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Iran Reiseimpressionen Vorwort Der Folgende Text entstand während unserer sechzehn-tägigen Reise durch den Iran im September 2013. Wir, das sind Florian und Jannai, zwei Studenten aus München. „Warum wollt ihr denn ausgerechnet in den Iran? Das ist doch total gefährlich! Mensch, es gibt doch so viele schöne Länder…“ So in etwa lautete die Reaktion unserer Freunde und Verwandten, wenn sie erfuhren wo wir im Herbst hinfahren wollten. Hinzu kam die Giftgas-Geschichte in Syrien und das daraus folgende Säbelrasseln zwischen den USA und Russland. Der US-Congress wollte am 12. Oder 13. September entscheiden ob Syrien nun aus humanitären Gründen bombardiert werden sollte oder nicht, unser Flug ging einen Tag vorher, am 11. Spannend. Aber warum wollten wir eigentlich dorthin? Nun, jeder der sich auch nur peripher mit Weltpolitik auseinandersetzt wird bemerkt haben, dass der Iran im Westen medial nicht unbedingt im besten Licht dargestellt wird, und zwar konsequent und konsequent einseitig. Das bedeutet, wenn man die Mühe nicht scheut sich abseits von Spiegel & Co. zu informieren muss man sehr schnell feststellen, dass das bei uns installierte Bild der Islamischen Republik Iran alles andere als objektiv ist, und von mächtigen Interessen getrieben. Kein so leichtes Unterfangen dagegen ist es herauszufinden wie es wirklich ist in diesem Land. Einem Land mit über Jahrtausenden gewachsener Kultur, reicher, mit der unsrigen verwobenen Geschichte und aktueller geopolitischer Bedeutung. Dieses schwarze Loch wollten wir füllen. Der folgende Text erhebt keinen Anspruch auf Objektivität, sondern stellt meine persönlichen Erfahrungen während der Reise dar. Er hat nicht das Ziel unsere westlichen Medien Lügen zu strafen und bewusste Manipulation nachzuweisen (das haben andere schon erschöpfend getan). Vielmehr möchte ich durch diesen Reisebericht meine Eindrücke teilen und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass der Iran nicht nur seine Regierung und eine große Ölquelle ist, sondern eben auch ein hochentwickeltes Land voller wunderbarer Menschen, die sich von uns nicht im geringsten unterscheiden. Lasst uns immer daran denken dass es um genau diese Menschen geht, wenn wir über „wirtschaftlichen Druck“ oder „präzise militärische Aktionen“ lesen oder sprechen. Der Sinn des Reisens besteht darin, die Vorstellungen mit der Wirklichkeit auszugleichen, und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten, sie so zu sehen, wie sie sind. Samuel Johnson

Iran - anarchistischebergfreunde.files.wordpress.com fileIran Reiseimpressionen Vorwort Der Folgende Text entstand während unserer sechzehn-tägigen Reise durch den Iran im September

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Iran

Reiseimpressionen

Vorwort

Der Folgende Text entstand während unserer sechzehn-tägigen Reise durch den Iran im September

2013. Wir, das sind Florian und Jannai, zwei Studenten aus München.

„Warum wollt ihr denn ausgerechnet in den Iran? Das ist doch total gefährlich! Mensch, es gibt doch

so viele schöne Länder…“

So in etwa lautete die Reaktion unserer Freunde und Verwandten, wenn sie erfuhren wo wir im Herbst

hinfahren wollten. Hinzu kam die Giftgas-Geschichte in Syrien und das daraus folgende Säbelrasseln

zwischen den USA und Russland. Der US-Congress wollte am 12. Oder 13. September entscheiden ob

Syrien nun aus humanitären Gründen bombardiert werden sollte oder nicht, unser Flug ging einen Tag

vorher, am 11. Spannend.

Aber warum wollten wir eigentlich dorthin?

Nun, jeder der sich auch nur peripher mit Weltpolitik auseinandersetzt wird bemerkt haben, dass der

Iran im Westen medial nicht unbedingt im besten Licht dargestellt wird, und zwar konsequent und

konsequent einseitig. Das bedeutet, wenn man die Mühe nicht scheut sich abseits von Spiegel & Co.

zu informieren muss man sehr schnell feststellen, dass das bei uns installierte Bild der Islamischen

Republik Iran alles andere als objektiv ist, und von mächtigen Interessen getrieben.

Kein so leichtes Unterfangen dagegen ist es herauszufinden wie es wirklich ist in diesem Land. Einem

Land mit über Jahrtausenden gewachsener Kultur, reicher, mit der unsrigen verwobenen Geschichte

und aktueller geopolitischer Bedeutung. Dieses schwarze Loch wollten wir füllen.

Der folgende Text erhebt keinen Anspruch auf Objektivität, sondern stellt meine persönlichen

Erfahrungen während der Reise dar. Er hat nicht das Ziel unsere westlichen Medien Lügen zu strafen

und bewusste Manipulation nachzuweisen (das haben andere schon erschöpfend getan). Vielmehr

möchte ich durch diesen Reisebericht meine Eindrücke teilen und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass

der Iran nicht nur seine Regierung und eine große Ölquelle ist, sondern eben auch ein

hochentwickeltes Land voller wunderbarer Menschen, die sich von uns nicht im geringsten

unterscheiden. Lasst uns immer daran denken dass es um genau diese Menschen geht, wenn wir über

„wirtschaftlichen Druck“ oder „präzise militärische Aktionen“ lesen oder sprechen.

Der Sinn des Reisens besteht darin,

die Vorstellungen mit der Wirklichkeit auszugleichen,

und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten,

sie so zu sehen, wie sie sind.

Samuel Johnson

Tag 1

So, wir sind dann wohl angekommen. Was für ein Tag! (gilt das noch als einer?) Ich bin geradezu

fassungslos wie gut das heute alles geklappt hat. Eine Zusammenfassung:

9:00 Uhr morgens in München aus der Wohnungstür, Flo an der Donnersberger Brücke getroffen,

eingecheckt. Wir fliegen hin- und zurück über Istanbul für sage und schreibe 250€.

Als wir am frühen Nachmittag am Bosporus ankommen erhalten wir einen kleinen Dämpfer. Wir

hatten uns sehr darauf gefreut während der sechs Stunden Aufenthalt einen Tee in der Altstadt zu

trinken, nach einem verwirrenden Gespräch mit dem Busfahrer wird uns klar dass es zwei Flughäfen

gibt und wir gerade am kleinen, viel zu weit außerhalb gelegenen sind. Egal. Wir fahren mit dem Bus

ins nähere Kadiköy, essen am Pier zu Abend und sehen dem Meer dabei zu wie es langsam die tiefrote

Sonne verschluckt.

23:30 Uhr, Flug nach Teheran. Als wir ins Flugzeug einsteigen fragt der Steward, der an der Tür die

Passagiere begrüßt mit großen Augen: „What are you doing here?“ Auf unser „Holidays?“ erhalten

wir nur Stirnrunzeln und ein ungläubiges „OK…?!“

Ich lerne einen freundlichen Iraner kennen, er gibt mir gleich Tipps wo man am besten Euros in

Rial/Toman tauschen kann.

[Wegen der starken Inflation setzt die iranische Zentralbank den Kurs für längere Zeit fest, der

Marktwert des Euro auf der Straße ist deutlich höher. Es gibt Wechselstuben bzw. einfache

Straßenhändler, die die besten Kurse anbieten, beide sind von der Polizei geduldet. Gerade entspricht

ein Euro etwa 40000 Rial, weil das den Iranern auch zu viele Nullen sind haben sie kürzlich

(inoffiziell aber omnipräsent) begonnen die Währung „Toman“ zu nennen und eine Null gestrichen.

Die Scheine sind die gleichen. Als wäre das nicht schon kompliziert genug hat irgendein

Menschenfeind den Scheinen für 500 und 5000 sowie 1000 und 10000 Toman die gleiche Farbe

gegeben, beim Bezahlen sind wir vorerst überfordert]

04:30 Uhr, Ankunft in Teheran. In der Schlange an der Gepäckausgabe lernen wir Florian, einen

Österreicher in unserem Alter kennen. Er hat durch seinen Zivildienst schon reichlich Erfahrungen in

Nepal und Pakistan gesammelt und macht hier Couchsurfing. Sympathischer Kerl.

Wir kaufen gemeinsam SIM-Karten und teilen uns, nachdem Flo und ich uns noch schnell einen

Inlandsflug für die Rückreise gebucht haben (32€ statt 10€ für 13 Stunden Busfahrt) gemeinsam das

Taxi in die Stadt.

Als wir ankommen ist es 07:15, die Stadt wacht gerade auf. Wir stehen zuerst etwas verloren an einem

Autobahnkreuz (diese Stadt ist einfach ein bisschen groß. 14-16 Millionen Menschen, das ist zweimal

die Bevölkerung Österreichs), dann nehmen wir schließlich die Metro, um gemeinsam zu Florians

Couchsurfing-Gastgeber zu fahren um dort zu frühstücken. In der U-Bahn (neu, großzügig, sauber)

fragen wir einen Wachmann nach dem Weg. Er kann kein Wort Englisch (und wir kein Farsi),

begleitet uns aber dennoch über zwei Rolltreppen bis zum richtigen Zug und wartet bis wir

eingestiegen sind. Einfach so. Welch sympathischer erster Kontakt!

Wir treffen Ershad, Florians Host. Er ist Kurde, trägt einen Afro-Haarschnitt und grüne Flipflops

(unser Lonely Planet sagte offene Schuhe seien ein No-Go!), spricht perfektes Englisch und teilt sich

die Wohnung in der wir gerade auf dem Boden sitzen und frühstücken mit seiner Schwester. Er macht

gerade Ferien, bevor das letzte Semester seines BWL-Studiums losgeht. Sie ist Kunstlehrerin.

Wir sind sofort auf einer Wellenlänge, es wirkt fast als würden wir uns eh schon ewig kennen und

hätten uns nur hier verabredet. Nasi, Ershads Freundin kommt dazu (sie lebt seit jeher in Deutschland,

wollte eigentlich nur vier Monate in Teheran Urlaub machen, jetzt sind es schon sieben), Mehdi, ein

weiterer Freund. Uns wird ein Cocktail angeboten (es ist 08:30 Uhr), wir lehnen selbstverständlich ab.

[Alkohol ist für nicht-Moslems zwar erlaubt, für alle anderen sind die Strafen allerdings drakonisch.

Auspeitschen und so.]

Schließlich stößt noch ein weiterer Couchsurfer, „Clever“ zu uns, ein Brasilianer, jeder Zentimeter

seines riesigen Körpers tätowiert, in den Ohren Tunnel groß wie Kreolen, ein schwarzer Rasta-Zopf

schmückt den ansonsten kahlen Schädel. Er kam mit dem Motorrad aus Amsterdam, musste seine

Maschine aber aus Zollgründen an der iranischen Grenze stehen lassen. Seine Reise ist fast zu Ende, er

erzählt von seinen Erlebnissen (mit tiefer, rauer Stimme natürlich).

Wir wollen irgendwann am späten Vormittag nach Qazvin aufbrechen, doch –trotz nobler Gegend und

schickem Haus waren von den zwölf Paar Schuhen vor der Tür genau Flos und mein Paar nicht mehr

da. Peinliche Betretenheit bei unserem Gastgeber. Der Nachbar aus der Wohnung gegenüber kommt

vorbei, meint das sei in dem Haus schon öfters passiert. Ich habe zum Glück noch die guten

Trekkingschuhe im Rucksack, Flo hat allerdings ein Problem. Aber was solls? Nasi und Mehdi fahren

mit uns Schuhe kaufen.

