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| Der Internist 7•2000 690 Alljährlich werden im Rahmen meh- rerer großer internationaler Kardiolo- giekongresse die neuesten wissenschaft- lichen Ergebnisse dieses Fachgebietes vorgestellt und diskutiert. Dabei steht nicht immer die Relevanz dieser neuen Erkenntnisse für den praktischen Alltag im Vordergrund. Das in 2jährigen Ab- ständen veranstaltete Bad Gasteiner Symposium „Aktuelle Kardiologie“ hat dagegen das Ziel, die neuesten wissen- schaftlichen Ergebnisse in ihrer Bedeu- tung für den kardiologischen Alltag zu bewerten und in das breite Spektrum der kardiovaskulären Diagnostik und Therapie zu integrieren. Folgende in der jüngsten Veranstaltung behandelte The- men werden hier aufgegriffen: Offenes Foramen ovale: Krankheit oder Zufallsbefund? Ventrikuläre Resynchronisationsthe- rapie bei Herzinsuffizienz Terminale Herzinsuffizienz: Herz- transplantation bleibt Goldstandard Prävention des Vorhofflimmerns durch Schrittmachertherapie Wird der Herzkatheter überflüssig? Offenes Foramen ovale: Krankheit oder Zufallsbefund? Ein offenes Foramen ovale ist ein relativ häufiger Befund; es wird bei Autopsien in 20–35% der Fälle entdeckt. Im Rah- men der transösophagealen Echokar- diographie (TEE) bei Patienten ohne embolische Ereignisse beträgt die Inzi- denz 20–30%, bei Patienten mit emboli- schen Ereignissen in Abhängigkeit vom Alter sogar 20–55%. Diagnostik Grundsätzlich handelt es sich beim offe- nen Foramen ovale nicht um eine Embo- liequelle, sondern lediglich um einen Weg, über den sich eine andere Erkrankung, nämlich eine venöse Thrombose, als arte- rielle Embolie (z.B. Schlaganfall) manife- stieren kann. Im Unterschied zum eigent- lichen Vorhof-Septum-Defekt besteht beim offenen Foramen ovale kein musku- lärer Materialdefekt, sondern lediglich ei- ne morphologische Störung, die in be- stimmten Situationen, nämlich bei einer Druckerhöhung im rechten Vorhof z.B.bei einem Valsalva-Pressmanöver, zu einem funktionellen Vorhof-Septum-Defekt füh- ren kann. Die klinische Bedeutung des of- fenen Foramen ovale lässt sich deshalb bei der routinemäßigen Echokardiographie nicht erfassen. „Unverzichtbar für die Diagno- stik der offenen Foramen ovale ist die transösophageale Echo- kardiographie.“ In der Diagnostik ist die transösopha- geale Echokardiographie unverzichtbar (Abb. 1). Die transkranielle Dopplerso- nographie nach Injektion eines Echo- kontrastmittels hat lediglich eine Bedeu- tung als Screeningverfahren, da eine ex- akte Lokalisation des evtl. hierbei nach- gewiesenen Shunts nicht möglich ist. Ein positiver Befund sollte deshalb immer mittels transösophagealer Echokardio- graphie weiter abgeklärt werden, denn auch andere Anomalien (z.B. eine pul- monale arteriovenöse Fistel) gehen mit einem Rechts-Links-Shunt einher.Nicht selten ist ein offenes Foramen ovale mit einem Vorhofseptum-Aneurysma asso- ziiert: Bei ca. 57% der Patienten mit ei- nem Vorhofseptum-Aneurysma findet sich auch ein offenes Foramen ovale. Diese Kombination geht mit einer deut- lich erhöhten Inzidenz sowohl für su- praventrikuläre tachykarde Herzrhyth- musstörungen (Vorhofflimmern,Vor- hofflattern,paroxysmale supraventriku- läre Tachykardie) als auch für zerebro- vaskuläre Insulte einher. Definitionsge- mäß spricht man von einem Vorhofsep- tum-Aneurysma, wenn echokardiogra- phisch eine Protrusion des Fossa ovalis- Ringes von mehr als 15 mm über die Ebene des interatrialen Septums doku- mentiert wird. Dabei ist die maximale Protrusion sowohl in den rechten Vor- hof (Typ I) als auch in den linken Vor- hof (Typ II) möglich. Gelegentlich kann ein Vorhofseptum-Aneurysma perforie- Medizin aktuell: Kardiologie Internist 2000 · 41:690–695 © Springer-Verlag 2000 P.Stiefelhagen DRK-Krankenhaus Westerwald, Hachenburg Kardiologie für die Praxis Bericht vom Symposium „Aktuelle Kardiologie – Bad Gastein 2000“, 02.03.–06.03.2000 P.Stiefelhagen DRK-Krankenhaus Westerwald, 57627 Hachenburg Redaktion U.K. Lindner, Heidelberg

