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100 Jahre Gartenbau-Berufsgenossenschaſt Festschrift zum Jubiläum 2012

Jubiläum 2012 - Fachgruppe Gartenbau – ver.di100 Jahre Personalentwicklung 20 Haftpfl ichtversicherung - Partner seit 1924 21 Die Alterssicherung startete vor 55 Jahren 22 Krankenkasse

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100 Jahre

Gartenbau-Berufsgenossenschaft

Festschrift zum Jub i läum 2012

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2 100 JAHRE Gartenbau-Ber ufsgenossenschaft

INHALT

Grußworte

VorstandsvorsitzenderJürgen Mertz 4

Stellv. VorstandsvorsitzenderAxel-Werner Pürkner 5

Vorsitzender der VertreterversammlungFrank Viebranz 6

Stellv. Vorsitzender der VertreterversammlungCarsten Henselek 7

ZVG PräsidentHeinz Herker 8

BGL PräsidentAugust Forster 9

BdB PräsidentKarl-Heinz Plum 10

Parlamentarischer StaatssekretärDr. Ralf Brauksiepe 11

OberbürgermeisterBertram Hilgen 12

Mitgliederentwicklung imeigenständigen System 14

Prävention - Hoher Standardseit 100 Jahren 16

Erste Unfallrente - EinLehrstück gelungener Sozialpolitik 18

Selbstverwaltung - Neustartzum 40. Jubiläum 19

100 Jahre Personalentwicklung 20

Haftpfl ichtversicherung - Partnerseit 1924 21

Die Alterssicherung startetevor 55 Jahren 22

Krankenkasse für den Gartenbau - Verwaltungsgemeinschaft seit 1972 23

Soziale Sicherheit durch gemeinsames Handeln – dies ist die Grundlage der Arbeit der Gartenbau-Berufsgenossenschaft, und

zwar seit einhundert Jahren. Das enge Zusammenwirken der gärtneri-schen Selbstverwaltung mit der Verwaltung bildet das Fundament der erfolgreichen sozialen Sicherung aller Branchen des deutschen Garten-baus. Diese enge Verbindung hat zu einer tiefen Identifi kation der Be-schäftigten mit den im Gartenbau tätigen Menschen geführt. Nur so konnten die zurückliegenden Herausforderungen gemeistert werden. Dokumentiert wird dies an den jährlichen, guten Ergebnissen unserer BG.Deswegen ist es mir an dieser Stelle nicht nur eine Pfl icht, sondern eine besondere Freude neben der Selbstverwaltung - den Mitgliedern des Vorstandes und der Vertreterversammlung, die über die gesamte Zeit hinweg und auf allen Ebenen für den Erhalt einer eigenständigen Unfall-versicherung gekämpft haben - auch allen ehemaligen und jetzigen Be-schäftigten der Gartenbau-Berufsgenossenschaft meinen Dank auszu-sprechen. Mit Engagement und Energie haben diese sich stets ihren Aufgaben gewidmet und sich für die Versicherten eingesetzt. Zuverläs-sigkeit, Flexibilität und Freundlichkeit sind die herausragenden Attribute unserer Verwaltung, die sich stets auf veränderte Rahmenbedingungen eingestellt hat. Nur so konnten in der hundertjährigen Geschichte auch schwierige Situ-ationen gemeistert und die Betreuung und Versorgung insbesondere der Unfallverletzten aufrecht erhalten werden. Während der Dauer von zwei Weltkriegen und in den Jahren danach, in der große Teile der Beleg-schaft fehlten, in der Depression der 1920er Jahre und nach Währungs-reformen erfüllte die Gartenbau-Berufsgenossenschaft ihre Aufgaben zuverlässig.Wichtige Meilensteine in der Geschichte der Berufsgenossenschaft waren die Errichtung der Gemeinnützigen Haftpfl ichtversicherungsan-stalt - HAVA - 1924 und der Alters- und Krankenkasse für den Garten-bau im Jahre 1957 bzw. 1972. Das Jahr 2012 ist also auch für die beiden letztgenannten Körperschaften ein besonderes Datum. 55 Jahre Alters-kasse und 40 Jahre Krankenkasse für den Gartenbau.Mit Einführung der landwirtschaftlichen Altershilfe - der heutigen Alters-sicherung der Landwirte - im Oktober 1957 und der Krankenversiche-rung der Landwirte im Oktober 1972 unter dem Dach der BG wurde aus der gartenbaulichen Unfallversicherung nach und nach die Sozialversi-cherung für den Gartenbau. Dabei wurde ein wichtiger Beitrag zur Ent-bürokratisierung geleistet, schließlich konnte von nun an zu allen Fragen und Aufgaben der berufsständischen, sozialen Absicherung die Bera-tung und Bearbeitung aus einer Hand erfolgen.Als große Herausforderung der jüngeren Geschichte sind natürlich die Aufbaujahre nach der Wende Anfang der 1990er Jahre zu nennen, als es um die Erweiterung der Zuständigkeit der Gartenbau-Berufsgenos-senschaft auf das ehemalige Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ging. Die mit der Vereinigung Deutschlands einhergehenden Aufgaben duldeten keinen Aufschub, aber ausreichendes Personal hier-für konnte erst nach und nach gewonnen werden. Der Aufbau der Versi-cherung in den neuen Bundesländern war daher eine besondere Leis-tung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialversicherungsträ-ger, die auch heute noch Respekt und Anerkennung verdient. In diese Zeit fi el auch die Suche nach einem neuen Domizil für die Hauptverwal-tung. Der Standort in der Kasseler Goethestraße wurde zu klein. Des-halb musste neu gebaut werden. Der heutige Sitz in der Frankfurter Straße konnte 1994 bezogen werden. In den letzten Jahren sind neben den gesetzlichen Reformen, mit Ein-führung des Sozialgesetzbuch VII im Jahre 1996, der Organisationsre-form im Jahre 2000, die mit gewaltigen Sparvorgaben für die Verwaltung einherging, dem Gesetz zur Modernisierung des Rechts der landwirt-

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schaftlichen Sozialversicherung (LSVMG) 2007, hohe An-forderungen an die gesamte Belegschaft gestellt worden, die immer wieder die Kreativität und Veränderungsbereit-schaft der Beschäftigten herausgefordert haben: • Moderne Daten-, Informationsverarbeitung und

Kommunikation• Kostenstellen- und Leistungsrechnung• Benchmarking• Wissenschaftlich begleitete Personalbedarfs-

bemessung • Verwaltung 2014 – Wie muss sich eine Verwaltung auf

verändertes Kommunikationsverhalten der Kunden einstellen?

Andererseits wurde mit der Einführung eines Leitbildes unter Einbeziehung aller 600 Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter sowie der Selbstverwaltung ein neuer Weg der par-tizipativen Mitarbeiterführung geschaffen; familienfreundli-che Arbeitszeitmodelle wurden verwirklicht, die im Zusam-menspiel mit der im Jahre 2010 eingerichteten Kinderkrip-pe für eine gelungene Work-Life-Balance in der Verwaltung stehen. Flankiert wird dies durch die Einführung eines be-trieblichen Gesundheitsmanagements.Das Jubiläum sollte aber nicht allein Anlass zur Rückschau auf die Erfolge und das Geleistete in der Vergangenheit sein. Heute muss der Blick nach vorne gerichtet werden. Die Verwaltung der Gartenbau-Berufsgenossenschaft steht wohl vor der schwierigsten Herausforderung ihrer hundertjährigen Geschichte: Die Zusammenführung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften einschließ-lich der Gartenbau-Berufsgenossenschaft zum 1. Januar 2013 zu einem gemeinsamen Bundesträger „Sozialversi-cherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ been-det die eigenständige, eigenverantwortliche, auf den Gar-tenbau orientierte Verwaltungstätigkeit. Diese den gesam-ten Berufsstand vom Erwerbsgartenbau über den Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau bis hin zu dem gesamten Bereich der kommunalen Garten- und Parkpfl ege sowie die kirchlichen, kommunalen und privaten Friedhöfe um-fassende Verwaltung wird sich in der zukünftig gemeinsa-men Verwaltungsorganisation der landwirtschaftlichen So-zialversicherung wiederfi nden und dort behaupten müs-sen.Ich wünsche allen an diesem Prozess beteiligten Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern ein gutes Gelingen, insbesonde-re dass in dem neuen Bundesträger nicht nur Gartenbau im Namen erfahrbar ist, sondern auch die Elemente der ef-fi zienten Verwaltungsstrukturen der Gartenbau-Berufsge-nossenschaft in der zukünftigen inneren und äußeren Ver-waltungsorganisation gewahrt bleiben.

Soziale Sicherheit durch gemeinsames Handeln

Direktor Ass. Jur. Thomas Wirz Geschäftsführer der Gartenbau-Berufsgenossenschaft

Vorwort100 JAHRE Gartenbau-Ber ufsgenossenschaft 3

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Ein Berufsstand, der seine Aufgabe erfüllt hat, der bereit und willens ist, sie auch in Zukunft zu erfül-

len, hat das Recht, gehört zu werden.“

Diese vom damaligen ZVG-Präsidenten Ernst Schröder anlässlich der Gründung des Verbandes des Deutschen Gemüse-, Obst- und Gartenbaues (später ZVG) stammen-de Äußerung könnte auch für Gründung, Verlauf und Po-sitionierung der Gartenbau-Berufsgenossenschaft in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung stehen.