Im Auto haben wir Gelegenheit mit Nasi (dank ihrem Deutsch und ihrer deutschen Perspektive) sehr

präzise über die Auswirkungen der Sanktionen zu sprechen. Unser erstes Bild vom Leben in der Stadt:

funktioniert, gut sogar. Ihr Kommentar dazu: „Ja, es funktioniert. Im Alltag kommen die Sanktionen

erst jetzt so richtig beim Volk an. Besonders merkt man es im Gesundheitswesen, es gibt kaum noch

Medikamente. Für meine Schilddrüsentabletten zahle ich diesen Monat 50% mehr als den Monat

davor, so geht das schon länger. Und die Wirtschaft merkt es als Ganzes, die Mittelschicht blutet

gerade ziemlich aus. Fast alle sind auf der sozialen Leiter in den letzten fünf Jahren eine Stufe

abgestiegen. Wenn das noch lange so weitergeht haben wir hier bald auch Syrien.“

Nachdem Flo gleich im ersten Laden passende Turnschuhe gefunden hat fahren uns unsere Freunde zu

einer der vier großen Bus-Terminals Teherans, wir finden dort unkompliziert und ohne vorher gebucht

zu haben einen Bus nach Qazvin. Alle Busse die an der Haltestelle standen waren (wirklich

ausnahmslos!) blitzeblank und verhältnismäßig neu. Das gleiche gilt für die Straßen auf dem Weg:

breit, sauber, top Zustand.

[Zum iranischen Verkehrssystem: Es gibt zwar eine Eisenbahn im Iran, das Netz ist allerdings nicht

besonders gut ausgebaut. Stattdessen fahren zwischen den größeren Städten Überlandbusse. Man

bucht bei einem der zahlreichen Busunternehmen im Voraus ein Ticket, wie am Flughafen mit

Passnummer usw., auf unserer Reise gab es nie Verspätungen oder Ausfälle. Die Preise sind

unglaublich niedrig, für einen normalen Platz bezahlt man ca. 0,5€, in einem VIP Bus mit breiten

Ledersesseln und gigantischer Beinfreiheit etwa 1€ pro 100 km.]

Nach etwa 2,5 Stunden Busfahrt mit ernsthaftem Schlaf gibt uns der Bus-Boy zu verstehen das wir

hier aussteigen sollten und ehe wir uns versehen stehen wir noch ein bisschen schlaftrunken irgendwo

im iranischen Nirgendwo am Highway. Ein Taxi bringt uns ins Stadtzentrum, wo wir uns -zu müde

um wählerisch zu sein- im Restaurant unseres Hotels mit dem ersten ernsthaften Essen seit dem letzten

Abendmahl in Deutschland versorgen (endlich!).

Über das Hotel bekommen wir (mehr oder weniger freiwillig) Kontakt zu einem Trekking-Guide der

zwar im Lonely Planet genannt wird, uns allerdings nicht besonders sympathisch ist. Dennoch nehmen

wir sein Angebot an uns am nächsten Tag ins Alamut Valley zu fahren, eine ca. 150 km lange Strecke

durch die Berge. Er fordert eigentlich viel zu viel Geld dafür, unsere Müdigkeit macht allerdings

kompromissbereit.

Auf der Suche nach Verpflegung für die nächsten Tage im Alamut Valley finde ich mich kurze Zeit

später in einem Supermarkt wieder, vollkommen überwältigt von der „Normalheit“ des Lebens hier.

Frauen mit leger sitzenden Kopftüchern zwischen langen, vollen und sauber aufgeräumten

Regalen…Augen zu, ich denke mich nach München, Augen auf…ja, bis auf die Wachteleier würde es

passen!

Auf dem Heimweg beobachte ich von einer sonnenwarmen Parkbank aus die bunte Mischung an

Menschen, die ihren Feierabend in diesem gepflegten Fleckchen Grün verbringen: alte, graue Männer

in Gruppen, rauchend, Tee trinkend. Familien, die auf einem Teppich in der Wiese picknicken, kleine

Kreise um bunte Schüsseln und Alufolie. Ein Junge steht mit dem rechten Fuß im Rosenbeet, seine

linke Hand ertastet etwas auf dem Grund des Parkteichs. Der junge Mann neben mir auf der Bank

rezitiert leise ein Gedicht/betet. Schön.

Tag 2 Der Wecker reißt uns aus dem viel zu kurzen Schlaf. Es ist 6:45 Uhr, ab 7:00 gibt’s Frühstück, um

7:30 kommt der Guide. Dachten wir zumindest.

Die Küche ist und bleibt zugesperrt, der Hotelmensch, der uns schlaftrunken und im Unterhemd

unsere Pässe wiedergibt murmelt nur etwas von „Today friday. Friday holiday. Breakfast start 8:30.“

Wir stellen unseren Guide zur Rede, schließlich war er es der uns gestern versprach beim Hotel sei das

Frühstück dabei. Achselzucken, gespieltes Unverständnis. Er schlägt vor uns in das Lokal zu fahren in

dem er gerade gefrühstückt hat, wir willigen ein und werden mit ofenfrischem Brot, köstlicher

Linsensuppe und Tee belohnt, genug um den Hunger bis weit über dem Mittag hinaus fernzuhalten.

Für 60 Cent pro Person.

Die Fahrt durch die Berge ist abenteuerlich. Zum einen, weil unser Guide/Fahrer wohl besser

Rennfahrer hätte werden sollen, zum anderen wegen der spektakulären Landschaft (durch welche uns

übrigens eine nagelneue, asphaltierte Straße führt). Grau-braune, mit Grasbüscheln bewachsene

Hänge, die soweit das Auge reicht in 4000m hohen Bergspitzen zusammenfinden, dazwischen

Weinplantagen, Kirschbäume und in den Talsohlen Reisfelder als grüne, die Kleider der

picknickenden Tagestourist(inn)en als rote und blaue Farbkleckse.

In Garmaroud steigen wir aus, schultern die Rucksäcke und beginnen zusammen mit einer Gruppe

Iraner aus Qasvin die zufällig gerade des Weges kommen die Straße bergauf zu stapfen. Die Iraner

(drei Männer, eine Frau, alle ca. 30 Jahre alt, alle künstlerisch tätig) konnten einigermaßen Englisch,

wir kommen im Gespräch sogar bis zur Philosophie. Franz Kafka wird zitiert. Eine Weggabelung

trennt uns.

Nach einer halben Stunde allein zu zweit kommen wir an eine Kehre, an der einige Menschen aus

ihren Autos ausgestiegen sind und Fotos vom Panorama machen. Kaum werden wir entdeckt sind wir

die Stars und werden begrüßt, fotografiert, mit riesigen Stücken geschälter Melone beschenkt und

eingeladen auf der Ladefläche eines Pickups mitzufahren. Verschwitzt und die not-so-sexy Straße vor

Augen willigen wir glücklich ein und fahren mit bis nach „Pichebon“, unserem Ziel für den heutigen

Tag. Der gigantische Ausblick und der warme Wind in den Haaren sind zudem eine ganz eigenes

Vergnügen.

Die Fahrt wird mehrmals unterbrochen: an einem Wasserfall, einem Dorfladen (alle im Auto, uns

eingeschlossen werden mit Eis versorgt), an einer alten Karawanserei (= Raststation). Als wir an

unserem Zielort ankommen werden wir von unseren Begleitern eingeladen doch mit ihnen nach

Qazvin zurückzufahren und abends mitzukommen auf eine Hochzeit. Würden wir mitkommen

müssten wir das Kaspische Meer wegfallen lassen, zu wenig Zeit haben wir für ein zu großes Land.

Wir verabschieden uns.

Im Nachhinein sind wir ganz glücklich darüber dass wir unseren teuren Guide von heute Morgen

getroffen haben, denn ohne seine Empfehlung hätten wir die Bleibe für die heutige Nacht wohl nie

gefunden. 200 Meter über dem winzigen Ort Pichebon hat eine Familie einen Bauwagen und ein altes

Armeezelt hingestellt, ein etwas merkwürdiger Sohn der Familie (wir wissen beide nicht mehr wie er

hieß, ich nenne ihn hier einfach Ali) verkauft im Bauwagen tagsüber Chips und Tee an vorbeifahrende

Touristen, im Zelt kann man entweder tagsüber mit einer Wasserpfeife Schutz vor der sengenden

Sonne suchen (hier auf ziemlich genau 3000 m ist das durchaus sinnvoll) oder nachts auf dem Teppich

schlafen. Letzteres war unser Plan.

Aber eines nach dem anderen. Noch ist es früher Nachmittag. Wir sitzen gerade beim ersten Tee im

Zelt, da halten drei Autos fünf Meter weiter, Menschen steigen aus, jemand lässt seine Soundanlage

finstersten Farsi-Pop spielen. Als wir vor das Zelt treten sehen wir einige Männer beschwingt hüpfen,

lachen und tanzen, die Frauen klatschend im Kreis drum herum. Nach ein paar Minuten wird

gewechselt, die Omas, Mütter und Töchter lassen ordentlich die Hüften wackeln. Wieder ein paar

Minuten später quetschen sich alle zurück in die Autos und fahren weiter.

Kaum sind sie außer Sichtweite gesellen sich ein paar Männer aus Garmaroud zu uns, einer von ihnen

spricht ausgezeichnetes Englisch. Er übersetzt für seine Freunde unser Englisch in Farsi, wir finden

heraus, dass er der Manager eines größeren Hotels weiter unten im Tal ist, dank den Sanktionen läuft

das Business aber nicht so richtig. Auch er hat Angst vor einer Radikalisierung, sollte der Druck nicht

nachlassen. Wir trinken Tee.

Durch unseren prominenten Platz wird uns nicht langweilig: Minuten nachdem sich die Herren

verabschiedet haben steigen unweit von uns zwei teheraner Familien aus ihren Autos, rollen einen

Teppich aus und kochen Tee. Die Töchter (insgesamt fünf an der Zahl, in bunte und sehr figurbetonte

Mäntel gekleidet) scheinen sich sehr für uns zwei Exoten zu interessieren. Ihre Mutter merkt das

offensichtlich auch, mit ihr im Nacken trauen sich die Grazien nicht uns anzusprechen, dafür wird

umso mehr gekichert. Schließlich werden sie mutig, kommen bis auf einige Meter an uns heran und

machen zig Gruppenfotos, immer weg vom großartigen Panorama, hin zu uns. Wir sitzen, feixen und

genießen das Spektakel.

Den ganzen Nachmittag hindurch leistet uns Alis Bruder Gesellschaft. Er lebt nicht mehr im Dorf,

sondern arbeitet in Qazvin. Sein Englisch ist kaum vorhanden, trotzdem und mit der Hilfe des Farsi-

Kapitels unseres Reiseführers gelingt ein guter Austausch. Irgendwann kommt er mit einer großen

Plastikflasche mit Schnaps und einem Softdrink ins Zelt, nachdem wir das Angebot ablehnen kippt er

selbst einen nach dem anderen.

Im Gespräch erfahren wir, dass Ali einen fiesen Autounfall hatte und sein Hirn einigen Schaden

davongetragen hat. Seine Familie hat ihm das Zelt und den Bauwagen gegeben, sodass er trotzdem

einer würdigen und dennoch einfachen Beschäftigung nachgehen kann. Mutter, Schwester und Alis

Frau (sie sieht nicht im Geringsten unglücklich aus mit ihm) kommen abends vorbei, bringen Gebäck

und trinken mit uns Tee. Ich bin berührt von dieser liebevollen und souveränen Art mit einem solch

schweren Schicksal umzugehen.

Kurz vor dem Dunkelwerden spielen wir nahe unserem Zelt eine Runde Fußball mit den Jungs aus

dem Dorf. Zur Schande unserer Fußballnation versagen wir jämmerlich, zum einen weil speziell ich

einfach so gar überhaupt nicht Fußball spielen kann, zum anderen weil wir auf 3000m instantan aus

der Puste sind.

Nach dem Spiel unterhalte ich mich noch kurz mit dem afghanischen Hirtenjungen, der auf die vielen

Ziegen und Schafe, die in der Nacht auf der Wiese vor unserem Zelt geparkt sind aufpasst. Er spricht

kein Wort Englisch, erzählt aber wie wild drauf los. Das einzige was ich sicher verstehe ist: …kein

Bock auf Dschihad…Amerikaner...peng peng peng…fünf…Iran.