Kardiologie für die Praxis Bericht vom Symposium “Aktuelle Kardiologie – Bad Gastein 2000”, 02.03.–06.03.2000

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Alljährlich werden im Rahmen meh-rerer großer internationaler Kardiolo-giekongresse die neuesten wissenschaft-lichen Ergebnisse dieses Fachgebietesvorgestellt und diskutiert. Dabei stehtnicht immer die Relevanz dieser neuenErkenntnisse für den praktischen Alltagim Vordergrund. Das in 2jährigen Ab-ständen veranstaltete Bad GasteinerSymposium „Aktuelle Kardiologie“ hatdagegen das Ziel, die neuesten wissen-schaftlichen Ergebnisse in ihrer Bedeu-tung für den kardiologischen Alltag zubewerten und in das breite Spektrumder kardiovaskulären Diagnostik undTherapie zu integrieren. Folgende in derjüngsten Veranstaltung behandelte The-men werden hier aufgegriffen:

● Offenes Foramen ovale: Krankheitoder Zufallsbefund?

● Ventrikuläre Resynchronisationsthe-rapie bei Herzinsuffizienz

● Terminale Herzinsuffizienz: Herz-transplantation bleibt Goldstandard

● Prävention des Vorhofflimmernsdurch Schrittmachertherapie

● Wird der Herzkatheter überflüssig?

Offenes Foramen ovale:Krankheit oder Zufallsbefund?

Ein offenes Foramen ovale ist ein relativhäufiger Befund; es wird bei Autopsienin 20–35% der Fälle entdeckt. Im Rah-men der transösophagealen Echokar-diographie (TEE) bei Patienten ohne

embolische Ereignisse beträgt die Inzi-denz 20–30%, bei Patienten mit emboli-schen Ereignissen in Abhängigkeit vomAlter sogar 20–55%.

Diagnostik

Grundsätzlich handelt es sich beim offe-nen Foramen ovale nicht um eine Embo-liequelle,sondern lediglich um einen Weg,über den sich eine andere Erkrankung,nämlich eine venöse Thrombose,als arte-rielle Embolie (z.B. Schlaganfall) manife-stieren kann. Im Unterschied zum eigent-lichen Vorhof-Septum-Defekt bestehtbeim offenen Foramen ovale kein musku-lärer Materialdefekt, sondern lediglich ei-ne morphologische Störung, die in be-stimmten Situationen, nämlich bei einerDruckerhöhung im rechten Vorhof z.B.beieinem Valsalva-Pressmanöver, zu einemfunktionellen Vorhof-Septum-Defekt füh-ren kann.Die klinische Bedeutung des of-fenen Foramen ovale lässt sich deshalb beider routinemäßigen Echokardiographienicht erfassen.

„Unverzichtbar für die Diagno-stik der offenen Foramen ovaleist die transösophageale Echo-

kardiographie.“

In der Diagnostik ist die transösopha-geale Echokardiographie unverzichtbar(Abb. 1). Die transkranielle Dopplerso-nographie nach Injektion eines Echo-

kontrastmittels hat lediglich eine Bedeu-tung als Screeningverfahren, da eine ex-akte Lokalisation des evtl. hierbei nach-gewiesenen Shunts nicht möglich ist.Einpositiver Befund sollte deshalb immermittels transösophagealer Echokardio-graphie weiter abgeklärt werden, dennauch andere Anomalien (z.B. eine pul-monale arteriovenöse Fistel) gehen miteinem Rechts-Links-Shunt einher. Nichtselten ist ein offenes Foramen ovale miteinem Vorhofseptum-Aneurysma asso-ziiert: Bei ca. 57% der Patienten mit ei-nem Vorhofseptum-Aneurysma findetsich auch ein offenes Foramen ovale.Diese Kombination geht mit einer deut-lich erhöhten Inzidenz sowohl für su-praventrikuläre tachykarde Herzrhyth-musstörungen (Vorhofflimmern,Vor-hofflattern, paroxysmale supraventriku-läre Tachykardie) als auch für zerebro-vaskuläre Insulte einher. Definitionsge-mäß spricht man von einem Vorhofsep-tum-Aneurysma, wenn echokardiogra-phisch eine Protrusion des Fossa ovalis-Ringes von mehr als 15 mm über dieEbene des interatrialen Septums doku-mentiert wird. Dabei ist die maximaleProtrusion sowohl in den rechten Vor-hof (Typ I) als auch in den linken Vor-hof (Typ II) möglich. Gelegentlich kannein Vorhofseptum-Aneurysma perforie-

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ren. Man spricht dann von einem fenest-rierten Vorhofseptum-Aneurysma.

