Landwirtschaft & Bevölkerung · RAEM/Landw&Bev-1-Landwirtschaft & Bevölkerung Prof. Dr. Rolf A.E. Müller Institut für Agrarökonomie Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

RAEM/Landw&Bev - 1 -

Landwirtschaft & Bevölkerung

Prof. Dr. Rolf A.E. MüllerInstitut für Agrarökonomie

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel


Eröffnung> Wer ist er?

1966 Abitur, Math.-Nat. Gymnasium, Kaiserslautern1966-67 Landwirtschafliches Praktikum & Gehilfenprüfung1967-71 Studium TU Berlin; Uni Hohenheim1971 Dipl.-Ing. agr., Stuttgart-Hohenheim1972-73 Wanderungen durch Hunsrück und Eifel mit der

Bundeswehr1973-77 Promotion, Inst. f. landw. Betriebs- und Arbeitslehre, CAU1978-1984 Post-Doc: UNE, Australien; Purdue U., NC State U., USA

und an der CAU1984-90 ICRISAT, Hyderabad, Indien1991- 20?? Prof., Inst. f. Agrarökonomie; CAUForschungsinteressen

Information und {Preise, Märkte, Betriebe, Unternehmen ...}Ökonomie der Innovation (Forschung, Entwicklung, Übernahme & Verbreitung) in der LandwirtschaftIT in der Agrar- und Ernährungswirtschaft


Einleitung> Weshalb Landwirtschaft & Bevölkerung?

Denkbare Betrachtungsebenen:

Menschen und landwirtschaftlicher Betrieb: Arbeitskraft – Personalmanagement – Wohlstand landwirtschaftlicherFamilien – Generationswechsel

Menschen des Agrarsektor eines LandesAbwanderung von Arbeitskräften – Ausbildung & Humankapital –soziale Integration – Wählerstimmen

Menschen und Landwirtschaft in der WeltBevölkerungswachstum – Ernährungssicherung – Armut in der Welt –Rückständigkeit – Entwicklung(shilfe) – etc.


Einleitung> Bevölkerungswachstum und Ernährungssicherheit

Warum sollen wir über den Zusammenhang zwischenLandwirtschaft und Weltbevölkerung nachdenken?Moralische Verpflichtunggegenüber MitmenschenRecht der Menschen auf Ernährung"Wir" müssen die Menschheiternähren!Welche Bedingungenbegünstigen die Fähigkeit derLandwirtschaft, den Rest derWelt mit Lebensmitteln zuversorgen?


Einleitung> Gliederung

1. Einleitung2. Bevölkerungsentwicklung3. Ansätze zur Steigerung der Lebensmittelproduktion

1. Steigerung des Einsatzes von Produktionsfaktoren2. Steigerung der Produktivität der Produktionsfaktoren

4. F&E zur Produktivitätssteigerung5. Fazit


Bevölkerung> Be- & entschleunigte Milliarden

Milliarden (109) Jahr Zeitraum (Jahre)

Erste 1804 ~ 250.000 Zweite 1927 123 Dritte 1960 33 Vierte 1974 14 Fünfte 1987 13

Sechste 1999 12 Siebte 2013 14 Achte 2038 15

Neunte 2054 26 Quelle: United Nation, World Population Estimates and Projections, 1998 Revision, New York, Oktober 1998

Die demographische Entwicklung der Weltbevölkerung


Bevölkerung> die lange Sicht

Entwicklung der Weltbevölkerung, - 10000 bis 2200

0100020003000400050006000700080009000

10000

-10000-9000-8000-7000-6000-5000-4000-3000-2000-10000 1000

2000

3000

Jahr

Bev

ölke

rung

[100

0]


Bevölkerung> Aktuell

Quelle: Lee 2003


Bevölkerung> Bevölkerungsdichte

http://www.fao.org/ag/AGL/agll/gaez/index.htm

Population density


Bevölkerung> Thomas Robert Malthus, 1766-1834Thomas Robert Malthus (1798). An Essay on the Principle of Population. London 1798."I think I may fairly make two postulata.First, That food is necessary to the existence of man.Secondly, That the passion of the sexes is necessaryand will remain nearly in its present state.… the power of population is indefinitely greater than the power in the earth to produce subsistence for man.

