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Deutsches Volksliedarchiv Lieder für die Weihnachtszeit nach Tiroler Quellen by Manfred Schneider; Hildegard Herrmann-Schneider; Tiroler Volksliedwerk Review by: Elvira Werner Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, 45. Jahrg. (2000), pp. 312-314 Published by: Deutsches Volksliedarchiv Stable URL: http://www.jstor.org/stable/849643 . Accessed: 15/06/2014 18:07 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Deutsches Volksliedarchiv is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.34.79.49 on Sun, 15 Jun 2014 18:07:30 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Lieder für die Weihnachtszeit nach Tiroler Quellenby Manfred Schneider; Hildegard Herrmann-Schneider; Tiroler Volksliedwerk

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Deutsches Volksliedarchiv

Lieder für die Weihnachtszeit nach Tiroler Quellen by Manfred Schneider; HildegardHerrmann-Schneider; Tiroler VolksliedwerkReview by: Elvira WernerLied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, 45. Jahrg. (2000), pp. 312-314Published by: Deutsches VolksliedarchivStable URL: http://www.jstor.org/stable/849643 .

Accessed: 15/06/2014 18:07

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Rezensionen Rezensionen

deutschen gemacht wurden. Deren Gesangstraditionen hatte auch die erst vor wenigen Jahrzehnten beendete Deportation nach Sibirien und Kasachstan nichts anhaben kon- nen, was insbesondere fur das Liedgut der lutherischen Gemeinden gilt.

Das neben zehn Tanzbeispielen (Hochzeitswalzer, Polkas und ?Brauttanze<) vor-

gestellte Liedmaterial, das sich auf die Gattungen Geistliches Lied und Kirchenlied (>Psalm<), Ballade, Liebes- und Abschiedslied, Heimatlied, Scherz- und Spottlied sowie

Schnaderhiipfel verteilt, bietet den im Anhang mitgeteilten Quellenangaben zufolge Lesern und Benutzern nicht nur ein bereits aus friiheren wolga- bzw. russlanddeut- schen Sammlungen (siehe z.B. diejenigen von Erbes und Sinner, Schiinemann, Dinges [VldrLandsch 25] oder die Ausgabe christlicher Lieder aus den Wolgakolonien, 1979) bekanntes Repertoire, sondern auch einiges bislang Unbekannte, das sich von der He-

rausgeberin nicht einmal in den Unterlagen des DVA nachweisen lieB. Zu den okoty- pischen >>Originalsch6pfungen<< gehoren u.a. die zwei unter Nr. 40 abgedruckten Schnaderhiipfel, die sich teilweise eines >unubersetzbaren Wortspiels< (auch mit russi- schen Wortern) bedienen.

Abgerundet wird dieser auBerst verdienstvolle Uberblick uber das an der Wolga gebrauchliche Gattungsspektrum durch eine 92 Titel umfassende Bibliografie, ein Glossar der Dialektworter (u.E. allerdings stellenweise hyperkorrekt geraten) und ei- nen Kommentarteil mit den wichtigsten Angaben und Informationen zu zahlreichen Liedern (leider nicht zu der einstmals auBerordentlich popularen Ballade Grafund Non-

ne, der allein ein Band [8] der DVldr vorbehalten ist; die Angabe, dem Verschlafenen Jager sei der ganze Bd. 7 gewidmet, stimmt iibrigens nicht).

Nach Aussage des Vorworts leiteten die Herausgeberin durchaus auch pflegerische Intentionen. Freilich front ihre Feststellung, das >>Dialektologische W6rterbuch< werde auch >)in der Hoffnung auf Wiedergeburt der Originaltexte unserer Volkslieder [ange- boten], die heute noch so klingen konnten, wie sie in der Vergangenheit gesungen wurden<(, einem nicht mehr zeitgemaBen, konservativen >Urtext<-Denken.

Jurgen Dittmar, Freiburg i.Br.

Schneider, Manfred: iederfiir die WeihnachtsZeit nach TirolerQuellen. Unter Mitarbeit von Hildegard Herrmann-Schneider. Hg. vom Tiroler Volksliedwerk. Wien u.a.: Bohlau, 1998 (Corpus Musicae Popularis Austriacae 9: Volksmusik in Tirol). 570 S., mus. Not., Abb. ISBN 3-205-99045-5.

