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„Kinder sind Könner – Schul-Sozial-Pädagogen auch“
5. landesweiten Fachkonferenz im Programm „Schulerfolg sichern!“
Deutsche Kinder- und Jugendstiftung gemeinnützige GmbH (DKJS) Regionalstelle Sachsen-Anhalt
17.09.2014 Michael Kroll
Gliederung
• „Schulerfolg sichern“: was heißt
das eigentlich (alles)?
• Rahmenbedingungen
• Kooperation, Bindung, Perspektiven
• Humor
• „Aus Fehlern wird man klug“
• Inspirierende Gegenseitigkeit
„Schulerfolg sichern“: Was heißt das? Eine Begriffssuche
• Intensiv-Lerner (analog zur Intensiv-Station): lernen neben dem Schulstoff Umgang mit Krisen und psychischen Themen etc.
• Bildung XL? eXtra-biLdung, aber es ist nicht Uni-Size, sondern maßgeschneidert.
• Bildungsentwickler: was ist gute Bildung? – Was ist wichtig? – offener, kreativer Umgang mit
Schwierigkeiten, Fehlern etc.– Was wird behalten? – Was stabilisiert seelisch?– Wer bildet sich gesellschaftlich in welchem Lebensalter wie?
• Oder warum weniger? (wie eine Rechnung: passende Bildungsangebote, wenig Störvariablen…)
– Wo Bildung ins Stocken gerät, werden Entwicklungspotentiale dargestellt. κρίσις krísis: „problematische, mit einem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation“
– Fallen lernen und aufstehen lernen!!!
Rahmenbedingungen
Für Bildung oder erschwerend –Modell von Bronfenbrenner
(zentrifugal/-petal)
Rascher gesellschaftlicher Wandel mit Sorge um SozialstatusFamilien, die über mehrere Gene-rationen Transferleistungen erhalten
Eltern mit hohen Ansprüchen an sichund vorbildlicher Elternschaft
Mehr Vernachlässigung? (u.a. durchhöhere Ansprüche). Familien mit weniger sozialen Halt
Verunsicherte Eltern mit Statusangst
HELFERINDUSTRIE, mit monetärer Orientierung
(Zugang nicht immer leicht, Austritt schwer) -
Saysches Theorem
Sinnvoll und notwendig, viel Spezialkompetenz an die
Hauptbildungsorte anzugliedern, die Lehrenden entsprechend zu fördern.
Anspruch: mehr Bildungs-abschlüsse trotz entgegen-wirkender gesellschaftlicher Kräfte
Großteil kompetenter, leistungsfreudiger,zuversichtlicher junger Menschen trotz der
vielen neuen Herausforderungen („GenerationPraktikum“, Generation Y etc.)
Frühe Perspektivlosigkeit bei einem erschreckendenTeil der Kinder und Jugendlichen (15%, Shell-Studie)
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Inklusion – mit Ruhe und Augenmaß
• Mit welchen internationalen Bildungssystemen sind Vergleiche sinnvoll?
• von der Konzentration schwer verhaltensauffälliger Schüler profitieren die Einzelnen nicht (Hurrelmann)
• die kategorische Inklusion ohne entsprechende Ausstattung benachteiligt auch wieder die Schwächsten (Häßler)
• „Kleinere Klassen, Schulbegleiter und individuell ausgebildetes Lehrpersonal - all das kostet Geld, viel Geld. Sagen wir es doch, wie es ist: Eine kleine Fortbildung bereitet keinen Lehrer adäquat auf den Alltag mit behinderten Kindern vor.“
Drohende „Schmalspur-Inklusion“ (Kurtz, C (Pseudonym): Gleichmacherei ist nicht gleich gerecht. Süddeutsche Zeitung Online 1.5.14)
• „staatliche Ausgaben für Familie und Bildung … auf Allzeithoch… seit 2005 … Budget pro Schüler um 19% gewachsen. Inflationsbereinigt.“ (Spiewak „Wir sind keine Sorgenkinder!“ Die Zeit 28.2014)
Schleswig-Holstein: Immer mehr Kinder „nicht beschulbar“
• Kinder- und Jugendärzte sowie Psychiater verzeichnen immer stärkeren Zulauf.• Immer mehr Grundschüler … auf Veranlassung der Lehrkräfte in kinder- und
jugendpsychiatrischen Praxen vorgestellt. … offener Brief an Bildungsministerin Professor Waltraud Wende.
