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Jahresbericht 2010

Jahresbericht 2010 - Inselspital · 2016. 12. 14. · Jahresbericht 2010. 2 Das andere Portrait Hände haben eine grosse Aussagekraft und sind für das Spitalpersonal letztlich das

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  • Jahresbericht 2010

  • 2

    Das andere Por tra i t

    Hände haben eine grosse Aussagekraft und sind für das Spitalpersonal letztlich das primäre «Arbeitsgerät». Unter-schiedliche Mitarbeitende werden durch ihre Hände respektive mittels einer für die Ausübung ihrer jeweiligen Tätigkeit typischen Handbewegung portraitiert. Die Reduktion des Portraits auf die Hände bei der Arbeit – ohne jegliche weitere Werkzeuge – zeigt dem Betrachter, dass hinter all der spitalüblichen Betriebsamkeit und der Gesamtleistung, die Persönlichkeit und das Engagement einzelner Menschen stehen.

    Die Gesichter zu den Händen finden Sie auf Seite 67.

  • Vorwort

    Verwaltungsratspräsident 3

    Direktionspräsident 5

    Thema

    Gelebter Teamgeist 8

    Spitzenmedizin für die Kleinsten 12

    Innovative Behandlungsmethoden dank eigener Forschung 16

    Informationen wie aus einem Guss 20

    Pionier in der Behandlung des Vorhofflimmerns 24

    Den Leberzellkrebs im Visier 26

    Mehr Platz für Forschende 28

    Management

    Verwaltungsrat 32

    Gesellschaften der Inselspital-Stiftung 33

    Spitalleitung 34

    Erweiterte Spitalleitung 35

    Organigramm 36

    Berichte Kliniken und Institute 39

    F inanzbericht 53

    Leistungsbericht 56

    Statist ik Personal 60

    Qualitätsbericht 62

    Alle Personenbezeichnungen gelten für beide Geschlechter.

  • 3

    Vorwort des Verwaltungsratspräsidenten

    Vorwor t * Verwaltungsratspräsident

    Im September 2010 hat der Verwaltungsrat die Unternehmensstrategie 2011 verab-schiedet. Ziele sind formuliert, wir sind auf dem Weg zu diesen Zielen. Der Direktionspräsident zeigt in seinem Vorwort auf, was wir unternommen haben, um diese Ziele zu erreichen.

    Ich bin überzeugt, dass wir, soweit wir das Heft selbst in die Hand nehmen und Entscheide fällen können, gut unterwegs sind. Ich danke im Namen des Verwaltungsrates allen, die mit ihrer Arbeit und ihrem Einsatz dazu beitragen, unsere Vision in die Realität umzusetzen. Ich danke vor allem der Spitalleitung für ihren Einsatz und für die konstruktive Zusammenarbeit.

    Es ist klar, dass nicht alles rund läuft, Verbesserungspotenzial ist vorhanden. Ich weiss, dass Entscheide Spannungen hervorrufen. Damit müssen wir umgehen können. Wir haben in dieser Richtung Fortschritte erzielt. Ich danke für die Bereitschaft, auch unpopu-läre Entscheide mitzutragen.

    Mit dem Stichwort «Entscheide» bin ich bei dem Punkt, der dem Verwaltungsrat viel Sorge bereitet und uns leider auch in Zukunft beschäftigen wird. Es sind die fehlenden Entscheide auf nationaler und Kantonsebene. Wie sollen wir die Zukunft planen, uns auf die neue Situation ab 2012 einstellen, wenn wir nicht wissen, welche Mittel uns für den Unter-halt der Infrastrukturen zur Verfügung stehen, nicht wissen, wie unsere Leistungen abgegol-ten werden, nicht wissen, wie hoch die Finanzmittel für die Investitionen sein werden. Die politischen Entscheide, die unsere Möglichkeiten und Grenzen aufzeigen, werden nicht oder später gefällt. Das Spitalversorgungsgesetz, das die Zeit nach 2012 regeln soll, tritt wahr-scheinlich nicht vor 1. Januar 2014 in Kraft. In der Spitzenmedizin ist in kritischen Disziplinen nur entschieden, dass noch nichts entschieden ist (Herz und Protonen lassen grüssen).

    Das sind keine guten Voraussetzungen zur Umsetzung unserer Vision. Das darf uns trotzdem nicht daran hindern, den Weg weiter hartnäckig zu verfolgen. Es ist wie bei einer Bergtour: Wir sind körperlich bestens vorbereitet, wir nehmen den Weg zum Gipfel mit Elan in Angriff. Wenn der Weg schlechter wird, müssen wir uns darauf einstellen, wenn Wegweiser und Karte ungenau sind, müssen wir uns selbst orientieren, wenn es regnet oder schneit, müssen wir uns wetterfest anziehen. In einem Satz: Wir müssen uns auf Un-annehmlichkeiten einstellen und vorbereiten. Genau das ist eine der Hauptaufgaben des Verwaltungsrates. Ich überlasse es ihrer Fantasie zu interpretieren, wer nun im Falle unserer Vision für Weg, Karte und Wetter verantwortlich ist.

    Der Verwaltungsrat hat sich im vergangenen Jahr intensiv mit den «externen Rahmenbedingungen» befasst. Diese Arbeiten gehen weit über die Behandlung in den Sitzungen hinaus. Sie finden in den Ausschüssen des Verwaltungsrates, in vielen Sitzungen von Arbeitsgruppen und in Einzelgesprächen statt, entsprechendes Aktenstudium gehört dazu. Die Belastung der Verwaltungsratsmitglieder hat im vergangenen Jahr weiter zuge-nommen, aber ich darf feststellen, dass sich nach wie vor alle mit viel Engagement und Begeisterung für «die Insel» einsetzen. Dafür danke ich ganz herzlich.

    Eine Schlussbemerkung: Visionen sind manchmal nahe bei Träumen, also halten wir uns an Josephine Baker, die festgestellt hat: «Wenn wir unsere Träume verwirklichen wollen, müssen wir zuerst aufwachen.»

    Peter Rychiger Verwaltungsratspräsident

  • 5

    Vorwor t * Direktionspräsident

    Vorwort des Direktionspräsidenten

    Bestens posit ionier t für die Zukunft

    Wir stellten bereits im Jahre 2005 von Abteilungsfallpauschalen auf diagnosebe-zogene Pauschalen (DRG) um. Zur Verfügung standen damals die sogenannten AP-DRG (All-Patients DRG), welche in den USA entwickelt wurden und in verschiedenen Län-dern zum Einsatz kommen. Ab 2012 werden die SwissDRG gelten. Zudem vereinbaren wir seit dem Jahr 2007 mit dem Kanton anstelle der Defizitgarantie eine Fallpauschale (Base Rate), das durchschnittliche Kostengewicht (Case Mix Index) und die Anzahl stationärer Austritte. Die Multiplikation dieser drei Faktoren ergibt den vereinbarten Gesamtbetrag, den uns der Kanton für unsere stationären Leistungen bezahlt. Sämtliche Einnahmen aus der stationären Behandlung, also die Einnahmen aller Versicherungsklassen und aller Pati-enten, vereinnahmt kalkulatorisch der Kanton. Übersteigt die effektive Zahl der behandel-ten Patienten bzw. die effektive Zahl der Case-Mix-Punkte die vereinbarte Zahl, vergütet der Kanton uns noch 20 % der Base Rate.

    Sparmassnahmen Budget 2011

    Der Kanton hat die mit uns vereinbarte Base Rate bereits im Jahr 2010 gegenüber 2009 um 2,5 % und nun für das Jahr 2011 nochmals um 3 % gesenkt. Das bedeutet, dass die Patienten im Jahr 2011 gegenüber 2009 durchschnittlich um 5,5 % kostengünstiger behandelt werden müssen. Das ist eine Herausforderung, aber durchaus auch eine Chance, um dem kommenden Preiswettbewerb ab dem Jahr 2012 standhalten zu können. 2011 hiess die Zielvorgabe eine Budgetverbesserung von 37 Mio. CHF. Die Spitalleitung erar-beitete zusammen mit den 37 Kliniken und Instituten sowie den 7 zentralen Direktionen rund 280 Sparmassnahmen. Dazu gehörten auch Personalmassnahmen. Ende September 2010 wurde gegenüber dem Kanton, den Personalverbänden, dem Personal und letztlich gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert, dass 114 Stellen abgebaut werden. Ziel ist, die Stellenreduktion bis Ende Juni 2011 umgesetzt zu haben. Die 114 Stellen waren von über 120 Personen besetzt. Mit verschiedenen Massnahmen (z. B. interne Transferliste, Neuein-stellungen von externen Personen nur in begründeten Fällen etc.) konnte erreicht werden, dass Ende Januar 2011 nur noch 13 Personen ohne eine neue Stelle waren.

    Im Jahr 2011 werden aber auch gezielt neue Stellen geschaffen, so im Rahmen von speziellen medizinischen Innovationsprojekten, bei der Umsetzung der beiden strategi-schen Schwerpunkte Herz-Kreislauf und Neuro oder zur Bewältigung wichtiger, das ganze Unternehmen betreffender Grossprojekte. Der Abbau von Stellen ist demnach begleitet von einem Umbau. Das ist für die Zukunftsbewältigung notwendig und ein Erfolgsfaktor für die Zukunft.

    Hochspezial is ier te Medizin

    Der vorliegende Jahresbericht zeigt am Beispiel der Leistungen einzelner Fach-disziplinen exemplarisch die Exzellenz unseres Spitals. Gegen 30 000 Patientinnen und Patienten aus dem Kanton Bern und rund 10 000 Patientinnen und Patienten aus anderen Kantonen werden im Inselspital jedes Jahr stationär behandelt. National erwarten wir, dass die Organe der Interkantonalen Vereinbarung Hochspezialisierte Medizin (IVHSM) unsere quantitativen und qualitativen Leistungen berücksichtigen und bei der Zuteilung der einzelnen Fachgebiete der hochspezialisierten Medizin honorieren. Kantonal gehen wir davon aus, dass bei der Versorgungsplanung und bei deren Umsetzung in der Spital-liste die Regierung die hochspezialisierten Leistungen so weit als möglich auf das Inselspital konzentriert. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir zu Allianzen bereit und fähig sind. Wir erbringen mit verschiedenen Partnern Leistungen auch ausserhalb des Zen-trums Inselspital.

  • 6

    Vorwor t * Direktionspräsident

    Zusammenschluss mit Spitalnetz Bern AG

    Der Regierungsrat hat Ende November 2009 das Ziel vorgegeben, dass das Insel-spital und die Spitäler der Spitalnetz Bern AG rechtlich und organisatorisch zusammen-geschlossen werden sollen. Im Jahr 2010 ist dieses Ziel mit einem Vorprojekt gestartet worden. 2011 folgt die erste Phase des Hauptprojektes. Der Zusammenschluss hat grund-sätzlich die «Stärkung des Medizinalstandortes Bern» zum Ziel. Der Zusammenschluss soll rechtlich in Form einer Holding oder einer Fusion erfolgen. Wesentlich ist aus der Sicht des Inselspital, dass die zusammengeschlossenen Spitäler über eine gemeinsame Strategie verfügen, welche durch gemeinsame Führungsorgane umgesetzt wird. Das eröffnet neue Möglichkeiten.

    Masterplan

    Unter Federführung und Finanzierung des Kantons erfolgte im Jahr 2010 die Aus-schreibung für den Masterplan. Ziel war, dass unser Spital für die kommenden 40 bis 50 Jahre über ein Regelwerk verfügt, das aufzeigt, wie unser Areal baulich weiterentwickelt werden kann. Das erstprämierte Wettbewerbsprojekt unterteilt unseren Campus in Bau-felder, vergleichbar mit einem klar strukturierten Quartierplan. Die Baufelder ermöglichen schliesslich, die heutige Bruttogeschossfläche von gegen 300 000 m2 zu verdoppeln. Es ist aber nicht das Ziel des Inselspitals seine Bruttogeschossfläche zu verdoppeln. Es gibt neue Möglichkeiten für zusätzliche Raumbedürfnisse der Medizinischen Fakultät oder für andere Nutzer. Im Jahr 2011 wird die erste Realisierungsphase konzipiert. Das heisst, dass das Insel-spital seine Bedürfnisse mit einem Zeithorizont bis ins Jahr 2025 zu definieren hat und dass der erste Umsetzungsschritt (Studienwettbewerb für das zu bebauende Baufeld) vorbereitet werden muss. Der Masterplan ermöglicht uns, in Zukunft nicht nur quantitativ über genü-gend Raumflächen zu verfügen, sondern auch, die Gebäude technisch Schritt für Schritt auf den neusten Stand zu bringen. Der primäre Zweck neuer Spitalgebäude muss sein, dass die neuen Räume eine prozessorientierte Spitalorganisation bestmöglich zulassen. In diesem Sinne wird der Masterplan zu einem Erfolgsfaktor für die Zukunftsgestaltung.

