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Klassische Molekulardynamik Simulationen

Patric Büchele 2285962

11.11.2009

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Inhaltsverzeichnis

1 Motivation 2

1.1 Computersimulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Molekulardynamik Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.3 Verknüpfung zwischen Experiment und Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.4 Historischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2 Grundlagen 5

2.1 Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.2 Born-Oppenheimer Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.3 Kraftfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.4 AMBER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.5 OPLS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.6 Newtonsche Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.7 all-atom vs. united-atoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.8 Integration der klassischen Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.8.1 Anforderungen an die Algorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.8.2 Integrationsschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3 Simulationsmethoden 12

3.1 Vorgang bei MD-Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123.2 Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123.3 Ensemble . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123.4 Startphase der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133.5 Periodische Randbedingungen, (PBC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133.6 Minimum-Image Convention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133.7 Nachbarlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.7.1 Verlet-Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143.7.2 Zell-Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

4 Beispielsimulation Argon 16

4.1 Programmme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164.1.1 GROMACS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164.1.2 VMD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

4.2 kurze Simulation eines Argon-Test-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214.2.1 gasförmiges Argon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214.2.2 �üssiges Argon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

5 Quellen 25

1

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Kapitel 1

Motivation

1.1 Computersimulationen

Die Motivation sich mit diesem Thema auseinanderzusetzten, resultiert aus der zunehmenden Bedeutungder Simulation in den mathematischen Wissenschaften. Die Simulation erweitert die traditionellen Methodender Theorie und des Experiments und kann als 3. Standbein der Wissenschaft angesehen werden. Sie dientzum besseren Verständnis und zur Überwachung der Theorie sowie der Experimente. In den 50er-Jahrenentwickelte John von Neumann eines der ersten Simulationsverfahren und wies auf die spätere Bedeutung deswissenschaftlichen Rechnens hin.

Abbildung 1.1: John von Neumann um 1940 [1]

Wobei früher die Kapazitäten sehr begrenzt waren und man sparsam mit seinen Ressourcen umgehen musste,ergeben sich heute durch Superrechner (Deep Blue) oder das Internet (Folding@home), sowie durch verbesserteAlgorithmen und Integrationsmethoden neue Möglichkeiten komplexe Systeme zu simulieren.Diese Wissenschaft hat Systeme zum Gegenstand, in der die Elemente des Systems miteinander wechselwirken.Diese Wechselwirkung wird formalisiert und im Fall der Molekulardynamik durch die sogenannten Kraftfel-der(�force �elds�) beschrieben.Ein System zu simulieren hat die Vorteile, dass eine sehr einfache Reproduzierbarkeit gegeben ist. Auÿerdemlassen sich Experimente unter Extrembedingungen, welche im Labor schwer herzustellen sind, genauso leichtdurchführen, wie ein Standardexperiment. Es spielt keine Rolle, ob das System aufwendig ist oder gefährli-che, giftige oder teure Sto�e verwendet und ermöglicht uns Einblicke in Zeit- und Gröÿenskalen die für denExperimentator schwer erfassbar sind und ihm verborgen bleiben.

2

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1.2 Molekulardynamik Simulationen

Abbildung 1.2: Simulierte Struktur von hydriertem Kollagen[2]

Die Technik um die Gleichgewichts- und Transporteigenschaften von klassischen Vielkörpersystemen zu be-rechnen nennt sich MD Simulationen. Klassisch bedeutet in diesem Kontext, dass die Bewegung der Kerneder beteiligten Teilchen den Gesetzen der Klassischen Mechanik gehorchen. Diese Näherung ist für einen groÿeAnzahl von Materialen und Versuchen gerechtfertigt. Quantenmechanische Eigenschaften müssen nur bei derTranslation und Rotation von leichten Atomen oder Molekülen (He, H2, D2) sowie bei Schwingungsbewegun-gen mit einer Frequenz ν, für die hν > kBT gilt, berücksichtigt werden.MD Simulationen sind in vieler Hinsicht ähnlich zu realen Experimenten. Zuerst wird eine Probe vorbereitet,anschlieÿend wird ein Modellsystem bestehend aus N Teilchen gewählt und die Newtonschen Bewegungsglei-chungen gelöst, sobald die Eigenschaften des Systems sich mit der Zeit nicht mehr ändern, also der Gleichge-wichtszustand erreicht ist. Die Fehler, die dabei auftreten, sind ähnlich zu denen in einem realen Experiment,darunter zählt eine schlecht vorbereitete Probe, eine zu kurze Messung oder wenn nicht das gemessen wurde,was gewollt war. Um in der MD eine Observable zu messen, muss zuerst die Observable als Funktion der Po-sition und Momenta der Teilchen im System dargestellt werden. Eine einfache Beschreibung der Temperaturin einem klassischen Vielteilchensystem kann über die Gleichverteilung der Energie über alle Freiheitsgradeerfolgen. Der Mittelwert der kinetischen Energie des Systems ist dann

⟨12mv

2⟩

= 12kBT . Es ist möglich die

genaue Trajektorie eines jeden Teilchens zu bestimmen, meist sind aber thermodynamische Gröÿen wie Druck,Temperatur, radiale Verteilungsfunktionen, Di�usionskonstanten oder ähnliches gesucht.Die MD-Simulation ist eine der Hauptmethoden für die Untersuchung biologischer Moleküle (Struktur, Dy-namik und Thermodynamik) und ihrer Komplexe. Es wird das zeitliche Verhalten eines molekularen Systemsberechnet und kann detaillierte Informationen über die Faltung von Proteinen liefern.Sobald wir die Proteinfaltung, bei der das Protein eine dreidimensionale Struktur erhält, verstehen, kann diesesWissen dazu beitragen gezielt Proteine mit speziellen Eigenschaften nachzubilden und selbst neue Proteinezu erzeugen. Das Potential dieser Wissenschaft lässt sich erahnen, wenn man selbst nur die Vielzahl an Pro-teinstrukturen in der Natur beobachtet. Man weiÿ heute, dass sogenannte �misfolds� (fehlerhafte Faltungen)zu Krankheiten wie Alzheimer, BSE, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD), Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)oder Parkinson führen. Dabei ist es nicht nur wichtig, wie sich das Protein falsch faltet, sondern auch welcheStruktur dieses Protein hat, damit nicht nur Medikamente mit dem richtigen Wirksto� entwickelt werden, son-dern diese Medikamente auch richtig an das Protein andocken können. Ein Beispiel für dieses Forschungsgebietist Folding@home, welches sich mit dem Thema �misfolds� beschäftigt.

