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FORSCHUNG Werkstoffe 922 ATZ 10/2005 Jahrgang 107 Magnesium-Knetlegierungen für den Automobilbau Wenngleich der Verwendung von Mg-Knetlegierungen im Automobilbau ein großes Potenzial zugesprochen wird, ist deren Einsatz bislang von geringer Be- deutung geblieben. Im Rahmen des vom BMBF-geförderten Verbundfor- schungsvorhabens „MIA – Magnesium im Automobilbau“ werden daher in Zu- sammenarbeit der Firmen DaimlerChrysler AG, ThyssenKrupp Umformtechnik GmbH, Otto Fuchs KG, Honsel GmbH & Co. KG, GP Innovation GmbH, OSK Kiefer GmbH sowie der BTU in Cottbus die Grundlagen für die prototypische Fertigung von Bauteilen aus den Mg-Knetlegierungen des Typs AZ31 und AZ80 erarbeitet. 1 Einsatzpotenzial von Mg-Knetlegierungen Durch den verstärkten Einsatz von Mg-Knet- legierungen in automobilen Anwendungen können Potenziale zur Reduzierung des Ge- samt-Fahrzeugsgewichts erschlossen wer- den. Für Mg-Knetlegierungen kann, rein nach ihrer Dichte beurteilt, ein Gewichts- vorteil gegenüber Stahl von etwa 75 % ermit- telt werden. Im Vergleich mit Aluminium lassen sich 35 % errechnen. Eine beanspru- chungsgerechte Betrachtung unter Einbe- ziehung unterschiedlicher Konzepte und Werkstoffkennwerte, die notwendige Ausle- gungsunterschiede berücksichtigen, zeigt ebenfalls deutliche Gewichtseinsparpoten- ziale auf. Was den dichtebezogenen E-Modul und die dichtebezogene Dehngrenze anbe- langt, erweisen sich Mg-Knetlegierungen ge- genüber Stahl und Aluminium bei ver- gleichbarer Elastizität als gleichwertig oder überlegen, Bild 1. Der Grund für die derzeit vergleichswei- se geringen Einsatzmengen von Mg-Knetle- gierungen in der Automobilindustrie ist im hohen Marktpreis und fehlenden Er- fahrungen bezüglich der Herstellung ge- eigneter Vormaterialien sowie deren Wei- terverarbeitung zu gebrauchsfähigen Auto- mobilbaugruppen zu sehen. Eine deutli- che Reduzierung der Kosten kann durch die Ausschöpfung neuer Anwendungsfel- der im Leichtbau sowie wirtschaftliche und prozesssichere Verarbeitungsprozesse bewirkt werden [1, 2]. Fehlende Kenntnisse bezüglich der Herstellung von Mg-Knetle- gierungen für Schmiede-, Strangpress- und Blechteile im Automobilbau für Antriebs- strang, Fahrwerk und Karosserie werden derzeit in verschiedenen BMBF-geförder- ten Forschungsvorhaben erarbeitet. Im Rahmen des Verbundforschungsvorhaben „MIA – Magensium im Automobilbau“ wird die prototypische Fertigung von Mg- Bauteilen der Knetlegierungen des Typs AZ31 und AZ80 erprobt. Den Schwerpunkt der Arbeiten stellen neben dem Stranggie- ßen Untersuchungen zum Walzen, zum konventionellen und hydromechanischen Tiefziehen, zum Schmieden, zur mechani- schen Oberflächenbehandlung, zum Streckbiegen sowie zur Verbindungstech- nik dar, Bild 2.

Magnesium-Knetlegierungen für den Automobilbau

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FORSCHUNG Werkstoffe

922 ATZ 10/2005 Jahrgang 107

Magnesium-Knetlegierungenfür den Automobilbau

Wenngleich der Verwendung von Mg-Knetlegierungen im Automobilbau eingroßes Potenzial zugesprochen wird, ist deren Einsatz bislang von geringer Be-deutung geblieben. Im Rahmen des vom BMBF-geförderten Verbundfor-schungsvorhabens „MIA – Magnesium im Automobilbau“ werden daher in Zu-sammenarbeit der Firmen DaimlerChrysler AG, ThyssenKrupp UmformtechnikGmbH, Otto Fuchs KG, Honsel GmbH & Co. KG, GP Innovation GmbH, OSK KieferGmbH sowie der BTU in Cottbus die Grundlagen für die prototypische Fertigungvon Bauteilen aus den Mg-Knetlegierungen des Typs AZ31 und AZ80 erarbeitet.

