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“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
59
論 説
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Japanisches Sprichwort): Nachdenken über F&E-Investitionen und
Anmerkungen zum quantitativen Trend derselben bei Toyota
Enno Berndt
1. Autorenperspektive und Thema – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Man weiß es (und sagt es auch oft): Wie wir heute denken und handeln, so werden wir morgen leben. Doch wie wir heute denken und handeln, hängt davon ab, woher wir
kommen, also: wie wir einst gedacht und gehandelt haben. Zugleich gilt: Praktisch
gehandelt wird in der Gegenwart. Verstehen können wir indes nur retrospektiv. (Weick 2003:454, Pettigrew 2003:301-303) Davon ausgehend will sich der vorliegende Beitrag zwei
Fragen zuwenden: Im ersten Teil soll darüber nachgedacht werden, warum es heute
sinnvoll ist, über Investitionen von Einzelunternehmen in Forschung und Entwicklung (im weiteren: F&E) nachzudenken. Ausgangsthese ist, daß F&E-Investitionen eine besondere
Form des Denkens und Handeln im Zusammenhang von Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft sind: Teile eines in der Vergangenheit erwirtschafteten Überschusses setzt man in der Gegenwart ein, um auf eine Zukunft vorbereitet zu sein, von der man nicht weiß, wie
sie sein wird. (Cyert/March 1992:188-190) Deshalb zeugen F&E-Investitionen davon, wie
ein Unternehmen sich selbst im Widerspruch zwischen Gegenwart und Zukunft, zwischen Exploitation und Exploration, zwischen Konformität und transformativer Kritik versteht.
(March 1991) Zu klären sein wird, inwieweit der gegenwärtige Kontext nahelegt, sich der
Relevanz dessen erneut zu vergewissern.
Der zweite Teil dient dazu, das allgemein wie kontext-historisch begründete Interesse zu
konkretisieren: Es wird dargestellt, wie und warum sich Investitionen für F&E bei der Toyota Motor Corporation (im weiteren: Toyota) quantitativ seit 1996 entwickelt haben.
Mithin wird danach gefragt, was das Handeln einer Unternehmensorganisation in der
Automobilindustrie unserer Tage angetrieben haben mag und welche Implikationen das
第 42巻 第 3号 『立命館経営学』 2003年 9月
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 60
für das Nachdenken über den Zusammenhang von Kultur, Strategie und Corporate
Governance eines Unternehmens hat.
2. Warum heute über (den Trend der) F&E-Investitionen nachdenken?
Die Relevanz des Themas ergibt sich aus einem doppelten Zusammenhang, der auch die nachfolgend benannten Kontext-Probleme miteinander verbindet: Investitionen in F&E
dienen dazu, ein Unternehmen zu befähigen, seine Produkte und/oder Produktion zu
erneuern, diese von denen der Konkurrenz nachhaltig zu differenzieren. Ihre finanzielle Amortisation ist hingegen langwierig und ungewiß, sie erfolgt - im besten Falle - über den
kommerziellen Erfolg eines Produktes. Diese Form langfristiger Bindung von Kapital ist
auch ein Signal des Unternehmens an sich selbst und andere, Zukunftsungewißheit reduzieren, sich also auf Zukunft vorbereiten zu wollen, in dem man Entwicklungsoptionen
aufzubauen beginnt. Heute etwas für morgen zu tun, „eine Perspektive zu untermauern“,
zeugt vom Willen, Erfolg fortzusetzen oder diesen erreichen zu wollen. Eine Perspektive anzuzeigen, wertet ein Unternehmen und seine Produkte in der Wahrnehmung anderer
Akteure auf, bildet positive Perzeptionen und leistet insofern einen Wertbeitrag bereits vor
seiner materiellen Amortisation. Deshalb ist in diesem Beitrag die Rede von Investitionen in F&E.
Epistomologisch betrachtet, geben qualitative und quantitative Merkmale der Investitionen in F&E wichtige Anhaltspunkte für die Art und Weise, wie ein Unternehmen
seine Umwelt und sich selbst wahrnimmt, mit welchen strategischen Intentionen es sein
Produktpotential und –portfolio zu gestalten, also seine Ressourcen in der Gegenwart für die Zukunft einzusetzen beabsichtigt. Investitionen in F&E sind Gegenstand
unternehmensinterner wie –externer Interessenkonflikte, des politischen Widerstreits
zwischen Konformität und Transformationswillen. Sie sind nicht der eineindeutig kristallisierte Willensausdruck eines monolithischen Kollektivsubjektes oder einer
rational vollzogenen Meta-Logik. (Pettigrew 2003) Sie künden vielmehr von strategischen
Intentionen, Interessen- und Machtkonstellationen und davon, welche Probleme als Probleme wie ernst- oder wahrgenommen werden, welche und wieviele Ressourcen ein
Unternehmen zu ihrer Bearbeitung einzusetzen bereit ist. Folglich kann das Nachdenken
über F&E-Investitionen helfen, nicht nur das Handeln eines Einzelunternehmens als Ergebnis retrospektiv zu verstehen. F&E-Investitionen können auch als fraktales Mosaik
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
61
der vielschichtigen Verhältnisse eines Unternehmens, der Formen von Organisation
interpretiert werden, die das Verhalten seiner Akteure stabil reproduzieren. Darüber nachzudenken, kann also den komplexen Zusammenhang, die gegenseitige Einwirkung
(Ermöglichung und Beschränkung) von Organisationskultur (Welche Verhaltensqualitäten
werden wie reproduziert?), Unternehmensstrategie (Worauf wird orientiert?) und Corporate Governance (Wem oder wozu dient Organisation?) verstehen, mithin Grenzen
und Möglichkeiten des Handelns von Akteuren aufzeigen helfen. Es stellt sich jedoch die
Frage, was es sinnvoll macht, über den Sinn dieses Zusammenhangs heute konkret nachzudenken.
2.1 Deflation und Renaissance der Differenzierung?! Ein Gespenst geht um in der Welt: Das Gespenst einer deflatorisch angetriebenen
Schulden- und Rezessionsspirale. Glaubte man bis vor kurzem noch, daß dies ein
spezifisches Problem Japans sei, so sieht man heute auch die Volkswirtschaften der USA und Deutschlands dieser Gefahr ausgesetzt. (The Economist 2003/06/23)
Graph 1: Entwicklung von Real-BIP-Zuwachsrate, BIP-Deflator und Arbeitslosenquote inJapan
4.4
1.8 1.9
2.8
2.2
1.6
-0.1
0.7
22.4
2.9
1.6
0.50.1
-0.5-0.8
0.3
-0.1
-1.5
-2
-1.4 -1.4
2.7 2.83.2
2.3
3.8
4.6
2.9
4.4
6.5
5.2 5.2
3.3
1.0
0.3
1.0
1.9
3.4
1.8
-1.1
0.1
2.8
0.3
-0.6
22.2
2.4
2.7 2.7 2.62.8 2.8
2.52.3
2.1 2.1 2.2
2.5
2.9
3.23.4 3.4
4.1
4.7 4.7
5.0
5.4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
5
6
7
1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002Kalendarjahr (Quelle: METI und Innenministerium Japans)
0
1
2
3
4
5
6
BIP-Deflator (%, linke Skala)Jahreszuwachs Real BIP (%, linke Skala)Arbeitslosenquote (%, rechte Skala)
In Japan sind jedoch Konjunkturprogramme (in Höhe von ca. 25% des aktuellen BIP) und
Null-Leitzins-Politik verpufft. Geblieben sind öffentliche Schulden, industrielle
Überkapazitäten und eine gewaltige Naturvernichtung.