1.3 Verknüpfung zwischen Experiment und Simulation

In den meisten Fällen wird bei der Molekulardynamik ein Modell aus einem Experiment als Grundlage ge-nommen. Aufgrund dieser Modelle kann die Simulation das Verhalten des Systems aufklären. Dabei werden

3

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Einblicke in Gröÿen- und Zeitskalen möglich, die dem Experimentator eventuell verborgen bleiben, da sie nurschwer fassbar sind, da sie möglicherweise zu schnell( oder zu langsam) beziehungweise oder auf zu kleinen (oder zu groÿen) Längenskalen ablaufen. Der Vergleich mit dem Experiment kann dazu dienen das Modell zutesten und gegebenenfalls anzupassen. Wenn man die Simulation mit der Theorie vergleicht, kann man diesebekräftigen oder widerlegen.

1.4 Historischer Hintergrund

Die Anfänge der Molekulardynamik waren 1957 und wurden von Alder und Wainwright eingeführt, welche dasVerhalten von Flüssigkeiten anhand der Wechselwirkung von harten Kugeln simuliert haben. Im Jahre 1964wurde von Rahman zum ersten mal �üssiges Argon mit einem realistischem Potential simuliert. In den Siebzi-gern wurde die erste Wassersimulation von Stillinger und Rahman (1974) und die erste Simulation des ProteinsBPTI von McCammon (1977) durchgeführt. Auÿerdem wurde 1977 der SHAKE-Algorithmus entwickelt, wel-cher die Bindungen zwischen den Atomen hinreichend genau berechnen konnte. Eines der grundlegendstenKraftfelder, das AMBER-Kraftfeld, wurde 1984 verö�entlich. Auÿerdem wurde in den Achtzigern die FreieEnergie über eine MD-Simulation berechnet, sowie die Car-Parrinello MD eingeführt.

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Kapitel 2

Grundlagen

2.1 Schrödingergleichung

Um eine atomistische Beschreibung der MD zu erhalten, muss die Schrödingergleichung des Systems gelöstwerden: (

T̂e + T̂K + V̂e + V̂K + V̂eK

)Ψ = i~

∂tΨ, (2.1)

mitΨ = Ψ

(~x1, ..., xNe

, ~X1, ..., ~XNK

). (2.2)

Die Vektoren xi ∈ R3 , (i ∈ {1, ..., Ne}) undXj ∈ R3 , (j ∈ {1, ..., NK}) beschreiben die Position der Elektronenmit der Masse me und die der Kerne mit Masse MK

Die Operatoren der kinetischen Energie T̂ für die Elektronen sind,

T̂e =−~2

2

Ne∑i=1

1

me

∂2

∂~x2i

, (2.3)

und für die Kerne

T̂K =−~2

2

NK∑i=1

1

MK

∂2

∂ ~X2j

. (2.4)

Die Operatoren V̂e = V̂e (x1, ...xNe) und V̂K = V̂K (X1, ...XNK

) beschreiben die potentielle Energie der Kerneund Elektronen bezogen auf ihre Koordinaten. Der Operator V̂eK = V̂eK (x1, ...xNe

, X1, ...XNK) beschreibt die

Energie, welche von der Wechselwirkung zwischen Elektronen und Kernen kommt.

2.2 Born-Oppenheimer Näherung

Da die Schrödingergleichung nicht analytisch gelöst werden kann, muss eine Näherung eingeführt werden. M.

Born und R. Oppenheimer teilten die Wellenfunktion Ψ = Ψ(~x1, ..., xNe ,

~X1, ..., ~XNK

)in eine Wellenfunktion

für die Kerne χ (~x1, ..., xNe) und eine für die Elektronen ϕ (~x1, ..., xNe) auf. Diese Aufspaltung lässt sich mitder thermodynamischen Gleichverteilung der Geschwindigkeiten der Elektronen und Kerne begründen. Durchdie stark unterschiedlichen Massen der Kerne und Elektronen reagieren die Kerne sehr viel träger als dieElektronen. Man geht somit davon aus, dass die Elektronen auf eine Bewegung der Kerne instantan reagieren.Das heiÿt auf jede mögliche Kernkonstellation stellen sich die Elektronen mit adiabatischer beziehungsweiseunendlicher Geschwindigkeit ein. Dadurch ist die Beschreibung eines Moleküls in einem Schwerpunktsystem miteiner separaten Wellenfunktion für die Koordinaten der Elektronen und Kerne durch die Parametrisierung derKerne gerechtfertigt. Letztendlich lässt sich eine orthogonale Transformation �nden, mit der die Wellenfunktionder Kerne und Elektronen komplett separiert sind. Es resultiert daraus ein Potentialverlauf V, welcher nurvon den Koordinaten der Kerne abhängig ist. Auÿerdem bedeutet dies für uns, dass durch die Separierung dieBewegung der Atome durch die Koordinaten der Kerne beschrieben werden kann.