• Indikation „nicht beschulbar“ werde offensichtlich in der Annahme einer zugrunde liegenden kinderpsychiatrischen Störung gestellt – die Ärzte vermuten aber auch Einsparungen an den Schulen und eine Verlagerung des Problems.
• „Tatsächlich … oft Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, aufgrund derer die Kinder den Anforderungen des Regelunterrichts nicht gewachsen sind. Sekundär … Anpassungsstörungen entwickelt, die sich negativ auf das Verhalten der Kinder, insbesondere auch auf ihr Selbstwerterleben, ihre Lebensfreude und Motivation auswirken“
• Zugleich vermissen sie aber Unterstützung für die Kinder im „Sozialraum Schule“.
• „Wenn der Regelunterricht die individuelle Förderung des einzelnen Kindes nicht ermöglicht, werden aus Schülern Patienten. Der Patientenstatus verlagert das Problem“, …. Bei Fortführung des derzeitigen Einsparkurses an den Schulen werde eine „zunehmende Pathologisierung und Psychiatrisierung unserer Kinder in Kauf genommen“.
• Die Initiatoren haben eine Unterschriftensammlung gestartet, mit der für eine ausreichend quantitative und qualitative Ausstattung der Schulen, für genügend Pädagogen, Sozialarbeiter und Therapeuten geworben wird.
11.1.2013, Schnack D, Ärzte Zeitung
Kooperation - Bindung
Perspektiven – sozialer Anschluss - Resozialisierung
„Schulerfolg sichern“: Türen öffnen„Am Anfang war Kooperation“*
Kooperation – bei Menschen angeboren
• Kinder teilen ihr Wissen mit anderen – gemeinsam Fähigkeiten erlernen und weitergeben– Schimpansen und Kapuzineraffen nicht
• 3-4-Jährige Kinder … geben sich Hinweise oder imitieren• Der kompetente Säugling – Engelskreise der Interaktion –
shared intentionality (*Tomasello – Laland und Kollegen Science 335, 1114-1118, 2012 - eva.mpg.de)
• Menschen suchen „sozialen Anschluss“… durch Bildung bestenfalls an für das Gemeinwesen konstruktive Gruppen
… in Bildungseinrichtungen… stetiger Austausch… Lehrende als Team…
aus Erfahrung von Nähe/ Vertrauen/sozialer Sicherheit kann Selbstsicher-
heit und –akzeptanzwachsen
Selbstkontrolle
soziales Netz der FAMILIE
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Lächel-dialoge
Menschen - weniger Individuumals Teil ihrer sozialen Gruppen.
Kooperation - (evolutionär) sehr menschlich
Partnerschaft – Kollegialität –
FreundeKraft der Gruppe nutzen: Bezug zu sich selbst über
soziale Reflektion stärken. Z.B. durch
Haustiere, Sinn Stiftende Tätigkeiten,
Perspektiven
Kohäsionsgefühl Generativität
1+1>2
Perspektiven sind lebenswichtig, als Bindung an die Zukunft, v.a. die Resozialisierung, die Zuver-Sicht, mit anderen
Menschen ins win-win zu kommen (synergistische Gegen-seitigkeit, 1+1>2), soziale Kompetenz, Frustrationstoleranz
Monika Löhle Wie Kinder ticken
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„Es sind die gleichen Kinder, aber sie haben jetzt eine Perspektive.“ Hilde Holtmanns, seit 30 Jahren Lehrerin an der jetzt viel gelobten Neuköllner Rütli-Schule, die Überlastungsanzeige und medialem Hype als Vorzeige-Armutszeugnis nun zum gut vernetzten dynamischen Vorzeigeschule wurde. (Schneider J: Das Abi aus Neukölln. Süddeutsche Zeitung 07.07.14)
Bindung vor Bildung
• „Alles schulische Lehren und Lernen ist eingebettet in ein interaktives dialogisches Beziehungsgeschehen.