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 62
Graph 2: Entwicklung der Schulden der Staates und der Kommunen Japans
118.2134.1154.1173.8189.6204.8224.7237.7246.5254.0265.8278.1300.5333.1
367.6410.1
449.3491.9
552.9600.3
645.9673.1705.1
47.450.7
55.559.9 61.1 61.9
65.0 65.6 63.4 60.8 58.9 58.562.1
68.374.8
81.487.0
94.4
107.5
117.6
125.3
133.9
141.2
0.0
100.0
200.0
300.0
400.0
500.0
600.0
700.0
800.0
1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Haushaltsjahr (Quelle: MOF)
0.0
20.0
40.0
60.0
80.0
100.0
120.0
140.0
160.0
Schulden Staat & Kommunen (in Bill. Yen, linke Skala)
% des BIP (rechte Skala)
Doch: Daß die makro-(wirtschafts)politische Lösung des Problems ausgeblieben ist, wirft die wirtschaftlichen Einzelakteure auf sich selbst zurück, gibt den Blick wieder frei auf
Möglichkeiten und Grenzen eigenen Denkens und Handelns. Deflation ist Folge und
Bedingung dafür, daß Unternehmen ihre Produkte mehrheitlich und fortlaufend zu einem niedrigeren Preis anbieten, Produktionskosten (bevorzugt Fremdbezugs- und
Personalkosten) senken, um ihre Rentabilität zu sichern, und letztlich die kaufkräftige
Nachfrage schwächen. Angetrieben von der Konkurrenz untereinander versuchen die Einzelkapitale ihre Produktivität zu steigern (also den Ressourcen-Einsatz pro Produkt zu
senken). Gesunkene Kosten werden dann entweder dazu genutzt, die Preise zu senken,
damit Ab- und Umsatz zu steigern, also Skaleneffekte zu erzielen, so die im Markt realisierte Wertmasse stabil zu halten und Gewinne zu erhöhen. Oder man beläßt die
Preise unverändert, erzielt also Extra-Gewinne, die wieder in die Rationalisierung
bestehender Produktion, deren Ausbau oder den Aufbau neuer Produktion von neuen Produkten reinvestiert werden können. Deflation wird aus folgendem Grund ein Problem:
Diejenigen Akteure, die wirtschaftlich tätig sein können, nur indem sie sich über ihre
eigene Ertragskraft hinaus verschulden, geraten in eine zerstörerische Spirale. Um die Kredite zu bedienen, müssen mehr Ressourcen eingesetzt, der Produktausstoß und Absatz
gesteigert werden – umgekehrt proportional zum preisbedingt sinkenden Wertertrag.
Gelingt das, fallen die Preise (weiter). Scheitert das, müssen weitere Kredite aufgenommen werden, bis der Schuldner insolvent, sein Angebot wirtschaftlich vernichtet ist. Wenn der
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
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Bankensektor das Kreditvolumen zu reduzieren beginnt, um sich vor dem Risiko erhöhter
Abschreibungen zu schützen, dann geraten selbst Unternehmen in Gefahr, die trotz der widrigen Bedingungen im Hauptgeschäft verlustfrei arbeiten, aber auf Fremdkapital
angewiesen sind, um sich reproduzieren zu können. In diesem Sinne ist Deflation ein
Signal dafür, daß Angebotskapazitäten überschüssig (zukunftsunfähig) geworden sind, und deren Aufbau in der Vergangenheit unter falschen Wachstumsvoraussetzungen re-
und vorfinanziert wurden.
Die Deflationsspirale hat soziale Folgen: Steigende Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Armut
und Selbstmorde. Das soziale Umfeld für das wirtschaftliche Handeln der Akteure
verschlechtert sich. Diese sehen sich selbst mit dem Raubbau an den eigenen Ressourcen, den Grenzen einer v.a. von Kostensenkungen angetriebenen Rentabilität konfrontiert.
(Roach 1996, 1998) Dieser Druck der Umstände macht jene Lehrbuchweisheit wieder
relevant, wonach Kostenreduktion, Mengenwachstum und Verdrängung nur eine (und zudem destruktive) Option sind. (Japan Research Institute 2003:21/22) Denjenigen, die
über Ressourcen verfügen, steht die Entscheidung offen, in Produzentenverhalten und
Produkte zu investieren, die auf eine von der Konkurrenz unterschiedliche Weise Nachfrage generieren, deshalb weniger preis-sensibel und nachhaltig aufpreisfähig sind.
F&E-Investitionen sind dafür unabdingbar. Die medial aufgeblasene Ideologisierung konventionellen Massenkonsums ist keine grundlegende Bearbeitung, sondern nur
zeitweise Abmilderung des Problems. Erst die von Produkten getragene Bearbeitung
sozialer Problem- und Bedürfnislagen, der Einsatz und die Entwicklung dafür notwendiger wie besonderer Ressourcen, das Erleben und perspektivische Erzählen einer solchen
Beziehung zwischen Kunden und Produzenten können den Kern nachhaltiger
Differenzierung bilden. (Van der Heijden et al. 2003:16, Handy 2002:51)
2.2 Bubble, Bubble... How much Trouble: Corporate Governance Revised?
Der Wandel von Paradigmen kann als ein Wechsel von Rhetorik in öffentlichen Diskursen verstanden werden, der von zwei Zusammenhängen angetrieben ist: Praktiker stehen
fortgesetzt in einer Kluft zwischen dem, was (erreicht) ist und dem, was erreicht werden
soll. Um nicht zerrissen zu werden, suchen sie Hilfe dort, wo Wege und Mittel thematisiert werden, die ihnen Sinn für das eigene Tun geben. Sind Probleme gelöst bzw. nicht mehr
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 64
relevant (=attraktiv genug), werden neue Ziele definiert, neue Klüfte aufgerissen, neue
Rückhalte gesucht und folglich die Themen gewechselt. (Clegg 2003:555) Es wirkt ein zweiter Zusammenhang: Paradigmen-fähige Rhetorik hat zwei Seiten, die abwechselnd die
zentralen Diskurse beherrschen: eine methodisch-instrumentale Seite, die den Modus des
Handels thematisiert, und eine moralisch-motivierende Seite, die nach dem Kasus von Handeln fragt. Sind Erwartungslagen, Handlungsbedingungen und -ergebnisse
positiv-stabil, bestimmen methodische Aspekte das öffentlich gemachte Bewußtein vieler
Akteure: Man ist auf Kurs. Moralische Diskurse werden bestimmend, wenn – wie jetzt - das Gegenteil eintritt: Krise, Kurs- und Energieverlust. (Clegg 2003:556)
Man muß nicht mit der Fundamentalkritik an Ideologie und Praxis des Investoren-Kapitalismus symphatisieren, wie sie Mintzberg et. al 2002 vorgetragen haben.
