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Nr. 3 / Dezember 2013 «DIE HEILSARMEE IST MEIN DAHEIM» DER HEILSARMEE SCHWEIZ Seite 4 BUCHSEEGUT KÖNIZ Wo tragische Geschichten ein Happy End finden. Seite 14 EMIL RAMSAUER Mit 95 wurde er zum Rockstar. Seite 16 ANDREJ STEMMLE Die Hilfe, die er bekam, gibt er nun weiter.

MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

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Buchseegut Köniz - Wo tragische Geschichten ein Happy End finden. / Emil Ramsauer - Mit 95 wurde er zum Rockstar. / Andrej Stemmle - Die Hilfe, die er bekam, gibt er nun weiter. www.heilsarmee.ch/spenden

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Page 1: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

Nr. 3 / Dezember 2013

« DIE HEILSARMEE IST MEIN DAHEIM»

DER HEILSA RMEE SCHWEI Z

Seite 4

BUCHSEEGUTKÖNIZWo tragische Geschichten ein Happy End finden.

Seite 14

EMIL RAMSAUERMit 95 wurde er zum Rockstar.

Seite 16

ANDREJ STEMMLEDie Hilfe, die er bekam, gibt er nun weiter.

Page 2: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

Seite

14 Ein Haus und seine Bewohner 17 Das Ding18 Die Heilsarmee hilft11 Wir vier11 Gern gehört12 Zum Mitfreuen14 Musik ist …15 Gesagt, getan16 Menschen, die vom Glück

verlassen wurden18 Dies und das20 Red und Antwort22 Fortsetzung folgt

Spendenmagazin der Heilsarmee SchweizErscheint zweimal jährlich

Herausgeberin: Stiftung Heilsarmee Schweiz, Mittelbeschaffung, Laupenstrasse 5, Postfach 6575, CH-3001 Bern

Telefon: 031 388 05 35; E-Mail: [email protected]; heilsarmee.ch; Spenden: PC 30-444222-5

Redaktion: Christoph Bitter (Leitung Mittelbeschaffung), Florina German

Konzept und Design: Spinas Civil Voices, Zürich, spinas-cv.chDruck: Swissprinters, Schlieren

Gründer der Heilsarmee: William BoothGeneral: André Cox

Territorialleiter: Kommissär Franz Boschung

INHALTSVERZEICHNIS

IMPRESSUM

Seite 14 Emil Ramsauer: Weil die Band ihn unterstützte, wagte er das Abenteuer Eurovision.

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Liebe Spenderin, lieber Spender

Die zahlreichen positiven Echos auf die ersten beiden Ausgaben des Magazins haben uns sehr grosse Freude bereitet. Dabei gilt unser Dank Ihnen!

Denn dank grosszügiger Unterstützung finden zum Beispiel im Neubau für das Buchseegut in Köniz bei Bern bis zu 46 Menschen ein Zuhause. Auf den Seiten 4 bis 6 können Sie in die Wohn- und Werkstätten hineinschauen – und lernen die Bewohnerinnen und Bewohner kennen.

Das niederschwellige Angebot Open Heart in Zürich steht allen Menschen offen (Seiten 8 bis 10). Besonders denen, die auf der Strasse leben. Die ein Bett brauchen und sich über ein warmes Essen freuen, über eine Dusche oder über frische Kleider. Und natürlich, dass ihnen jemand zuhört. All das bieten ihnen Pia und Walter Sommer mit dem Team vom Open Heart. Sie leisten Hilfe, die – so eine Klientin – direkt ins Herz geht.

Auch Andrej Stemmle braucht Menschen, die ihm zuhören (ab Seite 16). Menschen, die ihn ohne Vorwürfe aufnehmen und mit ihm Lösungen in einer problematischen Lebenslage suchen. Die-se Menschen fand er bei der Heilsarmee. Er hat im Leben noch einmal neu angefangen. Stellen Sie sich vor: Heute hilft er sogar anderen Menschen.

Uns ermutigen solche Erfolge, weiterzumachen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie die Geschichten ebenso erfreuen wie uns. Danke, dass Sie sie möglich machen.

Martin KünziMitglied der Direktion

heilsarmee.ch

Seite 4 Veena M. fand im Buchseegut

einen Arbeitsplatz – und fühlt sich richtig wohl.

EDITORIAL

Seite 8 Im Open Heart helfen

Walter und Pia Sommer Menschen in Not.

Seite 16 Weg von den Drogen, nochmal neu anfangen: Die Heilsarmee half Andrej Stemmle dabei.

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EIN HAUS UND SEINE BEWOHNER

«MIR GEFÄLLT ES IM HOTEL SCHLOSSBLICK»

denn auch: «Mir gefällt es im Hotel Schlossblick.» Früher sei er in der psychiatrischen Klinik Waldau und in Wohnheimen gewesen, «aber seit elf Jahren lebe ich hier bei der Heilsarmee. Und habe nicht im Sinn, wegzugehen.»

Aschi N. ist einer der 38 Bewohner, die im Sommer in den Neubau umziehen konnten. Weil es im rollstuhl-gängigen Gebäude neben modernen Arbeitsräumen neu auch 46 Einzelzimmer mit eigenem WC und Dusche

Aschi N. (54) sieht aus wie ein Rocker. Dabei arbeitet er als Künstler im Atelier der Wohn- und Werkstätten Buchseegut in Köniz: «Ich und meine Kollegen haben bereits in der Galerie auf Schloss Köniz ausgestellt. Ich habe dort viele Bilder verkauft», erzählt er stolz.

Das Schloss hat es ihm angetan. Er kann es von hier aus sehen: Das Buchseegut liegt am Hang, eingebet-tet im Wohnquartier Buchsee mit einer prächtigen Aussicht über den Ortskern von Köniz. Aschi N. meint

Aschi N., hier mit Sozial-helfer Claude, inmitten seiner Kunstwerke.

Im Buchseegut in Köniz bei Bern beher-bergt und beschäftigt die Heilsarmee seit 1903 Männer mit sozialer, psychischer oder physischer Beeinträchtigung. Im Sommer 2013 wurde ein grosszügiger Neubau eingeweiht – nun steht die Institution auch Frauen offen.

