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Korsika REISE Doris Neubauer – text // Karin Wasner – fotos Schroffe Küste. Bei Bonifacio erheben sich Felsen aus Kalk- und Sandstein aus dem Meer Die viertgrößte Mittelmeerinsel ist eine Welt r sich

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Korsika

REISEDoris Neubauer – text // Karin Wasner – fotos

Schroffe Küste. Bei Bonifacio erheben sich Felsen aus Kalk- und Sandstein aus dem Meer —

Die viertgrößte Mittelmeerinsel ist eine Welt für sich

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„Korsen sind Individualisten von überschäumendem Tem-perament. Gleichzeitig beherrscht und gelassen in ihrem Gehabe, gastfreundlich, ihren Freunden treu, heimatverbun-den, redegewandt und mutig. Und: Sie sind leicht beleidigt“, so steht es in der Einleitung von „Asterix auf Korsika“. Bereits in den ersten Stunden auf Napoleons Geburtsinsel wird klar: René Goscinny und Albert Uderzo haben 1972 gründlich recherchiert, als sie mit einer Gruppe mehrere Wochen auf der Mittelmeerinsel lebten und die Ergebnisse als Band XX der

Bergwelt. Das Dorf Ota ist Ausgangspunkt für viele Wanderungen im bergigen Hinterland —

Reihe „Asterix“ veröffentlichten. Wer den gelesen hat, wird auf Korsika so manches Déjà-vu erleben.

„Sie haben sich über die Eigenarten lustig gemacht“, be-stätigt die Deutsche Jeanette Slawik-Costa, „aber sogar Korsen können darüber lachen.“ Die staatlich geprüfte Fremdenfüh-rerin spaziert mit uns durch Calvi, eine der wichtigsten Ha-fenstädte der Insel, die mit 8.680 Quadratkilometern etwa so groß ist wie Kärnten, aber nur halb so viele Einwohner hat. Zu jenen 309.000 gesellen sich von Mai bis Oktober 2,8 der jähr-

lich drei Millionen Urlauber. „Wenn es nach mir geht, brau-chen wir im Sommer nicht noch mehr Touristen.“ Stéphane Orsoni, Korse wie er im (Comic-)Buche steht, ist erschreckend ehrlich. Es kümmert ihn herzlich wenig, dass das Hotel- und Gaststättengewerbe der wichtigste Wirtschaftszweig ist.

Klein, von kugeliger Gestalt und mit Zigarette in der Hand ruckelt er mit uns über die kurvenreichen, engen Straßen. Autobahnen? Fehlanzeige! Selbst Corte, dank der einzigen Universität auf Korsika bedeutendste Stadt im Zen-

trum, ist nur über Landstraßen zu erreichen. Die Fahrt lohnt sich genauso wie das Erklimmen des Felsens zur Zitadelle, die seit 1419 über der Stadt thront. Dann schlendert man durch die Gassen der ehemaligen Hauptstadt, zu der sie Freiheits-kämpfer Pascal Paoli 1755 gemacht hat, setzt sich in ein Café und beobachtet bei einem Pietra, diesem Bier aus Wasser, Malz und Kastanienmehl, die Menschen. Mit ihren wettergegerbten Gesichtern und den ausladenden Gesten könnten sie einem Avantgarde-Film entsprungen sein – oder einem „Asterix“-Band.

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„Verbinden Sie alle Punkte (= die in den Hängen kleben-den Dörfer) mit einer Linie“, diesem Motto scheint die „Straße des Handwerks“ zu folgen, die zu pittoresken Künstlerorten wie Pigna mit bunten Steinhäuschen und blumenumrankten Mauern führt. Da ist es egal, wie viele Serpentinen man be-zwingen und wie oft man halten muss, damit sich die Autos aus der Gegenrichtung vorbeitasten können. Oder damit ein Vierbeiner die Straße überqueren kann. Dass man meist heil ans Ziel kommt, liegt daran, dass die Korsen wegen fehlender öffentlicher Verkehrsmittel nichts anderes gewohnt sind. Und an ihrem im „Asterix“ zitierten „beherrschten, gelassenen Ge-habe“, das böse Zungen als „malaise corse“, korsische Krank-heit, die Lethargie, bezeichnen.