1 Einsatzpotenzial von Mg-Knetlegierungen

Durch den verstärkten Einsatz von Mg-Knet-legierungen in automobilen Anwendungenkönnen Potenziale zur Reduzierung des Ge-samt-Fahrzeugsgewichts erschlossen wer-den. Für Mg-Knetlegierungen kann, reinnach ihrer Dichte beurteilt, ein Gewichts-vorteil gegenüber Stahl von etwa 75 % ermit-telt werden. Im Vergleich mit Aluminiumlassen sich 35 % errechnen. Eine beanspru-chungsgerechte Betrachtung unter Einbe-ziehung unterschiedlicher Konzepte undWerkstoffkennwerte, die notwendige Ausle-gungsunterschiede berücksichtigen, zeigtebenfalls deutliche Gewichtseinsparpoten-ziale auf. Was den dichtebezogenen E-Modulund die dichtebezogene Dehngrenze anbe-langt, erweisen sich Mg-Knetlegierungen ge-genüber Stahl und Aluminium bei ver-gleichbarer Elastizität als gleichwertig oderüberlegen, Bild 1.

Der Grund für die derzeit vergleichswei-se geringen Einsatzmengen von Mg-Knetle-gierungen in der Automobilindustrie istim hohen Marktpreis und fehlenden Er-

fahrungen bezüglich der Herstellung ge-eigneter Vormaterialien sowie deren Wei-terverarbeitung zu gebrauchsfähigen Auto-mobilbaugruppen zu sehen. Eine deutli-che Reduzierung der Kosten kann durchdie Ausschöpfung neuer Anwendungsfel-der im Leichtbau sowie wirtschaftlicheund prozesssichere Verarbeitungsprozessebewirkt werden [1, 2]. Fehlende Kenntnissebezüglich der Herstellung von Mg-Knetle-gierungen für Schmiede-, Strangpress- undBlechteile im Automobilbau für Antriebs-strang, Fahrwerk und Karosserie werdenderzeit in verschiedenen BMBF-geförder-ten Forschungsvorhaben erarbeitet. ImRahmen des Verbundforschungsvorhaben„MIA – Magensium im Automobilbau“wird die prototypische Fertigung von Mg-Bauteilen der Knetlegierungen des TypsAZ31 und AZ80 erprobt. Den Schwerpunktder Arbeiten stellen neben dem Stranggie-ßen Untersuchungen zum Walzen, zumkonventionellen und hydromechanischenTiefziehen, zum Schmieden, zur mechani-schen Oberflächenbehandlung, zumStreckbiegen sowie zur Verbindungstech-nik dar, Bild 2.

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2 Mg-Schmelz-und Gießprozess

Für die Herstellung des Mg-Ausgangsmateri-als der Legierungen AZ31 und AZ80 ist vonder Firma Otto Fuchs KG eine neue Strang-gussanlage installiert und in Betrieb genom-men worden. Die für das Schmelzen undGießen erforderliche Kapselung des Prozes-ses von der Normalatmosphäre kann anla-gentechnisch unter Minimierung des Ver-brauchs von SF6-basierten Schutzgasen reali-siert werden. Der Einsatz von Abdecksalzenist nicht erforderlich. Der herstellbare Mg-Strangguss im Rund- und Rechteckformatist daher durch eine vergleichsweise gleich-mäßige Gusshaut, minimierte Oxidein-schlüsse sowie eine vollständige Freiheit vonSalzeinschlüssen charakterisiert. Eine Rück-führung von Spänen aus nachgelagertenspanenden Fertigungsschritten in den Mg-Schmelzprozess ist gewährleistet. Kostenein-sparpotenziale im Betrieb der Anlage wer-den somit erschlossen und die Umweltver-träglichkeit des Gießverfahrens verbessert,Bild 3.