Population, when unchecked, increases in a geometrical ratio.

Subsistence increases only in arithmetical ratio.…By that law of our nature which makes food necessary to the life of man, the effects of these two unequal powers must be kept equal. This implies a strong and constantly operating check on population from the difficulty of subsistence."

Zeit

P; S PS

P: Bevölkerung [Anzahl]S: Lebensmittelproduktion/

Lebensmittelbedarf pro Kopf


Bevölkerung > "Malthus' bedeutsamer Unsinn"

"Die Malthussche Bevölkerungstheorie … ist, gelinde gesagt, Unsinn!

"... die Vermehrung der Produktivität ist unter den meisten Umständen eine Wirkung der Bevölkerungsvermehrung. Nur eine dichte Bevölkerung kann jene Arbeitsteilung und Nutzung der Leistungen erreichen, von der wir heute abhängen."

F.A. von Hayek 1996, S. 99


Bevölkerung> Keine akute Knappheit


Bevölkerung> Auswirkung auf die Nachfrage nach Getreide

Wie kann man die Produktion steigern?mehr Produktions-faktoren einsetzendie Produktivität derFaktoren steigern

Welche Faktoren sindwichtig?LandWasserArbeitskräfteGenetische RessourcenKapitalEnergie


Faktoreinsatz > Land > Intensitätsstufen

Quelle: Foley, J. et al.(2005): Global Consequences of Land Use


Faktoreinsatz > Land > Verteilung der Landreserven

Figure 6. Comparison of land with crop production potential and land used for cultivation in 1994–1996 .


Faktoreinsatz > Land> Landnahme

Quelle: Dixon et al. 2001.

Landw. genutzte Fläche: ~ 1 109 ha; Wachstum 25% in 40 Jahren

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche wird bis 2030 um ~ 120 106 ha wachsen( 0,34 % p.a., das ist die Hälfte der Wachstumsrate der vergangenen 40 Jahre)


Faktoreinsatz > Land> Ester Boserup 1981

"The close relationship which exists today between population densityand food production system is the result of two long-existingprocesses of adaptation.On the one hand, population density has adapted to to the naturalconditions for food production by migrations and difference in naturalrates of population growth;on the other hand, food supply systems have adapted to changes in population density." (Boserup 1981, p. 15)Malthus 1798: Landwirtschaft BevölkerungBoserup 1965: Landwirtschaft BevölkerungBoserup 1981: Landwirtschaft Bevölkerung


Faktoreinsatz > Land> Intensität & Bevölkerungsdichte in Afrika

Quelle: Pingali, et al. 1987. Agricultural Mechanizationand the evolution of farming systems in sub-Saharan Africa.Johns Hopkins University Press.

Ergebnis einer Meta-Analyse der Untersuchungen an 48 Standorten in Afrika:"Population growth and accessto markets are the maindeterminants of agriculturalintensification""We have not encountered anysparsely populated areasunder annual cultivation orvery densely populated areasunder forest-fallow or bush-fallow systems."


Faktoreinsatz > Arbeit > Anteil der landw. Erwerbsbevölkerung

Anteile der Landwirtschaft an der Erwerbsbevölkerung, 2010

0,62

0,97

0,95

0,54

0,84

0,73

0,49

0,53

0,50

0,60

0,48

0,51

0,00 0,25 0,50 0,75 1,00

World

Industrialized Countries

Developed Countries

Developing Countries

Latin Amer & Caribbean

Near East

Africa

Asia

Asia Developing

East & South East Asia

Far East

South Asia

Reg

ion

Anteil

Agrar Nicht-Agrar


Faktoreinsatz > Wasser> Ausdehnung Bewässerungsfläche


Produktivität > Wie steigen?

1. in den Markt einbinden (Produkte, Kredit, Dünger, etc.)

2. spezialisieren und handeln3. Anreize erhalten (Preise, Kosten,

Steuern)4. gut ernähren (auch Frauen und

Mädchen): gibt Kraft, hält gesund und macht schlau

5. Rechte sichern (Leib & Leben, Eigentum, Besitz, Pacht)

6. auf Eigeninitiative vertrauen (Landwirte machen Boden zu Gold)

7. mit Bedacht reglementieren8. Produktion optimieren

9. Kinder ausbilden (auch die Mädchen!)

10.Landwirte beraten (Frauen nicht vergessen!)

