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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 225, S. 195--209 (1955). Aus dem Pharmakologischen Institut (Direktor: Prof. Dr. reed. G. KUSeHINSK~) und dem Anatomischen Institut (Direktor: Prof. Dr. med. et phil. nat. et med. h. c. A. DABELOW) der Universiti~t Mainz. Korrelationen zwischen Stoffwechsel-, Schilddriisen- und Hypophysenveriinderungen bei Ratten nach chronischer Verabreichung yon NaJ, BAL und Methionin. Von WERNER FORSTER~ CHRISTA HERRMANN~ JOACHIM-HERMANN SCI-IARF ~ und FRIEDRICH ]~HRENBRA~D. Mit 6 Textabbildungen. (Eingegangen am 26. Oktober 1954.) In zwei vorhergehenden Mitteilungen (FSRsTER und MUSCHOLL, 1954a u. b) wurde gezeigt, dab durch BAL- oder Methioninzugabe die durch Methylthiouracil (MTU) ausgelSsten Stoffwechsel- und Schild- drfisen (SD)-Veri~nderungen modifiziert werden kSnnen: In einem subakuten Versuch trat die Stoffwechselwirkung schneller ein; bei Versuchsende (nach 16 Tagen) war trotz etwa gleicher Stoffwechselsenkung die SD-Gewichtszunahme geringer. In einem chronischen Versuch (64 Tage) normali- sierte sich gegen Versuchsende der Stoffwechsel dermit MTU ~-Methionin be- handelten Gruppe, obwohl die EpithelhShe grSBer war und das SD-Gewicht etwa das Doppelte betrug. Dieser Dissoziation yon Stoffwechselverhalten und histo- logischem Bild der SD entsprachen die cytologisehen Befunde des ttypophysen- vorderlappens (HVL), die zu der Annahme berechtigen, dab der Stoffwechsel durch die//-Zellen als wahrscheinlich verantwortliche Thyreotropinproduzenten gestenert wird, w~hrend die Proliferation des SD-Epithels mit einer Zunahme der )J-Zellen im HVL korreliert ist. Bei hoher sekretorischer Anforderung an die SD tiber l~ngere Zeit kommt es zu einer VergrSBerung und Gewichtszunahme dieses Organs, wobei sich die ~-Zellen in Thyreoidektomie-Zellen (ira folgenden als T-Zellen abgektirzt) umwandeln (ScEARF, F(~RSTERund ~/[USCltOLL, sowie SCEARFund FfRSTER). Durch die folgenden Untersuchungen soUte einerseits ein weiterer Beitrag zu den in der Literatur oft gegens~tzlichen Befunden fiber den EinfluB verschieden hoher Joddosen auf den Stoffwechsel und die histologischen Ver£nderungen der SD und Hypophyse geleistet, anderer- seits die Mfglichkeit untersucht werden, ob dutch zus/~tzliche BAL- oder Methioninverabreichung die jodbedingten Einflfisse modifiziert werden kSnnen. Methodik. Alle Untersuchungen wurden gleichzeitig in einer groBen Versuchsreihe mit 160 jungen weiblichen Albinoratten (durchschnittliches Anfangsgewicht etwa 100 g) yon Oktober bis Dezember 1951 durchgeftihrt. Die yon verschiedenen * Mit Untersttitzung der Deutschen Forsehungsgemeinsehaft. Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 225. 14

Korrelationen zwischen Stoffwechsel-, Schilddrüsen- und Hypophysenveränderungen bei Ratten nach chronischer Verabreichung von NaJ, BAL und Methionin

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Page 1: Korrelationen zwischen Stoffwechsel-, Schilddrüsen- und Hypophysenveränderungen bei Ratten nach chronischer Verabreichung von NaJ, BAL und Methionin

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 225, S. 195--209 (1955).

Aus dem Pharmakologischen Institut (Direktor: Prof. Dr. reed. G. KUSeHINSK~) und dem Anatomischen Institut (Direktor: Prof. Dr. med. et phil. nat. et med. h. c.

A. DABELOW) der Universiti~t Mainz.

Korrelationen zwischen Stoffwechsel-, Schilddriisen- und Hypophysenveriinderungen bei Ratten nach chronischer

Verabreichung yon NaJ, BAL und Methionin. Von

WERNER FORSTER~ CHRISTA HERRMANN~ JOACHIM-HERMANN SCI-IARF ~ und FRIEDRICH ]~HRENBRA~D.

Mit 6 Textabbildungen.

(Eingegangen am 26. Oktober 1954.)

I n zwei vorhe rgehenden Mi t te i lungen (FSRsTER und MUSCHOLL, 1954a u. b) wurde gezeigt, dab durch BAL- oder Meth ion inzugabe die durch Methy l th iourac i l (MTU) ausgelSsten Stoffwechsel- und Schild- drf isen (SD)-Veri~nderungen modif iz ier t werden kSnnen:

In einem subakuten Versuch trat die Stoffwechselwirkung schneller ein; bei Versuchsende (nach 16 Tagen) war trotz etwa gleicher Stoffwechselsenkung die SD-Gewichtszunahme geringer. In einem chronischen Versuch (64 Tage) normali- sierte sich gegen Versuchsende der Stoffwechsel d e r m i t MTU ~-Methionin be- handelten Gruppe, obwohl die EpithelhShe grSBer war und das SD-Gewicht etwa das Doppelte betrug. Dieser Dissoziation yon Stoffwechselverhalten und histo- logischem Bild der SD entsprachen die cytologisehen Befunde des ttypophysen- vorderlappens (HVL), die zu der Annahme berechtigen, dab der Stoffwechsel durch die//-Zellen als wahrscheinlich verantwortliche Thyreotropinproduzenten gestenert wird, w~hrend die Proliferation des SD-Epithels mit einer Zunahme der )J-Zellen im HVL korreliert ist. Bei hoher sekretorischer Anforderung an die SD tiber l~ngere Zeit kommt es zu einer VergrSBerung und Gewichtszunahme dieses Organs, wobei sich die ~-Zellen in Thyreoidektomie-Zellen (ira folgenden als T-Zellen abgektirzt) umwandeln (ScEARF, F(~RSTER und ~/[USCltOLL, sowie SCEARF und FfRSTER).

Durch die fo lgenden Un te r suchungen soUte einerseits ein wei te rer Be i t r ag zu den in der L i t e r a t u r oft gegens~tzl ichen Befunden fiber den EinfluB verschieden hoher J o d d o s e n a u f den Stoffwechsel und die his tologischen Ver£nderungen der SD und H y p o p h y s e geleistet , anderer- seits die Mfg l ichke i t un te r such t werden, ob d u t c h zus/~tzliche BAL- oder Meth ion inverabre ichung die j odbed ing t en Einflfisse modif iz ier t werden kSnnen.