Die Andersartigkeit der betrieblichen Strukturen in den Gartenbaubetrieben und der im Vergleich zu den landwirt-schaftlichen Unternehmen hohe Anteil an Arbeitnehmern war Ausgangspunkt der Gründung einer eigenständigen Gartenbau-Berufsgenossenschaft. Die Gärtner wollten ihre Angelegenheiten selbst regeln. Deshalb wurde im Jahre 1912 die Gärtnerei-Berufsgenossenschaft in Kassel gegründet, die im Laufe der Zeit fachlich für alle Bereiche des deutschen Gartenbaues zuständig wurde, wie sich aus der aktuellen Satzung der Gartenbau-Berufsgenos-senschaft ergibt.

In den letzten beiden Jahrzehnten der 100 Jahre bildete sich eine starke Selbstverwaltung in der Gartenbau-Be-rufsgenossenschaft heraus, die sich in Diskussionen um gesetzliche Änderungen wie das SGB VII, das LSV-OrgG, das LSVMG und das zu nachhaltigen Strukturveränderun-gen führende LSV-NOG sehr intensiv sachlich eingebracht hat, ganz im Sinne der oben zitierten Worte von Ernst Schröder.

Die Gartenbau-Berufsgenossenschaft – Partnerin für eine erfolgreiche Unfallverhütung in allen Bereichen des Gar-tenbaues! Mit dieser Entwicklung ist die Gartenbau-Be-rufsgenossenschaft nicht nur ein wirkliches Instrument der Sozialpartner geworden; vielmehr entwickelte sie im ge-samten Berufsstand einschließlich der im Gartenbau täti-gen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer identitätsstif-tende Eigenschaften. Diese Wirkungen sollen auch in der Zukunft erhalten bleiben. Der Gesetzgeber hat dieses Ziel mit einer Reihe von besonderen Regelungen im LSV-NOG als berechtigt anerkannt. Jetzt gilt es, dies in der neu ent-stehenden Selbstverwaltung der zukünftigen landwirt-schaftlichen Sozialversicherung deutlich zu machen, um die aus Sicht des gärtnerischen Berufsstandes erfolgrei-che Sozialpartnerschaft in der Selbstverwaltung der Gar-tenbau-Berufsgenossenschaft auch in den nächsten 100 Jahren weiterführen zu können.

Wir blicken auf 100 Jahre erfolgreiche Aufgabenerfüllung zurück und wollen auch in Zukunft ein berufsständisches System sozialer Sicherung mit gestalten.

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Jürgen MertzVorsitzender des Vorstandes der Gartenbau-BerufsgenossenschaftVizepräsident des Zentralverbandes Gartenbau e.V. (ZVG)

Der Berufsstand hat das Recht, gehört zuwerden

Grußworte

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Die Gartenbau-Berufsgenossenschaft ist im Bereich der landwirtschaftlichen Sozialversicherung die

Arbeitnehmer-Berufsgenossenschaft. Gerade deshalb ist es für uns als Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) in der Vergangenheit immer wichtig gewesen, den Schutz dieser Beschäftigten vor Unfallgefahren auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern gemeinsam gestalten zu können.Ein wertvolles Instrument dieser gemeinsamen ehrenamt-lichen Tätigkeit mit den Arbeitgebern ist die Arbeit im Un-fallverhütungsbeirat. Diese zeichnet sich insbesondere durch Praxisnähe und Praxisbezogenheit aus. Leitlinien für die Prävention, angepasst an die Veränderungen in der Arbeitswelt, erarbeitet der Unfallverhütungsbeirat immer wieder neu. Maßnahmen zur Reduzierung von arbeitsbe-dingten Gesundheitsgefahren im Betrieb spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Besonders stolz sind wir auf die in intensiv geführten Verhandlungen mit den Arbeitgebern erreichten Standards zur Seilklettertechnik. Dort konnten wir insbesondere die sozialen Belange für die Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer in die tägliche Arbeitspraxis einbringen. In regelmäßigen Gesprächsrunden mit den Praktikern macht sich der Unfallverhütungsbeirat ein Bild über die aktuellen Entwicklungen in diesem für die Arbeits-sicherheit wesentlichen Bereich. Durch die gemeinsam mit den Arbeitgebern gefundenen Standards wurde ein Mei-lenstein gesetzt, der in anderen Branchen seines Gleichen sucht. Viele für die Präventionsarbeit erworbenen Erkenntnisse beruhen auch auf der paritätischen Mitarbeit in verschie-denen Ausschüssen der Gartenbau-Berufsgenossen-schaft. Zu nennen sind hier insbesondere der Rentenaus-schuss und der Widerspruchsausschuss.Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die gemeinsam ge-meisterte Herausforderung der Eingliederung der im gärt-nerischen Bereich Beschäftigten in den neuen Bundeslän-dern im Rahmen der Wiedervereinigung. Nur durch das gemeinschaftliche Wirken aller an diesem Prozess Betei-ligten konnte der bereits in den alten Bundesländern er-reichte hohe Standard der Arbeitssicherheit auch auf die neu hinzu gekommenen Unternehmen mit deren Beschäf-tigten übertragen werden. Dieser in langjährigen Verhandlungen erreichte Standard ist nun perspektivisch in Gefahr! Der Gesetzgeber sieht im Rahmen des aktuellen Organisationsreformgesetzes (LSV-NOG) nach Ablauf einer Übergangszeit bis 2018 nur noch die sogenannte Drittel-Parität vor. Dies bedeutet für die im Bereich Gartenbau tätigen Arbeitnehmer, dass deren Vertretung in der Selbstverwaltung nicht mehr auf Augenhöhe mit den Unternehmern stattfi nden würde. Viel-mehr könnten durch die Zweidrittel-Mehrheit der Unter-nehmer in den Selbstverwaltungsorganen die berechtigten Belange der Arbeitnehmer untergehen. Wir kämpfen dennoch weiterhin für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Gartenbau und legen unseren Schwerpunkt weiterhin auf eine versichertennahe Präven-tionsarbeit, für die die Parität unabdingbar ist. Unsere bis-lang hervorragend geleistete und von der Politik anerkann-te Unfallverhütung werden wir auch im künftigen Bundes-träger zum Wohle der Beschäftigten einbringen.

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Unsere Präventi ons-arbeit – darauf sindwir stolz

Axel-Werner PürknerStellvertretender Vorsitzender desVorstandes der Gartenbau-Berufsgenos-senschaft und Bezirksvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Oberbayern

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Die Gartenbau-Berufsgenossenschaft hat in der Vergangenheit in hervorragender Weise Präventi-

onsarbeit betrieben, das Unfallgeschehen analysiert, Un-fallverhütungsvorschriften entwickelt und mehr als die nor-malen Aufgaben einer Unfallversicherung erfüllt. Gerade diese herausragende und speziell auf die Belange der Be-schäftigten ausgerichtete Präventionsarbeit stand und steht für die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) im Mittelpunkt ihres Wirkens in den Selbstverwaltungsgre-mien. Durch Prävention und fachliche Beratung wurde und wird die Gesundheit der Beschäftigten, deren Arbeit schwierig, körperlich anstrengend und auch gefährlich ist, geschützt. Die Bilanz der Arbeitgeber: niedrige Krankenstände und geringe Kosten. Diese Leistung der Berufsgenossenschaft in einer von vielen kleinen und mittleren Betrieben und dem öffentlichen Gartenbau und Forstbetrieben geprägten Branche wird durch ständig wachsende Versichertenzah-len und die steigende Zahl von Mitgliedsbetrieben hono-riert.Die wesentliche Ursache für den Erfolg der Gartenbau-Be-rufsgenossenschaft liegt in der paritätischen Selbstverwal-tung. Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter können in gleicher Zahl und auf gleicher Augenhöhe miteinander dis-kutieren und um die beste Lösung ringen. Denn bei der Pa-rität reden die Betroffenen mit – nämlich die Vertreter der Beschäftigten. Sie wissen oft am besten, wie es zu be-stimmten Unfällen kommt, was getan werden muss, damit die Unfallvorschriften auch wirklich eingehalten werden und die nötige Schutzkleidung auch tatsächlich angezo-gen wird. Wie die Geschichte zeigt, mussten die Gärtner schon immer für ihre Berufsgenossenschaft kämpfen. Nach jahr-zehntelangen Anstrengungen gelang es in 1912, eine ei-genständige Berufsgenossenschaft zu gründen. Allein in den letzten zehn Jahren mussten die Belange der gärtne-rischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in drei Ge-setzgebungsverfahren eingebracht werden. Hierfür waren die vorhandenen Kontakte sehr hilfreich, um den politisch handelnden Personen die konkreten Bedürfnisse des gärt-nerischen Berufsstandes und deren bewahrenswerten Er-rungenschaften nahe zu bringen. Wir werden uns auch zukünftig aus voller Überzeugung dafür einsetzen, dass die Prävention auch im künftigen Bundesträger für die im Bereich Gartenbau Beschäftigten weiterhin den Stellenwert innehaben wird, den sie bisher einnimmt und entsprechend erfolgreich sein kann wie bis-her. Denn: Einschränkungen bei den Leistungen und Ab-striche an der Prävention darf es im Interesse der Beschäf-tigten unter der neuen Struktur nicht geben. Aufgrund un-serer positiven Erfahrungen in den vergangenen 100 Jah-ren kann dies nur im Rahmen einer echten Parität auf gleicher Augenhöhe mit den Vertretern der Unternehmer gelingen. Hierfür werden wir uns mit allen uns zur Verfü-gung stehenden Mitteln engagieren.