Und man muß auch nicht die Sicht teilen, derzufolge in der Entwicklung kapitalistischen
Wirtschaftens und ihrer ethischen Rechtfertigung als „begrenzte Optimierung“ dem Investoren-Kapitalismus nun eine Phase des emotional distanzierten „anything-happens
(goes)“ nachzufolgen beginnt. (Nielsen 2003:493-496) Man wird aber nicht leugnen können,
daß die Ausrichtung und Beurteilung wirtschaftlichen Handelns nach dem finanziellen Nutzen für die Aktionäre weder diesen Nutzen selbst, noch die verhiessene
System-Rationalisierung gebracht hat. Das Konzept, die Reputation seiner Protagonisten
und die von ihnen geprägte Wirklichkeit sind praktisch-zynischem wie grundlegend-theoretischem Zweifel ausgesetzt. (Wimmer 2002) Die moralische
Rechtfertigung des Investorenkapitalismus – soweit es eine gegeben hat – ist untergraben
(Kennedy 2000). Die Diskussion um seine Reform bzw. seinen Fortbestand ist im Gange, die Dialektik der Geschichte an ihrem Werk. In welcher Form und mit welchen
Konsequenzen sie sich ihren Lauf verschafft, ist Gegenstand von unterschiedlichen
Interessen und ideologischen Auseinandersetzungen, mithin offen im Ausgang.
Andere Paradigmen der 1990er Jahre bestehen fort: Globalisierung, Flexibilisierung,
Pluralisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. (Clegg 2003:556-562) Jedoch hat der Investorenkapitalismus Gräben aufgerissen: Die Polarisierung der Einkommen und
Vermögen, die Fokussierung auf Resultate (bei Vernächlässigung der Entwicklung und
Stabilisierung von Handlungsvoraussetzungen) haben viele auf emotionale Distanz zu Unternehmen und ihrem Management gehen lassen. (Cappelli 1999) Damit verlieren
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
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Organisationen den Zugang zu emotionalen Verhaltensressourcen, die für Innovation und
darauf begründete Differenzierung unabdingbar sind. (Handy 2002:52/53) Wenn Vergangenheit ausgelöscht und Zukunft dem hastigen Nutzen der Gegenwart geopfert
wird, verlieren Menschen die Möglichkeit, ihrem Handeln einen Sinn zu geben, indem sie
sich in einen gelebten und erzählten Zusammenhang von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stellen. (Sennett 1998)
Wenn das so ist und wir uns wieder am Beginn eines moralisch bestimmten Paradigmen-Diskurses befinden, dann sind sowohl die Legitimität unternehmerischen
Handels als auch die strategische Umorientierung auf eine sozial akzeptable
Differenzierung angefragt. Folglich müssen Unternehmen bereit und fähig sein, Fähigkeiten und das Handeln ihrer Beschäftigten zukunftsfähig, d.h. zukunftsoffen und
nachhaltig zu entwickeln. Denn: Erst so gewinnen sie eine bestandsfähige Rechtfertigung
dafür, heute Profite in einer Art und Weise zu erwirtschaften, die sich selbst zu überleben begonnen hat und deshalb innovativ aufzuheben ist. Investitionen in F&E können ein
wichtiger Indikator dafür sein, wie ernst Unternehmen diese Dialektik, Unternehmer ihre
Verantwortung im Lichte einer historisch dimensionierten Tagesordnung nehmen.
2.3 Jenseits von Regelkreisen, Todestälern und Tonnen-Ideologie:
Dialektisches Management und Optionsbildung Wenn die Automobilindustrie wegen der Folgen ihres Tuns vor einer historischen
Schnittstelle steht, sie zugleich ihre Ertragsfähigkeit gegen die Kommoditisierung ihres
Kernproduktes schützen muß, dann gilt das, was als allgemeiner Zusammenhang bereits formuliert ist: Wer Neues gestalten, sich nachhaltig unterscheiden und Extraprofite
aneignen will, kann nicht davon ausgehen, die Ingredienzen dessen – auf Abruf
anwendungsfertig – einkaufen zu können. Je grundlegender die angestrebte Erneuerung und die Komplexität der relevanten Zusammenhänge, desto mehr müssen die
Träger-Ressourcen und zentralen Möglichkeiten ihrer Verbindung selbst vorgehalten,
intern entwickelt und integriert werden. (Chesbrough/Teece 2002) Für Investitionen in F&E gilt indes auch: Mehr ist nicht gleich besser. Es geht nicht darum, den
Ressourceneinsatz mit Gewißheit auf adäquate Erträge und Skalen-Effekte zu maximieren.
Die Diskussion um das problematische Verhältnis zwischen Forschung und Entwicklung sowie Entwicklung und Produktion (“Tal des Todes” – Chesbrough 2003) verweist darauf,
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 66
daß F&E-Investitionen und ihr Management nicht nicht der Logik einfacher Regelkreise
unterliegen, folglich keine mengen-orientierte und zentralistische Planungs- und Steuerungsaufgabe sein können.
F&E ist eine Herausforderung an das Management in einem doppelten Sinn: Dem Such-Prozeß sind ein hoher Grad von Ungewißheit und Organisationsspezifizität (Zufalls-,
Beziehungs- und offene Kontextabhängigkeit) sowie ein hoher Anteil ausschließender
Falsifikation immanent. Innovation ist kein Messen und Angleichen von regelkreis-verbundenen Stellgrößen, sondern das Infragestellen eigener Denk- und
Handlungsvoraussetzungen. (Argyris 1976) Wenn das so ist, dann entziehen sich auf
grundlegende Innovation gerichtete F&E kontroll-orientierter Steuerung sowie finanzieller Ergebnisdarstellung stärker als andere betriebliche Funktional- und Aktivitätsbereiche.
Es braucht das freie-dialogische Spiel der Akteure bei der Entwicklung von humanen
Ressourcen in der Dialektik von Innen- und Außenerfahrung, von Akkumulation und Destruktion, von Langfristigkeit und Flexibilität. Dem stellen sich Interessen entgegen:
Investmentbanker und Aktien-Analysten neigen dazu, Investitionen in F&E eher als
intransparenten Kostenblock und rendite-mindernde Verschwendung, weniger als wertbildende Investition anzusehen. Aber: Der Real-Optionsansatz und seine Diskussion
seit den 1990er Jahren haben es möglich gemacht, (in Anlehnung an die Wertbestimmung
und Preisberechnung einer Finanzoption) den Wert von F&E-Investitionen als Optionsbildung im Umgang mit Zukunftsungewißheit zu betrachten. F&-Investitionen
werden als Call-Option, also Möglichkeit der Entscheidung angesehen, ein Projekt bei
zukünftig veränderten, vorab jedoch nicht bestimmbaren Kontext-Bedingungen fortzusetzen und dann über wertgesteigerte Ressourcen zu verfügen. (Bowman et al.