Methodik. Alle Untersuchungen wurden gleichzeitig in einer groBen Versuchsreihe mit

160 jungen weiblichen Albinoratten (durchschnittliches Anfangsgewicht etwa 100 g) yon Oktober bis Dezember 1951 durchgeftihrt. Die yon verschiedenen

* Mit Untersttitzung der Deutschen Forsehungsgemeinsehaft. Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 225. 14

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196 W. F6RSTER, C. HERRMAN~,J.-H. Sc~ARF und F. EI~ENBRAND:

Ziichtern s tammenden Tiere wurden vor Beginn der Versuehe gemiseht und mit Hilfe einer Zufallstabelle in Gruppen zu 10 Tieren in Ki~figen zusammengesetzt . Nach fortlaufender Nummerierung wurden aus jeder Zehnergruppe zufallsmi~Big 6 Tiere fiir einen Stoffwechselvorversuch (4---5 Einzelwerte, berechnet auf 15 Minuten- Perioden) ausgew£hlt. In weiteren 10 Vorversuehen wurden jeweils aus dem ge- samten Tiermaterial Gruppen zu 6 l~at ten zufallsm~Big zusammengestell t und untersueht . Eine Varianzanalyse aller Vorversuehe ergab keine signifikanten Ab- weiehungen der Stoffwechselwerte zwischen den Gruppen (P < 0,2).

Gruppeneinteilung, HShe der Dosierung, Verhal ten des laufend kontroll ierten K6rpergewichtes, Zahl der w~hrend des Versuches spontan ad exi tum gekommenen Tiere sind aus Tab. 1 zu ersehen. Die Versuchsdauer betrug 46 Tage.

Tabelle 1.

Art der Behandlung

1. Substanz 2. Substanz Dosis (mg/kg) I Dosis (mg/kg)

0,9% NaC1-L6sung 2 ema/100 g N a J 1 250 - -

,, 1000 ,, 250 + Methionin ~ 3000 ,, 1000 + ,, 3000 ,, 250 + BAL 3 ,, 1000 + ,,

Methionin 3000 BAL 15

1 N a J (Merck). 2 = dl-Methionin-Homburg. a =: BAL = Sulfactin-I-Iomburg.

2,3-Dithiopropanol.

20 20 20 20 20

15 20 15 20

- - 10 --- 10

Durchschn. Verhalten d. I Anzahl d. Kbrpergewichtes in % Ispontan ge-

(bezog. a. Ausgangsgew.) I storb. Tiere I nach nach I wahrend des

21 Tagen 47 Tagen ~[ Versuchs

- - 3 , 5

- - 6 , 9

- - 0,7 - - 5,4 + 6,4

4,5 ~ 9 , 9 +38 ,0

+39 ,0 + 3,5 + 3,7 + 0,2

2,8 +28,1 - - 0,7 + 2,3 +58 ,0

0 4 9 7

12(!) 1

9 0 0

Fiir die freundliche l~berlassung der Substanzen sei auch an dieser Stelle dem Chemiewerk Homburg Frankfurt /M. gedankt.

Lbsungsmittel waren: Fiir NaC1 Aqua dest., ftir N a J und Methionin Leitungs- wasser, fiir BAL Oliven61. Die NaJ-Lbsungen wurden tgglich kurz vor dem Son- dieren friseh hergestellt. Mit Ausnahme yon BAL wurden dig Substanzen mi t der s tarren Magensonde t~glich einmal verabreicht (bei den Stoffweehseltieren stets nach der Stoffweehselbestimmung). BAL wurde i.m. abwechselnd in den re. und li. Oberschenkel gespritzt (0,1 cm3/100 g Ratte) . War tung der Tiere, Ar t der Stoff- wechseluntersuchung und statistische Auswertung siehe F6RSTER u. MUSCHOLL, 1954a u. b.

In jeder Gruppe wurden 2mal wSehentlieh Stoffwechselbestimmungen an 6 Tieren durchgefiihrt, die nach einer Zufallstabelle ausgew~hlt wurden. Die Untersuehung der Methionin-Kontrollgruppe muBte aus ~uBeren Griinden li~ngere Zeit unterbroehen werden; ihre Ergebnisse wurden daher nicht aufgeftihrt. Um neben dem Stoffwechselverhalten auch laufend die histologischen Ver~nderungen yon SD und HVL verfolgen zu kbnnen, wurden aus allen jodbehandel ten Gruppen und der NaC1-Kontrollgruppe am 4 , 7., 11., 13., 18. und 35. Tage meist je ein

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Korrelationen zwiseh. Stoffwechsel-, Schilddriisen- u. Hypophysenveranderung. 197

Tier nach der Zufallstabelle ausgewahlt, getStet, SD und HVL auf einer Torsions- waage gewogen und histologisch aufgearbeitet. Die SD wurden in Formol fixiert, in Paraffin eingebettet und mit ttamalaun-Eosin und nach der Azanmethode gef/~rb~. Die tIypophysen wurden teils in Formol, teils in Susa fixiert, meist nach I-IETDENltATN mit der Azanmethode gef~rbt, aber auch H/imatoxylin-Eosin-, Sudan- sehwarz-, Acridinrot-, Chromh~matoxylin-, Resorcin-Fuchsin- und Kresazan- Pr~parate angefertigt. (Einzelheiten der histologischen Aufarbeitung und Aus- wertung siehe S C ~ A R F , EIt~ENBRAND und FSRSTER.)

Versuche.

Die w~hrend des Versuchs beobachteten Stoffwechsel~nderungen sind in Abb. 1 und 6 wiedergegeben. Durch die Stoffwechselergebnisse der jodbehandelten Gruppen lie~en sich keine einheitlichen Regressions-

- ~ 900 i ".~

850i. o

800 - 2,9

750t - 2,g

zoo 2;

I / n ^ I

i ~ c ~ i +, / : . . . . . ~ . . . . . . t . . . . . . . . . . . . : . . . . . . . . . . . - - - - ; -

\?-~ \ . / , I b . i

~6 0,7 0,8 49 7,0 1,7 7,2 7,3 7,~ ~,5 7~'log Tage 1 I i [ ! I r i 5 70 75 20 25 30 35 ~ ¢sTage

Abb. 1. Stoffwechselkurven (Regressionstinien) der mi t 0 ,9% NaCl=LSsung ( . . . . . ), 250 m g N a J / k g ( - - -), 250 m g N a 3 -- 3000 m g Methionin/kg ( - - - - - - ) und 250 m g N a $ ÷ 15 m g B A L / k g ( . . . . . ) fiber einen Ze i t r aum yon 45 Tagen behandel ten Gruppen yon Albinorat ten. Abszisse:

Behandlungs tage , Ord ina te : Cal/m ~ in 24 Std, beides in logar i thmischer Auf t ragung .

gerade legen, so dal~ eine Unterteilung in einzelne Abschnitte vorgenom- men werden mu•te. Die Abweichungen der Stoffwechselwerte yon den l~egressionslinien sind gering und liegen innerhalb der statistischen Zufallsbreite (Originalkurven siehe SCHARF, EHRENBRAND und FORSTER).

