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Interview Wirtschaftsminister Maximo Buch

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Page 1: Interview Wirtschaftsminister Maximo Buch

27.03.12 16:51:27 [Seite 'Libro Verde CBN_4' - Dialog40cn710 | Costa Nachrichten | Costa Blanca Nachrichten | Gesamt CBN | Costa Blanca]1 von emilym (Black Bogen)

Costa Blanca4 Costa Blanca Costa Blanca Nachrichten I Nr. 1476, 30. März 2012

Michael AllhoffValencia

Máximo Buch, Wirtschaftsminister des Landes Valencia, über Lösungen für die Krise

„Auf gutem Weg“

Mit der Ernennung von MáximoBuch zum Minister für Wirtschaft,Industrie und Handel des LandesValencia beginnt eine neue Ära.Der studierte Wirtschaftsingenieurmit spanischem und deutschemPass hat an der Deutschen Schulein Valencia Abitur gemacht undwar zehn Jahre als Abgesandterdes Landes Valencia bei der deut-schen Handelskammer in Spanientätig. Der erfahrene mittelständi-sche Unternehmer und Finanzma-nager tritt an in einer schwierigenZeit. Leere Kassen, Schulden unddie hohe Arbeitslosigkeit gestaltensein Amt zu einer Herausforderung.

Herzlichen Glückwunsch zu Ih-rer Ernennung zum Wirt-schaftsminister des Landes Va-lencia. Wie kam es zu dieserEntscheidung?Es war für mich eine große Ehre,dass Ministerpräsident Fabra an michgedacht hat, um die Verantwortung zuübernehmen, die das Amt des Minis-ters für Wirtschaft beinhaltet. Dassich meinem Land dienen kann indieser bedeutenden Stellung ist fürmich eine Herausforderung, die ichmit Begeisterung und Dienstver-pflichtung angenommen habe.

Ihr beruflicher Hintergrund hatnichts mit der Politik zu tun. Siekommen aus der Wirtschaft ...Ich bin Teil einer Familie mit einer

über 100-jährigen Unternehmens-tradition. Ich habe als Vorstandund Unternehmer in mehreren Fir-men gearbeitet. Die letzten Jahrewar ich Partner bei Boyden, einemUnternehmen zur Vermittlung vonFührungspersonal, sowie bei derRisikokapitalgesellschaft Tandem.

Angesichts der wirtschaftli-chen Krise ist es eine besonde-re Herausforderung, die Verant-wortung für Wirtschaft, Indus-trie und Handel im Land Valen-cia zu schultern. Wie schätzenSie die aktuelle Situation ein?Das Land Valencia steht wie alleanderen umliegenden Regionen voreiner schwierigen Situation, die sichaus dem Abwärtstrend der Weltwirt-

schaft, der Krise des Finanzsystemsund der Unsicherheit der Kredit-märkte ergibt. All dies betrifft un-mittelbar die Kapazität der Verwal-tung, ihre Schulden zu refinanzie-ren. Unsere Unternehmer haben er-schwerten Zugang zu neuen Kredi-ten. Das ist auch ein Grund für dieErhöhung der Arbeitslosigkeit. Derweltweite Wandel im Industrie- undHandelsbereich zwingt unsere Wirt-schaftssektoren außerdem dazu, ihreWettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Eine düstere Perspektive ...Dazu kommt in unserem Fall, dassdie Vorgängerregierung in Hin-sicht auf die effektive Einwohner-zahl des Landes Valencia unange-messen für die Finanzierung Sorge

Máximo Buch, Wirtschaftsminister des Landes Valencia: „Sowohl schwierige wie spannende Herausforderung.“ Fotos: Land Valencia/EFE

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Costa Blanca 5Nr. 1476, 30. März 2012 I Costa Blanca Nachrichten

getragen hat. Das hat die Situationweiter erschwert. Ohne Zweifel,wenn die Valencianer gleichgestelltzum Durchschnitt aller Spanier ge-wesen wären, hätten wir heute so-wohl im Hinblick auf die Finanzie-rung wegen unserer Einwohnerzahlwie für Investitionen 11,735 Milliar-den Euro mehr zur Verfügung. Daswürde bedeuten, dass unsere Schul-den um 60 Prozent niedriger lägen.Doch ich bin voll und ganz derÜberzeugung, dass wir mit denMaßnahmen, die wir vom Ministeri-um aus ergreifen, dank der Mitarbeitder gesamten Bevölkerung sowiedem Rückhalt seitens der neuen Re-gierung von Mariano Rajoy auf demrichtigen Weg nach vorne sind.

