8
36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM: Bugholzmöbel, Leuchten, Türbeschläge Kriegerstraße 8, 26123 Oldenburg, Tel.: 0441-82220 Mail: [email protected] Homepage: www.zweckundform.de Kann ein Ereignis benannt werden, das in seiner Zeit mehr Menschen in den Bann gezogen hat, als die Internationale Hygieneausstellung in Dresden? Von Mai bis Oktober 1911 besuchten ca. 5,5 Millionen Menschen die Ausstellungen, in denen Bedeutsames thematisiert wurde: wissenschaftliche Aufklärung über den Tuberkelbazillus, Körperpflege, Eugenik, Krankenhausbau, Medizintechnik, Bautechniken für Trinkwasserversorgung und Schmutzwasserentsorgung meist begrenzt auf Bauobjekte oder Großstädte und nicht zuletzt Licht und Beleuchtung medizinischer, pflegender Tätigkeit. (Abb. 1a und 1b) Abb. 1a und 1b: Vignetten zur Werbung mit dem Auge der ägyptischen Gottheit Ra für die Internationale Hygieneausstellung 1911 in Dresden (links) und für die zur gleichen Zeit neueste Glühlampenproduktion der AEG, deren Produktionspaletten, bis hin zu Mitteln der Werbung, nach Entwürfen von Peter Behrens (ab 1907) umgestaltet wurden. (Quelle: Sammlung Zweck & Form, Klaus Struve) Die Realisierung zahlreicher Gebäude und Einrichtungen für das Gesundheitswesen in Deutschland wurde durch den 1. Weltkrieg erheblich behindert. Als Beispiel dient hier das Gebäude für das ‚Pathologisch-anatomische Institut der Hamburgischen Universität‘ (Baubeginn 1913), das der Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher (1909 berufen) mit Weitsicht und Kraftanstrengung geplant hatte. Es wurde unvollendet als Lazarett verwendet und schließlich erst 1926 fertig gestellt (vgl. Schmieden 1930, S. 178-182). Den 2. Weltkrieg hat es unbeschädigt überstanden. Weil sich sowohl das Raumprogramm als auch die konzeptionelle Ausstattung durch Schumacher über die Jahrzehnte hinweg als wegweisend und funktional erwiesen haben, wurde es 2011 als ein Baudenkmal von nationaler Bedeutung ausgewiesen: Dies auf der Grundlage einer authentischen Rekonstruktion, welche durch den Freundes- und Förderkreis des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und großzügige Sponsoren bewerkstelligt werden konnte (vgl. Holstein/Struve 2011). Aktuell ist in dem nach Fritz Schumacher benannten Gebäude das Medizinhistorische Museum Hamburg eingerichtet worden.

Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

  • Upload
    others

  • View
    10

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

36

Licht und Beleuchtung im KrankenhausDeckenpendelleuchten 1920-1960

Prof. Dr. Klaus StruveSammlungen ZWECK & FORM: Bugholzmöbel, Leuchten, Türbeschläge Kriegerstraße 8, 26123 Oldenburg, Tel.: 0441-82220 Mail: [email protected]: www.zweckundform.de

Kann ein Ereignis benannt werden, das in seiner Zeit mehr Menschen in den Bann gezogen hat, als die Internationale Hygieneausstellung in Dresden? Von Mai bis Oktober 1911 besuchten ca. 5,5 Millionen Menschen die Ausstellungen, in denen Bedeutsames thematisiert wurde: wissenschaftliche Aufklärung über den Tuberkelbazillus, Körperpflege, Eugenik, Krankenhausbau, Medizintechnik, Bautechniken für Trinkwasserversorgung und Schmutzwasserentsorgung meist begrenzt auf Bauobjekte oder Großstädte und nicht zuletzt Licht und Beleuchtung medizinischer, pflegender Tätigkeit. (Abb. 1a und 1b)

Abb. 1a und 1b: Vignetten zur Werbung mit dem Auge der ägyptischen Gottheit Ra für die Internationale Hygieneausstellung 1911 in Dresden (links) und für die zur gleichen Zeit neueste Glühlampenproduktion der AEG, deren Produktionspaletten, bis hin zu Mitteln der Werbung, nach Entwürfen von Peter Behrens (ab 1907) umgestaltet wurden. (Quelle: Sammlung Zweck & Form, Klaus Struve)