    Dank

    Der primäre Erfolgsfaktor eines Dienstleistungsunternehmens und besonders eines Universitätsspitals sind die Mitarbeitenden. In allen Berufen, Funktionen und Hierar-chiestufen verfügen wir über Mitarbeitende mit sehr hohen fachlichen Kenntnissen, gros-sen praktischen Erfahrungen und der Persönlichkeitskompetenz, welche es ermöglicht, dass die Patientinnen und Patienten nicht nur technisch, sondern auch menschlich gut behandelt und betreut werden und die interne Zusammenarbeit von gegenseitigem Respekt begleitet wird. Das Inselspital ist ein gefragter Arbeitgeber. Darauf sind wir stolz. Es ist für die Füh-rungspersonen auf allen Stufen eine grosse Herausforderung, diesen Unternehmenswert auch in Zukunft hochzuhalten. Dafür erarbeiten wir unsere Wertebasis für die Zukunft und darauf basierend ein neues Leitbild.

    Urs Birchler Dr. oec. publ., Direktionspräsident

  • 8

    Für Operationen am Herz und an den Gefässen ist Bern erste Adresse: Jedes dritte Schweizer Herz wird heute im Inselspital oder in seinem strategischen Partnerspital, dem Uni-versitätsspital Basel, operiert. Schweizweit weist die Herz- und Gefässchirurgie des Inselspitals die höchsten Fallzahlen auf. Die Arbeit der Herz- und Gefässchirurgen beginnt dabei manchmal bereits vor der Geburt ihres Patienten: Wenn Geburtsmediziner und Kinderkardiologen einen Herzfehler am noch ungeborenen Kind diagnos-tizieren, ziehen sie oft bereits die Kollegen aus der Herz- und Gefässchirurgie bei. Je nach Schwere-grad ist manchmal unmittelbar nach einer Geburt per Kaiserschnitt eine Herzoperation notwendig. Das geschah im November 2010 auch bei einem Mädchen, dessen Herz gleich mehrfach geschä-digt war. Weil das Kind zudem nur über eine Nie-re verfügte, drängte die Zeit. «Darm und Niere waren so schlecht durchblutet, dass das Risiko eines Nierenverlusts und einer lebensbedroh-lichen Darmperforation hoch war», sagt PD Alexander Kadner, Leiter der kongenitalen Herz-chirurgie.

    In einer Notoperation schlossen er und sein interdisziplinäres Team das gerade einmal pflaumengrosse Herz des Kindes an die Herz-Lungen-Maschine an. Gleichzeitig kühlten die Spezialisten das Kind ab, damit sein Kreislauf still-stand, und führten eine Kanüle in eines der Hals-gefässe ein, um die Durchblutung des Gehirns während der Rekonstruktion des Aortenbogens zu gewährleisten. «Die Kooperation zwischen Herzchirurg, Herzanästhesist und Kardiotechni-ker ist in einer solchen Situation essenziell. Ohne Teamgeist läuft hier nichts, denn wir müssen uns alle aufeinander verlassen können», sagt Prof. Thierry Carrel, Direktor und Chefarzt der Uni-versitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie. Der Operationstisch ist jedoch nur einer von vielen Orten der interdisziplinären Zusammenarbeit:

    Thema * Herz - und Gefässchirurgie

    Gelebter Teamgeist

    Der Erfolg der Spitzenmedizin an der Universitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie beruht auf interdisziplinärer Zusammenarbeit. Möglich machen dies der Campus, der das Wissen verschiedenster Spezialisten an einem Ort vereint, und ein echter Teamgeist, der alles Handeln umfasst.

    Für die prä- und postoperative Betreuung sind erfahrene Kinderkardiologen, Neonatologen und eine spezialisierte pädiatrische Kinderintensiv-station erforderlich.

    Neues Kompetenzzentrum für angeborene Herzfehler

    Das Mädchen ist eines von rund 700 Kindern mit angeborenem Herzfehler, die in der Schweiz jedes Jahr geboren werden. Es hat heute viel bessere Chancen als noch vor 20 Jahren, das Erwachsenenalter zu erreichen. So leben dank mo-derner Medizin immer mehr Erwachsene mit an-geborenem Herzfehler. Für diese Patienten wurde der Begriff Grown-Up-Congenital-Heart-Disease- oder kurz GUCH-Patienten geprägt. Diese Patien-tengruppe umfasst hierzulande etwa 15 000 bis 20 000 Betroffene. In den nächsten Jahren dürfte diese Zahl weiter ansteigen.

    Damit nimmt auch der Handlungsbedarf zu, denn insbesondere diejenigen Erwachsenen, die einen mässig bis hoch komplexen Herzfehler aufweisen, benötigen eine jährliche Kontrolle in einer GUCH-Sprechstunde. Eine Operation un-mittelbar nach der Geburt eines Kindes mit an-geborenem Herzfehler kann zwar dessen Leben retten, beseitigt oft aber nicht das Risiko späterer Herzkrankheiten im Jugend- und Erwachsenen-alter. «15 bis 20 Jahre nach einer ersten Herz-operation können erneut behandlungsbedürftige Herzprobleme vermehrt auftreten», erklärt Prof. Carrel.

    «Die Kooperation zwischen Herzchirurg, Herzanästhesist und Kardiotechniker ist

    essenziell . Ohne Teamgeist läuft hier nichts, denn wir müssen uns alle aufeinander

    verlassen können.»

    Prof. T hierr y Carrel ,

    Direktor und Chefarzt Universitätsklinik

    für Herz - und Gefässchirurgie

  • 9

    Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, hat das Inselspital im Jahr 2010 ein Kom-petenzzentrum für angeborene Herzfehler ge-schaffen. Das interdisziplinäre Zentrum bietet eine lebenslange ambulante und stationäre Betreuung, bei der Spezialisten über Fachgebiets- und Klinik-grenzen hinaus eng zusammenarbeiten. Der Herz-chirurg PD Kadner arbeitet hier eng mit dem Leiter der Kinderkardiologie, Prof. Jean-Pierre Pfammat-ter, und mit dem Leiter des Grown-Up-Congenital-Heart-Disease-Programms, PD Markus Schwerz-mann, zusammen. «In diesem Expertenverbund hat jeder seine Aufgabe, die er erfüllen muss, damit auch die andern ihren Part machen können», sagt Prof. Carrel. Der Vorteil dieser innovativen Lösung liegt auf der Hand: Betroffene werden zeitlebens an einem einzigen Ort betreut und müssen nicht wie in anderen Spitälern üblich von der Klinik für Geburtshilfe über die Klinik für Kinderchirurgie zur Klinik für Herz- und Gefässchirurgie wechseln, nur weil sie älter werden.

    Für das Inselspital bietet das Kompe-tenzzentrum mit seinen Spezialisten im inter-disziplinären Team ebenfalls Vorteile, ist es als Ausbildungsstätte doch bestrebt, auch fächer-übergreifend lehren zu können. Überhaupt ist Prof. Carrel die Weiterbildung seiner Assistenz-ärzte ein grosses Anliegen. Deshalb unterstützt er sie bei internationalen Forschungs- und Studien-aufenthalten. Dr. Florian Schönhoff etwa konnte in einem zweijährigen Forschungsaufenthalt an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore die genetischen Einflüsse auf die Bildung von Aneu-rysmen untersuchen. Auch Dr. Henriette Brinks konnte von einem zweijährigen Forschungsauf-enthalt in den USA profitieren: Sie kombinierte am Center for Translational Medicine Techniken der Zell- und Gentherapie mit dem Einsatz von Pumpensystemen in der Herzchirurgie. Dr. Tho-mas Wyss hingegen studierte am Imperial College London den Langzeitverlauf nach endovaskulärer Aneurysmachirurgie. Das Resultat solcher För-dermassnahmen sind hoch motivierte Ärztinnen und Ärzte, die sich in Bern sehr wohl fühlen, wie die jährlichen FMH-Assistenten-Befragungen zur Ausbildungsqualität zeigen: Die Klinik belegt in ihrem Fachbereich unter den Schweizer Universi-tätskliniken seit Jahren einen Spitzenplatz.

    Modell der Zukunft: der Hybrid-OP

    Auch im Operationssaal wird die klinik-übergreifende Zusammenarbeit zwischen Herz- und Gefässchirurgen einerseits und Kardiologen und Angiologen andererseits ein immer wichtige-

    Thema * Herz - und Gefässchirurgie

    Links: Kardiotechniker an der Herz-Lungen-Maschine: lebenswichtige Unterstützung einer Herz-Gefäss-Operation.

    Mitte: Der Lehre Flügel verleihen: Aus-, Fort- und Weiterbildung braucht Teamgeist. Rechts: Im Forschungslabor: Studien für die «Non-Heart Beating Donor»-Transplantation

  • 10

    res Thema. Dadurch ergeben sich völlig neue An-forderungen an den Operationssaal. Die Antwort ist der innovative Hybrid-OP, der im Inselspital entsteht – eine Kombination aus konventionel-lem Operationssaal und kardiologischem Herzka-theterlabor. Sein Vorteil: Diagnose und Therapie erfolgen an einem Ort, sodass zeitraubende, mit Risiken behaftete Transporte hinfällig werden. Dies ist für Projektleiter Prof. Jürg Schmidli, Chef-arzt der Gefässchirurgie, insbesondere bei Not-fällen ein grosses Plus.

    Der neue Hybrid-OP wird auch Schau-platz schonender Verfahren für Herz- und Gefäss-patienten sein. So etwa bei der Aortenklappen-stenose. Dabei handelt es sich um eine Verengung der Herzklappe zwischen der linken Herzkammer und der Hauptschlagader. In der Regel wird die fehlerhafte Klappe in einer Operation am offe-nen Herz durch eine künstliche ersetzt. Für ältere Patienten mit schweren Begleiterkrankungen, die sie zu Hochrisikopatienten machen, kommt ein solcher Eingriff jedoch oft nicht infrage. Dieser Patientengruppe steht nun ein schonendes mini-malinvasives Katheter-Verfahren ohne Öffnung des Brustkorbes und ohne Herz-Lungen-Maschine zur Verfügung.

    In diesem Transkatheter-Aortenklappen- implantation (TAVI) genannten Verfahren wird eine künstliche Herzklappe mit einem Ballonka-theter eingeführt und vor Ort gebracht. Der Arzt platziert die Prothese in der Position der alten ver-engten Klappe. Durch das Injizieren von Flüssig-keit in den Ballonkatheter faltet sich die Prothese auf, verdrängt die verengte Klappe nach aussen und übernimmt deren Funktion. Daraufhin kann der Katheter wieder entfernt werden. Das mini-malinvasive Verfahren dauert ungefähr eine Stun-de. Die Erwartungen an den Operationssaal der Zukunft sind bezüglich TAVI hoch: «Wir hoffen, dass wir mit dem Hybrid-OP die Lebensqualität

    und die Lebenserwartung der Hochrisikopatien-ten mit Klappenerkrankungen nochmals verbes-sern können», meint Prof. Carrel.

    Operationsbegleitung in Maastricht

    Ausgedehnte Eingriffe an der Haupt-schlagader (Aorta) können in seltenen Fällen zu neurologischen Komplikationen führen. Im schlimmsten Fall wäre der Patient nach einer Ope-ration an der Aorta vorübergehend oder dauerhaft paraplegisch. «Dieses Risiko lässt sich aber deut-lich minimieren», so Prof. Schmidli, «indem man während der Operation die Rückenmarkfunktion durch ein sogenanntes Neuromonitoring über-wacht.»

    Beim Neuromonitoring wird das Gross-hirn des Patienten stimuliert. Als Folge davon er-zeugt das Gehirn elektrische Potenziale, die dem Rückenmark entlang gesandt werden und die daraufhin zu Muskelkontraktionen an den Beinen führen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Rückenmarkfunktion beziehungsweise dessen Po-tenziale ziehen. Der grosse Vorteil dieses Monito-rings liegt darin, dass es den Teil des Rückenmarks überwacht, der besonders sensibel reagiert. Eine mögliche Schädigung lässt sich deshalb zu einem frühen Zeitpunkt erkennen, sodass Gegenmass-nahmen zur Verhinderung einer Lähmung wäh-rend der Operation eingeleitet werden können.