1. Kontrollgruppen.

Die NaC1-Kontrollgruppe zeigte w~hrend des Versuchs einen linear leicht ansteigenden Stoffwechsel mit nur geringen zufallsbedingten Schwankungen (maximaler Unterschied der Tagesmittelwerte w~hrend der ganzen Versuchsdauer nur 40 Cal/m 2 in 24 Std). Der Stoffwechsel der BAL-Gruppe liegt im ganzen tiefer mit fallender Tendenz. Richtung und gemittelter Abstand yon der NaC1-Gruppe waren signifikant (P < 0,001). Trotz des signifikanten Stoffwechselunterschiedes sind die SD-Gewichte

14"

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1 9 8 W . F o R s T E R , C. HERRMANN, J . - H . SCHARF u n d F . EHRENBRAND:

beider Gruppen beiVersuchsende gleich (NaC1-Gruppe--5,22; BAL- Gruppe ~ 5,84 rag/100 g KSrpergewicht).

Histologische Be/unde. Bei den mit NaC1-LSsung behandelten Tieren zeigten sich leichte Ver~nderungen an SD und HVL, die jedoch ganz anderer Art waren als nach Verabreichung stoffwechselwirksamer Sub- stanzen. Es ist beabsichtigt, diese Befunde welter zu verfolgen. Da die

Abb. 2. Parenchyins t ruma der Rattenschilddrilse nach 45t~giger Behandlung mit 25 mg MTU -~ 30 mg BAL/kg et die (F~iaSTER 11. MVSCHOLL 1954b). Das Organ ist vSnig entstellt, in weiten Partien ist die Follikelstruktur verlorengegangen. In der Bildmitte noch zwei Follikel mit hoch-

prismatischem ]~pithel. Formol fix., H~matoxylin-Eosin, 570:1. (9/10 verkleinert.)

BAL- und Methionin-Hypophysen friiher eingehend histologisch unter- sucht worden sind (ScHARF und FSRSTER), wurde auf eine Wiederholung der histologischen Aufarbeitung verzichtet.

2. 250 mg NaJ/kg-Serie. Ira Stoffwechselverhalten der mit 250rag NaJ/kg behandelten

Rat ten lassen sich 4 Phasen erkennen:

1. Ein erster steiler Abfall zwischen 4. und 7. Versuchstag;

2. Ein Stoffwechselanstieg zwischen 7. und 18. Versuchstag;

3. Ein zweiter steiler Abfall zwischen 18. und 25. Versuchstag;

4. Ein allm~hlicher Anstieg bis Versuchsende, der jedoch nicht die Norm erreicht. Maximaler Unterschied der Tagesmittelwerte z 195 Cal/ m ~ in 24 Std.

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Korrelationen zwisch. Stoffwechsel-, Schilddriisen- u. Hypophysenver~nderung. 199

Die zus£tzlich mit Methionin behandelte Gruppe zeigte vollkommen parallel verlaufende, jedoch bis auf Phase 4 um etwa 5--6 Tage verzS- gerte Stoffwechselschwankungen. Auffallend ist weiterhin, da~ die maximalen Stoffwechselunterschiede w~hrend des Versuchs noch grSl~er w~ren als bei der Jodgruppe (249 Cal/m ~ in 24 Std).

BAL-Zugabe verzSgerte noch starker als Methionin die einzelnen Stoffwechselphasen (bis zum 8. Tag ist der Stoffwechsel normal) und

Vakuolisierte T-gellen

Jugend- liehe

T-Zelle

T.Zellen mit be- ginnen-

der Vakuo - lisation

Jugendliche Vakuolisiertv T - Z ellen T- Z elle

Abb, 3. /typophysenvorderlappenausschnitt des gleichen Tieres wie Abb. 2. Weite Partien des HVL sind nach Stammzellvermehrung und Umdifferenzierung fiber r-Zellen zu T-Zellen schwer ver~ndert. Im Bild T-Zellen verschiedener Alters- und Vacuolisationsstufen. Susa fix., Azan 935:1. (19/20 ver-

kleinert.)

schw~chte sie im Gegensatz zu Methionin stark ab. Maximaler Unter- schied der Tagesmittelwerte ~ 121 Cal/m ~ in 24 Std. Durch die Phasen- verzSgerung fiel der Beginn der 4. Phase nicht mehr in den Versuch (Abb. 1). Die statistische Uberprfifung (nach FS~sT~, 1952) der Stoff- wechselunterschiede einzelner ])hasen der Jodgruppe gegenfiber den NaC1-Kontrollen sowie der zus~tzlich mit BAL und Methionin behan- delten Gruppen gegenfiber der Jodgruppe ergab signifikante Ab- weichungen (P ~ 0,01--0,001, tt~R~MA~N).

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200 W. FSRsTER, C. HERRMANN, J.-H. ScHARF und F. EHRE~BRAND:

Histologische Befunde*.

250 mg NaJ/kg.

SD. Die am 4. Tage im wesentlichen normale SD wird w~hrend der Phase 1 und 2 zunehmend akt iver : Das Kolloid wird schaumig, es sind Epithelh6hen- zunahme, Bildung neuer Mikrofollikel und Hyper~mie zu verzeichnen. Am Ende der Stoffwechselsteigerung erweckt die Driise einen erschSpften Eindruck und es t re ten massenhaft parafollikul/tre Zellen auf. Von Phase 3 an erfolgt zunehmende Inakt ivierung der SD, als Ends tadium zeigt sich eine Stapelschilddriise mi t sehr

Abb. 4. Abschnitt einer noch proliferativ aktiven Partie aus der Rattenschilddrfise nach 47t/igiger Behandlung mit 250 mg NaJ/kg et die. W~hrend der fiberwiegende Tell der Schilddrfise wieder Kolloid speichert, zeigt der dargestellte Abschnitt noch intraepitheliale Thyreocytenknospung, Abschiebung der Tochterzellen aus dem Epithelverband, Bildung parafollikuliirer Zellplatten und deren Umlage-

rung zu Mikrofollikeln. Formol fix., ttiimalaun-Eosin, 570:1. (19/20 verkleinert.)

flachem Epithel , aber t rotzdem noch deutlicher Proliferationstendenz (vgl. Abb. 2 gegen 4 ]).