Die Realisierung zahlreicher Gebäude und Einrichtungen für das Gesundheitswesen in Deutschland wurde durch den 1. Weltkrieg erheblich behindert. Als Beispiel dient hier das Gebäude für das ‚Pathologisch-anatomische Institut der Hamburgischen Universität‘ (Baubeginn 1913), das der Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher (1909 berufen) mit Weitsicht und Kraftanstrengung geplant hatte. Es wurde unvollendet als Lazarett verwendet und schließlich erst 1926 fertig gestellt (vgl. Schmieden 1930, S. 178-182). Den 2. Weltkrieg hat es unbeschädigt überstanden. Weil sich sowohl das Raumprogramm als auch die konzeptionelle Ausstattung durch Schumacher über die Jahrzehnte hinweg als wegweisend und funktional erwiesen haben, wurde es 2011 als ein Baudenkmal von nationaler Bedeutung ausgewiesen: Dies auf der Grundlage einer authentischen Rekonstruktion, welche durch den Freundes- und Förderkreis des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und großzügige Sponsoren bewerkstelligt werden konnte (vgl. Holstein/Struve 2011). Aktuell ist in dem nach Fritz Schumacher benannten Gebäude das Medizinhistorische Museum Hamburg eingerichtet worden.

Page 2: Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

37

Welche Bedeutung kommt der Rekonstruktion des Gebäudes und der Einrichtung des Museums im Zusammenhang mit der Geschichte und Zukunft von Licht und Beleuchtung zu?

Die Lenkung des natürlichen Lichts in Operationsräumen (Anordnung und Konstruktion der Fenster, Glastechnik, Verschattung usw.) hatte im Zusammenhang mit der Gestaltung von Operationsleuchten vor allem zwei Probleme zu lösen. Erstens: schattenfreies Ausleuchten des sogenannten Operationskegels im Körper, obgleich über ihm ständig mehrere Hände des chirurgischen Personals mit Instrumenten in Bewegung sind, die das Licht auf störende Weise reflektieren können. Zweitens: Angemessene Wahrnehmung der gesunden Färbung bzw. krankhaften Verfärbung von Organen und Gewebestrukturen, die es den Chirurgen ermöglichen, präzise zu operieren.

Der Mitarbeiter Schmiedens am bedeutenden Werk über den Krankenhausbau in den 1930er Jahren, der Erfurter Chefchirurg Machol, formuliert mit Blick auf den Zusammenhang von natürlichem und künstlichem Licht beim Operieren seine entschiedene Meinung: „Die vordere Hälfte des Operationssaales hat ein Glasdach, das ebenso wie die Stirnfenster durch einen elektrisch zu bewegenden Vorhang völlig abgedunkelt werden kann. Ein prinzipielles Arbeiten nur bei künstlichem Licht, wie es vielfach neuerdings als zweckmäßig angesehen wird, halte ich nicht für richtig und zwar, weil das diffuse Tageslicht für ein groß Teil der Operationen wohl doch immer noch die einfachste und beste Beleuchtung sein dürfte. Aber ich halte es für gut, wenn die Möglichkeit besteht, an trüben Tagen Zwielicht ausschalten und in verdunkelten Räumen nur bei künstlichem Licht zu arbeiten“ (Machol, in: Schmieden 1930, 1. Teil, S. 16). (Abb. 2)

Abb. 2: Operationssaal im städtischen Krankenhaus Potsdam. Die Tagesbelichtung des Raumes wurde nach den Bestimmungen von Prof. Dr. Heller (Leipzig) realisiert. Die Zeiss’sche Pantophos-Operationsleuchte ist im Band häufig abgebildet, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass Zeiss jedenfalls zeitweise führend war im Marktsegment (Quelle: Schmieden 1930, S. 48).