    Seit März 2009 kooperiert das Insel-spital mit dem Universitätsklinikum Maastricht in den Niederlanden. Seither übertragen die Berner Herz- und Gefässchirurgen bei speziellen Aor-teneingriffen die Daten ihrer Potenzialmessun-gen nach Maastricht, wo sie mit einer Zeitverzö-gerung von weniger als einer Sekunde auf dem Bildschirm des zuständigen Neurophysiologen erscheinen, der mit seinen 800 km entfernten Kollegen in ständigem Kontakt steht.

    Die Resultate sind vielversprechend, da die unmittelbar nach der Operation wie auch die später auftretende Lähmungsrate stark gesenkt wurde. Entsprechend zufrieden zeigt sich Prof. Schmidli mit der Kooperation: «In der heutigen Spitzenmedizin ist auch die vernetzte Zusammen-arbeit mit internationalen, hochspezialisierten Ex-perten ein Erfolgsmodell.» In den letzten zwei Jahren konnten über 80 Patienten von diesem Verfahren profitieren.

    Thema * Herz - und Gefässchirurgie

    «Wir hoffen, dass wir mit dem Hybrid- OP die L ebensqualität und die L ebenser wartung

    der Hochrisikopatienten mit K lappen-erkrankungen nochmals verbessern können.»

    Prof. T hierr y Carrel ,

    Direktor und Chefarzt Universitätsklinik

    für Herz - und Gefässchirurgie

  • 12

    «Bei unproblematischen Schwangerschaften gehen wir ganz auf die Wünsche der

    werdenden Mütter ein und lassen der Natur möglichst freien Lauf.»

    Prof. Daniel Surbek, geschäftsführender Co-Direktor

    und Chefarzt Geburtshilfe

    Universitätsklinik für Frauenheilkunde

    Thema * Gebur tshi lfe

    Spitzenmedizin für die Kleinsten

    Die Universitätsklinik für Frauenheilkunde steht allen Frauen für die Geburt offen und bietet ihnen mit dem grössten Perinatalzentrum der Schweiz die Sicherheit einer interdis -ziplinären Spitzenmedizin.

    umliegenden Kantonen behandelt die Universi-tätsklinik für Frauenheilkunde jährlich etwa 100 Patientinnen mit dieser Diagnose, mehr als jedes andere Spital der Schweiz. Bei der Präeklampsie handelt es sich um eine Erkrankung der Plazen-ta, die zu einer Schädigung der Blutgefässe im mütterlichen Organismus führt und in der Regel ab dem fünften Schwangerschaftsmonat auftritt. Die Folgen sind so unterschiedliche Symptome wie Bluthochdruck, Eiweissausscheidung über den Urin, Kopf- und Oberbauchschmerzen, Augen-flimmern, Leberprobleme bis hin zur Leberruptur, Nierenversagen, Hirnblutungen oder epilepsie-ähnliche Krampfanfälle. Der Schweregrad einer Schwangerschaftsvergiftung kann sehr unter-schiedlich sein und hängt mit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung zusammen, so Prof. Surbek: «Je früher sie sich äussert, desto ausgeprägter sind auch die Symptome.» Festgestellt wird die Erkrankung ent-weder aufgrund der auftretenden Beschwerden wie Bluthochdruck oder mittels eines speziellen diagnostischen Tests.

    Obwohl die Präeklampsie in erster Linie eine Erkrankung der Mutter ist, betrifft sie auch das ungeborene Kind: Weil der Mutterkuchen das Kind nur unzureichend ernährt, verzögert sich des-sen Wachstum. Dies kann im Extremfall zu einer Sauerstoffunterversorgung des Kindes oder so-gar zum Kindstod im Mutterleib führen. Es kann sich daraus aber auch eine angeborene Schädi-gung entwickeln, die im Erwachsenenalter ein hohes Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Herzinfarkt, Hirnschlag oder Bluthochdruck mit sich bringt. Für die Mutter hat eine Prä- eklampsie dieselben Langzeitfolgen, weshalb auch für sie lebenslange Nachsorgeuntersuchungen in regelmässigen Abständen notwendig sind.

    Entbindung als einzige Heilung

    Die Behandlung einer schweren Schwan-gerschaftsvergiftung erfolgt medikamentös und oftmals intensivmedizinisch: Bei der Mutter wer-den der Bluthochdruck gesenkt und die Krampf-anfälligkeit vermindert, während das Kind hor-monelle Medikamente zur Organreifung erhält. Diese bewirken, dass seine Blutgefässe und die Lunge schneller heranreifen, damit es bei einer Frühentbindung keine Hirnblutung oder schwere Lungenschäden erleidet und so die Überlebens-chancen verdoppelt werden. «Eine Frühentbin-dung ist die einzige Heilung einer Präeklampsie und geschieht je nach Schwere der Erkrankung

    In den Räumen der Universitären Frau-enklinik bringen jährlich über 1300 Frauen ihr Kind oder ihre Kinder zur Welt. Damit ist die Klinik die weitaus grösste Geburtsklinik im gesamten Kanton Bern. Mit einer individuellen Geburtsvorbereitung, zu der auf Wunsch auch Akkupunktursitzungen gehören, verlaufen viele dieser Geburten ohne jeg-liche Komplikationen und genau so, wie es sich die Schwangere gewünscht hat. Bei Schmerzmitteln steht ihr die ganze Palette von homöopathischen Globuli bis zur Periduralanästhesie zur Verfügung, und auch für die Wahl der Geburtsposition bieten sich ihr viele Optionen – zum Beispiel stehend, in der Vierfüsslerstellung, auf dem Geburtshocker, im Wasser oder auf dem Gebärbett in Seitenlage oder halb sitzend. Bei der Geburt anwesend sind eine Hebamme und eine Ärztin oder ein Arzt. Falls die Schwangere es wünscht und keine Geburtsrisi-ken vorliegen, kann die Geburt auch nur im Beisein einer Hebamme erfolgen. «Bei unproblematischen Schwangerschaften gehen wir ganz auf die Wün-sche der werdenden Mütter ein und lassen der Natur möglichst freien Lauf», fasst Prof. Daniel Surbek, Chefarzt Geburtshilfe und geschäftsfüh-render Co-Klinikdirektor, das Konzept der Univer-sitätsklinik für Frauenheilkunde zusammen. Und sollten Komplikationen auftreten, ist die Frau-enklinik mit dem grössten Perinatalzentrum der Schweiz bestens vorbereitet: Ein interdisziplinäres Team aus Geburtsmedizinern, Neonatologen, pä-diatrischen Spezialisten, Kinderchirurgen, Geneti-kern und Anästhesisten steht Mutter und Kind bei Schwangerschaften mit einem besonderen Verlauf rund um die Uhr zur Seite.

    Lebensbedrohliche Gefährdung von Mutter und Kind

    Zu den besonders häufigen und schwe-ren Komplikationen während Schwangerschaften zählt die Präeklampsie oder Schwangerschafts-vergiftung: 8 von 100 Frauen sind davon betrof-fen. Wegen der hohen Zuweisungsrate auch aus

  • 13

    oft schon in der 24. Woche, gefolgt von einer Frühgeburtsbehandlung in der Neonatologie», sagt Prof. Surbek. Besser ergeht es Frauen, deren Schwangerschaft schon weit fortgeschritten ist, wenn sich die ersten Symptome einer Präeklampsie zeigen: Hier kann das Kind auf natürlichem Wege oder per Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden.

    Nationaler Forschungsschwerpunkt TransCure Trotz intensiver Forschung sind die Ur-sachen der Präeklampsie noch immer weitgehend unbekannt. Die Fachleute gehen aber davon aus, dass eine ungünstige Einnistung des Embryos und des Mutterkuchens in der Gebärmutter die Ent-stehung einer Schwangerschaftsvergiftung be-günstigt. An der Universitätsklinik für Frauenheil-kunde erforschen Prof. Surbek und sein Team im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Nationalen Forschungsschwerpunkts TransCure, wie aus Untersuchungen der Plazenta die Langzeitfolgen der Präeklampsie für das Kind besser verstanden und behandelt werden kön-nen. Neue Erkenntnisse sollen auch die Daten aus dem Berner Schwangerschaftsregister ergeben, das die Frauenklinik zusammen mit der Univer-

    sitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie auf-gebaut hat: Die Forschenden erhoffen sich von den Blut-, Plazenta- und Urinproben, die Frauen mit Präeklampsie zu verschiedenen Zeitpunkten der Schwangerschaft entnommen werden, Auf-schluss über Ursachen und Verlauf der Krankheit sowie eine verbesserte Früherkennung.

    Eine Plazenta für zwei Embryonen Komplikationen können sich auch aus Zwillings- und Mehrlingsschwangerschaften er-geben, die wegen des zunehmenden Alters der schwangeren Frauen und wegen reproduktions-medizinischer Behandlungen gegen Unfruchtbar-keit seit den 1990er-Jahren zunehmen. Solche Schwangerschaften sind nicht immer unprob-lematisch, wie das Beispiel des Zwillingstrans-fusionssyndroms zeigt. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, die bei denjenigen Zwillingen auftreten kann, bei denen nicht beide Zwillin-ge über eine eigene Plazenta verfügen, sondern sich stattdessen eine teilen – ein Phänomen, das in einem Fünftel aller Zwillingsschwangerschaf-ten und ausschliesslich bei eineiigen Embryonen zu beobachten ist. Weil die Blutkreisläufe dieser Zwillinge miteinander verbunden sind, kann sich

    Thema * Gebur tshi lfe

    Links: Embryo in der 12. Schwangerschaftswoche (Realtime-3D-Ultraschallbild).

    Rechts: Intrauterine endoskopische Lasertherapie bei Zwillingsschwangerschaft.

  • 14

    Thema * Gebur tshi lfe

    daraus eine dauerhafte Bluttransfusion entwi-ckeln – daher der Name Zwillingstransfusionssyn-drom. Die Folge: Einer der beiden Zwillinge weist zu viel Blut in seinem Kreislauf auf, der andere zu wenig, was sich in einer vermehrten Fruchtwas-serbildung sowie in einer Herzbelastung nieder-schlägt, die in 90% aller Fälle zum Tode beider Embryonen führt.

    Ob Zwillinge im Mutterleib heranwach-sen, die sich eine Plazenta teilen, lässt sich bereits ab der sechsten Schwangerschaftswoche mit einer Ultraschalluntersuchung feststellen. Die Auswer-tung der Ultraschallbilder setzt insbesondere im frühen Stadium allerdings viel Erfahrung voraus und ist regelmässig Gegenstand von Fortbildun-gen, welche die Universitätsklinik für Frauen-heilkunde für Gynäkologinnen und Gynäkologen durchführt, die das Ultraschall-Screening in ihrer eigenen Praxis vornehmen. «Die Früherkennung des Zwillingstransfusionssyndroms ist essenziell für den Therapieerfolg, weshalb wir dafür plädie-ren, bei Zwillingen engmaschige Ultraschallunter-suchungen durchzuführen», erläutert Prof. Surbek. Wird die Komplikation nämlich erst erkannt, wenn einer der beiden Zwillinge zu viel Fruchtwasser produziert und sich dieses im Bauch der Mutter ansammelt, kann das Leben beider Kinder oft nicht mehr gerettet werden.

    Schweizweit einzige Behandlung Wird ein Zwillingstransfusionssyndrom diagnostiziert, erfolgt zwischen der 16. und 24. Schwangerschaftswoche ein ein- bis zweistündi-ger endoskopischer Lasereingriff. Dazu wird ein mit Kamera und Glasfiber ausgerüstetes Instru-ment durch die Bauchdecke in die Gebärmutter eingeführt, das mit gezielten Laserstössen die Ge-fässverbindungen auf der Plazenta verödet und die bis anhin vereinten Kreisläufe trennt. Mit die-

    ser Operation lässt sich die Mortalitätsrate um die Hälfte senken, was bedeutet, dass 50–70% der Embryonen überleben. Somit stehen die Chan-cen gut, dass wenigstens einer der Zwillinge oder der Mehrlinge den Eingriff übersteht und fortan gut gedeiht. «In der Therapie des Zwillingstrans-fusionssyndroms leisten wir schweizweit Pionier-arbeit – wir sind auf Zwillingsschwangerschaften spezialisiert und als einziges Spital hierzulande in der Lage, das Zwillingstransfusionssyndrom zu behandeln», sagt Prof. Surbek.