>142 Weihnachtslieder mit Melodie und Satz in Originalversion oder behutsamer Be-

arbeitung durch den Herausgeber<< sind Inhalt einer sorgfaltig zusammengestellten, mit wissenschaftlicher Akribie verfassten ?homogenen< Sammlung. Die Auswahl, die sich als )Abbild der heterogenen Komplexitat der Quellensituation? am regional Typischen orientiert und zwischen 1745 und 1988 datierte Belege Tiroler Uberlieferungen ent- halt, die >>vermutlich noch im 18. und 19. Jahrhundert zum Allgemeingut im siid- deutsch-osterreichischen Raum geh6rteno<, erfolgte mittels einer >>nicht alltaglichen Strategie<<. Diese bestand darin, dass der Autor (und Leiter des Tiroler Volksliedar-

chivs, Innsbruck) Manfred Schneider einerseits auf die Quellen des )>vorgegebenen historischen Sammelbestandes< zuruckgriff; dazu gehoren u.a. Flugschriften, gedruckte Liedersammlungen, miindliche Aufzeichnungen/Tonaufnahmen und (geistliche) Lie-

deutschen gemacht wurden. Deren Gesangstraditionen hatte auch die erst vor wenigen Jahrzehnten beendete Deportation nach Sibirien und Kasachstan nichts anhaben kon- nen, was insbesondere fur das Liedgut der lutherischen Gemeinden gilt.

Das neben zehn Tanzbeispielen (Hochzeitswalzer, Polkas und ?Brauttanze<) vor-

gestellte Liedmaterial, das sich auf die Gattungen Geistliches Lied und Kirchenlied (>Psalm<), Ballade, Liebes- und Abschiedslied, Heimatlied, Scherz- und Spottlied sowie

Schnaderhiipfel verteilt, bietet den im Anhang mitgeteilten Quellenangaben zufolge Lesern und Benutzern nicht nur ein bereits aus friiheren wolga- bzw. russlanddeut- schen Sammlungen (siehe z.B. diejenigen von Erbes und Sinner, Schiinemann, Dinges [VldrLandsch 25] oder die Ausgabe christlicher Lieder aus den Wolgakolonien, 1979) bekanntes Repertoire, sondern auch einiges bislang Unbekannte, das sich von der He-

rausgeberin nicht einmal in den Unterlagen des DVA nachweisen lieB. Zu den okoty- pischen >>Originalsch6pfungen<< gehoren u.a. die zwei unter Nr. 40 abgedruckten Schnaderhiipfel, die sich teilweise eines >unubersetzbaren Wortspiels< (auch mit russi- schen Wortern) bedienen.

Abgerundet wird dieser auBerst verdienstvolle Uberblick uber das an der Wolga gebrauchliche Gattungsspektrum durch eine 92 Titel umfassende Bibliografie, ein Glossar der Dialektworter (u.E. allerdings stellenweise hyperkorrekt geraten) und ei- nen Kommentarteil mit den wichtigsten Angaben und Informationen zu zahlreichen Liedern (leider nicht zu der einstmals auBerordentlich popularen Ballade Grafund Non-

ne, der allein ein Band [8] der DVldr vorbehalten ist; die Angabe, dem Verschlafenen Jager sei der ganze Bd. 7 gewidmet, stimmt iibrigens nicht).

Nach Aussage des Vorworts leiteten die Herausgeberin durchaus auch pflegerische Intentionen. Freilich front ihre Feststellung, das >>Dialektologische W6rterbuch< werde auch >)in der Hoffnung auf Wiedergeburt der Originaltexte unserer Volkslieder [ange- boten], die heute noch so klingen konnten, wie sie in der Vergangenheit gesungen wurden<(, einem nicht mehr zeitgemaBen, konservativen >Urtext<-Denken.

Jurgen Dittmar, Freiburg i.Br.

Schneider, Manfred: iederfiir die WeihnachtsZeit nach TirolerQuellen. Unter Mitarbeit von Hildegard Herrmann-Schneider. Hg. vom Tiroler Volksliedwerk. Wien u.a.: Bohlau, 1998 (Corpus Musicae Popularis Austriacae 9: Volksmusik in Tirol). 570 S., mus. Not., Abb. ISBN 3-205-99045-5.

