Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizyē in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

Embed Size (px)

Citation preview

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    1/14

    BULGARIAMEDIAEVALISVolume 2/2011

    Studies in honour of

    Professor Vassil Gjuzelev

    Soa

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    2/14

    . . . LA CI DE VISOI QUI MOUL ESOI BONE E FORZur Geschichte der ostthrakischen Stadt Vize/Bizy in byzantinischer Zeit

    /

    Die trkische Kreisstadt Vize, 47 Kilometer sdstlich der ProvinzhauptstadtKrklareli an den sdwestlichen Ausluern des stranca-Gebirges am Rande einerruchtbaren Ebene gelegen, gehrt ob der Vielzahl ihrer archologischen Sehenswr-digkeiten zu den kulturhistorisch interessantesten Ansiedlungen in Ostthrakien. DerReisende, der die im Jahre 2008 noch nicht einmal 12.000 Einwohner zhlende Stadtbesucht1, ndet hier, ungeachtet zahlreicher ber den Ort verteilter Spolien, einemantiken Teaterbau, einer etwa 40 mal 16 Meter messenden geschlossenen Zisternen-anlage, zweier Bder und ausgedehnter berreste der mittelalterlichen Beestigungs-anlagen mit der spter Sleyman Paa Camii genannten H. Sophia (Abb. 1) einen der

    wichtigsten Vertreter byzantinischer Kirchenbaukunst jenseits der Stadtmauern vonKonstantinopel2. Letzterer wurde, seiner Bedeutung angemessen, in der Fachliteratur

    verschiedentlich behandelt und unlngst im Rahmen einer Projektes des DeutschenArchologischen Institutes in stanbul grndlich untersucht3. Verschiedene wissen-schafliche Arbeiten widmeten sich der antiken und rhbyzantinischen Vergangen-heit der Stadt, ber das Mittelalter aber wurde ungleich weniger geschrieben unddies zumeist entweder in einhrenden Worten vor archologischen Studien zu ein-zelnen Bauten, vor allem natrlich der H. Sophia, oder aber in kurzgeaten Artikeln

    1

    Vgl. die Webside http://de.wikipedia.org/wiki/Vize (zuletzt besucht am 17. Mrz 2011), Ba-sisdaten: 11.966 Einwohner. Die Angabe erolgt unter Verweis au eine entsprechende Inor-mation des rkischen Institutes r Statistik vom November 2009.

    2 Zu den archologischen Hinterlassenschafen in Bizy vgl. den interessanten Sammelband N.N. (Hg.), Vize. II. tarihvekltrsempozyumu(Vize10Haziran2005). stanbul o. D. sowieden berblick bei A. K, Ostthrakien(Eurp)(IB 12), Wien 2008, 292294 mit wei-terhrender Literatur.

    3 Deutsches Archologisches Institut, Abteilung Istanbul: Vize. Byzantinische Kirche Osma-nische Moschee Bedrohtes Architekturdenkmal: Bauuntersuchungen an der H. Sophia inVize. Das mittlerweile abgeschlossene Projekt stand unter der Leitung von F. A. Bauer undH. A. Klein. Literatur: F. A. BH. A. K, Die Hagia Sophia in Vize. Forschungs-

    geschichte Restaurierungen Neue Ergebnisse, Mill1 (2004) 409439; F. D,Church o St.-Sophia (Sleyman Paa) at Vize, AyasoyaMzesi Yll 3 (1961) 1820,4749; S. E, rakyada Bizans Devrine Ait Eserler, Belleten33 (1969) 325358, 326333; I, Les monuments byzantins de la Trace turque, CorsiRav. 18 (1971) 298305,293297; S. I,, Athen 1954, 119; A. K-. E, Vizeden tarih kryor,Mozaik1 (September 1995) 1833;G. L, II, Trakika9 (1938) 4570, 6467; S. M, . ,23 (2003) 63 ; I, ,PeriTraks3 (2003) 131150; C. M, Te Byzantine Church at Vize (Bizye) in Trace and St. Mary the Younger,11 (1968) 913; Y. R. O, Notes on the Monuments o urkishTrace,AnatolianStudies39 (1989) 121149, 138142.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    3/14

    196 Andreas Klzer

    in Nachschlagewerken4. Dem Jubilar zur Freude soll darum im olgenden die Ge-schichte der Stadt, die wiederholt im Spannungseld der byzantinisch bulgarischenInteressen stand, zur Zeit des Mittelalters im Zusammenhang dargeboten werden.

    Die Gelehrten sind sich darber einig, da Bizy, so der ursprngliche, in derheutigen trkischen Bezeichnung Vize noch gut erkennbare Name der Stadt, bereitsin der Antike eine nicht unbedeutende Rolle spielte5. ber ihre historischen Ann-ge ist reilich nur wenig bekannt, mglicherweise hat die Ansiedlung schon im vier-ten vorchristlichen Jahrhundert existiert, wahrscheinlich wurde sie in den sechziger

    Jahren des dritten Jahrhunderts vor Christus, nach der Zerstrung des westlich vonKasanlak gelegenen Seuthopolis, zur Residenzstadt der odrysischsapischen Kni-ge6. Im spten ersten Jahrhundert vor Christus ist dieses Phnomen durch eine In-schrif des Knigs Kotys belegt. Damals, um das Jahr 20 v. Chr., war das thrakischeKnigtum aber nicht mehr unabhngig, sondern stand bereits in einem engen Klien-telverhltnis zu Rom7. Nach zahlreichen Unruhen und Austnden in den olgenden