3 Walzen und Tiefziehen von AZ31-Feinblech

Die Umformung von Mg-Werkstoffen stelltbekanntermaßen erhöhte Anforderungenan die Fertigungstechnik. Die Temperatur-führung der Umformprozesse ist hierbeivon entscheidender Bedeutung, da einsprunghafter Anstieg der Umformbarkeitbei 225 °C eintritt [3, 4, 5]. Während desWarmwalzens von Mg-Knetlegierungen istein übermäßiges Auskühlen der Brammenim Kontakt mit den Walzenkörpern zu ver-hindern. Aus diesem Grund wird für die Ver-suche am Lehrstuhl Metallkunde und Werk-

stofftechnik der BTU in Cottbus eine Pilot-Walzanlage mit einem temperierten Wal-zenpaar eingesetzt. Es ist eine Technologiefür das Walzen von Mg-Feinblechen direktaus dem Mg-Gussmaterial entwickelt wor-den. Platinen der Stärken 1,0 bis 1,5 mmwurden für die Projektpartner in den maxi-malen Abmessungen 600 mm x 1000 mmbereitgestellt. Die mechanischen Eigen-schaften derartiger Bleche sind in Bild 4 imVergleich zu handelsüblichen Mg-Blechendargestellt.

Die Mg-Bleche wurden nach dem Warm-walzen mittels des Saugstrahlens vonSchmierstoffresten befreit. Durch das Strah-len tritt keine Oberflächenverfestigung ein.Das Einstellen geeigneter Strahlparameterund die Auswahl des Strahlmittels machen esmöglich, gezielt Profiltraganteile auf derBlechoberfläche zu erzeugen. DiesbezüglicheUntersuchungen werden derzeit fortgeführt.

Die Tiefzieheignung der BTU-Bleche istanhand von konventionellen Napfzugversu-chen nachgewiesen worden, zum Nachweisder Umformcharakteristika wurden zusätz-lich Grenzformänderungsschaubilder er-stellt. Für das Mg-Blech, hergestellt ausstranggegossenem Ausgangsmaterial, ist fürdie Warmumformung bei 225 °C ein Grenz-ziehverhältnis von 2,5 charakteristisch. Bes-te Umformeigenschaften ergeben sich fürdas konventionelle Tiefziehen bei einer Um-formtemperatur von 225 °C. Der Einsatzbe-reich von Mg-Blech für Verstärkungsbauteilekann weitere Einsatzbereiche für Mg-Werk-stoffe erschließen [6]. Aus diesem Grundkonzentrierten sich die Arbeiten im Arbeits-paket „Anwendung“ auf die prototypischeFertigung eines „Klappdach-Innenteils“ ausAZ31-Blech mittels des konventionellen Tief-ziehens. An einem solchen Bauteil ist eine

Die Autoren

Dr.-Ing. Joachim Becker ist stellvertretender LeiterWerkstoffe und Qualitäts-wesen, Strangpressproduk-te – Werkstofftechnologiebei der Otto Fuchs KG inMeinerzhagen.

Dr.-Ing. habil. Peter Bogon ist Mitarbeiter imTeam Umformtechnik beider DaimlerChrysler AG inSindelfingen.

Horst Gers ist Mitarbeiterder Produkt- und Prozes-sentwicklung bei der Hon-sel GmbH & Co. KG in Soest.

Armin Kiefer ist Geschäftsführer der OSKKiefer GmbH in Ettlingen.

Prof. Dr.-Ing. ChristophLeyens ist Leiter des Lehr-stuhls Metallkunde undWerkstofftechnik der BTUCottbus.

Fridjof Newiak ist Projektleiter Entwicklungbei der GP Innovation GmbHin Lübbenau.

Prof. Dr.-Ing. Karl Roll ist Teamleiter Umformtech-nik bei der DaimlerChryslerAG in Sindelfingen.

Dr.-Ing. Oliver Straube ist Leiter der Entwicklungbei der ThyssenKrupp Um-formtechnik GmbH in Lud-wigsfelde.