Klinik

Grundsätzlich kann ein offenes Fora-men ovale mit einer Reihe von klini-schen Syndromen assoziiert sein:

● paradoxe Thromboembolie, z.B.ischämischer zerebrovaskulärer In-sult

● arterielle Hypoxämie● paradoxe Luftembolie● Dekompressionskrankheit beim Tau-

chen mit Druckluftflasche● paradoxe Gewebeembolie z.B. von

Tumormaterial

Das offene Foramen ovale wird immerdann zu einem klinischen Problem, wennder Druck im rechten Vorhof über den deslinken Vorhofs ansteigt. Dies hat einenRechts-Links-Shunt zur Folge. Tabelle 1zeigt Beispiele solcher Situationen.

Paradoxe Embolie

Im klinischen Alltag stellt sich häufig dieFrage, ob eine paradoxe Embolie vor-liegt. Unverzichtbare Kriterien dafürsind:

● arterielle Embolie● intrakardialer Shunt● temporärer Rechts-Links-Shunt● venöse Thrombose

Nur bei der Koinzidenz dieser vier Fak-toren darf das Vorliegen einer parado-xen peripheren Embolie diskutiert wer-den. Das Problem im praktischen Alltag

ist die Diagnose der venösen Thrombo-se. In einer klinischen Studie an Patien-ten mit einer gesicherten Lungenembo-lie fanden sich nur bei 11% entsprechen-de klinische Hinweise für eine Throm-bose. Auch mit der Phlebographie undder Venenduplexsonographie konnte dieDiagnose „tiefe Beinvenenthrombose“nur bei ca.70–80% der Fälle gestellt wer-den. Andererseits fand sich bei vermu-teten paradoxen Embolien nur in 57%eine tiefe Beinvenenthrombose,wobei inder Hälfte der Fälle ausschließlich dieUnterschenkelvenen betroffen warenund in 86% diese Beinvenenthromboseohne fassbare klinische Zeichen auftrat.Somit ist es kaum möglich, eine parado-xe Embolie mit letzter Sicherheit nach-zuweisen oder auszuschließen.

Die Diagnose gilt dann als gesichert,wenn während der Echokardiographiethrombotisches Material in der Fossaovalis nachweisbar ist (in 1/1000 Fällen).Eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein pa-radoxes Geschehen ist jedoch immerdann gegeben,wenn gleichzeitig nebender arteriellen Embolie eine Lungenem-bolie eingetreten ist bzw.vor dem embo-lischen Ereignis ein Valsalvamanöverstattgefunden hat (5% der Fälle). Nur ei-ne geringe Wahrscheinlichkeit für eineparadoxe Embolie liegt immer dann vor,wenn keine andere erkennbare Ursachefür eine arterielle Embolie gefundenwird (90–95% der Fälle).Zur differential-diagnostischen Abklärung einer parado-xen Embolie sind umfangreiche Unter-suchungen zum Ausschluss einer ande-ren Genese erforderlich (Tabelle 2 ).

Für die Lokalisation der paradoxenEmbolien findet sich folgende Vertei-lung:

● zerebral: 37–50%● obere Extremitäten: ca. 25%● untere Extremitäten: ca. 30%● viszeral: 6–9%● koronar: 7–9%● multiple Lokalisationen: ca. 30%

Therapie

Angesichts der diagnostischen Proble-me sind allgemeinverbindliche Thera-piestrategien bei Patienten mit einemoffenen Foramen ovale und einem zere-brovaskulären Insult unklarer Genesekaum möglich. Grundsätzlich ergebensich folgende Behandlungsoptionen:

● keine Behandlung● Thrombozytenaggregationshemmer● orale Antikoagulation● Verschluss: chirurgisch oder inter-

ventionell

Für alle diese Therapieverfahren liegennur die Ergebnisse von Kohortenunter-suchungen, jedoch nicht von randomi-sierten Studien vor. Grundsätzlich mussim Einzelfall das Risiko der Behandlungdem spontanen Verlauf der Erkrankung,d.h. dem Apoplex-Rezidivrisiko gegen-übergestellt werden.

