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Krieg und Eroberung im Wandel des Völkerrechts by HANS WEHBERG Review by: Franz Tibor Hollós Archiv des Völkerrechts, 4. Bd., 3. H. (März 1954), pp. 368-369 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40796077 . Accessed: 15/06/2014 07:58 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.34.79.228 on Sun, 15 Jun 2014 07:58:41 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Krieg und Eroberung im Wandel des Völkerrechtsby HANS WEHBERG

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Krieg und Eroberung im Wandel des Völkerrechts by HANS WEHBERGReview by: Franz Tibor HollósArchiv des Völkerrechts, 4. Bd., 3. H. (März 1954), pp. 368-369Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40796077 .

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368 Besprechungen

erleichtert die Benutzung der Veröffent- lichung auch als Nachschlagwerk für ge- legentliche Zitierung; ein in seiner Voll- ständigkeit vorbildliches Literaturver- zeichnis erhöht den Wert dieser an sich schon so wertvollen Veröffentlichung.

Prof. Dr. FriedrichAugust Frhr. v. d. Heydte, Mainz

HANS WEHBERG: Krieg und Er- oberung im Wandel des Völker- rechts. Frankfurt a. M./Berlin: Al- fred Metzner Verlag. 1953. 136 S. Das vorliegende Werk von Prof. Hans

Wehberg stellt nicht nur eine wissen- schaftlich sehr gut fundierte Leistung dar, sondern ist außerdem hochinteres- sant und erfüllt den Leser von der ersten Seite bis zur Schlußbetrachtung mit echter Spannung und Wißbegierde.

Die Aufgabe, die der Verfasser sich gestellt hat, besteht in der Untersuchung der Frage, an welchem Standort in der Entwicklung des Völkerrechts wir uns in bezug auf das ius belli befinden, was bisher erreicht wurde und welche „Lük- ken es noch auszufüllen gilt". Die causa motiva in der Lösung seiner Aufgabe ist das Prinzip des Verbotes der Gewalt- anwendung im internationalen Leben und die daraus zu ziehenden Folgerun- gen, ferner das Problem der gewaltsamen Änderung des territorialen status quo, d. h. der Eroberung.

Um das Endziel klar zu erreichen, schildert er zuerst die Lehre der Scho- lastiker über das bellum iustum, sodann das ius belli ac pacis im Zeitalter des Droit Public Européen, weiterhin das Prinzip der Völkerbundsatzung, „be- stimmte Verpflichtungen zu überneh- men, nicht zum Kriege zu schreiten", und den grundlegenden Verzicht der Mächte im Kellogg-Pakt auf den Krieg als Mittel nationaler Politik, ferner das Verbot der Anwendung von Gewalt in der Charta der Vereinten Nationen. Ab- schließend folgen Betrachtungen über das Recht der Eroberung und die Stim- son-Doktrin.

Im Laufe seiner Erörterungen liefert der Verfasser einen klaren Beweis dar-

über, daß ein wirksamer Verzicht auf jedwede Gewaltanwendung in den zwi- schenstaatlichen Beziehungen nur im Rahmen einer elastischen internationalen Organisation möglich ist, die nicht nur einen starken organisatorischen Apparat voraussetzt, sondern auch von verschie- denen anderen Voraussetzungen abhängt, in erster Linie von der treuen Mitarbeit der beteiligten Mächte. Das Problem einer solchen wirksamen internationalen Organisation ist durch verschiedene völ- kerpsychologische, politische und wirt- schaftliche Voraussetzungen bestimmt. Der Konklusion des Verfassers, daß ohne eine entsprechende elastisch arbeitende Organisation der Staaten die bisher vor- handene Anarchie nicht überwunden werden könne, ist voll und ganz beizu- stimmen. Das Verbot einer jedweden Gewaltanwendung bei Austragung inter- nationaler Streitfälle kann effektiv nur dann garantiert werden, wenn eine inter- nationale Organisation gegeben ist, die alle Probleme, die irgendwie zum Kriege führen könnten, wirksam und bindend zu regeln imstande ist, d. h. gegen die Rechtsbrecher wirksame Sanktionen ein- zusetzen vermag. Die Anwendung von Sanktionen setzt aber voraus, daß sich die Mitglieder dieser sich dynamisch gestaltenden internationalen Organisa- tion treu an ihre internationalen Ver- pflichtungen halten und diese auch bona fide erfüllen.