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«MIR GEFÄLLT ES IM HOTEL SCHLOSSBLICK»

gibt, steht die Institution nun auch Frauen offen. Eine erste Frau ist auch bereits eingezogen. «Wir haben noch einige Zimmer frei und freuen uns auf weitere Bewohnerinnen und Bewohner», sagt Peter Neuhaus (60). Er ist im Buchseegut für Marketing, Kommunika-tion und Qualitätssicherung zuständig.

Wohnen und mithelfen – seit 110 JahrenDas Anwesen ist ein alter Herrensitz, seit 1903 im Besitz der Heilsarmee und Teil ihres Sozialwerks. Das Hauptgebäude, das sogenannte Bondeli-Haus, stammt aus dem 18. Jahrhundert. Es beherbergte bis anhin einen Teil der Bewohner.

In den Anfängen als Heilsarmee-Einrichtung diente der Gutshof der Resozialisierung von entlassenen Strafgefangenen, die dort nicht nur logierten, son-dern auch in der Schweinezucht und in der grossen Gärtnerei arbeiteten. Später wohnten im «Männer-heim» viele Alkoholiker. «Heute», so Peter Neuhaus, «leben Menschen bei uns, die in irgendeiner Form beeinträchtigt sind. Von Menschen mit psychischen

Treue Seele: Seit 50 Jahren lebt Werner S. schon im Buchseegut.

oder Alkoholproblemen bis hin zu solchen mit leichten körperlichen Behinderungen, nicht aber Pflegefälle. Alle beziehen zumindest eine Teil-IV-Rente, einige sind pensioniert.»

Sehr unterschiedlich ist die Aufenthaltsdauer der Menschen im Buchseegut. Es gibt solche, die nur kurz hier sind, aber auch solche, die einen grossen Teil ihres Lebens hier verbracht haben – wie Werner S. Der 76-Jährige lebt seit 50 Jahren im Buchseegut. Er ist noch immer sehr zufrieden mit seinem Lebensort. Bis zur Pensionierung war er in der Küche tätig.

Ebenfalls in der Küche wirkt Kurt R. (53). Anders als Werner S. lebt er erst seit Februar dieses Jahres in Köniz – ein Blick in sein Zimmer lässt klar erkennen, womit er sich beruflich beschäftigt hat. Auf einem grossen Tisch gibt es etliche technische Geräte, Bild-schirme und unzählige Kabel. Der Diplomkaufmann kann auf ein langes Arbeitsleben in der Telekom-Branche blicken. Als es mit der Selbständigkeit nicht klappte, wurde er obdachlos. Er schlief in Notschlaf-stellen und Passantenheimen. «Ich weiss nicht, wie lange ich hier bleiben werde», sagt der IV-Bezüger, der mit 29 Jahren einen Herzinfarkt erlitt und seither eine künstliche Aortenklappe hat. «Aber hier kann ich erstmal zur Ruhe kommen. Ich fühle mich wohl und daheim.»

Für ihre Arbeit erhalten die Bewohner eine beschei-dene Entlöhnung. «Nicht das Geld oder die Leistung stehen im Zentrum, sondern die Tagesstruktur», be-tont Peter Neuhaus.

Jeder packt mit anDie Heilsarmee bietet im Buchseegut nicht nur in der Küche, im Putzdienst oder im Atelier Arbeitsplätze an.

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Im neuen Wohnhaus haben die Bewohner mehr Platz und mehr Licht in den Zimmern.

Insgesamt sind es 48 Vollzeitstellen, die sich 20 Be-wohner und 35 Externe mit Leistungseinschränkun-gen teilen. Die meisten arbeiten in der Gärtnerei, die unter anderem sechs grosse Treibhäuser umfasst. «Unser Produktionsbetrieb muss wirtschaftlich funk-tionieren. Wir müssen konkurrenzfähig sein und am Markt bestehen können», erläutert Neuhaus. Allein die Gärtnerei generiere einen Umsatz von über einer Million Franken pro Jahr. Neben diesen Einnahmen wird das Buchseegut durch die Heilsarmee, den Kanton und die IV finanziert.

Ein Betriebszweig der Gärtnerei heisst «Park und Garten». Wer hier tätig ist, arbeitet auswärts in den Gärten von Kunden. «Diese Abteilung möchten wir ausbauen», erklärt Neuhaus. «Wir sind damit nahe am gängigen Arbeitsmarkt – ausserhalb des geschützten Rahmens. Unser Ziel ist es, die Arbeitnehmer, die hier wirken, auf den freien Arbeitsmarkt hinauszubeglei-ten.» Zum Beispiel die 19-jährige Veena M. Sie lebt bei ihren Eltern im Könizer Liebefeld, hatte in Wal-kringen BE eine zweijährige Anlehre als Gärtnerei-praktikerin absolviert und arbeitet seit einem Jahr für «Park und Garten». «Es war für mich schwierig, einen anderen Job zu finden. Deshalb arbeite ich hier. Und es gefällt mir wirklich gut. Sowohl die Arbeit als auch die Leute, mit denen ich zu tun habe.»

Der Auftrag überzeugtZufrieden mit seiner Arbeit ist auch Claude Gafner (36). Ursprünglich war er als Detailhandelsangestell-ter und später für das Rote Kreuz im Asylwesen tätig. Vor sieben Jahren begann er als Nachtwächter im Buchseegut. Heute ist er ausgebildeter Sozialarbei-ter und kann einen Bachelor in Soziologie vorweisen. Er gehört dem vierköpfigen Sozialdienst an und ist für das Wohnen, die Betreuung und die Aufnahme von neuen Bewohnerinnen und Bewohnern zuständig. Wie Peter Neuhaus gehört auch Claude Gafner nicht der Heilsarmee an. «Um hier arbeiten zu können, ist das nicht Voraussetzung», sagt der Sozialarbeiter. «Wir sind hier ein sehr durchmischtes Team. Ich per-sönlich finde das Sozialwerk eine gute Sache. Und ich kann mich mit dem christlichen Gedankengut identi-fizieren. Ich stehe hinter den Zielen und Methoden der Heilsarmee.»

buchseegut.ch

Text: Daniel Sägesser Bilder: Alexander Egger

Veena M. ist glücklich. Dank der Heilsarmee bringt sie Gärten zum Blühen.