Interventionelle Therapie

Als sinnvolle und erfolgversprechendeAlternative zum chirurgischen Vorge-hen hat sich in den letzten Jahren die in-terventionelle Therapie etabliert. Dabeiwird mittels eines Katheters ein Schirm-system,ein sogenannter Occluder, in denBereich des Foramen ovale plaziert. DieErfolgsrate dieses Eingriffs liegt heutebei nahezu 100%.

Abb. 1 m Rechts-Links-Shunt (R/L) über ein offenes Foramen ovale (PFO) eines Neugeborenen (subkostale Schnittebene). Aus: R. Erbel, Lehrprogramm Echokardiographie

Tabelle 1Mögliche Ursachen eines Druckanstiegs im rechten Vorhof

● Husten● Valsalvamanöver● Sexualverkehr● akute oder chronische pulmonale

Hypertonie● rechtsventrikulärer Myokardinfarkt● PEEP-Beatmung● rasches Erreichen großer Höhen

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„Die Erfolgsrate der inter-ventionellen Therapie beioffenem Foramen ovalebeträgt nahezu 100%.“

Als Nachbehandlung empfiehlt sich eine6monatige Therapie mit ASS und Clopi-dogrel. Seltene Komplikationen sind Hä-matome, Luftembolien, Thromben imrechten oder linken Vorhof bzw. ein zere-brovaskulärer Insult.Trotz dieser überzeu-genden Ergebnisse bleiben jedoch nochviele Fragen offen, insbesondere die nachder Indikation.Nach dem derzeitigen Wis-sensstand sollte dieser Eingriff insbeson-dere bei jüngeren Menschen mit einem ze-rebrovaskulären Insult bei einem relativweiten offenen Foramen ovale und nachAusschluss einer anderen Schlaganfallur-sache dann diskutiert werden, wenn einedauerhafte Antikoagulation mit Marcu-mar kontraindiziert ist oder vom Patien-ten nicht akzeptiert wird (T. Hofmann,Hamburg).

Ventrikuläre Resynchroni-sationstherapie bei Herz-insuffizienz

Die Herzinsuffizienz ist ein Krankheits-bild mit zunehmender Häufigkeit. Diezunehmende Inzidenz resultiert aus denbesseren Behandlungsmöglichkeitender zugrundeliegenden Erkrankungen,nämlich des Herzinfarktes und der arte-riellen Hypertonie. Trotz großer Fort-schritte bei der medikamentösen Thera-pie durch ACE-Hemmer und Beta-blocker handelt es sich bei der Herzin-suffizienz um eine Erkrankung mit rela-tiv schlechter Prognose, d.h. die 5-Jah-res-Überlebensrate ist <40%.

Bei ca. 30–40% der Betroffenen fin-det sich eine Reizleitungsstörung im

Sinne eines Linksschenkelblocks. Diesbedeutet eine zusätzliche Verschlechte-rung der Hämodynamik, da durch dieasynchrone Wandbewegung, d.h. durchdie paradoxe Septumbewegung eine ge-wisse Blutmenge im Ventrikel ineffektivverschoben wird. Klinische Untersu-chungen haben gezeigt, dass nach Auf-treten eines Linksschenkelblocks unab-hängig von der kardialen Grunderkran-kung die Prognose der betroffenen Pa-tienten weiter verschlechtert wird.

„Durch links- oder biventri-kuläre Stimulation kommt es

zu einer anhaltenden funktio-nellen Verbesserung der

Herzinsuffizienz.“

Dies war die Rationale für die Implantati-on biventrikulärer oder linksventrikulärerSchrittmachersysteme. Dabei handelt essich jedoch eigentlich nicht um eineSchrittmachertherapie, da keine behand-lungsbedürftige bradykarde Herzrhyth-musstörung vorliegt. Vielmehr ist es dasZiel dieser Behandlung, eine ventrikuläreResynchronisation herbeizuführen.In derPATH-CHF-Studie wurden 42 Patientenim klinischen Beschwerdestadium NYHAIII und IV unter optimaler medikamentö-ser Therapie und einer QRS-Dauer>120 ms mit einem Schrittmachersystemversorgt.Dabei wurde individuell entspre-chend der gemessenen hämodynami-schen Parameter die beste Stimulations-form – rechtsventrikulär, linksventrikulärund biventrikulär – ermittelt. Währendsich unter der rechtsventrikulären Stimu-lation nur eine minimale Verbesserungder Hämodynamik zeigte, fand sich unterder links- oder biventrikulären Stimulati-on nicht nur eine akute Verbesserung derHämodynamik, sondern auch eine funk-

tionelle Verbesserung bezogen auf dasNYHA-Stadium und eine Reduktion deslinksventrikulären Volumens. Das Aus-maß der akuten hämodynamischen Ver-besserung korrelierte jedoch nicht mitden klinischen Langzeitergebnissen. Be-sonders vorteilhaft erwies sich diese Be-handlungsmethode bei Patienten mit ei-ner QRS-Dauer >150 ms. Eine signifikan-te Verbesserung fand sich auch in Bezugauf die maximale Sauerstoffaufnahme un-ter Belastung.