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2.3 Kraftfelder

Eine weitere Näherung ist die Beschreibung des Potentials V des zu untersuchenden Systems in mathematischeinfachen Termen, um eine leicht berechenbare Beschreibung zu erhalten, die sogenannten Kraftfelder. Diepotentielle Energie V und die resultierende Kraft ~Fk setzt sich meistens aus der Coulomb-Energie, Van derWaals-Energie und intramolekulare Wechselwirkungen, welche von der Bindungskon�guartion der Moleküleabhängt, zusammen. Aufgrund der langen Reichweite der Coulomb Kräfte benötigen diese die meiste Zeit derBerechnung. Eine Methode diese zu berechnen ist die Ewald-Summe.Die Energie wird als Summe der Energien von Einzelbeiträgen formuliert, die wiederum durch Kraftfelder, diedas Kugel-Feder-Modell als Grundlage haben, beschrieben werden:

V = Vbonded + Vangle + Vtorsion + VV anDerWaals + VCoulomb + ... (2.5)

Die einzelnen Beiträge sind:

Vbonded =∑bonds

Kr (r − req)2, (2.6)

Vangle =∑

angles

KΘ (Θ−Θeq)2, (2.7)

Vtorsion =1

2

4∑i

Vi[1 + (−1)i−1cos(iφi)

](2.8)

req und Θeq beschreiben den Gleichgewichtsabstand und Gleichgewichtswinkel der Bindungskon�guration.

Abbildung 2.1: Übersicht der Potentiale als Kugel-Feder-Modell[3]

Die Van-der-Waals-Energie setzt sich aus Anziehungs- und Abstoÿungskräften zusammen. Zu ihrer Beschrei-bung wird das Lennard-Jones-Potential herangezogen, dieses Potential kann sich je nach System und Anfor-derung unterscheiden. Der attraktive Van-der-Waals-Term ist proportional zu r−6 und der repulsive Born-Mayer-Term zu r−12, wobei r der Abstand zwischen den beteiligten Atomen ist.

VLJ =∑i<j

4εij

(σ12ij

r12ij

−σ6ij

r6ij

)fij (2.9)

6

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Abbildung 2.2: Eine Form des Lennard-Jones-Potentials [4]

VCoulomb =∑i<j

qiqje2

rijfij (2.10)

fij =

0, wenn das ij-Paar durch ein Valenzbindung oder Valenzwinkel verbunden sind

0, 5, 1-4 Wechselwirkung

1, in allen anderen FällenDie 1-4 Wechselwirkung beschreibt die Anziehung, bzw. Abstoÿung, des 4. Atoms auf das 1. Atom in einerKette im Molekül.An die Kraftfelder wird der Anspruch der Übertragbarkeit gestellt. Dies bedeutet für das Kraftfeld, dass esdas System unter allen Umständen gleich gut beschreibt. Beispiele für einzelne Kraftfelder sind:

• AMBER: Assisted Model Building with Energy Re�nement, für Peptide und nucleinsäuren

• CHARMm: Chemistry at HARvard Macromolekular mechanics, für Makrokoleküle und Proteine

• DREIDING: für organische Moleküle, biologische Systeme, nur Hauptgruppen

• MM2(MM3, MM4): Standard-Kraftfeld für kleine Moleküle

• UFF: Universal Force Field, höhere Übertragbarkeit

• OPLS: Optimized Potentials for Liquid Simulations, für Flüssigkeiten (ähnlich wie AMBER)

2.4 AMBER

Das Kraftfeld AMBER wurde von der Peter Kollman Gruppe 1984 verö�entlicht. Es handelt sich um eine�ektives 2-Körper Kraftfeld, welches die Paarwechselwirkung beschreibt. Das Ziel dieses Kraftfeldes ist esdie Energien und intermolekulare Wechselwirkungen von Proteinen, Nukleinsäuren und anderen Molekülenmit ähnlichen funktionellen Gruppen, welche für die organische und biologische Chemie von Bedeutung sind,darzustellen.Es setzt wie jedes Kraftfeld voraus, dass die Ladungen im Atomzentrum lokalisiert sind. Die Parameter der elek-trostatische Wechselwirkung ESP aus dem Vorgängerkraftfeld Weiner et al. wurde über quantenmechanischeBerechnungen mit der RESP Methode (restrained electrostatic potential) neu bestimmt. Als Berechnungs-grundlage diente der 6-31G-Basissatz, welche die Molekülorbitale durch Linearkombinationen von primitivenGaussfunktionen beschreibt. Die Parameter des Lennard-Jones-Potentials wurden mit Simulationen von Flüs-sigkeiten bestimmt und anschlieÿend wurden die Parameter der Bindungs- und Torsionsenergie passend dazumodi�ziert. Ein entscheidender Vorteil dieser Neubestimmung ist, dass zur Beschreibung der Wassersto�-brücken ausschlieÿlich das 6-12-Lennard-Jones-Potential und nicht mehr zusätzlich das 10-12 Potential herangezogen werden muss. [11]

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2.5 OPLS

Abbildung 2.3: William L. Jorgensen 1983

Das Kraftfeld OPLS wurde von William L. Jorgensen an der Purdue Universität und später an der YaleUniversität entwickelt. Die Arbeiten an diesem Projekt laufen seit 1978 und sind auch laut Homepage immernoch nicht beendet. (http://zarbi.chem.yale.edu/)Die Winkel- und Bindungsparamter wurden von dem AMBER Kraftfeld übernommen. Die Torsionsenergienwurden über quantenmechanische Berechungen aus über 50 organischen Molekülen und Ionen mit dem 6-31G-Basissatz abgeleitet. Die Motivation dieser Berechnung war die genaue Beschreibung kleiner Moleküle um vondiesen dann auf gröÿe Moleküle zu schlieÿen, was im Gegensatz zu vielen anderen Kraftfelder steht, welchehauptsächlich nur groÿe Moleküle genau beschreiben wollen. Die ungebundenen Energien wurden mit Hilfe vonMonte Carlo Simulationen bestimmt. Dabei wurden die thermodynamischen und strukturellen Eigenschaftenvon 34 rein organischen Flüssigkeiten erfasst und vor allem an experimentellen Werte angepasst, was imGegensatz zu dem AMBER Kraftfeld steht, welches rein auf Simulationen basiert.[12]

