8
IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG

IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG

Page 2: IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

Ihr junges Leben ging durch einenschrecklichen Verkehrsunfall, bei demauch vier befreundete Musiker aus demJugendsymphonieorchester München ge-tötet wurden, am 16. September 1992nachts auf der Autobahn südlich vonStuttgart zu Ende. Viola war 28 Jahrealt, zwei Jahre mit Christian Ostertagverheiratet und Mutter des kleinenDavid!

ausgerichtetes, mehr auf Ausgleich undHarmonie bedachtes Wesen für eine Mitt-lerrolle zwischen den Geschwistern ge-radezu prädestiniert war. Und da warnicht zuletzt im benachbarten Bünde einGeigenlehrer, der sich ganz speziell aufden Unterricht mit den Kleinsten einge-stellt hatte und bei dem sie im Alter von5 Jahren begann, Geige zu spielen:August Wilhelm Torweihe!

2

Die sechsjährige Viola

Viola Sommer-Ostertag * 1.4.1964 † 16.9.1992

Viele glückliche Umständeprägten ihr kurzes Leben. Dawar das harmonische Eltern-haus auf dem Lande in Klo-sterbauerschaft im KreisHerford in der Nähe des Wie-hengebirges, von Wiesen undWald umgeben und seit denGroßeltern von Musik ge-prägt. Da waren vier Ge-schwister, in deren Mitte sieals Dritte 1964 geborenwurde, so daß sie durch ihrwenig auf äußere Dramatik

Page 3: IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

Gut vorbereitet durch seinen Unterrichtund das Spiel im JugendmusizierkreisTorweihe, außerdem schon vielfältig imKammermusikspiel innerhalb und außer-halb der Familie geschult - Klavierun-terricht hatte sie bei Grete Anderson inBünde bekommen - konnte sie mit 14Jahren als Jungstudentin und nach demAbitur, das sie als Externe absolvierte,mit 19 Jahren als Vollstudentin zu Pro-fessor Gradow an die Folkwanghoch-schule in Essen gehen. Als sie mit 25Jahren ihre künstlerische Reifeprüfungin Hannover bei Professor Jens Eller-mann ablegte, hatte sie bereits vieleErfolge in ihrer Laufbahn als Sologei-gerin und Kammermusikerin zu ver-zeichnen: 5 erste Preise beim Bundes-wettbewerb „Jugend musiziert“, 1980mit 16 Jahren Debüt mit dem Violinkon-zert von Brahms mit den Jungen Sym-phonikern in der Bielefelder Oetkerhalle,1985 Verleihung des Stennebrüggen-Preises Baden-Baden und Debüt bei denBerliner Festwochen, 1986 Auszeich-nung mit dem Hochschulpreis der Folk-wanghochschule in Essen und Teilnah-

me am Meisterkurs von Dorothy Delaybeim Musikfestival in Aspen/Colorado,später Besuch von Meisterkursen vonSandor Vegh, Nathan Milstein und Rug-giero Ricci.

3

Abschlußkonzert Bundeswettbewerb1976 in Erlangen

Page 4: IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

1986 wurde beim „Podium der Jungen“des NDR im Hamburger Abendblatt dieInterpretation der 1. Violinsonate vonProkofieff wegen ihrer „ruhigen Bogen-führung, der souveränen Grifftechnikund Intonationssicherheit und des feinenGefühls für die traumhaft-zarte Grund-stimmung des Andante“ u.a. gerühmt.Über ihr umjubeltes Konzert bei den

Berliner Festwochen, sie war 21 Jahrealt, schrieb die Berliner Morgenpostüber den Vortrag der Prokofieff-Sonate:„Viola Sommer entfaltete ein breites,vielfältiges Spektrum der Ausdrucks-möglichkeiten. Sie geigte mit außeror-dentlich flexiblem Strich und so herrlichintensiv, daß man es meisterhaft nennenmuß.“

4

1980 in derBielefelder Oetkerhalle

Page 5: IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

Mit vielen Orchestern trat sie erfolgreichauf, in der Bundesrepublik u.a in derBerliner Philharmonie, der MusikhalleHamburg, der Oetkerhalle in Bielefeld,dem Gürzenich in Köln, der Meistersin-gerhalle in Nürnberg und dem Herkules-saal in München. Sie konzertierte auchin der Schweiz, den Niederlanden, Itali-en, Jugoslawien und der Tschechoslo-wakei in Prag und in verschiedenenStädten Nordspaniens. Durch Rundfunk-und Fernsehaufnahmen verschiedenerSender wurden manche ihrer Interpreta-tionen aufgezeichnet, so auch das Vio-linkonzert von Bruch, das auf dieserCD zu hören ist.