HVL. Zu Beginn der Phase 1 a-Zellen teilweise entgranuliert , vermehrte Bil- dung unreifer fl-Zellen mi t schfitterer Granulierung und Mikrovacuolisation. Zu Begirm der Phase 2 schwach granulierte :¢-Zellen, viele jugendliche fl-Zellen und solche mi t prominentem GoLGI-Zentrum (,,GoL(~i~v-Formen" im Sinne yon F~RRER und P~LLEaRI~r, 1952). W~hrend des Stoffwechselanstieges Normalisierung der ~-Zellen. Intravasales, feintropfiges, azanrotes Kolloid, fl-Zellen mi t prominentem GoLc~i-Zentrum beherrschen das Bild, in umschriebenen Bezirken auch holokrine Einschmelzung der fl-Zellen. Phase 3 wurde nicht erfal3t. Am Ende der Phase 4 vermehr t fl-ZeUen (vgl. Abb. 3 gegen 5 !), meist GoLoi~-Formen und ausgedehnte Bezirke mi t holokriner Einschmelzung yon fl- und },-Zellen.

* Einzelheiten siehe SCHARF, EHRE~B~AND und FORSTER (1954).

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Korrelationen zwiseh. Stoffwechsel-, Schilddrfisen- u. Hypophysenver~nderung. 201

250 mg N a J + 3000 mg Methionin/kg .

SD . Vor dem ersten Stoffweehselabfall umfangreiche Einschmelzungen des Follikelepithels und zum Teil sogar der bindegewebigen Follikelw~nde. WKhrend des Stoffweehselabfalls Ruhesehilddrfise mit massenhaf t parafollikul~ren Zellen. Am Stoffwechseltiefpunkt ausgedehnte Epitheleinschmelzung. W~hrend des Stoff- weehselanstieges Formierung zahlreicher Mikrefollikel und massenhaft helle intra-

fl-Zellen a-Zellen

fl-Zellen

fl-Zellen

fl-Zellen

zellkerne

fl. g elle

Abb. 5. Vorderlappenausschnitt des gleichen Tieres wie Abb. 4. Im Gegensatz zur MTU-behandelten Hypophyse mit T-Zellen (vgl. Abb. 3) zeigt die jodbehandelte Hypophyse deutliche Vermehrung der fl-Zellen, vorwiegend in ihrer granulierten Variante. Der noch vorhandenen proliferativen Tendenz der Glandula thyreoidea entsprechend flnden sich fiber den ganzen Vorderlappen verstreut vereinzelte

T-Zellen (im Bild nicht enthalten!). Susa fix., Azan, 935:1. (19/20 verkleinert.)

epithelial gelegene parafollikul~re Zellen. Wahrend der Phase 4 auBerordentlich akt ive SD mi t zun~chst sehaumigem Kolloid sowie prismatischem und erst bei Versuchsende infolge Kolloideinlagerung abgeflachtem Epithel, zahlreichen Mikro- follikeln und intraepithelialen Capillaren.

H V L . Zu Beginn und w~hrend der Phase 1 ~hnliche Ver~nderungen wie bei den Jodtieren, jedoch teilweise Beginn einer Ho10krinie der fl-Zellhaufen. Zu Beginn der Phase 2 ~-Zellen wieder intakt , besonders viele kleine fl-Zellen, die sich in h6ch- ster Akt iv i t~t befinden. W~hrend des steilen Stoffwechselanstieges sind die fl-Zellen so s tark vermehrt , dab gro0e Teile der Driise wie basophile Adenome aussehen. Phase 3 wurde nicht erfaBt. Phase 4 mit langsamem Stoffwechselanstieg zeigt wieder abnorm zahlreiehe fl-Zellen mi t prominenter Macula und oft holokrine Sekretion, ferner groBe Homogenate azanroten Kolloids in den Gef~Ben.

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202 W . FORSTER, C. HERRI~IANN, J.-H. SCH~RF und F. EHRENBRAND:

250 my NaJ/]cg -t- BAL.

SD. Zu Beginn der Phase 1 bei noch normalem Stoffwechsel am 7. Tag eine ge- wisse Aktivierung. Am Ende der Phase 1 und zu Beginn der Phase 2 Follikel kolloid- frei, hohes Epithel, gehkuft auftretende Mikrofollikel. Mit steigendem Stoffwechsel vemehrt parafoUikulkre Zellen, die sich zu Mikrofollikeln umlagern und aueh KoUoid bilden. Phase 3: Zun~ehst Stapel-SD mit sehr flachem Epithel, intraepi- thelial massiert parafollikulare Zellen. Mit fallendem Stoffwechsel EpithelerhShung, ttolokrinie, massiert Mikrofollikel und parafollikul~re Zellen.

HVL. Phase 1: ~-Zellen wenig granuliert, fl-Zellen vermehrt und h~ufig vacuo- lisiert, darunter aber auch GoGLIi,-Formen. Zu Beginn yon Phase 2 neben vermehrten fl-ZeUen mit prominentem Stoffwechselzentrum reichlich staubfSrmiges

' !b" 0,7 O,P P.. 7,0 7,1 ,2 7,3 l,a 1,5 1,5"(ocj Tage 5 lg 1# 20 25 30 ~ qO gSTage

Abb. 6. Stoffwechselkurven (Regressionslinien) der mi t 0 ,9% NaC1-L6sung ( . . . . ), 1000 mg N a J / k g ( . . . . . ), 1000 m g N a J -i- 3000 m g Methionin/kg ( - - - - - - ) und 1000 mg N a 5 + 15 m g BAL/kg ( . . . . . ) fiber einen Zei t raum yon 45 Tagen behandel ten Gruppen yon Albinora t tem Abszisse:

Behandlungstage, Ordinate: Cal /m ~ in 24 Std, beides in logari thmiseher Auf t ragung.

azanrotes Kolloid in und um die Gef~fle. Mit steigendem 8toffwechsel grofle in- travasale Homogenate. Phase 3: Holokrinie vorwiegend der vermehrten fl-Zellen, Auftreten yon T-Zellen, Magmabildung.

3. 1000 mg NaJ/kg-Serie.