    Interdisziplinäre Spezial isten vor Or t

    Auch bei der Erkennung von angebore-nen Herzfehlern sind vorgeburtliche Ultraschall-untersuchungen von grosser Bedeutung für die Prognose: Die Diagnose führt zu einer engen Überwachung der Herzfunktion des ungebore-nen Kindes, mit der sich die Notwendigkeit einer frühzeitigen Entbindung durch eine Operation feststellen lässt. Mit 200 Teilnehmenden sind die jährlichen Symposien der Klinik zu den speziali-sierten Ultraschalluntersuchungen entsprechend gut besucht. Prof. Surbek und seine Mitarbei-tenden stehen den privaten Gynäkologen auch sonst beratend zur Seite: «Bei auffälligen oder schwierigen Ultraschalluntersuchungen werden wir oft konsultiert, so etwa, wenn ein unklarer Befund besteht, das Kind ungünstig liegt oder sich Zwillinge entwickeln.»

    Nach der Diagnose eines Herzfehlers, der in ca. 0,5 –1% aller Schwangerschaften auf-tritt, berät Prof. Surbek die Eltern: «Wir bespre-chen den Behandlungsplan bis zum Zeitpunkt nach der Geburt, die Operationsmöglichkeiten und die Entwicklungschancen des Kindes.» Von der Aufklärung der Eltern über die intensive, teils stationäre vorgeburtliche Betreuung bis hin zur Intensivbehandlung nach dem Kaiserschnitt und zur allenfalls nötigen Herzoperation sind während der ganzen Behandlungskette auch ein Pränatalmediziner, ein Neonatologe, ein pä-diatrischer Kardiologe sowie ein Herzchirurg mit dabei. «Klinische Studien zeigen, dass die Über-lebensprognosen eines Kindes besser sind, wenn es bei frühzeitiger Diagnose von interdisziplinären Fachleuten betreut wird, die sich gleich vor Ort befinden», sagt Prof. Surbek. Und da sie über viel Erfahrung verfügen, behandeln sie jährlich dank vieler Zuweisungen doch über 50 kleine Patienten mit angeborenem Herzfehler.

    «In der Therapie des Zwil l ingstrans -fusionssyndroms leisten wir schweizweit

    Pionierarbeit – wir s ind auf Zwill ingsschwan-gerschaften spezial is ier t und als einziges

    Spital hierzulande in der Lage, das Zwill ings -transfusionssyndrom zu behandeln.»

    Prof. Daniel Surbek, geschäftsführender Co-Direktor

    und Chefarzt Geburtshilfe

    Universitätsklinik für Frauenheilkunde

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    Rund 12 000 Patientinnen und Patien-ten werden in der Universitätsklinik für Urologie jährlich behandelt. Etwa jeder Zwölfte von ihnen sucht die Klinik wegen eines oder mehrerer Steine in Niere, Harnleiter oder Blase auf. Über 20 000 Betroffenen konnte in den letzten 20 Jahren gehol-fen werden – mehr als anderswo in der Schweiz. Das Fachwissen der Berner Urologen war auch bei der Herstellung eines neuen Gerä-tes für die Steinzertrümmerung gefragt. Weil das alte Modell mit Namen HM3, das in der Fachwelt als «Badewanne» bekannt ist, trotz seiner tech-nischen Exzellenz nicht mehr hergestellt wird, benötigte die Klinik mittel- oder langfristig einen ebenbürtigen Ersatz. Aus diesem Grund arbei-tete sie mit der Industrie bei der Entwicklung eines neuen Gerätes eng zusammen und brachte Inputs für Modifikationen ein, die zu einer verbesserten Leistung des Geräts führten. Als Datenbasis dien-te die grösste je durchgeführte Steinstudie bei über 1000 Patienten, die in der Urologischen Universitätsklinik eigens dafür gemacht wurde.

    Bessere Früherkennung des Prostatakrebses

    Die Urologische Universitätsklinik gilt jedoch nicht nur bei der Steinbehandlung, son-dern auch in der Diagnose und der Behandlung von komplexen Krebsfällen als Referenzklinik. Ein Beispiel dafür ist die Therapie des Prostata-karzinoms oder Prostatakrebses. Mit jährlich 5700 Neuerkrankungen in der Schweiz, die in ungefähr 1300 Fällen tödlich verlaufen, gilt Pro-statakrebs nach Lungenkrebs als zweithäufigste Krebstodesursache beim Mann. Trotz der relativ hohen Sterberate bedeutet allerdings längst nicht jedes Prostatakarzinom ein Todesurteil. Oder an-ders ausgedrückt: «Viel mehr Männer sterben mit Prostatakrebs als wegen Prostatakrebs. Bei einem gut differenzierten, d.h. wenig aggressiven Pro-statakarzinom beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten 20 bis 30 Jahren zum Tod führt, etwa 10–20%. Anders verhält es sich bei einem wenig differenzierten Karzinom, das im gleichen Zeitraum in 80% der Fälle tödlich ver-läuft», sagt Prof. George N. Thalmann, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Urologie.

    Das ungleiche Risiko, das mit Prostata-krebs verbunden ist, zeigte lange Zeit nur geringe Auswirkungen der Behandlung auf die Überlebens-rate. «Weil wir nicht genau abschätzen konnten,

    Thema * Urologie

    Innovative Behandlungsmethoden dank eigener Forschung

    Forschungstätigkeit mit Folgen: Die Universitätsklinik für Urologie lässt die Ergebnisse ihrer Studien rasch in den medizinischen Alltag einfliessen. So auch bei der Behandlung des Prostatakrebses. Das Ergebnis ist mehr Lebensqualität für die Betroffenen.

    welches Karzinom gefährlich war und welches nicht, haben wir die Patienten tendenziell über-behandelt – so waren wir auf der sicheren Seite», meint Prof. Thalmann. An diesem Punkt setzte das von 2006 bis 2010 laufende Forschungsprojekt Promet an, das Teil des 6. EU-Rahmenprogramms war und mit vier Millionen Euro unterstützt wur-de. Unter der Koordination von Prof. Thalmann erforschten die Universitätsklinik für Urologie am Inselspital, das Institut für Angewandte Physik der Universität Bern, die urologischen Departemente und Forschungseinheiten der Universitäten Lei-den und Sheffield sowie das deutsche Krebsfor-schungszentrum in Heidelberg gemeinsam mit Vertretern der Industrie, wie Mikrometastasen im Blut und in den Lymphknoten entdeckt wer-den können. Diesen kommt in der Behandlung des Prostatakrebses nämlich eine immer grössere Bedeutung zu, wie Prof. Thalmann erläutert: «Bei der Behandlung des Primärtumors haben wir gros-se Fortschritte erzielt. Immer mehr der Patienten, die an einem Prostatakarzinom sterben, tun dies infolge von Metastasen, die zum Zeitpunkt der Therapie noch zu klein sind, um entdeckt zu wer-den – sogenannte Mikrometastasen, auch mini-male Resterkrankung genannt.»

    Gefahr durch Mikrometastasen

    Mikrometastasen entwickeln sich aus den Tumorzellen, welche vom Primärtumor in grosser Zahl in den Blutkreislauf abgegeben wer-den. Allerdings bilden sich nur aus 0,01% dieser Zellen Mikrometastasen, aus denen später die lebensbedrohlichen Metastasen resultieren. Aus der Krebsforschung ist bekannt, dass Tumorzellen ihr genetisches Profil ändern können und deshalb im Primärtumor, in der Blutzirkulation sowie wäh-rend des Prozesses der Mikrometastasenbildung jeweils andere Marker – Substanzen im Blut, die auf einen Tumor hindeuten – aufweisen können. Zudem gilt es als weitgehend gesichert, dass mi-krometastasische Krebszellen Stammzelleneigen-schaften aufweisen.

    Im Forschungsprojekt Promet konnten sogenannte Tumorstammzellen und ihre Marker erstmals aus Primärtumoren von Patienten isoliert und analysiert werden. Voraussetzung dafür waren einerseits experimentelle Modelle der Biologie von Mikrometastasen und andererseits Tiermodelle, bei denen mittels hochsensitiver Kameras rund 20 Zellen dank hervorragender Auflösung und Schärfe wahrgenommen werden konnten. Weil

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    die Forscher die Tumorzellen mit dem Leucht-gen der Glühwürmchen injiziert hatten, war es ihnen möglich, sie von anderen Zellen genau zu unterscheiden. Die daraus gewonnenen Erkennt-nisse werden bei der Behandlung von Patienten bereits berücksichtigt: «Wir untersuchen die Lymphknoten unserer Patienten auf die Präsenz der neu entdeckten Marker», sagt Prof. Thal-mann. Um das Aufspüren von Mikrometastasen weiter voranzutreiben, vergleichen die Urologen ihre Untersuchungsergebnisse mit denjenigen der Pathologen, die auf anderem Weg dasselbe Ziel verfolgen.

    Die verbesserte Diagnostik soll dazu füh-ren, dass der Primärtumor weniger oft unnötiger-weise operativ entfernt oder einer Strahlentherapie ausgesetzt wird – was trotz Therapiefortschritten weniger Komplikationen und damit mehr Lebens-qualität für die Betroffenen bedeutet. Stattdessen ist für die Patienten mittels regelmässiger Kont-rollen eine aktive Überwachung vorgesehen. Eine weitere Anpassung der Behandlung des Prostata-karzinoms liegt in der ausgedehnteren Lymphade-nektomie, der operativen Entfernung von Lymph-knoten, die von der Universitätsklinik für Urologie seit Jahren praktiziert wird und sich seither welt-weit zunehmend durchgesetzt hat. Der Grund für diese Massnahme liegt in der geringen Grösse der Mikrometastasen: Sie sind so klein, dass sie vor der Behandlung nicht erkannt und oft nicht einmal bei der pathologischen Untersuchung der Lymph-knoten entdeckt werden. Dadurch können sie sich ungehindert zu Metastasen entwickeln. «Eine ausgedehnte Lymphadenektomie bringt mehr Si-cherheit für mehr Patienten – und damit letztlich eine geringere Mortalität», meint Prof. Thalmann, dessen nächste Untersuchungen darauf hinzielen, wie die Mikrometastasen mithilfe von Nanotech-nologie und anderen therapeutischen Ansätzen zerstört werden können.

    Thema * Urologie

    «Eine ausgedehnte Lymphadenektomie bringt mehr Sicherheit für mehr

    Patienten – und damit letztlich eine geringere Mortalität .»

    Prof. George N. Thalmann,

    Direktor und Chefarzt

    Universitätsklinik für Urologie

    Links: Steinzertrümmerer Dornier HM3 «Badewanne».

    Rechts: Intraoperative Lokalisierung von preoperativ diagnostizierten radioaktiven Lymphknoten.

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    Thema * Urologie

    Verbesserte Strahlentherapie

    Bei den konventionellen Behandlungen des Prostatakrebses, der operativen Entfernung des Tumors und der Strahlentherapie setzt das In-selspital ebenfalls neue Massstäbe. So ist die ner-venschonende Prostatachirurgie, mit der sich das Risiko von Komplikationen wie Inkontinenz und Impotenz deutlich verringern lässt, mittlerweile so bekannt, dass Urologen aus dem In- und Aus-land zu Lehrveranstaltungen nach Bern reisen. «Keiner unserer Patienten in den letzten 10 Jah-ren hat einen künstlichen Schliessmuskel wegen Harnverlusts benötigt», sagt Prof. Thalmann.

    Unter den Strahlentherapien hat die in-terstitielle Brachytherapie den Behandlungserfolg von Prostatatumoren mit erhöhter Rückfallwahr-scheinlichkeit deutlich verbessert. Bei der mit Ra-dioonkologen entwickelten Methode erfolgt die Bestrahlung von innen heraus über Hohlnadeln im Gewebe, in die eine Quelle zur Bestrahlung eingeführt wird. Dies bewirkt eine hohe lokale Dosis mit einem gleichzeitig steilen Strahlenabfall ausserhalb der Prostata.

    Neue Hoffnung bei chronischen Schmerzen

    Innovativ ist auch die in der Schweiz im-mer noch wenig bekannte sakrale Neuromodu-lation, die an der Universitätsklinik für Urologie angewandt wird. Bei Blasenfunktionsstörungen und chronischem Schmerzsyndrom des Beckens bietet sie dann, wenn alle anderen Möglichkeiten keine oder eine zu geringe Besserung gebracht haben, eine oftmals wirksame therapeutische Al-ternative. Die Funktionsweise ist einfach: Durch elektrische Impulse werden Nervenzellen stimu-liert. «Nerven sind wie miteinander vernetzte Schaltkreise. Steigt die Aktivität in einem Kreis durch die Stimulation an, kann sich dies auf an-dere Kreise positiv auswirken», erklärt Prof. Thal-mann.