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DAS DING

Das soll ein Telefon sein? Wo ist denn da der Bildschirm und in welche Handtasche soll es passen? Das fragen sich wohl unsere Kinder und Kindeskinder, die sich kaum vorstellen können, dass es vor langer Zeit einmal Telefone gab, mit denen man weder Musik hören noch fotografieren konnte.Dieses Uralt-Telefon und noch viel mehr finden Sie beim Stöbern in der Brocki Wetzikon oder in einer unserer 19 anderen Brockifilialen.

brocki.ch7

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HILFE, DIE INS HERZ GEHTIm Open Heart in Zürich finden Menschen warmes Essen, Be-ratung, frische Kleider oder ein fach mal eine Dusche. Im Winter finden zwölf Personen pro Nacht in der Notschlafstelle Zuflucht.

DIE HEILSARMEE HILFT

Seit sechs Jahren leitet Heilsarmeeoffizier Walter Sommer mit seiner Frau Pia das Open Heart. Und je mehr Walter Sommer von seiner Arbeit erzählt, desto mehr leuchten seine Augen: «Ich lebe von den vielen guten Erlebnissen», sagt er. Dabei sieht er auch viel Not. Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben oder nichts zu essen. Immer mehr Personen aus ärme-ren EU-Ländern, denen hier Arbeit versprochen wurde – und die doch nichts finden. Und auch ältere Menschen, die einsam sind. Alle kommen im einzigen Raum des Open Heart zusammen, mitten im Kreis 5

in Zürich. Hier finden die sozialen Angebote statt: Drei warme Mahlzeiten in der Woche, Kaffeestube, Jugendtreff und Lebensmittelabgabe.

Zuhören und Zeit schenkenNicht jeder möchte ein Essen oder braucht Rat. Wal-ter Sommer erzählt zum Beispiel von einer Kurdin, die seit etwa einem Jahr ins Open Heart kommt. Anfangs war sie still und zurückhaltend. Doch in der Gemein-schaft blühte sie auf. Sie blieb nach dem Essen immer länger und half aufräumen. Schliesslich konnte sie

Wenn das Geld knapp ist, hilft die Heilsarmee mit Essen und Kleidung aus. Beim Kaffee finden die Gäste aber auch offene Ohren für ihre Sorgen.

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Walter Sommers Frau ihre Lebensgeschichte anver-trauen. Heute sagt sie «Schwester» zu Pia Sommer. Sie ist offen und fröhlich, sie lacht und grüsst. Wie diese Frau suchen viele Menschen im Open Heart Gemeinschaft und Beziehungen.

«In der Kaffeestube nehmen wir uns Zeit für Gesprä-che», bestätigt Walter Sommer. «Da können wir nach-fragen, wie es geht.» Das lässt manche über sich hinauswachsen: Einige frühere Gäste kommen noch heute – zum Mithelfen. Der Heilsarmeeoffizier betreut

sie. Dabei muss er immer wieder «Grenzen über-schreiten», wie er es nennt. Denn solche Helfer haben auch ihre schwachen Tage. Walter Sommer möchte ihnen dennoch stets eine zweite Chance geben, denn: «Ich glaube, dass Gott mir im Leben auch immer wie-der eine Chance gibt. Warum sollte ich sie ihnen ver-weigern?» Darum ist er für sie da. Und darum dauern seine Arbeitstage oft länger als acht Stunden.

Zusätzlich geht er einmal pro Woche mit einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern «auf die Gasse».

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Bei diesen Besuchen kann er Menschen in Not zuhö-ren, sie ermutigen und auch ins Open Heart einladen.

Von Januar bis April stellen Walter Sommer und sein Team Betten auf. Die provisorische Notschlafstelle hat er vor fünf Jahren auf Anfrage der Stadt Zürich eingerichtet. Zwölf Personen finden dort ein Bett. Wenn mehr Leute anklopfen, legen die Mitarbeiter auch schon mal zusätzliche Matratzen aus. Bis zu 19 Personen übernachten dann im Open Heart. Die Nachfrage ist gross: 2012 war die Notschlafstelle fast jede Nacht ausgelastet. Trotzdem geht es dort relativ friedlich zu. «Ich habe ein Top-Team und es ist

eine relativ kleine Notschlafstelle», erklärt es sich Walter Sommer. Um Konflikten vorzubeugen, reiche oft schon ein Gespräch.

Das Open Heart finanziert sich allein durch Spenden. Viele Freiwillige helfen mit. Gemeinsam leisten sie rund 7500 Stunden im Jahr. Der Einsatz lohnt sich. Die Kurdin, die inzwischen regelmässig ins Open Heart kommt, fasst es so zusammen: «Ich verstehe zwar nicht immer alles, was ihr sagt. Aber was ihr macht, geht ins Herz.»

heilsarmee-openheart.ch

Text: Florina GermanFotos: Tina Steinauer

Im Jahr 2012 hat das Open Heart Bedürftigen Lebensmittel im Wert von CHF 182 400 abgegeben. Die Kaffeestube

zählte fast 8000 Besuche und die Notschlafstelle 1039 Übernachtungen in drei Monaten. In der

sozialen Beratungsstelle der Heilsarmee, die sich im gleichen Gebäude befindet, haben 2012 rund 1000 Personen das

Gespräch gesucht.

Walter Sommer teilt das Leid der Menschen, die im Open Heart Zuflucht suchen. Auch wenn dabei der Arbeitstag lang wird.

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PHILIP BATESProjektleiter bei der Heilsarmee

Ich liebe den internationalen Auftrag der Heilsarmee: So hatte ich Gelegenheit, einen Auftrag im südlichen Afrika wahrzunehmen – zur Verstär-kung des Projekt- und Finanz-managements. In Afrika lernt man Geduld und Flexibilität. Selten klappt alles wie ge-wünscht. Während ich Fach-wissen einbringen konnte, ha-be ich aus menschlicher Sicht vieles dazugewonnen. Gute Beziehungen sind nämlich ei-ne Voraussetzung, um in Afri-ka etwas bewegen zu können. Im Zentrum steht dort der Mensch, nicht die Sache. Das will ich auch jetzt, zurück in der Schweiz, nicht vergessen!