Die Stoffwechselver~nderungen der mi t dieser hohen Joddosis son- dierten Tiere lassen sich in 3 Phasen untertei len:

1. Langsamer Stoffwechselabfall zwischen 4. und 14. Tag,

2. sehr steiler Anstieg zwisehen 14.--18. Tag, 3. Abfall zur Norm, die bis Versuchsende gehalten wird (Abb. 6). Die einzelnen Stoffwechselphasen konnten gegenfiber den NaC1-

Kontrol len statistisch gesichert werden. Die Deutung des Stoffwechselverhaltens unter Methionineinflufl

ist sehwierig. Vor die 1. Phase des Stoffwechselabfalls t r i t t ein Anstieg fiber die Norm zwischen 5.--8. Tag, der kein Analogon bei den Jodt ieren besitzt. Das weitere Verhalten bis zum 29. Versuchstag kann im ganzen als eine s tark verzSgerte erste Phase des Stoffwechselabfalles gedeutet

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Korrelationen zwiseh. Stoffwechsel-, Sehilddriisen- u. Hypophysenver~nderung. 203

werden, obwohl es am 24. und 26. Versuchs tag zu einer kurzf r i s t igen Stoffwechsels te igerung kam, die auBerhalb der zufKlligen s ta t i s t i schen Schwankungsbre i t e der Regressionsl inien liegt. Die Phase 2 des Stoff- wechselanst iegs is t um e twa 20 Tage gegenfiber den Jod t i e r en verzSgert . Phase 3 f~ll t n ich t mehr in die Versuchszei t . Un te r dieser Be t rach tungs - weise geht das Stoffwechselverhal ten un te r Methioninzugabe im ganzen doch para l le l zu dem der Jod t ie re .

Der Stoffwechselabfal l un t e r B A L - E i n / l u f l weicht nu t wenig yon dem der J o d g r u p p e ab. Dagegen ist der Stoffwechselanst ieg der Phase 2 s t a rk gehemmt , so dab er erst gegen Versuchsende seinen Gipfe lpunkt crreicht . Phase 3 is t - - wenn f iberhaupt - - nur angedeute t . ~hn l i ch wie bei der 250 mg N a J - S e r i e is t also der Stoffwechselabfal l un te r BAL-Zugabe voll ausgebi lde t , der Stoffwechselanst ieg geht n ich t sicher fiber die Normal - wer te hinaus. Trotz gewisser Versehiedenhei ten des Stoffwechselver- ha l tens im einzelnen modif iz ieren B A L und Methionin bei be iden Ver- suchsre ihen in rech~ ~hnlicher Weise den Stoffwechsel un t e r Jodgabe .

Histologisehe Befunde. 1000 mg NaJ/kg.

SD. Bereits zu Beginn der Phase 1 Aktivierung der SD, die mit fallendem Stoff- weehsel zunimmt: Kriimeliges Kolloid, hohes Epithel, Formierung vereinzelter Mikrofollikel, helle parafollikulare Zellen intraepithelial, stellenweise Holokrinie. Am Ende der Phase 1 Beruhigung der SD, gut anf~trbbares Kolloid, Abflachung des Epithels, nur noch vereinzelt holokrine Sekretion, aber noeh vermehrt Mikrofollikel. Am Ende der Phase 2 Zunahme der Mikrofollikel, die aus intrafollikul~ren Zell- haufen (dunkle parafollikul~tre Zellen) gebildet werden; massiert intraepithelial lie- gende, helle parafollikul~re Zellen. W~hrend der Phase 3 zun~ehst keine SD-~nde- rungen. Erst am Ende starke Aktivierung mit hohem Epithel, vacuolisiertem Kolloid, massenhaft hellen parafollikul~tren Zellen, Mikrofollikelbildung, Hyper~mie, ver- einzelt Holokrinie.

HVL. Zu Beginn der Phase 1 sind die ~-Zellen grSBtenteils schiitter granuliert, der Rest hyperchromatisch, fl-Zellen mit meist schwacher Granulierung und ge- bl~htem Zelleib beherrschen das Bild. Am Ende der Phase 1 fl-Zellen verausgabt, gebl~hte Typen mit pyknotischem Kern und sp~rlichen Granula, vereinzelt T-Zellen, in den Gef~Ben feines azanrotes Kolloid. Am Ende der Phase 2 u-Zellen entgranu- liert, vermehrt jugendliche vacuolisierte fl-Zellen, keine Pyknosen. ~V~hrend der Phase 3 bei normalem Stoffwechsel ~-Zellen intakt, fl-Zellen deutlich vermehrt, viele jugendliche Vacuolisierte. BeiVersuehsende intracapill~r azanrotes Kolloid, fi-Zellen grSSer als normal und stark vermehrt, vereinzelt holokrine Sekretion.

1000 mg NaJ/bg Jr Methionin. SD. W~hrend des dem Stoffwechselabfall vorangehenden Anstieges enthalten

die im ganzen kleinen Follikel mit etwas erhiihtem Epithel gut anf~rbbares Kolloid, Mikrofollikel etwas vermehrt. Whhrend des Stoffwechselabfalls der Phase 1 ist die SD meis~ sehr aktiv: Abgesehen yon den peripher gelegenen groBen Follikeln mit dichtem Kolloid und normal hohem Epithel meist Mikrofollikel mit prismatischem Epithel, kolloidfrei oder nur schaumiges Kolloid, intraepithelial liegende, helle para- follikul~re Zellen mit Ausknospungstendenz. Aus Haufen clunkler parafollikul~rer

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204 W. FORSTER, C. I~ERRMANN, J.-HI SCHA.RF und F. EHRENBRAND:

Zellen werden neue Mikrofollikel gebildet. Vereinzelt holokrine Sekretion. Bei Ver- suchsende wieder sehr aktive SD mit prismatisehem Epithel, Hyper&mie, vermehr- ten parafollikul~ren Zellen, die zu Mikrofollikeln umgebildet werden, jedoeh gut anfarbbarem Kolloid !

HVL. W~hrend des ersten Stoffwechselanstiegs vermehrte fl-Zellen, u-Zellen intakt. W~hrend des Stoffwechselabfalls der Phase 1 vacuolisierte fl-Zellen in Form kleiner AdenomknStchen, anfangs azanrotes Kolloid intracapill~r, vereinzelte T-Zel- len, Stamm- und y-Zellen vermehrt. Zu Versuchsende fl-ZeUen extrem vermehrt, meist mit prominent~m Stoffwechsolzentrum, ttolokrinie. ~-Zellen normal, y-Zellen stark vermehrt und vereinzelt zu T-Zellen umgebildet.

