt für sekundäre oder tertiäre Bindung spricht.

Im Hederagenin muß das Kohlenstoffatom in der a- oder ß-Stellung

zur Carboxylgruppe von besonderer Natur sein, so daß eine Art

sterischer Hinderung eintritt. Zur Klärung dieser Frage hat Jacobs

einen orientierenden Versuch angestellt. Er hat nämlich beobachtet,

daß die Estergruppe von dem neuen ß-Keto-ester (C31H4604), welcher

aus Methylhederagenin durch Oxydation mit Chromsäure und

Schwefelsäure, partielle Dehydrierung mit Schwefel und darauf¬

folgende Oxydation mit Kaliumpermanganat gebildet wird, durch

verdünnte Alkalilauge leicht verseifbar ist und die so frei gemachte

Säure mit lOVoigem Alkali leicht Kohlensäure abspaltet. Aus dieser

Tatsache hat er darauf aufmerksam gemacht, daß im Hederagenin-

methylester das Kohlenstoffatom an der ß-Stellung zur Carboxyl¬

gruppe von besonderer Natur ist.

Zur Frage des Kohlenstoffgerüsts des tiederagenins.

Es hat natürlich nicht an Versuchen gefehlt, durch energische

Abbaumethoden, wie sie die Oxydation mit Chromsäure oder Kalium¬

permanganat darstellen, kleinere Bruchstücke des Hederagenin-

Moleküls zu erhalten, deren Aufklärung wesentlich leichter durch¬

zuführen wäre.

1 Es sei in diesem Zusammenhang an die Verhältnisse bei den Diterpensäuren,

z. B. Abietinsäure, erinnert, wo sich die Carboxylgruppen sehr reaktionsträge

verhielten.

32

So wurde versucht durch trockene Destillation oder durch Zink¬

staubdestillation in das Dunkel der Konstitution einzudringen. Die

diesbezüglichen Versuche, die seinerzeit von van der Haar1, Kotake2und Winterstein ausgeführt worden sind, verliefen aber alle

praktisch ergebnislos.

Erst die Dielssche Methode der Selendehydrierung8, welche

mit Erfolg in der Chemie der Gallensäuren und des Cholesterins

angewandt wurde, brachte Klarheit über das Kohlenstoffgerüst des

Hederagenins, sowie der Triterpene überhaupt.

Die Dehydrierung mit Selen hat gegenüber der katalytischenDehydrierung oder der erschöpfenden Bromierung nach Bayer den

Vorteil, daß sie durch quaternäre Kohlenstoffatome nicht gehindertwird. Selen hat Schwefel gegenüber den weiteren Vorteil, daß die

Substanzen weniger verkohlen und daß daher die Ausbeuten an

Dehydrierungsprodukten erheblich gesteigert werden können. Auch

scheint die Gefahr der Bildung neuer Ringschlüsse viel geringerzu sein als beim Schwefel, der beispielsweise o,o'-Ditolyl bei 250°

glatt in Phenanthren überführt.

So wurde von Ruzicka und Huyser4 die Methode der Selen¬

dehydrierung auf das Gemisch der Amyrine angewandt, und mit

van Veen5 auf eine Reihe von zehn weiteren Triterpenen (Sapo-geninen, fiarzalkohole u. a. m.) übertragen, wobei fast ohne Aus¬

nahme vorerst überall derselbe Naphthalinkohlenwasserstoff C18H14erhalten wurde. Dieser Kohlenwasserstoff, der seiner besonderen

Bedeutung wegen Sapotalin getauft wurde, lieferte bei der Oxydationmit Kaliumferricyanid eine Naphthalin-tricarbonsäure, wodurch sich

für den Kohlenwasserstoff die Konstitution eines Trimethylnaph-thalins ergab.

Das Sapotalin, welches durch sein bei 128—129° schmelzendes

orangerotes Pikrat, sein bei 156—157° schmelzendes orangegelbesStyphnat und durch sein hellgelbes, bei 143° schmelzendes Trinitro-

benzolat näher charakterisiert wurde, erwies sich in der Folge als

1 B. 55, 1054 (1922).2

Proc. Imp. Acad. Japan 8, 14 (1932).3 A. 459, 1 (1927); 478, 129 (1930).4 A. 471, 35 (1929).5

Z. physiol. Chem. 184, 69 (1929).

33

identisch mit dem synthetisch dargestellten 1, 2, 7-Trimethyl-

naphthalin.Die sorgfältige Aufarbeitung größerer Mengen des mit Selen er¬

haltenen Dehydrierungsgemisches aus Hederagenin ließ erkennen,

daß das Sapotalin nicht das einzige charakteristische Spaltstück

dieses Naturstoffes darstellt. Es wurden noch weitere fünf Kohlen¬

wasserstoffe, sowie ein sauerstoffhaltiger Körper aufgefunden und

durch geeignete Derivate gekennzeichnet, worüber nachfolgende

Zusammenstellung orientiert:

Brutto¬

formel

Kristallisations¬

wertePikrat Styphnat

Trinitro-

benzolatChinon

Cioflu Kp. ca. 105-115°

(10 mm)

— — — 203-204° (Di-

bromverbindung)

CiaHis 96-97° 136-136,5° 158,5° 151-151,5° 114-115°

Cj3Hi4 Kp. ca. 135-140°

(11 mm)

131° 157° 143° 115-116°

^18*118 126—127° 165° 174° 174° 203-204°

Casiiao 306-307° — —— über 350° Zer¬

setzung

CnHn 245° — — ——

C,3rluO 157° 164° — — 89,5-90°(Methyläther).

Die folgende Aufarbeitungsmethode des Gemisches der Dehy¬

drierungsprodukte bestand zunächst darin, daß man durch wieder¬

holtes Ausziehen mit Äther die darin leichter löslichen Anteile

herausextrahierte. Dieser Extrakt, der ein dunkelbraunes, manchmal

grün fluoreszierendes und sehr unangenehm riechendes öl darstellte,

wurde nun der fraktionierten Destillation unterworfen. Eine scharfe

Trennung war aber keineswegs möglich, und es wurde deshalb nur

ganz roh in tiefer- und höhersiedende Anteile getrennt. Die tiefer¬

siedenden Fraktionen, bis 160° (10 mm), wurden nun zweckmäßiger¬

weise mit methylalkoholischer Pikrinsäurelösung behandelt, wodurch

eine Trennung der pikratbildenden aromatischen Kohlenwasserstoffe

von den nichtpikratfähigen und nicht aromatischen Anteilen erzielt

werden konnte. Das rohe, kristallisierte Pikratgemisch wurde wieder

zerlegt und die erhaltenen pikratbildenden Kohlenwasserstoffe einer

Ehmann. 3

34

sorgfältigen fraktionierten Destillation unterworfen. Eine einwand¬

freie Trennung der homologen Naphthalinkohlenwasserstoffe durch

fraktionierte Destillation war natürlich ausgeschlossen. Die Trennungwurde aber wesentlich erleichtert durch den Umstand, daß sich aus

manchen öligen Fraktionen durch Stehenlassen in der Kälte einzelne

Kohlenwasserstoffe in kristallisierter Form direkt ausschieden und

durch Abnutschen, eventuell nach vorherigem Digerieren mit Hexan,von den amorphen Beimengungen getrennt werden konnten. In

den übrigen Fällen wurden die öligen Fraktionen wieder in die

Pikrate zurückverwandelt und diese einer fraktionierten Kristallisationnach dem Dreieckschema unterworfen. Die Reindarstellung der

Kohlenwasserstoffe nach dieser Methode war natürlich nur mit sehr

schlechten Ausbeuten möglich. Die erhaltenen Spitzenfraktionenwurden nochmals zerlegt, die Kohlenwasserstoffe über Natrium

destilliert, und daraus wieder Pikrat, sowie Styphnat und Trinitro-

benzolat dargestellt, welche dann analysiert und mit synthetischenPräparaten, soweit dies möglich war, verglichen wurden.

Die höhermolekularen Kohlenwasserstoffe konnten aber nicht

nach dieser Pikrat-Methode gewonnen werden, da die Pikrinsäure-

Additionsprodukte zu unbeständig waren. In diesem Fall blieb einzigdie wiederholte fraktionierte Destillation, wobei die innerhalb einigerGrade siedenden Anteile entweder selbst teilweise kristallin er¬

starrten oder durch Anreiben mit einem dazu geeigneten Lösungs¬mittel zum Kristallisieren gebracht werden konnten.

Zur Isolierung der einzelnen Dehydrierungsprodukte ist noch

folgendes zu bemerken:

Den Anstoß zur Entdeckung dieses Kohlenwasserstoffes liefertendie Dehydrierungsergebnisse der Siaresinolsäure1 und des Betulins2,bei welchen das 1,2,3,4-Tetramethyl-benzol erstmalig isoliert werdenkonnte. Zu diesem Zweck wurden alle pikrat- und nicht pikrat-fähigen Vorläufe wieder vereinigt und wiederholt über Natriumdestilliert. Man erhielt eine wasserklare, stark lichtbrechende und

nicht mehr übelriechende Flüssigkeit, aus der schließlich eine zwischen

105—115° (10 mm) siedende Fraktion abgetrennt werden konnte.

1ttelv. 15, 1504 (1932).

2Helv. 15, 1501 (1932).

35

Diese Fraktion lieferte, mit Brom in Methylalkohol verrieben, ein

bei 203—204° schmelzendes Dibromid.