• Gelingende Beziehungsgestaltung ist die zwingende Voraussetzung für den schulischen Bildungsprozess …
• Interesse, soziale Anerkennung und persönliche Wertschätzung als entscheidende Voraussetzung für das Funktionieren der Motivationssysteme“ (Bauer, Lob der Schule)
• Herzstück der Prävention von Schulvermeidung ist vertrauensvolle Beziehung zwischen Pädagogen und Schülern sowie Eltern
• sozio-emotionale Lernbasis bleibt zentral! (Magrit Stamm, G&G Kindesentwicklung 4)
• Stärkung der zwischenmenschlichen Verbindlichkeit, z.B. Mentoren für neue Schüler und Kollegen
• die Lebens- und Lern- und Wertegemeinschaft Schule als fortlaufendes Projekt, stetige Profilschärfung
• Mitsprache und Arbeitsteilung• Beteiligung bei Bau und Reparatur,
Außendarstellung• z.B. den riesigen Nachhilfe-Markt teilweise mit
der Schule assoziieren• Ehemaligen-Szene
„Identifizierung“ mit der Schule
Fragen und Anregungen
Humortyp? – Selbstironie?• Humor als Meta-Ebene? Professionelles Mittel
gegen übermäßige Involviertheit. • Ebenenwechsel didaktisch wichtig
• „12 bis mittags“• schwarz• Keller• Clown• Bemüht: „ich weiß auch nicht so genau, was an
dem Witz lustig sein soll“• Humor ist, wenn man trotzdem nicht lacht.
• Permanenter Wettbewerb, den besten Cartoon oder Liedtext, mit Bezug zur aktuellen Lage des Bildungskontextes, der eigenen Lebens-/Lern-/Arbeitssituation
Wie schlau ist das Bildungswesen?
… wenn eine Kultur dominiert, die Umwege (FEHLER,
Missgeschicke etc.) nicht ausreichend schätzt…
Lehrende als Vorbilder für die Kultur des Würdigens von Irrtümern, Fehlern, Missgeschicken..
(111)
„Making of“ – lehrreiche und
lustige Missgeschicke…
Skalierung: souveräner Umgang mit eigenen Grenzen vs. (sich) etwas vortäuschen
Woran erkennt ein guter Freund, die befreundete Kollegin, wo du/ Sie auf
dieser Achse stehst/ stehen?
vortäuschen, blöffen,faken, vertuschen, Schamkultur
Souveräner Umgangmit Schwierigkeiten, Grenzen, Umwegen
Können erkennt man an seinen GrenzenDie „Zone der nächsten Entwicklung“ beginnt genau dort und am ehesten dort.
Grenzgänger suchen deshalb den offensiven Umgang mit ihren Grenzen.
Dopaminausschüttungen unterstützen diese Grenzgänge alsVerlockung, (mit anderen) über sich hinaus zu wachsen
• (wie) funktionieren Wertschätzungsketten in Ihrem Umfeld?
• über die Elternarbeit mit Triple P lernen Teams, diese Umgangsform im Miteinander zu nutzen
• Emotionale Bindung an Arbeitgeber• Wertschätzung skalieren, woran
merken es Außenstehende? Anerkennende Haltung von Kollegen?
• Wertschätzung : Scheinwerfer. Energy flows where attention goes
• „Sarkasmus, Zynismus und Ironie durch den Lehrenden sind im deutschen Schulalltag weit verbreitet, … sind „Waffe(n) in der Hand von Erwachsenen““ (Spitzer 143, Bueb 30)
• „flächendeckende Demotivationskampagnen … von schlechten Noten bis zur Aussortierung der Hauptschüler im 3. und 4. Schuljahr. … „Du kannst nicht.“ erstickt die kindliche Neugier. (Spitzer 150)
Kultur der Wertschätzung
• Kultur der Anerkennung nicht nur Lehrende-Schüler, sondern Schüler und Lehrende untereinander; ist v.a. auch eine Kultur, wie mit Schwierigkeiten umgegangen wird
• eigene Erfolge und Stärken benennen• Rituale (wie Wochenversammlung)• „Lobt man die Mühe der Kinder… entwickelt sich in ihnen die
Gewissheit, dass sie mit jeder neuen Herausforderung geistig wachsen können. Übermäßig und pauschal gelobte Kinder hingegen fühlen sich unter Druck gesetzt und fürchteten, Eltern oder Lehrer zu enttäuschen.“
• Konkretes Benennen, Loben von Details– „Das Lob, über das sie sich am meisten gefreut hat, kam von ihrer