1000 mg NaJ/kg Jr BAL.

SD. Bereits vor Beginn des Stoffweehselabfalls bei noeh normalem Stoffwechsel ist die SD aktiv: Sehaumiges Kolloid, hohes Epithel, ausgedehnte parafollikul~re Zellhaufen mit Umlagerungstendenz zu MikrofoUikeln. Mit fortsehreitendem Stoff- wechselabfall einerseits eine gewisse Beruhigung der SD (flaches Epithel, wenig Mikrofollikel), andererseits holokrine Sekretion einzelner Follikel. Am Ende der Phase 1 wieder zahlreiehe Mikrofollikel mit sehr hohem Epithel. W~hrend der Phase 2 des Stoffwechselanstiegs stark f~rbbares Kolloid, flaches Epithel, grSi~ere interfollikul~re Zellhaufen mit heUen und dunklen parafollikul~ren Zellen, zahlreiche Mikrofollikel.

HVL. Vor und wiihrend des Stoffweehselabfalls wenig Veranderungen an den ~-Zellen, fl-Zellen sehr stark vermehrt, meist mit prominenter Macula und Granula- verarmung. Am Ende des Stoffweehselab falls sind die fl-Zellen vSllig verausgabt. W~h- rend der 2. Phase des Stoffwechselanstiegs dominieren unter den vermehrten fl-Zellen jugendliche Formen mit holokriner Sekretion. Sehr zahlreich aueh die ~-Zellen. Bei Versuehsende starke Hyperiimie, besondere hypertrophe ~-Zellen; einerseits zahlreiehe grebe verausgabte fl-Zellen, andererseits granulierte fl-Zellen, die nach holokriner Sekretion Magmaseen bilden, nur vereinzelte T-Zellen.

Diskussion.

Wi~hrend einer 46t~gigen Verabreichung hoher Joddosen konnten in vor l iegendenUntersuchungen an l~atten bis zu 4 Phasen abwechselnden Stoffwechselabfalles und -wiederanstieges unterschieden werden mit Differenzen bis zu 250 Cal/m 2 in 24 Std. Dieser fiberrasehend s tarken Dynamik des Stoffwechsels w~hrend des Versuches gehen histologische Ver~nderungen, speziell im HVL, aber auch in der SD parallel, die einen guten Einblick in die cytologisch faBbaren Regulations- und Gegen- regulat ionsmechanismen des Hypophysen-Schi lddrf isen-Systems ermSg- lichen.

Der krasse Gegensatz zwischen normalem Stoffwechsel, s tarker SD-Gewichtszunahme sowie Epi thelerh6hung und tiefgreifenden cyto- logischen Ver~nderungen im H V L unter Methylthiouracil und Methionin- gabe (ScE~--RF U. F6RSTER) fiihrte zu dem SchluI~, dab eine voneinander unabhi~ngig ablaufende doppelte Steuerung im Hypophysen -SD-Sys t em vorhanden sein muB: Es kann einerseits eine starke SD-Vergr6Berung und proport ionale T-Zellenzunahme in der Hypophyse bei normalem Stoffwechsel beobachte t werden, andererseits ist die fl-Zellenzunahme

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Korrelationen zwisch. Stoffwechsel-, Schilddriisen- u. Hypophysenver/~nderung. 205

im HVL nur mit Ver/~nderungen der StoffwechselhShe korreliert. Diese Befunde konnten in vorliegenden Untersuchungen best/itigt und weiter ausgebaut werden. Histologisch war wi~hrend des ganzen Versuches niemals ein auff/illiges Auftreten von T-Zellen zu beobachten. Ent- sprechend war bei Versuchsende bei keiner Gruppe trotz starker Stoffwechselabweichungen das SD-Gewicht signifikant erhSht. Um- gekehrt waren die fl-Zellen stets bei signifikanter Stoffwechsel/in- derung alteriert: Bei sinkendem Sto//wechsel bildeten sich in den vor- handenen fl-Zellen Vacuolen. Aus den sich vermehrenden Stammzellen entstanden vorwiegend/~-Zellen, deren beschleunigter Sekretionscyclus sich bereits bei unreifen Formen in Vacuolisation als Ausdruck einer Hypersekretion manifestierte. Diese morphologischen Ver/inderungen deuten auf eine Geg~nregulation durch vermehrte Thyreotropinaus- sehiittung hin. Ist die SD jedoch bereits verausgabt, und daher nicht sofort ,,ansprechbar", kommt es im Extrem zu einer massiven Holokrinie vorwiegend der fl-Zellen mit Einschmelzung ausgedehnter HVL-Bezirke und Bildung groBer Magmalacunen.

Sto//wechselanstieg war stets verbunden mit einer Zunahme zun/ichst feintropfiger, sp/iter massierter intravasaler azanroter Kolloidkonglo- merate und einer Vermehrung der fl-Zellen mit prominentem Stoffwechsel- zentrum und verdichteter fl-Granulation. Eine extreme adenomartige fl-Zellanh/iufung wurde w/~hrend des Stoffwechselanstieges der 250 mg Na J + Methioningruppe gesehen, die wenige Tage vorher den tiefsten Stoffwechselwert w/~hrend des gesamten Versuches aufgewiesen hatte. Holokrinie, gedeutet als extremer Versueh, den Stoffwechselnormalwert zu erreichen, wurde bei der 1000 mg NaJ ~ BAL-Gruppe auch w/ihrend des Stoffwechselanstieges zur Norm beobachtet.

Die ~-Zellen zeigten manehmal in den NaJ- und l~aJ ~- Methionin- gruppen w£hrend einer Stoffwechselsenkung eine geringgradige tempo- r/~re Sch~digung, wohl als Zeichen eines zeitweiligen Thyroxindefizites. Demgegentiber fielen ZellvergrSBerungen bei den zusiitzlich mit BAL behandelten Jodtieren auf, w/ihrend die ~-Zellen der NaC1-Kontroll- gruppe normal blieben. Beide Gruppen nahmen am st/irksten an KSrper- gewicht zu, so dab die yon vielen Autoren vermutete Bildung des Wachstumshormons in den x-Zellen durch vorliegende Befunde gestiitzt wird.