2002:39/40) Neben der Risikoabsicherung kann das auch mit dem Prinzip des
abnehmenden Grenznutzens begründet werden: Die Effekte langfristig-fortlaufender Investitionen in Lernaktivitäten sind nicht dadurch auszugleichen, daß man in der Hälfte
der Zeit doppelt soviele Ressourcen einsetzt. (Cool et al. 2002:60) Indes: Die
Quantifizierung des Wertes von Realoptionen ist wegen der hohen Ressourcen- und Projektspezifizität - im Unterschied zu einheitlichen, großmengig und fortgesetzt
gehandelten Finanzprodukten und deren Referenzpreisbildung - problematisch. Indes:
Projekte als Optionen mit Kontextszenarien zusammenzubinden und sie danach zu bewerten, wie sie in die Logiken unterschiedlicher Zukunftsszenarien und die eigenen
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Strategie-Präferenzen passen, weist einen Fluchtpunkt. (Miller/Waller 2003) Die Absicht
des Konzeptes ist konstruktiv, weil es zu verhindern versucht, daß das unterlassen wird, was sich nicht quantifizieren und in kurzfristigen Gewinn übersetzen läßt. Nochmals: Daß
derjenige, der in nachhaltige Differenzierung investieren und davon profitieren will, nicht
davon ausgehen kann, alles quantifizieren, ergebnissicher planen, abrufen und/oder einkaufen zu können, liegt auf der Hand. Doch die im Investoren-Kapitalismus präferierte
Fokussierung auf kurzfristig ergebnisbezogene Kompensation und Bestrafung bei
Nichterbringung (Nielsen 2003, Pfeffer 1998) sperrt sich dagegen.
3. Der quantitative Trend der F&E-Investitionen von Toyota
3.1. Rahmenfolie für strategische Toyota-Beobachtung Die japanische Automobilindustrie sah sich seit dem Platzen der Bubble Economy zu
Beginn der 1990er Jahre einem deflationsträchtigen Kapazitätsüberhang ausgesetzt.
Bis zur Mitte der 1990er Jahre verfällt ihre Ertragskraft. Der Ausweg war, die Kosten zu senken, früher, deutlicher und anhaltender als in anderen Industrien. (Graph 3)
Graph 3: Entwicklung der Industriepreise nach Input und Output in Japan
90.0
95.0
100.0
105.0
110.0
115.0
1990
.01
1990
.05
1990
.09
1991
.01
1991
.05
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.09
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2000
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2001
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.09
2002
.01
2002
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2002
.09
2003
.01
2003
.05
Jahr/Monat (Quelle: Bank of Japan)
Output/Input-Preise verarb. Ind.
Input-Preise verarb. Ind.
Output-Preise verarb. Ind.
Output/Input-Preise Automobilbau
Input-Preise Automobilbau
Output-Preise Automobilbau
1995
=100
Erfolgreiche Unternehmen (Toyota, Honda) konnten Rationalisierungsgewinne
re-investieren: Produkte gebrauchswertmäßig aufrüsten, neue marktnahe Produktionen (USA und China) aufbauen, Modellzyklen verkürzen, den Marketing-Aufwand erhöhen.
Sie vermochten so, Absatz, Umsatz und Profit nicht nur stabil zu halten, sondern inmitten
der Deflation 2002/2003 historische Rekordergebnisse auszuweisen.
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 68
Der Erfolg hat sie nicht blind für die Grenzen bisherigen Wachstums werden lassen. Im
selbstkritischen Wissen darum, was Rationalisierung und Flexibilisierung der Produktion kosten und bringen, muß ihnen ihre relative „Produktschwäche“ (fehlende
Aufpreisfähigkeit) als strategische Herausforderung, die Investition in
produkt-technologische Innovation als Notwendigkeit und Gelegenheit erschienen sein. Und weil sich an der vom Automobilismus verursachten Umweltbelastung und dem
Energieverbrauch in den 1990er Jahren nichts grundsätzlich geändert hat, - langfristig
gesehen - sogar eine graduelle Verschärfung eingetreten ist, bietet sich dieses Problembündel als zentrales Thema innovativen Engagements an. (Graph 4)
Graph 4: Entwicklung von Fahrzeug-Bestand,-Absatz, C02-Emissionen (Transport) undBenzin-Absatz in Japan
57.7059.92
61.6663.27
65.0266.86
68.81 70.0174.01
71.73 72.65 73.41 73.81
7.78 7.53 6.96 6.47 6.53 6.87 7.08 6.73 5.88 5.86 5.96 5.91 5.79
100.0
104.5107.0 107.8
113.1
116.3
119.4121.5 121.1
123.1120.6
100.0
105.1107.5 108.4
112.1
115.3117.9
121.1123.6
126.9
130.0 131.0133.1
0.00
10.00
20.00
30.00
40.00
50.00
60.00
70.00
80.00
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002Kalendarjahr (Quellen: JAMA, MLIT, METI, Umweltministerium Japan)
90.0
100.0
110.0
120.0
130.0
140.0
150.0
Bestand (in Mio Fahrzeugen, linke Skala)
Jahresabsatz (in Mio Fahrzeugen, linke Skala)
CO2-Emissionen Transport (1990=100, rechte Skala)
Inlandsverkauf Benzin (1990=100, rechte Skala)
Beobachter der Automobilindustrie haben es seit einigen Jahren registriert: Toyota – traditionell die Bezugsgröße, wenn es darum geht, Produktions- und Logistikprozesse zu
rationalisieren und zu optimieren (Womack et al. 1990) – setzt nun auch Initiativen in
produkt-relevanten Innovationsfeldern. Dabei fällt auf, daß Toyota in jedem Aktivitätsfeld ein weites Spektrum von potentiellen Ansätzen verfolgt, also ein breites Optionsportfolio
aufbaut und langfristig aufrechterhält. (Berndt/Metzner 2001a, 2001b)
Der vorliegende Beitrag ist Teil einer Serie von Forschungsprojekten seit 1997, die sich mit dieser Entwicklung und ihren Hintergründen befaßt. Dabei wurden Aktivitäten von Toyota
in drei zentralen Themenbereichen fortgesetzt beobachtet, beschrieben und interpretiert:
a) alternative Antriebssysteme (HEV, FCEV), b) Telematics- und andere Geschäftsentwicklung entlang der Wertschöpfungskette (GAZOO-Portal, ITS, Finance)
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
69
und c) experimentale Entwicklung und Marketing von generationsspezifischen Produkten
im Rahmen eines Multi-Marken-Verbundes (WiLL). Wenn nun der quantitative Trend der F&E-Investitionen beschrieben wird, bekommen bisherige Ergebnisse eine
Rahmenfolie untergelegt. Den Trend des finanziellen Mitteleinsatzes für F&E bei Toyota
zu beschreiben, erlaubt folgendes: Erstens, können die in bisherigen Forschungsprojekten beschriebenen Einzel-Aktivitäten (die qualitative Betrachtung) in einen größeren
Zusammenhang gesetzt, zu einem größeren Bild zusammengefügt werden. Zweitens,
haben wir mit den bisherigen Einzelprojekt-Analysen eine - wenn nicht umfassende, so doch indikative, weil strategisch fokussierte - inhaltliche Hinterlegung dessen, was wir an
Aussagen über den quantitativen Trend der F&E-Investitionen vornehmen werden.