Dem Verfasser muß man auch bei- stimmen, wenn er behauptet, daß das radikale Kriegsverbot nicht ohne Ein- fluß auf die Grundsätze des klassischen Völkerrechts bleiben konnte und daß dadurch viele Rechtsregeln entscheidend beeinflußt worden sind. In hervorragen- der Weise werden von ihm die Fragen der Eroberung und der debellatio be- leuchtet. Der Verfasser gelangt diesbe- züglich zu der Überzeugung, daß heute Gebietsveränderungen auf Grund nicht- autorisierter Gewaltanwendung nicht mehr zulässig sind, infolgedessen ist eine durch Gewaltanwendung vorgenom- mene Einverleibung fremden Territo- riums ein mit einer absoluten Nichtig-

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Besprechungen 369

keit behafteter Akt. Daß ein solcher Akt nicht anerkannt werden kann, ist eine klare Emanation des Rechtsgedankens. Das Völkerrecht wird nämlich wirklich zu einem Fetzen Papier, wenn man zwar den Krieg verbietet, aber dem Angreifer weiter gestattet, die Frucht aus seinem rechtswidrigen Verhalten zu ziehen. Es wäre ein rechtlicher Nonsens, einem Angreifer die Neuverteilung territorialer Kompetenzen auf Grund des Erobe- rungsrechtes zu gestatten, weil durch nichtautorisierte Gewaltanwendung ein fremdes Recht niemals zerstört werden kann.

Allerdings müßte die Politik der Staa- ten, bzw. der Staatengemeinschaft dar- auf gerichtet sein, ihr Verhalten nach den entsprechenden Vereinbarungen ein- zurichten. Die Effektivität und Intensi- tät der Ausschaltung jedweder Gewalt- anwendung hängt aber davon ab, ob die Staatengemeinschaft oder eine wirksame internationale Organisation je imstande sein wird, einem zum Opfer des Angriffs gewordenen Mitglied dieser Staatenge- meinschaft durch die Anwendung von Sanktionen wieder zu seinem Recht zu verhelfen. Der Verfasser fügt zu seinen diesbezüglichen Erörterungen hinzu, daß zur Verwirklichung dieses Vorhabens in der praktischen Politik heutzutage sehr viel Mut gehöre. Wir meinen, nicht nur dazu gehört Mut, sondern auch dazu, ad fontes (iuris) zurückzukehren, d. h. zur Trilogie der Rechtsordnungen.

Mit seiner Behauptung, die Idee des bellum iustum hätte nur moralische Be- deutung gehabt, können wir uns in- dessen nicht ganz zufrieden geben. Es reicht nicht aus, Probleme des Rechts wie dieses in historischer Schau in ihrem empirisch gegebenen Ursach- Wirkungs- Zusammenhang erkennbar werden zu lassen, sondern es ist ebenso vonnöten, den zeitlosen, logischen Grund-Folge- Zusammenhang aufzudecken. Die Los- lösung vom göttlichen und natürlichen Recht im 17. Jahrhundert war eine Ver- irrung, führte sie doch in gerader Linie über Rechtspositivismus und Wertrela- tivismus zur Rechtsleugnung. Uns

scheint, als sähe der Verfasser das Recht nicht genetisch, sondern eher vom Standpunkt der Durchsetzbarkeit.

Auch die Kritik an der thomistischen Lehre vermag nicht ganz zu überzeugen. Das Gewissen als Maßstab menschlichen Handelns und letzten Endes des Rech- tes ist durchaus billigenswert. Das Kol- lektiv kann ja nur durch Einzelne han- deln. Eine Rechtsregel vermag keine Kriege zu verhüten, wie die Geschichte bewiesen hat, wohl aber das Gewissen sowohl des Einzelnen insbesondere als das der Allgemeinheit insgesamt. Mit Recht sprach auch die Haager Land- kriegsordnung im Absatz IX der Ein- leitung von „conscience publique" als Entstehungsquelle aller wirklichenPflich- ten (vgl. auch Latin, HLKO, 5. Aufl. Hannover 1950, S. 26). Auch der An- griff gegen die Duldung eines Krieges durch die christliche Kirche zeigt, daß der Verfasser offenbar einem Mißver- ständnis zum Opfer gefallen ist: Wäh- rend sich Ethik lediglich mit dem Anteil des Einzelnen am Krieg, mit Kriegs- schuld oder Schuldlosigkeit befaßt, darf die Religion auch im Kriege Segen fin- den, da sie nicht Werte erfaßt, sondern diese überwindet (vgl. ebenso Radbruch, Rechtsphilosophie, 4. Aufl. Stuttgart 1950, S. 310). Schließlich darf das Papst- zitat (S. 19/20) nicht dahin verstanden werden, daß es keinen Krieg ex iusta causa mehr gibt. Der Verfasser selbst gibt zu, daß Verteidigungs- und Sank- tionskriege iusta causa sind. Das ist doch wohl kein Widerspruch!

Abgesehen von diesen Einschränkun- gen, die dem Werk als Ganzes aber kei- nen Abbruch tun, sind wir der Meinung, daß es sich hier um die wohl beste Zu- sammenfassung aller Doktrinen und Be- mühungen bezüglich der Kriegsverhü- tung handelt. So kommt das Buch einem echten Bedürfnis der Völkerrechtswis- senschaft entgegen und kann Studieren- den und Praktikern des Völkerrechts nicht dringend genug empfohlen werden.

Prof. Dr. Franz Tibor Hollós Würzburg

Archiv des Völkerrechts 4. H. 3. 24

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