Ob es sich bei dem dazu gehörigen Kohlenwasserstoff um 1,2,3,4-

oder 1,2,3,5-Tetramethyl-benzol handelt, konnte noch nicht ent¬

schieden werden und wird erst durch Oxydation zur entsprechenden

Tetracarbonsäure seine endgültige Aufklärung finden.

Cläri12.

Dieser Kohlenwasserstoff wurde durch längeres Stehenlassen der

bei 130—138° (10 mm) siedenden Fraktion im Kühlschrank aus-

kristallisiert; er konnte aber auch bei sehr vorsichtiger fraktionierter

Destillation direkt kristallin erstarrend erhalten werden. Nach

Schmelzpunkt und Mischprobe war er mindern von Weißgerber

und Kruber beschriebenen 2, 7-Dimethyl-naphthalin1 identisch.

Auch die Pikrate, Styphnate, Trinitrobenzolate und Chinone erwiesen

sich nach Schmelzpunkt und Mischprobe als identisch.

Ci3nu.

Das Sapotalin war der erste Kohlenwasserstoff, der in Form seines

Pikrats aus dem Dehydrierungsgemisch isoliert werden konnte. Er

erwies sich, wie schon erwähnt, als identisch mit dem synthetisch

dargestellten 1,2,7-Trimethyl-naphthalin.Anläßlich der fraktionierten Kristallisation eines rohen Pikrat¬

gemisches [erhalten aus Fraktion 140—150 ° (10 mm)] konnte schlie߬

lich eine Spitzenfraktion erhalten werden, die bei 134 —134,5°

schmolz und deutlicher dunkel gefärbt war wie das normale Sapo-

talinpikrat oder gar wie das synthetische Präparat, dessen Analysen

trotzdem gut auf das Pikrat eines Kohlenwasserstoffes C13H14 stimmten,

welches auch mit Sapotalinpikrat gemischt keine Schmelzpunkts¬

depression zeigte. Es ist wahrscheinlich, daß dieses Pikrat aus

einem Gemisch von viel Sapotalinpikrat mit geringen Mengen des

höheren Homologen besteht. Dieses rote Pikrat deutet besonders

auf die Anwesenheit des Kohlenwasserstoffes CuHle, der aus den

verschiedensten Triterpenen erhalten worden war, dessen Isolierung

beim Hederagenin bisher noch nicht geglückt ist.

1 B. 52, 355 (1919).3*

36

Aus der Fraktion 140—190° (0,15 mm), welche eine rötliche, zäh¬

flüssige, gegen das Ende der Fraktion glasig erstarrende Substanz

darstellte, konnte durch Digerieren mit Hexan eine kristalline Ab¬

scheidung erhalten werden, die nach mehrmaligem Umkristallisierenaus Alkohol konstant bei 126—127° schmolz. Die Analyse deutete

vorerst auf die allgemeine Formel C„H„, die dann durch Mole-

kulargewichtsbestimmung als C18fl18 erkannt wurde, was schlie߬lich auch durch die Analyse des bei 203—204° schmelzendenChinons bekräftigt wurde. Weitere Derivate, wie das Pikrat, das bei165° schmolz, das Styphnat (174°) und das Trinitrobenzolat (174°),waren für die Analyse nicht geeignet, da sie zu große Neigungzeigten, wieder in ihre Komponenten zu zerfallen.

Die Bruttoformel des Kohlenwasserstoffes, sowie die des Chinonsdeuten auf das Vorliegen eines Phenanthren-Kohlenwasserstoffes,und zwar vermutlich eines Tetramethyl-phenanthrens.

Der beim Auskochen des rohen Dehydrierungsproduktes mit

Äther verbleibende Rückstand enthielt in dem durch tangelangesAuskochen mit Äther resultierenden Extrakt ein braunes, voluminöses

Pulver, das durch wiederholtes Umkristallisieren aus Cumol und

Pyridin gereinigt werden konnte. Man erhielt derbe, weiße Platten,deren Elementaranalyse auf die Bruttoformel C2BH20 hinwiesen. Zurweiteren Charakterisierung des Kohlenwasserstoffes konnte aus

diesem durch Oxydation mit Chromsäure ein Chinon erhalten werden,dessen Analyse ebenfalls auf die entsprechende Formel C25H1803hindeuteten.

C13HuO.

Dieses Naphthol wurde mit dem Kohlenwasserstoff C18H18 ver¬

gesellschaftet aufgefunden, von dem es sich durch seine bedeutendschwerere Löslichkeit in Hexan unterschied. Es löste sich glatt in

verdünnter Alkalilauge und konnte daraus durch Ansäuern wiederzurückerhalten werden, wodurch im Verein mit der Elementaranalyseder Phenolcharakter des Sauerstoffatoms eindeutig festgelegt war.

Das sehr zersetzliche dunkelrote Pikrat schmolz zirka bei 164°. Durch

37

Methylieren konnte der entsprechende, bei 89,5—90° schmelzende

Methyläther, und daraus das dazugehörige Trinitrobenzolat (Fp. 145

bis 146°) erhalten werden.

Es lag also in der Substanz wahrscheinlich einTrimethyl-naphthol

vor. Zur Klärung dieses Umstandes wurde eine Zinkstaubdestillation

ausgeführt, wobei ein Kohlenwasserstoff erhalten werden konnte,

der nach Schmelzpunkt und Mischprobe mit dem 1,2,7-Trimethyl-

naphthalin identisch war. Auch die entsprechenden Pikrate und

Trinitrobenzolate erwiesen sich als identisch. Weitere Versuche,

durch Oxydation die Konstitution des Oxy-sapotalins aufzuklären,

verliefen ergebnislos.

Versucht man nun zu erklären, wie eine 30 Kohlenstoffatome

enthaltende, pentazyklische Verbindung, wie sie das Hederagenin

zweifellos darstellt, die eben einzeln besprochenen Dehydrierungs¬

produkte liefern kann, so sei auf den einzigen bisher aufgeklärten

Fall eines Triterpens, das aliphatische Squalen, hingewiesen.

Dem Tetracyclo-squalen, das bei der Behandlung des Squalens

mit Ameisensäure gebildet wird, kommt offenbar die Formel I zu,

woraus mit Leichtigkeit das bei der Dehydrierung entstehende

1,2,5-Trimethyl-naphthalin seine Erklärung findet. Denkt man

sich in der Formel des Tetracyclo-squalens die zwischen beiden

Äthylenbindungen befindliche Lücke ebenfalls geschlossen, so gelangt

man zu einem pentazyklischen System, der ein hydrierter Picenring

zugrunde liegt.

Dieses hydrierte Picengerüst wäre als hypothetisches Kohlen¬

stoffskelett einer Triterpenverbindung durchaus denkbar, zumal es

die logische Fortsetzung des in der Diterpenreihe festgestellten

Phenanthrenringes darstellen würde.

S\/\

A B

\/V/

38

/\/\

\B V

/\/\/\l/NC I D

/\/\

\/

IV /

S\

LY

w\

</w

/\ /\

\/\/x

/v

\/

In den Formeln II—IV sind hypothetische Kohlenstoffgerüste von

Triterpenen wiedergegeben, die sich nur in der veränderten Lageder Methylgruppe am Ringsystem voneinander unterscheiden, deren

Verteilung aber immer unter dem Gesichtspunkt der Aufteilbarkeitin Isoprenreste vorgenommen wird.

Die nähere Betrachtung dieser Formeln läßt ohne weiteres er¬

kennen, daß die Bildung1. von 1,2,3,4-Tetramethyl-benzol aus den Ringen IIB, IIE,

HIB, IVB und IVD denkbar ist; daß

2. 2,7-Dimethyl-naphthalin aus HAB, III AB und IV AB,

39

3. 1,2,7-Trimethyl-naphthalin aus II AB, III AB, IV AB und IV DE,

4. 1,2,5, 6-Tetramethyl-naphthalin, dessen Bildung beim

Hederagenin noch nicht sicher ist, aus II DE, III BC und IV CD

gebildet werden können.

5. Rein schematisch könnte auch aus IVCDE die Bildung eines

Phenanthrens seine Erklärung finden und schließlich

6. durch einfaches Aromatisieren des Grundskeletts die Bildung eines

Trimethyl-picens gedeutet werden.

Experimenteller Teil.

Über die Bereitung des Hederagenins.

Die Gewinnung des Hederagenins erfolgte ausschließlich aus

Seifennüssen (Sapindus saponaria, Sapindus Mukorossi Gärtner,Sapindus Rarak De), welche durch Vermittlung der Firma R.Budden-

sieg (Paris) aus Algier bezogen wurden. Die gelieferten Nüsse waren

teilweise schon aufgeklopft und von den tiefschwarzen, außer-odentlich harten Steinen befreit. Da das Saponin ausschließlichin den Schalen enthalten ist, wurden die Steine von Hand möglichstvollständig heraus gelesen und die verbleibenden, klebrig an¬

zufühlenden Schalen in einem warmen Luftstrom getrocknet. DieSchalen ließen sich nun in einer Kugelmühle zu einem feinenPulver zermahlen. Aus diesem Pulver wurde mit wäßrigem Alkoholdas Saponin extrahiert und dieses ohne vorhergehende Isolierungauf Hederagenin verarbeitet. Die weiteren Einzelheiten der folgendenArbeitsvorschrift wurden den Angaben von W.A.Jacobs1 undA. Winterstein und J. Meyer2 entnommen.