Bei Monsieur Orsoni ist davon nichts zu spüren, vom „überschäumenden Temperament“ umso mehr. Er ist mit Fluchen über sein Lieblingsthema beschäftigt: die Franzosen! Die überschwemmen im Hochsommer die Insel und sind seit 1769, als Frankreich das Eiland von Genua erwarb, Grund für Ärgernis. „Korsika ist ein Teil von Frankreich, aber wir sind keine Franzosen“, stellt Stéphane Orsoni klar, „wir sind Korsen.“ Und die sind äußerst heimatverbunden. Ihre Idee von der Unabhängigkeit haben sie all die Jahre behalten, auch wenn nirgendwo mehr Schriftzüge der nationalen Befreiungs-bewegung zu sehen sind, wie Fremdenführerin Jeanette

bestätigt. Orsoni, der in der Hauptstadt Ajaccio im Geburts-haus Bonapartes gearbeitet hat, ist sicher: „Wären Pascal Paoli und Napoleon Freunde gewesen, Korsika wäre heute nicht französisch, sondern Frankreich korsisch.“

„Nicht alle Korsen sind dieser Meinung“, spricht die Vor-arlbergerin Waltraud Guglielmacci aus Erfahrung: Sie ist vor Jahrzehnten auf die Insel gekommen und geblieben. Heute betreibt sie mit ihrem korsischen Ehemann eine Pension bei Calvi. Die viertgrößte Mittelmeerinsel – nach Sizilien, Sardinien und Zypern – hat sich nämlich nicht nur bei den Festland-Franzosen, Deutschen, Engländern, Italienern und Schweizern als Ferien-Domizil etabliert, sie ist auch fest in österreichischer Hand.

In den Sechzigerjahren wurde in der Bucht bei Calvi das Alpinistendorf „Zum störrischen Esel“ errichtet, mit deutsch-sprachigen Gästen und ebensolchem Personal. Seither trifft man Touristengruppen mit österreichischem Dialekt, der Straßenabschnitt zum Feriendorf gilt als „Kreuzung der Öster-reicher“ und auch ein „Kreuz der Österreicher“ gibt es: Auf dem Hausberg Capu di a Veta, von dem man auf die Balagne einerseits, auf die Bucht bis zum Cap Corse andererseits spähen kann.

„Wir Korsen sind kein Volk der Fischer und Segler“, erklärt Orsoni, „wir kommen aus den Bergen.“ Vor Jahrhunderten

Ausblick. Die Belohnung für den anstrengenden Aufstieg zur Festung in Bonifacio —

Lokale Köstlichkeiten. Am Markt von Ajaccio werden nur heimische

Produkte angeboten —

Strand. Sporteln auf dem kilo-meterlangen Strand von Calvi mit Blick auf die Zitadelle —

REISE

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Naturparadies. Die Genueserbrücke bei Ota, hoher Seegang in der Bucht von Porto; schier endloser

Strand an der Westküste, wilde Schweine im Hinter-land und die rötlichen Felsen der Calanche de Piana

– ein beliebtes Motiv für Künstler —

REISE

… nach innen zu werden die Blätter feiner und feiner

Buchtipps

DuMont Reise-Taschenbuch Reiseführer Korsika Hans-Jürgen Siemsen, Karen Nölle, Sandra Olschewski, Dumont Reiseverlag, € 16,99

Korsika. Entdecken, erleben, genießen Ralph von Bordelius, Ralph von Bordelius Verlag, € 19,80

66 Einzelziele und 12 Tagestour- empfehlungen.

Asterix auf Korsika (Originaltitel: Asterix en Corse) Verlag Ehapa Comic Collection, € 7,95

galt die 1.000 Kilometer lange Küste als gefährlich, der Piraten und Malaria wegen. Heute hingegen ist sie eine der Attrak-tionen der Insel: Im Westen brandet das Meer spektakulär an den Felsformationen wie der Calanche de Piana, dem bekanntesten Abschnitt zwischen Porto und Piana. Im Osten laden sandige Strände zum Baden, Tauchen und Schnorcheln ein. Letzteres wird auch in Frankreichs ältestem Naturschutz-gebiet, La Scandola, angeboten, das nur zu Fuß oder in einem Ausflugsboot von Calvi oder dem näheren Porto erreicht werden kann. Vorausgesetzt, das Wetter erlaubt es.