2.6 Newtonsche Mechanik

Die dritte wichtige Näherung in MD Simulationen ist die klassische Behandlung der Molekularbewegung. DerVektor Xj ∈ R3 , (j ∈ {1, ..., NK}) beschreibt die Position der Kerne mit Masse MK .Die zeitliche Ableitung des Ortes ist die Geschwindigkeit v und die Beschleunigung a:

~v = ~̇x =d~x

dt(2.11)

~a = ~̇v =d2~x

dt2(2.12)

Unter Verwendung des 2. Newtonsche Axiom

~a =d2~x

dt2=

~F

m(2.13)

und dem Arbeitsintegral

W =

∫ ~x2

~x1

~Fd~x (2.14)

lässt sich die Trajektorie der Kerne beschreiben:

MK ·∂2 ~XK

∂t2= −

∂V(~X1, ..., ~XN

)∂ ~XK

= ~FK

(~X1, ..., ~XN

). (2.15)

Ist das Potential V (XK) bekannt und man auÿerdem die Anfangswerte für alle Orte und Geschwindigkeitvorgibt, kann man Ort und Geschwindigkeit für jeden beliebigen Zeitpunkt bestimmen.

8

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2.7 all-atom vs. united-atoms

In einem all-atom System (AA) werden, wie der Name schon sagt, alle Atome eines Moleküls betrachtet undsomit auch die Wechselwirkung eines jeden Atoms mit den anderen Atomen. Das Kraftzentrum der Atome istauf den Kern lokalisiert. Dies erhöht zwar den Rechenaufwand, ist aber bei bestimmten Molekülen notwendig,um sie realistisch zu beschreiben. United-atoms (UA) ist eine Näherung, bei der eine Gruppe von Atomen alsVerbund beschrieben wird. Beispiele sind CH, CH2 und CH3. Man führt für diese e�ektive Potentiale ein, umderen Wechselwirkung zu beschreiben. Man unterscheidet zwischen UA und AUA (anisotropic united-atoms)abhängig davon, wo das Kraftzentrum angreift.

2.8 Integration der klassischen Bewegungsgleichungen

Bei der MD ist die potentielle Energie bekannt. Aus dieser lassen sich durch partielles Ableitung die Kräfte aufdie einzelnen Teilchen berechnen, welche wiederum über das 2. Newtonsche Axiom mit der Beschleunigung inZusammenhang stehen, die auf die Teilchen wirkt. Sind die Beschleunigung und Anfangswerte des Orts undGeschwindigkeit des Teilchens bekannt, so kann man über die zeitliche Integration den Ort jedes Teilchenszu einem beliebigen Zeitpunkt berechnen. Man bedient sich dabei nicht der analytischen Integration (dt),sondern der numerischen Integration. Man wählt einen kleinen, aber endlichen Zeitabschnitt ∆t und ersetztdas Integral durch eine Summe. Die auftretenden Fehler liegen an der endlichen Gröÿe von ∆t andererseits ander endlichen Genauigkeit der Berechnung.

~XK(ti), ti = i ·∆t, i = 0, 1, ..., n, (2.16)

Die Zeitschritte (time-steps) müssen dabei viel kleiner sein als der kleinste interessante Zeitschritt des Systems.Braucht eine Proteinfaltung beispielsweise 1µs sollte ∆t � 1µs. Zur e�zienten Bearbeitung dieses Problemswurden verschiedene Algorithmen entwickelt. Darunter der Algorithmus von Verlet, sowie dessen Modi�katio-nen der Velocity-Verlet Algorithmus und der leap-frog(Bocksprung) Algorithmus.

2.8.1 Anforderungen an die Algorithmen

Ein Algorithmus ist ein Lösungsverfahren, welches über de�nierte Handlungsschritte ein Problem in endlichvielen Schritten löst. Die Algorithmen müssen verschiedene Anforderungen erfüllen. Darunter muss die Simu-lation umkehrbar in der Zeit sein. Auÿerdem hat die Erhaltung der Energie, sowie Gesamtdrehimpuls undGesamtimpuls eine hohe Priorität. Der Algorithmus sollte schnell sein und die klassische Trajektorie der Teil-chen so genau wie möglich wiedergeben. Eine geringe Speicherkapazität war früher von groÿer Bedeutung,spielt aber heute eher eine untergeordnete Rolle.

2.8.2 Integrationsschema

Zur e�zienten Bearbeitung dieses Problems wurden verschiedene Algorithmen entwickelt. Darunter der Algo-rithmus von Verlet, sowie dessen Modi�kationen.