Mein Dank gilt allen, die sich für unsere gemeinsame Sache wirkungsvoll und tatkräftig eingesetzt haben und einsetzen werden; insbesondere allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gartenbau-Berufsgenossenschaft.

Paritäti sche Selbst-verwaltung – Erfolgs-garant für eff ekti veUnfallverhütung

Frank ViebranzVorsitzender der Vertreterversammlung der Gartenbau-Berufsgenossenschaft und Mitglied des Vorstandes der Bun-desfachgruppe Gartenbau, Friedhöfe, Forsten der Vereinten Dienstleistungs-gewerkschaft (ver.di)

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Carsten HenselekStellvertretender Vorsitzender der Vertre-terversammlung der Gartenbau-Berufs-genossenschaft und Vizepräsident desBundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL)

Die Gartenbau-Berufsgenossenschaft hat für die Unternehmer viel zu bieten. Diese Erkenntnis hat

sich gerade in den letzten Jahren für alle sieben Sparten des Gartenbaus immer mehr verfestigt. In den verschiedensten Gremien der paritätisch besetzten Selbstverwaltung der Gartenbau-Berufsgenossenschaft konnten die mitwirkenden Unternehmer anhand von sehr praxisorientierten Fällen die positiven Auswirkungen einer effi zienten Präventionsarbeit kennen- und schätzen lernen und damit entscheidend prägen.Besonders wichtig war und ist die Arbeit im Unfallverhü-tungsbeirat, in dem der Unternehmer die Belange des Be-rufsstandes über zukunftsorientierte Präventionsmodelle und -maßnahmen mit umsetzen kann. Durch betriebliche Kennzahlen weiß der Unternehmer, wie wichtig gut ausgebildete und in Belangen der Arbeitssi-cherheit geschulte und sensibilisierte Beschäftigte sind. Je früher die Sensibilisierung beginnt, umso nachhaltiger wirkt sie in den Betrieben. Deshalb haben die Unterneh-mer in den Selbstverwaltungsgremien der Gartenbau-Be-rufsgenossenschaft bereits Wert auf die Behandlung von Präventionsthemen schon in der Berufsausbildung des gärtnerischen Nachwuchses gelegt. Solche Maßnahmen wurden vom Berufsstand sowohl initiiert als auch gezielt gefördert. Zu nennen ist hier insbesondere das erfolgrei-che Programm „Azubi fi t“ sowie die jahrelange gute Zu-sammenarbeit mit dem Ausbildungsförderwerk Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (AuGaLa).In Zukunft wird der Schwerpunkt präventiver Arbeit aus un-ternehmerischer Sicht darin bestehen, Arbeitskraft erhal-tende Maßnahmen - insbesondere vor dem Hintergrund des demografi schen Wandels – zu erarbeiten und umzu-setzen. Gerade im wachsenden grünen Bereich wird der Facharbeitermangel eine zunehmende Herausforderung für die Unternehmen darstellen. Die Gartenbau-Berufsge-nossenschaft hat dieses Thema rechtzeitig erkannt. Dies ist im Berufsstand positiv registriert worden und wird von ihm aktiv unterstützt. Für die erfolgreiche Arbeit der Gar-tenbau-Berufsgenossenschaft war jedoch immer die Kenntnis der spezifi schen betrieblichen Gegebenheiten, insbesondere der dort vorherrschenden Altersstrukturen, notwendig. Deshalb ist es erforderlich, dass auch künftig die gärtnerischen Unternehmer im Rahmen des Bundes-trägers ihr Fachwissen konstruktiv in die Präventionsarbeit mit einbringen. Als besondere Errungenschaften dieser er-folgreichen Zusammenarbeit sind u. a. die Einrichtung des Sicherheitstechnischen Dienstes der Gartenbau-Berufs-genossenschaft und die Einführung des Bonus-Systems herauszustellen.Dies alles zeigt auf, wie wichtig es ist, die erfolgreiche Prä-ventionsarbeit der Gartenbau-Berufsgenossenschaft im Bundesträger fortzuführen und branchenspezifi sch weiter zu entwickeln. Nur eine starke Selbstverwaltung kann dies gewährleisten. Ich danke allen, die sich in der Selbstverwaltung engagiert haben. Dieses volle Engagement erwarte und fordere ich auch für die Zukunft. Nur damit kann zum Ausdruck ge-bracht werden, wie wichtig insbesondere die gärtnerische Prävention ist.

Gärtnerische Selbstver-waltung – wichti g und zukunft sweisend

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8 100 JAHRE Gartenbau-Ber ufsgenossenschaft

Wir feiern ein Jubiläum und können uns doch nicht uneingeschränkt freuen. Mit dem 100-jährigen

Bestehen der Gartenbau BG wird die Geschichte dieser erfolgreich auf Sozialpartnerschaft gründenden Einrich-tung anders fortgeschrieben als zuvor. Ein harter Ein-schnitt bedeutet für uns die Reform der Landwirtschaftli-chen Sozialversicherung. Sie bringt für viele tiefgehende Veränderungen, die nun im Einzelnen der Ausgestaltung bedürfen - ein schwieriges Unterfangen, betrachtet man die uneinheitliche Ausgangslage. Im Sinne unserer Unter-nehmen bringen wir uns ein und gestalten mit.

Die enge Zusammenarbeit in den Gremien und die Aus-richtung auf die spezialisierten Betriebe machen den Er-folg der BG aus, der vor 1912 begann: als aus unserer per-sonalintensiven Branche heraus die Unternehmer und ihre Beschäftigten eine auf ihre Besonderheiten ausgerichtete Unfallversicherung forderten und durch Gründung der Gartenbau BG erreichten.

Mit Aussagen wie „Hier stehen Gärtner Gärtnern zur Seite“ oder „Wir schätzen den direkten Draht nach Kassel“ loben unsere Unternehmer das bisherige System, in dem sie sich wiederfi nden und gut aufgehoben fühlen. Produktion, Dienstleistung, Handel: alle sind - manche seit Generatio-nen – vertreten. Hinzu kommen kommunale Verwaltungen, die ebenfalls auf unsere gemeinsame BG zählen. Beglei-tung durch den Sicherheitstechnischen Dienst, Hilfe beim Arbeitsschutzmanagementsystem, unbürokratische Lö-sungen im Schadensfall, spezifi sche Beratungen, umfas-sende Informationen, die in weniger Unfällen messbare Präventionsarbeit, das Bonussystem – das Angebot der BG hat sich bewährt.

Wir stehen bei der Entwicklung des neuen Bundesträgers vor einer großen Herausforderung, nämlich auch in der Gesamtgemeinschaft den Gartenbau und seine Betriebe so einzuordnen, dass sich daraus weder Schlechterstel-lung noch Bruch in der bis hierher erfolgreichen Arbeit er-geben. Dafür werden sich der Zentralverband Gartenbau und die Vertreter des Berufsstandes in den Gremien mit voller Kraft einsetzen.

Der Berufsstand gratuliert zu 100 Jahren erfolgreicher Ar-beit! Wir wünschen uns von den Vertretern des übrigen Agrarbereichs und der Politik Verständnis sowie Unterstüt-zung bei der Neugestaltung eines Systems, in dem sich alle Gärtner auch in den nächsten 100 Jahren gut aufgeho-ben fühlen können.

Hier stehen GärtnerGärtnern zur Seite

Heinz Herker Präsident des Zentralverbandes Garten-bau e.V. (ZVG)

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Die 100-Jahr-Feier der Gartenbau-Berufsgenossen-schaft ist Anlass zur Würdigung der Vergangenheit

in der gärtnerischen Unfallverhütung, wie dies allenthalben geschieht. Für uns Landschaftsgärtner ist das heutige Fest gleichsam aber auch die Verpfl ichtung, den Blick nach vorne zu richten. Der neue Bundesträger und die landwirt-schaftliche Berufsgenossenschaft der Zukunft erhalten von den Gärtnern Wirtschaftskraft und Prävention – Ga-ranten für eine positive Entwicklung. Wir Landschaftsgärt-ner - und damit stellvertretend alle gärtnerischen Dienst-leister - unterstützen den neuen Bundesträger mit bran-chenspezifi scher Erfahrung und Wachstum.

„Wir sind jetzt Bundesträger“ verkündete unser wichtigster ehrenamtlicher Vertreter bei der Berufsgenossenschaft, Egon Schnoor, in der Juni-Ausgabe unseres Verbandsor-gans an alle Mitgliedsbetriebe des Bundesverbandes Gar-ten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL). „Wir wer-den in der neuen landwirtschaftlichen Berufsgenossen-schaft zu Beginn des Jahres organisiert sein und in der bundesweiten Solidargemeinschaft des Wirtschaftszwei-ges der Landwirtschaft die gärtnerischen Dienstleister ver-treten. Wir stehen für Kosteneffi zienz und für dienstleis-tungsorientierte Betreuung der beitragszahlenden Betrie-be. Die Absicherung der versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitge-ber in einem solidarischen, paritätisch besetzten Unfallver-sicherungssystem ist uns wichtig.“

Ich schließe mich gerne den Danksagungen an all jene im Berufsstand und in der Geschäftsstelle in Kassel an, die zu Recht auf das Geleistete hinweisen. Ich fordere aber auch alle auf, spätestens von heute an die hohe Qualität unserer guten Arbeit im neuen Bundesträger genauso erfolgreich abzuliefern und an weiteren Verbesserungen zu arbeiten, denn auch wenn die Tausend-Mann-Quote als Maßstab erfolgreicher Präventionsarbeit objektiv gute Ergebnisse nachweist, so sind nicht nur der Erhalt des Bonus-Malus-Systems als vorzüglicher Anreiz zur Prävention und der si-cherheitstechnische Dienst als dienstleistungsorientierte Einrichtung für alle Versicherten zu erhalten.