Das gilt nicht nur für Wassersportler, sondern auch für Alpinisten, bei denen der „Berg im Meer“ – wie Korsika wegen seiner mehr als fünzig 2.000er genannt wird – besonders beliebt ist. Allein 20.000 Wanderer sind jährlich auf Frank-reichs schwierigstem Fernweg, dem GR-20, quer über die Insel unterwegs. Dieser ist zwar eine physische Herausforderung, wer sich darauf einlässt, wird aber belohnt: Korsika hat näm-

lich bei der Verteilung natürlicher Ressourcen und Schönheit mehr als einmal „hier“ gerufen. Ihr Wasserreichtum, von dem ein Teil ans benachbarte Sardinien verkauft wird, ist nicht das Einzige, das die Natur im Überfluss liefert: Überall ist man von Macchia umgeben, dieser undurchdringlichen, immer-grünen Strauch-Vegetation, die mit Myrte, Rosmarin und Co. auch der korsischen Küche ihren intensiven Geschmack beschert. Dazu schwärmt Dorfhäuptling Osolemirnix aus dem „Asterix“-Band: „Dieser hauchzarte Duft nach Thymian und Mandeln, Feigen und Kastanien … und dieser Hauch von Kiefer, diese leichte Andeutung von Beifuß, diese Ahnung von Rosmarin und Lavendel … ach, meine Freunde, dieser Duft! … das ist Korsika!“ Dem ist nichts hinzuzufügen. —

Reisetipps der Redaktion für Ihren Urlaub auf Korsika lesen Sie auf Seite 21!

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Reisezeit & Anreise

Reisezeit. Die besten Reisemonate für Korsika sind Mai/Juni und Sep-tember. Die Hauptsaison im Juli und August sollte man aufgrund der Menschenmengen besser vermeiden.

Anreise. Entweder mit Auto und Fähre (u. a. ab La Sepzia und Livor-no) oder per Flugzeug. NIKI fliegt täglich nach Nizza, von dort geht es mehrmals täglich weiter mit Air Corsica nach Ajaccio, Calvi, Bastia oder Figari nahe Bonifacio. Weiterreise: Nachdem der öffent-liche Verkehr auf Korsika schlecht ausgebaut ist, empfiehlt sich die Anmietung eines Mietwagens.

Jeanette Slawik-Costa. Die Fremdenführerin hilft, die besonderen Plätze der Insel zu entdecken —

Essen & Trinken

CALVI: Restaurant L’Abri Côtier. Besticht vor allem durch seine herrliche Lage am Yachthafen. 10, rue Joffre, 20260 Calvi, Tel. +33 4 95 46 00 04

Restaurant La Pardina. Exzellente, regionale Küche mit „korsisch großen und günstigen Portionen“. 15, rue Georges Clemenceau, 20260 Calvi, Tel. + 33 4 95 38 21 87

PIGNA: Restaurant Palazzu Pigna. Bis vor Kurzem hat hier Olympe Ricco, Shootingstar der korsischen Küche, aufgekocht. Auch nach der Neuübernahme ist das schmucke Lokal mit grandioser Aussicht einen Besuch wert: Lieu-dit Pigna, 20220 Pigna, Tel. +33 4 95 47 32 78 // www.hotel- corse-palazzu-pigna.com

AJACCIo: Restaurant Chez Pech. Bunt gemischtes Publikum, Meeresblick und unprätentiöser Service. Route des Sanguinaires – Barbicaja, 20000 Ajaccio Tel. +33 4 95 52 00 90 // www.restaurant-pech-ajaccio.fr

Ferienidyll. Das Feriendorf „Zum Störrischen Esel“ in Calvi bietet auch Ausflüge und Aktivitäten an —

Ausflugsziele

Wanderparadies Korsika. Über 170 Kilometer geht der Fernwan-derweg GR20 von Nord nach Süd über die Berge quer über die Insel. Gut Trainierte brauchen dafür zwei Wochen.