Vereinzelte T-Zellen traten stets dann in Erscheinung, werm sich in der SD massiert parafollikul/ire Zellen bildeten; w~hrend deren Umbil- dung zu Mikrofollikeln waren die T-Zellen aber meist wieder verschwun- den. Das Auftreten massierter T-Zellen ist nach allen vorliegenden Befunden mit einem exzessiven Wachstum der SD korreliert, das nur bei langdauerndem Thyroxindefizit zustande kommt (Thyreoidektomie, Thiouracilgabe und /ihn]iches). Ein voriibergehendes Absinken des

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206 W. F6RSTER, C. HERRMANN, J.-H. SCHARF und F. EHRENBRAND:

Thyroxinspiegels fiir Stuaden oder wenige Tage wird zun~chst durch eine vermehrte T~tigkeit der fl-Zellen ( ~ vermehrte Ausschiittung des Stoffwechselfaktors ,,Thyreosekretin") ausgeglichen. Erst in zweiter Linie kommt es ohne nachweisbare Gewichtszunahme zu einer Proliferation der SD durch EpithelerhShung. Ein hSherer Grad proliferativer Tendenz zeigt sich schliel~lich darin, dab sich die Thyreocyten vermehrt teilen, die Tochterzellen aus dem Follikelepithel aussprossen und parafollikul~re Zell- haufen bilden, die sich schliel31ich zu neuen Follikeln (Mikrofollikel) um- lagern. (Einzelheiten siehe EHRENBRAND 1953, 1954.) Die iibergeordnete Steuerung dieser Proliferation erfolgt durch die zu einer vermehrten Sekretionsleistung angeregten y-Zellen des HVL (,,Thyreoproliferin"- Produktion, mit Holokrinie im Extremfall), wobei sich vereinzelte T- Zellen aus ))-Zellen differenzieren kSnnen. Dal~ in vorliegendem Versuch trotz langdauernder Stoffwechselsenkung einzelner Gruppen (z. B. bei der 250 mg NaJ-Gruppe) keine massierte T-Zellzunahme zu beobachten war, h~ngt wahrscheinlich auch mit dem andersartigen Wirkungs- mechanismi~s von Jod zusammen; im Gegensatz zu den thyreostatisch wirkenden Substanzen wird die Thyroxinsynthese nicht vollkommen blockiert.

W~hrend die cytologischen Ver~nderungen des HVL als Gegen- regulationsmechanismen mit den Stoffwechsel~nderungen relativ gut korreliert werden k5nnen, bereitete die histologische Beurteilung des SD-Bildes gr61~ere Schwierigkeiten. In einer SD kSnnen nebeneinander Zeichen einer gehemmten Inkretabgabe (gut farbbares Kolloid mit flachem Epithel), einer vermehrten Inkretbildung (groBe kolloidreiche Follikel einerseits und solche mit prismatischem Epithel andererseits, Bildung aktiver Mikrofollikel aus parafollikul~ren Zellen; Auftreten holokriner Sekretion) und einer Proliferationstendenz (Neubildung von Thyreocyten dutch Mitosezunahme der Follikelepithelzellen, Aus- sprossung parafollikul~rer Zellen) gesehen werden.

Eine schematische Zuordnung bestimm~ter histologischer SD-Bilder zu einzelnen Stoffwechselphasen oder histologischen Ver~nderungen des HVL ist in der herkSmmlichen Weise nicht mSglich. Dazu laufen zuviele Regulationsteilfunktionen am gleichen Zelltyp, dem Thyreocyten, neben- einander ab. Die Vielzahl der verschiedenen Zelltypen im HVL ermSglicht eine bessere Einsicht. Trotzdem zeigte sich im Laufe der Versuche deut- lich, dab gewisse Korrelationen zu dem Stoffwechselverhalten gefunden werden k6nnen, wenn man als physiologische Aufgabe der SD zugrunde legt, den Stoffwechsel auf die Norm einzuregulieren: bei fallendem Stoffwechsel war eine SD-Aktivierung, bei erhShtem Stoffwechsel eine Ruhigstellung der SD zu beobachten. Als deutlichstes Beispiel dieser Gegenregulation ist die holokrine Sekretion zu nennen, die zur Zeit st~rkster Stoffwechselsenkung zu beobachten war.

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Zusammenge/aflt l~Bt sich daher sagen, dab in vorliegenden Versuchen das histologische Bild der SD und des t tVL mehr fiber die sekretorischen An/orderungen als fiber die inkre~orischen Leistungen Auskunft gibt und gerade die dynamischen Ver~nderungen wdhrend des Versuches einen guten Einblick in die Korrelationen zwischen Cytoiogie und Stoff- wechsel vermitteln.

~hnlich wie bei den Versuchen mit MTU waren auch hier deutlich modifizierende Einiifisse yon BAL und Methionin auf die dutch ver- schieden hohe Joddosen verursachten Stoffwechselver~nderungen nach- zuweisen. Methionin verzfgerte rein zeitlich die aufeinanderfolgenden Phasen des Stoffwechselanstieges und -abfalles. Speziell bei d e r m i t der niedrigen Joddosis gespI~tzten Gruppe war der Stoffwechselverlauf auch in allen Einzelheiten nach zus~tzlicher Methioningabe so exakt parallel zur Jodgruppe, wie man es bei biologischen Versuchen nut fiberhaupt erwarten kann. Die Phasenverschiebung betrug etwa 5--6 Tage. Die Verzfgerungen nach der hohen Joddosis waren l~nger. BAL wh'kte speziell bei der niedrigen Joddosis noch starker verzfgernd, es verhinderte abet auch jede Stoffwechselsteigerung fiber die Norm, w~hrend die Stoffwechselsenkungen roll ausgebildet waren. Diese zu Jod antago- nistische Wirkung yon BAL und Methionin kann durch die Eigenwirkung der Substanzen h6chstens teilweise erkl~rt werden. Der Stoffwechsel der BAL-Kontrollgruppe war w~hrend der gesamten Versuchsdauer gegen- fiber der Norm gesenkt. Vielleicht wurde dutch diese Eigenwirkung jeder Stoffwechselanstieg fiber die Norm verhindert. Der verzfgernde EinfluB auf die einzelnen Stoffwechselphasen finder dadurch aber keine Erkli~- rung. Die Eigenwirkung yon Methionin kann in dieser Versuchsreihe durch die l~ngere Unterbrechung der Zufuhr nicht exakt beurteilt werden. In frfiheren Versuchen (F6RsTEtt und MUSCHOLL) verursachte Methionin eine signifikante Stoffwechselsteigerung.