    Jahren wurde die Selbstndigkeit des Landes unter Kaiser Claudius (4154), wohlim Jahre 46, auch ormal augehoben und die rmische Provinz Traciageschaffen8.Der knigliche Charakter von Bizy wurde von bedeutenden Geographen jener Zeit

    wie Strabn (VII rg. 47 [48]) oder Plinius dem lteren (Nat. hist. 4,47) gebhrendhervorgehoben. Unter Kaiser rajan (98117) erhielt Bizy das Stadtrecht zugespro-chen, Ptolemaios nannte den Ort eine polis in Trakien und einen eil der Astik

    stratgia, die von der Kste der Propontis bis nach Apollnia am Schwarzen Meerreichte (3,11,10). Die Provinz Tracia, die annglich dem Kaiser unterstand, wur-de in den Anngen des zweiten Jahrhunderts senatorisch, ihr Zentrum wanderte vonBizy nach Perinthos, dem spteren Hrakleia9. Vermehrte Einlle von germanischenund sarmatischen Vlkerscharen veranlaten Kaiser Antoninus Pius (138161), das

    4 Neben der bereits angehrten Literatur sind vor allem zu nennen I. B, Bizye,DNP2 1997 706; . E. G, Bizye, in TeOxord Dictionary o Byzantium1, NewYorkOxord 1991, 292; E. O, Bizye, RE 5 (1897) 552; K. , Vize,stanbul 1959; A. . S, , Athen21963, 215; V. V, Die thrakische Stadt Bizye, in Studia in honoremVeseliniBeevliev,Soa 1978, 174181.

    5 Zu den berlieerten alten Namensormen vgl. D. D, Die thrakischen Sprachreste,Wien 1957, 61.

    6 I. B, Bizye, 706; E. O, Bizye, 552 (beide wie Anm. 4).7 F. A. BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3), 409; E. K, Altes und Neues aus

    Trakien, sterreichische Jahreshefte23 (1926)Beiblatt117208, 119; V. V, Bizye(wie Anm. 4), 175.

    8 C. M. D, Die Traker au dem Ostbalkan von der hellenistischen Zeit bis zur Grn-dung Konstantinopels, in Austieg und Niedergang der rmischen Welt II 7.1, BerlinNewYork 1979, 21185, 145150; B. G, Die Grenzen der rmischen Provinz Tracia bis zurGrndung des Aurelianischen Dakien, in Austieg und Niedergang der rmischen WeltII 7.1.Ebd. 212240.

    9 C. M. D, Traker (wie Anm. 8), 147; A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 73.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    4/14

    Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt Vize/Bizy in byzantinischer Zeit 197

    Beestigungssystem im stlichen Trakien auszubauen. Damals, einer Inschrif zuol-ge im Jahre 155, erhielt auch Bizy neue rme und Festungsmauern10; die Existenz

    von mglicherweise bescheideneren Vorgngerbauten ist angesichts der vormaligenBedeutung der Stadt mehr als wahrscheinlich.

    Bizy ist in den erhaltenen sptantiken Itinerarien nicht erwhnt, drfe aber un-geachtet dessen keinesalls so abgeschieden gelegen sein wie dies in der lteren Lite-ratur zuweilen behauptet wurde. Die Stadt lag vielmehr an der nrdlichen Parallel-route der sogenannten Heerstrae, die vom unda-al ber Skopelos und Petra bisan den Bosporos und nach Byzantion hrte. Bei Bizy wurde diese Strae von einerVerbindung gekreuzt, die von der Propontis bis an das Schwarze Meer hrte undeine Anbindung an die Kstenstrae entlang des Pontos Euxeinos darstellte (Abb.

    2)11. Die Anbindung an ein berregionales Wegenetz drfe auch ein vergleichswei-se rhes Auommen des Christentums begnstigt haben, ohne da sich reilich indiesem Zusammenhang ein verbindliches Datum nennen liee. Doch wird Bizy alsGeburtsort der heiligen Tekla genannt, die im dritten Jahrhundert in Gaza hinge-richtet wurde; im Zuge der groen diokletianischen Verolgung, die im Februar 303einsetzte, erlitten die heiligen Memnn und Seuros in der Stadt das Martyrium12.

    Im Zuge der von Kaiser Diokletian (284305) eingeleiteten Verwaltungsreorm,die unter Konstantin dem Groen (324337) zu einem vorlugen Ende kam, wur-de die rmische Provinz Tracia in vier kleinere Einheiten augeteilt: Bizy wurdedabei der im Sdosten gelegenen neuen ProvinzEurpzugeteilt, war hier die nrd-lichste Stadt an der Grenze zum benachbartenHaimimontoshin; einige Gebiete desehemaligen Stadtterritoriums drfen sogar in diese Nachbarprovinz eingegliedert

    worden sein13. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts wurde mit der Errichtung desausgedehnten Wasserleitungssystems zur Versorgung der neuen ReichshauptstadtKonstantinopel und ihrer stetig zahlreicher werdenden Einwohnerschaf begonnen;dieses Leitungssystem, das bis in das sechste Jahrhundert hinein konsequent aus-gebaut und erweitert wurde, hrte Wasser von den quell- und regenreichen Hn-gen des stranca-Gebirges, aus dem Raume Bizy, bis an den Bosporos14. In diesem

    10 F. A. BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3), 410; V. V, Bizye (wie Anm. 4), 176.11 A. K, Ostthrakien (wie Anm. 2), 193, 195; anders noch V. V, Bizye (wie Anm.

    4), 174. Die Lage an einem berregionalen Verbindungsweg ist auch dargestellt bei R. J. A.

    in collaboration with R . S. BJ. MK. C II e. a .,BarringtonAtlasotheGreekandRomanWorld, Princeton, N. J.Oxord 2000, 52 B1.12 H. D, Saints de Trace et de Msie,AnBoll31 (1912) 161300, 192194, 241243;

    A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 288; A. . S, Lexikon(wie Anm. 4),215.

