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Kommentar KOSTENk RECH= .. p ZEITSCHRIFT FOR CONTROLUNG, ACCOUNTING &SYSTEM-ANWENDUNGEN Kundenerfolgsrechnung - \Narum und \Nie funktioniert sie? Christian Bungenstock Markte und Kunden bilden zweifelsoOOe die Basis allen untemehmerischen Den- kens und Handelns. Steigende Ausgaben fUr Kundenbindung und ein massiver Einsatz modemer CRM-Instrumente tra- gen dieser Erkenntnis seit einiger Zeit deutlich RecOOung. Dabei ist unmittelbar einleuchtend, dass es sich nur 10OOt, die- jenigen Kunden langfristig an das eigene Untemehmen zu binden, die tatsachlich Gewinn bringen. Doch wer sind diese "guten" Kunden? Der Umsatz, die traditionelle Steue- rungsgroBe im Vertrieb, ist keine geeigne- te Kennzahl zur Beurteilung der Profita- bilitat von Kunden, weil die durch den Kunden verursachten Kosten unberlick- sichtigt bleiben. Das haufig beklagte feh- lende Kostenbewusstsein und die Fokus- sierung auf die "falschen" Kunden kon- nen die riskanten Folgen sein - Fehl- steuerung droht! Erst die simultane Betrachtung von Umsatz und Kosten eines Kunden im Rahmen einer KundenerfolgsrecOOung schafft die schon langst tiberfallige Trans- parenz durch die Integration des Kalkula- tionsobjekts "Kunde" in die Kostenrech- nung. 1m Ubrigen ist es eine Kemaufgabe von Controlling, den Entscheidungstra- gem in Vertrieb und Marketing Erfolgs- informationen mit Kundenbezug bereit- zustellen, urn einer aus betriebswirt- Dr. Christian Bungen- stock ist Geschllftsfilhrer und Partner der CTcon- Consulting & Training im Controlling GmbH. E-Mail: c.bungenstock@ ctcon.de schaftlicher Sicht zu einseitigen Umsatz- orientierung ein Ende zu setzen. Eine Kundenerfolgsrechnung bietet eine differenzierte Kombination von Markt- und Produktionssicht und rlickt den Kunden dazu in den Fokus. Warum die KostenrecOOung den Kunden als Kalkulationsobjekt erst so spat entdeckt hat, bleibt ein Ratsel. Wie aber funk- tioniert eine Kundenerfolgsrechnung und worauf ist zu achten? "Die Kosten eines Kunden entspre- chen der Summe der Kosten der von ibm nachgefragten Produkte." Falsch! Die klassische KostentragerrecOOung bildet kundenspezifische Einfltisse auf den Res- sourcenverzehr nicht ab, weil sie eine an- dere Zielsetzung verfolgt und daher "an- ders recOOet". Ihr Ziel ist es, einer Gruppe ahnlich zu produzierender Produkte, so- genannter Kostentrager, "ihre" Kosten verursachungsgerecht zuzurechnen. Kal- kulationsobjekt ist also "das" Produkt. Der ZuscOOitt dieser Kalkulationsobjekte folgt oft der AOOlichkeit der Produkte in der produktionstecOOischen Bearbeitung. In der Praxis jedoch wird dieses Krite- rium vielfach von der Marktsicht tiberla- gert. Der ZuscOOitt der Kostentrager ori- entiert sich dann auch an dem jeweils tib- lichen Marktangebot. Obwohl diese Pro- duktsicht grundsatzlich geeignet ist, die Entscheidungstrager aus Vertrieb und Marketing mit den "richtigen" Produkt- kosteninformationen zu versorgen, darf die darin enthaltene DurchscOOittsbe- trachtung nicht tibersehen werden. Gera- de die kundengetriebenen Einfltisse auf den Ressourcenverzehr, beispielsweise in Form von eigenen Ausfiihrungswiin- schen, kleinen Serien, speziellen Service- leistungen oder besonderen Bearbeitungs- prozessen, konnen in der klassischen KostentragerrecOOung nicht differenziert abgebildet werden und gehen damit ver- loren. Die Kosten eines Kostentragers stellen also nur einen DurchscOOittswert tiber die Kosten aller Einzelausfiihrungen der zu diesem Kostentrager zusammenge- fassten Produkte dar. Jede dieser "Varian- ten" kann dabei mit ganz unterschied- lichem Aufwand produziert worden sein - je nach Kundenwunsch eben. Fazit: Die kostenseitige Abbildung eines Kunden tiber die durchschnittlichen Produktkos- ten des von ihm nachgefragten Produkt- mix fiihrt zu unzureichend differenzierten Ergebnissen und birgt damit das Risiko der Fehlsteuerung. Doch wie lassen sich die "richtigen" Kosten eines Kunden er- mitteln? Das Prinzip der Kundenerfolgsrech- nung liegt in der differenzierten Abbil- dung von wesentlichen kundengetriebe- nen Einfltissen auf den Ressourcenver- zehr. Dies lasst sich am besten durch eine strikte Prozesssicht erreichen. Das Vorlie- gen einer Prozesskostenrechnung ist da- her eine hilfreiche, jedoch keine zwin- gend notwendige Voraussetzung. Aus Steuerungsgesichtspunkten bringt schon die Beschaftigung mit den yom Kunden beeinflussbaren Kostentreibem wertvolle Erkenntnisse. Die "Prozesse", in denen Kunden kostenseitig zu unterscheiden sind, finden sich nicht nur in der Produk- tion, sondem auch bei vor- und nachgela- gerten Aktivitaten, wie zum Beispiel der Auftragsannahme, dem Versand und bei Serviceleistungen jeglicher Art. Die "Pro- zessbrille" kann hier Unterschiede in der Kostenverursachung zwischen absatz- mengenseitig ahnlichen Kunden identifi- zieren helfen. "Eine KundenerfolgsrecOOung ist ein reines Controlling-Thema." Falsch! Der Prozess der EinfUhrung einer Kundener- folgsrecOOung erfordert von Beginn an den Rtickhalt des Top-Managements, weil zahlreiche "Spielregeln" im Untemehmen gebrochen werden. In eine Kundener- folgsrecOOung flieBen Daten aus den ver- krp-KostenrecOOungspraxis, 46. Jg., 2002, H. I 9