ANNE-CATHERINE CHARPILLOZLeiterin Pflege, Alters- und Pflege-heim «Le Phare-Elim»

Basteln ist meine Leiden-schaft! Ein paar Jahre lang habe ich mit grösster Freude die Gruppe «brico-contact» in der Heilsarmee Vevey gelei-tet. Ich konnte dort Ideen sammeln, sie umsetzen, be-wundern und teilen. Für die Teilnehmenden waren es be-sondere Abende, weit weg von den Alltagssorgen. Aben-de, an denen wir füreinander da waren. Das ist mein Her-zensanliegen: meine Leiden-schaft zu teilen, aber dabei auch Menschen zu ermutigen und zu begleiten. Basteln ist wie eine Brücke zwischen dem, was ich gerne mache, und den Personen, denen ich begegnen will.

WIR VIER

GERN GEHÖRT

Guten Tag

Konnte heute die aktuelle Ausgabe vom Magazin lesen. Kann Ihnen nur gratulieren, ist eine wundervolle Ausgabe und hat mir eventuell zu einer Problemlösung für meine Kollegin weiterverholfen.

Freundliche GrüsseMonika Locher

MANUELA STEINERAusgebildete Clownin, macht bei der Heilsarmee mit

Mit dem Kasperlitheater «Gwundernäsli», der Bauch-rednerpuppe Susi oder als Clown Cinella trete ich in Kindergärten, an Festen oder Gottesdiensten auf. Mir ist wichtig, die Kinder zu ermuti-gen und sie zum Lachen zu bringen. Sie können viel mit-machen. Es kommt vor, dass sie mittendrin laut nach dem Kasperli rufen, dann geht das Stück halt anders weiter als vorgesehen. Ich bin ein fröh-licher Mensch, aber es gibt auch Zeiten der Sorgen. Doch das Lachen des Publikums gibt mir Freude und Kraft. Kinder-lachen ist etwas vom Anste-ckendsten!

JEAN-MARC SIMONINLeiter des «Centre-Espoir»

Ich weiss nicht genau, wann ich damit angefangen habe. Aber ich liebe es und möchte es immer wieder machen: Je-des Jahr entdecke ich mehre-re Länder – gratis und ohne Reihenfolge – ganz wie mir der Sinn danach steht. Diesen Frühling waren es China, Alba-nien und die Türkei. Im Som-mer habe ich den Libanon, Australien und Finnland ange-sehen. Das alles dank meines Ausweises für die öffentlichen Bibliotheken und ihren Tau-senden von Werken und Auto-ren. So kann ich die ganze Welt anschauen: ohne Visum und ohne Gepäck.

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ZUM MITFREUEN

FREIE FAHRT Der neue Bus rollt! Die Bewohnerinnen und Bewohner des Heilsarmee- Altersheims Lorrainehof in Bern freuen sich auf die bequeme und sichere Fahrt im neuen Heimbus. lorrainehof.ch

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Page 13: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

WIEDER HALT IM LEBEN GEFUNDEN20 Jahre lang hat er schon keinen Fuss mehr in die Heilsarmee gesetzt. Doch aus-gerechnet die Ex-Frau hat ihn eingeladen, an einem «Life-Seminar» teilzunehmen. Dabei hatte er sie in der Vergangenheit enttäuscht: Nach der Hochzeit nahm er, der schon clean war, wieder Drogen. Er log sie an, wurde gewalttätig. Da liess sie sich scheiden. Doch sie glaubte, so ein Kurs würde ihm guttun. Tatsächlich fand er im Seminar seinen Glauben an Gott zurück. Und fing nochmal ganz neu an.heilsarmee-huttwil.ch

FÜR DIE ÄRMSTEN DA SEINSeine Heimat Chile hatte er schon lange verlassen, als er in Genf ankam. Er war einsam. Im Treffpunkt «Le Phare» (Deutsch: der Leuchtturm) fand er Anschluss. Dieses Angebot der Heilsarmee in Genf beeindruckte ihn: Er wollte mithelfen. Heute ist er für «Le Phare» verantwortlich. Er kümmert sich dort um Menschen, die aufgeschmissen sind. Er hilft ihnen, Einsamkeit in Gemeinschaft zu verwandeln, wie beim Weihnachtsessen. Und er ermutigt sie, wieder zu vertrauen.

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Page 14: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

Wenn ich geahnt hätte, was mit dem Abenteuer Eurovision Song Contest alles auf mich zukommt, hätte ich möglicherweise nicht zugesagt. Heute weiss ich aber, dass es gut war: Ich habe die Gemeinschaft mit Sarah, Käthi, Michel, Christoph und Jonas genos-sen. Sie haben sich aufmerksam um mich gekümmert. Nur so konnte ich wirklich der Star sein, der ich plötzlich war. Das gleiche erlebe ich mit Gott. Mit ihm zusammen meistere ich jede Hürde.

Emil Ramsauer, Kontrabassist von Takasa, Bild: Simon Opladen

MUSIK IST GEMEINSCHAFT

You And MeMelodie und Text: Georg Schlunegger, Hitmill AG

MUSIK IST GEMEINSCHAFT

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Page 15: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

GESAGT, GETAN

Thun

SPRUNGBRETT IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEITDas Passantenheim Thun verzeichnete einen hohen Auslas-tungsgrad und konnte viele Anfragen nicht mehr berücksichti-gen. Über 40 Personen standen schon auf der Warteliste für Nachfolgelösungen. Also hat die Heilsarmee Thun das Projekt Netz15 ins Leben gerufen. Das Ziel ist, neben dem Passanten-heim auch ein begleitetes Wohnen und eine soziale Beratungs-stelle anzubieten – und beides mit den sozialen Angeboten der Heilsarmee Thun zu verbinden. Bedürftige Menschen erhalten so eine ganzheitliche Betreuung. Sie werden nach Möglichkeit in die Selbstständigkeit und zurück in die Gesellschaft begleitet. Die Koordination der Angebote läuft bereits. Die ersten Bewoh-ner sind ins begleitete Wohnen gezogen. Bis 2015 soll das Projekt abgeschlossen und fest etabliert sein.heilsarmeethun.ch