Glücklich und müde von diesem langen und ereignisreichen Tag machen wir es uns auf dem Teppich

im Zelt gemütlich, um die mittlerweile saukalte Luft draußen zu halten basteln wir ein wenig am Zelt

herum, versuchen jede Ritze zu verschließen. Noch schnell den Wecker für morgen stellen

und…MIST! Flos Handy ist weg. Nicht verloren, sondern ganz sicher aus der Fronttasche des

Rucksacks geklaut, irgendwann am Nachmittag.

Kurze Rekapitulation: wir hatten unser Zelt nur zum Fußballspielen verlassen. Geld und Pass hatten

wir selbstverständlich immer am Körper, die Rucksäcke lagen allerdings vertrauensvoll im Zelt. Es

war ja eh nur Ali dort, sein Bruder spiele mit uns und den Dorfjungs. Ali! Nur er könnte auf die Idee

kommen ein uraltes Handy zu stehlen, das er wegen deutscher Sprache und Pin sowieso nicht

benutzen kann. Er hat eh den ganzen Nachmittag so auf mein Messer geschielt…Um das Handy ist es

nicht besonders schade, aber unsere ganzen Kontakte zu Ershad und den anderen Freunden aus

Teheran sind dort gespeichert. Jede Sympathie für Ali war verflogen. Ali selbst übrigens auch, er war

schon vor einer Stunde nach Hause gegangen.

Ich laufe bewaffnet mit dem Farsi-Wörterbuch im Dunkeln durch die Schafherde, bellende

Hirtenhunde und hüfthohes Gras zu Alis Bruder, der mit dem Hirtenjungen von vorhin am Feuer

sitztend seinen Rausch genießt. Mit viel Ruhe und Empathie versuche ich ihm klar zu machen dass

unser Handy weg ist, dass es nur während des Fußballspiels gewesen sein kann und dass Ali ja

gesehen haben könnte wer es war, er wäre ja auch die einzige Person um das Zelt herum gewesen.

Nach fünf Minuten merke ich an plötzlich aufgerissenen Augen und einem „Oh, Ali mobile no!!!“

dass meine Suggestivfrage angekommen ist. Ich beschwichtige, versichere dass Ali es

selbstverständlich nie gewesen sein könnte, wünsche eine gute Nacht und gehe. Lassen wir es mal

wirken.

Nach über einer Stunde hören wir plötzlich Schritte, gleich neben unserem Zelt, kurz darauf ein

klacken am Bauwagen, wieder Schritte. Minuten später den Ruf eines Vogels, sehr laut und irgendwie

nicht wie von einem Vogel. Gerade als ich mit der Taschenlampe nach dem Rechten sehen will streckt

Alis Bruder seinen Kopf ins Zelt, drückt mir mit einem „Boys from village“ das Handy in die Hand

und geht. Aha.

Glücklich dass sich alles doch irgendwie gelöst hat schlafen wir ein.

Tag 3 Brr war das kalt im Zelt. Saukalt. Trotz den mehreren Schichten Kleidung, den n-Paar Socken und den

beiden Fleece Decken die Ali uns gebracht hatte war es ziemlich zapfig. Das Zelt war trotz unserer

gestrigen Bemühungen alles andere als winddicht, und der räudige Schlafsack, der uns zusätzlich zum

Teppich gegen Kälte von unten schützen sollte reichte nur für unsere Oberkörper/Hintern.

Verhältnismäßig warm wurde es nur zusammengekauert in Embryohaltung (auch die Decken waren zu

kurz für einen ausgewachsenen Europäer), welche man spätestens nach zwanzig Minuten (wenn einem

der Arm endgültig einschläft) aufgeben und erneut einnehmen muss, nur eben mit dem frischen Arm

unter dem Kopf. Erschwert wurde die Situation durch die Tatsache, dass die Unterlage (der Ex-

Schlafsack) durch diese stetige Wendeprozedur immer weiter nach unten, gen Füße wanderte

(=>Schultern kalt) und die Decke sich auf einer Seite anhäufte (=> Rücken kalt).

Als der Wecker um 7:00 Uhr klingelte machen wir uns guter Dinge darüber, dass die Nacht vorbei ist

daran, bergauf zum Pass zu stapfen, von wo aus es dann nur noch bergab geht bis zum Kaspischen

Meer.

Eine Stunde später sitzen wir genau dort, genießen unser (mittlerweile Gummi-)Brot mit Käse und

Äpfel zum Frühstück bei einem atemberaubenden Panorama. Die Berge um uns herum haben eine

Dimension, wie ich sie sonst nur von den hohen Tauern oder gar dem Himalaya kenne. In einem

Nordhang liegt sogar noch Schnee!

Nachdem wir seit anderthalb Stunden bei sengender Sonne die Schotterstraße bergab laufen und Flos

Füße ihm in Form von multiplen Blasen mitteilten, dass die neuen Schuhe vielleicht doch nicht so

optimal sind freuen wir uns, als ein blauer Pickup angefahren kommt und uns auf der Ladefläche

mitnimmt. Im Fahrerhäuschen sitzen der Mann, Frau, Oma und kleiner Sohn, der uns durch das

Fenster begeistert zuwinkt.

Wir fahren eine schier endlos lange, wohl aber wunderschöne Bergstraße entlang, die abenteuerlich in

die felsigen Steilhänge geschnitzt ist und beobachten, wie sich die Vegetation mit jedem Höhenmeter

ändert. Wir passieren eine gigantische Baustelle mit schwersten Maschinen, die die Spitze der

Asphaltstraße markiert, die sich in den nächsten Monaten/Jahren wohl ganz bis über den Pass von dem

wir kommen erstrecken wird.

Unterwegs schleppt unser Pickup einen PKW ab. Wir hören quietschende Reifen und sehen, wie uns

das Auto mit losgerissenem Abschleppseil überholt (bzw. an uns vorbeirollt). An der nächsten

Gegensteigung wird es wieder angeknotet, eine sich mehrfach wiederholende Prozedur.

Nach zweieinhalb Stunden Fahrt ist der Himmel wolkenverhangen, die Vegetation fett und grün, die

Luft riecht tropisch, neben der Straße sieht man Familien beim Picknick. Als die ersten Häuser

auftauchen gibt uns unser Fahrer zu verstehen wir sollten uns doch bitte klein machen, der Polizei

wegen. So schaukeln wir liegend noch weitere 30 Minuten durch hässliche Orte, bis wir in Tonekabon,

einem Ort direkt am Kaspischen Meer von der Ladefläche steigen. Unser Fahrer lehnt jegliche

Bezahlung ab, nur einen deutschen Müsliriegel dürfen wir seinem Sohn in die Hand drücken.

Der Versuch uns mit dem Taxi in ein Restaurant direkt am Wasser kutschieren zu lassen scheitert

kläglich, wir essen ein Kebab neben der Hauptstraße. Danach gondeln wir mit einem Taxi weiter bis

nach Ramsa, einem laut dem Reiseführer ganz netten Ort. Unterwegs fällt uns auf warum der

Taxifahrer vorhin nicht verstanden hat als ich ihm versuchte zu erklären, dass wir in ein Restaurant am

Pier wollen: Es gibt keines. Die gesamte Küstenlinie ist zugebaut mit fiesen Betonburgen, nur alle

paar Kilometer erhaschen wir einen Blick aufs Wasser. Strände gibt es nicht wirklich. Die Iraner

machen hier zwar unglaublich gerne Urlaub, wohl aber eher wegen des feuchten Klimas und der

Wolken als um zu baden.

Da das im Reiseführer empfohlene Hotel nach einem Besitzerwechsel deutlich teurer geworden ist und

uns der Benidorm-Flair des Ortes nicht wirklich zusagt ziehen wir direkt weiter in die größte Stadt der

Region, Rasht. In Ermangelung einer Busverbindung nehmen wir für die 100km-Strecke ein „Savari“,

ein Sammeltaxi.

Meine Fresse. Die Autofahrt wird wohl noch sehr lange unter den Top Fife der bescheidensten

Urlaubserlebnissen meines Lebens gastieren. Der iranische Straßenverkehr ist durchaus für die

Abwesenheit gängiger Normen bekannt, sei es das Halten der Spur oder eine festgelegte Seite, auf der

man überholt, OK. Aber das, was unser Fahrer hier treibt läuft am ehesten unter Kamikaze. Ein

Bespiel: auf einer dreispurigen Straße fahren wir als zweites hinter einem LKW, das Auto vor uns

überholt den Truck links, unser Fahrer zieht rechts an dem mit lose befestigten Stahlrohren beladenen

Ungetüm vorbei. Beim Einscheren kommt (welch Überraschung!) der PKW von links sehr schnell

nahe, quietschende Reifen, wir kollidieren um ein paar Zentimeter gerade nicht. 200 m voraus sieht

man eine rote Ampel und ein Meer roter Bremslichter. Unser Fahrer gibt so richtig Gas. 50 m vor der

Mauer aus stehenden Autos leitet er den Bremsvorgang ein, merkt dass er das nicht schaffen wird.

„Egal, dann machen wir halt eine neue Spur auf“, denkt er sich und keilt sich hupend zwischen

erschreckt ausweichende Autos. Um das Ganze noch lustiger zu gestalten konfisziert die Polizei im

Iran gerne Unfallautos (nur die richtig fies deformierten) und bockt sie neben der Straße zur

Abschreckung auf. Der Verkehr wird an diesen Stellen auf eine Spur verengt, damit man auch genug

Zeit hat sich das Wrack anzugucken.

Irgendwie kommen wir doch lebendig an.

Wir lassen unsere Rucksäcke im Hotel und gehen auf die Straße, um Rasht ein bisschen

kennenzulernen. Es herrscht buntes Treiben überall, die Autos auf der Straße hupen, Menschen

drängen sich auf den breiten Bürgersteigen an diversen Geschäften vorbei.

Als wir dem Süßigkeiten Verkäufer, der uns gerade eine Tüte mit Baklava reicht sagen, dass wir aus

Deutschland kommen freut er sich, bringt uns zu einem Stoffgeschäft zehn Meter weiter und stellt uns

einem Freund vor.

Dieser spricht gutes Englisch und wir quatschen über dies und jenes. Er hat Jura studiert, findet wegen

der fiesen wirtschaftlichen Situation gerade aber keine Stelle und verkauft jetzt eben Stoffe im Laden

seiner Familie. Im Gespräch beginnt er begeistert von Adolf Hitler zu schwärmen und reagiert etwas

irritier, als wir den Alten Adolf gar nicht toll finden. Sehr merkwürdig.

Flo hat genug für heute und geht ins Hotel, ich gebs‘ mir noch ein bisschen dreckig und stürze mich

mitten in das Gewühle des Bazars, wo ich zum ersten Mal auf dieser Reise einen ernsthaften

Kulturschock bekomme. Es unmöglich sich ohne intensiven Körperkontakt zu bewegen, wobei einem

von allen Seiten die intensivsten Bilder und Gerüche entgegenschlagen. Es gibt alles hier: buntes Obst

neben kupfernen Teekesseln neben Eimern voller Hühnerfüße neben Bügeleisen neben Schulranzen

neben Handys neben Becken mit lebendigem Fisch.

Ich knie mich zu einem Händler, der auf einem riesigen Tablett einen Turm aus Zwetschgen gebaut

hat, er fragt: „Russia?“ Ich: „Germany/Aleman“ Er: „Oh, Allmann gutt!“, er brüllt zu seinem Kumpel

drei Stände weiter, dass er hier einen deutschen Kunden hat. Von drüben strahlt dieser mich an, ruft

„Mirroslav Klosse!“, mein Gegenüber stopft mit einem glücklichen „Adolf Hitler!“ noch eine Hand

voller Pflaumen in die schon bezahlte Tüte.

Im Hotelzimmer schlagen wir uns mit Obst, Gemüse und Baklava den Bauch voll und machen

hemmungslos Hitlerwitze, eigenartig glücklich darüber, dass es tatsächlich ein Land gibt, in dem

einem die deutsche Vergangenheit zum Vorteil gereicht.