Kundenerfolgsrechnung — warum und wie funktioniert sie?

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Kommentar KOSTENkRECH= ..p

ZEITSCHRIFT FOR CONTROLUNG,ACCOUNTING &SYSTEM-ANWENDUNGEN

Kundenerfolgsrechnung - \Narum und\Nie funktioniert sie?

Christian Bungenstock

Markte und Kunden bilden zweifelsoOOedie Basis allen untemehmerischen Den­kens und Handelns. Steigende AusgabenfUr Kundenbindung und ein massiverEinsatz modemer CRM-Instrumente tra­gen dieser Erkenntnis seit einiger Zeitdeutlich RecOOung. Dabei ist unmittelbareinleuchtend, dass es sich nur 10OOt, die­jenigen Kunden langfristig an das eigeneUntemehmen zu binden, die tatsachlichGewinn bringen. Doch wer sind diese"guten" Kunden?

Der Umsatz, die traditionelle Steue­rungsgroBe im Vertrieb, ist keine geeigne­te Kennzahl zur Beurteilung der Profita­bilitat von Kunden, weil die durch denKunden verursachten Kosten unberlick­sichtigt bleiben. Das haufig beklagte feh­lende Kostenbewusstsein und die Fokus­sierung auf die "falschen" Kunden kon­nen die riskanten Folgen sein - Fehl­steuerung droht!

Erst die simultane Betrachtung vonUmsatz und Kosten eines Kunden imRahmen einer KundenerfolgsrecOOungschafft die schon langst tiberfallige Trans­parenz durch die Integration des Kalkula­tionsobjekts "Kunde" in die Kostenrech­nung. 1m Ubrigen ist es eine Kemaufgabevon Controlling, den Entscheidungstra­gem in Vertrieb und Marketing Erfolgs­informationen mit Kundenbezug bereit­zustellen, urn einer aus betriebswirt-

Dr. Christian Bungen­stockist Geschllftsfilhrerund Partner der CTcon­Consulting & Training imControlling GmbH.E-Mail: [email protected]

schaftlicher Sicht zu einseitigen Umsatz­orientierung ein Ende zu setzen.

Eine Kundenerfolgsrechnung bieteteine differenzierte Kombination vonMarkt- und Produktionssicht und rlicktden Kunden dazu in den Fokus. Warumdie KostenrecOOung den Kunden alsKalkulationsobjekt erst so spat entdeckthat, bleibt ein Ratsel. Wie aber funk­tioniert eine Kundenerfolgsrechnung undworauf ist zu achten?

"Die Kosten eines Kunden entspre­chen der Summe der Kosten der von ibmnachgefragten Produkte." Falsch! Dieklassische KostentragerrecOOung bildetkundenspezifische Einfltisse auf den Res­sourcenverzehr nicht ab, weil sie eine an­dere Zielsetzung verfolgt und daher "an­ders recOOet". Ihr Ziel ist es, einer Gruppeahnlich zu produzierender Produkte, so­genannter Kostentrager, "ihre" Kostenverursachungsgerecht zuzurechnen. Kal­kulationsobjekt ist also "das" Produkt.Der ZuscOOitt dieser Kalkulationsobjektefolgt oft der AOOlichkeit der Produkte inder produktionstecOOischen Bearbeitung.In der Praxis jedoch wird dieses Krite­rium vielfach von der Marktsicht tiberla­gert. Der ZuscOOitt der Kostentrager ori­entiert sich dann auch an dem jeweils tib­lichen Marktangebot. Obwohl diese Pro­duktsicht grundsatzlich geeignet ist, dieEntscheidungstrager aus Vertrieb undMarketing mit den "richtigen" Produkt­kosteninformationen zu versorgen, darfdie darin enthaltene DurchscOOittsbe­trachtung nicht tibersehen werden. Gera­de die kundengetriebenen Einfltisse aufden Ressourcenverzehr, beispielsweise inForm von eigenen Ausfiihrungswiin­schen, kleinen Serien, speziellen Service­leistungen oder besonderen Bearbeitungs­prozessen, konnen in der klassischenKostentragerrecOOung nicht differenziertabgebildet werden und gehen damit ver­loren. Die Kosten eines Kostentragers