Je 10 kg gemahlene Schalen wurden in eine Lösung von 24 LiterAlkohol (den., 96 % ig) un^ 14,4 Liter Wasser eingerührt, und dann12 Stunden unter Rückfluß gekocht. Man ließ über Nacht stehenund filtrierte anderntags durch große Steinzeugnutschen. DerRückstand auf der Nutsche wurde gut abgepreßt und nochmalsmit der gleichen Menge wäßrigen Alkohols (Mischung wie oben)

1 3. of biol. Chem. 63, 621 (1925).2

Z. physiol. Chem. 199, 40 (1931).

41

10 Stunden ausgekocht. Nach dem Erkalten wurde wieder filtriert

und abgepreßt; das nur noch hellbraun gefärbte Filtrat wurde zur

Extraktion einer neuen Portion Schalen verwendet. Das ausgekochte

Schalenpulver war nun praktisch saponinfrei; eine Probe mit Wasser

angefeuchtet war nicht mehr klebrig anzufühlen, und mit Wasser

aufgeschlämmt und dann mit Luft geschlagen bildete sich kein

Saponinschaum mehr.

Der erste Extakt wurde mit 200 g frisch entwässertem Carboraffin

8 Stunden rückflußgekocht, filtriert und nochmals mit der gleichen

Menge Kohle behandelt. Man erhielt schließlich einen nur noch

schwach hellbraun gefärbten Extrakt, in welchem das Saponin, von

Ballaststoffen weitgehend befreit, enthalten ist.

Zur Hydrolyse des Saponins wurden je 8 Liter des alkoholischen

Extraktes mit 250 ccm konzentrierter Schwefelsäure vermischt und

auf dem Dampfbad zum Sieden erhitzt. Es bildete sich ziemlich

bald eine Gallerte, die beim weiteren Kochen wieder zerkrümelte

und in das körnige Endsapogenin überging. Nach 8 stündigem

Kochen war die Hydrolyse beendet; eine Probe des ausgeschiedenen

Produktes destillierte im Glührohr ohne Verkohlung, war also zucker¬

frei. Das ausgeschiedene Roh-Sapogenin wurde auf der Nutsche mit

heißem Wasser säurefrei gewaschen und im Trockenschrank ge¬

trocknet. Man erhielt ca. 400 g Roh-Hederagenin aus 10 kg Schalen.

Das so gewonnene Hederagenin bildete ein hellbraunes, körniges

Pulver und wurde zur weiteren Reinigung in das Kaliumsalz über¬

geführt. Zu diesem Zweck wurden je 500 g Roh-Hederagenin in

5000 ccm Äthylalkohol (den., 96 °/0 >g) aufgeschwemmt, zum Sieden

erhitzt und bis zur klaren Lösung konzentrierte, wäßrige Kalilauge

zugetropft. Die braune Lösung des Kaliumsalzes wurde mit

Carboraffin entfärbt, und aus der nun klaren, nahezu farblosen

Lösung das Sapogenin mittels konzentrierter Salzsäure gefällt. Man

erhielt ein schneeweißes, feinkristallines Produkt, welches zwischen

300—305° (korr. Berl) schmolz. Aus 10 kg Schalen wurden durch¬

schnittlich 370 g Hederagenin gewonnen1, das in diesem Reinheits¬

grad für die weiteren Untersuchungen und Umsetzungen zur Ver¬

wendung gelangte.

1 A. Winterstein erhält ca. 4,5°/0 Hederagenin. Die Ausbeute schwankt

offenbar mit der Provenienz und Qualität der Seifennüsse.

42

Die Bruttoformel des Hederagenins.Für die Elementaranalyse wurde das Hederagenin insgesamt

fünfzehnmal aus reinem Dioxan1 umkristallisiert. Der Schmelz¬

punkt lag konstant zwischen 312—314° (nicht korrigiert). Die im

Vakuumexsikkator getrocknete Substanz verlor bei 10 stündigemErhitzen auf 115° (12 mm) nur 0,05% ihres Gewichtes, ohne dabei

eine äußere Veränderung zu zeigen. Zur Kontrolle der Elementar¬

analysen wie auch der Molekulargewichtsbestimmung durch Titration

wurden stets solche mit reinster Dextro-pimarsäure ausgeführteBestimmungen dazwischen geschaltet.

Analysen:

Dextro-pimarsäure.

3,078 mg Substanz gaben 8,95 mg C02 und 2,76 mg H20.

C20H30O2. Ber.: C 79,39; H 10,00 VGef.: C 79,30; H 10,03 °/0.

Hederagenin.

3,113 mg Substanz gaben 8,725 mg C02 und 2,91 mg H20.3,293 mg Substanz gaben 9,23 mg C02 und 3,03 mg H20.3,420 mg Substanz gaben 9,585 mg COs und 3,16 mg H20.

C31H50O4. Ber.: C 76,48

C3oH4804. Ber.: C 76,21

Gef.: C 76,44

C 76,44

C 76,43

H 10,36 °/o. Molekulargewicht: 486,4.H 10,24 °/o- Molekulargewicht: 472,4.

H 10,46 VH 10,30 VH 10,34 V

Titrationen.

Infolge der Schwerlöslichkeit des Hederagenins in Alkohol mußtewährend der Titration längere Zeit gekocht werden.

Dextro - pimarsäure 1) 21,075 mg Substanz verbrauchten 3,486 ccm 0,02-n. Kalilauge.Hederagenin .... 1) 39,76 mg Substanz verbrauchten 4,109 ccm 0,02-n. Kalilauge.Hederagenin . . . . 2) 42,91 mg Substanz verbrauchten 4,438 ccm 0,02-n. Kalilauge.Dextro-pimarsäure 2) 24,51 mg Substanz verbrauchten 4,027 ccm 0,02-n. Kalilauge.

Dextro-primarsäure. Gef. Molekulargewicht: 1) 302,2; 2) 304,3.Hederagenin. Gef. Molekulargewicht: 1) 485,5; 2) 483,5.

1

Dargestellt aus technischem Dioxan nach Angaben von E. Eigen berger,3. pr. Chem. 130, 75 (1931).

43

Es wurde noch eine neue Reihe von Titrationen ausgeführt, wobei

die Substanz durch genau 5 Minuten langes Kochen in 15 ccm

Alkohol gelöst wurde. Die Vergleichstitrationen mit Dextro-pimar-

säure wurden genau gleich ausgeführt. Während der Titration

wurde die Lösung dauernd in der Siedehitze gehalten.

Dextro-pimarsäure 1) 25,48 mg Substanz verbrauchten 4,215 ccm 0,02-n Kalilauge.

Hederagenin . . . . 1) 45,22 mg Substanz verbrauchten 4,708 ccm 0,02-n Kalilauge.

Dextro-pimarsäure 2) 26,58 mg Substanz verbrauchten 4,386ccm 0,02-n Kalilauge.

Hederagenin .... 2) 43,24 mg Substanz verbrauchten 4,506 ccm 0,02-n Kalilauge.

Dextro - pimarsäure 3) 26,89 mg Substanz verbrauchten 4,473 ccm 0,02-n Kalilauge.

Hederagenin .... 3) 42,83 mg Substanz verbrauchten 4,440 ccm 0,02-n Kalilauge.

Dextro-pimarsäure 4) 25,28 mg Substanz verbrauchten 4,159 ccm 0,02-n Kalilauge.

Hederagenin .... 4) 44,64 mg Substanz verbrauchten 4,620 ccm 0,02-n Kalilauge.

Hederagenin .... 5) 42,46 mg Substanz verbrauchten 4,392 ccm 0,02-n Kalilauge.

Dextro-pimarsäure 5) 27,43 mg Substanz verbrauchten 4,538 ccm 0,02-n Kalilauge.

Dextro-pimarsäure. Gef. Molekulargewicht: 302,3 303,0 300,6 303,9 302,3.

Hederagenin. Gef. Molekulargewicht: 480,2 479,8 482,2 483,1 483,4.

Molekular - Refraktion.

Zur Messung von Dichte und Berechnungsindex war Hederagenin

selbst nicht geeignet, da sein hoher Schmelzpunkt außerhalb dem

für diese Messungen experimentell möglichen Temperaturbereich

lag. Es wurde deshalb nach einem möglichst tiefschmelzenden

und möglichst einfachen Derivat des Hederagenins gesucht. Die

Wahl fiel auf den Athylester des Hederagenin-diacetats, der

schon von W. van der Haar und A. Tamburello1 dargestellt wurde

und bei 150° schmilzt.

Zur siedenden Lösung von 20 g Hederagenin und 3,5 g Atzkali

in 250 ccm Äthylalkohol wurden 14 g Diäthylsulfat zugefügt. Nach

einer Stunde Kochen unter Rückfluß wurde konzentrierte Kalilauge

bis zur bleibenden stark alkalischen Reaktion zugegeben, filtriert

und erkalten gelassen. Der Hederagenin-äthylester schied sich in

prächtigen, bei 201° schmelzenden Nadeln aus. Nach mehrmaligem

Umkristallisieren aus Äthylalkohol schmolz der Ester konstant

zwischen 207—209°. 15 g des auf diese Weise erhaltenen reinen

1 B. 54, 3148 (1921).

44

Esters wurden mit 250 ccm Acetanhydrid 3 Stunden rückflußgekocht.Das überschüssige Essigsäureanhydrid wurde darauf im Vakuum

abgesaugt, der zähe, klebrige Rückstand in Äthylalkohol aufgenommenund das Lösungsmittel wiederum im Vakuum verdampft. Diese

Operation wurde noch dreimal wiederholt, wonach der Rückstandfrei von Acetanhydrid war und kristallin erstarrte. Der acetylierteEster wurde aus Äthylalkohol umkristallisiert. Es bildeten sichderbe Nadeln, welche scharf bei 155° schmolzen und bei weiteremUmkristallisieren ihren Schmelzpunkt nicht mehr änderten. W. van

der Haar fand den Schmelzpunkt des Hederagenin-äthylester-diacetats bei 150°.