„Straße des Kunsthandwerks“. Balagne: Enge, kurvenreiche Straßen führen zu Künstlerdörfern wie Pigna oder San Antonio hoch in die Berge.

Calanches de Piana. 1983 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt. Beeindruckendes Felsmassiv entlang der Küste.

Biosphärenreservat Fangotal. Begegnungen mit Wildtieren bei Kanufahrten im Fango-Delta.

Scandola Naturreservat. UNESCO-Weltnaturerbe, nur bei gutem Wetter und mit Boot zu erreichen.

Reiseführer

Fremdenführerin in Calvi. Jeanette Slawik-Costa – Tourismusamt in Calvi, Tel. + 33 6 13 86 66 37 // [email protected]

Rhomberg Reisen. Nicht umsonst „Korsika-Spezialist“ genannt. Or-ganisiert seit 1959 Korsika-Reisen, vom Pauschalurlaub bis zum Selbstfahrer-Trip. Eisengasse 12, 6850 Dornbirn, Tel. 05572 22 42 00 // www.rhomberg-reisen.com

Unter Wasser. Die Tauchschule Incantu bietet Bootstouren und Tauchausflüge in den Naturpark Scandola an —

Tauchschule Incantu. (inkl. gleich-namigem Hotel) Experten für das Naturschutzgebiet Scandola. Organisieren Tauch- und Schnor-chelausflüge in kleinen, wendigen Booten. Route de Calca, 20245 Galeria, Tel. +33 4 95 62 03 65 // www.incantu.com

Via Mare. Führt in kleinen Booten nach Scandola. Der Beste, angeb-lich. Marine de Porto, Tel. +33 6 07 28 72 72 // www.viamare-promenades.com

Chez Felix. Herberge und Res-taurant: Familiäres „All Inclusive für Wanderer“ mit Abholservice, Übernachtung in Mehrbett- und Doppelzimmern, gemeinsamen Abendessen. Capo Sottano, 20150 Ota, Tel. +33 4 95 26 12 92

Schlafen

Feriendorf Störrischer Esel. Alpinisten-Familien-Dorf, seit 1960 in österreichischer Hand. 10 Geh-minuten von Calvi entfernt. Das Vorarlberger Reisebüro Rhomberg organisiert An- und Abreisen aus Österreich sowie Deutschland. Von Ende April bis Anfang Oktober per Charterflug von Salzburg und Wien. Transfer auf Korsika inklu-sive. Für Autofahrer organisiert Rhomberg die Fährenverbindung nach Bastia. Club Alpin Autrichien s.a.s., Route Nationale 197, 20260 Calvi, Tel. +33 4 95 65 98 00 // www.stoerrischeresel.com

Les Mûrier. Privatunterkunft bei der Österreicherin Waltraud und ihrem korsischen Mann. In deren Haus Mansu kann man sich auch im Hinterland von Calvi einquartieren. Waltraud Guglielmacci, Route de Pietramaggiore, 20260 Calvi, Tel. +33 4 95 65 39 41 // www.lesmuriers.net bzw. www.mansu.fr

Maria Anghjula verkauft am Markt von L’Ile Rousse Selbstgemachtes —

Webtipps

Tourismusverband Korsika www.visit-corsica.at

Atout France at.rendezvousenfrance.com

Naturparks auf Korsika www.parc-corse.org

Air Berlin/NIKI www.flyniki.com

Air Corsica www.aircorsica.com

Flusswandern. Die einsamen Gumpen und tiefen Wasserbecken des Fango laden nach dem Wandern zum Baden ein —

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