    13 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 76; P. S, Trakien(Trak,RodopundHaimi-montos)(IB 6), Wien 1991, 62; V. V, Bizye (wie Anm. 4), 181.

    14 Vgl. J. CR. B, Water or the Queen o Cities: a review o recent research into theByzantine and early Ottoman water supply o Constantinople, Basilissa.Belast,ByzantiumandBeyond 1 (2004) 2849 sowie J. CJ. BR. B, Te Water Supply oByzantineConstantinople, London 2008.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    5/14

    198 Andreas Klzer

    mehrach von hunnischen Scharen heimgesuchten und darum teilweise entvlker-ten Gebiet waren in der Mitte des nfen Jahrhunderts, bald nach dem ode Atti-las 453, Rugier und Angehrige weiterer Stmme angesiedelt worden, doch habendiese kaum archologisch greibare Spuren hinterlassen15. Auch in den olgenden

    Jahrzehnten wurde das stliche Trakien wiederholt von Invasoren heimgesucht; ne-ben den Goten sind hier vor allem bulgarische Stmme zu nennen. Letztere konntenin der Region derart stark agieren, da sie den Byzantinern mehrere empndlicheNiederlagen beizubringen vermochten. Nach weit ausgreienden Vorsten in den

    Jahren 493, 499 und 502 sah sich Kaiser Anastasios I. (491518) schlielich veran-lat, zum Schutze des thrakischen Hinterlandes der Reichshauptstadt au ungehr56 Kilometer Lnge die sogenannten Langen Mauern, die Makra eich, als einenSchutzwall zwischen Propontis und Schwarzem Meer zu errichten16. Das deutlich

    vor dieser Mauer gelegene Bizy war gleich anderen Stdten wie beispielsweise Serg-entzion au den Schutz (seiner damals vermutlich verstrkten) Verteidigungsanlagenangewiesen.

    Als Stadt christlicher Blutzeugen ausgezeichnet, wurde Bizy rasch Sitz des insti-tutionalisierten Christentums: schon au dem Konzil von Ephesos 431 war die Stadtals Suffragan des Metropolitansitzes von Hrakleia durch einen Bischo vertreten17.Bizy stieg bald zu einem Erzbistum au und nahm r Jahrhunderte eine hrendeStellung unter den Kirchensitzen Ostthrakiens ein. In der Sptantike ist auch eine

    jdische Gemeinde belegt18. Unter Kaiser Justinian I. (527565) wurden die Beesti-gungen der Stadt ausgebaut und teilweise erneuert; damals gab es vor Ort wenigstensdrei Kirchen. Eine nrdlich von Bizy gelegene, mit Seitenschiffen ausgestattete klei-ne Hhlenkirche wurde verschiedentlich in das sechste Jahrhundert datiert, die audem unweiten Doan tepe bendliche groe Hhle mit ihrem Hagiasma war damalsmglicherweise ebenalls schon in Nutzung19. Die bedeutenden geographischen Au-

    15 A. B, Trake 3.9. Trakien unter rmischer Herrschaf, REII 11 (1936) 452472, 469;O. J. M-H, TeWorldotheHuns. StudiesinTeirHistoryandCulture, ed.by M. K, BerkeleyLos AngelesLondon 1973, 108125, 151 u. .; V. V, Bizye(wie Anm. 4), 177.

    16 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2) 86. Zu den Langen Mauern vgl. J. C, Te LongWalls o Trace, in C. MG. D, ConstantinopleanditsHinterland.Papersfom

    the wenty-seventh Spring Symposium oByzantine Studies, Oxord, April 1993, Aldershot1995, 109124; IA. R, Investigating the hinterland o Constantinople: interim re-port o the Anastasian Wall Project,JRA 10 (1997) 235262.

    17 G. F, HierarchiaEcclesiasticaOrientalis.SeriesepiscoporumecclesiarumchristianarumorientaliumI:PatriarchatusConstantinopolitanus , Padua 1988, 280.

    18 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 173183. Zu den Juden vgl. C. A, Inscrip-tions chrtiennes et protobyzantines de la Trace orientale et de lle dImbros (III e VIIesicles). Prsentation et commentaire historique, AD4849 (19941995 [1998]) 279356,338; E. K, Trakien (wie Anm. 7), 125; D. NA. PH. B,InscriptionesJudaicaeOrientisI. EasternEurope, bingen 2004, 4850.

    19 F. A. BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3), 411; V. V, Bizye (wie Anm. 4), 178.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    6/14

    Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt Vize/Bizy in byzantinischer Zeit 199

    toren dieser Zeit, Stephanos von Byzanz und Hierokls, verzeichneten Bizy in ihrenSchrifen als eine polis in Trakien, ohne da man diesem erminus eine allzu gro-e Bedeutung beimessen sollte20; interessanter ist, da der Erstgenannte im Augriffantiker Quellen nochmals an die vergangene knigliche Wrde der Stadt erinnerte:

    Bizy. . .derKnigssitzderAsten.Nachdem Bizy schon unter Valens im vierten Jahrhundert als Exilsort verbann-

    ter Geistlicher gedient hatte, war sie auch in der Mitte des siebten JahrhundertsStation au dem Leidensweg des heiligen Maximos Homologets, der hier geraumeZeit verbringen mute und 656 eine Unterredung mit kaiserlichen Abgesandten desKonstans II. (641668) und dem Bischo Teodosios von Kaisareia hrte21. DerErzbischo der Stadt nahm an den groen hauptstdtischen Kirchenversammlungender Zeit, dem VI. Oikumenischen Konzil 681 wie der Synode intrullo692, teil; auchein Siegel eines Wrdentrgers jener age ist erhalten22. Hagiographisches Schrif-tum und romme Legenden erwhnen die Stadt zum vierten ebenso wie zum siebten