3,187 mg Substanz gaben 8,66 mg COs und 2,77 mg H20.

CsoHseOe. Ber : C 73,92 und H 9,66 VCs,HB8Oa. Ber.: C 74,19 und H9,77°/0.

Gef.: C 74,11 und H 9,73 °/0.

Molekular-Refraktion:

di58,5°= lj0185.

*

nJ58.5°= 1,47521 und n"1,7°= 1,47103.

Temperaturkoeffizient für n = 0,00032 pro 1°.

Für CetWW Ber.: MD = 161,94.

Gef.: MD58'5°= 161,92; EMD=-0,32.

Für C3,H58061. Ber.: MD= 166,55.

Gef.: MD58'5°= 165,49; EMD=+1,06.

Als weiteres tiefschmelzendes, wenn auch schon teilweise ab¬

gebautes Derivat des Hederagenins wurde das von A. Wintersteinund G. Stein1 erhaltene Dihydro-hedrabetulin-diacetat zur

Bestimmung der Molekular-Refraktion herangezogen.Die Darstellung erfolgte nach den von obigen Autoren gegebenen

Vorschriften. Der Schmelzpunkt lag nach mehrmaligem Um¬

kristallisieren aus Äthylalkohol konstant zwischen 133,5—134,5°.

1Z. physiol. Chem. 199, 75 (1931).

45

Molekular-Refraktion:

dj44'7^ 1,0032.

„139,5° ^ 148660 und n{)51'7°= 1,48276.

Temperaturkoeffizient für nD= 0,00032 pro 1°.

Daraus berechnet nj)44'7^ 1,48494.

Für C33H5404. Ber.: MD = 146,82.

Gef.: Md44'70^ 146,96. EMD = +0,14.

Für C31H6604. Ber.: MD = 151,53.

Gef.: Md44'7°= 150,95. EMD = -0,58.

Ozonide des Hederagenin-methytesters.

Da Hederagenin in einem gegen Ozon beständigen Lösungsmittel,wie Wasser, Äthylbromid, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff, Essig¬ester und dergleichen mehr, zu unlöslich war, wurde Hederagenin-

methylester, der in allen Lösungsmitteln wesentlich leichter löslich

ist, ozonisiert.

9 g Hederagenin-methylester wurden in 200 ccm alkoholfreiem

Chloroform gelöst und unter Eiskühlung während 3 Tagen mit einem

6—8°/0igen Ozonstrom behandelt. Nach zirka 24stündiger Versuchs¬

dauer bildete sich in der Umgebung des Einleitungsrohres eine

gelbliche, klebrige Masse, deren Menge langsam zunahm, während

die Chloroformlösung eine starke gelbgrüne Färbung annahm. Das

ausgeschiedene Produkt wurde auf einem Glasgoochtiegel gesammelt,mit wenig reinem Chloroform gewaschen und dann im Exsikkator

über Phosphorpentoxyd, Atzkali und Paraffinschnitzel bei Raum¬

temperatur und 0,1 mm getrocknet. Die Masse blähte im Vakuum

stark auf und verfärbte sich schwach nach bräunlich-gelb, obwohl

der Exsikkator die ganze Zeit über im Dunkeln belassen wurde.

Nach zirka 10 Wochen hatte das Präparat Gewichtskonstanz erreicht.

4,017 mg Substanz gaben 6,86 mg C02 und 1,85 mg H20.

Gef.: C 46,58 und H 5,15°/0.

Eine Probe der Substanz im Reagensglas mit Wasser erwärmt

ergab einen deutlichen Geruch nach Chloroform. Der Chlorgehalt

46

konnte auch deutlich mittels Kalk nachgewiesen werden. Das

Präparat wurde weitere drei Monate im Exsikkator getrocknet.

5,043 mg Substanz gaben 8,64 mg C02 und 2,26 mg ti20.

10,08 mg Substanz gaben 7,005 mg AgCl.

Gef.: C 46,72, H 5,02 und Cl 17,19 °/0.CaiHioO^CU. Ben: C 46,84, ti 5,08 und C! 17,84°/0.

Es wurde auch versucht, Hederagenin-methylester in Tetrachlor¬

kohlenstoff-Lösung der Einwirkung des Ozons zu unterwerfen. Der

Versuch scheiterte aber daran, daß bei 0° ca. 95% des bei 15°

gelösten Esters wieder auskristallisierte und auf diese Weise der

Reaktion entzogen wurde.

Dagegen erwies sich Äthylbromid als gutes, ozonbeständigesLösungsmittel für Hederagenin - methylester. 10 g dieses Esters

wurden in 500 ccm Äthylbromid gelöst und in oben beschriebener

Weise ozonisiert. Das ausgefallene Ozonid war aber nach inten¬

sivstem Trocknen immer noch bromhaltig.

Reduktion des Hederagenin-methylcsters nach

Bouveault- Blanc.

65 g Hederagenin-methylester wurden in 300 g Amylalkohol gelöstund auf einmal zu 50 g Natrium zulaufen gelassen. Unter Ab¬

scheidung einer weißen Masse trat eine nur sehr träge Reaktion ein;das Natrium wurde immer mehr von dieser Ausscheidung umhüllt,wodurch die Reduktion noch mehr verlangsamt wurde. Der Kolbenwurde darauf in ein schon auf 150° vorgewärmtes Ölbad eingetauchtund zur Anregung der Reduktion nochmals 500 ccm Amylalkoholzugegeben. Die ausgeschiedene weiße Masse löste sich dabei ziemlich

rasch wieder auf und unmittelbar darnach setzte eine sehr heftigeWasserstoff-Entwicklung ein. Die Badtemperatur stieg mittlerweile

auf 180° und wurde in dieser Höhe beibehalten. Nach dem Ab¬

flauen der heftigsten Reaktion wurde unter stetem Kochen nach und

nach soviel Amylalkohol zugegeben, bis nach 4 Stunden alles Natrium

gelöst war. Im ganzen wurde 1675 g absoluter Amylalkohol be¬

nötigt. Der Kolbeninhalt wurde noch eine Stunde unter Rückfluß

erhitzt. Darauf wurde das gebildete Natrium-amylat mit 60 g Wasser

47

(geringer Überschuß über die zur Zersetzung theoretisch nötige

Menge Wasser) zerlegt, das vorsichtig durch den Kühler zulaufen

gelassen wurde. Die anfänglich sehr stürmische Reaktion ging dabei

in ein gelindes Sieden über und wurde noch drei Stunden dabei

belassen. Aus dem Reaktionsgemisch wurde nun der Amylalkoholmittels Wasserdampf abgeblasen. Nachdem aller Alkohol entfernt

war, bildeten sich in der verbleibenden Lösung gelblich - weiße

Klumpen. Diese wurden über Glaswolle von der alkalischen Mutter¬

lauge getrennt und im Vakuum bei 100° getrocknet. Zwecks völliger

Verseifung etwa noch vorhandenen Hederagenin-methylesters wurde

der 55,8 g wiegende Rückstand mit einer Lösung von 30 g Ätz¬

natron in 400 ccm Methylalkohol im Autoklaven während 48 Stunden

auf 150—165° erhitzt. Die erhaltene völlig klare Lösung wurde

zur Entfernung des Methylalkohols mit Wasserdampf behandelt.

Es bildete sich wiederum eine weiße krümelige Masse, die auf der

Nutsche gesammelt, mit wenig heißem Wasser gewaschen und

getrocknet wurde.

Der trockene Rückstand wurde nun im Apparat mehrere Tagemit Äther ausgekocht.Aus der Ätherlösung schieden sich nach einiger Zeit geringe

Mengen eines weißen Pulvers aus, das auf einem Filter gesammeltwurde. Das Produkt schmolz zwischen 115—120° unter Bräunung

und wurde seiner geringen Menge wegen nicht weiter untersucht.

Der klare Ätherextrakt hinterließ beim Verdunsten des Lösungs¬mittels einen strohgelben, in der Kälte nahezu erstarrenden Rück¬

stand, der in Petroläther äußerst schwer, in Methyl- und Äthyl¬

alkohol, sowie Benzol wenig, in Chloroform, Aceton und Xylol etwas

besser löslich war. Aus keinem dieser Lösungsmittel gelang es das

Produkt in kristalliner Form zu erhalten, und es wurde deshalb eine

Reinigung durch Destillation versucht. Das Produkt siedete nach Ab¬

trennung eines geringfügigen Vorlaufs zwischen 285—290° (0,2 mm).

Destillationsrückstand war praktisch keiner vorhanden. Das er¬

haltene hellgelbe Destillat erstarrte beim Stehenlassen langsam ohne

zu kristallisieren. Das Produkt wurde zur weiteren Reinigung wieder¬

holt fraktioniert destilliert; die ersten Tropfen, welche jeweils bei

283—285° (0,2 mm) überdestillierten, wurden als Vorlauf abgetrennt

und die Mittelfraktion, Kp. 285—290° (0,2 mm), weiter fraktioniert.