>142 Weihnachtslieder mit Melodie und Satz in Originalversion oder behutsamer Be-

arbeitung durch den Herausgeber<< sind Inhalt einer sorgfaltig zusammengestellten, mit wissenschaftlicher Akribie verfassten ?homogenen< Sammlung. Die Auswahl, die sich als )Abbild der heterogenen Komplexitat der Quellensituation? am regional Typischen orientiert und zwischen 1745 und 1988 datierte Belege Tiroler Uberlieferungen ent- halt, die >>vermutlich noch im 18. und 19. Jahrhundert zum Allgemeingut im siid- deutsch-osterreichischen Raum geh6rteno<, erfolgte mittels einer >>nicht alltaglichen Strategie<<. Diese bestand darin, dass der Autor (und Leiter des Tiroler Volksliedar-

chivs, Innsbruck) Manfred Schneider einerseits auf die Quellen des )>vorgegebenen historischen Sammelbestandes< zuruckgriff; dazu gehoren u.a. Flugschriften, gedruckte Liedersammlungen, miindliche Aufzeichnungen/Tonaufnahmen und (geistliche) Lie-

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Rezensionen

derhandschriften v.a. aus dem Fundus des Tiroler Volksliedarchivs sowie der Biblio- thek und Musiksammlung des Tiroler Landesmuseums >Ferdinandeum<. Andererseits stutzte sich Schneider auf die Ergebnisse seiner Feldforschungen 1982-84 in Ost- und 1986-88 in Sidtirol, wobei es ihm um eine >>effiziente Durchdringung beider M6glichkeiten< ging. Von daher lieB sich beispielsweise der von den alteren >Retu- schen an den Primarquellen< hervorgehobenen Unsicherheit wirksam begegnen.

Dank eines Platz sparenden Umbruchs wurden Texte von iiber 500 Liedvarianten

aufgenommen, die im Ubrigen auch sprachliche Zeugnisse eines vergangenen Mund- artwandels (seit Mitte des 17. Jahrhunderts sind erste Drucke von Mundartliedern nachweisbar) darstellen. In Erganzung zu dem ubersichtlich dargebotenen Liedreper- toire machen Vorwort, Einleitung, Hinweise fur die Benutzung, Liednachweise, Ver- zeichnisse der Literatur, Notenausgaben und Tontragereditionen sowie der archivali- schen Quellen und Register der Liedanfange, Personen und Orte auBerst faktenreich den volkskundlichen Wert dieser Sammlung und die Geschichte ihrer Erarbeitung deutlich. Klar und prazise werden die Prinzipien und Details der Editionsarbeit erlau- tert; z.B. werden deren Vorteile oder die Schwierigkeiten, denen sich der Herausgeber insbesondere bei der Analyse der differenzierten Quellenlage zu stellen hatte, genannt, was den Charakter einer mustergiiltigen Ausgabe gewahrleistet.

Die Sammlung umfasst Lieder fur die Weihnachtszeit aus Tiroler Quellen; auf a-

daptierte Brauchtumslieder wurde dabei weitestgehend verzichtet. Angeordnet sind die Lieder als ?>Reflexion auf die Geschichte der Geburt Christi< entsprechend der >Chro- nologie der Weihnachtsgeschichte<( in folgenden Kapiteln: ))Advent<, >>Engel und Hir- ten<(, ?>Hirtenlieder?, ?>Kindelwiegen<, >>Allgemeine Weihnachtslieder<, >>Dreik6nigslie- der<. Die zugrunde liegenden Evangelien, wie sie uns ursprunglich auch im antiken Theater und dann in der Geschichte des deutschen Volksschauspiels entgegentreten, hatten moglicherweise ohne die dramaturgische Funktion der Tropen, Wechselgesange und spateren Lieder zur Geburts- und Leidensgeschichte Christi in und auBerhalb der Kirche nicht die uns bekannte Darstellung (vgl. die Mysterien-, Passions- und Metten- spiele) gefunden. Auch einige der in dieser Sammlung erfassten Weihnachtslieder be- gegnen uns in der Forschungsliteratur zum Volksschauspiel (vgl. Adrian/Schmidt 1936), das sich besonders in den deutschsprachigen mittelalterlichen Bergbauzentren in Mitteleuropa (Tiroler Bergbaustadte nicht ausgenommen) - sogar mit teilweiser Textubereinstimmung - ausbildete.