[In all den vielen Situationen und Gesprächen die wir diesbezüglich während unserer Reise erlebten

kam es nicht einmal vor, dass sich ein Iraner positiv über Holocaust und Kriegsverbrechen äußerte, es

scheint, dass in diesem Bereich nicht wirklich wissen vorhanden ist. Ich vermute, dass in einem

Schulbuch in einem Kapitel erwähnt wird dass Hitlerdeutschland sehr intensiv gegen die USA, GB

und Sowjetrussland kämpfte, genau die Länder, die dem Iran in den letzten hundert Jahren sehr übel

mitgespielt haben (vgl. der Sturz Mossadegs).

Zudem sind die Perser Arier, jedenfalls wenn man irgendwelchen Abstammungstheorien glaubt. Und

für die hatte Adolf ja auch recht viel übrig.

Um jedem Verdacht des Antisemitismus entgegenzuwirken sei nochmals ausdrücklich gesagt, dass

Juden gemäß der iranischen Verfassung gleichgestellt und geschützt sind. Es gibt jüdische Schulen,

eine jüdische Tageszeitung und sogar einen jüdischen Abgeordneten im Parlament. Antisemitismus

und Kritik an der Politik des Staates Israel sind auch hier zwei Paar Stiefel.

Tag 4 Nach dem Frühstück in einer kleinen Kneipe neben dem Hotel und einem (der Uhrzeit wegen sehr

ruhigen) Ausflug auf den Bazaar spazieren wir zu unserem Freund, dem Stoffhändler. Zum einen

wollen wir uns verabschieden, zum anderen nachfragen wo wir das Busticket für die Fahrt nach

Isfahan kaufen können. Er läuft mit uns gemeinsam zum Ticketschalter.

Auf dem Weg dorthin spielt sich mitten auf dem Bürgersteig folgende bemerkenswerte Szene ab:

Ein Mullah (= Korangelehrter, Turban, langes weißes Gewand, wehender schwarzer Mantel) läuft an

uns vorbei und ein kleiner, faltiger alter Mann der gerade genau auf unserer Höhe ist sagt etwas, laut.

Unser Freund sagt, der Mann habe dem Mullah gerade „Schwein“ hinterhergerufen! Auf unsere

Verblüffung hin erklärt er, dass viele Menschen die Mullahs als Verkörperung der religiösen Führer

des Landes für die aktuelle Situation verantwortlich machen.

Am Ticketschalter erfahren wir, dass entgegen der Angabe unseres Reiseführers kein Nachtbus von

Rasht direkt nach Isfahan fährt, sondern dass wir über Teheran gondeln müssen. Egal. Eine

Alternative zu den 13 Stunden im Bus gibt es nicht. Los geht es heute um 00:00, wir haben also noch

den ganzen Tag in Rasht Zeit.

Begleitend zu unserem Mittagessen auf einer Parkbank (Brot, Obst, Gemüse) erhalten wir Gesellschaft

von einem ca. 30-jährigen Iraner, wir nennen ihn „den Stresser“. Er kommt schnurstracks auf uns zu

und sabbelt irgendeinen Quatsch bis er selbst außer Atem ist. Wir entnehmen seiner Monologe, dass er

gerade keine Arbeit hat und unbedingt sein Englisch aufpolieren möchte, auf sein Nachfragen eröffnen

wir ihm dass es nicht DIE deutsche Firma gibt, die gerade nach iranischen Arbeitskräften ohne

fachliche Ausbildung sucht. Ein bisschen traurig, aber der Kerl ist so unangenehm dass wir bald

weiterziehen.

Auf der Suche nach einem Internet-Café (erfolglos) landen wir in einem großen Kaufhaus, das unsere

Vorstellungen von den Schaufensterauslagen der islamischen Republik etwas durcheinander bringt,

denn neben dem Laden mit Eiweißshakes werden Kleidchen feilgeboten, die bis auf die

Spaghettiträger nur aus durchsichtigem Tüll bestehen oder einfach so kurz sind, dass man sie für einen

breiten Gürtel halten könnte…

Weiter durch die Stadt streunend werden wir von einem alten Mann angesprochen. Er hat unglaublich

ruhige Augen, spricht bedächtig gutes Englisch und fragt uns, ob wir Zeit für einen kurzen Plausch

haben. Im nahen Park erzählt er aus seinem Leben, von seiner Liebe zu klassischer Musik und wie er

dazu fand (er hat einen Film von einer Oper gesehen, bei dem immer wieder das Gesicht eines kleinen

Mädchens in der ersten Reihe gezeigt wird und wie es mit der Dramatik von Szene zu Szene seinen

Ausdruck ändert. Er hat sich gedacht: „Mensch, vielleicht muss ich nur genauer hinhören!“ und hat so

die Musik für sich entdeckt.

Er ist ein unglaublich wacher, weiser, und liebevoller Mensch, der uns auf unseren Weg mitgibt, dass

das größte Glück im Leben darin besteht zu geben und zu nehmen und zwar genau dann wenn man es

durch das tut, was einen selbst begeistert. Wir sitzen über eine Stunde zusammen.

Abendessen. Flo und ich wollen eigentlich nur irgendetwas kleines, vor uns sehen wir einen

Dönerstand und denken das könnte passen. Der Typ am Spieß meint wir sollen drinnen bestellen, als

wir in das Restaurant hineingehen finden wir uns im „Grand Father Pizza“ wieder, einem Fastfood

Tempel aus dem Bilderbuch. Bei der Farsi-Speisekarte sind wir chancenlos und zeigen auf den sich

drehenden Fleischzylinder vor der Türe mit dem Resultat, dass uns ein gigantischer Berg

Fleischfetzen, Brot, Salat und Mayonnaise unter die Nase gesetzt wird, was für ein Fest (oder eher

feast?). Immer diese Touristen, die sich nicht um die traditionelle Küche scheren und in Fastfood

Kneipe herumhängen. Wurst, heute sind wir Amis.

Immer wieder fällt uns auf, dass –wenn man den Kopf schnell dreht- man aus vielen Augen angesehen

wird. Ich merke dass sich das viele Essen langsam bemerkbar macht, krame das Klopapier aus dem

Rucksack und verschwinde Richtung WC, dafür ernte ich eine weitere Runde Blicke. Halleluja.

Wir beschließen die Wartezeit bis zum Bus (noch vier Stunden) im größten Park zu verbringen. Um

Eventualitäten in den vielen dunklen Ecken des riesigen Geländes aus dem Weg zu gehen setzten wir

uns um den hell erleuchteten Spielplatz im Zentrum des Parks. Kaum dass wir sitzen kommen

haufenweise halbstarke Typen vorbei, setzen sich offensiv neben uns, zeigen nicht den geringsten

Respekt. Wir sind freundlich und versuchen sie zu ignorieren, wir lesen/schreiben.

Nach ein paar Minuten kommen zwei junge Männer vorbei, meinen die Kerle um uns herum seinen

„crazy guys“, sie (die beiden) würden uns zur Sicherheit beobachten. Ah ja. Als sie wieder gehen

machen die anderen die Finger-ins-Loch-Geste und kichern albern herum.

Nach zehn Minuten packen wir unsere Sachen und ziehen ab, die Typen sind einfach zu nervig.

Am Parkausgang fangen uns die beiden von gerade eben ab, stellen sich vor, fragen ob sie uns

begleiten dürfen. Sie sind sehr sympathisch und so willigen wie ein mit ihnen zu einem traditionellen

„Saftladen“ zu spazieren. Die beiden sind mit großer Wahrscheinlichkeit schwul (sie sagen es nicht

direkt, machen aber eine Anspielung nach der anderen bis ich sage dass ich verstehe was sie meinen)

und sind gar nicht so glücklich über ihr „fuckin‘ country“. Einer von ihnen steht auf Metal, spielt in

einer Band und meint, er könne allein wegen seiner langen Haare von der Polizei festgenommen

werden.

Der versprochene „Saft“ ist ein Getränk, für das fermentierte und gewürzte Kirschen in Wasser

verrührt werden. Mag ja echt authentisch sein aber mit Verlaub: es schmeckt mehr als

Gewöhnungsbedürftig. Wir müssen da wohl durch.

Die hübsche junge Tochter des Besitzers setzt sich dazu, sie spricht perfekt Englisch und meint, wenn

wir spontan noch einen Tag bleiben führt sie uns zu den besten Orten im Umland.

Trotzdem fahren wir zur Bushaltestelle, die Tickets sind schon Bezahlt und die Zeit im Iran knapp.

Es ist 00:05, der Mann hinter dem Schalter des Bus Terminals mein auf meinen fragenden Blick hin

„No bus!“, was natürlich Irritation bei uns hervorruft. Ich stehe auf und versuche genaueres

herauszufinden, doch bevor ich auch nur den ersten Satz sagen kann stellt sich eine junge Iranerin

neben mir als „Matin“ vor und klärt sie Situation (alles Ok, der Bus fährt regulär).

Matin studiert in Norwegen Jura und fährt mit uns gemeinsam nach Isfahan, sie möchte ihrem Freund

die Stadt zeigen.

Wir schaukeln mit der Luxus-Buslinie (Royal Safar Iranian) in unglaublich breiten Ledersesseln

glücklich durch die Nacht nach Teheran.

Tag 5 Morgens um 04:30 Uhr kommen wir hundemüde in Teheran an, ein Kiosk am Busterminal versorgt

uns mit Rührei und Brot (dem extrem dünnen, das sich ein bisschen so anfühlt wie ein Geschirrtuch.

Wir nennen es „Lappen“). Matin und ihr Freund Amir geben uns den Tipp, dass wir unseren

Anschlussbus nach Isfahan auf 6:00 Uhr, also eine Stunde früher umbuchen können und helfen uns

dabei das dem Mann am Schalter zu erklären. Die beiden besuchen noch einen Freund in Teheran und

kommen im Laufe des Vormittags nach.

Die Busfahrt nach Isfahan verläuft unspektakulär, wir fahren stundenlang geradeaus durch Steinwüste.

Wir halten an einer Raststätte, die bis auf die Ornamente aus bunten Glasscheiben auch in Spanien

oder einem vergleichbaren Land Europas stehen könnte. Viele Iraner haben die Nacht im Zelt neben

dem Auto geschlafen und krabbeln jetzt aus ihren Zelten. Es ist trotzdem ausgesprochen sauber, der

ganze Rastplatz riecht nach Schwarztee.

In Isfahan selbst finden wir dank dem Lonely Planet schnell und unkompliziert ein sauberes Zimmer

in zentraler Lage. Der Erste Eindruck von der Stadt: ein grüner Fleck mitten in der Wüste. Überall

Parks, viel Platz, ruhig, mittags wird es schwül-heiß. Ein Ort zum Bleiben!

Wir spazieren zum Imam-Square, dem mächtigen Platz südlich des Bazars, dem Zentrum der Altstadt.

Uns fällt auf wie touristisch diese Gegend ist (v.a. iranische Touristen, aber nichts desto trotz), kaum

wird man in einem Laden wie ein Touri behandelt fühlt man sich ernsthaft doof. Wir sind im Norden

wirklich verwöhnt worden!

Auf dem weg spazieren wir durch den Park direkt vor unserem Hotel, ein mehrere Hektar großes

Areal, das top gepflegt ist und dank vieler Ecken und Nischen dennoch „natürlich“ wirkt. Jetzt, am

frühen Nachmittag sitzen und liegen hunderte Iranische Familien auf dem Weg und unter den Bäumen

auf ihren Teppichen, essen, trinken, schlafen.

Der Imam-Square ist fast ein bisschen langweilig. Man sieht die imposanten Fronten der Moscheen

und des Bazars, Wiese und Springbrunnen, Pferdekutschen fahren Touristen im Kreis.