Während anfänglich die linksven-trikuläre Schrittmachersonde mittelsThorakotomie epikardial implantiertwerden musste, gelingt heute der Zu-gang zum linken Ventrikel transvenösüber den Koronarvenensinus vom rech-ten Vorhof aus.Dadurch wird die Morbi-dität des Eingriffs deutlich verringert.Auch wenn die ersten Ergebnisse durch-aus optimistisch stimmen, so liegenLangzeitergebnisse an großen Patien-tenkollektiven ebenso wenig vor wie Da-ten über eine etwaige Mortalitätsreduk-tion (C. Stellbrink, Aachen).

Terminale Herzinsuffizienz:Herztransplantation bleibtGoldstandard

Trotz großer Fortschritte bei der medi-kamentösen Therapie der Herzinsuffizi-enz ist für viele der betroffenen Patien-ten die Herztransplantation als ultimaratio unumgänglich. Angesichts der Be-grenztheit der Spenderorgane wurdenvon herzchirurgischer Seite in den letz-ten Jahren neue Operationsmethodenentwickelt. Das aufsehenerregendsteVerfahren ist die Ventrikelreduktions-plastik, auch Battista-Operation ge-nannt. Bei der von dem brasilianischenHerzchirurgen Battista entwickelten

Abb. 2 m Prof. Battista, Johannesburg, bei derVorstellung seines OP-Verfahrens

Tabelle 2Ausschlussdiagnostik bei Verdacht auf paradoxe Embolie

● gründliche neurologische und internistische Untersuchung● CT oder MRT● Duplexsonographie der hirnversorgenden Gefäße● EEG● transösophageale Echokardiographie● 24 h-Langzeit-EKG (zum Ausschluss von Vorhofflimmern)● Phlebographie und Duplexsonographie der Beinvenen● erweiterter Laborstatus im Sinne einer Thrombophilie-Diagnostik (AT III-Mangel, Protein C-

und -S-Mangel, APC-Resistenz, Homozysteinurie, Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom)

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● paroxysmales Vorhofflimmern: an-fallsweise auftretendes, spontan si-stierendes Vorhofflimmern

● persistierendes Vorhofflimmern: an-haltendes Vorhofflimmern, das einerKardioversion zugeführt werdensollte

● permanentes Vorhofflimmern:dauerhaftes chronisches Vorhofflim-mern, das nicht kardiovertiert wer-den kann

Behandlungsindikation

Die Indikation für die Behandlung desVorhofflimmerns ergibt sich einerseits ausden Symptomen wie Palpitationen, ande-rerseits aus den hämodynamischen Kom-plikationen.So führt eine Brady- bzw.eineTachyarrhythmie zu einer Abnahme desHerzzeitvolumens mit Symptomen wieAtemnot,Angina pectoris,Leistungsabfallund Schwindel. Bei vorbestehender myo-kardialer Schädigung kann sogar eine kar-diale Dekompensation mit Lungenstau-ung auftreten.Eine weitere wichtige Kom-plikation des Vorhofflimmerns ist die atri-ale Thrombenbildung, die zu peripherenEmbolien und besonders zu zerebrovas-kulären Insulten führen kann.

Therapie

Die Therapieziele beim Vorhofflimmernsind:

● Verbesserung der Symptomatik● Verhinderung apoplektischer Insulte● Verbesserung der Hämodynamik

Medikamentöse Therapie

Bei der Behandlung des Vorhofflim-merns sind grundsätzlich zwei Strategi-en möglich: entweder man beschränktsich auf die Kontrolle der Kammerfre-quenz durch negativ dromotrop wirken-de Medikamente wie Digitalis, Beta-blocker oder Kalziumantagonisten vomVerpamil-Typ, oder man versucht eineelektrische oder medikamentöse Kar-dioversion. Sollte dies gelingen, mussder wiedergewonnene Sinusrhythmusweiterhin medikamentös stabilisiertwerden. Für die medikamentöse Kardio-version des Vorhofflimmerns stehen Be-tablocker, Klasse-I-Antiarrhythmikaund Amiodaron zur Verfügung. Klasse-I-Antiarrhythmika sind nur dann ver-tretbar, wenn keine strukturelle Schädi-