So wie das 19. Jahrhundert als das Jahrhundert der Medizin benannt wird, in dem wissenschaftliche Grundlagen geschaffen wurden, kann das 20. Jahrhundert als ihre Entfaltung und Durchbildung in wissenschaftlich-technischer, in neurophysiologischer und neuropsychologischer Hinsicht angesehen werden. Innerhalb der Medizintechnik kommt beispielsweise der Mikrochirurgie besondere Bedeutung zu. Sie könnte im einen oder anderen Fall auf eine herkömmliche Operationsleuchte verzichten, nicht aber auf angemessene Beleuchtung dort, wo das Untersuchungsinstrumentarium bzw. das chirurgische Werkzeug von außen gesteuert im Körperinneren zur Anwendung kommt. Lichttechniker wurden bzw. werden ständig vor neue Herausforderungen gestellt. In den vergangenen Jahren haben sie es mit Hilfe der Glasfasertechnik erreicht, dass die Quelle des Lichts, das Leuchtmittel, außerhalb des Körpers verbleibt, und das Licht mit Glasfasern zum Ort der Wahrnehmung gelenkt wird. Die Mehrzahl der Leuchten und Leuchtkörper, die auf den Abbildungen von ca. 80 Krankenhäusern mit ihren Raumausstattungen im Schmieden erkennbar sind, können als Produkte der Firma Zeiss Ikon identifiziert werden. Nicht wenige davon sind auch in Büro- und Wohnräumen von Architekten zur Anwendung gekommen, z.B. die von Adolf Meyer in verschiedenen Größen entworfene Deckenpendelleuchte, eine sogenannte Stufenspiegelleuchte (Abb. 3). Sie hat Furore gemacht, da Meyer als Mitarbeiter von Walter Gropius bekannt geworden ist und als genialer Gestalter von Leuchten mit Marianne Brandt und Hin Bredendieck am Bauhaus tätig war, die ihrerseits für die Zusammenarbeit mit der Leuchtenfabrik Körting & Mathiesen, Kandem, verantwortlich waren (vgl. Binroth 2002).

Abb. 3: Stufenspiegelleuchte der Firma Zeiss Ikon, Typenbezeichnung: JST 21 Nr. 1 C5. Der auf dem inneren Glaskörper aufliegende verspiegelte Reflektor hat einen Durchmesser von 38cm. (Foto: Klaus Struve, Sammlung Zweck & Form)

Page 3: Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

38

Kulturgut bewahren

Um das Restaurieren, Bewahren und Präsentieren eines Bildes von Paul Klee oder van Gogh ist wenig Sorge nötig. Auch für die Rettung einer gusseisernen Gartenmöblierung, von Schinkel entworfen, werden Mittel zur Verfügung stehen, jedenfalls in Berlin. Doch schon viele Jahrzehnte lang, ungefähr seit den 1960er Jahren, wurde es problematischer, Gegenstände der Alltagskultur des 20. Jahrhunderts zu bewahren (vgl. Manske 2004), vor allem sie im Gebrauch vieler Menschen zu halten. Das ist eine Aufgabenstellung für ästhetische Bildung. Damit Tätigkeit in ästhetischen Bildungsprozessen erfolgreich sein kann, bedarf es der Übernahme von Verantwortung und des Einsatzes von Willenskraft in gesellschaftlich relevanten, in staatlichen Leitungsstrukturen. Dort ist die Verantwortung für das Bereitstellen der notwendigen Personal- und Sachmittel angesiedelt.

Wenn es an solcher Verantwortlichkeit mangelt, können fehlender Überblick und Qualifikationsdefizite in staatlichen Institutionen zu kultureller Barbarei führen. Zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sollen das verdeutlichen: In den 1960er Jahren wurden wenigstens in einem bekannten Krankenhaus mehrere Hundert gläserne Sistrah P4 Deckenpendelleuchten der Firma Müller & Zimmer, Stuttgart, entsorgt, in einen Container geworfen. Der Preis einer solchen Leuchte als aktuelle Neuware liegt bei Euro 600,00. Am Anfang der 1980er Jahre hat die Bremer Bildungs- und Kulturbehörde aus ihren Institutionen die Schreibtischleuchten eingesammelt und zerstört. Es waren Leuchten aus der Kaiser idell Serie. Angeblich waren sie in elektrotechnischer Hinsicht nicht mehr sicher. Tatsächlich kann aber ein qualifizierter Elektriker eine solche Schreibtischleuchte in einer halben Arbeitsstunde neu und sicher verkabeln. Sie kann wieder viele Jahre lang verwendet werden, wenn neu entwickelte Leuchtmittel (z.B. LED-Technik) auch in historischen Formen lange genug zur Verfügung stehen.