Wir kommen mit einem älteren Iraner ins Gespräch, er bringt uns in ein (jedenfalls jetzt gerade) nur

von Bazarhändlern bevölkertes Teehaus in einem Gewölbe nahe des Platzes. Hunderte Glaslampen,

vergilbte Fotos, Schwerter und anderes Gelumpe hängt von der Decke und an den Wänden, laut

unseres Begleiters alles Dinge die der Inhaber des Teehauses in seinem Leben zusammengesammelt

hat. Dieser ist steinalt, mustert, potent hinter der Kasse sitzend jeden Gast der hereinkommt scharf und

wenn einer seiner Tee-Jungs nicht so spurt wie er es sich vorstellt fährt er ihn wütend an.

Unser Freund verhilft uns zu allerlei Snacks, Süßigkeiten und Getränken, von deren Existenz wir

bisher noch nicht einmal wussten, wir schlagen uns hungrig den Bauch voll während er viel und

irgendwann ziemlich wirr erzählt. Als er berichtet, in Amerika hätten sie Ameisen gezüchtet groß wie

Häuser und einen Damm gesprengt um die Viecher wieder loszuwerden zahlen wir und gehen.

Ein Iraner Ende zwanzig spricht uns im Bazar an, er will offensichtlich nur quatschen. Wir fragen ihn

ob er uns einen Obstladen zeigen kann und spazieren gemeinsam durch die Stadt. Er leistet gerade

seinen Wehrdienst (21 Monate, er hat noch 4 vor sich), dabei hat er nach der Grundausbildung einige

Monate lang mit dem Gewehr vor öffentlichen Gebäuden herumgestanden, danach musste er an einer

Kreuzung den Verkehr regeln. Jetzt übersetzt er Englische Texte und jobbt nebenher als

Englischlehrer (er hat schon einen Master darin) und er erzählt, dass er zum Sprachtraining seit vielen

Jahren Touristen im Bazar abfängt.

Er schreibt andauernd SMS, irgendwann platzt es aus ihm heraus: „This girl is driving me crazy!“ Auf

Nachfrage meint er sie sei mal nett und offen, dann wieder fies und launisch zu ihm, sie hätte wohl

ihre Tage. Wir lachen herzhaft.

Ich frage ihn wie man sich im Iran denn so kennenlernt. Klassisch passiert das auf Hochzeiten,

heutzutage aber auch ganz einfach im Park oder auf der Straße. Man gibt seine bzw. fragt nach ihrer

Mobilnummer, schreibt SMS, fertig. In der Stadt sei es ganz normal einen Boy-/Girlfriend zu haben,

allerdings trifft man sich nicht unter den Augen der Eltern, obwohl die genau wissen was läuft.

Eine extreme (aber in Isfahan gebräuchliche) Art des Anbandelns ist folgende: Jungs fahren mit ihren

oft getunten Autos an einem bestimmten Platz im Kreis/Rennen, spielen mit dem Gas. Wenn es gefällt

reichen ihnen die Frauen, die extra zu diesem Zweck genau dort am Straßenrand stehen Zettel mit

ihrer Telefonnummer durchs Fenster, die Männer versuchen sich das Gesicht zur Nummer zu merken.

Tag 6 Wir gehen auf den Bazar, einfach ein bisschen gucken. Der Touristenbazar direkt am Platz überall der

gleiche „Plunder“ (z.B. in Handarbeit gleich hinter dem Laden hergestellte Metallschalen, aufwändigst

bemalt oder feinste Einlegearbeiten. Toll anzusehen aber für uns Kunstbanausen nicht wirklich

spannend).

Der hintere Teil des Bazars ist zwar authentisch, aber dennoch fade (Stoffe, Kleidung, Schuhe). In der

Kinder-Gasse gruselt es mich vor den Schaufensterpuppen: Kindergesichter, oft nur noch einäugig,

fahle, graubraune Haare, die büschelweisem ausfallen, ein bisschen Tschernobyl-mäßig. Die Teile

grinsen zu hunderten von den Wänden schräg auf uns herab.

Matin ruft an, wir verabreden uns zum Mittagessen. Unser Versuch zügig aus dem Bazar

herauszufinden scheitert mehrmals. Schließlich laufen wir außerhalb des Gassengewirrs zurück zum

Platz, was uns spannende Einblicke in das Leben hinter den Marktständen beschert.

Wir treffen Matin, Amir und drei ihrer Freunde in einem stilvollen Lokal über dem Bazar, vollgestopft

mit iranischen Touristen und einer japanischen Reisegruppe. Wir sitzen auf einem Podest auf einem

Teppich im Kreis im Schneidersitz reden und schlemmen uns durch die Speisekarte.

Es gibt z.B. „Beyran“, Nackenfleisch vom Lamm neben einem Gries aus Lamm-Lunge auf speziellem

Fladenbrot, dazu Joghurt, Ayran, frische Kräuter. Oder einfach ein riesiges Shish-Kebab mit Reis und

rohen Zwiebeln, alles mit Majoran und Limonensaft gewürzt. Die Nachspeise war unglaublich:

„Koresht-e Mast“ ist eine Creme aus Joghurt, Safran, und Lamm, unglaublich fein.

Im Gespräch bestätigen unsere Freunde allgemein unsere Wahrnehmung, dass aus der Bevölkerung

kein wirklicher Rückhalt für die extrem-islamische Regierung besteht. Ali meinte sogar, dass gerade

im Norden die Leute gar nicht so wirklich islamisch veranlagt sind, es wäre bis zur Revolution allerlei

geglaubt und praktiziert worden. D. h. der Islam hat in seiner von Chomeini installierten Form dort

trotz der Jahre die vergangen sind nicht derart Wurzeln geschlagen, dass die Menschen das politische

System als von Gott gegeben akzeptieren.

Alle sind sehr glücklich darüber, dass Ahmadinedjad von Rohani abgelöst wurde, in der Hoffnung,

dass sich besonders die außenpolitische Lage entspannt. Es gibt seit heute die Nachricht, dass die

Sperre von Facebook und Twitter sehr bald aufgehoben wird.

Flo und ich werden eingeladen abends mit ihnen auf eine Party zu kommen.

Den Nachmittag frühen Abend gammeln wir im Park unter einem Baum, lesen, scheiben, Obst essen.

Eine Gruppe Architekturstudentinnen gesellt sich zu uns, ihre Anführerin eröffnet mir sehr direkt, dass

sie einen Mann zum Heiraten sucht und mich mag. Mangels sich überschneidender Sprachkenntnisse

und weil ihre Kommilitoninnen eh interessanter waren verlaufen unsere Heiratsverhandlungen schnell

im Sand.

Die Party für heute Abend wird spontan abgesagt, Flo und ich spazieren ersatzweise nochmal zum

Imam-Square und werden von der wundervollen Stimmung dort überrascht. Der ganze Platz ist voller

Menschen, die spazieren, picknicken, reden, Familien schlendern mit Süßigkeiten/Eis in der Hand

vorbei an den immer noch geöffneten Läden ringsherum.

Immer wieder werden wir angesprochen: „Hello, where are you from?“ „Germany!“ „Oh, welcome to

Isfahan!“

Wir kaufen uns eine scheinbar sehr begehrte Süßigkeit, gefrorene Nudeln mit Softeis, übergossen mit

einem Sirup aus Lemonensaft und Rosenwasser und genießen die Stimmung, das Gemurmel und den

Anblick der blau gefliesten Scheich-Lotfollāh-Moschee hinter altrosa angestrahlten Wasserfontänen.

Tag 7 Nach einem einfachen Obstfrühstück spazieren wir erneut zum Imam-Square (heute mit langärmeligen

Hemd), dieses Mal um die bombastische Lotfalla-Moschee zu besuchen. Ich möchte mich hier gar

nicht in einer Beschreibung versuchen, die Bilder können das sowieso besser.

Anschließend spazieren wir weiter zu den alten Brücken im Süden der Stadt, unterwegs flüchten wir

vor einem sehr aufdringlichen iranischen Opa, der mit ernstzunehmendem Bayrisch beschließt den

heutigen Tag mit uns zu verbringen.

Im Park am (leider gerade trockenen Fluss) genießen wir handballgroße Pfirsiche und dampfend

frisches Fladenbrot als Spätstück.

Weiter geht es nach „Jolfa“, ins armenische Viertel. Die Kathedrale dort (die Armenier sind

Christen!) ist leider gerade geschlossen, dennoch strahlt die Gegend hier ein magisches Flair aus.

Wir trinken Milchshakes und Kaffee in einem ausgesprochen schnieken Café, das mit einer mächtigen

Bar und einem Zeltdach aus einem alten Hinterhof mit lehmverputzten Wänden gezaubert wurde.

Zwei ca. 30-jährige Iraner winken uns von ihrem Tisch aus zu, als sie gehen kommt einer von ihnen

bei uns vorbei, wir führen mit ihm den üblichen Standart-Dialog (wo kommen wir her, wie gefällt es

uns, …). Nach dem Zahlen kommt er nochmal zu uns herüber, hebt den Zeigefinger und meint: „I also

want to mention that my birthday is at the same date as Hitler’s. I really love her!“, und geht. Wir sind

geschockt und gleichzeitig feiern wir wie Tatsache, dass sich diese Szene gerade tatsächlich abgespielt

hat.

Die Mittagshitze verbringen wir im Park am (trockenen) Fluss. Wir tun nichts, essen Nüsse, reden und

warten, dass sich Matin + Freunde melden, was ein paar Stunden dauert. Egal. So viel Grün wie hier

gibt’s bis Deutschland nicht mehr, kaum vorstellbar dass wir gerade eigentlich inmitten einer Wüste

sind.

Wir treffen Matin, Amir, die gleichen Freunde vom Essen gestern und eine weitere Freundin (die

definitiv einige Male ihrer Schönheit auf die Sprünge geholfen hat, immer das Iphone mit kuschel-

puschel-Anhänger (der einen Namen hat) in der linken Hand, die schwarze Lackhandtasche in der

rechten) am 40-Säulen Palast und besichtigen diesen gemeinsam. Das besondere hier sind vor allem

die unheimlich filigranen, teilweise vergoldeten Bilder und Fresken, unglaublich ausdrucksstark und

klar, obwohl schon über 500 Jahre alt. Was waren die Europäer damals bloß für Barbaren!

Gemeinsam fahren wir wieder ins armenische Viertel, dort ist mittlerweile ein vielfaches an Volk auf

der Straße, wir erfahren dass Jolfa der Teil Isfahans ist, in dem sich die reicheren und liberaleren

Menschen wohlfühlen. Tatsächlich sieht man kaum Frauen mit Chadors.

Außerdem sind wir gerade auf der Flirt-Meile gelandet, Ali erzählt mit einem Grinsen, er verbinde mit

jedem Winkel dieser Straße viele romantische Erinnerungen.

Matin bestätigt, dass die Präsenz der Sittenwächter stark abgenommen hat, die von ihr beschriebenen

Vans haben Flo und ich noch nirgends bemerkt. Ein sehr gutes Zeichen. Wir trinken armenischen

Kaffee (mit viel Bodensatz!), machen Fotos, reden. Im Vorbeigehen lächelt mich eine junge Frau an,

ich höre „Hello, handsome!“

Nach und nach löst sich unsere Gruppe auf. Flo und ich treffen beim Abendessen eine münchner

Familie mit der wir Erfahrungen und Eindrücke austauschen. Sie haben bisher genauso positive

Erlebnisse im Iran wie wir, obwohl sie auf eine ganz andere Art reisen.

Tag 8 Der Wecker reißt uns um viertel nach sieben aus den Träumen (Flo: „finsteres Gerät aus der Hölle!“),

denn wir wollen trotz unserer heutigen Abreise aus Isfahan noch einmal nach Jolfa und auf den Bazar.

Matin hat erzählt es gebe angegliedert an die armenische Kathedrale ein Museum, in dem ein

Haarausgestellt sei, in das jemand mit einem Diamanten etwas hineingeschrieben hätte, mit einem

Mikroskop könne man das lesen. Wir wollen das Wunder sehen.