    Jahrhundert23.In den ersten Jahrzehnten des siebten Jahrhunderts wurde das stliche Traki-

    en von den Awaren heimgesucht. Wenngleich eine Einbeziehung von Bizy in denerhaltenen Quellen nicht explizit berlieert ist, so ist sie doch augrund der Lageder Stadt an den berregionalen Verkehrswegen einerseits und der Wucht der Invasi-onen andererseits, die ja bekanntlich 626 in der auwendigen Belagerung von Kons-tantinopel gipelten, mehr als wahrscheinlich. Nach der erolgreichen Abwehr dieserBelagerung wurden weite eile Ostthrakiens von slavischen Verbnden in Besitz ge-nommen. Diese hatten sich auch in der Umgebung von Bizy angesiedelt und dien-ten 678 dem Rynchinen-Frsten Perbundos bei seiner Flucht aus Konstantinopel zurAnlaustelle24. Der im olgenden Jahre durchgehrte Feldzug Kaiser Konstantins IV.(668685) hrte mit seinem glanzlosen Scheitern zur Einrichtung des ersten Te-mas au europischem Boden, dem Tema Trak, dem auch die Stadt Bizy ange-hrte. Die Verwaltungseinheit ist in ihren Anngen schon 680 nachweisbar25. Einen

    Vgl. auch F. D, Rock church at Vize.AMY4 (1962) 49; I, Antiquites de Ka-rakek.AMY5 (1962) 2730; G. L, Hodoiporikon II (wie Anm. 3), 59.

    20 M. B e. a., StephaniByzantiiEthnica I. (CFHB 43/1), BerlinNew York2006, 348 Nr. 95; E. H,LeSynekdmosdHirokls, Brssel 1939, 632,4.

    21 F. A. BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3), 412 u. Anm. 25; A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 289; S. L, , Konstantinopel 1899, 27; A. . S,Lexikon(wie Anm. 4), 105;V. V, Bizye (wie Anm. 4), 176.

    22 G. F,Hierarchia(wie Anm. 17), 280; A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 289.23 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 289.24 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 9598; W. P,DieAwaren.EinSteppenvolkinMit-

    teleuropa567822n. Chr., Mnchen 22002, 237255. Hingegen V. B, Dieproto-bulgarischePeriodederbulgarischenGeschichte, Amsterdam 1981, 131133, 139 mit andererDatierung.

    25 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 99; grundlegend R .J. L, Trakien und Trakesi-

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    7/14

    200 Andreas Klzer

    wirksamen militrischen Schutz vermochte die hier stationierten ruppen aber kaumzu bieten, denn nach der Ermordung Kaiser Justinians II. 711 konnten bulgarischeVerbnde unter dem Vorwand, Vergeltung r das Verbrechen zu ben, ohne allzugroe Anstrengungen und Behinderungen durch byzantinische Einheiten bis an denBosporos vorstoen26.

    Die vielltigen Probleme des achten Jahrhunderts, das Erdbeben vom Oktober740 ebenso wie die Pestwelle von 747/748, drfen auch r die Bewohner von Bizysprbar gewesen sein, ohne da sich dies konkret in den Quellen estmachen liee.Ebenso bleibt spekulativ, ob die Deportationen, die Kaiser Konstantin V. (741775)in der Mitte des achten Jahrhunderts in groem Stile von Kleinasien her in den thra-kischen Raum durchhren lie, r den Groraum Bizy konkrete Auswirkungenbesessen haben27. Die im spten achten und rhen neunten Jahrhundert vermehrtaufretenden Auseinandersetzungen mit den Bulgaren hrten sptestens im Win-ter 813/814 zur Eroberung und Zerstrung der Stadt durch Khan Krum (802814)und seine Heere. Die Manahmen zum Wiederaubau der verwsteten Stdte inTrakien, die Kaiser Len V. (813820) nach dem Abschlu eines Friedensvertrages815 oder 816 einleitete, drfen auch Bizy zugute gekommen sein28. Nachdem dieErhebung des Slaven Tmas 823 nach militrischer Hile des BulgarenherrschersOmurtag (814831) zugunsten Kaiser Michals II. (820829) niedergerungen wer-den konnte, lieerten die Einwohner von Bizy auch dessen Stiesohn Anastasios, derin ihrer Stadt seine Zuucht genommen hatte, an den legitimen Herrscher aus29. We-nige Jahre nach diesen Vorgngen, bald nach 833, wurde ber einem Vorgngerbauaus dem nfen oder sechsten Jahrhundert die eingangs erwhnte H. Sophia errich-tet, in einer architektonischen Mischorm, die einen basilikalen Lngsbau im Unter-gescho mit dem in mittelbyzantinischer Zeit neu entwickelten Kreuzkuppelbau imEmporengescho kombinierte30.

    Im neunten und zehnten Jahrhundert war Bizy Sitz eines turmarchs31. Einer der

    on. Zur byzantinischen Provinzorganisation am Ende des 7. Jahrhunderts (Mit zwei Karten),JB26 (1977) 747, 9, 2935, 46.

    26 V. B, ProtobulgarischePeriode (wie Anm. 24), 197; A. K, Ostthrakien (wieAnm. 2), 101.

    27 Mglicherweise kam es zur Ansiedlung von Armeniern: H. D,EthnischeVerschiebungenzwischenderBalkanhalbinselundKleinasienvomEndedes6.biszurzweitenHledes9.Jahr-hunderts, Berlin 1993, 79 ; A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 103, 178.