Welche Weichenstellungen wer-den in den kommenden Mona-ten erforderlich sein?Unser Ziel ist es, all jene Initiati-ven zu fördern und zu erleichtern,die dazu beitragen, unsere Wirt-schaft anzukurbeln. Es geht um dieSchaffung dauerhafter und qualifi-zierter Arbeitsplätze. Dafür brauchtes mehr Unternehmungsgeist undinnovative Anregungen. Gleichzei-tig müssen wir die erforderlicheLiquidität sicherstellen, damit sichunsere Finanzsituation so schnellwie möglich normalisiert.

Was bedeutet das konkret?Im erstgenannten Bereich werdenwir ein Anreizprogramm auflegen,dotiert mit über 200 MillionenEuro, das sich vornehmlich an Fir-mengründer richtet. Innovationmuss Vorrang haben. Es gilt, die In-ternationalisierung der heimischenWirtschaft zu begünstigen. Mittel-ständische Unternehmen müssen ei-nen besseren Zugang zu Kreditenerhalten. Mit diesem Programmwollen wir auch den Außenhandeldes Landes Valencia unterstützen.

Sie setzen offenbar auf Impulsefür Firmengründer.Ja. Konkret haben wir das Geset-zesdekret für Unterstützungsmaß-nahmen für Unternehmertum er-lassen (Decreto Ley de Medidas deApoyo a la Actividad Emprendedo-ra). Damit räumen wir der privat-wirtschaftlichen Initiative Hinder-nisse aus dem Weg und fördern dieDynamik unseres Unternehmens-und Dienstleistungsgeflechts.

Das ist auch ein Kostenfaktor.Sicherlich. Um wieder über die er-forderliche Liquidität zu verfügen,haben wir seitens der Verwaltungmehrere Anpassungen beschlos-sen, die uns den erforderlichen fi-nanziellen Spielraum garantierenund sich auf die Wirtschaftsleis-tung auswirken werden.

Zum Beispiel?Der staatliche Sektor und der Un-ternehmensbereich werden restruk-turiert. Damit gelingt es uns, dieses

Jahr etwa 900 Millionen Euro ein-zusparen. Mittels des Gesetzes-De-krets bezüglich Notfallmaßnahmenzur Reduzierung des Defizits (De-creto Ley de Medidas Urgentes deReducción del Déficit) wird Va-lencia dieses Jahr 1,057 MilliardenEuro einsparen. Zudem zählen wirauf die Rückendeckung der Regie-rung, die zehn Milliarden Euro mitOption zur Erhöhung auf 15 Milli-arden Euro den autonomen Regio-nen zur Verfügung gestellt hat, zurBegleichung auslaufender Schuld-

verpflichtungen in den nächstenMonaten.

Und dann sind da auch unbe-zahlte Rechnungen bei Zuliefe-rern der öffentlichen Hand ...Dafür hat die Regierung in Madrideinen Zahlungsplan auf den Weggebracht, der den Autonomen Re-gionen Spaniens die Begleichungder Rechnungen mit Unterneh-mern und Selbstständigen ermög-licht. Angesichts dieser Maßnah-men gehe ich von einer Reaktivie-rung der wirtschaftlichen Aktivitätaus sowie von neuen Investitionenin das Land Valencia.