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Methode wird ein Stück des Herzmus-kels exstirpiert (Abb. 2). Als Rationalefür dieses Vorgehen gilt das La Place-Ge-setz, das die Wandspannung als Quoti-ent aus dem Produkt von Druck und Ra-dius, geteilt durch die doppelte Wand-dicke, beschreibt. Durch die Ventrikelre-duktion wird eine Volumenreduktionund somit eine Abnahme der Wand-spannung erreicht, da das Verhältniszwischen Muskelmasse und Herzdurch-messer verringert wird.

In den letzten 14 Jahren wurden vonBattista 580 Patienten, die sich im Stadi-um NYHA IV mit einer EF zwischen 3%und 18% befanden, nach diesem Verfah-ren operiert. Ursachen der terminalenHerzinsuffizienz waren:

● KHK (30%)● Klappenerkrankungen (20%)● Idiopathische dilatative Kardiomyo-

pathie (20%)● Chagas-Krankheit (10%)

Interessanterweise war die Ventrikelre-duktionsplastik in 90% der Fälle mit einerKlappenoperation assoziiert, in 30% miteiner Bypass-Operation, was bei der Be-wertung der Therapie-Ergebnisse zu we-nig berücksichtigt wurde.Die perioperati-ve Mortalität betrug 5%,die Krankenhaus-überlebensrate 80% und die 2-Jahres-Überlebensrate 60%. Beeindruckend istdie funktionelle Verbesserung: Postopera-tiv befanden sich 10% der Patienten imStadium NYHA III, 30% in NYHA II und60% erreichten sogar NYHA I.

„Die Ventrikelreduktions-plastik scheint funktionelle

und hämodynamischeVerbesserungen zu erzielen,

die Daten müssen jedoch nochvalidiert werden.“

Zwischenzeitlich wurde dieses Verfah-ren in weiteren kleineren Studien über-prüft, wobei sich jedoch die Patienten-kollektive in wesentlichen Punkten un-terschieden, besonders im Hinblick aufdie Häufigkeit einer zusätzlichen Herz-klappenoperation. In allen diesen Studi-en konnten funktionelle und hämody-namische Verbesserungen erzielt wer-den, wobei die 1-Jahres-Überlebensratebei 70–80% lag. Die vorliegenden Datensind jedoch nicht ausreichend valide,um zum jetzigen Zeitpunkt eine defini-tive Bewertung des Verfahrens vorneh-men zu können. Somit bleibt die Herz-transplantation weiterhin der Goldstan-dard bei der terminalen Herzinsuffizi-enz (S. Hagel, Heidelberg).

Prävention des Vorhofflimmerns durch Schrittmachertherapie

Vorhofflimmern ist die häufigste Rhyth-musstörung überhaupt. In Deutschlandsind ca. 1 Million Menschen von dieserErkrankung betroffen, wobei die Inzi-denz mit zunehmendem Alter ansteigt.Für das therapeutische Management isteine Differenzierung bezüglich der Ver-laufsform sinnvoll, die die folgendeÜbersicht darstellt:

Abb. 3 m NMR am Herzen (Philips Medical Systems)

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konfigurationen entwickelt, die eine ef-fektivere Stabilisierung des Sinusrhyth-mus bewirken. Dazu gehört die biatrialeStimulation, das atriale septale Pacingund die Stimulation an mehreren Stel-len des rechten Vorhofs.Die modernstenAICD-Systeme sind zusätzlich auch miteinem automatischen Vorhofdefibrilla-tor ausgestattet (B. Lüderitz, Bonn).

Wird der Herzkatheter überflüssig?

Der Goldstandard bei der Diagnostik derKHK ist seit Jahrzehnten die Koronaran-giographie. Das invasive Vorgehen ist bis-her zur Planung des therapeutischen Vor-gehens – Bypass-OP, PTCA oder medika-mentöse Strategie – unverzichtbar.Moder-ne bildgebende Verfahren wie die Kern-spintomographie (NMR) und die Elektro-nenstrahltomographie (EBT) dürften je-doch in den nächsten Jahren zu einerernsthaften Konkurrenz werden und beieinigen Indikationen den Herzkathetersogar ganz verdrängen.

