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Intersubjektivität –ein schulenübergreifendes Paradigma der Psychotherapien?
Lübecker Psychotherapietage 2014
Martin Altmeyer
Intersubjektivität – ein schulenübergrei-fendes Paradigma der Psychotherapien?
I. Intersubjektivität in der Psychoanalyse: die Psyche als soziale Netzwerkerin
II. Argumente für eine psychotherapeuti-sche Kerntheorie mentaler Bezogenheit
III. Fördert das Intersubjektivitätsparadig -ma eine Integration unserer Profession ?
Vergleichs-ebene
Klassische Psychoanalyse
Relationale Psychoanalyse
Seelischer Ursprung
primärer Narzissmus („Amöbensage“)
primäre Intersubjektivität(mentale Bezogenheit)
Basistheorie Monadentheorie der Psyche (Ein-Person-Psychologie)
Sozialtheorie der Psyche (Aus-tausch, Bindung, Beziehung)
Psychische Dynamik
Triebdynamik (intrapsychisch)
Interaktionsdynamik (zwischenmenschlich)
Persönlichkeits-entwicklung
„Triebschicksale“ „Beziehungsschicksale“
Strukturmodell der Seele
abgegrenzter psychischer Apparat
Psyche als soziale Netzwerkerin
Topologie Metaphorik der Tiefe (vertikal)
Metaphorik der Oberfläche (horizontal)
I. Intersubjektivität in der Psychoanalyse: die Psyche als soziale Netzwerkerin
Im Fluss des Lebens - die Dialektik von psychischer Tiefe und Oberfläche
„Die Psychoanalyse hat das Graben in der Tiefe übertrieben. Im Fluss des Lebens fließt alles mehr oder weniger weit oben. Die allertiefste Tiefe ist eine Illusion.“
Sudhir Kakar, indischer Psychoanalytiker
I. Intersubjektivität in der Psychoanalyse: die Psyche als soziale Netzwerkerin
Die Entstehung des Psychischen: Selbst-erzeugung oder Interaktion mit der Welt?
„… two conflicting strains in psychoanalysis: one sees the mind as self-contained ; the other claims that the mind arises only within an interpersonal field. In a real material world that the subjects share, and come to know they share.“
M. Cavell: Becoming a subject (2006)
Zwei unterschiedliche Anthropologien inder zeitgenössischen Psychoanalyse
I. Intersubjektivität in der Psychoanalyse: die Psyche als soziale Netzwerkerin
Die Psyche als „soziale Netzwerkerin“: drei Pole des Selbst-in -Beziehung
Außen
Innen Zwischen
Psyche
Das Selbst, der Andere und die Welt „da draußen“
Altmeyer, M. (2009): Dreiecksbeziehungen ...
Martin Altmeyer I. Intersubjektivität in der Psychoanalyse: die Psyche als soziale Netzwerkerin
Netzwerk Psyche - Metaphernaustausch in der psychoanalytischen Moderne
Martin Altmeyer
Realität
Selbst Anderer
Psyche
Über-Ich
Ich Es
Psyche
Altmeyer, M. (2011): Soziales Netzwerk Psyche
Psychischer Apparat
Psyche
… oder vernetzte Seele
Realität
I. Intersubjektivität in der Psychoanalyse: die Psyche als soziale Netzwerkerin
5 Argumente für eine psychotherapeuti-sche Kerntheorie mentaler Bezogenheit
1. Entwicklungspsychologie: Primäre Intersubjektivit ät und Internalisierung von Interaktionserfahrungen
2. Strukturebene: Relationale Binnenstruktur der Psyche
3. Funktionsebene: Psyche als dreifaches Beziehungsorgan
4. Klinische Ebene: Seelische Störung als Beziehungsstörung
5. Zeitdiagnostik: Suche nach Umweltresonanz
Selbst-in -Beziehung: Dimensionen einer Theorie der mentalen Intersubjektivität
Selbst in Beziehung
1. Primäre Intersubjektivität: Mutter-Kind-Interaktion
2. Intersubjektive Natur der Psyche: mentale Bezogenheit
3. Klinische Intersubjektivität: psychotherapeutischen Dyade
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Säuglingsforschung
Kontinuität von intra - und extra -uteriner Welt: Säuglingsforschung 1
Das psychische Mutter-objekt ersetzt dem Kind die biologische Fötal-situation.“
Freud (1926): Hemmung, Symptom und Angst
Martin Altmeyer
FötusIntrauterine Umwelt
„Intrauterinleben und erste Kindheit sind weit mehr ein Kontinuum, als uns die auffällige Caesur des Geburtsakts glauben lässt.