Mit diesem Werk im Folioformat liegt uns ein Material vor, das Liedsammler und -forscher gleichermaBen zufriedenstellen wird wie praxisorientierte Benutzer. Die Sammlung mochte die Pflege des weihnachtlichen Liedgutes nicht zuletzt durch mehr- stimmige Bearbeitungen bereichern. Fur andere, womoglich nicht ganz so materialrei- che Landschaften diirfte sie einen enormen Anreiz zur Veroffentlichung - spatere vergleichende Arbeiten eingeschlossen - darstellen. In diesem Sinne ist zu verweisen auf bereits vorliegende Publikationen, z.B. auf diejenige zum Advents-, Weihnachts- und Dreikonigslied in Bayern (Markmiller, Fritz: Der Tag der ist so freudenreich. Regens- burg 1981) oder auf die Auswahl von 119 Weihnachtsliedern aus allen Gauen des Salzburger Landes (Bresgen, Cesar: )>... die Liab ist iibergmo? ... <. Weihnacht im Salkburger Volkslied. Miinchen/Salzburg 1979). Sieht man einmal vom DVA in Freiburg und sei- ner Auskunftstatigkeit ab, so gibt es wohl auch keine dem ?)Buro fur Weihnachtslieder<

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Rezensionen Rezensionen

(seit 1991; Fundus mit ca. 10.000 Liedern) beim Steirischen Volksliedwerk in Graz

entsprechende Institution. Die (z.T. auch realisierte) Absicht, Weihnachtslieder in Ti- rol herauszugeben, hat es seit 1880 mehrfach gegeben (H6rmann, Stecher, Klier, Ho- rak, Wallner, Quellmalz), auch schon unter der Regie des Tiroler Volksliedwerkes. Doch der ungewollte Aufschub einer Gesamtdarstellung wird dem Vorhaben wohl eher Gewinn (durch Computertechnik und mediale Moglichkeiten) als Nachteile ge- bracht haben. Wer selbst empirische Forschung betrieben hat, weiB den Wert gerade dieser Tiroler Publikation nicht hoch genug einzuschatzen.

Vier interessante Abbildungen, und zwar des in Dresden 1830 hergestellten Erst- drucks des weltweit beliebten Stille Nacht, heilige Nacht, der Kirchensinger- einstige Haupttrager weihnachtlichen Liedgutes - aus Miihlbach/Tauferertal, des Kirchencho- res aus Geiselsberg/Pustertal und eines geistlichen Gesangbuches von 1830 aus dem Pustertal, unterstiitzen das Anliegen der Ausgabe, die Weihnachtslieder ?nach Tiroler Quellen< samt der Mehrstimmigkeit, die die Gesangspraxis heute noch auszeichnet, vorzustellen. Abgerundet wird die innovative Publikation durch wertvolle Hinweise auf andere Vermittlungsmedien wie die CD-Roms, die uber die vorliegende Veroffent-

lichung in Buchform hinaus zusatzliche Einblicke in weitere Liedmaterialien ermogli- chen.

Elvira Werner, Schneeberg

Schwitalla, Johannes: Flugschrift. Tiibingen: Niemeyer, 1999 (Grundlagen der Me- dienkommunikation 7). VI, 106 S., Abb. ISBN 3-484-37107-2.

Diese Einfuhrung der Medienwissenschaft informiert knapp und mit wenigen charak- teristischen Illustrationen iber Sachdefinitionen, auBere Gestalt und Produktionsbe-

dingungen sowie uber den Verkauf von Flugschriften. Erlautert werden ebenfalls die

Rezeption und die Textsorte. In einem zweiten Teil wird die Geschichte der deutschen Flugschrift vom 15. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts (1848) skizziert.

Ein Schwerpunkt der Flugschrift lag im 16. und 17. Jahrhundert; hier war sie das Leitmedium der Zeit, welches Offentlichkeit herstellte. Neben das historische Ereig- nislied (aus mundlicher Uberlieferung) traten die illustrierten Einblattdrucke, aber die- se beiden Medienformen mochte der Verfasser von seinem Gegenstand getrennt hal- ten. Liedflugschriften sind n i c h t mitbehandelt. Das erklart das Fehlen etwa von R.W. Brednichs grundlegender Arbeit uber die Liedpublizistik im Flugblatt von 1974/75 im sonst ausfuhrlichen Literaturverzeichnis. Gleiches gilt fur die periodische Zeitung und die Zeitschriften, die seit dem 18. und 19. Jahrhundert zunehmend die

Fuhrungsrolle in der offentlichen Meinungsbildung ibernahmen. Das wichtigste Defi- nitionskriterium ist die Funktion: die intendierte weite Verbreitung durch den Druck

(S. 7). Gegeniiber dem Flugblatt ist die Flugschrift mehrblattrig. Etwas ausfuhrlicher werden Untersuchungsergebnisse behandelt u.a. uber die so-

ziale Herkunft der Autoren und Autorinnen [!] (S. 15-22), die Moglichkeiten der Kontroverse, des Streitgesprachs, die Rezeption in und nach der Reformationszeit