3.2. Methodische Grenzen der Betrachtung und Darstellung
Die quantitative Betrachtung von Investitionen in F&E ist verschiedensten
Einschränkungen ausgesetzt. Sie beruht im vorliegenden Fall auf den Daten, die in den Geschäftsberichten bzw. auf Pressekonferenzen des Vorstandes für den konsolidierten
Rechnungs- und Bilanzierungskreises von Toyota seit 1996 bis heute bekanntgegeben
wurden. Die Zeitreihen-Analyse beschränkt sich also auf diesen Zeitraum. Der Ausweis der Investitionen für F&E sowie seine Berechnung sind nicht gesetzlich bindend und
einheitlich geregelt. Gleiches gilt für die Abgrenzung zwischen Forschung und
Entwicklung sowie die Angaben zu einzelnen Segmenten oder Themen. Das ist indes nicht allein ein Problem unzureichender Daten-Segmentierung, denn unternehmenseigene
Forschung ist meist eine Holding- bzw. Zentralfunktion. Folglich sind Aufwendungen
hierfür einzelnen Struktureinheiten nicht zuzuordnen. Deswegen können im Beitrag nur aggregierte Aussagen für den gesamten Konsolidierungskreis getroffen werden. Neben
dem konkurrenzbedingten Interesse an der Geheimhaltung des realen Mitteleinsatzes
wirkt die erwähnte Negativ-Perzeption von kurzfristig orientierten Kapitalmarktteilnehmern transparenz-hinderlich: Es ist zu vermuten, daß Unternehmen
dazu neigen, den wirklichen Umfang der Investitionen für F&E nicht vollständig
auszuweisen und Kosten möglichst andersweitig zu aggregieren. Wir unterstellen indes eine Konsistenz der Ausweisungskriterien bei Toyota im Betrachtungszeitraum, womit
Trendaussagen mittels Zeitreihen-Analyse sinnvoll wären. Die Grunddaten sind – wenn
nicht anders ausgewiesen – den Geschäftsberichten entnommen und vom Autor in eigener Verantwortung statistisch bearbeitet worden.
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 70
3.3. Zeitreihen-Analyse der Investitionen für F&E bei Toyota von 1996 bis 2002
Betrachten wir zunächst, wie sich der ausgewiesene Gesamtumfang der F&E-Investitionen bei Toyota entwickelt hat, so zeigt sich: Während die F&E-Investitionen in der zweiten
Hälfte der 1990er Jahre relativ stabil waren, steigerte Toyota das Niveau derselben seit
2001 um mehr als ein Drittel. Auch gemessen am Umsatz wurde seit 2001 mit 4% ein neues Niveau erreicht. (Graph 5)
Graph 5: Trend der F&E-Investitionen bei Toyota
4507 4444
48734533
4799
5925
67166900
3.7
3.8 3.8
3.53.6
3.9
4.2
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
8000
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003p
Geschäftsjahr
F&E-
Inve
stitio
nen
(in 1
00 M
io Ye
n)
3.0
3.2
3.4
3.6
3.8
4.0
4.2
4.4
4.6
4.8
5.0
F&E-
Inve
stitio
nen/
Umsa
tz (i
n %
)
F&EF&E/Umsatz (%)
Graph 6: Trend der F&E- und Anlage-Investitionen bei Toyota
100.0 98.6
108.1
100.6
106.5
131.5
149.0153.1
100.0
118.7
146.5
131.1 129.6
141.5
149.5
130.9
67.8
56.3
50.152.0
63.0
67.6
79.3
55.7
80.0
90.0
100.0
110.0
120.0
130.0
140.0
150.0
160.0
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003pGeschäftsjahr
1996
= 1
00
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
F&E/
Anla
geinv
estit
ione
n (%
)
F&E (1996=100, linke Skala)Anlage-Investitionen (1996=100, linke Skala)F&E/Anlage-Investitionen (%, rechte Skala)
Vergleichen wir - in einem weiteren Schritt - die Entwicklung der F&E-Investitionen mit
der Entwicklung der Anlage-Investitionen mit der gemeinsamen Basierung der Zeitreihen
auf den Wert von 1996. (Graph 6) Es zeigt sich, daß a) das Wachstumstempo der F&E-Investitionen seit 2000 deutlich zugenommen, b) das der Anlage-Investitionen 2002
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
71
erreicht hat, und c) daß das für 2003 geplante Volumen der F&E-Investitionen 80% der
Anlage-Investitionen entspricht. Offenbar hat Toyota der Innovation strategischen Vorrang gegenüber konventioneller Prozeßrationalisierung und Kapazitätserneuerung
bzw. – erweiterung eingeräumt.
Warum verstärkt Toyota seine Investitionen in F&E? Die Antwort liegt nahe: Stagnierende bzw. tendenziell sinkende Umsätze pro verkauftes Fahrzeug sprechen dafür,
daß die derzeit von Toyota angebotenen Produkte insgesamt nur zu niedrigeren Preisen
verkauft werden können. Graph 7-1 zeigt den auf die Zahl der verkauften Fahrzeuge verteilten und in Yen ausgewiesenen Segmentumsatz. Unabhängig von Währungseinflussen
bei steigendem Auslandsumsatz: Die langfristige Stagnation des Umsatzes pro Fahrzeug
ist unübersehbar. Wird Toyota nun auch von der Deflationsspirale erfaßt? Bisheriges Wachstum beruhte auf dem Zuwachs der Produktionsgesamtmenge (Ausstoß):
Stückkostensenkung und Skaleneffekte ermöglichten eine Umsatzsteigerung, die die
niedrigeren Einzelfahrzeugspreise kompensiert und höhere Gewinne gebracht hat. Toyota konnte 2002 seinen Weltmarktanteil (auf 10,8%) steigern und will bis 2010 15% erreichen.