17 Betten im Passantenheim

8 Einzimmer-Wohnungen (bis 2015)

60–70 Lebensmittelabgaben (mit Partnerorganisationen)

Rombach

MEHR PLATZ, MEHR BESCHÄFTIGTE, MEHR AUSWAHLIn der Heilsarmee Obstgarten in Rombach finden Frauen und Män-ner, die sich in einer sozial schwierigen Lage befinden oder an einer psychischen Erkrankung leiden, einen Wohn-, Arbeits- oder Beschäftigungsplatz. Im Frühling hat der Obstgarten den «wörk-schop» eröffnet. Der Name verrät es: In den neuen Lokalitäten von Werkatelier und Schreinerei wird nicht nur gearbeitet, son-dern auch verkauft. Von Anzündhilfen über Kerzen, Dekorations- und Geschenkartikel sowie Dörrprodukte bis hin zu saisonalen Produkten aus der Gärtnerei. Zurzeit beschäftigt der «wörkschop» 25 Betreute. Mit der neuen Einrichtung auf 800 m2 hat der Obst-garten sein Problem am bisherigen Standort – nämlich Platzman-gel – behoben. Ein weiteres Ziel ist nun, den Kontakt der Obstgärt-ler mit der Bevölkerung vom Dorf und umgekehrt zu fördern.heilsarmee-obstgarten.ch

34 BewohnerInnen

20 Einer- und 7 Zweierzimmer

22 geschützte Arbeitsplätze

23 Beschäftigungsplätze

Keine Heilsarmee ohne Freiwillige. Zählt man alle Stunden zusammen,

haben freiwillige Mitarbeiter der Heilsarmee im letzten Jahr

zusammen 53 567 Tage unentgeltliche Arbeit geleistet.

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Page 16: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

« JETZT KANN ICH AUF EIGENEN BEINEN STEHEN»

MENSCHEN, DIE VOM GLÜCK VERLASSEN WURDEN

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Page 17: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

«Als Kind habe ich selten das geschenkt bekommen, was ich mir wünschte – nicht mal ein Lächeln», sagt Andrej Stemmle. Kein Wunder, dass er verhaltens-auffällig wurde. Andrej Stemmles Kindheit war eine Kindheit fast ohne Liebe.

Sein Vater war gewalttätig. Statt lobender Worte gab es für Andrej Stemmle oft Schläge und Strafen. Mit 13 Jahren konnte er endlich weg von zuhause. Er kam für drei Jahre ins Internat. Doch die Jungen dort waren alle aus schwierigen Verhältnissen. Sie hatten schlech-ten Einfluss auf ihn. Mitten in der Pubertät, ohne viel Aufsicht, war Andrej Stemmle dem grossen Druck und der Konkurrenz untereinander nicht gewachsen. Er be-gann zu kiffen. Dann kam, was kommen musste: Er rutschte tiefer in die Drogen ab – und blieb dort.

Bis nichts mehr gingNach dem Internat begann er mehrere Lehren. Eine nach der anderen brach er ab wegen der Drogen. Mit der Lehre zum Eisenwarenverkäufer klappte es dann: Er brachte sie erfolgreich zu Ende.

Doch die Drogen bestimmten seinen Alltag: Andrej Stemmle nahm – je länger, desto – härtere Drogen. Er spritzte sogar Heroin. Dazu hatte ihn seine damalige Freundin angestiftet. Es wurde ihm zum Verhängnis: Eines Tages kaufte er eine Dosis, nahm sie und wurde dann bewusstlos.

18 Stunden lag er da, bis ihn ein Kollege fand. Der Freund suchte nach ihm, weil er ahnte, dass etwas nicht stimmen konnte. Er brachte ihn ins Spital. Nur dank viel Glück mussten die Ärzte Andrej Stemmle nichts amputieren. Heute hat er nur noch Probleme mit der Hand. Der Notfall liegt 20 Jahre zurück. Andrej Stemmle, ein sympathischer und lebendiger Mann, hat seitdem viel erreicht. Doch man sieht ihm die schwere Vergangenheit noch an.

Doch jemand glaubte an ihnDass er heute – seit über einem Jahr – clean ist, ver-dankt er auch der Heilsarmee. Immer wieder fand er

dort Zuflucht. Er hat sogar bei Severino Ratti, dem Leiter der Heilsarmee Burgdorf, wohnen dürfen. Durch ihn hat er auch erfahren, was einander helfen bedeu-tet – und packt heute selbst in einem Männerheim mit an. Er geht jetzt auch in Gottesdienste der Heilsar-mee. Und er hat seinem Vater verzeihen können. Die Kraft dazu schöpft er aus seinem Glauben an Gott.

Andrej Stemmle hat heute wieder Träume und Wün-sche. Gerne möchte er als Betreuer für ältere Leute arbeiten. Und anderen Menschen helfen, so, wie ihm geholfen wurde. Vor der Ausbildung macht er schon mal ein Praktikum in einem Männerheim in Zürich. Fest entschlossen sagt er: «Ich will beweisen, dass ich definitiv von den Drogen loskomme und auf eige-nen Beinen stehen kann.»

Text: Florina GermanBilder: Andreas Schwaiger

Weil ihm geholfen wurde, packt Andrej Stemmle heute selbst mit an.

Über zehn Entzüge brauchte Andrej Stemmle (48), bis er von den Drogen loskam. Die Heilsarmee hat ihn in schwierigen Zeiten begleitet. Heute möchte er Menschen helfen. Er wagt nochmal eine Ausbildung.

Severino Ratti, Leiter der Heilsarmee Burgdorf «William Booth, der Gründer der Heilsarmee, sagte: ‹Wenn die Menschen nicht in die Kirche gehen, muss die Kirche zu ihnen kommen›. 2008 bin ich zum ersten Mal in Burgdorf auf die Gasse gegangen, um Menschen am Rande der Gesell-schaft zu treffen. Seitdem besuche ich sie jede Woche. Sie vertrauen mir ihre Geschichten an. Ich besuche sie auch im Spital, helfe bei einem Umzug und nehme mich ihrer Nöte und Sorgen an. Im Dezember 2013 werden wir zum sechsten Mal die ‹Party mit Jesus› feiern. Das ist die Weihnachtsfeier für Einsame und Randständi-ge. Schon Wochen vorher sprechen sie mich auf der Strasse darauf an, ob sie wieder stattfindet. Der Event ist fest in ihrer Agenda verankert.»