    28 V. B,ProtobulgarischePeriode(wie Anm. 24), 235279; J. V. A. F, TeEarlyMe-dievalBalkans.ACriticalSurveyfomtheSixthtotheLatewelhCentury, Ann Arbor 1983,94106; W. , Te Byzantine Revival, 780842, Stanord, Cal. 1988, 217.

    29 W. , Te Byzantine Revival(wie Anm. 28), 234242. Allgemein: P. L,Tomas le Slave, M1 (1965) 255297.

    30 Vgl. hierzu F. A. BH. K, H. Sophia und die brige in Anm. 3 zitierte Literatur. Vgl.erner R. O,MasterBuildersoByzantium, Princeton, N. J. 1999, 164, 210.

    31 A. K, ourmarches, TeOxord Dictionary o Byzantium3, New YorkOxord 1991,2100.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    8/14

    Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt Vize/Bizy in byzantinischer Zeit 201

    bekanntesten Amtsinhaber im stlichen Trakien war Nikphoros, der Gatte derheiligen Maria Nea, die wahrscheinlich von 896 an in der Stadt wirkte. Der Kult derHeiligen, die 902 oder 903 verstarb, war in der Region sehr verbreitet; ihre Reliquien

    wurden in einem lokalen Kloster aubewahrt, mit an Sicherheit grenzender Wahr-scheinlichkeit in der H. Sophia, wo bei archologischen Grabungen Hinweise au ein

    weibliches Skelett samt dem in die erste Hlfe des zehnten Jahrhunderts zu datieren-den Bleisiegel eines Teodros Daphnopats geunden wurden32. Es wurde bereitsdarau hingewiesen, da die Vita der Maria Bizy zwar eine polisnennt, andererseitsaber die Einwohner als Bauern und Landarbeiter bezeichnet; dies ist indes nicht alsein Gegensatz zu werten, sondern drfe schlicht eine Lebensrealitt der Einwohnerbyzantinischer Landstdte widerspiegeln, von denen sich ein Gutteil dem Anbau vonObst und Gemse zur Sicherstellung der Versorgung zu widmen hatte33.

    Die stets wechselhafen Beziehungen von Byzantinern und Bulgaren verschlech-terten sich zu Lebzeiten der Heiligen wieder und gipelten in kriegerischen Ausein-andersetzungen: die Auswirkungen eines militrischen Vorstoes des Bulgaren-herrschers Symen (893927) im Jahre 896, der bis in die Umgebung von Mdeia(Kiyiky) am Schwarzen Meer hrte, waren auch im nur 28 Kilometer enterntenBizy sprbar34. Die Stadt selber el im Jahre 925 nach mehrjhriger Belagerung inbulgarische Hand, ihre Mauern wurden geschleif, die Bevlkerung oh zu einemGutteil nach Mdeia an die Kste. Mglicherweise kam es 927 unter dem Symennacholgenden Peter (927969) zu einem abermaligen Vorsto in den Raum Bizy 35.ber das weitere Geschick der Stadt im zehnten und elfen Jahrhundert lassen sichkeine sicheren Angaben machen: ungeachtet vielacher Invasionen von Ungarn, Bul-garen und verschiedenen Reitervlkern wie den Petschenegen und Kumanen in dasostthrakische Gebiet oder den ab dem spten elfen Jahrhundert die Region durch-ziehenden und immer wieder plndernden Kreuzrittern drfe sich der Ort langsamerholt und zu einer abermaligen Blte geunden haben. Fraglos wurden auch intensi-

    32 F. A. BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3), 412, 416; A. E. L, Lie o St. Mary theYounger, in A.-M. ,HolyWomenoByzantium. enSaintsLivesinEnglishranslati-on, Washington, D.C. 1996, 239252; E. M, Sur laroutedessaintsbyzantins, Paris1993, 107, 126, 196, 229 u. .; C. M, Te Byzantine Church at Vize (wie Anm. 3). ext:Acta Sanctorum Nov. IV 692705. . P, Das odesdatum der Maria von Bizye,BZ

    97 (2004) 567569 schlug diesbezglich den 16. Februar 902 vor.33 Vgl. hierzu die zahlreichen einschlgigen Studien von J. K, beispielsweise: GemseinBy-zanz. DieVersorgungKonstantinopelsmitFrischgemseimLichtederGeoponika, Wien 1993;I, Land-use and settlement: theoretical approaches, in J. H, GeneralIssues in theStudyoMedievalLogistics. Sources, ProblemsandMethodologies, LeidenBoston 2006, 159183.

    34 J. V. A. F, TeEarlyMedievalBalkans(wie Anm. 28), 137139; V. G, Il Mar neroed il suo litorale nella storia del Medioevo bulgaro,BBg7 (1981) 1124, 17; A. K, Ost-thrakien(wie Anm. 2), 114, 289, 520.

    35 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 117; A. E. L; Lie o St. Mary the Younger (wieAnm. 32), 248; P. S, Trakien(wie Anm. 13), 91.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    9/14

    202 Andreas Klzer

    ve Manahmen zum Wiederaubau der Wehranlagen durchgehrt: der wohlunter-richtete arabische Reisende al-Idrs jedenalls nannte Bizy in der Mitte des zwlfen

    Jahrhunderts eine groe und wohlbeestigte Stadt in einem ruchtbaren algrunde,in der Handel und Gewerbe gut gediehen36.