(S. 27-30). Flugschriften wurden auch vorgelesen; u.a. das beeinflusste ihre sprachli- che Form und die Textsorte (S. 35-45). Flugschriften existierten auch vor dem Druck und seit der Antike. Umrissen werden fur das 16. Jahrhundert der Reuchlin-

(seit 1991; Fundus mit ca. 10.000 Liedern) beim Steirischen Volksliedwerk in Graz

entsprechende Institution. Die (z.T. auch realisierte) Absicht, Weihnachtslieder in Ti- rol herauszugeben, hat es seit 1880 mehrfach gegeben (H6rmann, Stecher, Klier, Ho- rak, Wallner, Quellmalz), auch schon unter der Regie des Tiroler Volksliedwerkes. Doch der ungewollte Aufschub einer Gesamtdarstellung wird dem Vorhaben wohl eher Gewinn (durch Computertechnik und mediale Moglichkeiten) als Nachteile ge- bracht haben. Wer selbst empirische Forschung betrieben hat, weiB den Wert gerade dieser Tiroler Publikation nicht hoch genug einzuschatzen.

Vier interessante Abbildungen, und zwar des in Dresden 1830 hergestellten Erst- drucks des weltweit beliebten Stille Nacht, heilige Nacht, der Kirchensinger- einstige Haupttrager weihnachtlichen Liedgutes - aus Miihlbach/Tauferertal, des Kirchencho- res aus Geiselsberg/Pustertal und eines geistlichen Gesangbuches von 1830 aus dem Pustertal, unterstiitzen das Anliegen der Ausgabe, die Weihnachtslieder ?nach Tiroler Quellen< samt der Mehrstimmigkeit, die die Gesangspraxis heute noch auszeichnet, vorzustellen. Abgerundet wird die innovative Publikation durch wertvolle Hinweise auf andere Vermittlungsmedien wie die CD-Roms, die uber die vorliegende Veroffent-

lichung in Buchform hinaus zusatzliche Einblicke in weitere Liedmaterialien ermogli- chen.

Elvira Werner, Schneeberg

Schwitalla, Johannes: Flugschrift. Tiibingen: Niemeyer, 1999 (Grundlagen der Me- dienkommunikation 7). VI, 106 S., Abb. ISBN 3-484-37107-2.

Diese Einfuhrung der Medienwissenschaft informiert knapp und mit wenigen charak- teristischen Illustrationen iber Sachdefinitionen, auBere Gestalt und Produktionsbe-

dingungen sowie uber den Verkauf von Flugschriften. Erlautert werden ebenfalls die

Rezeption und die Textsorte. In einem zweiten Teil wird die Geschichte der deutschen Flugschrift vom 15. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts (1848) skizziert.

Ein Schwerpunkt der Flugschrift lag im 16. und 17. Jahrhundert; hier war sie das Leitmedium der Zeit, welches Offentlichkeit herstellte. Neben das historische Ereig- nislied (aus mundlicher Uberlieferung) traten die illustrierten Einblattdrucke, aber die- se beiden Medienformen mochte der Verfasser von seinem Gegenstand getrennt hal- ten. Liedflugschriften sind n i c h t mitbehandelt. Das erklart das Fehlen etwa von R.W. Brednichs grundlegender Arbeit uber die Liedpublizistik im Flugblatt von 1974/75 im sonst ausfuhrlichen Literaturverzeichnis. Gleiches gilt fur die periodische Zeitung und die Zeitschriften, die seit dem 18. und 19. Jahrhundert zunehmend die

Fuhrungsrolle in der offentlichen Meinungsbildung ibernahmen. Das wichtigste Defi- nitionskriterium ist die Funktion: die intendierte weite Verbreitung durch den Druck

(S. 7). Gegeniiber dem Flugblatt ist die Flugschrift mehrblattrig. Etwas ausfuhrlicher werden Untersuchungsergebnisse behandelt u.a. uber die so-

ziale Herkunft der Autoren und Autorinnen [!] (S. 15-22), die Moglichkeiten der Kontroverse, des Streitgesprachs, die Rezeption in und nach der Reformationszeit

(S. 27-30). Flugschriften wurden auch vorgelesen; u.a. das beeinflusste ihre sprachli- che Form und die Textsorte (S. 35-45). Flugschriften existierten auch vor dem Druck und seit der Antike. Umrissen werden fur das 16. Jahrhundert der Reuchlin-

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