Religionslehrerin „Sie hat gesagt, mein Heft wäre wie ein schönes Bilderbuch.“
• Bestätigend lächeln, schauen. „Respekt! Alle Achtung!“• „Wie ich mit meinem Kind spreche, prägt sein Selbstbild und
seine Späteren inneren Selbstgespräche.“ Den strengen inneren Kritiker oder den wohlwollenden Unterstützer fördern
*Gatterburg A Spiegel Wissen 1.2014
„Toll ist nicht toll“* - positive Verstärkung ist diffizil
Viele beeindruckende Module – maßgeblich
ist die Haltung
Schülerpaten helfen bei Übergängen, z.B. Gymnasium Landsberg
Schulleben mitgestalten: Schüler machen Radio für die Hofpause Sekundarschule „Am Petersberg“, Petersberg/OT Wallwitz
Familiären Halt sichern: Einzelfallhilfe in der Sekundarschule „Gottfried Wilhelm Leibniz“, Magdeburg
• Professioneller Austausch: Kollegiale Fallberatung bei Projektträgern Internationaler Bund e.V. (Ausbildungszentrum Magdeburg)
• Elternwünsche erfahren: Mit einem Fragebogen gezielte Angebote entwickeln Fröbelschule – Schule mit Förderschwerpunkt Lernen, Halle (Saale)
• Vertrauen aufbauen: Elternkurse als Grundlage für eine Erziehungspartnerschaft Sekundarschule „Am Schwanenteich“, Zeitz. Sekundarschule Neustadtschule, Weißenfels
• Angebote transparent machen: Die Leistungen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe - Kooperationskultur entwickeln und verankern:
Begegnung und Austausch von Schule und Jugendhilfe Internationaler Bund e.V. (Jugendhilfe- und Ausbildungsverbund Wittenberg)
• Peer-Austausch unter Kommunen: Fachtage vermitteln regionale Beispiele und Ansätze Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, Regionalstelle Sachsen-Anhalt
• Institutionsübergreifend zusammenarbeiten: Steuergruppe im Netzwerk Projektträger: Landkreis Wittenberg
• Rückmeldung erhalten: Stärkeseminar in der Sekundarschule Ganztagssekundarschule „Thomas Müntzer“, Magdeburg
• Energie tanken: Jugendclub bringt mehr Bewegung in die Schule Ganztagsschule „Am Lerchenfeld“, Schönebeck (Elbe)
Zügig gemeinsam gegen Schulverweigerung
• Schulverweigerung konsequent und schülerorientiert begegnen: Kommunales Fünf-Schritte-Konzept
• „(1) telefonisch und dann• (2) per Brief, um über die Abwesenheit zu informieren und nach den
Gründenzu fragen. Schon jetzt bieten Klassenlehrer und Schulsozialarbeiter im Team Beratungstermine für die Eltern an.
• Nach dem zweiten Fernbleiben eines Schülers benachrichtigt der Klassenlehrer(3) innerhalb von einer Woche die Sorgeberechtigten erneut postalisch und telefonisch und stößt konkrete Lösungsvereinbarungen an, wie z.B. eine Familienberatung mit dem Schulsozialarbeiter oder dem Jugendamt.
• Falls der Jugendliche die Schulpflicht erneut verletzt, nimmt der Klassenlehrer wieder Kontakt zu den Eltern auf. Jetzt wird es insofern ernster, als dass
• nun (4) der Klassenlehrer die Eltern per Brief auffordert, sich innerhalb einer festgesetzten Frist selbst bei der Schule zu melden. Sollten die Eltern die Frist verstreichen lassen, heißt es in dem Brief, werde
• (5) die Schulleitung eine förmliche Mitteilung der Schulpflichtverletzung an den Landkreis und das Landesschulamt herausgeben, womit eine strafrechtliche Ahndung eingeleitet werden würde.“ (S. 24)
„Schulerfolg sichern“ hat seine „Schulaufgaben“ gemacht:
[Leiterin Wissenschaftszentrum Berlin, Bildungssoziologin]
Das Wichtigste für Menschensind Menschen und der gute
Umgang mit sich selbst.Lernen (nicht Pauken)
ist Lebenslust. Miteinander Neues erleben
und entdecken steht im Zentrum der Menschlichkeit.
Gratulation und Hut ab vor „Schulerfolg sichern“!