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DIES UND DAS

Die Brocki St. Gallen repariert Ihr Velo. Ausserdem lernen Sie dort in Kursen, wie Sie selbst Hand an Ihr Zweirad anlegen können. In der Fahrradwerkstatt der Brocki St. Gallen sollen nun Nischen-arbeitsplätze entstehen. Das ergibt doppelt Sinn: Denn aus den Teilen vieler alter Fahrräder schrauben die Velomechaniker dort neue Drahtesel zusammen. Die verkauft die Brocki dann – und unterstützt so die Sozialarbeit der Heilsarmee. Dafür sucht die Brocki stets nach gebrauchten Velos. Spenden Sie doch Ihr altes Zweirad der Heilsarmee! Der Brocki-Abholdienst freut sich, es nach St. Gallen zu bringen: 0848 276 254.brocki.ch

Pastetli, Gehacktes mit Hörnli oder Barbecue – längst steht statt Suppe ein vollwertiges Nachtessen auf dem Speiseplan. Dazu treffen sich jeden Donnerstag rund 15 Personen zum Essen und Austauschen in der Heilsarmee Chur. Jeder ist willkommen. An-melden muss man sich auch nicht. Denn beim Suppenkasper geht es vor allem um Gemeinschaft. Wie an einem Familientisch sitzen alle zusammen – ob junge oder ältere Personen, Alleinstehende oder Pärchen. Nahrung für die Seele gibt es auch: Nach dem Dessert singen oder spielen die «Suppenkasper» zusammen. Und es ist auch immer genug Zeit für Gespräche und zum Freund-schaften pflegen. Appetit bekommen?heilsarmee-grischa.ch/chur

An der ersten Openair-Brocki der Heilsarmee haben Passanten im September auf dem Basler Marktplatz Secondhand-Kleider und weitere Schnäppchen geshoppt – und dabei noch ein Gratis-Konzert von Takasa erlebt. Mit der Openair-Brocki unterstützt die Heilsarmee travailPLUS, ein Arbeitsintegrationsprojekt ihres Sozialwerks. Gemeinsam mit der Banque CIC (Suisse) hatte sie Firmen eingeladen, mitzumachen: Deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Kleider gesammelt, die sie der Brocki zum Verkauf zur Verfügung stellten. Die Heilsarmee sensibilisiert mit dieser Aktion die Öffentlichkeit für das Thema Solidarität. brocki.ch

VOM DRAHTESEL ZUM GOLDESEL

DER SUPPENKASPER LÄDT EIN

WEITERGEBEN IST MEHR WERT!

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Page 19: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

Wenn am Mittwochmorgen in vielen Heils-armee-Gemeinden der Schweiz das Lied vom «Zottelbär» ertönt, ist sicher Baby-Song. Eltern singen mit ihren Kleinkindern in dieser besonderen Musikstunde.Eine halbe Stunde singt die Gruppe einfa-che Lieder und Versli. Einzige Instrumente:

ein paar Rasseln für die einprägsamen Rhythmen. Danach gibt es noch ein ge-meinsames Znüni, Zeit zum Kennenlernen und Austausch. «BabySong ist eine inten-sive Zeit für Eltern und Kinder», sagt Bar-bara Bösch, Koordinatorin für Familienar-beit der Heilsarmee. Sie hat 1997 in Bülach

eine der ersten BabySong-Gruppen ge-gründet. Heute gibt es das Angebot in 40 Orten in der Schweiz. «Die Mütter, die kommen, empfehlen es weiter», sagt Bar-bara Bösch. «An Teilnehmern mangelt es nicht.» BabySong funktioniert auch, weil es unverbindlich und kostenlos ist. Es ent-stehen schnell Freundschaften, zum Bei-spiel in den Müttergesprächskreisen, die die Heilsarmee anbietet. Väter sind im BabySong ebenso willkom-men wie Grosseltern. Ältere Mitglieder helfen zudem, das Znüni vorzubereiten. Liederbücher braucht es übrigens nicht. Die Lieder sind Ohrwürmer. Zuhause sin-gen die Kinder sie gerne weiter. Mit dem Teddy oder der Barbie. Oder lauthals im Supermarkt.

babysong.ch

Text: Florina GermanBilder: Willi Reutimann

AUS VOLLER KEHLE, FÜR DIE GANZE FAMILIE

FÜR ANDERE DA SEIN.Bestellen Sie unseren Testamentratgeber oder fragen Sie nach unserem unabhängigen Erbschaftsberater. Stiftung Heilsarmee Schweiz, Ursula Hänni, Tel. 031 388 06 39, [email protected]

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Page 20: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

PHILIPPE PERRENOUD

« ARMUT IST KEIN LUXUSPROBLEM»

Sie haben an der Einweihung eines neuen Gebäudes im Buchseegut teilgenommen: Welche Bedeutung haben die sozialen Institutionen in der Schweiz?Philippe Perrenoud: Eine Schweiz ohne soziale Ins-titutionen ist undenkbar! Sie beschäftigen rund 36 000 Personen in der Schweiz, dazu kommen 160 000 Freiwillige. Die zahlreichen Einsätze machen die Institutionen zu einem unerlässlichen Partner unseres Sozialstaats.

Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektor im Kanton Bern, weiss, wie wichtig es ist, die Schwächsten zu unterstützen.

RED UND ANTWORT

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Page 21: MAGAZIN der Heilsarmee Schweiz - Nr. 3 / Dezember 2013

Was verbinden Sie mit der Heilsarmee?P. P.: Ich bin, schon immer, sehr froh um die Arbeit der Heilsarmee, auch aus persönlichen Gründen. Mein Grossvater war während der schlimmen Wirtschafts-krise 1929 auf die Unterstützung der Heilsarmee an-gewiesen. Ich weiss, dass die Heilsarmee immer da war, wenn meine Familie in Not war.