Prof. Dr.-Ing. Bernd Viehweger ist Leiter des LehrstuhlsKonstruktion und Fertigungder BTU Cottbus.

Bild 1: Einsatzpotenzial der Mg-Knetlegierung AZ31Figure 1: Potentials of Mg wrought alloy AZ31

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einfache Umsetzung der Mischbauweise –Beplankungs- und Verstärkungsteil beste-hen aus unterschiedlichen metallischen Ma-terialien – realisierbar. Die Montage einessolchen Bauteils an einem Serienfahrzeugist ebenfalls problemlos durchführbar. Umden umformtechnischen Anforderungendes Bauteils gerecht zu werden, wird das„Klappdach-Innenteil“ aus einer Kombinati-on aus Streck- und Tiefziehen hergestellt.Die nötige Beeinflussbarkeit des Tiefzieh-prozesses im Hinblick auf den Materialein-zug wird durch die Verwendung eines Ver-suchswerkzeugs realisiert, welches mit ei-nem segment-elastischen Niederhalter aus-gestattet ist [7]. So können durch den Ein-satz einer Vielpunkt-Zieheinrichtung in ei-ner hydraulischen Pressmaschine die fürdas optimierte „Einfließen“ der Mg-Platineerforderlichen lokal unterschiedlichen Flä-chenpressungen erzeugt werden, Bild 5.

Ergebnisse umfangreicher FEM-Simulati-onsrechnungen, die Umformung des Bau-teils, die mechanische und thermische Aus-legung des Umformwerkzeugs sowie der Pla-tinenerwärmung betreffend, sind für die

Bild 2: Projektüber-sicht „MIA – Magne-sium im Automobil-bau“Figure 2: Project-overview: „MIA –Magnesium im Auto-mobilbau“

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Bild 3: Verringerung desSF6-Einsatzes beimSchmelzen und Strang-gießen von Mg-Legierun-gen nach dem Einsatz derneuen Technologie desProjekts “MIA”Figure 3: Decrease of SF6-consumption during mel-ting and continously cas-ting of Mg-wrought alloysafter implementing thenew technology “MIA”

Bild 4: MechanischeEigenschaften von Mg-Blechen im VergleichFigure 4: Mechanicalproperties of Mg sheetmetal

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FORSCHUNG Werkstoffe

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Auslegung des Umformwerkzeugs herange-zogen worden. Die Umformversuche unterVerwendung von handelsüblichem AZ31-Blechmaterial der Salzgitter MagnesiumTechnologie GmbH haben gezeigt, dass dieHerstellung des Bauteils in einem auf 225 °Ctemperierten konventionellen Tiefziehwerk-zeug grundsätzlich möglich ist, Bild 6.

Ein nachfolgendes Beschneiden der Zieh-teile ließ sich unter Verwendung der Serien-werkzeuge für Aluminium-Bauteile realisie-ren, wenngleich auf eine Neigung zur Flit-terbildung zu verweisen ist. Kleine Anrisse

in den Durchstelloperationen lassen sichauf die Werkzeugausführung für den Werk-stoff Aluminium zurückführen und sinddurch entsprechende Anpassungen ver-meidbar.

In Ergänzung dazu wurden die Umform-barkeit von Mg-Blech der Legierung AZ31mittels hydromechanischer Tiefziehversu-che untersucht sowie die Einsatzbereicheverschiedener Schmierstoffe erprobt. DieHerstellung eines hydromechanisch umge-formten Klappdach-Beplankungsteils ist vor-gesehen.