Wo sehen Sie die Chancen fürein erneutes Wachstum?Es ist offensichtlich, dass wir, umden gegenwärtigen wirtschaftli-chen Konjunkturzyklus zu über-winden und daraus erstarkt in derZukunft hervorgehen zu können,man es nicht bei kurzfristigenMaßnahmen bewenden lassenkann, die wir bereits umsetzen. Esbraucht eine erweiterte Vision, diees uns ermöglicht, die Basis fürunser Produktionsmodell dernächsten Jahre zu definieren, mitdem Ziel, die Wirtschaft des Lan-des Valencia wieder anzukurbeln.

Und wie könnte der stotterndeWirtschaftsmotor des LandesValencia wieder zum besseren

Besuch in der Markthalle von Valencia: „Deutschland ist wichtiger Handelspartner von Valencia.“

Club of RomeMáximo Buch Torralva, ge-boren am 11. August 1959in Valencia, ist Wirtschafts-ingenieur und hat sich auf Un-ternehmensorganisation spe-zialisiert. Seinen Abschlussmachte er an der Universitätvon Valencia. Von der Univer-sität von Navarra erhielt er sei-nen MBA.

Bis zu seiner Ernennungzum Minister für Wirtschaft,Handel und Industrie im LandValencia war er bei Boyden In-ternational Search Consultantstätig, einem Unternehmen fürdie Vermittlung von Führungs-

kräften, sowie als Generaldi-rektor von Tandem CapitalGestion. Máximo Buch hat beiOsborn International gearbei-tet, einer Tochter der Fonds-gesellschaft SawMill Capital.

Seit 1987 gehört er der spa-nischen Sektion des Club ofRome an und war von 1992 bis2002 Abgesandter für das LandValencia der Deutschen Han-delskammer in Spanien. Von1999 bis 2002 hat sich Máxi-mo Buch als Vorstandsmit-glied des „Instituto Valencianopara el Estudio de la EmpresaFamiliar“ (Ivefa) engagiert.

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Laufen gebracht werden?Wir arbeiten bereits an der Anpas-sung unserer Strategie für Indus-triepolitik (Estrategia de PolíticaIndustrial, EPI) an die finanziellenPerspektiven der Europäischen Uni-on und an die Strategie 2020, umunser Industriemodell und unsereWettbewerbsfähigkeit zu stärken.Diese Marschroute beinhaltet rund30 Kriterien, die die Wirtschaft desLandes Valencia bis 2020 erfüllenmuss. Wir werden diesen Plan inEinzelheiten mit den verschiedenenwirtschaftlichen und sozialen Agen-ten abstimmen. Dafür laden wir inKürze das Observatorium der In-dustrie ein sowie die Plattformen al-ler Wirtschaftssektoren.

Kann es sein, dass an der Küstedes Landes Valencia wiederverstärkt auf die Bautätigkeitgesetzt werden soll?Unser Ziel ist es, die Entwicklungzu fördern und globale Unterneh-men zu etablieren, die wettbewerbs-fähig sind. Das gilt für bestehendeFirmen wie für neu zu gründendeUnternehmen. Es geht darum, einproduktives Modell zu gestalten,das auf mehr Wettbewerbsfähigkeitberuht. In jedem Fall werden wirweiter auf die traditionelle Industriesetzen, die sich bis heute immerwieder an die Erfordernisse derWirtschaftszyklen anpassen konnte.Gleichzeitig müssen wir aufkom-mende Sektoren unterstützen, näm-lich Neue Technologien und Inno-vation. Der Bausektor ist ein nichtzu verleugnender Wert unseresLandes, der sich als Motor auf an-dere Industriebereiche auswirkt.Wir wollen, dass dieser Sektor wie-der ein herausragendes Gewicht inder Wirtschaft erhält. Tatsächlichhaben wir über das valencianischeInstitut für Export einen Plan ausge-arbeitet, der unseren Stock an Im-mobilien in mehreren europäischenLändern präsentiert.