Zu guter Letzt lassen Sie mich noch ein Wort zu unseren beiden Sozialpartnern in der Unfallversicherung, IG BAU und ver.di, sagen:

Die paritätische Mitbestimmung ist ein Erfolgsrezept der Gartenbau-Berufsgenossenschaft. Davon sind nicht nur wir Arbeitgeber im Hause BGL überzeugt, sondern die Er-folgsgeschichte der Gartenbau-Berufsgenossenschaft spricht diesbezüglich für sich. Erfolgreiche Präventionsar-beit benötigt diese Sozialpartnerschaft und wir stehen für sie ein. Gemeinsam werden wir auch im neuen Bundesträ-ger erfolgreich für alle Versicherten im gärtnerischen Be-reich und im gesamten landwirtschaftlichen Bereich weiter arbeiten.

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Landschaft sgärtnerstehen fürWirtschaft skraft und Wachstum

August ForsterPräsident des BundesverbandesGarten-, Landschafts-und Sportplatzbaue. V. (BGL)

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10 100 JAHRE Gartenbau-Ber ufsgenossenschaft

Man muss die Feste feiern, wie sie fallen“, heißt es in einem altbekannten Sprichwort. Dies gilt insbe-

sondere für die 100-Jahr-Feier unserer Berufsgenossen-schaft. Denn dieses großartige Jubiläum ist in gewisser Weise auch der Schlusspunkt unter die altehrwürdige Ins-titution. Im nächsten Jahr wird sie im neuen landwirtschaft-lichen Sozialträger aufgehen.

Dies ist jedoch sicher kein Anlass, unser heutiges Jubilä-um in Moll zu begehen. Denn wenn wir uns unsere Berufs-genossenschaft anschauen, können wir mit Stolz feststel-len, dass wir und unsere berufsständischen Vorgänger ein mehr als beachtenswertes Institut der Unfallverhütung bzw. der Unfallbewältigung geschaffen haben. Mehr noch: Hinter den nackten Zahlen der immer weiter sinkenden Un-fallzahlen steht letztlich die menschliche Dimension, bei der wir bestrebt sind, den Unternehmern und allen Be-schäftigten berufl iche Rahmenbedingungen zu geben, die ihre Gesundheit erhalten. Wo dies jedoch durch einen Un-fall nicht gelingt, begleitet die Berufsgenossenschaft den Genesungsprozess, dauert er auch Jahre. Manchmal be-darf es der Rehabilitation bis zum Lebensende, wenn die Gesundheit dauerhaft geschädigt wurde. Auf diese Leis-tung im Dienste der Versicherten können wir stolz sein.

Deswegen möchte ich an dieser Stelle all jenen im Berufs-stand und in der Geschäftsstelle in Kassel danken, die an dieser großen Aufgabe mitgewirkt haben, heute mitwirken und in Zukunft mitwirken werden. Viele von ihnen aus den letzten hundert Jahren sind längst vergessen. Trotzdem möchte ich an diese Menschen erinnern, weil sie das Fun-dament bilden, auf dem wir heute unsere Arbeit im Sinne der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter verrichten.

Und gerade dies verpfl ichtet uns für unsere Arbeit in der neuen Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau:

Wir bringen ein großes Knowhow im Bereich moderner Sozialversicherungsstrukturen und effektiver Unfallver-meidung ein. Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Leistungen auch auf unsere künftigen Partner in der Be-rufsgenossenschaft ausstrahlen und ein Stück weit Vorbild sein werden für den neuen institutionellen Rahmen unse-rer Sozialversicherung.

So bin ich bereits heute der festen Auffassung, dass unser 100-jähriges Jubiläum nicht nur einen Abschluss, sondern einen neuen Aufbruch der berufsständischen Unfallverhü-tung darstellt. Neue Zeiten brauchen neue Antworten und an der Schwelle einer solchen neuen Zeit befi nden wir uns. Lassen Sie uns die Erfahrungen, die wir in hundert Jahren gesammelt haben, in unsere künftige Arbeit einbringen. Dann können wir bereits heute mit ruhiger Gewissheit sagen: Auch künftig steht der Mensch im Gartenbau - ob Unternehmer oder Mitarbeiter - im Fokus unserer Bemü-hungen.

Der Mensch im Fokusder Unfallverhütung

Karl-Heinz PlumPräsident des Bundes deutscher Baumschulen (BdB)

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Die Gartenbau-Berufsgenossenschaft feiert ihren 100-jährigen Geburtstag - das ist ein stolzes Jubi-

läum. Seit 100 Jahren können sich die im Gartenbau Täti-gen auf ihre soziale Absicherung in diesem Träger verlas-sen.

Der Erfolg der Gartenbau-Berufsgenossenschaft und auch des Systems der landwirtschaftlichen Sozialversi-cherung insgesamt erklären sich aber nicht nur mit der er-folgreichen Tätigkeit, sondern auch mit ihrer Anpassungs-fähigkeit an sich ändernde Verhältnisse. Das vor Kurzem verabschiedete Gesetz zur Neuorganisation der landwirt-schaftlichen Sozialversicherung trägt dem Strukturwandel in der Landwirtschaft Rechnung. Durch die Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gar-tenbau wird zum einen das eigenständige System der landwirtschaftlichen Sozialversicherung gesichert; zum anderen werden auch die unterschiedlichen Interessenla-gen innerhalb dieses Sozialversicherungszweiges ange-messen und ausgewogen berücksichtigt.

Für den Bereich des Gartenbaus will ich nur einige Bei-spiele nennen:

• Der Gartenbau wird als wichtige Branche bereits im Namen des neuen Trägers genannt. • Der Standort der bisherigen Sozialversicherung für den Gartenbau wird Geschäftsstelle des neuen Bundes- trägers. Gleichzeitig wird ein Beirat für die Belange des Gartenbaus eingerichtet.• Der Beirat ist paritätisch besetzt und hat ein gesetzlich abgesichertes Vorschlagsrecht für die Unfallver- hütungsvorschriften, die speziell die Unternehmen des Gartenbaus betreffen.• Der Gartenbau ist in allen Entscheidungsgremien des neuen Bundesträgers vertreten und auch im Errich- tungsausschuss, dem die vorbereitenden Aufgaben zur Errichtung obliegen.• Eine fachlich umfängliche Betreuung der Versicherten wird durch das Gesetz auch für den Bereich Gartenbau sichergestellt.

Insgesamt wird dadurch die landwirtschaftliche Sozialver-sicherung auf ein zukunftsfähiges Fundament gestellt. Die spezifi schen Interessen des Gartenbaus sind in vielfältiger Weise berücksichtigt. Der Gesetzgeber hat damit die Rah-menbedingungen dafür geschaffen, dass die Belange des Gartenbaus nach wie vor branchen- und zukunftsorientiert eingebracht werden können. Eine engagierte und aktive Gestaltung dieses wichtigen Zweiges unseres Sozialversi-cherungssystems wird auch weiterhin notwendig sein. Dazu wünsche ich allen Akteuren in der landwirtschaftli-chen Sozialversicherung weiterhin viel Erfolg.

Erfolgreich durch Anpassungsfähigkeit

Dr. Ralf BrauksiepeParlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales

100 JAHRE Gartenbau-Ber ufsgenossenschaft 11

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12 100 JAHRE Gartenbau-Ber ufsgenossenschaft

Im Namen der Stadt Kassel gratuliere ich der Garten-bau-Berufsgenossenschaft zu ihrem 100-jährigen Be-

stehen sehr herzlich. Das stolze Jubiläum ist auch für die Stadt ein Grund zur Freude. Die Gärtner hatten seit Ende des 19. Jahrhunderts für ihre eigene Berufsgenossen-schaft gekämpft. Dieses lange Ringen war schließlich von Erfolg gekrönt. Am 27. November 1912 fand in Kassel die Gründungsversammlung der „Gärtnerei-Berufsgenossen-schaft“ statt; damit wurde den besonderen betrieblichen, wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der deut-schen Gartenbauunternehmer Rechnung getragen.

Kassel wurde zu dem Sitz des neuen berufsständischen Versicherungsträgers und konnte sich gegen starke Kon-kurrenz aus Berlin und Frankfurt/ Oder durchsetzen. Den Ausschlag für die Entscheidung der Gründungsmitglieder pro Kassel gab am Ende die zentrale Lage unserer Stadt – ein Standortvorteil, von dem der hiesige Wirtschaftsraum seit der deutschen Wiedervereinigung wieder in besonde-rem Maße profi tiert.