Verlet-Algorithmus

Man schreibt für den Ort des Kerns als Funktion der Zeit zwei Taylor-Reihen jeweils bis zur 3. Ordnung, dieeine vorwärts die andere rückwärts in der Zeit:

~XN (t+ ∆t) = ~XN (t) + ~vK (t) ∆t+1

2

~FK (t) ∆t2

mK+

1

6~bK (t) ∆t3 +Rest(∆t4), (2.17)

~XN (t−∆t) = ~XN (t)− ~vK (t) ∆t+1

2

~FK (t) ∆t2

mK− 1

6~bK (t) ∆t3 +Rest(∆t4). (2.18)

Mit d ~XN (t)dt = ~vK (t) und d2 ~XN (t)

dt2 = 12

~FK(t)mK

. Der Restterm hängt im wesentlichen von(∆t4

)ab. Summiert man

die beiden Reihen und löst nach ~XN (t+ ∆t) auf, so erhält man:

~XN (t+ ∆t) = 2 ~XN (t)− ~XN (t−∆t) +~FK (t) ∆t2

mK+Rest(∆t4). (2.19)

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Der Ort zum �nächsten� Zeitpunkt wird aus dem Wert am aktuellen Zeitpunkt t und am vorhergehendenZeitpunkt t−∆t berechnet, sowie aus der Kraft ~FK (t), die man aus der potentiellen Energie erhält:

~FK (t) = −∂V(~XN (t)

)∂ ~XN

(2.20)

Der Fehler bei diesem Algorithmus ist proportional zum Restterm der Taylor-Reihe, also zu ∆t4. Die Ge-schwindigkeit, welche zur Bestimmung der kinetischen Energie nötig ist, muss gesondert berechnet werden.Der Fehler ist dabei proportional zu ∆t2. Subtraktion der beiden obigen Gleichungen ergibt:

~vK (t) =~XN (t+ ∆t)− ~XN (t−∆t)

2∆t(2.21)

Die Vorteile des Verlet-Algorithmus liegen in der kurzen Berechnungszeit und einem geringen Fehler bei kleinenZeitschritten ∆t, da der Restterm in vierter Ordnung ist. Auÿerdem hat dieser Algorithmus einen geringenLangzeit Energiedrift. Die Zeitreversibilität wurde 1992 von Tuckerman, Berne und Martyna über den LiouvilleFormalismus bewiesen. Zusätzlich weist der Algorithmus einen geringen Speicherplatzbedarf auf, was frühervon essentieller Bedeutung war.Ein Nachteil ist die Ungenauigkeit für groÿe Zeitschritte und der wichtigste Nachteil ist die Extraberechnungder Geschwindigkeit über zwei Zeitschritte, welche zur Bestimmung der kinetischen Energie und schlieÿlichzur Bestimmung der Gesamtenergie notwendig ist.

Velocity-Verlet-Algorithmus

Eine modi�zierte Variante, welche die Geschwindigkeit gleich mitliefert, ist der Velocity-Verlet-Algorithmus.Dabei wird an Stelle von ~XN (t−∆t) mit den Geschwindigkeiten gerechnet.Der Wert von ~XN (t+ ∆t) wird dabei aus dem aktuellen Wert, sowie aus der aktuellen Momentangeschwin-digkeit und -beschleunigung:

~XN (t+ ∆t) = ~XN (t) + ~vK (t) ∆t+1

2~aK (t) ∆t2. (2.22)

Die Beschleunigung für den nächsten Zeitpunkt wird wie gehabt aus der Kraft berechnet:

~aK (t+ ∆t) = − 1

mK

∂V(~XN (t+ ∆t)

)∂ ~XN

. (2.23)

Die Geschwindigkeit für den nächsten Zeitpunkt berechnet man zur Hälfte aus der aktuellen Beschleunigungund zur Hälfte aus der Beschleunigung für den nächsten Zeitpunkt:

~vK (t+ ∆t) = ~vK

(t+

∆t

2

)+

1

2~aK (t+ ∆t) ∆t (2.24)

mit

~vK

(t+

∆t

2

)= ~vK (t) +

1

2~aK (t) ∆t. (2.25)

Die Vorteile dieses Algorithmus sind ein kleiner lokaler Fehler der Ordnung dt4 und dt3, die zeitreversibilitätist gewährleistet und die Geschwindigkeit wird explizit berechnet.Der Velocity-Verlet-Algorithmus ist ein sehr günstiger Algorithmus und wird meistens in der MD-Simulationenverwendet.

Leapfrog-Algorithmus

Für kleine Zeitschritte ∆t wird oft der Leap-Frog-Algorithmus (Bocksprung-Algorithmus) verwendet. DieserAlgorithmus wurde von Hockney 1970 entwickelt und basiert auf dem Verlet-Algorithmus. Es ist ein explizitesVerfahren und hat den Vorteil, daÿ kein Gleichungssystem gelöst werden muss. Wiederholung: Die Taylor-Reihein 3. Ordnung.

~XN (t+ ∆t) = 2 ~XN (t)− ~XN (t−∆t) + ~̈XN (t) ∆t2. (2.26)

10

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Der Fehler der Kernpositionen ist in der Ordnung von∆t4. Die Geschwindigkeit erhält man durch einfachDi�erentation:

~̇XN (t) =~XN (t+ ∆t)− ~XN (t−∆t)

2∆t, (2.27)

mit einem Fehler in der Ordnung von ∆t2. Um das Ergebnis der Geschwindigkeit zu erzielen, benutzt derLeapfrog-Algorithmus die Geschwindigkeiten zum halben �timestep�.

~̇XN

(t+

∆t

2

)= ~̇XN

(t− ∆t

2

)+ ~̈XN (t) ∆t. (2.28)

Die Geschwindigkeit zur Zeit t kann auch aus

~̇XN (t) =~̇XN

(t+ ∆t

2

)+ ~̇XN

(t− ∆t

2

)2

(2.29)

berechnet werden. Dies ist nützlich, wenn die kinetische Energie zum Zeitpunkt t bestimmt werden soll. DieKernpositionen können dann aus der Gleichung

~XN (t+ ∆t) = ~XN (t) + ~̇XN

(t+

∆t

2

)∆t (2.30)

bestimmt werden.Wie auch bei dem Velocity-Verlet-Algorithmus wird bei dem Bocksprung-Algorithmus die Geschwindigkeitexplizit berechnet. Man erhält einen kleinen Fehler, da keine Summen beziehungsweise Di�erenzen von groÿenTermen vorliegen. Auÿerdem bleibt die Energie auch bei groÿen Zeitschritten erhalten.Ein Nachteil bei diesem Verfahren ist, dass die Geschwindigkeits- und Positionsbestimmung nicht synchronsind. Das liegt daran, weil die Positionen nur zu Ganzzeitschritten und die Geschwindigkeiten nur zu Halb-zeitschritten bestimmt werden. Die Gesamtenergie kann folglich nur über eine Mittelung berechnet werden.