Aus dem Frühstück in Jolfa wurde nichts, so früh war alles dahingehende noch geschlossen. Also ab in

die Kathedrale: sie ist innen komplett und knallbunt ausgemalt, allerdings in einem ganz anderen Stil

als wie die Kirchen im katholischen Einzugsgebiet. Das untere Drittel der Wandfläche zeigt wie viele

teils sehr kreative Wege es gibt einen Heiligen zu foltern.

Das Museum zeigt allerhand Artefakte die in irgendeinem Zusammenhang mit den Armeniern in der

Region stehen, z.B. ein Dekret des Schahs XY aus dem 15. Jh, in dem er festlegt, die Geldeintreiber

hätten doch bitte die armenischen Kaufleute nicht zu benachteiligen, und außerdem sei das Foltern

einzustellen. Das beschriebene Haar konnte man wirklich „lesen“, allerdings entstand es in den 70ern

in einer Uni und ist somit nicht das erhoffte historische Wunder.

Der Schaukasten zum Genozid an den Armeniern hat mich ordentlich mitgenommen. Ich wusste zwar

dass da was war mit den Türken, aber das…spielt in der gleichen Liga wie der Holocaust (Unbedingt

bei Wikipedia nachlesen!!!). Da erscheint es in einem ganz anderen Licht wenn Erdogan mal wieder

behauptet es habe nie einen Völkermord gegeben.

Mit einem immer noch mulmigen Gefühl im Bauch fahren wir zum Imam-Square und essen dort in

der Kneipe, die uns der Anhänger der Ameisen-Verschwörung gezeigt hatte unser Frühstück, ganz

traditionell mit (fetter) Linsensuppe und Brot. Danach erstand ich sehr erfolgreich allerlei Mitbringsel

auf dem Bazar.

Mittags checken wir aus, sitzen noch ein bisschen im Park und fahren schließlich nach Yazd,

hauptsächlich entlang einer schnurgerade Straße mitten durch die (Stein-)Wüste. Als nach einer

Stunde die Klimaanlage abgeschaltet wird steigen die Temperaturen drastisch, ich bemerke dass ich

mittlerweile genauso rieche wie der tätowierte Brasilianer vom Frühstück in Teheran. Kein

Schweißgeruch, kein Gestank, prägnant aber eigentlich nicht wirklich unangenehm. Ich glaube ich

rieche einfach nach Iran.

Unterwegs passiert unser Bus mehrfach Polizei-Checkpoints, jedes Mal halten wir an, die

Gepäckfächer werden geöffnet, ein Polizist guckt in den Bus und geht sofort wieder, wir fahren weiter.

Das sind keine ernsthaften Kontrollen, es scheint als wollte der Staat nur zeigen dass er da ist.

Am Busterminal in Yazd treffen wir einen Japaner unseres Alters und teilen uns mit ihm ein Taxi in

die Stadt. Eigentlich ist er ein netter Kerl, allerdings wird er mir bald unsympathisch, denn er scheint

mit seinem Smartphone verwachsen zu sein und ist damit unfähig seine Umgebung halbwegs klar und

souverän wahrzunehmen. Die Iraner belächeln ihn.

Wir mieten uns das erste Mal auf dieser Reise in einem richtig schicken Hotel ein, dem „Kohan

traditional Guesthouse“, einem –wie der Name schon sagt traditionellen Haus in der Altstadt, das in

eine schmucke Unterkunft mit einigen kleinen Zimmern umgewandelt wurde.

Der Tag klingt damit aus, dass wir um den zentralen Teich des mit einer Zeltplane überspanten

Innenhofs auf einer mit Teppichen ausgelegten Holzplattform unter Zitronenbäumen liegen und Tee

trinken. Traumhaft!

Schließlich rufen wir noch Amir an, einen sympathischen Guide der uns, als wir ihn nach dem Weg

zum Hotel fragten seine Karte zugesteckt hat und buchen bei ihm die Tour für morgen, es geht mit

Amir und einigen wenigen anderen Touristen nach Chak Chak und zwei weiteren Sights in der Wüste.

Gute Nacht.

Tag 9

Nach einem Hotelfrühstück (!) brechen wir um 8:30 Uhr zu unserer Tour nach Chak Chak, Kharanaq

und Meybot auf. Die kleine Gruppe besteht aus einem älteren italienischen Herrn, einem jungen

Holländer, dem Fahrer und uns, im zweiten Auto sitzen unser Guide und drei Australier.

Nach ca. einer Stunde Fahrt erreichen wir Kharanaq, ein verlassenes Kastell mit zahlreichen roten

Lehmgebäuden in den unterschiedlichsten Verfallsstadien darin, die ältesten Gebäude/Mauern sind

etwa 2000 Jahre alt, die letzten Bewohner verließen ihre Wohnungen vor 40 Jahren. All das ist leicht

zugänglich und wirkt durch trotz dem wirren durcheinander auf eine Art „gewachsen“, fast wir ein

Bienenstock.

Um das Kastell herum heben sich die immer noch bewirtschafteten Gärten und Felder durch ihr

saftiges Grün vom graubraun der Wüste ab. Das Wasser dafür kommt seit jeher von den fernen Bergen

und wird durch „Quanats“ (=Wassertunnel), die im Querschnitt gerade so groß sind dass man in der

Hocke hineinpasst über bis zu 80 Kilometer unter dem Erdboden entlanggeleitet, i.d.R. bei einem

minimalen Gefälle von 0,2%.

Inmitten des Kastells steht ein ca. 15 m hoher Turm aus sandfarbenen Ziegeln (ich bin mir nicht ganz

sicher über seine Funktion, wahrscheinlich ist es ein „Turm der Stille“, auf dessen Spitze die

Anhänger Zarathustras ihre Toten der Natur zurückgeben“). Ich klettere die enge Wendeltreppe im

inneren hoch bis auf die Plattform auf halber Höhe, von wo aus ein schmaler Schlitz weiter nach oben

in das zweite Turmsegment führt als jemand ruft: „Careful, we shake it now!“ und der Turm mit mir

darauf anfängt einige Zentimeter hin- und her zu schwanken. Heilige Scheiße.

Ich stehe nämlich gerade auf einem „shaking tower“, einer unheimlich klugen Konstruktion die es dem

Turm ermöglicht Wüstenstürmen viel besser Stand zu halten, indem er ihnen ein bisschen nachgibt:

das obere Turmsegment steckt quasi in dem Hohlzylinder des unteren wobei der Kontakt wird durch

mehrere biegsame Holzbalken hergestellt wird. Auf die gleiche Art und Weise ist das untere Segment

im Fundament gelagert. Wenn sich der Turm bewegt biegen sich diese Holzbrücken sichtbar durch.

Mein Ingenieurssinn sagt mir dass es klug wäre wieder herunterzusteigen.

Die nächste Station ist ein unwirklicher Ort namens „Chak Chak“, was so ähnlich klingt wie ein

Wassertropfen, der auf Fels herabtropft. Genau das passiert hier nämlich. Inmitten dieser trockenen

Mondlandschaft gibt es in einer felsigen Bergflanke auf halber Höhe einen Überhang, von dem das

ganze Jahr über (trotz der Tatsache, dass drum herum sengende Hitze auf die Ödnis hernieder brennt)

Wasser herab tropft. Gleichzeitig (und vielleicht auch gerade deshalb) ist der Ort das größte Heiligtum

für die Anhänger Zarathustras. Sie haben dort eine ewig brennende Flamme installiert, einmal im Jahr

kommen tausende Gläubige hier zusammen. Der Tempel selbst ist ziemlich schmucklos, schlicht und

vollgestopft mit Touristen (v.a. Iraner), trotz der Geschäftigkeit spürt man, dass an diesem Ort noch

intensiv gebetet wird.

[Zarathustra ist ein Prophet, der vor 4000 Jahren eine monotheistische Religion begründet hat, die

verhältnismäßig undogmatisch gute Gedanken, gute Worte und gutes Handeln lehrt. Da die Erde –wie

alle Elemente heilig und rein ist wurden ihre Toten bis vor kurzem nicht begraben, sondern auf den

„Türmen der Stille“ den Vögeln dargeboten. Der Zoroastrismus war dominant im heutigen Iran, Irak,

Pakistan, Turkmenistan usw. bis der Islam ihn im frühen Mittelalter verdrängte bzw. in sich

integrierte. Im Iran wird dieser Glaube auch heute noch genau wie das Christen- oder Judentum

respektiert und die Rechtsprechung an die jeweiligen Besonderheiten des Kulturkreises angepasst

(z.B. wie bei den speziellen jüdischen Scheidungsgesetzen)]

Weiter geht es nach Meybot. Dort gibt es zwei alte, wohl aber nicht historische Gebäude (ca. 400

Jahre alt) zu bestaunen.

Als erstes zeigt unser Guide uns das Eishaus, ein stehendes, ca. 20 m hohes Ei aus Lehmziegeln mit

bis zu 60 cm dicken Wänden. Im inneren hebt sich ein Metertiefes Loch (groß wie ein

Schwimmbecken) farblich von den Wänden ab, denn der Putz ist hier mit Eiweiß und Asche

wasserdicht gemacht worden. Im Winter ließ man nachts Wasser in Becken vor der Tür gefrieren,

brach es morgens heraus und brachte es ins Innere des gigantischen Eisschranks. Durch die kluge

Konstruktion des Gebäudes konnte das Eis bis in den Spätsommer hinein verkauft werden. Mitten in

der Wüste. Bei bis zu 50 °C.

Eine weitere Genialität der frühen Lebenskünstler der Wüste sind die Taubentürme: den kargen Böden

der Umgebung ist es geschuldet, dass seit jeher viel Dünger benötigt wird um Lebensmittel

anzubauen. In Zeiten vor dem Haber-Bosch-Verfahren war Dünger knapp, also hat man dreistöckige

Türme gebaut, mit tausenden herausgearbeiteter Nistplätze darin. Die Vögel fanden das spitze und

haben als Dankeschön dort fleißig ihre Fäkalien hinterlassen, welche man als besten Guano-Dünger

von den Fliesen kratzte und auf die Felder verteilte.

Der Tag klingt damit aus, dass wir auf dem Dach unseres Hotels sitzen und der Sonne dabei zusehen,

wie sie zum Gesang des Muezzins langsam hinter dem Stadtrand in der Wüste versinkt und die

Altstadt in magisch Farben taucht, dieses Gewirr aus Gässchen, lehmverputzten Kuppeldächern und

Windtürmen.

Diese Stadt ist laut UNSECO übrigens eine der ältesten noch bewohnten Städte der Menschheit!

Tag 10 Heute passiert eher nicht so viel.

Morgens ziehen wir früh los in die Stadt, um der Mittagshitze zu entgehen. Wir müssen Geld wechseln

und verbinden das gleich mit einem längeren Spaziergang zum Feuertempel des Zaratustra in Yazd.

Der Spaziergang zu so früher Stunde ist interessant, der Tempel nicht: ein kleiner Teich mit Garten an

der Hauptstraße, Der schuhkartonartige (anscheinend gerade renovierte) Tempel zeigt im inneren ein

kleines Feuer hinter einer getönten Glasscheibe, das ganze Gelände kaum halb so groß wie ein

Fußballfeld.

Auf dem Marsch zurück halten wir am Wassermuseum, die dortige Ausstellung zeigt einige nette

Exponate und Fotos im Zusammenhang mit den Quanats, den unterirdischen Bewässerungskanälen.

Schick ist, dass sie gar nicht großartig Kulissen aufbauen mussten um die Inhalte er erklären, sondern

einfach auf verschiedene Elemente des traditionellen Hauses eingehen (und z.B. den Keller im zweiten

Untergeschoss zugänglich machen, dort wo ein solcher Quanat unter dem Haus hindurchfließt).

Unser Mittagessen nehmen wir heute im angenehm kühlen Innenhof unseres Hotels zu uns, in Form

von jeweils einer halben Wassermelone, die wir mit frischem Mandarinensaft und Granatapfelkernen

füllen.