In Kassel bezog die Gartenbau-Berufsgenossenschaft zu-nächst angemietete Räume am Königsplatz und in der Wil-helmshöher Allee. Ab 1929 erwarb man das Haus Skager-rakplatz 29 (später Goethestraße); in den folgenden Jahr-zehnten wurde die Expansion der Berufsgenossenschaft auch baulich nachvollzogen, doch trotz mehrerer Erweite-rungsmaßnahmen waren die Raumkapazitäten an diesem Standort schließlich erschöpft. Zusätzliche Aufgaben durch bundesgesetzliche Regelungen seit Ende der 90-er Jahre sowie der Zuwachs an Versicherten und Verpfl ich-tungen im Zuge der Deutschen Einheit erforderte eine Auf-stockung des Personals und führten zur Entscheidung für einen Neubau der Verwaltung. Glücklicherweise fand sich nach langer Suche ein Grundstück an der Frankfurter Stra-ße 126. Der Sitz und die Arbeitsplätze blieben in Kassel.

Rückblickend können die Beschäftigten und die Versicher-ten eine positive Bilanz ziehen. In der Berufsgenossen-schaft wird echte Parität in der Mitbestimmung gelebt. Sie hat sich stets neuen Herausforderungen gewachsen und leistungsfähig gezeigt, und nicht zuletzt ist sie beispielge-bend bei der Unfallprävention. Dem deutschen Gartenbau als vielschichtigem Berufszweig und mit seinen facetten-reichen Tätigkeiten ist die Berufsgenossenschaft seit ihrer Gründung ein verlässlicher Partner. Erfolg stellt sich dort ein, wo die wirtschaftlichen Rahmen-bedingungen stimmen. Der Stadt in der Mitte Deutsch-lands ist jüngst ein bemerkenswerter Aufschwung gelun-gen. In manchen Bereichen hat Kassel sogar gegen den Trend zugelegt. Gewerbesteuerrekorde wurden erzielt, Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet, Schulden abgebaut

Erfolg in der Mitt e Deutschlands

Bertram Hilgen Oberbürgermeister der Stadt

Kassel12 100 JAHRE Gartenbau-Ber ufsgenossenschaft

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und die Arbeitslosigkeit innerhalb weniger Jahre halbiert. Das Zusammenspiel vieler Faktoren hat den Wirtschafts-raum Kassel im Wettbewerb der Regionen bestehen las-sen. Immer mehr Fach- und Führungskräfte kommen nach Kassel, neue Unternehmen siedeln sich an und bauen ihren Standort konsequent aus, die Universität expandiert und man zieht wieder gerne in die Stadt.

Die Gartenbau-Berufsgenossenschaft ist seit hundert Jah-ren Teil dieser Erfolgsgeschichte. Herzlichen Dank für das Geleistete!

„Für die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft, welche die Betriebe der Gärtnerei, der Park- und Gartenpflege sowie die Friedhofsbetriebe umfaßt, ist in der Gründungsversamm-lung am 27. November 1912 die Bezeichnung „Gärtnerei-Berufsgenossenschaft“ und als vorläufiger Sitz Cassel bestimmt worden.“ Dies ist der Bekanntmachung des Reichsversicherungsamtes über die Gründung neuer Versicherungsträger der Unfallversicherung vom12. Dezember 1912 zu entnehmen.

Inzwischen hat die Gartenbau-BG seit 100 Jahren ihren Sitz in Kassel. Allerdings ist die Verwaltung in dieser Zeit mehrfach umgezogen. Zunächst bezog die BG angemietete Büroräume am Königsplatz und in der Wilhelmshöher Allee; das obere Bild zeigt das Haus Königsplatz 36 1/2, in dem die Verwaltung bis 1929 untergebracht war. Dann wurde das Haus Skagerrakplatz 29 in der heutigen Goethestraße erworben und später auch Nummer 31. Das zweite Bild von oben zeigt den gesamten Gebäudekomplex am Skagerak-platz 29 - 31, der bis 1994 im Eigentum der BG stand.

Das zweite Bild von unten zeigt die Verwaltung kurz vor dem Umzug in die Frankfurter Straße. Rechts neben dem in 1966/67 errichteten Hochhaus, Goethestraße 27 (früher Skagerrakplatz), befindet sich der im Jahr 1983 fertiggestell-te Anbau.

Der in 1994 fertiggestellte Neubau in der Frankfurter Straße wird nicht vollständig von der Gartenbau-Berufsgenossen-schaft genutzt. Neben dem berufsständischen Unfallversi-cherungsträger sind dort auch die angeschlossenen Körperschaften, d. h. die Alters-, Kranken- und Pflegekasse für den Gartenbau und die Gemeinnützige Haftpflichtversi-cherungsanstalt - HAVA - untergebracht. Ein Teil der Büroräume ist darüber hinaus an den Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vermietet, der dort ein Rechenzentrum betreibt.

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„Möge sich auch bei der sozialen Tätigkeit die auf anderen Gebieten immer erfolgreichere Kunst und Tüchtigkeit des deutschen Gärtners bewähren, zum Segen für sie und ihre Ar-beiter und zum Wohle un-seres geliebten Vaterlan-des“

Mit diesen Worten schloss der Präsident des Reichs-versicherungsamtes, Ge-heimregierungsrat Dr. Kauf-mann, seine Ansprache bei der Gründungsversamm-lung der Gartenbau-Berufs-genossenschaft am 27. No-vember 1912. Damit war der Grundstein für eine ei-gene berufsständische Un-fallversicherung gelegt.

Bei einem Rückblick auf 100 Jahre Gartenbau-Be-rufsgenossenschaft darf ein Vergleich der Betriebs- und Beitragsentwicklung in all den Jahren des eigen-ständigen Systems in der landwirtschaftlichen Unfall-versicherung, auch im Hin-blick auf die beiden Welt-kriege, nicht fehlen.

Im Gründungsjahr 1913 lag die Zahl der Mitgliedsunter-

Mitgliederentwicklung im eigenständigenSystem

nehmen bei 51.700 Betrie-ben. Jetzt im Jubiläumsjahr verfügt die BG über einen Bestand von 102.000 Unter-nehmen zuzüglich 30.000 Nebenbetrieben.

Die erheblichen Schwankun-gen in der Zahl der Mitglieds-betriebe waren in erster Linie den politischen Ereignissen und gesetzgeberischen Maß-nahmen geschuldet. So er-streckte sich die gärtnerische Unfallversicherung anfangs auch nicht auf das gesamte Reichsgebiet. Für Bayern, das Königreich Sachsen, Hessen, Braunschweig, Schaumburg-Lippe, Bremen, Hamburg sowie für Elsass-Lothringen galt eine Ausnah-meregelung. Für diese Ge-biete war die Gärtnerei-Be-rufsgenossenschaft nicht zu-ständig, sondern nach wie vor die landwirtschaftlichen Träger.

Folglich kam es zu einer starken Zunahme bei der Anzahl der Mitgliedsbetrie-be in den Jahren nach 1936 durch die Ausdehnung der Zuständigkeit auf das ge-samte Reichsgebiet und in den Jahren danach durch den Anschluss Österreichs

Zahl der Mitgliedsbetriebe

0

20.000

40.000

60.000

80.000

100.000

120.000

140.000

1913 1914 1927 1937 1947 1957 1961 1971 1981 1991 2001 2010

51.700 51.700 53.992 79.894 31.735 40.557 42.320 55.962 47.771 68.309 85.004 131.142

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Zahl der versicherten Personen

0

100.000

200.000

300.000

400.000

500.000

600.000

700.000

1913 1914 1927 1937 1947 1957 1961 1971 1981 1991 2001 2010

224.000 224.000 205.954 315.760 131.777 192.918 203.708 285.399 349.046 527.265 601.207 634.326

an das Deutsche Reich. Durch die Folgen des Zwei-ten Weltkrieges und die Teilung Deutschlands fi el die Zahl der Mitgliedsunter-nehmen im Jahr 1947 auf den Tiefststand.

Der Wirtschaftsaufschwung in der jungen Bundesrepub-lik ließ auch die Zahl der Gartenbaubetriebe, aber vor allem der gärtnerischen Dienstleister, ansteigen. Rege Bautätigkeit im priva-ten und öffentlichen Be-reich und Konsumfreudig-keit machten aus dem Gar-tenbau eine prosperierende Branche, die bis heute kon-tinuierliche Zuwachsraten verzeichnet. Hinzu kam die versicherungsrechtliche Zu-ständigkeit für die Beschäf-tigten in kommunalen Un-ternehmen im Jahr 1964 und erfreulicherweise die Wiedervereinigung mit der Erstreckung auf die fünf neuen Bundesländer mit Wirkung vom 1.1.1991, die allein einen Anstieg der Mitgliedsunternehmen von etwa 25 Prozent mit sich brachte.

Bemerkenswert bei all die-sen Zahlen ist die Tatsache,

dass seit Gründung der Gar-tenbau-Berufsgenossen-schaft der Nachweis der Lohnsummen und die sozia-len Absicherung für den Un-ternehmer und dessen Ehe-gatten weder vom Gesetzge-ber noch vom Berufsstand in Frage gestellt wurden. Dabei werden seit nahezu 100 Jah-ren einheitliche Verfahrens-weisen sowohl in der jährli-chen Lohnnachweisung als auch in der Berechnung des Umlagebeitrages für die ver-sicherten Unternehmen an-gewandt. Allerdings wurde in der Vergangenheit bei der Berechnung der Unterneh-meransätze nach dem Ge-schlecht unterschieden. Im Jahr 1938 wurde ein "männli-cher" Unternehmer mit 1500,- Reichsmark und eine Unternehmerin mit 1000,- Reichsmark veranlagt. Diese Ungleichbehandlung ist längst beseitigt; heute werden für den Unternehmer und dessen Ehegatten ein-heitlich 13.270 Euro Jahres-arbeitswert angesetzt.