Sie waren bislang nicht in diePolitik involviert ... Es ist für mich neu, im öffentlichenDienst tätig zu sein. Bislang habeich meinen Beruf in der Wirtschaftausgeübt. Was mich dazu gebrachthat, diese neue Verantwortung an-zunehmen, ist meine Überzeugung,dass Ministerpräsident Fabra einProjekt ins Leben gerufen hat, das

das Land Valencia wieder unter denführenden Regionen in Spanien po-sitionieren wird. Meine persönlicheBefriedigung ergibt sich daraus,meinen Beitrag in einer Regie-rungsmannschaft leisten zu können,die unseren Ministerpräsidenten indieser schwierigen, aber auch span-nenden Herausforderung unterstützt.

Als Nachfahr deutscher Einwan-derer mit spanischem und deut-schem Pass, wie deutsch fühlenSie sich. Oder wie spanisch?Ich fühle mich als Valencianer undEuropäer. Als Valencianer, weilich hier geboren und stolz daraufbin. Als Europäer, weil ich dasBlut zweier Länder in mir trageund davon überzeugt bin, dass dasProjekt des europäischen Mitei-nanders das Beste für unsere ge-meinsame Zukunft ist.

Hat Sie Ihr deutsches Kultur-erbe geprägt? Mein deutsches Erbe hat mir invielen Aspekten geholfen. Ich binin einem zweisprachigen Eltern-haus aufgewachsen, mit dem Vor-teil, dass ich als eigene Sprachensowohl Deutsch wie Spanisch be-herrsche. Außerdem hatte ich dasGlück, meine Ausbildung an derDeutschen Schule von Valenciaabsolviert zu haben. Während dieAltersgenossen meiner Generationihr Abitur unter dem Bildungssys-tem des Franquismo machten,konnte ich auf eine gemischteSchule gehen, an welcher der Dia-log, die Toleranz und das kritischeDenken in einem multikulturellenUmfeld gefördert worden sind.

Welche Bedeutung hat der spa-nisch-deutsche Wirtschaftsaus-tausch für Valencia?Deutschland ist traditionell einerder Absatzmärkte für das LandValencia. Im Jahr 2011 warDeutschland der zweitgrößte Ab-nehmer für unsere Exporte, im Ge-samtwert von 2,2 Milliarden Euro.Das entspricht elf Prozent unseresGesamtexports. An erster Stellesteht dabei der Automobilsektor,der im letzten Jahr um 60 Prozentgewachsen ist. Obst und Gemüsefolgen auf den Plätzen zwei unddrei, ungeachtet des Einbruchs we-gen ungerechtfertigter Warnungenvor spanischen Agrarprodukten.

Sinn für Humor: Buch beim Besuch einer Falla-Werkstatt in Valencia.

Persönliche FragenErlauben Sie uns zumSchluss ein paar kurze per-sönliche Fragen. Wie erho-len Sie sich?Indem ich lese oder im Zusam-mensein mit Freunden.

Ihr Lieblings-Fußballverein?Der Valencia FC.

Welche Bücher würden Siemit auf die Insel nehmen?Ich lese gern historische Roma-ne, mein Lieblingsbuch ist Si-nuhe der Ägypter von MikaWaltari.

Welche spanischen Wirt-schaftspolitiker schätzen Sie?Ohne Zweifel Rodrigo Rato. Erwar der Architekt des spani-schen Beitritts zum Euro unddamit ist ihm in sehr kurzer Zeitein spektakulärer Wandel unse-rer Wirtschaft gelungen, dankdessen wir uns in der europäi-schen Konvergenz positioniert

haben, auf einem Weg desWachstums.

Welche internationalen Wirt-schaftstheoretiker haben Siebeeinflusst?Paul Samuelson. Und MiltonFriedman.

Welche europäischen Wirt-schaftsfachleute?Ludwig Erhard.

Ihre Lieblingstugend?Der Optimismus.

Was schätzen Sie an sich?Die Fähigkeit, hart zu arbeiten.

Was schätzen andere an Ih-nen?Ich glaube, dasselbe.

Haben Sie ein Lebensmotto?Wenn du Honig ernten willst,tritt nicht mit den Füßen gegenden Bienenstock.