    Die sakrale Neuromodulation beginnt mit einer Testphase von einigen Tagen bis zu eini-gen Wochen. Dazu werden Elektroden im Nerven-gewebe implantiert, durch die Haut hinausgeführt und mit einem externen Impulsgeber verbunden. Dies ermöglicht es dem Patienten, die Stromstär-ke selbst zu regulieren. Um die Wirkung zu tes-ten, führt der Patient während der Testphase ein Tagebuch, in dem er seine Beobachtungen festhält. Stellt sich während der Testphase eine Besserung der Beschwerden von mindestens 50% ein, wer-den der elektrische Impulsgeber und die Elektrode fix implantiert. Mit Ausnahme eines gelegentlichen Kribbelns treten bei der sakralen Neuromodulation so gut wie keine Nebenwirkungen auf. Der Patient erhält daraufhin einen Implantatausweis, den er mit sich tragen sollte.

    Prof. Thalmann ist mit den Resultaten zufrieden: «Die Erfolgsquote der sakralen Neu-romodulation ist als hoch einzustufen: 40–80% der Patienten durchlaufen eine erfolgreiche Test-phase, und die 5-Jahres-Erfolgsrate beträgt rund 60%.» Diese Werte sind umso positiver, als dass diese Therapie wegen ihrer vergleichsweise hohen Komplexität bei keinen Indikationen als Mittel der ersten Wahl gilt, sondern immer erst dann zum Einsatz kommt, wenn die klassischen Therapien versagt haben. Und den Patientinnen und Patien-ten, die häufig eine langjährige Leidensgeschichte hinter sich haben, bietet sie neue Hoffnung und deutlich mehr Lebensqualität.

    Ein weiterer neuer Therapieansatz soll bei Patienten mit chronischem Schmerzsyndrom des Beckens und chronischer Prostatitis zur An-wendung kommen. In einer placebokontrollierten doppelblinden Studie testen Prof. Thalmann und sein Team ein neues elektromagnetisches Gerät, dessen Form an einen Telefonhörer erinnert. Bei der Hälfte der Patienten gibt das Gerät eine elek-tromagnetische Ladung ab, bei der anderen Hälf-te leuchtet nur das Kontrolllämpchen auf, ohne dass jedoch eine Stimulation erfolgt. Weil dieses Gerät nur äusserlich angewandt wird, könnte es dereinst – falls wirksam – eine weniger invasive Alternative zum Neuromodulator bieten. «Die Erfolgsquote der sakralen Neuromodulation

    ist als hoch einzustufen: 40 – 80 % der Patienten durchlaufen eine erfolgreiche Testphase, und die

    5-Jahres-Erfolgsrate beträgt rund 60 %.»

    Prof. George N. Thalmann,

    Direktor und Chefarzt

    Universitätsklinik für Urologie

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    Thema * Patienten- und Angehörigenedukation

    Wer in der heutigen Zeit krank wird, erlebt eine hoch spezialisierte Medizin mit einer Vielzahl von Ansprechpartnern. Mitunter beraten sie den Patienten zu einem Zeitpunkt, in dem er nicht besonders aufnahmefähig ist – sei es, weil er gerade eine niederschmetternde Diagnose erfah-ren hat, sei es, weil er bereits so viele Informatio-nen aufnehmen musste, dass für weitere schlicht kein Platz mehr ist. Es kann auch vorkommen, dass Angaben bezüglich der Therapieformen, des Krankheitsverlaufs oder der Nachsorge zu Hause voneinander abweichen – oder fehlen. «Manch-mal steckt der Teufel im Detail: Sind schriftliche Erläuterungen zur Medikamenteneinnahme, die dem Patienten mit nach Hause gegeben werden, sehr klein gedruckt, können insbesondere ältere Menschen sie gar nicht entziffern. Oder Medika-mente, von denen täglich nur ein Viertel einer Pille genommen werden muss, lassen sich von Hand schlecht zerteilen, sodass der Patient mal eine zu hohe, mal eine zu niedrige Dosis zu sich nimmt», sagt Kathrin Hirter, wissenschaftliche Mitarbeite-rin in der Direktion Pflege, medizinisch-technische und medizinisch-therapeutische Bereiche (Direk-tion Pflege/MTT).

    Schweizweite Pionierarbeit

    Um diese Schwierigkeiten zu überwin-den, hat eine Expertengruppe des Inselspitals als schweizweites Novum ein wissenschaftlich gestütztes Konzept zur Patienten- und Angehö-rigenedukation erarbeitet, wie das Informieren, Schulen, Beraten und Begleiten von Betroffenen in der Fachsprache genannt wird. Das Konzept, das im April 2010 genehmigt wurde, legt fest, wie solche Projekte klinikübergreifend neu auf-gebaut und weiterentwickelt werden sollen und wie sich das hohe Potenzial, das im Inselspital diesbezüglich bereits vorhanden ist, nutzen lässt. Zentral bei der Patienten- und Angehörigen-edukation sind aufeinander abgestimmte Infor-

    Informationen wie aus einem Guss

    Ärzte, Pflegefachpersonen und Therapeuten sollen Patienten und ihre Angehörigen durch aufeinander abgestimmte Informationen in ihrem Selbstmanagement stärken – das ist das Ziel der Patienten- und Angehörigenedukation, bei der das Inselspital eine schweizweit führende Rolle einnimmt.

    mationen und eine klare Rollenverteilung, damit jede Berufsgruppe weiss, was zu ihren Aufgaben gehört und wo die Kollegen ansetzen.

    Ein solch koordiniertes Vorgehen aller Ansprechgruppen soll den Heilungsprozess be-günstigen und bei chronischen Krankheiten die Lebensqualität steigern. «Primäres Ziel der Patien-ten- und Angehörigenedukation ist es, die Patien-ten in ihrem Selbstmanagement zu stärken. Das heisst, dass sie die Dinge, die sie daheim umsetzen müssen, um gesund oder nicht kränker zu werden, auch wirklich lernen», meint Luzia Herrmann, Be-reichsleiterin Fachentwicklung und Forschung der Direktion Pflege/MTT, die das von Kathrin Hirter geleitete Projekt zur Erstellung des Konzepts in der Steuergruppe begleitet hat. Und weil Patien-ten oftmals mit einem Partner oder einer Familie leben, der oder die sie unterstützt, werden die An-gehörigen in die Edukation miteingebunden.

    Individuell bis interdisziplinär

    Dass das klinikübergreifende Konzept unter der Führung der Direktion Pflege/MTT entstand, ist kein Zufall: In der Patienten- und Angehörigenedukation kommt Pflegefachperso-nen eine zentrale Bedeutung zu, da sie rund um die Uhr pflegen und die individuelle Situation der Patienten und ihrer Angehörigen gut kennen und daher oftmals als Ansprechpersonen von Patien-ten und Angehörigen fungieren.

    Die Edukationsaktivitäten selbst fallen unterschiedlich aus. So können sie individuell und punktuell erfolgen, etwa wenn eine Pflegefach-person beim Waschen eines Patienten feststellt, dass seine Haut trocken ist und sie ihn daraufhin berät, wie er sie pflegen könnte. Sind die Lernbe-dürfnisse und damit auch die Informationen hin-gegen komplexer und betreffen sie viele Patien-ten, lohnt es sich, eine Mikroschulung aufzubauen. Dabei folgen die Informations- oder Instruktions-inhalte einem schriftlich vorgegebenen Leitfaden. Bei sehr komplexen Krankheitszuständen schliess-lich ist die Mithilfe verschiedener Ansprechgruppen nötig: Hier sind in der Regel interdisziplinäre oder multiprofessionelle Programme vorgesehen, die gemeinsam von Pflegefachpersonen, Therapeuten und Ärzten erarbeitet und umgesetzt werden.

    Sollen Edukationsmassnahmen Wirkung zeigen, müssen sie den unterschiedlichen Lernty-pen Rechnung tragen: Der visuelle Lerntyp liest

    «Primäres Zie l der Pat ienten- und Angehörigenedukation ist es , d ie

    Pat ienten in ihrem Sel bstmanagement zu stärken. Das heisst , dass s ie die Dinge,

    die s ie daheim umsetzen müssen, um gesund oder nicht kränker zu werden,

    auch wirkl ich lernen.»

    Luzia Herrmann, Bereichsleiterin Fachentwicklung

    und Forschung Direktion Pflege/MTT

  • 21

    Thema * Patienten- und Angehörigenedukation

    gerne und mag Bilder und Grafiken. Weil er vor allem über das Auge ansprechbar ist, braucht er eine schöne Lernumgebung. Der auditive Lerntyp sollte den Stoff abhören oder ihn laut aufsagen. Ihn kann man durch Vorträge oder Lernkasset-ten besonders gut erreichen. Learning by Doing wiederum ist das bevorzugte Vorgehen des mo-torischen Lerntyps, der Gruppenaktivitäten mag, sich gerne bewegt und Dinge selbst ausprobie-ren will. Der kommunikative Lerntyp schliesslich nimmt Informationen am besten in Diskussionen auf, weshalb für ihn Lerngruppen wichtig sind.

    Wenn das Gesicht zur Maske wird

    Das Konzept zur Patienten- und Ange-hörigenedukation stösst bei den Kliniken auf reges Interesse und es konnten bereits mehrere Projekte lanciert werden. Eines davon betrifft die Edukation zur Haut- und Schleimhautpflege von Patientin-nen und Patienten mit Systemsklerose, einer sel-tenen rheumatischen Autoimmunerkrankung. Sie äussert sich in einer Verhärtung der Haut, welche die Beweglichkeit der Gelenke, die Mimik und die Mundöffnung beeinträchtigen kann, sodass das Gesicht zunehmend maskenhaft erscheint. Wei-tere Merkmale der Krankheit sind Durchblutungs-störungen der Finger bis hin zum Absterben der Fingerkuppen sowie trockene Augen und Schleim-häute.

    Die Projektgruppe für das Edukations-programm «Haut- und Schleimhautpflege bei Sys-temsklerose» führte als Erstes eine systematische Literaturrecherche und Experteninterviews durch, um den Istzustand der Angebote und Verbesse-rungsmöglichkeiten zu evaluieren. Dabei stellten die Beteiligten fest, dass ihnen je nach Berufs-gruppe wichtige Aspekte der Krankheit nur unzu-reichend bekannt waren: «Uns Pflegefachfrauen war kaum bewusst, dass die Patienten und Patien-tinnen wegen der trockenen Schleimhäute starke Schmerzen beim Geschlechtsverkehr verspüren und dadurch die Partnerschaft beeinträchtigt sein kann. Die Ärzte wiederum hatten der Tatsache, dass die Betroffenen wegen ihres maskenhaften Gesichts die Öffentlichkeit zunehmend meiden und sich sozial isolieren, nicht genug Bedeutung beigemessen», sagt Kathrin Hirter. Nach den Ex-perteninterviews befragte die Projektgruppe auch die Patienten, um deren Bedürfnisse zu erfahren.

    Mit diesem Wissen sollen jetzt wirksa-me Interventionen für Haut- und Schleimhaut-pflege geplant werden. Voraussichtlich wird eine Sprechstunde eingeführt, in der eigens geschulte Pflegefachpersonen die stationären und ambu-lanten Patienten beispielsweise darüber beraten, wie sie ihre Fingerkuppen vor Kälte schützen kön-nen. «Wir wollen die Patienten dafür sensibilisie-ren, dass sie bei kalten Temperaturen von Anfang

    Links: Beratungsgespräch von Pflegefachfrauen mit Patientin.

    Rechts: Zerteilung von Tabletten.

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    an Handschuhe tragen und nicht warten, bis sie kalte Hände kriegen – dann sind möglicherwei-se bereits irreversible Schäden aufgetreten», sagt Kathrin Hirter. Geplant sind zudem Gruppen-schulungen und Fortbildungen, bei denen die Betroffenen die Möglichkeit erhalten, sich unter-einander auszutauschen. Ein Onlineangebot soll die Patientenedukation ergänzen.

    Die Krux mit der Blutverdünnung

    Wer sich gewissen Operationen unter-zieht, bettlägerig ist, Thrombosen oder Embolien erlitten hat oder an Herzrhythmusstörungen wie z.B. Vorhofflimmern leidet, muss gerinnungshem-mende Medikamente einnehmen, sogenannte An-tikoagulantien. Entgegen ihrem Namen verdünnen sie das Blut nicht, senken aber dessen Gerinnungs-faktor, was die Bildung von Thromben und Embo-lien verhindert. Es ist allerdings nicht ganz einfach, die richtige Balance bei der Gerinnungssenkung zu finden: Gerinnt das Blut zu langsam, können selbst aus harmlosen Verletzungen rasch lebensgefährli-che Blutungen entstehen, die eine sofortige ärztli-che Behandlung erfordern. Gerinnt das Blut hinge-gen zu schnell, bleibt das lebensbedrohliche Risiko von Thrombosen und Embolien bestehen.