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Seit 1913 ist die Garten-bau-Berufsgenossenschaft Partner in Sachen Arbeits-sicherheit für alle Bereiche des deutschen Gartenbau-es. Hierzu gehören nicht nur die Produktions- und Dienstleistungsbetriebe des Erwerbsgartenbaus und des Garten- und Land-schaftsbaus, sondern auch der gesamte Bereich der kommunalen Park- und Gartenpfl ege sowie alle kirchlichen, kommunalen und privaten Friedhöfe in der Bundesrepublik.

Nachdem die Gartenbau-Berufsgenossenschaft am 1. Januar 1913 ihre Tätig-keit für den gärtnerischen Berufsstand aufgenom-men hatte, wurden auch bald erste Unfallverhü-tungsvorschriften erlassen. Betriebsrevisionen wurden von dem Technischen Auf-sichtsbeamten und beson-deren Vertrauensmännern aus dem Berufsstand durchgeführt. Bereits 1924 waren ein Technischer Auf-sichtsbeamter und 160 Vertrauensmänner für die Unfallverhütung in den Be-trieben tätig. Trotz wech-selnder Zuständigkeiten, bedingt durch die politi-schen Verhältnisse, u. a. aufgrund der beiden Welt-kriege, wurde die Unfallver-hütungsarbeit in den Gar-tenbaubetrieben immer wieder aufgebaut und in-tensiviert. ln den nun 100 Jahren ist es der Garten-bau-BG gelungen, einen hohen Sicherheitsstandard für alle Versicherten zu ge-währleisten. Der heutige hohe Stellenwert der Un-fallverhütung konnte nur dadurch erreicht werden, dass Vertreterversamm-lung und Vorstand zusam-men mit dem Dezernat

Prävention den Arbeits-schutz und hierbei insbeson-dere die Aus- und Fortbil-dung der Versicherten im letzten Jahrzehnt stark vor-angetrieben haben. Das De-zernat Prävention ist heute mit 24 Technischen Auf-sichtsbeamten und 26 Be-triebsrevisoren - sieben wei-tere Aufsichtspersonen sind zur Zeit in Ausbildung - in der Lage, Unternehmer und Be-schäftigte in allen Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes vor Ort zu beraten.

Insbesondere die techni-schen Mängel als Unfallur-sache sind durch die Un-fallverhütungsarbeit in den Betrieben stark reduziert worden. Technische Si-cherheit wird neben den betrieblichen Maßnahmen auch durch die Beratung von Maschinenherstellern und Handwerkern erreicht. Aber auch durch Maschi-nenprüfungen im Rahmen des Produktsicherheitsge-setzes, die in Zusammen-arbeit mit der Prüfstelle des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozi-alversicherung von Techni-schen Aufsichtsbeamten der Gartenbau-BG durch-geführt werden, hat die Si-cherheitstechnik im Gar-tenbau einen hohen Stan-dard erreicht.

Unfallursachen und be-triebliche Gesundheits-schutzaspekte, deren Ur-sachen im menschlichen Verhalten liegen, zu beein-fl ussen, ist derzeit eine der Hauptaufgaben des Dezer-nats Prävention. Hierzu ge-hört zum einen ein umfang-reiches Informations- und Schulungsangebot für alle Versicherten, zum anderen ist in den letzten Jahren die

Präventi on – Hoher Standard seit 100 Jahren

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betriebliche Gesundheits-förderung immer mehr in den Vordergrund getreten. Dabei geht man weg von konkreten Unfallursachen mehr in Richtung der Fak-toren, die bei der Arbeit die Gesundheit positiv beein-fl ussen können. Hierbei ist die Ergonomie genauso zu nennen, wie gesunde Er-nährung, rückengerechtes Verhalten am Arbeitsplatz oder das Thema Stress. Dabei wird in vielfältiger Weise Beratung und Unter-stützung für die Betriebe, z.B. bei der Durchführung von betrieblichen Gesund-heitstagen, geboten. Dane-ben wird auf allen wichtigen "Gartenbau-Messen" der Info-Stand der Gartenbau-BG mit den aktuellen Jah-resthemen der Prävention präsentiert, um das Fach-publikum zu beraten.

Einen weiteren Schwerpunkt im Rahmen der berufsge-nossenschaftlichen Schu-lungsmaßnahmen nimmt die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für Ar-beitssicherheit und Sicher-heitsbeauftragten ein. Der-zeit werden von Kassel aus 1.188 Fachkräfte für Arbeits-sicherheit und 4.201 Sicher-heitsbeauftragte betreut. Sie unterstützen mit ihren Fach-kenntnissen den Unterneh-mer und die Mitarbeiter im Betrieb. Zur innerbetriebli-chen Schulung und Unter-weisung stehen den Gar-tenbaubetrieben viele, the-matisch breit gefächerte, Merk- und Informationsblät-ter, Handlungsanleitungen zur Gefährdungsbeurtei-lung, Plakate und diverse Filme zur Verfügung. Durch fundiertes Wissen soll das Sicherheitsbewusstsein in den Betrieben gestärkt werden.

Die in den letzten Jahren eingeführten umfangrei-chen europäischen Ar-beitsschutzregelungen ge-nerieren bei den versicher-ten Unternehmen einen er-höhten Beratungsbedarf, den das Dezernat Präventi-on zu befriedigen hat. Dabei spielt insbesondere die Auslegung des aus den europäischen Richtlinien und Verordnungen resultie-renden staatlichen Arbeits-schutzrechts eine große Rolle.

Die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Be-treuung aller Beschäftigten soll berufsbedingte Belas-tungen, die zu Erkrankungen führen können, rechtzeitig erkennen und Präventions-maßnahmen einleiten. Um eine solche Betreuung mög-lichst effi zient zu gestalten, hat die Gartenbau-Berufsge-nossenschaft einen überbe-trieblichen sicherheitstechni-schen Dienst - STD - aufge-baut, der jedem Mitgliedsbe-trieb und den dort Beschäftigten zur Verfügung steht. Der STD legt neben der „klassischen" Unfallver-hütung besonderes Augen-merk auf die Gestaltung von Arbeitsplätzen, die Beratung bei Einführung neuer Ar-beitsverfahren und die inner-betriebliche Aus- und Fortbil-dung.

Fortschrittlicher, effi zienter Arbeits- und Gesundheits-schutz sowie Betriebliche Gesundheitsförderung bei vergleichsweise niedrigen Verwaltungskosten spricht für eine berufsständische paritätische Selbstverwal-tung, die der Prävention einen sehr hohen Stellen-wert eingeräumt hat.

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Am 4. Oktober 1913 ereig-nete sich ein Arbeitsunfall, der zur ersten Unfallrente in der Geschichte der Gar-tenbau-BG führte und als Beispiel für die Zuverläs-sigkeit der sozialen Absi-cherung durch die berufs-ständische Unfallversiche-rung gelten kann. Was aus heutiger Sicht kaum vor-stellbar ist, ereignete sich am 4. Oktober 1913 um 17.30 Uhr auf dem Friedhof in Grevenbroich: Zwei Tage vor seinem 24. Geburtstag ging der Gärtnergeselle Heinrich Krieger dort sei-ner Arbeit nach. Als er in einem Friedhofsgebäude Werkzeug holen wollte, hörte er zwei Schüsse. Im selben Moment wurde er von einer Schrotkugel am rechten Auge getroffen.

Was war geschehen? Kom-merzienrat Erckens, ein Fabrikant aus der Gemein-de, war nahe dem Friedhof auf der Jagd. Nach einem Schuss auf ein Kaninchen hatte ein Querschläger das Auge des Gärtners getrof-fen. Das Auge musste noch am gleichen Tag im Kran-kenhaus entfernt werden. Für die Kosten der ärztli-chen Behandlung und für die Unfallrente kam die Gärtnerei-BG auf, der Un-

fall ereignete sich schließ-lich während der gärtneri-schen Tätigkeit. Die erste Verletztenrente, die die Gär tnerei-Berufsgenos-senschaft zahlte, betrug 18,75 Mark im Monat. Hein-rich Krieger ist im März 1980 im 90. Lebensjahr verstorben. Er hat seine Unfallrente bis zum Le-bensende bezogen. Die Gartenbau-BG zahlte vom 4. Januar 1914 bis März 1980 über zwei Weltkriege, Infl ation und Währungsre-formen hinweg die Leistung allmonatlich zuverlässig und pünktlich aus. Die BG passte die Rente immer wieder den wirtschaftlichen Verhältnissen an - während der Infl ation im Dezember 1923 betrug die Monats-rente über sieben Milliar-den Mark – und rechnete sie bei Währungsreformen um. Am Ende betrug die Monatsrente 220 D-Mark.

Die gesetzliche Unfallversi-cherung ist vor allem eine Unternehmerversicherung. Sie löst die Haftung des Unternehmers gegenüber dem Arbeitnehmer bei einem Arbeitsunfall ab. Sie sorgt für die soziale Absi-cherung des Unfallverletz-ten und bewahrt dadurch den Betriebsfrieden.