11.Technologien übernehmen und anpassen

12.Technologien entwickeln13.Technologien bekanntmachen und

verbreiten14.Technologie-Entwickler mit neuem

Wissen versorgen15.Wechselwirkungen zwischen 1-14

ausnutzen


Produktivität> Die Grüne Revolution

Quelle: Evenson & Gollin, 2003


Produktivität> Bedeutung


Produktivität> Ertragslücken


Produktivität> Wie man den Ertrag von Mais steigert

0

1000

2000

3000

4000

I II III IV V VI VII VIII IX X

Technologie Niveau

Ertra

g [k

g/ha

]

Basis

VerbesserteSorte

40 kgN/ha

&15 kgP/ha

Aussaat-termin

Unkraut-kontrolle

Bestands-dichte

+50 kgN/ha

&+20 kg

P/ha

Hybride+

Aussaat-termine

Schädlings-kontrolle

+50 kgN/ha

&+30 kg

P/ha

Quelle: Carr, 1989, zitiert in ISNAR, 1991.


Produktivität> Eigentumsrechte

When ownership and control of all of society's wealth and productive assets

are up for grabs every day, you don't get much economic development."

Michael Mussa, in a lecture at the World Bank, Feb. 2, 2004IMFSurvey, Feb. 16, 2004


Produktivität> Produktivitätswirkungen Bodeneigentum

Eigentumssicherheitund Produktivität

Eigentumstitelan Land

Bessere Sicherheitfür Landwirt

Bessere Sicherheitfür Geldverleiher

Gesteigerte Nachfragenach Investitionen

Verbessertes Angebotan langfristigen Krediten

zu günstigeren Konditionen

HöheresInvestitionsvolumen

GesteigerteNachfrage nach

komplementären Inputs

Höherer Einsatzvariabler Inputs

Höheres Angebot anbilligeren

kurzfristigen Krediten

Höherer Ertragpro Hektar Quelle: Feder, G. 1987


Produktivität> Eigentum Wasser - Syrien

Bevölkerung: 16,3 Mio. Wachstumsrate Bev.: 2,58% Geo. Landfläche: 184.050 km2

Landw. nutzbar: 28% Bewässerte Fläche: 15% der LNAnteil bewässerte Landw. am

landw. Output: ~ 50%Anzeichen für Übernutzung des Grund-

wassersQuellen: CIA World Fact Book 2000

FAO 1993

ICARDAICARDA


Produktivität > Eigentum Wasser - Syrien

Hintergrundwissen zum Beispiel Syrien:

Interne erneuerbare Wasser-Ressourcen pro Kopf: 430 m3

(kritischer Wert für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung: 1.000 m3 pro Kopf);

die bewässerten 15% der landw. genutzten Fläche produzieren 50% des Wertes der landw. Produktion;

80% der seit 1987 neu bewässerten Fläche wird mit aus Brunnen gepumptem Grundwasser bewässert;

Wasser ist ein freies Gut: die einzigen Ausgaben der Landwirte sind die Kosten für die Brunnenbohrung und für die Installation und den Betrieb der Pumpe;


Produktivität > Eigentum Wasser - Syrien

Quelle: T. Shah, 1993.

0

2

4

6

8

10

12

14

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700

Wassermenge [mm ha-1]

Prod

uktio

n [t]

Base-Irrigated

ImprovedIrrigated

y = -5.27 + 0.0362 W - 0.00001948 W2

y = -5.8556 + 0.0329 W - 0.00002164 W2

W = Niederschläge + Bewässerung


F&E> Wissen & Konsum

F & E

Produktion

Konsum

Wissenschaft

Output-Kette Wertübertragung


F&E> Die Kolumbus-Tauschbörse

The Columbian Exchange "... is one of the most impressive 'revolutions' ... one of the biggest modifications ever inflicted by man on the rest of nature" (Fernández-Armesto, F. 2001)

= Verbindung durch Seefahrt der Kontinente, deren Flora und Fauna sich seit dem Auseinanderdriften der Kontinentalplatten weitgehend unabhängig voneinander entwickeln konnten