Graph 7-1: Entwicklung des Umsatzes pro verkauftes Fahrzeug bei Toyota
2455
23692385
21762160
2396
2368100.0
96.597.2
88.788.0
97.696.5
2150
2200
2250
2300
2350
2400
2450
2500
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002Geschäftsjahr
85.0
90.0
95.0
100.0
105.0
110.0
Umsatz pro verkauftes Fahrzeug (in 1000 Yen, linke Skala)
1996=100 (rechte Skala)
Man sieht aber offenbar die Grenzen dafür erreicht, diese Logik allein mit konventionellen
Produkten fortschreiben zu können. Folgerichtig wendet Toyota sich der Produktinnovation zu und erhöht die F&E-Investitionen. Die Graphen 7-2 und 7-3 zeigen
Korrelationen zwischen Umsatz und F&E-Investitionen sowie Betriebsgewinn und
F&E-Investitionen pro verkauftes Fahrzeug bei Toyota, Volkswagen, BMW und Mercedes. Der Zusammenhang (bzw. produktstrategisch bedingte Kontrast zwischen typischen
Massen-und Premium-Herstellem) ist statistisch signifikant, seine praktische
Wirkungsrichtung indes nicht einseitig: Die jeweiligen Niveaus beider Variablen bedingen einander und resultieren auseinander.
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 72
Richten wir den Blick wieder auf Toyota und wenden uns der Entwicklung von
Profitabilität, F&E- und Anlage-Investitionen pro verkauftem Fahrzeug (bei Toyota) zu
(Graph 8-1 und 8-2). Mit Ausnahme der F&E-Investitionen sind die jeweiligen Bezugsgrößen segment-spezifiziert. Deutlich ist: Der Betriebsgewinn pro verkauftes
Fahrzeug hat seit 2000 deutlich zugenommen, während die Anlageinvestitionen
zurückgegangen sind und die F&E-Investitionen leicht zugenommen haben. Setzt man das mit dem rückläufigen bzw. stagnierendem Umsatz pro Fahrzeug in Zusammenhang, läßt
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
73
sich schlußfolgern: Rationalisierung, Kostenreduzierungen und geringere Umlagen der
Anlagen-Investitionen und Kapitalbeteiligungen haben die Profitabilität pro Fahrzeug verbessert. Allerdings und offenbar im Wissen um die Grenzen bzw. Schwierigkeiten,
diese Entwicklung auf die gleiche Art und Weise fortzusetzen, investiert Toyota in die
strategische Problemlösung, sprich: in die Produktinnovation und die Stärkung bisher mangelnder Aufpreisfähigkeit seiner zukünftigen Produkte.
3.4. Versuch einer Meta-Interpretation: Warum? Halten wir fest: Daß Toyota verstärkt in F&E investiert, ist evident. Das ist keine
Graph 8-1: Betriebsgewinn, F&E- und Anlage-Investitionen pro verkauftes Fahrzeug bei Toyota
144
183
156
131
147
187
217
99 100104
87 87
102108
159
195200
152 152
171
162
50
70
90
110
130
150
170
190
210
230
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Geschäftsjahr
1000
Yen
pro
verk
aufte
s Fah
rzeu
g
Betriebsgewinn pro verkauftes Fahrzeug F&E-Investitionen pro verkauftes Fahrzeug Anlage-Investitionen pro verkauftes Fahrzeug
Graph 8-2: Trend von Umsatz, Betriebsgewinn, F&E- und Anlage-Investitionenpro verkauftes Fahrzeug bei Toyota
100.0 100.9
105.0
88.5 87.8
103.6
108.8
100.096.5 97.2
88.7 88.0
97.6 96.5
100.0
126.8
107.9
91.2
101.9
130.0
150.1
100.0
122.3125.4
95.1 95.6
107.4
101.9
70.0
80.0
90.0
100.0
110.0
120.0
130.0
140.0
150.0
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Geschäftsjahr
Tren
d (1
00=1
996)
Trend F&E-Investitionen pro verkauftes FahrzeugTrend Umsatz pro verkauftes FahrzeugTrend Betriebsgewinn pro verkauftes FahrzeugTrend Anlage-Investitionen pro verkauftes Fahrzeug
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 74
automatische Folge gestiegener Erträge, letztere sind lediglich notwendige Bedingung. Wir
haben bisher interpretiert, daß Toyota versucht, die in historischer Perspektive als kritisch wahrgenommenen Schwächen wie mangelnde Produktdifferenzierung und
Aufpreisfähigkeit (Markenwert als aufpreisfähige Kundenperzeption) zu überwinden, die
dafür notwendigen Ressourcen einzusetzen und zu entwickeln. Nach dem die Motive dieser Problemwahrnehmung und – bearbeitung beschrieben sind, bleibt die Frage danach,
welche innere Verfaßtheit und organisationale Bedingungen ein derartiges Denken und
Handeln befördert haben.
3.4.1 Wofür F&E-Investitionen: Wie (neues) Wachstum generiert wird.
Versuchen wir die Besonderheiten dieses Handelns zu erfassen, indem wir uns dem ersten und wichtigsten Ergebnis von F&E–Aktivitäten für Toyota, nämlich der
Kommerzialisierung der Hybridtechnologie zuwenden: In der Bearbeitung dieses
Problemfeldes versucht Toyota, sich selbst, der Konkurrenz und seinen Kunden zu demonstrieren, daß und wie man seine strategische Schwäche überwinden kann. Jedoch:
Toyota hat die Hybridtechnologie weder erfunden, noch als erster derartig angetriebene
Fahrzeug konstruiert oder in der Vorserie gefertigt. Sie kann auch nicht allein als ein konkreter Beitrag zur Verhinderung weiterer Umweltzerstörung verstanden werden. Was
die Verifikation von Real-Verbrauch und Lebenszyklus-Belastungen angeht, ist das –
gerade bei der ersten Modell-Generation – sogar umstritten. Toyota hat diese Technologie als erster in Serienfahrzeuge integriert, sie quasi zur Serienreife und ein entsprechend
differenziertes Produkt (HEV PRIUS) auf den Markt gebracht. Nicht mehr und weniger.
Damit will man v.a. den neu erleb- und erzählbaren, und folglich perzeptions- und wertbildenden Kern seiner zu erneuernden Marke entstehen lassen. Der
Hybridisierungsansatz beruht auch auf der vorhandenen Stärke der Organisation, den
Widerspruch zwischen Qualität, Flexibilität und Kostensenkung kontinuierlich und prozessual zu bearbeiten (Produktionsoptimierung). Diese Stärke kann in der Zeit des
Vorlaufes (in der HEV-Produktion) entwickelt werden und einen First-Mover-Advantage
als strukturellen Produktivitätsvorteil dauerhaft realisieren. Das setzt allerdings die Bereitschaft voraus, den HEV-Markt, Nachfrage zu entwickeln. Zugleich hebt er
produktstrategisch auf den Ausgleich zwischen Umwelt und Fahrfreude, auf die
Optionalisierung des Antriebes jener aufpreisträchtigen Modellklassen ab, die wegen hoher Verbräuche und Emissionen ökologisch fragwürdig sind. (Graph 9/10)
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
75
Sieht man sich einem Widerspruch ausgesetzt, dessen Entfaltung zukunftsrelevant und
ungewiß ist, dessen neue Bewegungsform also nicht im Fortschreiben des Heute gewonnen
und vorab nicht gewußt werden kann, bieten sich induktiv geprägtes Suchverhalten und langfristiger Optionsaufbau an. Denn: Beide schließen Ungewißheit nicht aus, sondern ein.