    Erst zum Ende des zwlfen Jahrhunderts begegnet Bizy wieder in den litera-rischen Quellen: nachdem kumanische Verbnde im Bndnis mit den Bulgaren1199 bis nach Raidestos an der Propontiskste vorgestoen waren, wurden sie audem Rckweg von byzantinischen Einheiten, die von Bizy aus augebrochen wa-ren, gestellt; nach annglichen Erolgen ging die Schlacht, bedingt durch strategi-sche Fehler, r die Byzantiner noch verloren37. Nur wenige Jahre spter, mit dem13. April 1204, war Konstantinopel in die Hand der Ritter des Vierten Kreuzugesgeallen und ein Lateinisches Kaiserreich am Bosporos errichtet; diePartitioImperii

    Romaniae, jenes Dokument, mit dem die westlichen Ritter die Aufeilung des By-zantinischen Reiches zu regeln suchten, sah vor, da das Gebiet um Bizy als eildes nheren thrakischen Hinterlandes der Reichshauptstadt unter die Herrschaf deslateinischen Kaisers gestellt wrde38. Deactodauerte es aber noch gut ein Jahr, bisda die griechischen Einwohner der Stadt sich geschlagen gaben und die Lateinersich wirklich in den Besitz von Bizy setzen konnten. Im Zuge dieser Vorgnge trader Kreuzzugshistoriker Villehardouin die Feststellung, mit der dieser Artikel ber-schrieben ist: la cit de Visoi qui moult estoit bone etort, Bizy sei eine starke undgut beestigte Stadt39. Ende des Jahres 1205 wurde der Edelmann Anseau de Cayeuxmit 120 Rittern als Garnison nach Bizy verlegt, diesen gelang es bald darau, dieStadt gegen die Eroberungsversuche des Bulgarenherrschers Kalojan (11971207)zu verteidigen, der in einem khnen Feldzug seit Anang 1206 tie in das Innere desstlichen Trakiens vorgestoen war und zahlreiche bedeutende Ansiedlungen derRegion eingenommen hatte. Im Juni 1206 verweilte Kaiser Heinrich von Flandernmit seinem Geolge r einige age in der abermals als gut beestigt charakterisier-ten Stadt40. Im Unterschied zur Organisation der byzantinischen Kirche, in der Bizystets einen vorderen Rang eingenommen hatte, besa die Stadt in der von den Latei-nern eingerichteten Hierarchie, die durch dasProvincialeRomanumvon 1210 bezie-

    36 F. A. BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3) 412; A. K, Ostthrakien(wie Anm.2), 117139; W. , Zur Kunde der Hmus-Halbinsel. II. Die Handelswege im 12.Jahrhundert nach den Erkundigungen des Arabers Idrisi, Sb.Kaiserl.Akad.d.Wiss.inWien,phil.-hist.Kl.113 (1886) 285373, 321.

    37 P. D,LesCoumansauBas-DanubeauxXIeetXIIesicles, Bukarest 1978, 130.38 A. C, Partitio terrarum imperii Romanie. StudiVeneziani7 (1965) 125305, 217, 232;

    vgl. auch N. A. O, La dcomposition de lempire Byzantin a la veille de 1204 etles origines de lempire de Nice: A propos de la Partitio Romaniae, inXVeCongrsinterna-tionaldtudesByzantines.Rapportsetco-rapports, Athen 1976, 328.

    39 E. F, Villehardouin, La conqute de Constantinople III, Paris 21961, II Nr. 390; F. A.BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3), 413.

    40 E. F, Villehardouin(wie Anm. 39), II Nrr. 403, 421, 428.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    10/14

    Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt Vize/Bizy in byzantinischer Zeit 203

    hungsweise in jngerer Fassung von 1228 berlieert ist, keine besondere Funktion41.In den olgenden Jahrzehnten konnten sich die Lateiner in Bizy behaupten. Ein

    Vorsto epirotischer Einheiten unter Teodros Komnnos (12151230) hrtenach 1225 bis in das Umland der Stadt, doch wurde die Stadt nicht erobert. Als dieKumanen 1237 unter dem Druck der ataren wieder einmal in Ostthrakien eine-len, wurden sie von den Bulgaren, Lateinern und Griechen der Region teils bekmpf,teils beriedet. Einige der Geangenen wurden auch au den Mrkten von Bizy undanderen Stdten als Sklaven verkauf42. Neun Jahre spter schlo der damalige lateini-sche Kaiser Balduin II. (12281261) einen Vertrag mit dem St.-Jacobus Orden, demer r die Entsendung von Hilstruppen unter anderem die Stdte Bizy und Mdeia

    versprach43. Das Abkommen blieb reilich olgenlos, gelang es dem Herrscher vonNikaia, Johannes III. Dukas Vatatzs (12221254), doch schon im olgenden Jahr,die beiden genannten Stdte und weitere Orte im Hinterland von Konstantinopelzu erobern. Seinem Sohn Teodros II. Laskaris (12541258) gelang es Ende 1255oder zu Beginn des Jahres 1256, im Gebiet zwischen Bizy und Bulgarophygon einenVerband von Bulgaren und Kumanen zu besiegen; etwa acht Jahre spter siegten diebyzantinischen ruppen in der Region abermals ber bulgarische Einheiten44.

    Erstmals im Jahre 1286 unter Kaiser Andronikos II. (12821328) belegt, abermglicherweise schon unter seinem Vater und Vorgnger Michal VIII. Palaiologos(12591282) nach der byzantinischen Rckgewinnung von Konstantinopel 1261eingerichtet sind die megalaallagiagenannten grorumigen Militrbezirke, die zurSicherung der europischen Reichsgebiete um die Zentren Tessalonik, Serrai undBizy angelegt wurden. Das bis ungehr 1355 bestehendeBizyteikonMegaAllagionreichte von der Schwarzmeerkste im Norden von Mesmbria bis in das Gebiet vonArkadiupolis im Westen und an den Bosporos im Osten45. In diesem Gebiet lebtegegen Ende des 13. Jahrhunderts auch eine als kriegerisch eingeschtzte vlachischeBevlkerungsgruppe46.