Schafe, Kaninchen, Pferde, etc.aus Europa nach Australien

Wasserbüffel und Zebu aus Asiennach Australien

Kamele aus Afrika nach AustralienPferde, Spatzen aus Europa nach AmerikaWaschbären aus Amerika nach Europa

• Kartoffeln aus S-Amerika nach Europa• Mais aus Amerika in den Rest der Welt• Eukalyptus-Bäume aus Australien in

den Rest der Welt• Reis aus Asien nach TX & CA, USA• Sojabohnen aus USA nach Indien• Weizen aus Europa nach Amerika

und von dort nach Asien• Kakao aus S-Amerika nach W-Afrika• Kaffee aus Äthiopien nach S-Asien,

S-Amerika und Karibik• Tee aus O-Afrika nach Asien• Wein aus Italien in den Rest der Welt


F&E> Grüne Gentechnik


F&E> Die CGIAR


F&E > Förderer der CG-Center

Zum Vergleich:Kosten Sicherheitszaunfür G-8 Treffen in Heiligendamm:

12,5 Mio €Stückkosten Eurofighter:

~ 70 Mio €


F&E > CGIAR-Ausgaben für Forschungsbereiche

2001 2002 2003 2004 2005

Pflanzenzucht 18 18 17 17 17Genbanken 10 10 11 12 12Nachhaltige Produktion 36 35 34 35 34Politik 14 15 16 16 18Förderung nationale Agraforschung 22 22 22 20 20

Gesamt [Mio. US$] 355 381 395 425 452Quelle: CGIAR Annual Report 2005

Jahr

Entwicklung der Ausgaben der CGIAR nach Forschungsbereichen, 2001-2005

Forschungsbereich

- Prozent -


F&E> Viel Spreu und wenig Weizen

Quelle: Tripp 1991, S. 261

Initiativen gibt es viele, aber erfolgreiche Technologien sind rar!

Beispiel:Progression vonForschungsinitiativen,über Empfehlungenund Beratungs-empfehlungen bis zur Übernahme durchLandwirte


Fazit > Grund zur Sorge?

"One thing is sure: the earth is more cultivated and developed now than ever before;there is more farming but fewer forests, swamps are drying up and cities are springing up on an unprecedented scale. We have become a burden to our planet.Resources are becoming scarce and soon nature will no longer be able to satisfy our needs."

Quintus Septimus Tertullianus, ~ 200 B.C.als auf der Welt ~ 150-200 Millionen Menschen lebten


Fazit> Konträre Meinungen

"Knowledge is the most powerful engine in production; it enables us to subdue Nature and force her to satisfy our wants."

Alfred Marshall 1920. Principles of economics. 8th ed., p. 115.

"Die Versuche der Menschen, die Natur besser zu machen als sie ist, sind in der Regel wenig erfolgversprechend."

Hans Wiesen, Landwirtschaftsminister SLHKieler Nachrichten, 25/05/96, S. 6.


Fazit> Fortschritt

Quelle: Fogel 1999. Catching up with the economy:AER 89(1)


Fazit> Rote-Königin-Syndrom

Positive Feed-Back-SchleifeJe mehr Wissen die Menschen erwerben,desto mehr können sie ihre Zahl vermehren und die Umwelt verändern,worauf sie wieder mehr neues Wissen brauchennur um weiterhin überleben zu können.

Wilson 1998, p. 270.

Es gibt noch viel zu tun für die Agrarforschung!


Schluss

Vielen Dank fürs Zuhören!


Literatur

Boserup E. 1981. Population and technological change. Chicago, IL: University of Chicago Press.Diamond, J. 1998. Arm und Reich. 5. Aufl. Frankfurt a.M.: S. Fischer Verlag. Teil II: Beginn und Ausbreitung der Landwirtschaft. S. 91-228.Malthus, T.R. 1979. An essay on the principle of population. Harmondsworth, England: Peguin Books. (First published in 1798). Pp. 70-72.United Nations 2006. National trends in population, resources, envrionment and development 2005: Country profiles. Department of Economic and Social Affairs / Population Division. ESA/P/WP.196United Nations 2004. World urbanization prospects. The 2003 revision. Department of Economic and Social Affairs / Population Division

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