Allerdings: Aus der Sicht des gewußten Heute sind die Kosten dafür Verschwendung. Das
Beispiel HEV zeigt indes, daß und wie eine derartige Herangehensweise sowohl spezifische Produkt- wie Produktionskompetenzen als auch Ausrüstungsoptionen und
Synergiepotentiale (Kombinationsmöglichkeiten) für andere Produkte (HEV als optionale
Motoren-Variante), andere technologische Lösungspfade (FCEV) und Geschäftsfelder (OEM-Produktion) schafft und damit ihren eigenen Wert entwickelt. (Graph 9/10)
Markenwert entsteht, wenn die Präferenzen und Entscheidungen von Kunden positiv belegt und stabilisiert werden. Produkte, die nicht auf das Vermögen einer derartigen
Akteurskonstellation bzw. –perzeption bauen können, sondern dieses Vermögen erst bilden
sollen, sind meist in der ersten Generation nicht finanziell renditefähig, wenn die grundlegende Neuerung in eine existierende Produktkonstellation eingebettet ist, also
selbst noch ohne Skaleneffekte mit preisgünstigeren Alternativen konkurrieren muß. Ihr
Wert läßt sich dann nicht kurzfristig, unmittelbar und isoliert entwickeln, ermitteln und darstellen. Daß trotzdem derartige Projekte gestartet und mit langem Atem fortgeführt
werden, versteht sich erst im Zusammenhang einer strategischen Problemperzeption und –
bearbeitung desjenigen, der Markenwert aufzubauen versucht.
Graph 9: Das Ausgangsproblem und seine Wahrnehmung verstehen - Warum Toyota sich so bewegt
Konfrontiert mitCARB-Regulationen
Mangelnde Produkt-Identität (Markenwert)
VorausgeeilteKonkurrenten (DB-FC)
ICE-OptimierungEV FECV DieselCNGHEV
Halte alle Optionen am Leben! Aber gehe zuerst,schnell und konzentriert vor, wo Konkurrenten
nicht akitv oder nur unentschlossen sind und wosich Verbindungs- und Ausweich-m öglichkeitenfür Kerngesch äft und andere Optionen ergeben
Halte alle Optionen am Leben! Aber gehe zuerst, schnell und konzentriert vor, wo Konkurrenten nicht akitv oder nur unentschlossen sind und wo sich Verbindungs- und Ausweichmöglichkeiten für Kerngeschäft und andere Optionen ergeben
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 76
Rentabilität ist nicht ignoriert, sie wird entwickelt: Im Juni 2001 präsentiert Toyota die HEV-Version des ESTIMA (Mini-Van) und erklärt, ab 2005 200-300.000 HEV-Fahrzeuge
pro Jahr produzieren zu wollen. (Nihon Keizai Shimbun 2003/06/16) Im September 2002
vermeldet man, die bisherige Serie im aktuellen Jahresvolumen (ca. 30.000 Fahrzeuge) verlustfrei (Financial Times 2002/09/25) fertigen (also die Mehrkosten von ca. 15-20%
gegenüber ICEV durch Mehrpreis und Kostensenkung absorbieren) zu können. Im Juni
2003 kündigt Toyota an, daß man 2006 sechs Modelle mit Hybrid-Optionen anbieten will. (Bloomberg News 2003/06/19) Ab 2006 wird Toyota 100.000 HEV-Systeme über fünf Jahre
an Nissan liefern. Diese Volumina künden nicht von einer Gewissenheit darüber, daß es
diesen Bedarf gibt oder geben wird. Sie zeugen vom Willen, HEV-Technologie profitabel zu machen, “den Markt zu machen”, seine Stärke zu nutzen, und die Grundlage für
Wachstum zu legen. Diese Zahlen entsprechen nämlich jener bei Toyota als
Erfahrungswert akzeptierten Macxy-Silberstone-Kurve, derzufolge eben dieses Volumen der Jahresproduktion eines Basismodells eine optimale Kostendegression (von bis zu 50%)
ermöglicht. (Hino 2002:96-98)
3.4.2 Von Interessen und Dreiecken: Das Eine tun, ohne das Andere zu lassen!
Umsatz-, Eigenkapital- und Vermögensrentabilität bei Totoya haben sich in der letzten
Dekade relativ stabil entwickelt. (Graph 11-1) Das kann als Beleg dafür gelten, daß das bisher Gesagte nicht im unversöhnbaren Gegensatz zu den Interessen der Kapitalgeber stehen
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
77
muß, solange diese selbst langfristig, also zukunftsoffen ausgerichtet sind. (Graph 11-2)
Graph 11-1: Trend der Umsatz-, Eigenkapital- und Vermögensrentabilität bei Toyota
1.45
3.19 3.25
5.43
6.68
5.89 6.026.48
7.44
8.49
2.603.29
4.83
6.80
7.54
5.77 5.996.62
8.41
12.66
1.301.59
2.27
3.04 3.28
2.41 2.47 2.693.10
4.55
0.00
2.00
4.00
6.00
8.00
10.00
12.00
14.00
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002Geschäftsjahr
jew
eilig
e R
endi
te (i
n %
)
Umsatzrendite (%)
Eigenkapitalrendite (%)
Vermögensrendite (%)
Graph 11-2: Trend Aktienpreis Toyota und Nikkei-Index
0.0
50.0
100.0
150.0
200.0
250.0
300.0
350.0
400.0
450.0
500.0
Jan-
93
May
-93
Sep
-93
Jan-
94
May
-94
Sep
-94
Jan-
95
May
-95
Sep
-95
Jan-
96
May
-96
Sep
-96
Jan-
97
May
-97
Sep
-97
Jan-
98
May
-98
Sep
-98
Jan-
99
May
-99
Sep
-99
Jan-
00
May
-00
Sep
-00
Jan-
01
May
-01
Sep
-01
Jan-
02
May
-02
Sep
-02
Monat-Jahr (berechnet nach Rohdaten von http://www.quote.yahoo.co.jp)
1993
=100
Nikkei
Toyota-Aktie
Toyota-Aktien/Nikkei
Graph 12 zeigt, wie sich die Verteilungskomponenten der Brutto-Marge (Umsatz – Einkauf bzw. Fremdleistungen) gegen den Trend derselben entwickelt haben: Langfristig
betrachtet, hat Toyota’s Top-Management die Brutto-Marge (den generierten Bruttowert)
in Dividende sowie Aktienrückkauf (an die Kapitalgeber), in Lohnsteigerungen bzw. Boni (an die Beschäftigten und Direktoren), in Steuern (an Staat und Kommunen), in F&E- und
Anlage-Investitionen (materielle Basis der Organisation) relativ ausgeglichen aufge- bzw.
verteilt. Die Volatilität der Aktienrückkäufe geht darauf zurück, daß man - im Vorfeld der Börsennotierung in den USA und mit der Auflösung der Kreuz - und langfristigen
Beteiligungen durch Banken konfrontiert - Kursverfall, unkontrollierte Machtkonzentration zu
verhindern und Kritik am Vorhalten großer Bargeld - Vermögen sowie unzureichender Dividenden - Ausschüttungen zu entkräften versucht hat. Ein strategischer Ausgleich
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 78
zwischen gegenwartsbezogener Ertragssteigerung (Exploitation) und zukunftsgerichteter
Erschließung neuer Wachstumsmöglichkeiten (Exploration) ist also offenbar genauso möglich wie zwischen den Verteilungsinteressen der Stakeholder.