Bei diesem sehr hohen Siedepunkt wurde als Heizbad eine Zinn-

48

Blei-Legierung verwendet. Die Siedepunktsgrenzen selbst konnten

bei dieser Temperatur natürlicherweiser nicht enger gezogen werden.

Die auf diese Weise gereinigte Mittelfraktion wurde nach dem Er¬

starren im Mörser zerrieben und schmolz zwischen 145—148°. Die

Analyse zeigte folgende Werte:

3,797 mg Substanz gaben 10,97 mg C02 und 3,71 mg H20.

C30H6o03. Ber.: C 78,54 und H 10,99 V

C31H5203. Ber.: C 78,74 und H 11,09°/0.

Gef.: C 78,80 und H 10,93 °/0.

Der ätherunlösliche Anteil wurde mit Äthylalkohol unter Rückfluß

gekocht, von Spuren Ungelöstem durch Filtrieren befreit und mit

konzentrierter Salzsäure angesäuert. Es fiel ein gallertartiger Nieder¬

schlag aus, der beim weiteren Kochen kristallin wurde. Nach dem

Erkalten nutschte man den Niederschlag ab und digerierte mehrmals

mit heißem Wasser. Das feinkristalline Pulver schmolz nach dem

Trocknen zwischen 300—310° (unkorr. Berl). Nach zweimaligemUmkristallisieren aus reinem Dioxan stieg der Schmelzpunkt auf

310 —315u (unkorr. Berl). Die Mischprobe mit Hederagenin ließ

keine Depression des Schmelzpunktes erkennen. Aus den Mutter¬

laugen fiel bei weiterem Zusatz verdünnter Salzsäure nochmals eine

Gallerte aus, die aber durch längeres Kochen nicht kristallin er¬

halten werden konnte.

Die Reduktion des Hederagenin-methylesters mit Natrium und

Äthylalkohol verlief ergebnislos: Es wurden 50 g Ester mit 65 g

Natrium in 3000 ccm absolutem Äthylalkohol in der oben be¬

schriebenen Weise zur Reaktion gebracht. Nach dem Zersetzen mit

200 ccm Wasser wurde der Kolbeninhalt im Autoklaven während

60 Stunden auf 160—165° erwärmt, darauf der Äthylalkohol mit

Wasserdampf abgeblasen, der ausgeschiedene, krümelig erstarrende

Klumpen auf der Nutsche gesammelt, gewaschen und getrocknet.Das Produkt wurde mit siedendem Äther mehrere Tage ausgekocht.Es konnten aber nur minimale Mengen ätherlösliche Anteile ge¬

wonnen werden. Der Extraktionsrückstand war in heißem Methyl¬alkohol glatt löslich und bildete nach Zusatz von konzentrierter

Salzsäure in der Hitze einen erst gallertigen, dann kristallin werdenden

Niederschlag. Dieser wurde aus Dioxan mehrmals umkristallisiert

und erwies sich nach Schmelzpunkt und Mischprobe unzweifelhaft

49

als fiederagenin. Insgesamt wurden ca. 95% des in die Reaktion

eingebrachten fiederagenin-methylesters in Form von Hederagenin

wieder zurückgewonnen.

Dehydrierung des Hederagenins mit Selen.

Die im Verlauf der Untersuchung der Dehydrierungsprodukte des

Hederagenins notwendig gewesenen Spaltungsversuche mit Selen

führten schließlich zu nachfolgend skizzierter Arbeitsweise:

Als Reaktionsgefäß diente ein Langhalsrundkolben aus Jenaerglas,

an welchen, nach dem Einfüllen des Ansatzes, ein ca. 15—20 mm

weites und ca. 100—150cm langes Rohr angeschmolzen war. Dieses

wurde an seinem oberen Ende zweimal umgebogen, derart, daß das

Mittelstück von ca. 20 cm Länge leicht nach schräg unten gerichtet

war. Das absteigende Rohr, ebenfalls ca. 20 cm lang, wurde durch

einen Gummistopfen mit einem geräumigen Reagensglas mit Ansatz

verbunden. Vom Ansatz führte eine Glasrohrleitung zum Ab¬

sorptionsturm, an den zur Sicherheit noch ein zweites Absorptions¬

gefäß angeschlossen war. Die Verbindung der Glasröhren wurde

mit dickem Vakuumschläuchen hergestellt, die Rohrenden mußten

sich berühren (Glas auf Glas). Alle Gummiverbindungen wurden

mit Cellon bestrichen, um Spuren Selenwassenstoff, welche durch

den Gummi diffundierten, zurückzuhalten. Die Absorptionstürme

wurden mit Chlorkalkbrocken beschickt, wobei darauf geachtet

wurde, daß die gebildeten Gase ohne allzu große Behinderung durch

die Gefäße hindurch entweichen konnten. Um zu verhindern, daß

die im Rohr kondensierte Flüssigkeit einfach an der Kolbenwand

zurückfließt und an der Berührungsstelle Bad —Glas wieder abspritzt,

wurde eine Tropfspitze eingeschmolzen, die das Destillat in die

Kolbenmitte tropfen ließ, wodurch eine vollständigere Dehydrierung

der leichtflüchtigen Anteile gewährleistet wurde. Als Wärmeüber¬

träger hatte sich ein elektrisch geheiztes Metallbad, englisches Löt¬

zinn enthaltend, am besten bewährt. Zwecks Konstanthaltung der

Temperatur wurde noch ein Kontakt -Thermoregulator in den Strom¬

kreis eingeschaltet.Maximal können auf diese Weise 200 g Substanz mit 400 g

Selen auf einmal zur Dehydrierung angesetzt werden. Größere

Ehmann. 4

50

Ansätze sind nicht ratsam, da ein gleichmäßiges Durchdehydriereninnerhalb nützlicher Frist nicht gewährleistet wird.

Das zur Verwendung gelangende rote, gefällte Selen, Provenienz

Kahlbaum, wurde zuerst im Trockenschrank bei 100° getrocknet,wobei das Selen zusammensinterte und in die schwarze Modifikation

überging.

Zur Einleitung der Reaktion wurde das Gemisch von einem Teil

Hederagenin und zwei Teilen Selen im Metallbad etwa 10 Minuten

lang auf 350° erhitzt. Es begann eine lebhafte Zersetzung, wobei

das gebildete Wasser mit einem leichtflüchtigen hellgelben öl ins

Reagensglas mit Ansatz überdestillierte. Im Chlorkalkturm wurde

der entwickelte Selenwasserstoff zu rotem Selen oxydiert. Man

mäßigte nun die Temperatur des Metallbades auf etwa 300°, wobei

das Dehydrierungsgemisch immer noch im kräftigen Sieden blieb und

noch sehr dünnflüssig aussah. Nach ungefähr 55—60 Stunden

Erhitzungsdauer begann die Masse dickflüssig zu werden, worauf

die Dehydrierung abgebrochen wurde. Man ließ erkalten und sogden in der Apparatur noch vorhandenen Selenwasserstoff durch

den Chlorkalkturm ab.

Der Reaktionskolben wurde nun unterhalb der Tropfspitze vom

Rohr abgeschnitten und die leicht löslichen Dehydrierungsproduktemittels Äther herausgelöst. Darauf wurde zwecks Gewinnung des

Dehydrierungsrückstandes der Kolben zerschlagen, der Rückstand

vom Selenregulus befreit und schließlich mit Äther ca. 14 Tageausgekocht. Dabei bildete sich im Ätherextrakt nach einiger Zeit

ein voluminöses, braunes Pulver, das auf einem Filter gesammelt,getrocknet und gesondert aufgearbeitet wurde.

Die in der beschriebenen Weise erhaltenen rotbraunen, dunkel¬

grünfluoreszierenden Ätherextrakte wurden vereinigt, mehrmals mit

Wasser gewaschen und schließlich einige Tage mit Wasser stehen

gelassen. Es bildete sich dabei an der Kolbenwandung ein roter,dünner Selenbeschlag. Man filtrierte das Äther-Wasser-Gemisch,trennte das Wasser möglichst vollständig ab und trocknete die so

erhaltene klare Ätherlösung über Natriumsulfat. Das nach dem

Verdunsten des Lösungsmittels verbleibende dunkelbraune, dick¬

flüssige öl wurde im Vakuum fraktioniert, wobei man folgendeAnteile erhielt:

51

1. Fraktion: —80° (14 mm), hellgelbes, sehr leicht beweglichesund höchst übelriechendes öl.

5-10 %-

2. Fraktion: 80-160° (14 mm), hellgelbes, dünnflüssiges Öl. 25 bis

30%.

3. Fraktion: 80-190° (0,2 mm), zähes rotbraunes öl. 15-20%.

4. Fraktion: 190—300° (0,2 mm), sehr zähes, gegen Ende der Fraktion

glasig erstarrendes öl. 25—30%-

5. Destillations-Rückstand, in der Kälte glasig erstarrende, dunkel¬

rotbraune Masse. 15—20%-

Die in obiger Zusammenstellung aufgeführten Prozentzahlen be¬

deuten die ungefähren Ausbeuten an einzelnen Fraktionen, bezogenauf die angewandte Extraktmenge.