Abbildung 2.4: schematischer Überblick der Algorithmen[5]

Abbildung 2.4 gibt einen schematischen Überblick von der Vorgehensweise der Algorithmen wieder. Reihe (a)zeigt die Abfolge des Verlet-Algorithmus, Reihe (b) die des Bocksprung-Algorithmus und Reihe (c) die desVelocity-Verlet-Algorithmus. Die grauen Blöcke stellen bekannte oder berechnete Gröÿen dar. Die Pfeile gebenan, welcher Block als nächstes berechnet und aus welchen Blöcken er berechnet wird. Am Ende jeder Reiheist die Anfangssituation gegeben, von dem der Algorithmus seine neue Routine startet.

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Kapitel 3

Simulationsmethoden

3.1 Vorgang bei MD-Simulationen

Zuerst muss ein realistisches atomistisches Modell des Systems erstellt werden. Eine unrealistische Ausgangs-situation benötigt Zeit zur Stabilisierung, da ein Fehler während der Simulation wächst. Wenn die Strukturalso zu ungenau ist, bilden sich zu groÿe Fehler.Anschlieÿend wird das Verhalten des Systems simuliert, indem man über die Ensembles spezi�sche Konditio-nen de�niert. Man muss dabei auf die Energie(potentielle und kinetische Energie) achten, weil eine zu groÿeTemperatur das Molekül zerstören kann.Die Entwicklung des Systems wird durch die Berechnung kleiner Time-Steps realisiert. Diese Teilschritte müs-sen sehr viel kleiner sein als der kleinste interessante Zeitschritt des Systems.

3.2 Topologie

Die Topologie beschreibt die �Landkarte� des Systems. Man gibt dabei an, welche Atomtypen vorliegen, welcheBindungen zwischen den Atomen sind, setzt die Partialladungen und gibt an, ob das System sich in Lösungbe�ndet oder nicht.

3.3 Ensemble

Auÿerdem ist es in der Molekulardynamik üblich mit sogenannten Ensembles zu arbeiten, bei denen verschie-dene Parameter konstant gehalten werden.

• N =̂ Teilchenzahl

• V =̂ Volumen

• E =̂ Energie

• T =̂ Temperatur

• P =̂ Druck

Beispiele für diese Ensembles sind:

• NVE; mikrokanonisches Ensemble,

• NVT; kanonisches Ensemble,

• NPT; isothermales-isobares Ensemble.

Der Phasenraum wird durch die Freiheitsgrade aufgespannt. Betrachtet man ein System mit N Teilchen, beidem alle Orts- und Impulskoordinaten unabhängig sind. Dieses System besitzt dann 3N Ortskoordinaten undbeschreibt den sogenannten Kon�gurationsraum. Ebenso gilt das für den Impulsraum, der durch 3N Impulsko-ordinaten aufgespannt ist. Die Vereinigung dieser beiden Raume nennt sich Phasenraum und wird insgesamt

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durch 6N Freiheitsgrade aufgespannt. Der Zustand des Systems wird durch einen Punkt im Phasenraum dar-gestellt, die zeitliche Entwicklung entspricht einer Linie, der Trajektorie.Ein System verhält sich ergodisch, wenn nach einer hinreichend langen Zeit alle Zustände des Systems durch-laufen werden. Aufgrund der Ergodizität kann man von dem zeitlichen Mittel auf das Scharmittel schlieÿen.Auÿerdem ist ein ergodisches System unabhängig vom Anfangszustand.

Ai(r) = 〈Ai(r)〉Ensemble (3.1)

Systeme sind nicht ergodisch, wenn beispielsweise aufgrund von zu hoher Symetrie nicht jeder Zustand durch-laufen werden kann oder in dem System zwei Minima existieren, bei denen ein Teilchen von dem einen Minimumnicht über den �random-walk� in das zweite Minimum gelangt.

Abbildung 3.1: links: ein nicht-ergodisches System; rechts: ein ergodisches System [9]

3.4 Startphase der Simulation

Zu Beginn der Simulation sollten sogenannte �hot-spots�, Bereiche mit hoher potentieller Energie, entfernt wer-de, da diese durch die Gradientenbildung direkt in die kinetische Energie übergehen und somit Temperaturenerreicht werden können, welche die Moleküle zerstören können. Diesen Vorgang nennt sich Minimierung.Anschlieÿend muss das System auf die gewünschten Simulationsbedingungen gebracht werden, diese sind inder Regel Druck und Temperatur. Hat man diese Bedingungen erreicht, muss das System ins Gleichgewichtgebracht werden. Dieser Vorgang nennt sich Equilibrierung. Sind die entsprechenden Gröÿen nur noch kleinenSchwankungen ausgesetzt, kann man von einem equilibriertem System sprechen.