    Betroffen sind vor allem ältere Menschen, die teils lebenslänglich auf die Einnahme von Anti-koagulantien angewiesen sind. Beim Spitalaustritt wird ihnen die Wirkungsweise der Antikoagulation zwar erklärt, doch zeigt die Menge an Komplika-tionen, dass die Patienten ungenügend informiert sind und insbesondere die Risiken nicht immer ver-standen werden. Hier setzt ein weiteres Projekt der Patienten- und Angehörigenedukation an, das als Pilot in der Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin begann, später aber klinikübergreifend ein-gesetzt werden soll. «Jeder Patient mit gerinnungs-hemmenden Medikamenten soll rundum Bescheid wissen, damit er Gefahren und Komplikationen erkennt und sofort reagieren kann», bringt Kathrin Hirter das Ziel der Massnahmen auf den Punkt.

    Die Betroffenen werden darin geschult, wie sie ihre Medikamente teilen und einnehmen sollen. Grosses Gewicht erhalten die Risiken, wel-che mit blutgerinnungshemmenden Medikamen-ten verbunden sind. Patienten und ihre Angehö-rigen lernen, Anzeichen für innere Blutungen zu entdecken und adäquat zu reagieren: Bei rotem Urin oder blauen Flecken auf der Haut, die ohne ersichtlichen Grund auftreten, sowie nach einem Unfall müssen sie sofort einen Arzt aufsuchen. «Weil viele der Patienten wegen ihres hohen Al-ters seh- oder hörbehindert sind, haben wir die Informationen unterschiedlich aufbereitet und in kurze Lerneinheiten von ca. 15 Minuten unter-teilt», sagt Kathrin Hirter. Vor der nächsten Lern-einheit folgt jeweils eine Evaluation des Gelern-ten, um sicherzustellen, dass die Patienten und ihre Angehörigen das Vorgehen mit der Blutgerin-nungstherapie auch wirklich kennen.

    Betreuung frühgeborener Kinder

    Ein drittes Projekt der Patienten- und Angehörigenedukation unterstützt Eltern in der Betreuung ihrer frühgeborenen Kinder mit einem in den USA gut evaluierten Programm, das über-setzt und an die hiesigen Verhältnisse angepasst werden soll. Dabei wird den Eltern gezeigt, wie sie die Bedürfnisse ihres Kindes erkennen, die Inter-aktion mit ihm fördern und es in seiner Entwick-lung unterstützen können. Sie erfahren ferner, wie sie sich an der Pflege ihres frühgeborenen Kindes beteiligen können: Sie lernen etwa, eine Sonde zu stecken und die Nahrung zu sondieren, weil das Kind häufig zu schwach zum Saugen ist.

    Voraussetzung für die selbstständige Be-treuung ist ein gut funktionierendes Sicherheits-dispositiv mit einer 24-h-Hotline, damit die Eltern daheim nicht überfordert sind. «Eltern von früh-geborenen Kindern müssen ihre eigenen Grenzen kennen – und sie akzeptieren, ohne das Gefühl zu haben, sie würden versagen», meint Kathrin Hirter. Ihr Ziel ist es, die mit viel Engagement und einem grossen Zeitaufwand erarbeiteten Eduka-tionsangebote allen deutschsprachigen Spitälern zur Verfügung zu stellen, damit auch Patienten ausserhalb des Inselspitals künftig von diesen Pio-nierarbeiten profitieren können.

    «Jeder Patient mit gerinnungshemmenden Medikamenten soll rundum Bescheid wissen,

    damit er Gefahren und Komplikationen erkennt und sofort reagieren kann.»

    Kathrin Hir ter, wissenschaftl iche Mitarbeiterin

    Direktion Pflege/MTT

    Thema * Patienten- und Angehörigenedukation

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    Thema * Forschung Kardiologie

    Im oberen Teil des Herzens befinden sich zwei Hohlräume, der linke und der rechte Vorhof. Sie werden so genannt, weil sie für das Blut einen Vorhof zu den beiden anliegenden Herzkammern bilden: Sie sammeln das von den Venen herkommende Blut und pumpen es dann in die entsprechende Herzkammer. Diese Bewe-gungen geschehen im Normalfall rhythmisch und koordiniert. Geraten sie hingegen aus dem Takt und verlaufen «flimmernd», spricht man von Vor-hofflimmern. Die Folge: Durch die weniger effizi-ente Füllung der Herzkammern verringert sich die Leistungsfähigkeit des Herzens um 10 –20 %.

    Steigende Patientenzahl

    Von Vorhofflimmern betroffen sind vor allem ältere Menschen. Das heisst aber nicht, dass Jüngere gegen diese Herzrhythmusstörung gefeit sind: Vorhofflimmern kann in jedem Alter und ohne organische Ursache auftreten. Insge-samt leben in der Schweiz etwa 60 000 Personen mit dieser Diagnose. Tendenz steigend: «Wegen der zunehmenden Langlebigkeit rechnen wir bis 2050 mit einem rasanten Anstieg der Zahl der Pa-tienten auf 270 000», sagt Prof. Bernhard Meier, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital.

    Die etwas verringerte Herzleistung we-gen des Vorhofflimmerns wird in der Regel gut toleriert: Zwar ist sie beim Sport und bei anderen körperlichen Anstrengungen zu spüren, doch be-einträchtigt sie den Alltag der Patientinnen und Patienten im Übrigen kaum. Auch ein zu schneller oder zu langsamer Herzrhythmus ist meist unpro-blematisch, denn dies lässt sich mit Medikamen-ten und allenfalls durch einen Herzschrittmacher korrigieren. Manchmal kann der normale Vorhof-rhythmus zumindest für eine gewisse Zeit mittels Medikamenten, eines Elektroschocks oder einer thermischen Verödung von elektrischen Fasern des Herzens, der sogenannten Ablation, wieder-hergestellt werden.

    Pionier in der Behandlung des Vorhofflimmerns

    Jeder zehnte Mensch über 80 leidet an Vorhofflimmern, der häufigsten Herzrhythmusstörung überhaupt. Das Inselspital hat eine alternative Behandlungsmethode entwickelt, die das Risiko von Komplikationen deutlich senkt.

    Gefahr eines Hirnschlags

    Vorhofflimmern birgt aber ein grosses Risiko: Im stagnierenden Vorhofblut können sich Blutgerinnsel bilden. Dies geschieht fast ausschliess-lich im sogenannten Vorhofohr, einer kleinen, ha-senohrförmigen Ausstülpung beider Herzvorhöfe. Während Blutgerinnsel, die sich aus dem rechten Vorhofohr freisetzen, normalerweise in der Lunge aufgelöst werden, ohne dass dies zu Problemen führt, sieht die Situation beim linken Vorhofohr anders aus: «Blutgerinnsel oder Fragmente davon können aus dem linken Vorhof direkt in die blutver-sorgenden Gefässe des Gehirns und des Herzens gelangen und dort Hirnschläge oder Herzinfarkte auslösen», so Prof. Meier.

    Um dieser Gefahr vorzubeugen, wird bei Patienten mit Vorhofflimmern in der Regel eine lebenslange Blutverdünnung durchgeführt. Diese Behandlung ist aber selbst mit Risiken verbunden: «Blutverdünnungen müssen einerseits stark ge-nug sein, um die Gerinnselbildung zu verhindern. Andererseits dürfen sie jedoch nicht zu intensiv ausfallen, da sonst das Blutungsrisiko zu hoch wird – was für den Patienten lebensbedrohliche Folgen haben kann», bringt Prof. Meier diese heikle Grat-wanderung auf den Punkt. Eine Alternative zu der Behandlung mit Blutverdünnern bot sich lange Zeit nur bei Patienten, die sich einer Herzoperation un-terziehen mussten. Die Herzchirurgen verschliessen bei einem solchen Eingriff zunehmend auch das lin-ke Vorhofohr, und zwar unabhängig davon, ob die Patienten bereits unter Vorhofflimmern leiden oder nicht. Damit lässt sich das Risiko eines Hirnschlags als Folge des Vorhofflimmerns so weit reduzieren,

    Keine Blutung Gerinnselschutz

    Intensität der Blutverdünnung

    «Wegen der zunehmenden Langlebigkeit rechnen wir in der Schweiz bis 2050 mit einem

    rasanten Anstieg der Zahl der Patienten mit Vorhoffl immern auf 270 000.»

    Prof. Bernhard Meier, Direktor und Chefarzt

    Universitätsklinik für Kardiologie

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    dass die sonst übliche Blutverdünnung nicht mehr notwendig ist und die mit ihr verbundenen Kom-plikationen entfallen. Eine offene Herzoperation ausschliesslich zu diesem Zweck wird indes kaum angewendet, obwohl dafür bereits vereinfachte Verfahren entwickelt wurden. Der Grund: «Eine solche Operation stellt einen unverhältnismässig grossen Eingriff dar, nur um eine Blutverdünnung zu vermeiden», sagt Prof. Meier.

    Nicht-chirurgischer Verschluss

    Seit einigen Jahren stehen nun auch Verfahren zum Verschluss des linken Vorhofohrs ohne Herzoperation zur Verfügung. Mittels eines Katheters setzen die Ärzte im linken Vorhofohr ei-nen Verschlusszapfen ein. Diese neue Art des Ver-schlusses wurde erstmals 2001 in Frankfurt am Main an einem Patienten in Vollnarkose durchge-führt. Im Juni 2002 nahm ein Spezialistenteam im Inselspital diesen Eingriff mit einem vereinfachten Verfahren als weltweite Neuheit bei einem wa-chen Patienten vor. Er arbeitete als Metzger und wollte keine blutverdünnenden Medikamente einnehmen. Es geht ihm heute mit 71 Jahren trotz Vorhofflimmern und ohne Blutverdünnung gut.

    Das «Nuggi -Prinzip»

    Die seither als Berner Methode bekannt gewordene und weiter verfeinerte Technik fusst auf dem sogenannten «Nuggi-Prinzip». Dabei wird ein mit kleinen Häkchen versehener Zapfen im Vor-hofohr verankert. Eine damit elastisch verbunde-ne Platte schliesst das Vorhofohr gegenüber dem linken Herzvorhof dicht ab, analog zur Schnuller-platte vor dem Babymund. Der Eingriff dauert 30 bis 60 Minuten und kann ambulant durchgeführt werden. Danach ist keine Schonung oder Nachsor-ge notwendig, ausser der Einnahme von Blutplätt-chenhemmern des Typs Aspirin für einige Monate. Dies soll verhindern, dass sich grössere Blutgerinn-sel auf dem Verschlusszapfen bilden, bis er vom inneren Herzgewebe völlig überwachsen ist.

    Vielversprechende Aussichten

    Am Inselspital wurden seither über 100 solche nicht-chirurgische Verschlüsse des linken Vorhofohrs durchgeführt. In den letzten 50 dieser Eingriffe ist es zu keinen der Komplikationen wie Herausfallen des Zapfens oder Blutung in den Herz-beutel gekommen, die beim Vorhofohrverschluss ohne Operation selten auftreten können. Aufgrund der klinischen Resultate in Bern und anderswo zieht Prof. Meier ein positives Fazit: Er geht davon aus, dass dieser Eingriff bezüglich Schutzwirkung der Blutverdünnung mindestens ebenbürtig und ihr bezüglich anderer Komplikationen wie Blutungen längerfristig überlegen ist: «Die Berner Methode stellt heute die einfachste und wohl auch wirkungs-vollste Methode für den nicht-chirurgischen Ver-schluss des Vorhofohrs dar», fasst er zusammen.

    Thema * Forschung Kardiologie

    Blutgerinnsel

    Linkes Vorhofohr

    Linke Herz-Kammer

    Linker Herz-Vorhof

    Links: Blutverdünnung als Hochseilakt: Bei einer zu schwachen Blutver-dünnung droht der Absturz wegen eines schlechten Gerinnungsschutzes (links auf der blauen Linie). Ist die Blutverdünnung hingegen zu stark, droht der Absturz wegen Blutungen (rechts auf der schwarzen Linie).

    Mitte: Verschluss des linken Vorhofohrs nach der Berner Methode. Die äussere Verschlussplatte befindet sich vor dem Vorhofohr eines Leichen-herzens. Der Zapfen im Vorhofohr ist nicht sichtbar. Rechts: Ultraschallbild des Herzens mit einem im linken Vorhofohr veran-kerten grossen Blutgerinnsel, das in den linken Herzvorhof hinauspendelt.