Die Mengenverhältnisse der einzelnen fiauptfraktionen bewegten

sich bei den verschiedenen ausgeführten Dehydrierungen immer

innerhalb obiger Grenzen. Dagegen schwankte die Menge des er¬

haltenen Ätherextrakts erheblich, je nach den Bedingungen unter

denen die Dehydrierung durchgeführt wurde, und zwar zeigte es

sich, daß kurz andauernde, energische Spaltungen wohl reichlich

leichtflüchtige Anteile lieferten (Fraktionen 1—2), die aber nur wenig

pikratbildende öle enthielten und daß bei langandauernder Dehy¬

drierung (100 und mehr Stunden) starke Verkohlung eintrat. Im

letzteren Fall blieben bis zu 50% des eingesetzten flederagenins

als in Äther völlig unlösliches Produkt in der Extraktionshülse zurück.

Aus zahlreichen Dehydrierungsversuchen wurden, wie schon erwähnt,

bei ca. 50 stündiger Versuchsdauer die besten Resultate erhalten.

Ober die bei der Dehydrierung des flederagenins erhaltenen

Naphthalin - Kohlenwasserstoffe.

Zuerst wurde versucht durch fraktionierte Destillation die Fraktion 2

[Kp. 80—160° (14 mm)] in einzelne Teilfraktionen zu zerlegen. Der

Siedepunkt stieg aber dauernd; es konnten keine deutlichen Fraktionen

erkannt werden. Auch zeigten Proben der willkürlich von 10 zu

10 Grad genommenen Fraktionen mit alkoholischer Pikrinsäure starke

4*

52

Rotfärbung, was auf das Vorhandensein pikratfähiger Kohlenwasser¬

stoffe schließen ließ. Deshalb wurde die gesamte Fraktion 2 mit

dem gleichen Gewicht Pikrinsäure in Methylalkohol unter Erwärmen

gelöst. Es bildete sich eine tiefrote, klare Lösung, aus welcher beim

Stehen in der Kälte ein rotes Pikrat in langen, zu Büscheln ver¬

einigten Nadeln auskristallisierte. Das Pikrat wurde auf der Nutsche

gesammelt, gut abgepreßt und mit wenig kaltem Methylalkohol

nachgewaschen. Aus dem Filtrat wurde nach dem Einengen auf

ungefähr das halbe Volumen eine zweite Portion eines schon mehr

tiefroten Pikrats gewonnen.

Bei weiterem Konzentrieren des Filtrats bildeten sich nur noch sehr

wenige Pikrate nebst reichlichen Mengen Pikrinsäure, die mit einem

nun ebenfalls ausfallenden dunkelgefärbten öl verschmiert waren.

Die beiden ersten Pikratfraktionen wurden zusammen mit ver¬

dünntem wäßrigen Ammoniak unter gelindem Erwärmen zersetzt.

Das gebildete öl wurde in Petroläther aufgenommen, die ätherische

Lösung mit Wasser gründlich gewaschen, über Natriumsulfat ge¬

trocknet und das Lösungsmittel verdampft. Es wurden ca. 50 %des eingesetzten Materials als pikratfähiges öl zurück erhalten.

Dieses wurde bei einem Druck von 11 mm wiederholt über Natrium

destilliert, bis das Natrium im Kolben völlig blank zurück blieb.

Dann wurde wiederum bei 11 mm in folgende drei Fraktionen zerlegt:

Fraktion 2a 138° ca. 45°/0.Fraktion 2b

. .138—140° ca. 45 —50%.

Fraktion 2c 140° ca. 5%.

Fraktion 2a wurde im Kühlschrank mehrere Tage auf—15°

gekühlt. Dabei kristallisierten aus dem öl feine farblose Blättchen,die in der Kälte abgenuscht und mit wenig kaltem Methylalkoholnachgewaschen wurden. Zur weiteren Reinigung wurde das Präparataus 50 % igem Äthylalkohol mehrmals umkristallisiert. Man erhielt

kleine weiße Blättchen, die bei 96—97° schmolzen. Schließlich

wurde das Präparat noch sublimiert; der Schmelzpunkt änderte sich

aber nicht mehr.

3,160 mg Substanz gaben 10,675 mg C02 und 2,23 mg tt20.

2,960 mg Substanz gaben 10,01 mg C02 und 2,01 mg H20.

C12fl12. Ber.: C 92,25 und H7,75°/0.Gef.: C 92,13 und H 7,89 V

C 92,23 und H 7,60 °/0.

53

Aus dem Kohlenwasserstoff wurde mit der berechneten Menge

Pikrinsäure das Pikrat hergestellt, das aus Methylalkohol in gold¬

gelben, verfilzten Nädelchen kristallisierte. Fp. 136—136,5°.

3,830 mg Substanz gaben 7,91 mg C02 und 1,41 mg H20.

dsH^O,^. Ber.: C 56,10 und H 3,93 °/0,

Gef.: C 56,33 und H 4,12 °/0.

Das Styphnat kristallisierte aus Methylalkohol in blaßgelben,

feinen Nadeln, die bei 158—159,5° schmolzen.

3,957 mg Substanz gaben 7,84 mg C02 und 1,405 mg H20.

C19rl1608N3. Ber.: C 53,85 und H 3,77V

Gef.: C 54,04 und ti 3,97°/0.

Das in analoger Weise dargestellte Trinitrobenzolat kristallisierte

aus Äthylalkohol in kanariengelben, feinen Nädelchen, die bei

151—151,5° schmolzen.

Die Mischprobe des erhaltenen Kohlenwasserstoffs, des Pikrats,

Styphnats und Trinitrobenzolats, mit synthetisch dargestelltem

2,7-Dimethyl-naphthalin bzw. dessen Derivaten zeigte keine

Schmelzpunktsdepression.Die Mischprobe des Styphnats mit 1,2,7-Trimethyl-naphthalin-

(Sapotalin-) styphnat (Fp. 150°) gab eine Depression von ca. 10°, wo¬

gegen das Pikrat mit dem synthetischen 1,2,7-Trimethyl-naphthalin-

pikrat (Fp. 129°) keine Schmelzpunktserniedrigung erkennen ließ.

Fraktion 2b wurde mit der äquivalenten Menge Pikrinsäure in

Methylalkohol gelöst und das gebildete Pikrat wiederholt fraktioniert

kristallisiert. Man erhielt ausschließlich ein dunkel orangerotes,

in feinen Nädelchen kristallisierendes Pikrat, das bei 132—132,5°

schmolz.

4,395 mg Substanz gaben 9,21 mg C02 und 1,77 mg H20.

3,841 mg Substanz gaben 8,07 mg C02 und 1,51 mg H20.

C19H170,Na. Ber.: C 57,13 und H 4,28 °/0.

Gef.: C 57,15 und H 4,50 V

C 57,30 und H 4,40V

Aus der bei 132° schmelzenden Pikratfraktion wurde der Kohlen¬

wasserstoff regeniert und ins Styphnat übergeführt. Die orange-

54

gelben Nadeln schmolzen nach dem Umkristallisieren aus Methyl¬alkohol bei 156,5°.

3,850 mg Substanz gaben 7,76 mg C02 und 1,45 mg H20.

C19H1708N3. Ber.: C 54,92 und H 4,13 VGef.: C 54,97 und H 4,22 °/0.

Ferner wurde ein Teil des aus dem Pikrat regenerierten Kohlen¬

wasserstoffs mit Trinitrobenzol umgesetzt. Das erhaltene hellgelbeSapotalin-Trinitrobenzolat bildete in Methylalkohol feine

Nädelchen, die nach einmaligem Umkristallisieren scharf bei 143°

schmolzen.

Das Sapotalin erwies sich nach Schmelzpunkt und Mischprobedes Pikrats, des Styphnats und des Trinitrobenzolats unzweideutigals das 1,2,7-Trimethyl-naphthalin.

Fraktion 2c lieferte beim Behandeln mit Pikrinsäure ein Pikrat,aus dem durch wiederholtes fraktioniertes Kristallisieren aus Methyl¬alkohol nach dem Dreieck-Schema ein, gegenüber dem soeben be¬

schriebenen Sapotalin-Pikrat, bedeutend dunkler orange-rotes Pikrat

erhalten wurde. Der Schmelzpunkt lag scharf zwischen 134—134,5°.

3,830 mg Substanz gaben 7,91 mg C02 und 1,41 mg H20.

C18fl150,Ns. Ber.: C 56,10 und H 3,93 °/0.C19H1707N3. Ber.: C 57,12 und H 4,29 °/0.

Gef.: C 55,76 und H 4,01 °/0.

Die Mischprobe mit Sapotalin- sowie mit synthetischem 1,2,7-Tri-methyl-naphthalin-Pikrat gab keine Erniedrigung des Schmelzpunktes.

Ein Teil des erhaltenen Pikrats wurde zersetzt und der so ge¬

wonnene flüssige Kohlenwasserstoff mit Styphninsäure ins Styphnatübergeführt. Dieses kristallisierte aus Methylalkohol in feinen gelbenNädelchen, die bei 155° schmolzen und mit Sapotalin-Styphnatebenfalls keine Schmelzpunktsdepression erkennen ließen.

Die nicht pikratbildenden öle der Fraktion 2 wurden erneut mit

der gleichen Gewichtsmenge Selen dehydriert. Das Reaktionsgemischwurde in bekannter Weise mit Äther ausgezogen und destilliert

Neben einem geringfügigen Vor- und Nachlauf destillierte die Haupt¬menge bei 133° (11 mm) als farbloses öl. Dieses wurde wiederum

55

ins Pikrat verwandelt, das nach mehrmaligem Umkristallisieren aus

Methylalkohol orange-rote, bei 129,5—130° schmelzende Nadeln

lieferte, die nach der Mischprobe mit Sapotalin-Pikrat identisch

waren.