stellen also nur einen DurchscOOittswerttiber die Kosten aller Einzelausfiihrungender zu diesem Kostentrager zusammenge­fassten Produkte dar. Jede dieser "Varian­ten" kann dabei mit ganz unterschied­lichem Aufwand produziert worden sein- je nach Kundenwunsch eben. Fazit: Diekostenseitige Abbildung eines Kundentiber die durchschnittlichen Produktkos­ten des von ihm nachgefragten Produkt­mix fiihrt zu unzureichend differenziertenErgebnissen und birgt damit das Risikoder Fehlsteuerung. Doch wie lassen sichdie "richtigen" Kosten eines Kunden er­mitteln?

Das Prinzip der Kundenerfolgsrech­nung liegt in der differenzierten Abbil­dung von wesentlichen kundengetriebe­nen Einfltissen auf den Ressourcenver­zehr. Dies lasst sich am besten durch einestrikte Prozesssicht erreichen. Das Vorlie­gen einer Prozesskostenrechnung ist da­her eine hilfreiche, jedoch keine zwin­gend notwendige Voraussetzung. AusSteuerungsgesichtspunkten bringt schondie Beschaftigung mit den yom Kundenbeeinflussbaren Kostentreibem wertvolleErkenntnisse. Die "Prozesse", in denenKunden kostenseitig zu unterscheidensind, finden sich nicht nur in der Produk­tion, sondem auch bei vor- und nachgela­gerten Aktivitaten, wie zum Beispiel derAuftragsannahme, dem Versand und beiServiceleistungen jeglicher Art. Die "Pro­zessbrille" kann hier Unterschiede in derKostenverursachung zwischen absatz­mengenseitig ahnlichen Kunden identifi­zieren helfen.

"Eine KundenerfolgsrecOOung ist einreines Controlling-Thema." Falsch! DerProzess der EinfUhrung einer Kundener­folgsrecOOung erfordert von Beginn anden Rtickhalt des Top-Managements, weilzahlreiche "Spielregeln" im Untemehmengebrochen werden. In eine Kundener­folgsrecOOung flieBen Daten aus den ver-

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MateriaImanagement

Klaus Bichler/Ralf KrohnBeschaffungs-undLagerwirtschaftPraxisorientierte Darstellungmit Aufgaben und Lbsungen8., vollst. Oberarb. Auf!. 200lXVIII, 298 S.Br. € 64,00ISBN 3-409-30768-0

Dieses klar strukturierte und praxisorientierte Lehr­buch vermittelt die wesentlichen Grundlagen einermodernen Beschaffungs- und Lagerhaltung. Dabeiwerden vom Beschaffungsmarketing bis zum auto­matischen Kleinteilelager aile wichtigen Themen undaktuelle Trends wie beispielsweise e-Business,Benchmarking und Logistik-Controlling, naher erlau­tert. FOr die 8. Auflage der "Beschaffungs- und Lager­wirtschaft" wurden aile Inhalte auf den neuestenStand gebracht sowie das Thema e-Business aufge­nommen.

Kommentar

schiedensten Funktionsbereichen des Un­temehmens ein. Daher drangt die Kunden­erfolgsrechnung zur Uberwindung funk­tionaler (System-)Grenzen und ruft aIleUntemehmensfunktionen zum gemeinsa­men Nachdenken tiber Erlos- und Kos­tenverbunde der gemeinsamen Kundenauf. Ein einheitliches Verstandnis des Ge­schiifts - tiber den Tellerrand der eigenenFunktion hinaus - wird so bei allen Betei­ligten gestarkt.

Richtig angewandt, untersttitzt eineKundenerfolgsrechnung die klare Markt­und Absatzorientierung des Manage­ments und fiihrt zu einer nachhaltigenNeubewertung der Attraktivitat von Markt­segmenten und Kunden. Dabei ist sie keinOptimierungskalktil, sondem ein Analyse­werkzeug, dessen Tendenzaussagen wich­tiger sind als buchhalterische Genauig­keit. Die Kundenerfolgsrechnung bietetzudem die Moglichkeit, die aktuell starkqualitativ gepragten CRM-Ansatze auchquantitativ zu untermauem.

FUr die oft als marktfem geltendenController eroffnet sich damit die Chan­ce, der eigenen Verantwortung gegentiberMarketing und Vertrieb noch starker ge­recht zu werden. "Konig Kunde" fmdetendlich Einzug in die Kostenrechnung,und die Orientierung des Controlling anseinen "Kunden" wird damit zugleichnachhaltig verbessert.

Christian Bungenstock krp

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