3.5 Periodische Randbedingungen, (PBC)

Periodische Randbedingungen (Periodic Boundary Conditions, PBC) ermöglichen es, Simulationen mit kleinerTeilchenzahl durchzuführen. Man wählt ein Simulationscontainer mit bestimmter Kantenlänge L und Teilchen-zahl. Dieser Container wird durch Translation kopiert. Für einen kubischen Container wählt man eine cut-o�Länge, ab welcher das Potential abgeschnitten wird, von: rc < L

2 .Dies hat den Vorteil, dass Wande�ekte ausgeschlossen werden. Stellt man sich einen dreidimensonalen Con-tainer mit 1000 vor, ist die Anzahl der Teilchen in den Randgebieten in der Gröÿenordnung von N2/3. Dasbedeutet 488 Teilchen be�nden sich in der Nähe der Wand. Dies führt zu Problemen, wenn man nicht geradeden Ein�uss der Wand auf ein Teilchen im innern bestimmen will. Die identische Vervielfälltigung des erstenContainers hat zur Folge:

• Die Zahl der Teilchen wird automatisch konstant gehalten, da ein Teilchen, welches an dem einen Randden Container verlässt, auf der anderen Seite wieder eintritt.

• �wraparound� E�ekt. Man wählt eine cut-o� Länge rc, damit ein zentrales Teilchen nicht gleichzeitig miteinem anderen zentralen Teilchen und dessen Kopie wechselwirkt.

Eine andere Möglichkeit sich periodische Randbedingungen vorzustellen, ist das Zusammenlegen der Ränder.Aus einem zwei-dimensionalen System wird somit ein Torus.

3.6 Minimum-Image Convention

Mit der Minimum-Image Convention berechnet man molekulare Interaktionen eines Krafzentrums i zusammenmit den PBC. Dabei werden nur die Interaktionen mit dem nächsten Bild von anderen Teilchen berücksichtigt.Auf das i-te Kraftzentrum wird folglich eine Box zentriert in der Wechselwirkung statt�ndet.

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Abbildung 3.2: Periodische Randbedingungen, (PBC)[6]

Abbildung 3.3: Minimum-Image Convention[7]

3.7 Nachbarlisten

Durch Verwendung von Listen kann die Anzahl der Berechnungen einer Simulation gesenkt werden. DieseListen nutzen aus, dass sich während ein paar Integrationsschritten

3.7.1 Verlet-Liste

Bei der Verlet-Liste wird für jedes Teilchen eine Liste geführt, welche alle anderen Teilchen enthält, die inner-halb des cut-o�s rc des i-ten Teilchens liegen zuzüglich der Teilchen in dem Randbereich zwichen rc und rv.Die Teilchen in der Haut sind im aktuellen Schritt nicht in Wechselwirkung mit dem i-ten Teilchen, aber sichdurch Bewegung im nächsten Simulationsschritt innerhalb des cutt-o�s be�nden. Diese Liste wird aktualisiert,wenn ein Teilchen eine gröÿere Distanz als rv − rc zurücklegt.

3.7.2 Zell-Liste

Die Zell-Liste, oder auch Boxing genannt, teilt den Simulationsraum in Felder/Räume mit Kantenlänge rcein. Diese Liste nutzt aus, dass ein Teilchen in Zelle i nur mit einem Teilchen aus der eigenen oder einerbenachbarten Zelle interagieren kann. Diese Liste wird aktualisiert, sobald ein Teilchen in eine andere Zellewechselt.

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Abbildung 3.4: Verlet-Liste[8]

Abbildung 3.5: Zell-Liste[8]

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Kapitel 4

Beispielsimulation Argon

Die Simulation wurde mit dem Programm GROMACS berechnet und mit VMD visualisiert. Es wurde das Edel-gas Argon gewählt, da das Potential nur aus dem Lennard-Jones-Potential besteht und somit leicht zu berech-nen ist. Auÿerdem wurde ein NVT-Ensemble gewählt und anschlieÿend die Temperatur variiert. Die Kenndatenwie beispielsweise die Atomgröÿe für das Argon wurden aus der Proteindatenbank (http://www.pdb.org/pdb/home/home.do)übernommen. In dem Kraftfeld spielt nur das Lennard-Jones-Potential eine Rolle, das es sich bei Argon um einEdelgas handelt. Es gibt keine intramolekularen Wechselwirkungen, da es keine Moleküle gibt. Elektrostati-sche E�ekte treten nicht auf, da keine Ladungen vorhanden sind. Die Simulation wurde anhand eines Tutorialsdurchgeführt [10].

4.1 Programmme

4.1.1 GROMACS

Das Programm GROMACS (GROningen MAchine for Chemical Simulations) wurde an der Universität Gro-ningen entwickelt und wird an verschiedenen Universitäten weiter entwickelt. Es ist ein Linux-Paket und läuftunter der Gerneral Public License. GROMACS umfasst knapp 100 Programme zur Durchführung und Ana-lyse molekulardynamischer Berechnungen und unterstützt die Kraftfelder AMBER, OPLS sowie Gromos. Esgilt als eines der schnellsten Programme für MD-Simulationen, was auch der Grund ist, wieso das ProjektFolding@home dieses verwendet.

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4.1.2 VMD

Das Programm VMD (Visual Molecular Dynamics) kann die ausgewerteten Daten aus der GROMACS Simu-lation visualisieren. Dabei kann man zwischen verschiedenen Darstellungen der Moleküle wechseln, welche dieÜbersichtlichkeit für den Experimentator erhöhen. Mit VMD wurden 5 Filme zu den Simulationen gerendert.