    Linker Herz-Vorhof

    Schnuller-Prinzip

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    Thema * Forschung Hepatologie

    Leberzellkrebs zählt weltweit zu den häufigsten Krebsarten. In Europa tritt er mit 1–2 % aller Krebsfälle zwar vergleichsweise selten auf, nimmt dafür aber wegen der immer weiter verbrei-teten Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht und Diabetes stark zu: Bei den Frauen hat sich die Zahl der Betroffenen in den letzten 15 Jahren verdop-pelt, bei den Männern beträgt der Anstieg 50 %. Der Krebs ist aber bei Männern viel häufiger: In der Schweiz sterben pro Jahr 410 Männer und 85 Frau-en an Leberzellkrebs. «Wir rechnen in der Schweiz mit jährlich etwa 500 neuen Leberzellkrebs- Erkrankungen», sagt Prof. Jürg Reichen, Chefarzt Hepatologie und Co-Direktor der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin. Meist entsteht Leberzellkrebs als Folge einer chronischen Leberer-krankung wie Hepatitis C oder einer Fettleber, die zu einer Leberzirrhose geführt hat. Dabei handelt es sich um einen fehlgeleiteten Heilungsprozess, der eine Vernarbung der Leber bewirkt. Nach einer Zirrhose entwickeln etwa 5 % der Betroffenen ei-nen Leberzellkrebs.

    Interdisziplinäre Sprechstunde

    Allen Patienten mit einem Leberzellkar-zinom (HCC) gemeinsam ist, dass sie an zwei ver-schiedenen Erkrankungen leiden: einer Lebergrund-erkrankung sowie einer Krebserkrankung in diesem Organ. Um Patienten und Risikogruppen möglichst gut behandeln zu können, hat das Inselspital 2009 eine interdisziplinäre HCC-Sprechstunde eingeführt, in welcher Fachärzte verschiedener Richtungen Be-troffene gemeinsam beraten. Dazu gehört auch die Sensibilisierung der Leberzirrhose-Patienten für ein regelmässiges Leberzellkrebs-Screening – erfolgt die Diagnose nämlich zu einem frühen Zeitpunkt, ist Leberzellkrebs heilbar. Wegen fehlender Sympto-me im Anfangsstadium wird ein Leberzellkarzinom allerdings oft zufällig im Rahmen anderer Untersu-chungen festgestellt. In einer Kohorte sollen nun

    Den Leberzellkrebs im Visier

    Das Leberzellkarzinom gehört zu den Krebsarten, deren Häufigkeit stark zunimmt. An der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin wird intensiv nach neuen Diagnose- und Behandlungsmöglich-keiten geforscht – mit ermutigenden Resultaten.

    wichtige Daten zum Leberkrebs erfasst werden, so etwa, in welchem Stadium eine Diagnose erfolg-te, welche Therapie gewählt wurde oder welche Grunderkrankung dem Karzinom zugrunde liegt.

    Zu den kurativen Therapien zählen die chirurgische Entfernung des Tumors, die sich zu-nutze macht, dass die Leber wieder nachwachsen kann, sowie die Lebertransplantation und die Ra-diofrequenzablation. Ist eine Heilung nicht mehr möglich, kommen lebensverlängernde Massnah-men wie eine medikamentöse Behandlung oder neu auch eine transarterielle Chemo-Embolisie-rung (TACE) infrage. Bei diesem Verfahren wird ein Krebsmittel via Beinarterie in die Leberarterie injiziert, das die Blutversorgung des Tumors unter-bindet und ihn lokal tötet.

    Brückenschlag zwischen Forschung und Therapie

    Die Möglichkeiten, die sich mit der TACE bieten, sind Gegenstand mehrerer Forschungspro-jekte am Inselspital. «Wir haben in einer im letzten November publizierten Phase-I-Studie gezeigt, dass eine transarterielle Chemo-Emobilisierung erfolgreich mit einer medikamentösen Behandlung kombiniert werden kann. Diese Studie ist die erste solche Studie weltweit», sagt Prof. Jean-François Dufour, Leitender Arzt Hepatologie an der Univer-sitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin. In weiteren Studien will er nun untersuchen, wie die beiden Behandlungsmethoden zeitlich am besten aufeinander abgestimmt werden.

    Auch in Bezug auf Diagnosemöglichkei-ten setzen die Forschenden hohe Erwartungen in die TACE. Blutproben, die sie den Patienten vor und nach den Behandlungen entnehmen und zwecks Erstellung einer genauen Analyse ihrem Forschungspartner in Washington senden, sollen neue Erkenntnisse über die Stoffwechselvorgänge der Tumorzellen generieren. Prof. Dufour erhofft sich dank diesem Vorgehen nicht zuletzt auch die Entdeckung neuer Biomarker, mit denen das Leber-zellkarzinom früher erkannt werden könnte – und damit einen Brückenschlag zur Behandlung der Patienten.

    «Wir haben in einer im letzten November publizier ten Phase-I -Studie gezeigt , dass eine

    transarterielle Chemo-Emobilisierung erfolg-reich mit einer medikamentösen Behandlung

    kombinier t werden kann. Diese Studie ist die erste solche Studie weltweit .»

    Prof. Jean-François Dufour,

    Leitender Arzt Hepatologie , Universitätsklinik

    für Viszerale Chirurgie und Medizin

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    Thema * Neubau Forschungsgebäude Mur tenstrasse 50

    Im Jahr 2002 führte das Inselspital eine Raumbedarfsanalyse durch, mit der die zukünf-tigen Platzanforderungen erfasst werden sollten. Das Resultat: Ein Raumengpass war nur noch eine Frage der Zeit. Die Direktion Betrieb entwickelte daraufhin gemeinsam mit dem Berner Architek-turbüro Bauart ein Konzept zur Überbauung des Gebiets Insel Nord, das vom Verwaltungsrat noch im gleichen Jahr verabschiedet wurde und eine sukzessive Überbauung des zwischen der Bühl-brücke und dem Von-Roll-Areal gelegenen Teils der Murtenstrasse vorsieht – eine Entwicklung, welche das Ausbildungszentrum an der Murten-strasse 10 bereits vorwegnimmt. Ziel des Kon-zeptes ist es, die Bereiche Lehre, Forschung und Dienstleistung in einem Campus zu vereinen und damit die internationale Attraktivität des Inselspi-tals nochmals zu steigern.

    Engagement der Chefärzte

    Aufgrund der Eigentumsverhältnisse der Liegenschaften im Gebiet Insel Nord sowie wegen ökonomischer Überlegungen soll das Konzept in mehreren Etappen umgesetzt werden. Den Be-ginn machte das neue Forschungsgebäude an der Murtenstrasse 50, das unter der Federführung der Inselspital-Stiftung entstand. Mehr Raum für die Forschung war auch dringend nötig, sagt Prof. Felix Frey, Vizerektor Forschung, Leiter Zentrum Forschung Universität Bern und Direktor der Uni-versitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie: «Bei Erweiterungen wurde die Forschung zu we-nig berücksichtigt, wie auch das Beispiel der neuen Universitätsklinik für Frauenheilkunde zeigt. Dort war ursprünglich eine ganze Etage für die For-schung vorgesehen, auf die aus Kostengründen verzichtet wurde. Ein Gutachten bestätigte, dass wir im Vergleich mit anderen Universitätsspitälern über viel weniger Platz für unsere Forschungs-infrastruktur verfügen.»

    Mehr Platz für Forschende

    Das Inselspital expandiert: Mit dem neuen Forschungsgebäude an der Murtenstrasse 50 wurde ein Teil des Überbauungskonzepts Insel Nord umgesetzt. Die Erweiterung des Forschungsplatzes soll Synergien für die Entwicklung neuer Therapien schaffen.

    Dennoch war noch einiges an Überzeu-gungsarbeit nötig, bis es zum Bau des Forschungs-gebäudes kam, der Raum für etwa einen Fünftel aller am Inselspital forschenden Mitarbeitenden bieten sollte. Insbesondere die Finanzierungsfrage blieb lange ungeklärt, sagt Prof. Frey, der als Initi-ant des neuen Forschungsgebäudes gilt: «Weil die Beschaffung der für den Bau benötigten Mittel nur harzig verlief, fragte ich die Chefärzte aller Kliniken des Inselspitals persönlich an.» Mit Erfolg: Diese unterstützten den Bau mit 10 Millionen Franken, indem sie aus ihren Privathonoraren einen Fonds für die Infrastruktur äufneten. Für die restlichen 22 Millionen Franken hat die Inselspital-Stiftung eine Bankhypothek aufgenommen.

    Gebäudehöhe wechse l t mi t Per spekt ive

    Der Bau selbst ging zügig voran und konnte nach der Grundsteinlegung im Juli 2009 im November 2010 fertiggestellt und bezogen werden. Entstanden ist eine neunstöckige Beton-konstruktion mit einer Labornutzfläche von rund 1000 Quadratmetern und gut 150 Forschungs-plätzen, die dank Mehrfachbelegung über 300 Forschenden zur Verfügung stehen. Wer von der Murtenstrasse her schaut, sieht von diesen neun Etagen allerdings gerade mal deren sechs. Ein besseres Bild der tatsächlichen Dimensionen des Gebäudes ergibt sich Zugreisenden, die vom Wes-ten her in den Bahnhof Bern einfahren: Aus dieser Perspektive zeigen sich acht der neun Stockwerke. Der Grund für diese Diskrepanz liegt in den rund sechs Metern Gefälle, welche das Gelände zwi-schen Bahngeleisen und Murtenstrasse aufweist. Als Folge davon erhalten nur die sechs oberen Stockwerke Tageslicht von beiden Längsseiten, während das erste und das zweite Untergeschoss einzig von der Seite der Bahngeleise her einen Lichteinfall aufweisen und das unterste Geschoss komplett unterirdisch angelegt ist.

    Die vier Obergeschosse bilden die Haupt-laborgeschosse, wobei sich die Labors auf der zur Murtenstrasse hingewandten Südseite befinden, während auf der Nordseite Büroräumlichkeiten für die Forschenden vorhanden sind. Das Erdge-schoss dient als Empfangs- und Sitzungsbereich, und die unteren Etagen beherbergen verschiedene Speziallabors, einen zentralen Kühlschrankraum sowie eine Werkstätte zur Adaption von Geräten. Das Attikageschoss verfügt über eine Küche so-wie einen Aufenthaltsraum für die Mitarbeitenden

    «Gerade in der Nanomedizin bieten Par tikel viel Potenzial für therapeutische Zwecke.

    Irgendwann werden wir so weit sein, dass wir Nanopar tikel mit Medikamenten beladen

    und s ie dem Patienten zum Einatmen geben können.»

    Prof. Thomas Geiser,

    Direktor und Chefarzt

    Universitätsklinik für Pneumologie

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    Thema * Neubau Forschungsgebäude Mur tenstrasse 50

    mit einer grossen Terrasse, von wo aus sich ein weiter Blick bis zu den Alpen bietet. Wie das un-terste Stockwerk bietet das oberste viel Raum für die Haustechnik, an die in einem Laborgebäude besondere Anforderungen gestellt werden: Die Lüftung, die jede Stunde bis zu 40 000 m3 Luft umwälzt, sorgt dafür, dass in den Labors in diesem Zeitraum die gesamte Luftmasse achtmal ausge-tauscht wird.

    Introver tier te , futurist ische Fassade

    Eine Besonderheit des Gebäudes ist die heruntergehängte und flexibel einstellbare La-bordecke, welche Wasser, Lüftung und Kühlung, Strom und Beleuchtung umfasst. Diese weitge-hende Erschliessung von oben ermöglicht eine flexible Gestaltung des Innenraums. Technisch in-novativ ist auch die Zweite-Haut-Fassade auf der Südseite. Sie enthält zwei Glasschichten, in deren Zwischenraum die warme Luft im Sommer nach oben steigt und von dort abgeführt wird. Gleich-zeitig fungiert die Fassade als Sonnenschutz: Die äussere Glasschicht ist mit einem Punkteraster versehen, der oben und unten stärker ausgeprägt

    ist und gegen die Mitte des Fensters hin abnimmt, was sich auf den Lichteinfall auswirkt. Die Folge: Die Forschenden können vergleichsweise lange arbeiten, ohne die Storen herunterlassen zu müs-sen – und brauchen entsprechend weniger Kunst-licht, was wiederum Energie spart. Gegen aussen präsentiert sich die Fassade dank des Punkteras-ters wie ein weisser Kristall, der sich öffnet und wieder schliesst.