Graph 12: Relativer Trend der Brutto-Ertragsverteilung bei Toyota(jede Komponente gegen Trend Brutto-Marge, Basis 1996=100)
50.0
60.0
70.0
80.0
90.0
100.0
110.0
120.0
130.0
140.0
150.0
160.0
170.0
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002Geschäftsjahr
Aktionäre (Dividenden + Aktienrückkauf)Staat/Kommunen (Steuern)Direktoren (Boni)Beschäftigte (Personalkosten/Mitarbeiter)F&E-Investitionen Anlage-InvestitionenEigenkapital
Das ist kein Selbstläufer, sondern zeugt von einer - durch das Top-Management
angestrebten - Orientierung, die den Ausgleich der Interessen zwischen den beteiligten Akteuren als Bedingung und Resultat von Nachhaltigkeit einschließt. Im fortgesetzten
Gestalten, Erleben und Erzählen der Wirksamkeit dieses Ausgleiches entstehen Muster
und Maßstäbe für das Selbstverständnis und Verhalten der Akteure einer Organisation, die den Kern dessen bilden, was als Ethos im Sinne von Subjektivitätsentfaltung
bezeichnet werden kann. (Cummings 2003, Whetton et al. 2002) Dieser wiederum läßt sich
als Konsistenz zwischen der Kultur (der stabilen Reproduktion bestimmter Verhaltensweisen), der Strategie (der Gerichtetheit des Handelns) und der Sinngebung bw.
Zwecksetzung eines Unternehmens abbilden. (Graph 13) Graph 13: Was sind die dominanten Wertorientierungen bei Toyota?
Corporate Governance (Für wen existiert das Unternehmen?):Für sich selbst und seine Stakeholder!
Corporate Culture (Nach welchen Logiken und Maßstäbenhandeln Menschen im Unternehmen?):
Lernen in horizontaler Kooperation!
Corporate Strategy:(Wonach strebt das Unternehmen?):Langfristig-nachhaltiges Wachstum!
Corporate Strategy
“Eine Reise von tausend Wegstunden beginnt mit dem ersten Schritt” (Berndt)
79
Woher kommt diese Orientierung, von wem wird sie mächtig gemacht und gehalten? Diese
Frage zielt auf die Verfassung der Corporate Governance, auf die “Konkretheit der Eigentums” als verhaltensrevelantes Verhältnis. Denn: Dieses ist Ausdruck dessen, wer
wie entscheidet, welche Ressourcen wofür wie eingesetzt, wie und von wem die
Bedingungen ihres Einsatzes gestaltet, und die Erträge dessen an wen wie verteilt werden. Gefragt ist danach, wie die im Eigentum begründete Verantwortung der Organisation sich
selbst (ihrer Vergangenheit und Zukunft) und ihrem sozialen Umfeld gegenüber in ihrem
heutigen wirtschaftlichen Handeln wahrgenommen wird.
Im Falle Toyotas ist es offensichtlich die Familie des größten Einzelaktionärs und
Firmengründers, die die zentralen Positionen im Top-Management eingenommen und dafür (Vor-) Sorge getragen hat, daß derartige, d.h. in den bewußten Zusammenhang von
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gestellte Wertvorstellungen entwickelt und
relevant gehalten werden. Gleichwohl: Daß diese Kontinuität in der Interessenorientierung durch eine Gründer-Familie gesichert wird, ist eine ermöglichende,
indes nicht hinreichende Bedingung. Denn: Weder Toyota noch seine Gründerfamilie sind
in sich und aus sich heraus konsistente und omnipotente Akteure. Über die Fragmente, vielfältigen Seiten und Interessen innerhalb eines Unternehmens hinweg braucht es
vielmehr eine – immer wieder konkret historisch umkämpfte und herzustellende -
Konsistenz zwischen der Art und Weise, der Legitimation und integrierenden Orientierung dessen, was in der Organisation thematisiert, kommuniziert, diskutiert, gesucht,
entschieden und bewertet wird, oder nicht. (Graph 14)
Die Verbindung von Eigentum und Werteorientierung als Verantwortung für sich und andere, ist die kritische Bedingung für ein Denken und Handeln von Akteuren, die sich des
Graph 14: Toyota - Werteorientiertes Management ?!
Hauptaktionär und Unternehmer:Familie Toyoda (ursprl. Textilmaschinen-Hersteller, die
Autogeschäft als VB in Krise gestartet haben) = Primat von Vision und Wertevorstellungenals Entscheidungs- und Handlungsreferenz
Historisches Denken alspermanentes Krisenbewußtsein
sichert Selbstkritik, Umweltsensi-bilität und Gemeinschaftssinn
Interne Diskussionskultur (langwierigeKonsens-Bildung) nutzt Kritik und Unzufriedenheitvon unten als Sensor und Treiber, wirkt selbst als
Integrator
立命館経営学(第 42巻 第 3号) 80
Zusammenhanges von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, ihrer eigenen Stellung
darin bewußt sind: Indem sie - die Vergangenheit kritisch reflektierend – eigene und Kontextprobleme adressieren, die Bearbeitung derselben in ihrer Zukunftsrelevanz
initiieren und legitimieren, sich strategisch verhalten. Strategie ist keine Methodenfrage,
sondern eine Verhaltensqualität, Differenzierung kein Marketing-Tool, sondern bewußte Entfaltung kollektiver Subjektivität. Und also eine Frage des Ethos. (Cummings 2003)
3.5. Was bleibt? Fragen der Theorie an die Praxis Der hier diskutierte Fall ist weder repräsentativ, noch für sich selbst und in seiner
Darstellung umfassend und vollständig abgeschlossen. Er kann aber induktives Material
dafür sein, das Verhältnis von sozialer Verantwortung und strategischer Differenzierung in Unternehmen weiter zu erkunden. Er kann helfen, sich jenen – von Whetten et al. in der
Zusammen- und Vorschau der relevanten Forschung gestellten - Fragen danach
zuzuwenden, ob und wie moralisches und effizientes Verhalten, ob und wie Reputation, Image und Identität, ob und wie wettbewerblicher Vorteil und sozialverantwortliches
Handeln, ob und wie Interessen von Stakeholdern nicht nur miteinander ab- bzw.
ausgeglichen, sondern ihr Widerspruch auch kollaborativ gestaltet werden kann. (Whetten et al. 2002:396-399)
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