Den restlichen Tag gammeln wir auf einer der Teppich-Liegen im Hotel vor uns hin, lesen, schreiben.

Neben mir ist eine iranische Familie zu Mittag, Als ich eingeladen werde von ihrem Lunch zu essen

(keine Chance, ich fühle mich immer noch hochgradig schwanger nach der Melone) kommen wir ins

Gespräch. Der Vater ist Zahnarzt (und hat in den 70ern ein Semester in Deutschland studiert), die

Mutter Hebamme, die Tochter studiert Mikrobiologie, der Sohn Petrochemie.

Es ist einfach nur schön diesen Moment mit solch ausgesprochen klaren, bewussten und liebevollen

Menschen zu teilen, bei Springbrunnengeplätscher und aus den Bäumen über uns herabfallenden

Blüten. Ich schäme mich für mein eigenes Land, als der Vater erzählt es sein immer mehr eine Kunst

trotz der Sanktionen im Iran gut zu leben. Als ob wir irgendetwas Gutes damit bewirken würden, dass

wir es diesen Menschen so schwer machen.

Später versuche ich über den Computer an der Rezeption eine Email zu schicken. Auf GMX kann ich

nicht zugreifen, Web.de geht zwar prinzipiell, jedoch ist die Verbindung so langsam, dass mich mein

Postfach aus Sicherheitsgründen noch während des Einloggens wieder herauswirft. Nach einigem

Probieren entdecke ich auf dem Desktop ein Programm, dass die Internetzensur mit zwei Klicks

umgeht, final kann ich tatsächlich eine Nachricht senden.

Tag 11 In aller Herrgottsfrühe (6:00 Uhr) stehen wir auf um den Bus um 8:30 Uhr nach Shiraz auch ganz

sicher zu bekommen. Am Busterminal erfahren wir nach einem Frühstück und Tee nach ein wenig

Verwirrung, dass die Uhren letzte Nacht um eine Stunde zurückgestellt wurden. Und noch ein Tee.

Im Bus ist es einfach nur saukalt. Die Klimaanlage hält es für notwendig die Innentemperatur auf

zapfige 10°C herunter zu kühlen, während wir eher die gerade draußen herrschenden 32°C gewöhnt

waren. Ich stopfe das rosa Plüsch-Herz, das ich in der Hutablage gefunden habe in den Kaltluft-

Auslass direkt über mir und wickele mich in meinen (übrigens grandiosen und immer nützlichen)

indischen Kaschmir-Seidenschahl.

Bei einer Pinkel-Pause (der einzigen während den sieben Stunden Fahrt) unterhalten wir uns mit dem

Belgier aus unserem Bus. Er ist ein witziger Typ (für uns jedenfalls) im 70’s-Style mit Schnauzbart,

Pornobrille, dünnen Locken und der GAP Kaki-Kollektion am Körper. Entgegen dem Rat absolut aller

Touristen vor ihm um Teheran einen großen Bogen zu machen meint er: „You should spend at least a

week there. It’s party every night, tons of alcohol und so many women who want to be with a

foreigner!“

Aha. Ist ja schön dass er seinen Spaß hatte, aber ist das klug sich in diesem Land derart auszuleben?

Im Fall der Fälle würde er höchstwahrscheinlich augenblicklich ausgewiesen, während die Frau mit

der er im Bett ertappt wurde ernsthafte Probleme hätte…andererseits zeigt die Tatsache, dass er dieses

Programm zehn Tage lang durchziehen konnte auch, dass die Kontrollen so nachhaltig nicht sein

können.

In Shiraz angekommen freuen wir uns über das Glück, das wir auch hier wieder mit unserer

Unterkunft haben (sehr zentral gelegen, frisch renoviert, sauber, weniger als 20 € für ein DZ) und

ziehen weiter zum Bazar. Langsam sind wir soweit vertraut mit dem bunten Gewusel, dass wir uns

zwischen all den Teppichen, Kleidungsstücken und sonstigem Zeugs ernsthaft langweilen, was daran

liegen mag dass das hier Angebotene entweder höchste (und auch für uns unbezahlbare) persische

Handwerkskunst ist oder billigster Plastikramsch aus China ist. Individuelle Läden/Stände gibt es

nicht, von jeder Sorte gibt es mindestens fünf identische innerhalb der nächsten 20 m. Andererseits ist

das gut für die Reisekasse.

Den Rückweg zum Hotel absolvieren wir beide in einem Zustand der wirkt als hätte uns jemand auf

Autopilot gestellt, so selbstverständlich und doch irgendwie abwesend schlängeln wir uns auf dem

Bürgersteig durch das Gedränge vor den Läden und passen auf der Straße den richtigen, Zeitpunkt für

den nächsten kollisionsfreien Schritt ab. War doch ein langer Tag heute und unsere Nerven sind

überreizt.

Wir finden nahe unseres Hotels durch den Tipp des Holländers aus Yazd ein Juwel von einem

Restaurant. Der Eingang zu dem kleinen Park (mit Teich und Springbrunnen!) in dem das Gebäude

liegt sieht neben der monströsen Burger-Bar daneben so mickrig aus, ohne den Hinweis wären wir

daran vorbeigelaufen. Schreitet man durch den Eingang eröffnet sich vor einem besagter Park und

etwa 50 m entfernt steht eine prunkvolle Villa im Kolonialstil im besten Zustand, der schneeweiße

Stuck ist stellenweise kunstvoll bemalt und wird durch geschnitzte Treppengeländer und kristallene

Lüster ergänzt.

Wir nehmen im ersten Stock auf dem Balkon einen Kebab zu uns (bedient durch drei Kellnerinnen

gleichzeitig), danach steigen wir herab auf die Terrasse und trinken zum Gesang eines (wirklich guten)

Tamburinspielers noch einen frischen Fruchtsaft. Alles zusammen mit Trinkgeld für 10 €/Person.

Tag 12 Heute besuchen wir Persepolis!

[Persepolis war die Hauptstadt des antiken Persischen Reiches zur Zeit von Dareios, Xerxes,

Artaxerxes und Co., als das persische Herrschaftsgebiet gerade weit über den heutigen Iran ausgedehnt

war (Dareios war der, der sich mit den Griechen angelegt hat. „333-vor Issos Keilerei“)

Gegründet wurde die Stadt 500 v Chr., Alexander der Große machte sie 200 Jahre später aus Rache für

die Zerstörung der Akropolis dem Erdboden gleich, weshalb man heute nur noch Bruchteile der

einstigen Pracht sieht.]

Gegen 8:00 Uhr steigen wir ins Taxi (unser Fahrer kutschiert uns heute dorthin und zu noch zwei

anderen Sights in der Nähe) und kaufen unterwegs noch Brot, Käse und Gurken fürs Mittagessen, eine

Stunde später sind wir da.

Die Paläste sind auf einem Plateau gebaut worden, weshalb das erste was wir nach dem Aussteigen

sehen eine ca. 10 Meter hohe Mauer aus monströsen Steinquadern ist. Unterlegt von dramatischer

Musik dramatischer Lautstärke aus dem Souveniershop schreiten wir darauf zu und erkennen langsam

die breite Prachttreppe, die hinaufführt. Die einzelnen Quader sind dermaßen groß, dass teilweise acht

Stufen in einen Block hineingehauen wurden, trotzdem liegen sie auf den Millimeter genau Fuge an

Fuge.

Oben angekommen eröffnet sich die eigentliche Palastanlage, von der dank Alexander nur mehr

einzelne freistehende Wände und Säulen(-reste) übrig sind. Beeindruckend ist es dennoch! Besonders

die Feinheit der Reliefs, der Ornamente an den Kapitellen und der Skulpturen zieht uns in ihren Bann.

Auffällig ist auch hier, wie alles aus riesigen Blöcken herausgearbeitet wurde, sogar die Säulen

bestehen aus nur ein bis zwei Segmenten (anders als in Rom oder Griechenland!).

Irgendwann bewegen wir uns nur noch von Schatten zu Schatten, so sengend heiß ist mittlerweile

geworden. Wie ungünstig, dass Alexander hier so wenig hat stehen lassen das Schatten wirft.

Unter den Bäumen an den Ruinen der Zeltstadt des Schahs machen wir Brotzeit.

[der letzte Schah hat eine richtige Zeltstadt vor den Toren von Persepolis aufbauen lassen (mit

Marmorwaschbecken usw.), um in seinem übersteigerten Selbstbewusstsein den Adel dieses Planeten

einzuladen und mit ihm das pompös inszenierte 2500-jährige Jubiläum der persischen Monarchie zu

feiern. Die Fete war für das Ego des Schahs ein großer Erfolg aber eben auch ausgesprochen

Kostspielig, weshalb man das Gelände der Zeltstadt seit seinem Sturz bewusst verrotten lässt.]

Als wir gerade Gurkenscheiben in das mit Streichkäse beschmierte Fladenbrot wickeln gesellt sich

David zu uns und isst mit. David ist ein junger norwegischer Hüne mit langem Bart, der von Oslo bis

nach Teheran geradelt ist. Wegen der kurzen Zeit die er visatechnisch für den großen und bergigen

Iran hat ist sein Fahrrad bei einem Freund in Teheran geparkt, er reist wie wir mit dem Bus durchs

Land. Er radelt weiter über Indien, China und Australien, einmal um den Globus.

Wir nehmen ihn in unserem Taxi mit zu den beiden anderen nicht so spektakulären Sights in der

Gegend (ein Relief irgendwo im Nirgendwo und drei Felsgräber) und fahren schließlich zusammen

zurück nach Shiraz.

Als Dankeschön für das Taxi kauft uns David eine 8,5 kg-Wassermelone, die wir gemeinsam neben

einem ofenfrischen Fladenbrot im Park schlachten und verspeisen. Der Nachmittag besteht aus

Unterhaltung, essen, schlafen, essen (wenn wieder Platz ist).

Gegen 17:00 Uhr wird David von seinem Couchsurfing-Host abgeholt, Flo und ich ziehen weiter zum

Grab von Hafis, das direkt neben dem Park liegt.

[Hafis (oder Hafez) ist neben Rumi und Saadi DER bekannteste persische Dichter. Er lebte im 14.

Jhd., bekannt ist der vor allem für eine Gedichtsammlung, den „Diwan“. Dieses Werk bewegte

übrigens Goethe zu seinem „West-östlicher Diwan“.

Im Iran geniest Hafis auch heute noch so große Popularität, dass –wenn man fragt welches Buch in

keinem Haushalt fehlen darf der Diwan nicht weniger oft genannt wird wie der Koran.]

Das Grab besteht aus einem hübschen Garten mit Teehaus, der Grabstein selbst liegt unter einer von

Säulen getragenen Kuppel, im ganzen Areal klingen aus versteckten Lautsprechern Hafis‘ gesungene

Gedichte.

Paradoxer Weise empfinden Flo und ich an diesem Ort, der so gar nichts mit Religion zu tun hat die

dichteste religiöse bzw. spirituelle Stimmung unserer ganzen Reise. Wir setzen uns nahe des Pavillons

auf eine Mauer und beobachten wie Menschen an Grabstein herantreten, die Lippen bewegt vom

Rezitieren eines Gedichts, und andächtig den Stein berühren, während die untergehende Sonne alle

Farben absurd leuchten lässt.

Die dichte Stimmung wird unterbrochen als ein Security-Mensch ein Kind vom Pavillon wegzerrt um

Platz für eine Gruppe Anzugträger zu machen, die begleitet von Kameras Andacht mimen.

Tag 13 Wir werden um acht vom Wecker wachgenervt bis uns spontan einfällt, dass unser Plan gemäß eines

Tipps des Holländers aus Yazd um neun das Lichtspiel durch die bunten Fenster einer Moschee zu

bewundern wegen der gerade vollzogenen Zeitverschiebung hinfällig ist. Zu spät.

Wir strahlen trotzdem los, Geld wechseln und später Mittagessen in dem vom Lonely Planet

empfohlenen Restaurant.