Erste Unfallrente – Ein Lehrstück gelungenerSozialpoliti k

Zahl der gemeldeten Unfälle

0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

1913 1914 1927 1937 1947 1957 1961 1971 1981 1991 2001 2010

996 1.511 4.306 9.723 3.997 12.189 13.065 17.877 21.331 40.802 51.702 46.084

Auch wenn der Unfall auf dem Friedhof in Greven-broich nach heutigem Er-messen kaum in das Ver-schulden des Unterneh-mers fallen dürfte, trägt dieser dennoch einen Teil Mitverantwortung; schließ-lich hielt sich der verletzte Gärtner aufgrund der Tä-tigkeit im gärtnerischen Unternehmen in der Nähe des Jagdreviers des Fabri-kanten auf. Aus Sicht des Verletzten ist dies aber ne-bensächlich. Für ihn be-stand aufgrund des Ar-beitsunfalls die gesetzliche Leistungspfl icht der BG.

Für den entstandenen Schaden, für den die BG in Vorleistung getreten ist, musste am Ende der Ver-ursacher aufkommen. Dessen Wille zur Wieder-gutmachung war jedoch weniger ausgeprägt als die Jagdleidenschaft. So brauchte es letztendlich zwei Instanzen vor Gericht bis der vom Königlichen Landgericht Mönchenglad-bach zum Schadenersatz verurteilt wurde.

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Rund eine Million Men-schen hatten am 28. Mai 1953 die Internationale Pfl anzenausstellung IGA in Hamburg besucht, im Ruhr-gebiet sorgten sich die Gärtner zur gleichen Zeit über die existenzbedrohen-den Rauch- und Staub-schäden in ihren Betrieben, die die heimische Schwer-industrie anrichtete, die Gartenbau-Berufsgenos-senschaft war gerade 40 Jahre alt geworden und hatte nach 16 Jahren wie-der eine eigene Selbstver-waltung gewählt.Übergeben wurde der Ver-treterversammlung und dem Vorstand vom damaligen Leiter der BG, dem Gärtne-reibesitzer Peter Heck aus Kassel, eine leistungsstarke Versicherung, was in dieser Zeit durchaus nicht selbst-verständlich war. Viele an-dere Berufsgenossenschaf-ten waren auf Kredite ange-wiesen, um den Geschäfts-betrieb aufrecht zu erhalten. Nicht so die Gartenbau-BG: Zwar war aufgrund der deutschlandweiten Zustän-digkeit nach Kriegsende ein großer Teil des Vermögens verloren gegangen; auf Bei-tragsansprüche gegenüber Mitgliedern aus den ausge-schiedenen Gebieten muss-te verzichtet werden, Gutha-ben waren beschlagnahmt worden, aber mit der Solida-rität des Berufsstandes und Beitragserhöhungen von bis zu 53 Prozent hatten die Gärtnerinnen und Gärtner ihren durch die Folgen des Zweiten Weltkrieges schwer angeschlagenen Versiche-rungsträger wieder auf die Beine gestellt. Zurückzufüh-ren war die große Verbun-denheit mit der BG, dass diese während der gesam-ten Dauer ihres Bestehens

Selbstverwaltung - Neustart zum 40. Jubiläum

von Gärtnern geleitet wurde. Dies war eine große Aus-nahme, denn während der Zeit des Nationalsozialis-mus und danach bis 1953 befanden sich alle anderen Sozialversicherungsträger Deutschlands unter der Füh-rung von Regierungs- oder Landesbehörden. Eine so große Verbundenheit mit den versicherten Personen war dort - anders als im Gar-tenbau - nicht vorhanden.

Diese große Solidarität im Berufsstand hatte über 40 Jahre zuvor dazu geführt, dass nach eingehenden Verhandlungen des dama-ligen Verbandes der Han-delsgärtner Deutschlands mit dem Reichsversiche-rungsamt und der Aufnah-me von Verbindungen zu Mitgliedern des Reichsta-ges der Deutsche Bundes-rat am 10. Oktober 1912 den Beschluss zur Errich-tung der Gärtnerei-Berufs-genossenschaft fasste. Am 27. November 1912 grün-deten 56 Abgeordnete des Berufsstandes in Kassel den Unfallversicherungs-träger und schufen damit die Grundlage dafür, dass die gärtnerische Unfallver-sicherung mit Beginn des Jahres 1913 ihre Tätigkeit aufnehmen konnte. Damit wurde den Belangen der Gärtnerinnen und Gärtner nach einer eigenen Berufs-genossenschaft, für die diese zuvor mehr als zehn Jahre lang gekämpft hat-ten, Rechnung getragen. Zwar war der deutsche Gartenbau auch schon vor 1913 in die gesetzliche Un-fallversicherung einbezo-gen, allerdings nur als Zweig der Landwirtschaft und damit den regionalen landwirtschaftlichen Be-

rufsgenossenschaften zu-geordnet. Die anders gear-teten sozialen Verhältnisse, die Lohnentwicklung und nicht zuletzt die betriebs-technischen Unterschiede wichen aber zu sehr von denen der regionalen Landwirtschaft ab, als dass die Träger der landwirt-schaftlichen Unfallversi-cherung den speziellen Be-langen des Gartenbaus Rechnung tragen konnten. Dies führte damals zu gro-ßer Unzufriedenheit im Be-rufsstand und letztlich zur Abspaltung der Gärtner von den landwirtschaftli-chen Trägern.

Nach nunmehr 100 Jahren schließt sich der Kreis. Der anhaltende Strukturwandel in der Landwirtschaft erfor-dert die Straffung von Ver-waltungsstrukturen und die Schaffung neuer Solidarge-meinschaften. Der zum1. Januar 2013 neu zu grün-dende Bundesträger für Landwirtschaft, Gartenbau und Forsten muss dann unter Beweis stellen, dass er nicht nur „Gartenbau“ im Namen trägt, sondern auch die Interessen des gärtneri-schen Berufsstandes be-rücksichtigt.

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Bei der Gartenbau-Berufs-genossenschaft waren zum Stichtag 31. März 2012 insgesamt 310 Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Hiervon entfi e-len jeweils auf

Allgemeine Verwaltung 198

Technische Abteilung (Be-reich Prävention) 69

Sicherheitstechnischer Dienst 18

Gemeinnützige Haftpfl icht-versicherungsanstalt 16

Studierende und Auszubil-dende 9

1913 waren bei der Garten-bau-Berufsgenossenschaft 34 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Gut 40 Jahre später, im Kalen-derjahr 1954, betrug der Personalbestand 49 Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter sowie sieben Lehrlinge. Der heutige Bereich Prä-vention bestand aus einem technischen Aufsichtsbe-amten und einem Betriebs-revisor. Teilzeitarbeitsver-hältnisse waren kaum vor-stellbar bzw. die absolute Ausnahme. Mütter schie-den in der Regel nach der Geburt ihrer Kinder aus dem Arbeitsverhältnis aus. So ist z.B. aus dem Verwal-tungsbericht 1954 unter Abschnitt IV. Verwaltung folgende Anmerkung zu entnehmen:

„Innerhalb der Verwaltung der Berufsgenossenschaft traten auch im Berichtsjahr einige Änderungen ein. Eine Tarifangestellte schied infolge Verheiratung aus.“

Auf Grundlage der Verein-barkeit von Familie und

Anteil der Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten

89

221

TeilzeitbeschäftigteVollzeitbeschäftigte

Beschäftigte der Gartenbau-BG

198

91618

69

Allgemeine Verw altung

Prävention

SicherheitstechnischerDienstGemeinnützigeHaftpflichtversicherung

Studierende und Auszubildende

100 Jahre PersonalentwicklungBeruf entstanden bei der Gartenbau-Berufsgenos-senschaft über die Jahre hinweg bis heute eine Viel-zahl unterschiedlicher Teil-zeitmodelle, die es u. a. auch fachlich qualifi zierten Müttern ermöglichen, ihren individuellen familiären Be-dürfnissen entsprechende Arbeitszeiten zu vereinba-ren und somit bereits früh-zeitig wieder in das Berufs-leben zurückzukehren. So können zurzeit 89 Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter auf entsprechenden Teil-zeitarbeitsplätzen beschäf-tigt werden. Auch die im November 2010 eröffnete verwaltungsinterne Kinder-krippe für die Betreuung unter drei Jahre alter Kin-der der Beschäftigten trägt dem Gedanken zur Förde-rung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im be-sonderen Maße Rech-nung.

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Die technischen und indus-triellen Entwicklungen ab Mitte des 19. Jahrhunderts führten in Art und Umfang zu bis dahin unbekannten Unfallgefahren für die ar-beitende Bevölkerung. Für die Unternehmer entstand ein Bedarf, die Ansprüche aus den betrieblichen Un-fällen abzusichern. Auf-grund gesetzlicher Ände-rungen mit der Pfl icht auch für das Verschulden der Aufsichtpersonen einzutre-ten und in bestimmten Fäl-len verschuldensunabhän-gig zu haften, stiegen die Entschädigungsansprüche weiter an.

Im Ergebnis führten die neuen Haftungssituationen und der daraus resultieren-de Versicherungsbedarf zur gesetzlichen Unfallver-sicherung. Schnell wurde aber klar, dass die Unfall-versicherung nicht alle An-sprüche auf genossen-schaftlicher Basis ablösen konnte, denn alle Schäden, in denen kein Betriebsun-fall vorlag sowie die Haf-tungsansprüche aus Sach-schäden und Regress blie-ben unversichert.

Mit der Begründung der be-sonderen Haftungssituati-on der Unternehmer und der ihnen in der Haftung Gleichgestellten, wurde den Berufsgenossenschaf-ten daher die Berechtigung zur Gründung eigener Haft-pfl ichtversicherungsanstal-ten erteilt, die in Konkur-renz zu den schon tätigen privaten Versicherern tre-ten konnten.