Säugling Mutter
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Säuglingsforschung
Intersubjektivität geht der Subjekti-vität voraus: Säuglingsforschung 2
Nach unserer Auffassung gehen Separation und Individuation ebenso wie des Einsseins oder Zusammenseins aus dem Erleben der Intersubjektivität hervor …
There is no such thing as an infant - meaning, of course, that whenever one finds an infant one finds maternal care, and without maternal care there would be no infant.
Daniel N. Stern 1992
Donald Winnicott 1961
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Säuglingsforschung
Intersubjektivität - Subjektivität –Bezogenheit: Säuglingsforschung 3
Mutter
Säugling MutterIntersubjektivität
SubjektivitätMutterSeparation
Individuation
Bindung
BeziehungKind
Kind
Mutter Bezogenheit
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Säuglingsforschung
Von der Trennungserfahrung zur Verbindung: Säuglingsforschung 4
Nahezu vom ersten Moment des Lebens an beginnt die allmähliche Trennung von Selbst und Anderem. Deshalb liegt die Hauptentwicklungsauf-gabe des Kindes in der Gegenrichtung: mit ande-ren Menschen in Verbindung zu kommen – das bedeutet wachsende Bezogenheit. Daniel N. Stern 1985
Martin Altmeyer
SelbstZusammen-sein Anderervs. Getrennt-sein
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Säuglingsforschung
Plausible Spekulation: Empirischer Konstruktivismus der Säuglingsf.
Weil wir die subjektive Welt, in der derSäugling lebt, selbst nicht kennen, müssenwir uns diese Welt [....] ›ausdenken‹,wir müsssen sie ›erfinden‹.(Stern, 1992, S. 16)
Die „Erfindung“ der Säuglingswelt:Psychologische Theoriebildung durch genaue Interaktionsbeobachtung
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Säuglingsforschung
Entwicklungspsychol. Hypothese zur frü -hen Bezogenheit: der „virtuelle Andere“
„In der Psyche des Säuglings … gibt es eine prozedurale Entität wie den virtuellen Anderen, der die Mutter als den tatsächlichen Anderen im wechselseitigen Dialog erwartet und willkommen heißt!“ Stein Bråten 1992, S. 87f. (zitiert nach Dornes 2002)
Martin Altmeyer
Der Säugling bringt Hoffnungen mit in die Welt: „dass da ein Anderer ist und wie er sein soll“
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: psych. Entwicklung
Von der Dyade zur Triade: Weltaneignung in der kognitiven Entwicklung
Kind
Gegenstand
Mutter
Intersubjektive Primärbeziehung
Ursprüngliche„Perspektive“
Perspektive des Anderen
Kopernikanische Wende(Hobson 2002)Neun-Monats-Revolution (Tomassello 1999)
Wie die Seele das Denken lernt: shared intentionality
Martin Altmeyer II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: psych. Entwicklung
Kindliches Selbst
Von der Dyade zur Triade: Selbstaneig -nung in der kognitiven Entwicklung
Kind
Kindliches Selbst
Mutter
Intersubjektive Primärbeziehung
Sich selbst mit den Augen des Anderen sehen: der exzentrische Blick
Hobson (2002)
(Alter: 12 – 15 Monate)
Martin Altmeyer
Ursprüngliche„Perspektive“
Perspektive des Anderen
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: psych. Entwicklung
Mir scheint hingegen, dass die Ich-Erfahrung bzw.die subjektiven Konnotationen von Bewusst-sein kulturelle Konstruktionen sind, soziale Zu -schreibungen, die dem Dialog zwischen den Ge-hirnen erwachsen und deshalb aus der Betrach -tung einzelner Gehirne nicht erklärbar sind. (…).