    41 M. ,DieppstlichenKanzleiordnungenvon1200bis1500, Innsbruck 1894, 332 Pro-vinciale Romanum, 28; vgl. A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 181; P. S, Traki-en(wie Anm. 13), 127.

    42 J. V. A. F, TeLateMedievalBalkans. ACriticalSurveyfomtheLatewelhCenturytothe Ottoman Conquest, Ann Arbor 1987, 122131; A. K, Ostthrakien (wie Anm. 2),143145.

    43 J. L, Lempereur Baudouin II et lordre de Saint Jacques,Byz22 (1952) 297299.44 F. A. BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3), 413; A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2),

    290.45 M. C. B, TeLateByzantineArmy.ArmsandSociety, 12041453, Philadelphia 1992,

    193195 u. .; I, Te Megala Allagia and the zaousios: Aspects o Provincial MilitaryOrganization in Late Byzantium,REB47 (1989) 183207.

    46 Vgl. A. L, ConstantinopleandtheLatins. TeForeignPolicyoAndronicusII12821328,Cambridge, Mass. 1972, 121.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    11/14

    204 Andreas Klzer

    Nachdem der Bulgarenherrscher Teodor Svetoslav (13001321) 1304 verschie-dene Schwarzmeerstdte in seine Gewalt gebracht hatte, sammelten die Byzantinerin Bizy ein groes Heer unter der Fhrung von Michal IX. Palaiologos und dem

    prtostratrMichal archaneiots, das aber in seinem Ansinnen, den Vormarsch zustoppen, sehr rasch scheiterte und eine empndliche Niederlage hinnehmen mu-te47. Die dann zur Abwehr der Bulgaren herbeigeholten Katalanen verselbstndigtensich alsbald und hatten schon 1306 die gesamte Region zwischen Bizy und der Ks-tenstadt Raidestos unter ihre Kontrolle gebracht, im olgenden Jahr eruhr die vor-malige Knigsstadt, das aktuelle Zentrum eines megaallagiondann sogar selbst eineintensive Belagerung durch katalanische und trkische ruppen unter dem Beehldes Ferran Ximenes de Arenos. Nachdem ein Ausall der byzantinischen Einheitenunter hohen Verlusten zurckgeschlagen worden war, mute man zur Verteidigungder Stadt auch Frauen heranziehen48. Sechs Jahre spter, 1313, wurde das Umland

    von Bizy von trkischen ruppen unter Halil geplndert49.Im Zuge der ersten Phase der byzantinischen Brgerkriege gelang dem Feldherrn

    Syrgianns zu Beginn des Jahres 1322 die kurzzeitige Eroberung von Bizy r diePartei des regierenden Kaisers Andronikos II. Palaiologos, doch konnte sich alsbaldAndronikos III. Palaiologos in den Besitz der Stadt setzen. Im Sommer 1324 kurierteletzterer hier r einige age eine Krankheit aus50. Im September des gleichen Jahres

    wurden unter dem Patriarchen saias (13231332) von der Synode in Konstanti-nopel jene Betrge estgelegt, die die einzelnen Kirchensitze zur Untersttzung der

    MegalEkklsiazu leisten hatten; das damals noch als Erzbistum ausgewiesene Bizyhatte 100 Hyperpera zu entrichten, damit die mit Abstand hchste Summe unterallen Erzbistmern auzubringen. Dies dar raglos als ein Beleg r die Solvenz desSitzes und den noch vorhandenen Wohlstand der Stadt gewertet werden. Von 1327bis 1331 war der Metropolit Nikolaos von Prusa alsproedrosvon Bizy ttig51.

    Im Jahre 1328 versammelte Andronikos III. abermals in Bizy ruppen, umgegen die Bulgaren des Michal iman (13231330), die durch Trakien zogen,auszurcken: dieser Feldzug war r die Byzantiner sehr erolgreich und hrte in-nerhalb weniger Monate, entweder schon im Oktober 1328 oder im Mai 1329 zueinem Friedensvertrag, der reilich nur von kurzer Dauer war52. Als Matthaios von

    47 J. V. A. F, TeLateMedievalBalkans(wie Anm. 42), 229; A. K, Ostthrakien(wie

    Anm. 2), 291.48 M. C. B, TeLateByzantineArmy(wie Anm. 45), 293; A. L, Constantinople

    andtheLatins(wie Anm. 46), 166170.49 Vgl. A. L, Constantinople andtheLatins(wie Anm. 46), 232.50 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 291.51 J. P-K,DerEpiskopatimsptenByzanz.EinVerzeichnisderMetropolitenund

    BischedesPatriarchatsonKonstantinopelinderZeiton1204bis1453, Saarbrcken 2008,67; zum Dokument der Synode vgl. J. D, LesRegestes desActes duPatriarcat deConstantinopleI.LesActesdesPatriarches, Fasc. V, Paris 1977, Nr. 2119.