3.1 Streckbiegen von AZ31-HohlprofilenDem Einsatz von Hohlprofilen aus Mg-Knet-legierungen wird ein weites Einsatzfeld zu-gesprochen. Aus diesem Grund erscheinenUntersuchungen zur Eignung von Mg-Hohl-profilen verschiedener Geometrien sowohlfür die Biegeumformung bei Raumtempera-tur als auch bei erhöhten Temperaturen be-sonders interessant. Erste Vorbetrachtungenanhand von FEM-Simulationsrechnungenhaben gezeigt, dass das Umformvermögenvon Hohlprofilen der Legierung AZ31 dieFertigung einer Vielzahl von in Anwendung

Bild 6: Umformwerkzeug(links) und prototypisch um-geformtes und beschnitte-nes Klappdach-Innenteil(rechts)Figure 6: Deep-drawing tool(left) and prototypically for-med and cutted interior roofsegment of a sports carconvertible (right)

Bild 5: FEM-Simulation zur Werkzeugaus-legung (Aluminium (links) / Magnesium(rechts)) sowie Verschiebungen,Spannungen und Flächenpressungen als Folge der Verschiebung einer Eckedes segment-elastischen Blechhalters um 0,1 mmFigure 5: FE-simulation of forming processdesign (aluminium (left) / magnesium(right)) and displacements, tensions andsurface pressures as a results of theactive displacement of an edge of thesegment-elastic blank holder (0.1 mm)

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Bild 7: FEM-Simulation des Vorstreckenseines AZ31-Rechteckrohres mit überlager-tem Innendruck (10 bar), versuchsweiseFEM-Simulation des Streckbiegevorgangsmit InnendruckFigure 7: FE-simulation of pre-stretching ofa rectangular tube made of AZ31 with anapplied internal pressure of 10 bars (left),FE-simulation of stretch-bending processwith applied internal pressure(right)

Bild 8: Versuchsaufbauzum beheizten Streck-biegen (links) sowiestreckgebogenerAZ31-Dachrahmen(rechts)Figure 8: Experimentalset-up for stretch-ben-ding (left) and stretch-bended AZ31 roof rein-forcement section(right)

Bild 9: GeschmiedetePrototypen-Bauteileaus der Mg-LegierungAZ80: Querlenker(links), Motorradfelge –spanend bearbeitet(rechts)Figure 9: PrototypicalAZ80 forgings: traversecontrol arm (left), mo-tor bike rim – machi-ned (right)

befindlichen Biegegeometrien grundsätz-lich zulässt.

Stand der Technik ist das Biegen vonHohlprofilen unter Anwendung von inne-ren „Stützdrücken“ durch deren Aufbrin-gung eine übermäßige Querschnittsdefor-mation als Folge des Biegevorgangs unter-bunden werden kann. Zur Ermittlung derHöhe optimaler Innendrücke im Hohlprofilsowie erforderlicher Kräfte für die Umfor-mung mittels des tangentialen Streckbie-gens bei Raumtemperatur sind die Simulati-onsrechnungen unter Annahme eines AZ31-

Rechteckrohres mit quadratischem Quer-schnitt 40 mm x 40 mm und einer Wand-stärke von 2 mm durchgeführt worden,Bild 7.

Die praktische Überprüfung der ermittel-ten Werte für das Biegeverhalten von Mg-Hohlprofilen einfacher und komplexerQuerschnittsgeometrien wird derzeit anbenannter Geometrie des Rechteckrohres aneiner an der BTU befindlichen 3D-CNC-Streckbiegemaschine durchgeführt. DieStreckbiegemaschine, mit einer maximalenStreckkraft von 60 kN, ist für die Versuche

um eine Innendruckeinrichtung erweitertworden. Zur vollständigen Ausschöpfungdes Potenzials für die Streckbiegeumfor-mung von Mg-Hohlprofilen können diese di-rekt im Werkzeugaufbau der Streckbiege-maschine auf eine maximale Temperaturvon 300 °C erwärmt werden. Um versuchs-weise die Komplexität des Streckbiege-Bau-teils zu erhöhen, ist eine Dachrahmen-Geo-metrie ausgewählt worden. Der Dachrah-men konnte aus einem entsprechenden 3-Kammer-Hohlprofil hergestellt werden,Bild 8.