Es gibt Hoffnung, dass nach solcher Erneuerungs- oder gar Zerstörungswut das Bewusstsein für den Wert alltäglicher Kulturgüter entwickelt werden kann: In vielen Städten sind in den vergangenen Jahren Bauteilbörsen entstanden. Sie sind mit der Bewahrung und Beschaffung von Baustoffen und Bauteilen befasst. Nicht zuletzt im bundesweit agierenden Netzwerk des Unternehmerverbandes Historische Baustoffe (UHB) werden nicht nur Baustoffe im engeren Sinn des Wortes vorgehalten, sondern auch Ausstattungsgegenstände: zum Beispiel können so Tausende von Leuchten und Leuchtkörpern gezielt vermittelt und wieder verwendet werden.

Literatur

Binroth, Justus A. u. a.: Bauhausleuchten? Kandemlicht! Bauhaus Lightning? Kandem Light! Die Zusammenarbeit des Bauhauses mit der Leipziger Firma Kandem. Stuttgart: Arnoldsche Art Publishers 2002, (hrsg. vom Museum für Kunsthandwerk Leipzig/Grassimuseum)

Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte/Focke Museum (hrsg. von Jörn Christiansen): Bremen wird hell: hundert Jahre Leben und Arbeiten mit Elektrizität. Bremen: H.M. Hauschild GmbH 1933

Holstein, Adolf-Friedrich/Struve, Klaus: Form, Licht und Farbe. Rekonstruktion ausgewählter Innenräume des Fritz Schumacher-Hauses, eines Baudenkmals von nationaler Bedeutung, auf dem Gelände des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, in: Restaurator im Handwerk. Die Fachzeitschrift für Restaurierungspraxis, Ausgabe 3/2011, S. 16-21

Lotz, Wilhelm (Hrsg.): Licht und Beleuchtung. Lichttechnische Fragen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Architektur. Berlin: Verlag Hermann Reckendorf 1928, (Bücher der Form, 6. Band, hrsg. im Auftrage des Deutschen Werkbundes von Walter Riezler)

Manske, Beate (Hrsg.): Wie wohnen. Von Lust und Qual der richtigen Wahl. Ästhetische Bildung in der Alltagskultur des 20. Jahrhunderts. Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz Verlag 2004

Osram-Lichtheft C 20: Gutes Licht – Gute Arbeit! Berlin, August 1934, (DIN A5, 31 Seiten)

Schmieden, Heinrich (Hrsg.): Krankenhausbau in neuer Zeit. Kirchhain N.-L.: Brücke - Verlag Kurt Schmersow 1930

Struve, Klaus: Licht – Beleuchtung – Arbeit. Sozial-, kultur- und technikgeschichtliche Bedeutungen der Beleuchtung von Arbeit mit Hilfe des elektrischen Lichts, in: Bremer Landesmuseum 1993, S. 290-299

Struve, Klaus: Die Gestaltung von Lichtströmen in Arbeits- und Lebensräumen, in: Binroth, Justus A. u. a. 2002, S. 56-63

Wißmann, Wilhelm: Fortschritte der Beleuchtungstechnik, in: Siemens & Halske A.-G./ Siemens-Schuckertwerken G.m.b.H. (Hrsg.): Siemens Jahrbuch 1927. Berlin 1926, S. 383-394

Zeiss Ikon AG, Goerzwerk, Berlin-Zehlendorf (Hrsg.): Zeiss-Spiegellicht, System Zeiss-Wiskott in der Architektur. Eine Sammlung durchgeführter Beleuchtungsanlagen. Berlin S 42: Elsnerdruck o.J. (1937), ohne Seitenzählung (ca. 100)

Zeiss Ikon AG, Goerzwerk, Berlin-Zehlendorf: Zeiss-Spiegellicht, System Zeiss-Wiskott: Besseres Licht im Krankenhaus, sechsseitiges DIN A4-Leporello, September 1937

Page 4: Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

39

Faltblatt zur Ausstellung von Lothar Eberhardt und Klaus Struve im Medizinhistorischen Museum Hamburg

Ausstellung von Deckenpendelleuchten anlässlich der Eröffnung des Medizinhistorischen Museums im Fritz Schumacher Haus 20.10.2013 - 11.04.2014