    52 J. V. A. F, TeLateMedievalBalkans(wie Anm. 42), 270; A. K, Ostthrakien(wie

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    12/14

    Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt Vize/Bizy in byzantinischer Zeit 205

    Ephesos im Sommer 1332 die Stadt au seinem Weg nach Brysis besuchte, verwies erau den Umstand, da das Umland unsicher sei und von Ruberbanden heimgesucht

    wrde53. Auch in den langen, 1341 augebrochenen Brgerkrieg zwischen JohannesV. Palaiologos und Johannes VI. Kantakuznos war Bizy verwickelt: im Jahre 1344konnte Johannes VI. die Stadt einnehmen, in die er dann Manul Komnnos RaulAsans zum neuen Statthalter einsetzte. Ende des Jahrzehnts plnderten trkischeVerbnde das Hinterland der Stadt, ohne da ihnen aber eine Eroberung gelang54.In diesen Jahren, nach 1341, ohne da es sich genauer bestimmen liee, wurde Bizyin den kirchlichen Rang einer Metropolis erhoben. Der als Metropolit bezeichneteNeophytos nahm von 1347 an ber mehrere Jahre hinweg an verschiedenen Synodal-sitzungen in Konstantinopel teil55. Die Stadt blieb Johannes VI. bis zum Ende seinerKaiserherrschaf treu; noch im Dezember 1354 brach dersebastokratrAndronikosAsans von Bizy aus in Richtung Konstantinopel au, um eine Abdankung des Herr-schers zu verhindern, ein Anliegen, das er reilich nicht in die at umsetzen konn-te, so da er unverrichteter Dinge den Rckweg antreten mute56. Auch nach derMachtbernahme von Johannes V. in der Reichshauptstadt verblieb Bizy unter derHerrschaf von Matthaios Kantakuznos, der sich hier 1356 mehrach auielt, zu-nchst im Frhjahr des Jahres, um von der Stadt aus gegen Johannes V. auszurcken,dann wieder im Sommer nach einem Friedensabkommen mit dem Palaiologen. Einezwischenzeitliche kurzristige Einnahme der Stadt durch trkische Heerscharen, diesich die Abwesenheit eines Groteils der byzantinischen ruppen zu Nutze gemachthatten, und die Umsiedlung von Einwohnern der Stadt ist unsicher57. Im Herbst1358 ersuchte Manul Asans, der nunmehr mit Matthaios Kantakuznos entzweit

    war, Kaiser Johannes V. darum, die Verwaltung von Bizy bertragen zu bekommen.Die stete Prsenz der rken au byzantinischem Boden hatte unter anderem

    zur Folge, da die Metropolis von Bizy mehrere Kirchensitze als epidosis erhielt:hierzu zhlten Staurupolis, Methymna und Derkos58. 1368 hrte dann ein Vorstoder Gz-Verbnde dazu, da Bizy gleich anderen Orten am sdlichen Rande des

    Anm. 2), 155, 291; D. M. N, TeLastCenturiesoByzantium, 12611453, Cambridge21993, 168.

    53 D. R,DieBrieedesMatthaiosvonEphesosimCodexVindobonensisTeol. Gr. 174, Ber-lin 1974, ep. 64, 198, 378.

    54 F. A. BH. K, H. Sophia (wie Anm. 3), 413; A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2),291.

    55 J. P-K,DerEpiskopatimsptenByzanz(wie Anm. 51), 67.56 A. K, Ostthrakien(wie Anm. 2), 291.57 C. I, TeOttomanEmpire13001481, stanbul 1990, 25; P. S, Diebyzanti-

    nischenKleinchroniken2. HistorischerKommentar, Wien 1977, 287; G. S. V, DieAnnge der rkenherrscha in Trakien und die erstenNiederlassungen. Diss., Wien 1987(Griechische bersetzung. ',Tessalonik 1998), 185.

    58 J. P-K,DerEpiskopatimsptenByzanz(wie Anm. 51), 67.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    13/14

    206 Andreas Klzer

    stranca-Gebirges, darunter Brysis, Krklareli und Skopos, alle an oder nahe bei dereingangs erwhnten Strae zum Bosporos gelegen, erobert wurde; Metropolit Neo-

    phytos wurde im September diesen Jahres an die Schwarzmeerkste versetzt und zumOberhirten von Mesmbria und Anchialos bestimmt59. Im Jahre 1403 noch einmal

    von den Byzantinern erobert, wurde Bizy 1410 kurzristig von den Osmanen ein-genommen, aber entweder noch im gleichen Jahr von Kaiser Manul II. Palaiologos(13911425) zurckgewonnen oder aber 1413 von Sultan Mehmed I. (14131421)an Byzanz zurckgegeben60. Die letzten Jahre byzantinischer Herrschaf ber Bizyliegen im Dunkel der Geschichte, sptestens zu Beginn des Schicksalsjahres 1453 er-olgte die endgltige osmanische Eroberung der Stadt61, deren Mauern sich zuletztkeinesalls mehr als stark und uneinnehmbar erwiesen hatten.

    59 G. S. V,DieAnngederrkenherrschainTrakien(wie Anm. 57), 185.60 M. B,LebensbeschreibungdesDespotenSteanLazarevicvonKonstantindemPhilosophen,

    imAuszug hrg. u. bers, Wiesbaden 1956, 22; C. J, Geschichte der Serben II, Gotha1918, 140; P. S,DiebyzantinischenKleinchroniken(wie Anm. 57), 398 und Anm 5;G. S. V,DieAnngederrkenherrschainTrakien(wie Anm. 57), 85.

    61 M. C. B, TeLateByzantineArmy(wie Anm. 45), 121; F. A. BH. K, H.Sophia (wie Anm. 3), 414.

  • 7/22/2019 Kuelzer_Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt VizeBizy in byzantinischer Zeit_Bulgaria Medievalis_2_2011

    14/14

    Zur Geschichte der ostthrakischen Stadt Vize/Bizy in byzantinischer Zeit 207

    1.Bizy (Vize), H. Sophia von Sdosten (Aunahme September 2002)

    2. Straenverbindungen im stlichen Trakien (A. K, Ostthrakien[wie Anm. 2], 193)