Mit der historischen Vor-standsentscheidung vom 27. März 1924 wurde auch von der Gartenbau-Berufs-genossenschaft der Be-

schluss gefasst, eine Haft-pfl ichtversicherungsanstalt zu betreiben. Mit Wirkung vom 1. August 1924 ist die Genehmigung zur Errich-tung durch das damalige Reichsversicherungsamt erteilt worden, so dass die älteste „Tochter“ der Be-rufsgenossenschaft im Jahr 2012 auf ein 88-jähri-ges Wirken zurückblicken kann.

Bei der Haftpfl ichtversiche-rungsanstalt werden die Versicherungsbedingun-gen und Tarife seit der Gründung von der eigenen gärtnerischen Selbstver-waltung beschlossen und auf die Bedürfnisse des Berufsstandes ausgerich-tet und angepasst. Die be-sondere Preisgünstigkeit der Versicherung ergibt sich u. a. aus der Gemein-nützigkeit, dem Einfl uss der Präventionsarbeit der Be-rufsgenossenschaft auch auf das Haftpfl ichtgesche-hen und der Tatsache, dass gärtnerische Unternehmen in Erwerbsgartenbau und Dienstleistung im Vergleich zu rein gewerblichen oder industriellen Betrieben gute Versicherungsrisiken dar-stellen.

Der Wettbewerb mit kom-merziellen Versicherern und die Kritik privater Versi-cherer an Sonderbedin-gungen für die berufsge-nossenschaftlichen Haft-pfl ichtversicherungsanstal-ten und deren günstige Prämien ziehen sich als rote Fäden durch die Ge-schichte der Haftpfl ichtver-sicherungsanstalt. Da der Fortbestand der Haft-pfl ichtversicherung als ge-meinnützige, berufsständi-sche Selbsthilfeeinrichtung durch das Gesetz zur Neu-

ordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ge-währleistet ist, wird es auch in Zukunft darauf ankom-men, den Wettbewerb wei-ter anzunehmen, die part-nerschaftliche Zusammen-arbeit mit dem Berufsstand als Vorteil für die Mitglieder zu erhalten und Trends und Entwicklungen in der Versi-cherungsbranche und im gärtnerischen Kunden-stamm zu erkennen und aufzunehmen.

15.000 Mitgliedsbetriebe der Berufsgenossenschaft schenken der Solidarge-meinschaft Haftpfl ichtversi-cherungsanstalt derzeit ihr Vertrauen. Neben dem Kernprodukt Betriebshaft-pfl ichtversicherung wurde das Versicherungsangebot in den letzten Jahren konti-nuierlich ergänzt und mo-dernisiert, zum Beispiel durch eine erweiterte Pro-dukthaftpfl icht oder die Umweltschadensversiche-rung. Aktuell steht die Haft-pfl ichtversicherungsanstalt vor dem Einsatz einer eige-nen neuen Versicherungs-software, um technisch besser auf geändertes Kommunikationsverhalten und die Erwartungen mo-derner und junger Unter-nehmen eingehen zu kön-nen. Die neue Technik wird es künftig ermöglichen, Meldeaufwand zu reduzie-ren und Versicherungspro-dukte zu vereinfachen.

Haft pfl ichtversicherung – Partner seit 1924

Teure Angelegenheit: Historische HAVA Werbung

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Die zum 1. Oktober 1957 errichtete Alterskasse für den Gartenbau ist Träger der gesetzlichen Alterssi-cherung der Landwirte und Gärtner.

Mit dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte war damals sozial- und ag-rarpolitisches Neuland be-treten worden. Erstmals wollte man mit Mitteln der Sozialpolitik agrarstruktu-relle Ziele verwirklichen. Dem Gesetz lag die Er-kenntnis zugrunde, dass die deutschen landwirt-schaftlichen Unternehmer innerhalb der Europäi-schen Wirtschaftsgemein-schaft die ältesten waren. Daraus folgerte man, dass eine Verjüngung der Unter-nehmerschaft sich auf die Agrarstruktur positiv aus-wirken müsse, weil junge Unternehmer investitions-bereiter und modernen Be-wirtschaftungsmethoden gegenüber aufgeschlosse-ner seien. Gleichzeitig aber sollte den älteren Unter-nehmern ein fi nanzieller Anreiz für die Abgabe ihrer Betriebe geboten werden.

Folglich bildeten bei der Einführung der landwirt-schaftlichen Alterskassen allein die Unternehmer von Urproduktionsbetrieben den versicherten Personenkreis. An Leistungen standen le-diglich ein Altersgeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres und ein Wit-wen-/Witweraltersgeld zur Verfügung.

Der versicherte Personen-kreis wurde im Laufe der Jahrzehnte stufenweise auf die mitarbeitenden Famili-enangehörigen der gärtne-

rischen Unternehmer und zuletzt in 1995 auf die Un-ternehmerehegatten aus-gedehnt. Vor einer beson-deren Herausforderung stand die Alterskasse in 1995 auch deshalb, weil die Gartenbauunternehmer in den neuen Bundeslän-dern in die Alterssicherung der Landwirte einbezogen wurden.

Auch der Leistungskatalog ist im Laufe der Zeit konti-nuierlich erweitert worden und ist heute bedarfsorien-tiert breit gefächert. Neben der klassischen Altersrente erbringt die Alterskasse heute Rente wegen Er-werbsminderung, Hinter-bliebenenrenten und Über-brückungsgeld, medizini-sche Rehabilitationsmaß-nahmen und Betriebs- und Haushaltshilfe.

Die Alterssicherung ist von Beginn an als Teilsiche-rungssystem konzipiert. Hinsichtlich der Leistungs-höhe startete das Altersgeld in 1957 mit einem monatli-chen Betrag von 60 DM für Verheiratete und 40 DM für Unverheiratete. Heute be-trägt die Altersrente im Durchschnitt 350,00 Euro.

Der Beitrag zur Alterskasse ist an die Entwicklung des Beitrags in der gesetzli-chen Rentenversicherung gekoppelt, jedoch mit Blick auf die strukturpolitische Wirkung um zehn Prozent abgesenkt. In Abhängigkeit vom Einkommen kann ein Zuschuss zum Beitrag be-zogen werden.

Die Alterssicherung startetevor 55 Jahren

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Die Krankenkasse für den Gartenbau wurde am1. Oktober 1972 gegründet.

In der gesetzlichen Kran-kenversicherung sind seit mehr als 100 Jahren viele Berufsgruppen erfasst und mit Einbeziehung der Land-wirte und Gärtner wurde der letzte größere Perso-nenkreis erreicht.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die gesundheit-liche Versorgung und eben-so der Gesundheitszu-stand der landwirtschaftli-chen und gärtnerischen Familien bis dahin einen schlechten Status hatten. Schwere Erkrankungen in den Familien, teilweise be-dingt durch die mangelnde Gesundheitsvorsorge, hat-ten oftmals existenzielle Folgen für die gärtneri-schen Betriebe. Eine Versi-cherung gegen Krankheit war damals eine freiwillige Entscheidung, die viele wegen der Kosten scheu-ten.

Versichert bei der Kranken-kasse für den Gartenbau sind alle Unternehmer des Gartenbaues und ihre mitar-beitenden Familienangehöri-gen sowie die Altenteiler. Mit Einführung der Krankenver-sicherungspfl icht wurde in 1972 die bis dahin bestehen-de Lücke in der landwirt-schaftlichen Sozialversiche-rung geschlossen.

Die Krankenkasse für den Gartenbau führt die ihr gesetz-lich übertragenen und sat-zungsmäßigen Aufgaben in Verwaltungsgemeinschaft mit der Gartenbau-Berufsgenos-senschaft, der Gemeinnützi-gen Haftpfl ichtversicherungs-

anstalt und der Alterskasse für den Gartenbau durch.Die Krankenkasse zeichnet sich durch eine hohe Bei-tragsgerechtigkeit aus. Fest-gesetzt wird der Beitrag durch die berufsständische Selbstverwaltung. Diese ge-währleistet mit Sachver-stand und praxinahem Wis-sen, dass bei der Beitrags-festsetzung die besonderen Betriebsstrukturen in Ver-bindung mit der wirtschaftli-chen Leistungsfähigkeit be-rücksichtigt werden.

Dabei entsprechen die Leistungen grundsätzlich denen der allgemeinen Krankenversicherung, be-inhalten aber - wie bei den Einnahmen - einige auf die Mitglieder speziell zuge-schnittenen Besonderhei-ten. Diese betreffen im We-sentlichen das Kranken-geld und die Kostenüber-nahme von Betriebs- und Haushaltshilfe. Gerade diese Betriebs- und Haus-haltshilfe unterstreicht die berufsständische Ausrich-tung der Versicherung und erleichtert kleinen und mitt-leren Betrieben das Tragen des Unternehmerrisikos bei Ausfall der Arbeitskraft durch Krankheit.

Mit Errichtung der Pfl ege-kassen bei den gesetzli-chen Krankenkassen im Jahre 1995 wurde zudem das Pfl egerisiko abgesi-chert, das heute von den Pfl egebedürftigen selbst und ihren Familien nicht mehr allein getragen wer-den kann. Damit sind im Bereich der gärtnerischen Sozialversicherung alle für den Berufsstand relevan-ten Bereiche der Sozialver-sicherung vereinigt

Krankenkasse für den Gartenbau -Verwaltungsgemeinschaft seit 1972

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