Singer, W. (2002): Der Beobachter im Gehirn. (S. 73.)
Intersubjektivitätshypothese d. Neu -robiologie zur Entstehung d. Selbst
„Aus dem Du der Mutter … … wird das Ich des Kindes“
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: psych. Entwicklung
Intersubjektivitätshypothese d. neurobio -logischen Emotionsforschung (Damasio)
Emotion
Martin Altmeyer
Angeborener Affekt Interaktionserfahrung
Unbewusste visuelle Hintergrundszene
(implizites Gedächtnis)
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: psych. Entwicklung
Ich, der Andere u. die Welt „da draußen“: mentales Beziehungsdreieck - gesund
Lebenswelt
Selbst Anderer
Seelische Gesundheit
Subjektivität Intersubjektivität
Objektivität
Altmeyer, M. (2009): Dreiecksbeziehungen ...
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: psych. Entwicklung
Ich, der Andere u. die Welt „da draußen“: mentales Beziehungsdreieck - gestört
Lebenswelt
Selbst Anderer
Seelische Störung
Subjektivität Intersubjektivität
Objektivität
II. Von der Dyade zur Triade:Triangulierung in der psychoanalytischen Moderne
Rückkehr der Realität: die psychothera -peutische Dyade als „Triade minus 1“
Die „abwesende“ Lebenswelt als das Dritte
PatientTherapeut
Triade
Martin Altmeyer
Dyade
Realität
Thomä, H. (1999): Zur Theorie und Praxis von Übertragung und Gegenübertragung im psychoanalytischen Pluralismus
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Psychotherapie
Säugling Potentieller Raum Mutter
“Wenn ich sehe und gesehen werde, so bin ich .”
Winnicott, D.W. (1971): Vom Spiel zur Kreativität. 1995 (S. 128ff.)
“In der Entwicklung des Kindes ist das Gesicht der Mutter der Vorläufer des Spiegels (...).“
Die Geburt des Narzissmus aus der Be -ziehung: intersubjektive Spiegelung (2)
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Psychotherapie
TherapeutPatient
Martin Altmeyer
Psychotherapeutische Beziehung: der Wunsch, gesehen zu werden
Therapeutischer Raum
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Psychotherapie
Lebenswelt
Resonanz im digitalen Zeitalter: die inter-aktiven Medien als Spiegel des Selbst
Selbstdarstellung mit ResonanzerwartungSelbst
Publikum
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Zeitdiagnostik
Medium
Säuglingsforschung/Entwicklungspsychologie
Funktionsebene
Klinische Ebene
Zeitdiagnostik
Strukturebene
II. Fünf Argumente für ein psychotherapeutisches Intersubjektivitätsparadigma: Zusammenfassung
Das Selbst-in -Beziehung: Fünf Ebenen der Intersubjektivität
Die „vernetzte Seele“: Intersubjektivitäts -konzepte i. der modernen Psychoanalyse
Container/Contained (Bion)Projektive Identifizie-rung (M. Klein)
Haltende Umwelt (Winnicott) Psychische Bezo -genheit (Loewald)
Selbst in Beziehung
Relationality (Mitchell)
Seelische Verbundenheit (Orange, Stolorow et al.)
Evozierter Gefährte/RIG (Stern)
Virtueller Anderer (Bråten)Unthought Known (Bollas)
Subject of Analysis(Th. Ogden)
Martin Altmeyer III. Intersubjektivität als integrationsstiftendes Paradigma für unsere Profession
Intersubjektivität in der Psychotherapie: eine schulenübergreifende Kerntheorie?
Humanistische Psychologie
Gestalttherapie
Koginitive Verhaltenstherapie
Selbst in BeziehungFamilien -therapie
Rational-emotive Therapie
Systemische Verfahren
Transaktionsanalyse
Paartherapie
Martin Altmeyer
Individualpsychologie
III. Intersubjektivität als integrationsstiftendes Paradigma für unsere Profession
Psychoanalyse
Das zeitgenössische Selbst-in -Beziehung Smarthone: Selbstverortung mit Partner
Quelle: The New Yorker
III. Intersubjektivität als integrationsstiftendes Paradigma für unsere Profession