    Medikamente zum Einatmen

    Zu den Arbeitsschwerpunkten im neuen Gebäude zählen die biologische Forschung sowie die Entwicklung künstlicher Organe. Mit gleich mehreren Gruppen stark vertreten ist die Lungen-forschung der Universitätskliniken für Pneumolo-gie, pädiatrische Pneumologie und Thoraxchirurgie. Neben krankheitsorientierter Grundlagenforschung wird unter anderem die Interaktion von Partikeln mit der Lunge untersucht. «Wir analysieren, wie die Partikel, die wir einatmen, in der Lunge aufgenom-men und verarbeitet werden», sagt Prof. Thomas Geiser, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Pneumologie. Das bessere Verständnis der Pro-zesse, welche in der Lunge ablaufen, soll die Ent-

    Links: Das Forschungsgebäude auf Seite Murtenstrasse 50.

    Rechts: «Lung-on-a-Chip»-System, welches winzige Mikrokanäle, die ungefähr so breit wie menschliche Haare sind, beinhaltet. In diesen Mikro-kanälen werden Lungenzellen gezüchtet, sodass ein einfaches Modell einer Blut-Luft-Schranke der Lunge entsteht. (In Zusammenarbeit mit der CSEM AG Landquart.)

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    wicklung von neuartigen Medikamenten fördern: «Gerade in der Nanomedizin bieten Partikel viel Potenzial für therapeutische Zwecke. Irgendwann werden wir so weit sein, dass wir Nanopartikel mit Medikamenten beladen und sie dem Patien-ten zum Einatmen geben können», ist Prof. Geiser überzeugt.

    Weiterer Gegenstand der Lungenfor-schung ist die Möglichkeit zellbasierter Therapien zur Regeneration von geschädigtem Lungenge-webe. Dabei geht es um die Frage, wie sich mit Stammzellen bei Krankheiten wie zum Beispiel der Lungenfibrose, die zu einer zunehmenden Vernar-bung der Lunge führt, Heilungsprozesse fördern lassen. Resultate der Untersuchungen an Ratten zeigen, dass die Behandlung mit Stammzellen eine Lungenfibrose eindämmen kann. Diese Forschung steckt jedoch noch in den Anfängen – bevor sich neue Therapieformen für den Menschen ableiten lassen, müssen noch viele Fragen geklärt werden. Die Mediziner arbeiten dabei eng mit Bioingeni-euren und Physikern zusammen, um von Erkennt-nissen aus deren Fachgebieten zu profitieren. Der Physiker Prof. Olivier Guenat etwa bildet auf ei-nem Mikrochip eine künstliche Lunge mit 0,1 mm dünnen Mikrokanälen nach, in denen er Lungen-zellen züchtet – was dereinst Aufschlüsse über das Verhalten von Zellen im Organismus geben soll.

    Neue Membranen für die Dialyse

    Auch die Dialyseforschung nutzt das Wissen fremder Fachgebiete. Neu im Team an der Murtenstrasse ist die polnische Physikerin Prof. Ju-styna Czerwinska, die innovative Membranen für die Dialyse entwickeln soll. Bei der Dialyse ist das zu reinigende Blut durch eine durchlässige Filtermem-

    bran von der Dialyse-Flüssigkeit getrennt. Diese Membran weist Poren auf, die Wasser und harn-pflichtige Substanzen durchlassen sollen, nicht aber die aus grösseren Molekülen bestehenden Eiweisse und Blutzellen. «Die in der Dialyse heute verwen-deten Filtermembranen besitzen unterschiedlich grosse Poren, was eine klare Abgrenzung zwischen auszuscheidenden und zurückzubehaltenden Stof-fen unmöglich macht. Wir möchten deshalb eine auf Nanotechnologie basierende Membran mit Poren in der richtigen Grösse entwickeln, um zu untersuchen, ob sich damit bessere Resultate er-zielen lassen», sagt Prof. Dominik Uehlinger, Chef-arzt an der Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie und Leiter Dialyse.

    Ein weiteres Projekt in der Nierenfor-schung dreht sich um das als EPO bekannt ge-wordene Erythropoietin, das für die Bildung von roten Blutkörperchen wichtig ist. Weil es in der Niere produziert wird, benötigten Patienten ohne Nierenfunktion früher immer wieder Bluttransfu-sionen, heute werden sie mit EPO behandelt. Da aber die genaue Lebensdauer der roten Blutkör-perchen von Patient zu Patient schwankt, ist die individuelle Dosierung von EPO schwierig. Die Genauigkeit eines Atemtests, der Rückschlüsse auf die Überlebenszeit der roten Blutkörperchen gibt, soll nun in einem Forschungsprojekt geprüft werden: Dazu markieren die Forschenden die ro-ten Blutkörperchen in der Dialyse und vergleichen dann, ob deren Lebensdauer mit den Resultaten des Atemtests tatsächlich übereinstimmt. «Wir möchten vor dem Beginn einer Therapie wissen, wie lange die roten Blutkörperchen eines Patien-ten leben, um ihm von Anfang an die richtige Do-sis geben zu können», beschreibt Prof. Uehlinger das Ziel des Forschungsprojekts, das die Behand-lung von Patienten ohne Nieren verbessern soll. Das neue Forschungsgebäude weckt diesbezüg-lich hohe Erwartungen, bestätigt Prof. Geiser. Er ist davon überzeugt, dass der Austausch zwischen interdisziplinären Forschenden unter einem Dach Früchte tragen wird: «Eine erfolgreiche Forschung lebt von der Interaktion, und dank der Nähe zu krankheitsorientierter Grundlagenforschung und angewandter Forschung, auch in Zusammenar-beit mit der Industrie, sollten wir schneller neue Erkenntnisse gewinnen.»

    «Die in der Dialyse heute verwendeten Filtermembranen besitzen unterschiedlich grosse

    Poren, was eine klare Abgrenzung zwischen auszuscheidenden und zurückzubehaltenden

    Stoffen unmöglich macht. Wir möchten deshalb eine auf Nanotechnologie basierende Membran mit

    Poren in der richtigen Grösse entwickeln, um zu untersuchen, ob sich damit bessere

    Resultate erzielen lassen.»

    Prof. Dominik Uehlinger,

    Chefarzt Universitätsklinik für Nephrologie

    und Hyper tonie und Leiter Dialyse

    Thema * Neubau Forschungsgebäude Mur tenstrasse 50

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    Management * Verwaltungsrat

    Verwaltungsrat

    Peter Rychiger Unternehmer,

    Steffisburg,

    Präsident

    Thomas ZeltnerProf. Dr. med.,

    ehem. Direktor BAG,

    Bern

    (seit 01.09.2010)

    Franziska Borer Winzenried lic. iur., Fürsprecherin,

    Lyss

    Heinz HänniDr. rer. pol.,

    Geschäftsführer,

    Bern

    Margret Kiener Nellenlic. oec., Fürsprecherin,

    Nationalrätin,

    Bolligen

    Vizepräsidentin

    Markus MoserDr. iur., Fürsprecher,

    Niederwangen

    Hermann WeyenethEhem. Nationalrat,

    Jegenstorf

    Brigitta Fahrländer-SchneebergerDr. med.,

    Bern

    Urs WürglerProf. Dr. phil. nat.,

    Rektor Universität Bern,

    Herrenschwanden

    SekretariatDaniel Slongo, lic. phil. I

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    Die Inselspital-Stiftung ist wirtschaftlich an folgenden Unternehmungen beteiligt:

    Gesellschaften der Inselspital-Stiftung

    Management * Gesel lschaften der Inselspital -St iftung

    Stucker Insel AG

    Zweck: Erstellung, Betrieb oder Vermietung von Gebäuden aller Art, insbesondere von Lager-häusern; Handel mit Waren aller Art.VR-Vertretung Inselspital: VRP G. Bolinger; VR B. Leu

    InoTex Bern AG

    Zweck: Betrieb einer Wäscherei, namentlich Beschaffung, Reinigung, Unterhalt, Transport und Ersatz von Textilien; kann sich an anderen Unternehmen beteiligen und Grundeigentum erwerben.VR-Vertretung Inselspital: VR G. Bolinger; VR B. Leu

    PET Diagnostik Bern AG

    Zweck: Aufbau und Betrieb eines oder mehrerer Dienstleistungszentren für Positronenemissions- tomografie(PET) in Bern, welches die Versorgung der Patienten mit PET-Dienstleistung gewähr-leistet; kann sich an anderen Unternehmungen beteiligen und Grundstücke erwerben.VR-Vertretung Inselspital: VR Prof. A. Tobler; VR Prof. P. Vock

    City Notfall AG

    Zweck: Zurverfügungstellung der zum Betrieb einer erweiterten Arztpraxis erforderlichen Infrastruktur und Erbringung der damit ver-bundenen Leistungen; kann sich an anderen Unternehmungen beteiligen sowie Grundstü-cke erwerben oder weiterveräussern.VR-Vertretung Inselspital: VR Dr. U. Birchler; VR Prof. H. Zimmermann

    Radio-Onkologiezentrum Biel – Seeland – Berner Jura AG

    Zweck: Erstellung und Betrieb eines regionalen Zentrums für die Behandlung von Tumorer-krankungen mittels Strahlentherapie. Die Ge-sellschaft kann Grundstücke erwerben.VR-Vertretung Inselspital: VR Prof. A. Tobler

    Radio-Onkologie Berner Oberland AG

    Zweck: Bau und Betrieb einer ambulanten Radio-Onkologie mit Standort beim Spital Thun. Kann weitere damit zusammenhängende medizinische Dienstleistungen anbieten. Kann Grundstücke erwerben, verwalten und veräussern sowie alle Geschäfte eingehen und Verträge abschliessen, die geeignet sind, den Gesellschaftszweck zu fördern.VR-Vertretung Inselspital: VR Prof. A. Tobler; VR G. Bolinger

    Berner Bildungszentrum Pflege AG

    Zweck: Die Gesellschaft bezweckt die Konzep-tion und die Durchführung von Studiengängen für die Pflegeausbildung auf der Stufe Höhere Fachschule (Bildungsgang, Nachdiplomstudien und andere Weiterbildungsangebote) im Auf-trag des Kantons Bern.VR-Vertretung Inselspital: VR M. Kiener Nellen

    SWANtec Holding AG

    Zweck: Beteiligung an industriellen und kom-merziellen Unternehmen im In- und Ausland, Errichtung von Tochtergesellschaften, Erwerb, Halten und Verwalten von direkten und indirek-ten Beteiligungen an anderen Gesellschaften, insbesondere auf dem Gebiet der medizinischen Behandlung und der damit im Zusammenhang stehenden Industrien. VR-Vertretung Inselspital: VRP P. Rychiger; VR Prof. A. Tobler; VR Dr. U. Birchler; VR Prof. U. Würgler (auch Vertreter der Universität Bern)

    • SWAN Isotopen AG VR-Vertretung Inselspital: VRP P. Rychiger; VR Dr. U. Birchler; VR Prof. U. Würgler (auch Vertreter der Universität Bern)

    • SWAN Hadron AG

    VR-Vertretung Inselspital: VRP P. Rychiger; VR Prof. A. Tobler; VR Dr. U. Birchler; VR Prof. U. Würgler (auch Vertreter der Universität Bern)

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    Spital leitung

    Urs Birchler Dr. oec. publ.,

    Direktionspräsident

    Andreas Tobler Prof. Dr. med.,

    Ärztlicher Direktor,

    Stv. des Direktionspräsidenten

    Ulrich von AllmenDirektor Pflege,

    medizinisch-technische und

    medizinisch-therapeutische

    Bereiche

    Gerold Bolinger Betriebsökonom FH/

    Dipl. Wirtschaftsprüfer,

    Direktor Dienste

    Matthias Gugger Prof. Dr. med.,

    Direktor Lehre und Forschung

    Bernhard Leu Dipl. Architekt FH/NDS BWL,

    Direktor Betrieb

    Sekretariat: Patrizia Gamboni,

    Assistentin des Direktions-

    präsidenten

    Markus LüdiBetriebsökonom,

    Direktor Personal

    (seit 01.12.2010)

    Peter EggliProf. Dr. med.,

    Dekan Medizinische Fakultät

    mit beratender Stimme

    Lester Gossetlic. rer. pol.,

    Direktor Personal a.i.

    (von 01.07. bis 30.11.2010)

    Ursula Schaufelbergerlic. iur.,

    Direktorin Personal

    (bis 30.06.2010)

    Management * Spital le i tung

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