Page 5: Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

40

Deckenleuchten der Firma Körting & Mathiesen (Kandem) mit zweiteiligen

Glaskörpern im Größenvergleich

Diese Art von Leuchten, die bereits in den frühen 1920er Jahren entwickelt und vertrieben wurden (vgl. Preisliste Nr. 60 aus dem Jahre 1924), sind in technischer Hinsicht, bis in die Details hinein, außerordentlich solide und haltbar produziert worden. Die stähler-nen Bauelemente sind in der Regel kupferbraun galvanisch vere-delt, einbrennlackiert bzw. emailliert. Beide Glaskörper sind für halbindirekte Beleuchtung von Räumen ausgelegt. Die größeren Exemplare dieser Konusleuchten können mit Leuchtmitteln bis 750 Watt ausgerüstet werden. Trotz der dadurch entstehenden Hitze im Umkreis der Glühlampen und Fassungen sind auch nach jahrzehn-telangem Gebrauch der Leuchten keine Schäden wahrnehmbar.

Kandem Deckenleuchte Nr. 625 Ko (links)

Armatur aus Messing, Gesamtlänge 56-66 cm, d.h. die Leuchte kann mit Hilfe einer Stellschraube am Pendel stufenlos um zehn cm ver-kürzt bzw. verlängert werden. Da das Leuchtmittel (bis 500 Watt ist hier zulässig) mit der Goliathfassung am Pendel verschraubt ist, kann mit der Höhenverstellbarkeit des Leuchtkörpers der Lichtkegel (z.B.) über Arbeits- und Verkehrsflächen den Bedürfnissen angepasst wer-den. Größter Durchmesser des Glaskörpers 34 cm, Gewicht 2.850 Gramm (vgl. Kandem Katalog Nr. 70, 1927, S. 68).

Kandem Deckenleuchte Nr. 623r (rechts)

Armatur aus Stahl kupferbraun galvanisiert, E 27 Fassung, Gesamt-länge 39,5-43 cm, größter Durchmesser des Glaskörpers 27,5 cm, Ge-wicht 2.180 Gramm (vgl. Kandem Katalog Nr 70, 1927, S. 68).

Blick in den Ausstellungsraum im Medizinhistorischen Museum Hamburg

Page 6: Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

41

Konus Deckenleuchteder Firma Körting & Mathiesen (Kandem)

Sie ist ab 1937 in zwei Versionen im Angebot, mit zylindrisch ge-formter Deckenhalterung bzw. mit kegelförmigem Schalenträger, Deckenpendel und kegelförmigem Baldachin. Es handelt sich um einen Leuchtkörper für halbindirekte Beleuchtung von Räumen, d.h. der obere Teil des Glaskörpers ist lichtdurchlässiger als der un-tere, der opalüberfangene Teil soll weiß gestrichene Raumdecken so beleuchten, dass durch die Reflektion eine gleichmäßige Hel-ligkeit (z.B. in Krankenhausfluren) entsteht. Gesamtlänge 34 cm, Gewicht 3.140 Gramm, (vgl. Kandem Katalog Nr. 90, 1937, S. 51 und 79, Armatur Nr. 837, Glaskörper Nr. 624w).

Stufenspiegelleuchte der Firma Zeiss Ikon

Ungezählte Arbeitsräume in Klinikneubauten der 1930er Jahre wurden mit der J ST 21 Nr. 1 C 5 ausgestattet. Gesamtlange 50 cm, größter Durchmesser 38 cm, Gewicht 2.280 Gramm (vgl. Zeiss Spiegellicht, System Zeiss Wiskott, Katalog u. Preisliste Bel 16, ohne Jahresangabe, 1930er Jahre, S. 7).

Rekordpendel der Firma Atrax Zweckleuchten

Mit weiß lackiertem Reflektor aus Aluminium: Diese und ähnlich konstruierte Deckenleuchten kamen im Gesundheitswesen als Pen-delleuchten und in weniger hohen Räumen als Einbauleuchten zum Einsatz. Zum zuletzt genannten Zweck wurde der Reflektor, auch Kalotte genannt, ganz in die abgehängte Decke integriert. Auf di-ese Weise wurde der tiefstrahlende Lichtstrom genutzt, der durch den opalüberfangenen Glaskörper und die weiß lackierte Kalotte schattenloses Licht im Raum verteilt. Ein weiterer Vorteil mit Blick auf diese Verwendung im Gesundheitswesen ist, dass keine Flächen entstehen, auf denen sich Staub ablagern kann. Die Atrax Gesell-schaft hat diese Leuchte in vier verschiedenen Größen geliefert.