3,591 mg Substanz gaben 7,54 mg C02 und 1,41 mg H20.

CmHjANa. Ber.: C 57,12 und H 4,29 °/0.

Gef.: C 57,26 und H 4,39 V

Der aus dem Pikrat regenerierte Kohlenwasserstoff gab ein bei

156,5—157° schmelzendes, orange-gelbes Styphnat, das mit Sapotalin-

Styphnat keine Depression des Schmelzpunktes zeigte.

Untersuchung des Vorlaufs Fraktion 1.

[Kp. -80° (14 mm).]

Der Vorlauf Fraktion 1 wurde mit den aus Fraktion 2 stammenden

nicht-pikratfähigen ölen vereinigt und erneut destilliert, wobei

folgende Fraktionen erhalten wurden:

Fraktion la....

—95° (10 mm) ca. 45 — 50%.

Fraktion lb. .

95-115° (10 mm) ca. 30-35°/0.

Fraktion lc.115—145° (10 mm) ca. 20%.

Der Vorlauf war eine sehr leicht bewegliche, äußerst übelriechende

Flüssigkeit, die beim Erwärmen mit Natrium völlig zersetzt wurde.

Fraktion lb reagierte bedeutend weniger mit Natrium, und nach

zweimaliger Destillation über Natrium konnte ein farbloses, nahezu

geruchloses Öl gewonnen werden, dessen Siedepunkt zwischen

105— 115° (10 mm) lag. Eine Probe dieses Öls wurde mit methyl¬

alkoholischer Pikrinsäure auf dem Uhrglas Eindunsten gelassen. Es

bildete sich neben auskristallisierender Pikrinsäure ein blaßgelbes

Pikrat, das aber bei weiterem Umkristallisieren aus Methylalkohol

wieder gespalten wurde.

Eine weitere Probe wurde in Methylalkohol suspendiert und mit

wenig Brom verrieben. Dabei trat eine heftige Reaktion ein unter

Abscheidung eines weißen, festen Produktes. Es wurde noch weiter

soviel Brom hinzugefügt, daß dessen Farbe gerade bestehen blieb, und

das Ganze über Nacht sich selbst überlassen. Der ausgeschiedene

56

Bromkörper wurde abgenutscht und mehrmals aus Methylalkoholumkristallisiert, wonach das Produkt konstant zwischen 203—204°

schmolz.

3,388 mg Substanz gaben 5,080 mg C02 und 1,284 mg rl20.

Ci0ri12Br2. Ber.: C 41,11 und H4,13°/0.Gef.: C 40,90 und H 4,24 °/0.

Mit der bei 203 — 204° schmelzenden Dibromverbindung des

1,2,3,4-Tetramethyl-benzols konnte keine Schmelzpunktsdepressionbeobachtet werden.

Über die höhersiedenden Dehydrierungsprodukte des tiedera-

genins.

Fraktion 3, Kp. 80—190° (0,2 mm), wurde nochmals im Vakuum

fraktioniert destilliert, wobei folgende Anteile erhalten wurden:

Fraktion 3a: —120° (0,25 mm); dünnflüssig, nicht erstarrend,

hellbraun-gelb, ca. 20°/0.Fraktion 3b: 120—130° (0,25 mm); dünnflüssig, später teilweise

kristallisierend, ca. 10 %•Fraktion 3c: 130— 140° (0,20 mm); zur Hauptsache erstarrend,

hellbraun, ca. 10—15°/0.Fraktion 3d: 140—160° (0,15 mm); schon sehr dickflüssig, noch

reichliche Kristall - Bildung,dunkelbraungelb, ca. 15—20°/0.

Fraktion 3e: 160—190° (0,15 mm); sehr dickflüssig, rote Selen¬

schlieren, ca. 10 —15%-Fraktion 3f : 190—250° (0,13 mm); äußerst zähflüssig, glasig er¬

starrend, hellgelb, ca. 25—30%.

Die Fraktionen 3b—3e wurden mit Hexan versetzt und mit dem

Glasstab angerieben, wobei die öligen Anteile in Lösung gingenund die Kristalle als feinkörnige Masse sich auf dem Boden des

Gefäßes ansammelten. Man ließ die Fraktionen zur Vervollständigungder Ausscheidung im Kühlschrank bei —15° stehen und nutschte

darauf in der Kälte ab. Der Rückstand auf dem Filter wurde noch

mit ebenfalls gekühltem Hexan nachgewaschen und dann getrocknet.

57

Die einzelnen Fraktionen wurden auf ihren Schmelzpunkt unter¬

sucht, wobei sich zeigte, daß die aus den Fraktionen 3b und 3c

erhaltenen kristallinen Produkte übereinstimmend zwischen 138—141°

schmolzen, während der Schmelzpunkt aus Fraktion 3d auf 105—110°

und derjenige der Fraktion 3e bis auf 97—110° gesunken war.

In bezug auf die Löslichkeit in Hexan erwiesen sich die beiden

ersten Fraktionen als ziemlich schwer löslich, wogegen die beiden

letzten, zumal die letzte Fraktion bedeutend leichter löslich waren.

In Methyl- und Äthylalkohol lagen die Verhältnisse gerade um¬

gekehrt. Der Unterschied wurde noch besser im verschiedenen Ver¬

halten gegen verdünnte Kalilauge erkannt, worin die ersten beiden

Fraktionen (aus 3b und 3 c) glatt mit violetter Fluoreszenz löslich

waren und daraus durch verdünnte Säure wieder ausgefällt werden

konnten. Die Kristalle aus Fraktion 3d waren nur noch sehr wenig

löslich; die Fluoreszenz war kaum erkennbar, während Fraktion 3e

in verdünnter Kalilauge völlig unlöslich war.

Untersuchung der sauren Anteile aus Fraktion 3.

Die Fraktionen 3b und 3c wurden zusammen genommen und

aus Methylalkohol-Wasser umkristallisiert. Man erhielt kleine,

weiße Blättchen, die bei 157° schmolzen. Schließlich wurde das

Präparat noch sublimiert. Der Schmelzpunkt änderte sich aber

dabei nicht mehr.

3,509 mg Substanz gaben 10,78 mg C02 und 2,37 mg H20.

8,663 mg Substanz gaben 11,23 mg C02 und 2,51 mg H20.

CisHuO. Ber.: C 83,82 und H 7,58 °/0.

Gef.: C 83,79 und H 7,56 °/0.

C 83,61 und H 7,67 °/0.

In verdünnter wäßriger Kalilauge lösten sich die Kristalle glatt auf,

wobei die klare Lösung eine deutlich blaue Fluoreszenz zeigte.

Aus dem Trimethyl-naphthol wurde durch Umsetzung mit der

äquivatenten Menge Pikrinsäure in Methylalkohol das Pikrat her¬

gestellt, das in dunkelroten, derben Nädelchen kristallisierte. Das

Präparat schmolz bei 164° unter Zersetzung und zerfiel bei weiterem

Umkristallisieren aus Methylalkohol wieder in seine Komponenten.

58

Trimethyl - naphthol - methyläther.

Da die Umsetzung des Trimethyl-naphthols mit Diazomethan nur

äußerst langsam vor sich ging, wurde die Methylierung mitDimethyl-sulfat bewerkstelligt.Man löste das Naphthol in einem kleinen Überschuß Claisenscher

Lauge (350 g Kaliumhydroxyd und 250 ccm Wasser mit Methyl¬alkohol auf 1 Liter aufgefüllt), verdünnte es mit dem gleichen VolumenMethylalkohol und ließ in der Siedehitze 1 Mol Dimethylsulfat zu-

tropfen. Den Zusatz von Lauge und Dimethylsulfat wiederholte

man noch achtmal. Das Reaktionsgemisch wurde nun in Äther

aufgenommen und mit Claisenscher Lauge gut durchgeschüttelt. Der

erhaltene Methyläther schmolz nach mehrmaligem Umkristallisierenaus Methylalkohol bei 89,5— 90°. Die farblosen Blättchen fluores¬zierten im ultravioletten Licht hellblau.

2,988 mg Substanz gaben 9,23 mg C02 und 2,20 mg H80.

C14H160. Ber.: C 84,0 und H 8,0 °/0.Gef.: C 84,25 und H 8,24 °/0.

Das in methylalkoholischer Lösung bereitete Trinitrobenzolatkristallisierte aus dem gleichen Lösungsmittel in langen, roten

Nädelchen, die zwischen 145 —146° schmolzen.

3,373 mg Substanz gaben 7,26 mg COa und 1,27 mg H20.

C2oHi70,N3. Ber.: C 58,4 und H4,l°/0.Gef.: C 58,7 und H 4,21 °/0.

Zinkstaubdestillation des Trimethyl-naphthols.

Das Naphthol wurde mit der zwanzigfachen Menge reinem Zinkstaub

gemischt und in einem Rohre in ganz schwachem Stickstoffstrom15 Minuten auf 400° erhitzt. Den Rohrinhalt kochte man mit Ätherwiederholt aus und schüttelte die ätherische Lösung mit Natronlauge.Das im Äther gelöste neutrale öl destillierte man über Natrium und

versetzte es mit der berechneten Menge alkoholischer Pikrinsäure.Man erhielt ein orangefarbenes Pikrat, das bei 127—127,5° schmolzund nach Mischprobe mit Sapotalin-Pikrat identisch war.