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3.2 Schmieden der Mg-KnetlegierungenAZ31 und AZ80Neben dem Walzen der Mg-Knetlegierungdes Typs AZ31 zur Herstellung von Blechenist im verstärkten Einsatz von Schmiedetei-len Potenzial zu sehen [8]. Anhand von Zylin-derstauchversuchen zur Fließkurvenauf-nahme und der nachfolgenden Charakteri-sierung der umformbedingten Gefügeaus-prägung ist ein Prozessfenster für die Her-stellung von Mg-Bauteilen der LegierungenAZ31 und AZ80 erarbeitet worden. DieDurchführung von Schmiedeversuchen un-ter Verwendung der Mg-Legierung AZ80 istanhand zweier Bauteile, einem Querlenkerund einer Motorradfelge, erfolgt. Für die Mo-torradfelge ist sowohl das Schmieden derFelgenschüssel als auch das nachfolgendeAbstreckwalzen des Felgenbetts auf Grund-lage des stranggegossenen Mg-Ausgangsma-terials realisiert worden, Bild 9.

Die Möglichkeit der Verbesserung derDauerfestigkeitseigenschaften von Schmie-debauteilen ist durch Verfahren der mecha-nischen Oberflächenbehandlung, wie bei-spielsweise Kugelstrahlen und Festwalzen,gegeben. So kann eine bedeutende Steige-rung der Lebensdauer durch das Kugelstrah-len geschmiedeter Mg-Proben der LegierungAZ80 erreicht werden, Bild 10. Unter Verwen-dung verschiedener Strahlmittel ist die Ab-hängigkeit der Ermüdungslebensdauer vonder Almenintensität an zunächst strangge-presstem und nachträglich geschmiedetemAZ80-Werkstoff ermittelt worden.

4 Fügetechnik

Die Einsatzmöglichkeiten von Mg-Knetle-gierungen im Automobilbau wird durchdie Forderung nach geeigneten Fügever-fahren von Einzelkomponenten hin zukompletten Baugruppen bestimmt. Insbe-sondere im Rahmen der Mischbauweise

Bild 10: Steigerung der Ermüdungslebensdauer geschmiedeter Proben der Mg- Legierung AZ80 durch KugelstrahlenFigure 10: Enhancement of cycles-to-failure values of forged AZ80 specimens by means of shot peening

Bild 11: Querschliff I-Naht ohne Zusatzwerkstoff mittels Wärmeleitungsschweißen mit Dioden-lasern von beiden Blechseiten in sequentieller Reihenfolge gefertigt (links) – mechanischeKennwerte (rechts)Figure 11: Cross-section of an I-seam, welded without filler-material applying heat conductionwelding with diode-lasers, sequential order from both sides of the blank (left) – mechanicalproperties of the welding seam (right)

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wird dem Einsatz von Mg-Knetlegierun-gen Potenzial für einen Einsatz im Bereichvon Verstärkungsbauteilen von Kfz-Karos-serien zugesprochen. Daher befinden sichneben materialgleichen Fügepartnern,wie Mg-Profile und Mg-Bleche, Kombina-tionen mit Blechen und Profilen aus Al-Knetlegierungen in der Erprobung. Nebendem Falzen von Blechen sind somit so-wohl das thermische Fügen, hier schwer-punktmäßig das Laserstrahlschweißenund -löten, als auch mechanische Fügever-fahren, wie beispielsweise Clinchen,Stanznieten und FDS-Schrauben, Gegen-stand der Untersuchungen. Durch dasWärmeleitungsschweißen mit Diodenla-sern von beiden Blechseiten in sequentiel-ler Reihenfolge konnten sehr glatte Nahto-berflächen ohne Nahteinfall und mit sehrgeringer Porosität erzeugt werden. Die ge-schweißten Proben weisen im Vergleichzum Grundwerkstoff eine um etwa 7 % re-duzierte Festigkeit auf. Die Duktilität derSchweißnaht reduziert sich jedoch we-sentlich, Bild 11.