Ausgestellt ist das zweitgrößte Exemplar mit der Liefer-Nr. 937w: größter Durchmesser des Glaskörpers 36 cm, Durchmesser der Kalotte 66 cm, Gewicht der insgesamt 70 cm hohen Pendelleuchte 2.850 Gramm (vgl. Atrax Katalog Nr. 1650, S. 7, ohne Jahresanga-be, Ende der 1920er Jahre).

Innenraum Luzetten der Firma Siemens & Schuckert

Mit vier originalen Luzetten L 52 an Stahlrohrpendeln wird die Ein-gangshalle des Medizinhistorischen Museums Hamburg beleuchtet. Mit ungezählten Exemplaren der L 52 wurden ab 1919 nicht nur in Deutschland vor allem Flure und Säle in Krankenhäusern beleuchtet bis sie in den 1950er Jahren durch moderne, damals energiesparende Langfeldleuchten (Neonlicht) ersetzt wurden (vgl. Siemens & Schu-ckert Katalog von 1928, S. 68, 86).

Luzette 42 (rechts) mit blau überfangenen Glaskörpern, dem so-genannten Taglicht. Mit ihm kann z.B. über Laborarbeitsplätzen Lichtfarbe geschaffen werden, welche dem Tageslicht sehr ähnlich ist. Gesamtlänge 55 cm, größter Durchmesser 24 cm, Gewicht 1.370 Gramm.

Luzette 52 (links) für direkte Beleuchtung (starke Beleuchtung nach unten), Oberglas opalüberfangen, Unterglas seidenmatt: Gesamtlän-ge 75 cm, größter Durchmesser 32 cm, Gewicht 2.530 Gramm.

Page 7: Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

42

„Viellicht Flächenleuchte“ der Firma Doria Werk

Einteiliger, opalüberfangener Glaskörper mit aufgelegtem Reflektor aus Glas, Durchmes-ser des Reflektors 50 cm, Höhe des inneren Glaskörpers bis zur Mönchskappenmontie-rung 22 cm, Gesamtlänge mit Armatur 75 cm, Gewicht 2.730 Gramm (vgl. Anzeigen Wer-bung im Bauwelt Katalog, Jahrgang 1959, S. 386).

Tiefstrahler aus schwarz emailliertem Stahlblech mit opalüberfangener Glas-

kuppel

Die Bauteile der Leuchte sind ungemarkt. Größter Durchmesser 30 cm, Höhe mit der gusseisernen Aufhängung 40 cm, Gewicht 2.070 Gramm.

P 3,5 (links)

mit Taglicht, dem blau durchgefärbten Unterglas, größter Durch-messer des Glaskörpers 35 cm, Gesamtlänge 70 cm, Gewicht 2.450 Gramm.

P 3 (rechts)

größter Durchmesser des Glaskörpers 30 cm, Gesamtlänge 100 cm, Gewicht 1.940 Gramm.

Sistrah Leuchten der Firma Müller & Zimmer

In Karlsruhe, u.a. auch an der Technischen Hochschule im Jahre 1930/31, wurden die Sistrah Leuchten auf der Grundlage wissen-schaflicher Untersuchungen über die Verteilung von Lichtströmen im Raum mit Hilfe von speziell gestalteten Leuchtkörpern entwickelt. Im Jahre 1932 wurde mit der seriellen Produktion und dem profes-sionellen Vertrieb der ca. 60 unterschiedlichen Leuchten begonnen, die zur Serie gehörten. Aktuell hat die in Stuttgart ansässige Firma ca. 20 verschiedene Leuchten für Innenräume im Angebot, für die sie auch mit dem abgebildeten Katalog aus den 1950er Jahren wirbt. Unverwechselbares Kennzeichen der Sistrah Leuchten sind die ge-stuften Untergläser, in denen jeweils drei weitere Gläser einliegen, zwei Ringe und eine Abdeckschale, mit denen die blendfreie und gleichmäßige Lichtverteilung im Raum bzw. auf den Arbeitsflächen erreicht wird.