Kernspintomographie (NMR)

Die Kernspintomographie erlaubt einegenaue anatomische und morphologi-sche Beurteilung der Herzstruktureneinschließlich der Koronararterien(Abb. 3). Sie ist heute schon bei der Dia-gnostik komplexer angeborener Vitienmit Beteiligung der großen Gefäße un-verzichtbar. Auch bei der Sofortdiagno-stik der Aortendissektion hat sie durch-aus eine Bedeutung. Bei der Quantifizie-rung des Mitralregurgitationsvolumensbei Mitralinsuffizienz ist die Kernspin-tomographie anderen Verfahren sogarüberlegen. Bezüglich der Beurteilungder linksventrikulären Pumpfunktionist in den allermeisten Fällen die Echo-kardiographie ausreichend.Bei unzurei-chend beschallbaren Patienten bietetsich jedoch die Kernspintomographieals Alternative an, auch als Stress-MRTzur Ischämiediagnostik,wenn eine Stress-echokardiographie wegen schlechterSchallbedingungen nicht möglich ist.

Der zunehmende Stellenwert derKernspintomographie bei der Koronar-diagnostik beruht darauf,dass mit diesemVerfahren auch Gefäßveränderungen er-fasst werden können, die noch keine hä-modynamische Wirkung haben, deshalbasymptomatisch sind und sich dem Nach-weis durch die Belastungsuntersuchung

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gung des linken Ventrikels vorliegt, d.h.beim idiopathischen Vorhofflimmern;ansonsten empfehlen sich für die Kar-dioversion und die medikamentöse Sta-bilisierung des Sinusrhythmus entwederBetablocker, Sotalol oder Amiodaron.

Elektrische Verfahren

Kann durch medikamentöse Therapie-maßnahmen keine ausreichende Besse-rung der Beschwerden erreicht werden,so besteht die Indikation für elektrischeTherapieverfahren. Dazu gehören dieAV-Knotenablation bzw. -modifikation,die Vorhofdefibrillatoren und dieSchrittmachertherapie. Ein rhythmus-chirurgischer Eingriff kommt nur imRahmen eines kardiochirurgischen Ein-griffs z.B. bei Klappenersatz oder Aneu-rysmektomie in Frage. Eine Radiofre-quenzablation des AV-Knotens ist dannindiziert, wenn trotz maximaler medi-kamentöser Therapiemaßnahmen keineausreichende Korrektur der Kammer-frequenz erreicht werden kann. Der Ein-griff führt dann zu einer sofortigen hä-modynamischen und symptomatischenVerbesserung, erfordert jedoch immerdie Implantation eines Schrittmachers.

Vorhofstimulierende Schrittmachersyste-me. Verlaufsuntersuchungen bei Schritt-macher-Patienten haben gezeigt, dassdurch die Implantation eines vorhofsti-mulierenden Systems (AAI, DDD-R) dasAuftreten von Vorhofflimmern verhin-dert werden kann.So wird durch die Im-

plantation eines frequenzadaptivenZweikammersystems die Rezidivhäufig-keit des Vorhofflimmerns halbiert. Des-halb sollte ein solches System immerdann implantiert werden, wenn bereitsPhasen von Vorhofflimmern aufgetretensind oder angesichts der bestehendenkardialen Grunderkrankung mit demAuftreten von Vorhofflimmern im wei-teren Verlauf gerechnet werden muss.

„Technische Fortschritte der Schrittmachersysteme

ermöglichen eine bessere Kontrolle des Vorhof-

flimmerns.“

Neuere Schrittmachersysteme verfügenüber die Option des „Mode switch“. Die-se Technik garantiert, dass bei Auftreteneiner supraventrikulären tachykardenHerzrhythmusstörung wie z.B. Vorhof-flimmern die vorhofsynchrone Betriebs-art auf eine nicht-vorhofsynchrone Be-triebsart mit atrialer Überwachung um-geschaltet wird. Nach Beendigung desVorhofflimmerns setzt automatisch dieursprüngliche vorhofsynchrone Be-triebsart wieder ein. Auch wurden zwi-schenzeitlich Schrittmachersysteme ent-wickelt, die auf supraventrikuläre Extra-systolen mit einem automatischen An-heben der Vorhofstimulationsfrequenzreagieren und somit die Rhythmusstö-rung einfangen, bevor sie in Vorhofflim-mern übergeht. In den letzten Jahrenwurden auch neue atriale Stimulations-

Abb. 4 m Elektronenstrahltomographie (EBT): Patient mit LAD-Stenose. Aus: electromedica 68 –cardio 2000 (Siemens)