Abbildung 4.1: Startkon�guration des Argons im gasförmigen Zustand

Abbildung 4.2: Übergangsphase vom gasförmigen in den kondensierten Zustand

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Abbildung 4.3: Kondensiertes Argon

Abbildung 4.4: Sieden des Kondensats

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Abbildung 4.5: Startkon�guration des Argons im �üssigen Zustand

Abbildung 4.6: Übergangsphase vom �üssigen in den gefrorenen Zustand

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Abbildung 4.7: Argon im gefrorenen Zustand

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4.2 kurze Simulation eines Argon-Test-System

4.2.1 gasförmiges Argon

In dem ersten Teil der Beispielsimulation wurde ein Argon im gasförmigen Zustand abgekühlt und anschlieÿendwieder erhitzt. Die Startkon�guration bestand aus 100 Atomen bei einer Temperatur von 100K. Das Systemwurde jeweils über 5000ps, aufgeteilt in 2.500.000 Zeitschritten, simuliert. Es wurden Schaubilder und Videoserstellt, anhand derer man die Kondensation und anschlieÿend das Sieden beobachten konnte.

0 1 0 0 0 2 0 0 0 3 0 0 0 4 0 0 0 5 0 0 08 0

9 0

1 0 0

1 1 0

1 2 0

1 3 0

Temp

eratur

[K]

Z e i t [ p s ]

Abbildung 4.8: Temperaturverlauf beim abkühlen des Gases

Man kann einen Sprung in der Umgebung von 87K entdecken. Dies deutet auf den Kondensationspunkt vonArgon hin, welcher den Literaturwert von 87,3K hat.

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4.2.2 �üssiges Argon

Im zweiten Teil der Simulation wurde �üssiges Argon abgekühlt und anschlieÿend wieder erwärmt. Dabei wurdedie radiale Verteilungsfunktion von �üssigem und festem Argon bestimmt, sowie die Di�usionskonstante. DieStartkon�guration wurde etwas verändert. In der Simulationsbox waren 216 Argon-Atome bei einer Temperaturvon 96K. Es wurde über 500ps simuliert aufgeteilt in 500.000 Zeitschritten.Die Di�usionskonstante wurde auf 2.5286(±0.1268) · cm2/s bestimmt. Der Literaturwert hat den Wert 2.43 ·10−5cm2/s. Man sieht, dass die Berechnung der Simulation den Literaturwert umfasst.

0 , 0 0 , 2 0 , 4 0 , 6 0 , 8 1 , 0 1 , 20

1

2

3

4

g(r)

�������������

������������������� ����������������������

Abbildung 4.9: Radiale Verteilungsfunktion von �üssigem Argon

Man sieht bei der radialen Verteilungsfunktion von �üssigem Argon (Abbildung 4.9) eine sehr breite Ver-teilung. Dies lässt sich mit der di�usen Bewegung der Teilchen erklären. Im Gegensatz zum �üssigen Argonbesitzt die radiale Verteilungsfunktion des gefrorenen Argons (Abbildung 4.10) einen sehr scharfen Peak imUmfeld von 3,8nm, da festes Argon eine kubisch �ächenzentrierte Kristallstruktur besitzt. Die Verteilung ingröÿeren Abständen würde deutlicher ausfallen, wenn die Simulationsdauer länger gewählt worden wäre. DerAnfangsbereich weist keinen Aufenthalt von Teilchen auf, wegen dem repulsiven Anteil bei kleinen Abständenim Lennard-Jones-Potential.

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0 , 0 0 , 2 0 , 4 0 , 6 0 , 8 1 , 0 1 , 20

1

2

3

4

5

6

7g(r

)

R a d i u s r [ n m ]

R a d i a l e V e r t e i l u n g s f u n k t i o n v o n f e s t e m A r g o n

Abbildung 4.10: Radiale Verteilungsfunktion von gefrorenem Argon

Der Potentialverlauf (Abbildung 4.11)der Simulation schwankt, wie in dem Schaubild zu sehen, zwischen 80und 115 kJ/mol bei einem Mittelwert von circa 95 kJ/mol.

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0 2 0 0 4 0 0 6 0 0 8 0 0 1 0 0 07 5

8 0

8 5

9 0

9 5

1 0 0

1 0 5

1 1 0

1 1 5

Poten

tial V

[kJ/m

ol]

Z e i t [ p s ]

Abbildung 4.11: Potentialverlauf

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Kapitel 5

Quellen

[1] http://www.wikipedia.de ; 11.11.2009[2] http://www.fkp.tu-darmstadt.de; 11.11.2009[3] http://www.pi3.uni-stuttgart.de; 11.11.2009[4] http://employees.csbsju.edu/HJAKUBOWSKI/classes/ch331/protstructure/olunderstandconfo.html; 11.11.2009[5] Computer simulation of liquids, Von M. P. Allen,D. J. Tildesley[6] http://epress.anu.edu.au/; 11.11.2009[7] Applications of Molecular Simulation in the Oil and Gas Industry: Monte Carlo Methods. December 1,2005 Von Philippe Ungerer,Bernard Tavitian,Anne Boutin[8] Understanding molecular simulation - Frenkel and Smit ( 2002)[9] Dichtefunktionaltheorie und Moleküldynamik, Stephan Grimm und Irmgard Frank, Skript 2001/2002[10] Basic MD simulations of Argon; Florian Dommert, [email protected]; 11th September 2009[11]A new force �eld for molecular mechanical simulation of nucleic acids and proteins, Scott J. Weiner, PeterA. Kollman, David A. Case, U. Chandra Singh, Caterina Ghio, Guliano Alagona, Salvatore Profeta, PaulWeiner, J. Am. Chem. Soc., 1984, 106 (3), pp 765784, DOI: 10.1021/ja00315a051, Publication Date: February1984[12]Development and Testing of the OPLS All-Atom Force Field on Conformational Energetics and Propertiesof Organic Liquids, William L. Jorgensen,* David S. Maxwell, and Julian Tirado-Rives Contribution from theDepartment of Chemistry, Yale University, New Haven, Connecticut 06520-8107, J. Am. Chem. Soc., 1996,118 (45), pp 1122511236, DOI: 10.1021/ja9621760, Publication Date (Web): November 13, 1996

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