Raumstrahler der Firma Siemens & Schuckert JL 20r 5

In den 1950er Jahren übernimmt der Raum-strahler JL 20 mit seinen vielfältigen Mög-lichkeiten zur Kombination verschiedener Bauteile die Aufgaben auch in Krankenhäu-sern, die bis zum 2. Weltkrieg den Luzetten zukamen. Größter Durchmesser des unteren Glaskörpers 38 cm, Gesamthöhe 80 cm, Ge-wicht 3.220 Gramm (vgl. Siemens Preisliste L 1, 1956, S. 58 f.).

Page 8: Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten ... · 36 Licht und Beleuchtung im Krankenhaus Deckenpendelleuchten 1920-1960 Prof. Dr. Klaus Struve Sammlungen ZWECK & FORM:

43

Deckenpendelleuchte mit kugelförmigem Glaskörper für indirektes Licht

Die obere Hälfte des Glaskörpers ist satiniert, die untere Hälfte opalüberfangen. Die Herstellerfirma ist nicht bekannt, kein Bau-teil der Leuchte trägt ein Firmenzeichen. Es ist aber bekannt, dass so gestaltete Kugelleuchten mit zylindrisch geformten Bau-teilen für die Armatur z.B. in der Küche des Dessauer Bauhauses montiert waren (vgl. Die Metallwerkstatt am Bauhaus, Berlin 1992, S. 162). Durchmesser des Glaskörpers 25 cm, Gesamtlän-ge mit Mönchskappenarmatur 85 cm, Gewicht 1.330 Gramm.

Kugel Pendel der Firma Bünte & Remmler (BuR)

Diese Deckenpendelleuchten mit opalüberfangenen kugelförmigen Glaskörpern wurden von der Firma BuR mit der charakteristischen zweistufig zylindrischen Armatur in sieben Größen, von 15 bis 50 cm Durchmesser geliefert. Ausgestellt ist die kleinste Größe. Mit den matt vernickelten Armaturen aus Messing können die Leuchten von BuR neben den Kandem Leuchten und den Leuchten der Firma Dr. Ing.Schneider & Co (DISCO) zu den über Deutschland hinaus führenden Qualitätsprodukten gezählt werden. Gesamtlänge 80 cm, Gewicht 860 Gramm (vgl. Großhandelskatalog Nr. 370 der Firma Hugo Matzner G.m.b.H., Graz, ohne Jahresangabe, nach 1938, S. 78).

Deckenleuchte der Firma Dr. Twerdy Original

Leuchten der Firma Dr. Twerdy waren seit Mitte der 1920er Jahre unter Fachleuten für Ausstattung und Gestaltung von Räumen ein Begriff. Die Bauteile der Leuchten aus der Hochzeit des Art Déco sind gemarkt mit dem Schriftzug der Firma in einem gleichseitigen Dreieck. Das ist hilfreich mit Blick auf das Sammeln, Restaurieren und Bewahren der seltenen Leuchten. Seit Mitte der 1930er Jahre ist die Fellbacher Firma bereits in dritter Generation in den Händen qua-lifizierter Lichtgestalter. Gesamtlänge der Leuchte 100 cm, größter Durchmesser des Glaskörpers 30 cm, Gewicht 2.190 Gramm.

Deckenpendelleuchte Saturn

Viele der bekannten Leuchtenhersteller haben in den 1930er Jahren Deckenleuchten in Anlehnung an die Gestalt des Himmelskörpers Sa-turn hergestellt. In der Regel haben die Gestalter das mit Hilfe eines aufgelegten (Glas)Schirms erreicht (vgl. die ausgestellte Leuchte des Doria Werks). Der Hersteller dieser Saturn bzw. die Glasbläser haben etwas Ungewöhnliches vollbracht, nämlich einen einteiligen Glas-körper, der seine leuchtende Wirkung dadurch erreicht, dass seine Ringe nach außen dunkler werden.Größter Durchmesser des Glaskörpers 45 cm, Höhe des Glaskörpers bis zur Mönchskappenmontierung 22 cm, Gesamtlänge mit Armatur 105 cm, Gewicht 3.850 Gramm.