Wie steht es um das soziale Angebot im Kanton Bern?P. P.: Wir zählen rund 700 Partnerinstitutionen für Behinderte und Senioren. Zu den Aufgaben meiner Direktion gehören u. a. die Sicherstellung einer ge-rechten Finanzierung, die Kontrolle der Institutionen und die Festlegung von Qualitätskriterien. Doch die Lage ist sehr ernst: Man kann nicht mehr gleich viel finanzieren wie vorher. Die Gesetzesänderungen stel-len uns vor eine grosse Herausforderung: Es ist schwierig, diese Gesetze in einem sich rasch verän-dernden Umfeld anzuwenden. Goethe sagte: «Will man behalten, was man hat, muss man vieles ändern.»

Wenn Sie eine Bilanz Ihrer bisherigen Amtszeit ziehen, welche Ziele haben Sie erreicht?P. P.: Ich hatte zum Ziel, die Armut im Kanton Bern innerhalb von zehn Jahren zu verringern. Als Psychi-ater habe ich in der Krise der Neunzigerjahre gese-hen, wie viele Menschen litten – individuelles, kollek-tives und familiäres Leid. Und manche trauten sich, diesen Menschen zu sagen, sie seien selber schuld! Ich begann, mich gegen diese Sicht zu wehren. Schon damals war man sich zu wenig bewusst, was Not bedeutet. Die Leute gerieten innert kurzer Zeit in pre-käre Situationen. Zum Beispiel Familien mit Durch-schnitts- oder höherem Einkommen, die infolge einer Krankheit oder einer Scheidung alles verloren hatten. Ich wollte deswegen den Kampf gegen die Armut auf die politische Agenda setzen und etwas für die Be-troffenen unternehmen. Ich beziehe mich auf die Bundesverfassung, die besagt, dass die Stärke des Volkes sich am Wohl der Schwachen misst.

Also war über Armut sprechen ein Tabubruch?P. P.: Bis jetzt begnügte man sich mit den Sozialver-sicherungen. Man half den «unteren Schichten». Ich mag dieses Wort nicht, denn bei meiner Arbeit habe ich oft gesehen, wie rasch man von einer Schicht in einer andere fällt.

Welche Behandlung empfehlen Sie für die Probleme unserer Gesellschaft?P. P.: Es braucht mehr Anerkennung für das Leiden, für die Leute in Armut. Ich glaube, in einem demokrati-schen Land wie der Schweiz sollen wir mit Respekt

sagen: «Hier ist ein Mitbürger, dem es schlecht geht! Was kann die Gesellschaft tun, damit er wieder Fuss fasst?» Der Staat hat Mittel, aber er ist nicht der Ein-zige, der dazu beitragen soll. Auch hier habe ich gros-sen Respekt vor den sozialen Institutionen und der Solidarität jedes Einzelnen.

Jeder muss also seinen Teil beitragen?P. P.: Wir brauchen eine neue Solidarität, damit Menschen in Not wieder Hoffnung schöpfen und eine Zukunft haben. Es ist ein menschliches Bedürf-nis, Träume zu haben. Menschen unterstützen und ermutigen ist in meinen Augen «investieren». Früher investierte man vor allem in Beton und Teer. Wir müs-sen heute in die Menschen investieren, wenn Sie mir den Ausdruck erlauben. Damit sie besser leben und nicht in die Armutsfalle geraten, die sich oft von einer Generation zur nächsten überträgt.

Eine politische Lösung reicht also nicht aus?P. P: Es braucht sicherlich Politiker, die für das Thema sensibilisiert sind. Es braucht ein «Aha-Erlebnis», also dass man sich dessen bewusst wird. Doch die Bekämpfung der Armut liegt nicht nur bei der Sozial-hilfe, sondern auch bei der Ausbildung, der Wirt-schaft, den Unternehmen, den Arbeitgebern ... Diese Sensibilisierung ist vorrangig. Man muss zeigen, dass Armut wirklich existiert. Sie ist kein Luxusproblem.

Fragen: Florina GermanBilder: zVg

Regierungsrat Dr. Philippe Perrenoud anlässlich einer Preisübergabe an junge Fussballspieler im Stade de Suisse in Bern, August 2013

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FORTSETZUNG FOLGT

«Wir kommen wieder», versprechen die Lehrer je-weils nach einem Klassenlager im Jugendhaus Stäfa der Heilsarmee. Kein Wunder: Das grosse Haus mit Umschwung zum Austoben ist wie gemacht für Kin-der- und Jugendgruppen.

Auch die Heilsarmee bietet hier jedes Jahr mehrere Lager an, darunter das «Mitenand-Lager» im Sommer, an dem auch Behinderte teilnehmen, das Kindersom-merlager und das beliebte Krea(k)tiv-Lager für Kinder im Herbst. Mit Ausblick auf den Zürichsee verbringen die Kinder hier die Ferien: Auf dem Spiel- oder dem Sportplatz, bei Regen drinnen im Sportraum oder am Basteltisch.

Doch das Haus zeigt langsam Gebrauchsspuren: Die 70 Betten sind die gleichen wie vor 30 Jahren und sollten ausgetauscht werden. Die Fenster sind in die Jahre gekommen: Man könnte mit neuen Scheiben viel Energie einsparen. Als ob das nicht genug wäre,

stürmte es im August 2013 heftig um das Haus herum: Ein Baum fiel mitten auf die beliebte Seilbahn.

Zu den anfallenden Reparaturen könnte ein weiteres Projekt kommen: ein ausgebautes Studio, das die Heilsarmee kleineren Gruppen zur Verfügung stellen kann. Die Leiter des Hauses würden am liebsten bald mit Renovieren anfangen. Ende Januar zieht bereits eine Gruppe Behinderter mit dem Betreuerteam für einen ganzen Monat ein. Sie bewohnen das Haus, während ihr eigenes Heim umgebaut wird. Im Som-mer 2014 ist das Jugendhaus Stäfa ebenfalls bereits ausgebucht.