Die Programme ihrer Duo-Abende wa-ren breit gefächert: die Violinsonatenvon Mozart, Beethoven und Brahms,die Sonate von Cesar Franck, dazu Kom-positionen von Saint-Saëns, Wieniawski,Chausson, Strauß, Ravel, Strawinsky,Prokofieff u.a. Das Repertoire mit Or-chester enthielt die Werke von Bach,Mozart, Mendelssohn, Brahms, Tschai-kowsky, Sibelius u.a. Eines ihrer großen

künstlerischen Ziele konnte sie nochverwirklichen: die Einstudierung desViolinkonzertes von Beethoven. Siespielte es u.a. in Paderborn, Münchenund beim Schleswig-Holstein-Festival.Dabei war ganz deutlich zu erkennen,daß sie von einem selbständigen Gestal-tungswillen durchdrungen war, der sichin manchen Passagen deutlich von tra-ditioneller Auffassung unterschied.

Für ihre künstlerische Entwicklung wardie Begegnung mit dem Geiger RonyRogoff von herausragender Bedeutung.1986 nahm sie bei ihm in New York eindreijähriges Privatstudium auf und ge-wann durch ihn tiefe Einsicht in dieBedeutung dessen, was über die Vervoll-kommnung des Technischen hinaus zurgeistigen Erfassung und Interpretationeines Kunstwerks gehört. Sie wurde vonihm beauftragt, 1989 einen Violinkursin Caracas/Venezuela zu leiten. Als seineMeisterschülerin organisierte sie fürihn Meisterkurse in Deutschland undunterrichtete auf diesen Kursen jungeStudenten.

5

Page 6: IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

Während ihrer Ausbildung wurde siegroßzügig durch die „Stiftung Musik-pflege Gütersloh“ und die „Käthe-Dannemann-Stiftung“ gefördert. Durchihr freundliches, bescheidenes und zu-gleich strahlendes Wesen gewann sie dieHerzen all derer, die mit ihr in Berüh-rung kamen. Nicht zuletzt gewann siedas Vertrauen und die Zuneigung vonHerrn Kurt Christian Zinkann in Güters-loh. Er überließ der Fünfzehnjährigenseine Violine von Carlo Bergonzi ausdem Jahre 1723 auf Lebenszeit. Aufdiesem schönen und edel klingendenInstrument spielte sie alle Konzerte.

Einige sind mir davon in bleibenderErinnerung: dazu gehört ihr Auftritt beiden Berliner Festwochen in der Staats-bibliothek mit Matthias Kirschnereit,der Sonatenabend mit ihm im KleinenSaal der Bielefelder Oetkerhalle, wo sieu.a. brillant und ganz hinreireißend dieSuite italienne von Igor Strawinsky spiel-te, und der Sonatenabend mit DanielKrüerke in der Orangerie von SchloßRheda.

Was sie in unserer heutigen Zeit so be-sonders sympathisch machte: sie wolltenicht um jeden Preis Karriere machen,pflegte keine intensiven Verbindungenzu Konzertagenten und konnte in großerNeidlosigkeit künstlerische Leistungenanderer anerkennen. Ihr Ziel war es vonjeher, zu ihrer und anderer Freude zumusizieren, und die Musik zur Pflegesozialer Kontakte in Kirche, Schule undim Freundeskreis einzusetzen.

Ulrike Mora, ehemals Konzertmeisterinim Münchner Jugendsymphonieorche-ster, mit dem Viola ganz besonders engdurch viele Auftritte verbunden war, u.a.auch in Spanien, widmete ihr zum Ge-dächtniskonzert im Programmheft an-rührende Worte: „Viola wurde nichtnur durch ihr herrliches, klares Spielund ihr einfühlsames Wesen, effektivesUnterrichten, sondern auch durch ihrebegeisternde, inspirierende Persönlich-keit zum Freund, Lehrer und Vorbildfür uns, und wir sind dankbar, daß wirsie durch einen Teil ihres Lebens beglei-ten durften.“

6

Page 7: IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

Wir alle, die Viola kannten und liebten,sind dankbar, daß wir sie viele Jahreauf ihrem Lebensweg begleiten konnten,an ihren beruflichen Erfolgen teilneh-men durften und an ihrem privatenGlück!

Anna Maria Hof

7

Herausgeber: Waltraud SommerMastering und Gestaltung: Hilger KespohlTitelfoto: Viktoria v.d. Bussche (1988)Wir danken den Rundfunkanstalten »Deutschlandfunk«, »Sender Freies Berlin«und »Südwestfunk Baden-Baden« für ihre freundliche Unterstützung.

Page 8: IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG - discant.dediscant.de/Bilder/DSC_1011.pdf · Wir alle, die Viola kannten und liebten, sind dankbar, daß wir sie viele Jahre auf ihrem Lebensweg

IN MEMORIAM VIOLA SOMMER-OSTERTAG

D S C 1011