Der aus dem Pikrat regenerierte Kohlenwasserstoff wurde mitTrinitrobenzol umgesetzt. Die erhaltene hellgelbe Additionsverbindung

59

schmolz nach dem Umkristallisieren aus Alkohol bei 143° und gab

mit dem bei der gleichen Temperatur schmelzenden, aus syn¬

thetischem 1, 2, 7-Trimethylnaphthalin bereiteten Trinitrobenzolat

gemischt keine Schmelzpunktsdepression.

Untersuchung der neutralen Anteile aus Fraktion 3.

Die kristallinen Anteile aus den Fraktionen 3d und 3e wurden

vereinigt und aus Äthylalkohol umkristallisiert. Man erhielt kleine,

derbe Prismen, die bei 126 — 127° schmolzen.

3,186 mg Substanz gaben 10,80 mg C02 und 2,17 mg rl20.

3,349 mg Substanz gaben 11,34 mg COa und 2,31 mg H20.

3,203 mg Substanz gaben 10,85 mg COa und 2,23 mg H20.

C17rl16. Ben: C 92,67 und H 7,33 °/0. Molekulargewicht: 220,13.

CiaH,9. Ber.: C 92,25 und H 7,75°/0. Molekulargewicht: 234,14.

C19H20. Ben: C 91,88 und H8,12°/0. Molekulargewicht: 248,16.

Gef.: C 92,35 und H 7,62 °/0.

C 92,35 und H 7,72 °/0.

C 92,37 und H 7,79 °/0.

0,962 mg Substanz und 4,692 mg Campher gaben ein J 31,8 und 31,4°.

Gef. Molekulargewicht: 258.

Aus dem Kohlenwasserstoff wurde mit der berechneten Menge

Pikrinsäure das Pikrat hergestellt, das aus Methylalkohol in feinen,

orangefarbenen Nädelchen kristallisierte. Schmelzpunkt 165—165,5°.

Nach einmaligem Umkristallisieren aus demselben Lösungsmittel sank

der Schmelzpunkt schon auf 160°. Das Präparat zeigte im Fluoreszenz¬

mikroskop eine Menge hellblau fluoreszierender Pünktchen; es war

somit schon Spaltung eingetreten. Nach mehrmaligem Umlösen

konnte schließlich der Kohlenwasserstoff wieder zurück erhalten

werden.

Das Styphnat kristallisierte beim Zusammengeben äquivalenter

Mengen Kohlenwasserstoff und Styphninsäure aus Methylalkohol

in feinen, orange-gelben Nädelchen, die bei 174—175° schmolzen.

Es zersetzte sich ebenfalls bei weiterem Umkristallisieren.

In analoger Weise wurde das Trinitrobenzolat, gelbe, lange

Nadeln, erhalten, welches zwischen 174—175° schmolz und eben¬

falls zur Zersetzung neigte.

60

Oxydation des Kohlenwasserstoffes mit Chromsäure.

0,2 g Kohlenwasserstoff wurden in 25 ccm reinstem Eisessiggelöst, mit 0,17 g Chromsäureanhydrid versetzt und auf dem Wasser¬

bad während zwei Stunden erwärmt. Nach einigen Minuten schon

färbt sich die Lösung violett-rot und scheidet nach dem Erkalten-

und Stehenlassen über Nacht kleine, braunrote Kriställchen ab, diezwischen 193—200° schmolzen. Das Oxydationsprodukt schmolznach zweimaligem Umkristallisieren konstant bei 203—204°.

3,274 mg Substanz gaben 9,805 mg C02 und 1,81 mg H20.

3,162 mg Substanz gaben 9,48 mg C02 und 1,74 mg H20.

C^HuO,. Ber.: C 81,56 und H5,64°/0.

Ci8H,eOä. Ber.: C 81,78 und H 6,11 °/0.

C19H1802. Ber.: C 81,97 und H 6,52 °/0.

Gef.: C 81,68 und H 6,19 °/0.

C 81,76 und H 6,15 °/0.

Untersuchung der Fraktion 4.

[Kp. 190—300° (0,2 mm)].

Fraktion 4 wurde in heißem Äthylalkohol gelöst und dann im

Kühlschrank mehrere Tage bei —15° stehen gelassen. Dabei schieden

sich geringe Mengen einer gelblich-weißen Masse aus, die aus

Benzol und darauf aus Dioxan umkristallisiert wurde. Man erhielt

kleine, weiße Blättchen, die bei 245° schmolzen.

3,563 mg Substanz gaben 12,05 mg C(>2 und 2,31 mg H20.

3,312 mg Substanz gaben 11,21 mg C02 und 2,08 mg H20.

Gef.: C 92,24 und H 7,26°/0.

\C 92,31 und H 7,03 °/0.

Das Präparat, das sehr wahrscheinlich einen Kohlenwasserstoff

darstellt, wurde zur weiteren Reinigung noch sublimiert. Der

Schmelzpunkt stieg dabei auf 250°.

1,481 mg Substanz gaben 5,00 mg C02 und 0,97 mg H20.

Gef.: C 92,07 und H 7,33 °/0.

61

Diese Analysenwerte entsprechen ungefähr der Formel Cntin (be¬

rechnet: C 92,3 und fi 7,7 °/0)- Es gelang nicht, ein Pikrat her¬

zustellen, da es zu große Neigung zeigte, wieder in die Komponenten

zu zerfallen.

Der beim Auskochen des rohen Dehydrierungsproduktes mit Äther

verbleibende Rückstand wurde seinerzeit mit Äther weiter er¬

schöpfend extrahiert. Dabei bildete sich nach einigen Tagen in dem

Atherextrakt ein voluminöser, brauner Niederschlag, der auf einer

Nutsche gesammelt und getrocknet wurde. Dieses wurde in der

nötigen Menge Cutnol heiß gelöst, die braune Lösung mit wenig

Carboraffin entfärbt, worauf beim Abkühlen derbe, weiße Platten

auskristallisierten. Der Schmelzpunkt lag bei 302—303°.

3,363 mg Substanz gaben 11,57 mg C02 und 5,92 mg H20.

C24H18. Ber.: C 94,07 und H 5,93 °/0.

CA. Ber.: C 93,70 und H 6,30°/0.

Gef.: C 93,83 und H 5,96 °/0.

Der Kohlenwasserstoff wurde weiter aus Pyridin umkristallisiert.

Der Schmelzpunkt blieb nach mehrmaligem Kristallisieren bei

306 — 307° konstant.

3,261 mg Substanz gaben 11,225 mg C02 und 1,785 mg H20.

3,511 mg Substanz gaben 12,07 mg C02 und 1,93 mg H20.

3,258 mg Substanz gaben 11,21 mg COa und 1,78 mg H20.

Gef.: C 93,88 und H 6,13 °/0.

C 93,76 und H 6,15 V

C 93,84 und H 6,11 V

Oxydation des Kohlenwasserstoffes mit Chromsäure.

10 g Trimethylpicen wurden in 600 ccm reinstem Eisessig auf¬

geschwemmt und in der Siedehitze langsam mit 14 g Chromsäure

versetzt. Nach dem Eintragen der letzten Chromsäureportion wurde

noch insgesamt 8 Stunden am Rückfluß gekocht, wobei der Kohlen¬

wasserstoff langsam teilweise in Lösung ging. Schließlich wurde

heiß filtriert und erkalten gelassen. Beim Stehenlassen über Nacht

kristallisierten kleine, tiefrote Drusen, die aber keinen Schmelzpunkt

aufwiesen, sondern lediglich über 350° Zersetzung erlitten. Zur

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Analyse wurde das Präparat noch zweimal aus Eisessig umgefälltund im Hochvakuum scharf getrocknet.

3,430 mg Substanz gaben 10,76 mg C02 und 1,51 mg H20.

C24Hi602. Ber.: C 85,68 und H4,80°/o.C25H1802. Ben: C 85,68 und H5,180/0.C28H20O3. Ber.: C 85,68 und H 5,54%.

Gef.: C 85,61 und H 4,93 °/0.

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Die Analysen wurden im Mikrolaboratorium der EidgenössischenTechnischen Hochschule unter Leitung von Herrn Dr. M. Furter

ausgeführt.

Curriculum vitae.

Am 25. Juni 1905 wurde ich, Karl Ludwig Friedrich Ehmann,

Bürger von Ernetschwil (Kanton St. Gallen), Sohri des Karl Johann

Friedrich Ehmann und der Johanne Wilhelmine Auguste geb. Unterberg,

in St. Gallen geboren. Daselbst besuchte ich die städtischen Primar¬

und Sekundärschulen, und nach Absolvierung der technischen Ab¬

teilung der St. Gallischen Kantonsschule beschloß ich im Herbst 1924

die Mittelschulbildung mit der Reifeprüfung. Von der Zeit. ab

studierte ich an der chemischen Abteilung der EidgenössischenTechnischen Hochschule in Zürich und erhielt im Frühjahr 1928

das Diplom als Ingenieur-Chemiker. Ich arbeitete dann drei Semester

bei Herrn Prof. R. Kuhn. Hierauf wurde ich im Herbst 1929 bei

Herrn Prof. L. Ruzicka Saal-Assistent und habe nebenbei auch

vorliegende Untersuchungen über Hederagenin ausgeführt. Seit

Frühjahr 1933 arbeite ich in der pharmazeutisch-wissenschaftlichen

Abteilung der Gesellschaft für Chemische Industrie in Basel.

Basel, im Februar 1934.