Text: Florina GermanBild: zVg

NEUE BETTEN FÜR DIE LAGERKINDER

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FÜR ANDERE DA SEIN – EIN TESTAMENT FÜR DIE HEILSARMEE

In einer Broschüre liest Annemarie (67) über das Heilsarmee-Angebot der Nachlassrege-lung. Sie kontaktiert den Heilsarmee-Fach-mann und kann ihre jahrelange Sorge um die Erbschaft beheben: Sie berücksichtigt die Heilsarmee in ihrem Testament.

Annemarie wächst in Zürich auf. Nach der Sekundarschule verbringt sie ein Jahr in einer Lausanner Familie, um Französisch zu lernen. Danach absolviert sie eine Banklehre und vervollständigt ihre Fach-kenntnisse während zweieinhalb Jahren in Genf. Sprachgewandt und interessiert

macht sie eine Weiterbildung bei einer Bank in New York. Mit 34 Jahren besucht sie den Kurs für das eidgenössische Diplom der Direktionssekretärin. Als Freizeitsegle-rin besitzt sie ein Jahrzehnt lang auf dem Zürichsee ein Boot, an dem sie die jährli-chen Überholungsarbeiten selber ausführt.

Als ihre Mutter stirbt, führt Annemarie nebst der Arbeit bei der Bank nun während zehn Jahren auch den Haushalt ihres Va-ters. Nach dessen Tod engagiert sie sich beim Fahrdienst des Roten Kreuzes und als Freiwillige in einer Brockenstube; gerne nimmt sie an Kirchenanlässen teil und geht immer mal wieder auf Reisen.

Weshalb hat das Thema Nachlass Sie beschäftigt?Da ich keine Erben habe, fragte ich mich immer wieder mit Sorge, was aus meinem Vermögen einst wird. Mir liegt daran, dass das Geld, das ich mit Börsengeschäften erworben habe, einst nutzbringend ein-gesetzt wird. Es soll nicht zum Vergnügen

verbraucht werden, sondern Menschen in Not unterstützen. Deshalb war es mir wichtig, den Nachlass zu regeln.

Was war ihr erster Kontakt mit der Heilsarmee?Als Kinder wurden ich und meine Schulka- meraden eingeladen, bei der Heilsarmee an der Eidmattstrasse in Zürich Filmnach-mittage zu besuchen. Welche Filme wir gesehen haben, weiss ich nicht mehr, aber ich habe beste Erinnerungen an die-se Anlässe!

Weshalb haben Sie die Heilsarmee im Testament berücksichtigt?Seit vielen Jahren sehe ich bestätigt, was mein Vater jeweils sagte: «Die Heilsarmee ist eine gute Organisation.» Sie macht bodenständige, solide Arbeit, die vielen benachteiligten Menschen konkret hilft. Zudem hatte ich selbst ein gutes Leben und möchte, dass das anderen zugute kommt.

* Zum Schutz der hier zitierten Person, haben wir Name und Bild geändert.

ANGEBOT RUND UM DAS THEMA ERBSCHAFT:Bitte teilen Sie uns mit, wie wir Sie bei der Regelung Ihres Nachlasses unterstützen können:

Ich bestelle den kostenlosen Erbschaftsratgeber. Ich möchte eine unverbindliche, persönliche Erbschaftsberatung mit einem Fachmann der Heilsarmee in

Anspruch nehmen. Ich interessiere mich für Ihre Informationsnachmittage zum Thema Erbschaft. Ich wünsche einen Besuch von einem Heilsarmee-Offizier, um über Fragen zum Glauben, zum Sinn des

Lebens und zum Sterben zu sprechen. Ich habe Sachen, die ich nicht mehr benötige und der Heilsarmee-Brockenhaus spenden möchte. Bitte rufen

Sie mich an.

Vorname, Name

Strasse, Nr.

PLZ, Ort

Telefon und geeignete Zeit, um anzurufen:

E-Mail:

Bitte senden an:Stiftung Heilsarmee Schweiz, Ursula Hänni, Laupenstrasse 5, 3008 BernTel. 031 388 06 39, [email protected], heilsarmee.ch/testament

PUBLIREPORTAGE

Mit meinem Testament will ich Bedürftigen helfen.

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Stiftung Heilsarmee Schweiz | Laupenstrasse 5 | Postfach 6575 | 3001 Bern | Telefon 031 388 05 35 Fax 031 382 05 91 | [email protected] | heilsarmee.ch | Spendenkonto 30-444222-5

Offene OhrenAlles beginnt mit einer einfühlsamen Person, die sich eines hilfesuchen-den Menschen annimmt. Darum empfangen wir Menschen in Not sowohl in unseren 8 Sozialberatungsstellen als auch in unseren 55 Heilsarmee-Gemeinden mit offenen Armen und Ohren.

Freie BettenWer den Boden unter den Füssen verloren hat, hat oftmals auch kein Dach mehr über dem Kopf. In insgesamt 7 Wohn- und 5 Übergangs-heimen, 4 Alters- und Pflegeheimen und 2 Passantenheimen bieten wir jede Nacht über 1200 Menschen ein Obdach. Zusätzlich führen wir noch 1 Jugend- und 6 Kinderheime.

Gedeckte TischeOft ist das Problem eines hilfesuchenden Menschen ganz profan. Er oder sie hungert nach Essen oder nach ein bisschen Gesellschaft. Darum laden wir gern zu Tisch. Zum Beispiel bei unseren diversen Mittags tischen für Jung und Alt, aber auch bei unseren Weihnachts-feiern oder den Frauen-Zmorgen.

Tröstende WorteUnser Tun ist geprägt durch unsere Beziehung zu Gott. Darum bringen wir die Menschen mit Jesus Christus in Berührung. Nicht zuletzt mit unseren Gottesdiensten, die jeden Sonntag in 55 Heilsarmee-Gemeinden stattfinden. Aber auch unsere psychiatrische Spitex und der Gefängnis- dienst sind wertvolle Angebote für Menschen in Not.

LEITBILD DER HEILSARMEEDie Heilsarmee ist eine internationale Bewegung und Teil der weltweiten christlichen Kirche. Ihre Botschaft gründet auf der Bibel. Ihr Dienst ist motiviert von der Liebe Gottes. Ihr Auftrag ist es, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen und menschliche Not ohne Ansehen der Person zu lindern.

SO HILFT DIE HEILSARMEE MIT IHRER HILFE.