Flos und meine Stimmung ist merkwürdig destruktiv, wir langweilen uns und haben keine Lust mehr

die verschiedenen Sehenswürdigkeiten von Shiraz abzuklappern. Ich glaube wir sind der Stadt im

Allgemeinen langsam überdrüssig, es sind ja doch schon bald zehn Tage City-Hopping.

Schließlich gehen wir doch noch zu einem im Reiseführer empfohlenen Ort, dem Grabmal von Emir

Ali, einem Moschee-artigen Schrein, groß wie eine mittlere europäische Kirche. Entgegen einer

normalen Moschee, die i.d.R. blau gefliest wird ist dieser Schrein komplett mit abertausenden, nur

wenige cm² großen Spiegeln ausgekleidet. Eine unglaubliche Glitzerpracht.

Den Rest des Vormittags spielen wir im Park Schach.

Das Mittagessen im empfohlenen Restaurant ist in einem Wort zusammengefasst: schlecht. Der Laden

befindet sich im zweiten Kellergeschoss, wäre auch ohne die schlechte und übertrieben laute Live-

Musik ungemütlich und ist ordentlich teuer. Das kommt davon wenn man dem Reiseführer nachrennt.

Nach einem Mittagschlaf gehen wir wieder Schachspielen, zur Abwechslung mal in einem anderen

Park (Azadi-Park). Hier sitzen wenig Familien herum und umso mehr Grüppchen Wasserpfeife

rauchender Halbstarker. Zwei Mädchen (17 und 18 Jahre alt, durchaus hübsch) setzen sich zu uns, wir

unterhalten uns kurz. Daraufhin löst sich eine Gruppe schräger Typen vom Kiosk gegenüber und

kommt zu uns her. Sie geben uns die Hand, gestikulieren dann aber offensiv, einer stößt mich (ich

sitze im Gras) mit der Schuhspitze in die Seite. In diesem Augenblick sagen die beiden Mädchen wir

sollten besser gehen, wir packen sofort unsere Sachen und ziehen ab.

200m weiter stoßen die beiden Damen (wegen deren Interesse an uns wahrscheinlich diese Situation

gerade eben entstanden ist) wieder zu uns, die eine will mir ein paar Toman (Geld!) geben. Mit

Händen und Füßen finden wir heraus, dass sie mir das zur Erinnerung und nicht zur Entschuldigung

gemeint hat. Nachdem wir ein Foto von ihr gemacht haben ist sie zufrieden.

Flo und ich ziehen weiter in den sympathischeren Wassermelonen-Park (Melli-Park) von gestern und

freuen uns über diese schräge Situation.

Tag 14 Damit wir das bunte Farbspiel in der Moschee sehen stehen wir heute noch ein bisschen früher auf als

gestern.

Als wir (tatsächlich zur rechten Zeit) dort ankommen bietet sich uns ein in der Tat spektakuläres Bild,

an dessen Beschreibung ich mich gar nicht erst versuchen möchte (siehe Foto). Die Moschee an sich

ist auch so ein ausgesprochen angenehmer Ort mit sehr warmer Ausstrahlung, ich würde mich gerne

hinlegen und einfach hier schlafen.

Wieder draußen kaufe ich bei einem Händler, der aus seinem Auto heraus Frühstücks-Linsensuppe

verkauft eine solche während Flo beim Bäcker für frisches Fladenbrot ansteht. Auf einer Mauer

sitzend löffeln wir mit dem noch warmen Brot den Linsenschleim und stellen fest, wie

selbstverständlich das für uns schon ist. So viele Dinge die zu Beginn unserer Reise neu oder

besonders waren sind jetzt einfach normal, fast schon Alltag.

Nach dem Checkout im Hotel lassen wir uns von einem Taxi ans andere Ende der Stadt fahren, zu

einem laut Lonely Planet besonders tollen Garten. Dort angekommen sehen wir dass er nur mit Eintritt

zu betreten ist und da es auch keinen Obstladen in der Nähe gibt laufen wir aus Trotz mit vollem

Gepäck während der Mittagshitze quer durch die Stadt zu unserem Wassermelonen-Park. Dort

vertrödeln wir den Nachmittag mit Granatapfel-essen und Schachspielen, bis wir abends ein Taxi zum

Flughafen nehmen.

Beim Einchecken stellen wir leider fest, dass wir beim Ticketkauf nicht bemerkt haben dass der Flug

nach Teheran einen Zwischenstopp in Isfahan macht und wir erst um 00:10 in der Hauptstadt

ankommen. Unser Host (Mohsen, Ershads Cousin wird uns für eine Nacht beherbergen) ist kulant und

meint wir dürfen trotzdem kommen. Die ganze Wartezeit bringen wir zur Abwechslung mit Schach

rum (yey!).

Das Treffen mit Mohsen klappt wunderbar (Gott sei Dank, bei Nacht an einer von Teherans

versmogten mehrspurigen Straßen herumzustehen ist wirklich kein Spaß), er ist wie ich

Maschinenbauer, allerdings hat er schon fertig studiert und muss morgen arbeiten, weshalb wir die

Gespräche auf morgen vertagen und bald schlafen gehen (er und sein Mitbewohner im Schlafzimmer,

Flo und ich im Wohnzimmer auf dem Teppich).

Tag 15/16 Mohsen und sein Mitbewohner gehen um 7:00 Uhr aus der Tür um zu arbeiten/studieren und

überlassen uns ihre Wohnung mit den Worten: „Just feel at home. Take a shower and think of our

fridge as yours!“ Wow. Couchsurfing ist toll! Wir verabreden uns für den Abend.

Gegen halb elf machen auch wir uns auf den Weg ins alte Zentrum (unkompliziert mit der Metro), wo

wir zum wach werden die wohl spannendste Straße dieser Reise erleben, wenn es darum geht sie als

Fußgänger lebendig zu überqueren. Nach einem Frühstück mit frisch gepresstem Karottensaft

beschließen wir ins „National Jewlery Museum“ zu gehen. Dort sind allerlei Schätze ausgestellt. Bevor

die Briten ihn sich unter den Nagel gerissen haben war hier auch der größte Diamant der Welt

beheimatet. Der Wert der Schätze ist dermaßen groß, dass die iranische Zentralbank die Klunker als

Währungsreserve bunkert, weshalb das Museum in deren Gebäude untergebracht ist. Als wir vor

dem Gebäude stehen sehen wir dass es gerade renoviert wird und die Ausstellung deswegen

geschlossen ist.

Ersatzweise ziehen wir weiter zum Bazar und werden von seiner schieren Größe und der Masse an

Menschen fast erschlagen. Hier gibt es einfach alles zu kaufen, in einer Gasse gibt es z.B. Modelabel

im direkten Wortsinn zu kaufen, d.h. nackte Preisschilder und Einnäher jeder beliebigen Marke, im

5000er Pack sowie Jeansnieten. Neben den sonst auch auf allen anderen Bazaren üblichen Läden mit

Teppichen, Schuhen usw. fällt uns die immense Dichte an Ständen mit Frauenunterwäsche auf, deren

Angebot von quietschbunten Angry-Birds-Schlüpfern bis zu spitzenbesetzen Dessous aller

Transparenzklassen reicht.

Zur Erholung von so viel Trubel fahren wir mit dem Taxi zum Laleh-Park, spielen eine Runde Schach

und machen Mittagsschlaf.

Als wir später ein bisschen durch den Park spazieren stehen wir plötzlich vor einem Paintball-Feld,

das gerade aufgebaut wird. Neugierig biegen wir um die Ecke und finden uns in Mitten einer Art

Themenpark/Jahrmarkt anlässlich des x-ten „Jubiläums“ des 1. Golfkrieges wieder.

[Damals hatte der Iran sich erfolgreich gegen den Überfall des vom Westen hochgerüsteten Iraks

(unter Saddam) gewehrt, den vielen (hunderttausenden!) Toten wird im nicht im Sinne von „nie

wieder“ gedacht, sondern man (bzw. die Regierung) feiert den quasi gewonnenen Krieg ordentlich

nationalistisch, vor jedem staatlichen Gebäude steht ein Tarnzelt mit Fotos der „Märtyrer“. Den

Iranern mit denen wir darüber gesprochen haben geht dieser alljährliche Zirkus unglaublich gegen

den Strich, Mohsen beispielsweise wurde richtig wütend als wir ihm das erlebte später erzählten]

Zu den (immer kostenfreien) Attraktionen zählen das Paintball-Feld, eine Flying Fox Anlage,

fotogenes Militärequipment, echte Fische im Springbrunnenteich zum herausangeln und vieles mehr.

Neben dem Hindernisparcours, der gerade im Tarnfarben-Look angesprüht wird spricht uns ein

bärtiger Mann mit verklärten Augen an, als wir näher kommen schenkt er uns je ein Dogtag mit dem

Namen eines gefallenen Imams und einen Schal, der traditionell von Soldaten getragen wird. Zeichen

des Krieges.

Plötzlich stellt sich uns jemand als Manager dieses Events vor (ein junger Kerl, Anfang dreißig). Er

führt uns stolz auf dem Gelände herum und erklärt die vielen Stationen, nach einer Runde Air-Hockey

werden Fotos gemacht. Während wir auf das Ausdrucken warten haben wir Gelegenheit uns im

Literatur-Zelt (alles gefallene Schriftsteller) bei einem Tee mit ihm über vielerlei Dinge zu unterhalten

(was mit einem solchen reinrassigen Regierungsunterstützer durchaus spannend ist). Irgendwann

wird die Stimmung ein bisschen komisch (spätestens als auf ein Bild von Chamenei zeigt und

geradeaus fragt: „Do you love him, our religious leader?“ Zu arg stechende Blicke aus zu vielen zu

bärtigen Gesichtern um uns herum.

Wir reisen uns los um Nasi zu treffen, Ershads deutsch-iranische Freundin. Zum Abschied schenkt

irgendwer Flo noch eine CD mit Videos und Infos zu gefallenen Kommandeuren, das Cover ziert das

Logo der Revolutionsgarden.

Wir gehen mit Nasi ein paar Minuten zu Fuß bis uns Mehdi, den wir schon vom Frühstück bei Ershad

kennen und seine Freundin mit dem Auto abholen. Unterwegs gabeln wir noch einen weiteren

Couchsurfer aus Armenien auf, einen wirklich verrückten Typen. Er trampte zusammen mit zwei

Belgiern von Armenien nach Teheran, flog mit ihnen spontan für zwei Wochen nach Thailand, verlor

am letzten Abend in Bangkok all seine Sachen bis auf seinen Pass (weil betrunken), seit gestern ist er

zurück im Iran, morgen läuft sein Visum aus.

Wir fahren/staustehen fast eine Stunde lang durch die Teheran und landen schlussendlich in einem

hippen Teehaus/Restaurant in den Berghängen über der Stadt mit vielen, mit Teppichen ausgelegte

Pavillons verstreut in einem mit Lichterketten geschmückten Obstgarten. Wir essen, reden, rauchen

und erzählen für Nasis Filmprojekt einer Kamera, wie es uns im Iran so ergangen ist. Als Mohsen noch

hinzukommt ist die Stimmung perfekt, drei Stunden zu früh stoßen wir mit Tee auf meinen

Geburtstag an, irgendwoher kommt plötzlich ein Joint.

Mehdi fährt uns zurück zu Mohsens WG (es ist jetzt schon 22:00 Uhr), wir quatschen noch ein

bisschen mit unserem Gastgeber (Mohsen ist ein klasse Kerl, schade dass wir schon gehen müssen),

schultern unsere Rucksäcke und suchen ein Taxi.

Die einstündige Fahrt zum Flughafen beschert uns den perfekten Abschied: unser Fahrer schreit uns

zu Beginn konsequent an, etwas freundlicher als er verstanden hat dass wir aus Deutschland

kommen. Er ist damit zufrieden, ruft einen Freund an und erzählt ihm was er für Kunden hat (das

haben wir tatsächlich verstanden!). Dann dreht er die iranische Pop-Mukke voll auf und heizt aus

vollem Halse singend über die Autobahn.

Danke Iran, geil war‘s!