Die aus frfiheren Untersuchungen vorliegenden Befunde fiber den EinfluB yon BAL und Methionin bei verschiedenen SD-wirksamen Stoffen lassen noch keine einheitliche Deutung zu. BAL hatte bei MTU-behandelten Ratten eine deutlich synergistische Wirkung in der ersten Phase des Stoffwechselabfalles; fiir die St~rke dieser Wirkung war jecloch das Dosenverhaltnis zu MTU yon Bedeutung. Das SD-Gewicht war je nach DosenverhMtnis reduziert oder gesteigert (FfRsTER und MUSCItOLL). Bei Zugabe zu Thioharnstoff wurden weder der Stoffwechsel noch das SD-Gewicht signffikant beeinfluBt (K6HLER). Der durch NaSCN gesteigerte Stoff- wechsel erfuhr durch BAL-Zugabe eine weitere signifikante Steigerung, wobei auch die Richtung der Stoffwechselregressionslinie umgekehrt, das SD-Gewicht aber reduziert wurde. Die durch Contebengabe beobachtete Stoffwechselsenkung wurde durch BAL-Zusatz vollstandig aufgehoben, wahrend die SD-Gewichtszunahme noch verst~rkt wurde (MUSCHOLL). Die nicht signifikante Stoffwechselsenkung nach Badionalgabe wurde in eine signifikante Stoffwechselsteigerung umgewandelt, das durch Badional unbeeinfluBte SD-Gewicht signifikant erh6ht (KfELER). Die bei Meer- schweinchen durch thyreotropes Hormon ansteigende Stoffwechselregressionslinie wurde durch BAL umgekehrt, das SD-Gewicht blieb unbeeinfluBt (Sc~EVERMAN~).

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~hnlieh uneinheitlich sind die Ergebnisse nach zus~tzlicher Methionin.Verab. reichung: Bei MTU wurde die Stoffwechselsenkung synergistisch, das SD-Gewicht je nach dem Dosenverh/~ltnis zu MTU synergistisch oder antagonistisch beeinfluBt. Bei Zugabe zu NaSCN kam es ~hnlich wie nach BAL zu einer weiteren Steigerung des Stoffwechsels mit Umkehrung der Richtung der Regressionslinie (MUSCHOLL). Die Thioharnstoffwirkung wurde nicht beeirdiuflt (K6HLER), die Stoffwechsel- senkung nach Conteben in eine Stoffwechselsteigerung umgekehrt (Musc~OLL). Zu- sammen mit Badional kam es zu einer Stoffwechselsteigerung ohne Veranderung des SD-Gewichts (KSHLER). Bei Meerschweinchen wurde die durch thyreotropes Hormon normalerweise erzeugte SD-VergrSBerung durch Methioninzugabe stark abgeschw~cht, w~hrend der Stoffwechsel unbeeinfluflt b]ieb (SCHEUERMANN).

~hnlieh wie in den vorliegenden Jodversuchen zeigte sich also aueh in jenen Versuchsreihen deutlich, dab Stoffwechsel- und SD-Gewichtsver- ~nderungen nicht immer die frfiher postulierte Parallelit~t aufzuweisen brauchen. Ein Erkl~rungsversuch fiir die versehiedenartigen Einflfisse yon BAL und Methionin bei den einzelnen Thyreostatica erscheint wohl noch verfriiht. Wenn eine Schlul]folgerung bereits erlaubt ist, dann wohl die, dal3 der Angriffspunkt und Wirkungsmechanismus der verschiedenen Thyreostat ica ein verschiedener sein mul~.

Zusammen~assung. In parallel laufenden Versuchen an Ra t t en wurde der Einflu~ yon

BAL und Methionin auf die jodbedingten Ver~nderungen des Gasstoff- weehsels, des Schilddrfisen-(SD)-Gewichtes und des Zellbildes yon SD und Hypophysenvorderlappen (HVL) untersucht. Folgende Befunde sind als gesichert zu betrachten:

1. Der Stoffweehsel nach 250 mg NaJ /kg liel~ 4 Phasen abweehselnden Abfalles und Wiederanstieges mit maximalem Unterschied der Tages- mittelwerte bis zu 195 Cal/m 2 in 24 Std erkennen. Methioninzugabe bewirkte eine Parallelverschiebung der Stoffwechselkurve um 5--6 Tage, BAL-Zugabe verzSgerte noch starker und verhinderte jeden Stoffwechsel- anstieg fiber die Norm.

2. Der Gasstoffwechsel nach 1000 mg NaJ /kg zeigte 3 Phasen des Abfalls und Anstieges. Die Kombinat ion mit Methionin und BAL hat te im wesentlichen einen ~hnliehen Einflul~ wie in der vorigen Serie.

3. Eine signifikante Ver~nderung des SD-Gewichtes war in keiner Gruppe festzustellen.

4. Die histologischen Ver~nderungen der SD sind als Ausdruck ablaufender Gegenregulationen zum Verhalten des Stoffwechsels zu deuten: Bei Stoffwechselabfall SD-Aktivierung, bei erhShtem Stoff- weehsel Ruhigstellung der SD. Bei st~rkster Stoffwechselsenkung kommt es zu holokriner Sekretion ausgedehnter SD-Bezirke.

5. Die Proliferationsphase der SD war mit einer deutliehen Zunahme der ~-Zellen in der Adeno-Hypophyse verbunden. Vereinzelt differen- zierten sich auch y-Zellen zu T-Zellen um.

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Korrelationen zwiseh. Stoffwechsel-, Schilddriisen- u. I-Iypophysenver'anderung. 209

6. Bei ver~nderter sekretorischer SD-TKtigkeit, die sich in st~rkeren Stoffwechselabweichungen v o n d e r Norm kund ta t , kam es zu einer ausge- pr~gten Zunahme t~tiger fl-Zellen. Eine 1Kngerdauernde Stoffwechsel- senkung trotz vermehr te r fl-Zellbildung ffihrte zu holokriner Ein- schmelzung weiter Hypophysenabschn i t t e un te r vorwiegender Beteili- gung von fl-Zellen.

7. Die Zahl der ~-Zellen n a h m bei gesenktem Stoffwechsel voriiber- gehend ab, es kam auch zu einer tempor~ren Entgranu l ie rung .

8. Der verschiedenart ige Wirkungsmechanismus yon BAL und Methionin bei verschiedenen thyreosta t isch wirkenden Subs tanzen wird diskutier t .

Literatur. EHRENBRAND, F. :Med. Inaugural-Diss. Mainz, 1953. --Z. mikrosk.-anat-Forsch.

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Dr. reed. WERNER FSRSTER, Ludwigshafen Rh., Ebertstr. 1. Dr. med. et rer. nat. JOAC~M-HERMAN~ SCHARF und Dr. reed. FRIEDRICH EHREN-

BRA~D, Mainz, Anatom. Institut d. Univ.