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entziehen.Die bessere Beurteilung der Ko-ronarmorphologie mittels NMR dürfte ei-nen wichtigen Fortschritt bei der Erfas-sung instabiler Plaques darstellen. Diekernspintomographische Bestimmungder koronaren Flussreserve auf nichtinva-sivem Weg, besonders nach einer Revas-kularisationsmaßnahme, weist ebenfallseinen großen Schritt nach vorne. Vonpraktischer Relevanz ist auch die Vitali-tätsbeurteilung des Myokards mittelsKernspintomographie bei der Indika-tionsstellung für eine Revaskularisations-maßnahme oder bei der Verlaufskontrol-le im Rahmen des Infarktgeschehens.

Elektronenstrahltomographie (EBT)

Bei der Elektronenstrahltomographie(EBT) handelt es sich um eine ultraschnel-le Computertomographie. In einem nichtselektierten Krankengut sind jedoch nur75% der untersuchten Patienten ausrei-chend beurteilbar.Die Sensitivität des EBTbeträgt 92% bei einer Spezifität von 94%.Daraus ergibt sich,dass der Ausschluss ei-ner hämodynamisch wirksamen Stenosie-rung fast immer sicher möglich (Abb. 4)ist.Trotz dieser überzeugenden klinischenErfahrungen handelt es sich auch bei derElektronenstrahltomographie weiterhinum ein experimentelles Verfahren. EineIndikation besteht insbesondere im Rah-

men der Kontrolluntersuchungen nach ei-ner PTCA, um eine Rezidivstenose nach-zuweisen oder auszuschließen. Gleichesgilt für die Beurteilung der Bypassfunkti-on. Auch bei Koronaranomalien ist derStellenwert des EBT unübertroffen.

„Die Elektronenstrahltomo-graphie kann hämodynamisch

wirksame Stenosierungennahezu immer sicher aus-

schließen.“

Die Methode ist jedoch mit einer Reihevon Problemen behaftet, die die klinischeAnwendbarkeit begrenzen. So entziehtsich ein implantierter Stent grundsätzlichder Beurteilung durch ein röntgenologi-sches Verfahren wie das EBT.Darüberhin-aus können Atem- und Bewegungsarte-fakte die Bildqualität ebenso beeinträch-tigen wie die Überlagerung durch Venen.Ausgeprägte Gefäßkalzifizierungen kön-nen zu falsch-negativen Befunden führenund im Bereich kleinkalibriger Gefäßesind falsch-positive Befunde zu erwarten.

Ist ein „Kalk-Screening“ sinnvoll?

Ein umstrittenes Thema ist, ob ein „Kalk-Screening“ mittels EBT auch bei asympto-matischen Patienten sinnvoll ist. Unbe-stritten erlaubt dieses Verfahren denNachweis geringster Gefäßverkalkungen,die immer Ausdruck eines arterioskleroti-schen Krankheitsprozesses sind. Dabeiwerden auch Gefäßveränderungen erfasst,die noch nicht hämodynamisch wirksam

sind.Diese sind asymptomatisch und ent-ziehen sich deshalb dem Nachweis mittelseiner Belastungsuntersuchung. KlinischeUntersuchungen mit einem quantitativenKalkscore haben gezeigt, dass bei Patien-ten mit kardialen Ereignissen ein höhererKalkscore vorliegt als bei solchen ohne kli-nische Ereignisse. Deshalb dürfte demKalkscore durchaus eine gewisse progno-stische Bedeutung zukommen.Ein negati-ver Kalknachweis dagegen signalisiert ei-ne sehr geringe Wahrscheinlichkeit für einkardiovaskuläres Ereignis. Der Nachweisvon Koronarverkalkungen sollte deshalbdie Aggressivität der Risikofaktorenmodi-fikation verstärken. Bei asymptomati-schen Patienten impliziert der Kalknach-weis jedoch keinesfalls die Indikation füreine Koronarangiographie.

Trotz der Möglichkeit einer Früher-kennung der koronaren Herzerkran-kung ist ein genereller Einsatz des EBTnicht zuletzt aus Kostengründen derzeitnicht zu empfehlen. Diskutiert werdenkann das Verfahren jedoch bei jungenPatienten mit einem ausgeprägten Risi-koprofil, bei Dialyse-Patienten und beiPatienten nach einer Herztransplantati-on (W. G. Daniel, Erlangen; T. Voigtlän-der, Mainz).

Der Internist 7•2000 | 695