5 Zusammenfassung

Anhand der im Verbundvorhaben „MIA –Magnesium im Automobilbau“ durchge-führten Untersuchungen konnte das breiteSpektrum an Einsatzmöglichkeiten für Bau-teile aus den Mg-Knetlegierungen AZ31 undAZ80 aufgezeigt werden. Mittels eines neu-en Stranggussverfahrens kann stranggegos-senes Ausgangsmaterial in Rund- und Bar-renformaten in hoher Qualität bereitgestelltwerden. Dessen Weiterverarbeitung zudünnwandigen Hohlprofilen mit komple-xen Geometrien ist möglich und stellt be-reits den Stand der Technik dar. DurchWarmwalzen kann ein tiefziehfähigesBlechhalbzeug hergestellt werden, was inseiner Umformbarkeit den Ansprüchen ei-ner Vielzahl von Bauteilgeometrien im auto-mobilen Karosseriebau genügt. Auch bei derWerkzeuggestaltung für den Tiefziehpro-zess ist dem Umstand Rechnung zu tragen,dass Mg-Legierungen eine erhöhte Umform-barkeit ab Temperaturen von 225 °C aufwei-sen. Das kann durch die Herstellung beheiz-ter Tiefziehwerkzeuge sowie die Ermittlungund Ausnutzung von Umformreservendurch den Einsatz intelligenter Werkzeug-konzepte, wie den segment-elastischen Nie-derhalter, erreicht werden. Anhand der Fer-tigung des Referenz-Bauteils „Klappdach-In-nenteil“ konnte die Umformung von AZ31-Blech prototypisch realisiert werden. Erfor-derliche Schnittoperationen lassen sich anumgeformten AZ31-Bauteilen realisieren,wobei eine deutliche Neigung zur Flitterbil-

dung zu verzeichnen ist. Für die Fertigungvon Hohlprofilen bietet sich das tangentialeStreckbiegen unter Verwendung eines„Stützdrucks“ an. In Abhängigkeit der Kom-plexität des Bauteils und der Größe erforder-licher Biegeradien kann dieses Verfahrentemperiert oder bei Raumtemperatur durch-geführt werden. Durch das isothermeSchmieden sind beanspruchungsgerechteBauteile höherer Festigkeiten bereitstellbar,deren dynamischen Festigkeiten durch diezusätzliche Anwendung geeigneter Oberflä-chenbehandlungen, wie dem Kugelstrahlenoder dem Festwalzen, erheblich verbessertwerden kann.

Die Projektpartner bedanken sich hier-mit beim Bundesministerium für Bildungund Forschung (BMBF-PTJ) für die finanziel-le Unterstützung der Arbeiten im Rahmendes Verbundforschungsvorhabens „MIA –Magnesium im Automobilbau“ (Projekt-Nr.:03N3106K).

Literaturhinweise[1] Kainer, F.; von Buch, F.: Moderne Entwicklungen von

Legierungen für den Leichtbau, Materialwissen-schaft und Werkstofftechnik, 30 (1999), S. 159-167

[2] Diem, W.: Magnesium in Different Applications, AutoTechnology, 1 (2001), S. 40-41

[3] Wagener, H.-W.; Hosse-Hartmann, J.: Zum Tiefzie-hen von Mg-Blech, UTF science, 1 (2001), S. 28-34

[4] Doege, E.; Haller, B.; Janssen, St.: Aufnahme vonFließkurven von Magnesiumwerkstoffen, UTF sci-ence, 2 (2002), S. 13-17

[5] Viehweger, B. et al: Hydromechanisches Tiefziehenund Hochdruckblechumformung als Verfahren zurHerstellung komplexer Bauteile aus Magnesiumfein-blechen des Typs AZ31B-0, Materialwissenschaftund Werkstofftechnik, 35 (2004), S. 440-446

[6] Juchmann, P.; Wolff, S.: Mit Magnesium geht´sleichter, MM Maschinenmarkt, 109 (2003), S. 64-70

[7] Hengelhaupt, J.; Häusermann, M.: Neues Werkzeug-konzept für das Tiefziehen. In: Neuere Entwicklungenin der Blechumformung, Fellbach 2002. MAT INFOWerkstoff-Informationsgesellschaft mbH, Frankfurt,2002

[8] Fischer, G.; Becker, J.; Stich, A.: Gesenkschmiedenhochfester Magnesium-Knetlegierungen für Bauteileder Automobil- und Luftfahrtindustrie, Materialkundeund Werkstofftechnik, 31 (2000), S. 993-999

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