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MasterarbeitMasterarbeitMasterarbeitMasterarbeit in Rechtswissenschaften in Rechtswissenschaften in Rechtswissenschaften in Rechtswissenschaften
Trusts im liechtensteinischen RechtTrusts im liechtensteinischen RechtTrusts im liechtensteinischen RechtTrusts im liechtensteinischen Recht
VerfasserVerfasserVerfasserVerfasser ReferentReferentReferentReferent
Samuel Plachel Prof. Dr. iur. Ivo Schwander
Haini-Rennhas-Strasse 27 Bodanstrasse 4
9403 Goldach 9010 St. Gallen
St. Gallen, 15. Mai 2009
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
I
InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis III
Landeskürzel-Verzeichnis IV
Rechtsquellenverzeichnis V
Literaturverzeichnis VI
Internetquellen-Verzeichnis IX
Materialien-Verzeichnis X
1 Einführung 1
1.1 Allgemeines zu Trusts 1
1.2 Einsatzgebiete für Trusts und praktische Bedeutung 2
1.3 Trusts im liechtensteinischen Recht 4
2 Entwicklungsgeschichte des Trust im Common Law 5
2.1 Entstehung 5
2.2 Durchsetzbarkeit: Common Law und Equity 7
2.3 Statute of Uses 7
2.4 Rezeption in Liechtenstein 8
3 Trusts nach liechtensteinischem Recht: Systematische Einordnung und Beziehung zu
anderen Institutionen 9
3.1 Systematische Einordnung in das liechtensteinische Recht 9
3.2 Die fiduziarische Treuhand 10
3.3 Die Stiftung 12
3.4 Die Anstalt 12
4 Der Trust nach liechtensteinischem Recht (Treuhänderschaft) 14
4.1 Anwendbares Recht 14
4.2 Allgemeines und Begriffe 14
4.3 Errichtung 16
4.3.1 Allgemeines und Formfragen 16
4.3.2 Dogmatische Einordnung 17
4.4 Das Treuhandgut 19
4.4.1 Allgemeines 19
4.4.2 Sachenrechtliche Einordnung 21
4.4.2.1 Allgemeines 21
4.4.2.2 Germanisch-rechtliche Einflüsse 21
4.4.2.3 Der Ansatz Böschs 23
4.4.2.4 Eigener Ansatz 23
4.5 Die Beteiligten im Allgemeinen 27
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
II
4.6 Der Treugeber 28
4.7 Der Treuhänder 30
4.7.1 Bestellung 30
4.7.2 Rechte und Pflichten 31
4.7.3 Haftung für Schulden des Treuguts 32
4.7.4 Verantwortlichkeit 33
4.7.5 Tod, Handlungsunfähigkeit, Konkurs 34
4.8 Der Begünstigte 35
4.9 Die sonstigen Beteiligten 38
4.10 Änderung und Beendigung 39
4.11 Exkurs: Besteuerung 41
5 Der Business Trust nach liechtensteinischem Recht (Geschäftstreuhand) 42
5.1 Allgemeines 42
5.2 Das Treuunternehmen ohne Rechtspersönlichkeit 43
5.3 Das Treuunternehmen mit Rechtspersönlichkeit 47
5.4 Praktische Bedeutung 48
6 Trusts nach ausländischem Recht in Liechtenstein 49
6.1 Allgemeines und die Regelung nach PGR 49
6.2 Das Haager Trust-Übereinkommen (HTÜ) 49
6.2.1 Anwendbarkeit des HTÜ auf die liechtensteinischen Trusts 49
6.2.2 Zusammenhang mit PGR und IPRG 52
7 Versuch einer Charakterisierung und dogmatischen Einordnung der Trusts nach
liechtensteinischem Recht 53
7.1 Die Treuhänderschaft 53
7.1.1 Charakterisierung aus der Systematik 53
7.1.2 Charakterisierung als rezipierter Common Law-Trust 55
7.1.3 Eigene Charakterisierung 55
7.2 Die Geschäftstreuhand 57
8 Fazit und Ausblick 59
Eigenständigkeitserklärung 61
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
III
AbkürzungsverzeichnisAbkürzungsverzeichnisAbkürzungsverzeichnisAbkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
Art. Artikel
Aufl. Auflage
BBl. Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft
BGE Entscheid des Schweizerischen Bundesgerichts
bzw. beziehungsweise
bzgl. bezüglich
ders. derselbe (Autor)
Diss. Dissertation
Ed. edition (englisch), siehe Aufl.
erw. erweitert (Auflage)
et al. et altera (lateinisch: und andere)
etc. et cetera (lateinisch: und so weiter)
f folgende (Seite)
ff fortfolgende (Seiten)
OGH Oberster Gerichtshof des Fürstentums Liechtenstein
GBOERA Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt des Fürstentums Liechtenstein
h.L. herrschende Lehre
hrsg. herausgegeben (von)
Hrsg. Herausgeber
i.d.R. in der Regel
m.E. meines Erachtens
LES Sammlung der Entscheidungen der liechtensteinischen Gerichte
LGBl. Landesgesetzblatt des Fürstentums Liechtenstein
LILEX Rechtsdatenbank des Rechtsdienstes der Regierung des Fürstentums Liechtenstein
LJZ Liechtensteinische Juristenzeitung
lit. litera (lat. Buchstabe)
LR Systematische Sammlung des liechtensteinischen Landesrechts
m.a.W. mit anderen Worten
Ref. Referent
Rn. Randnummer
Rz. Randziffer
s.E. seines Erachtens
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
IV
sog. sogenannt
S. Seite
SR Systematische Sammlung des schweizerischen Bundesrechts
u. und
u.a. unter anderem
u.ä. und ähnliches
überarb. überarbeitet (Auflage)
vgl. vergleiche
Ziff. Ziffer
zit. zitiert
ZSR Zeitschrift für Schweizerisches Recht
LandeskürzelLandeskürzelLandeskürzelLandeskürzel----VerzeichnisVerzeichnisVerzeichnisVerzeichnis
A Republik Österreich
CH Schweizerische Eidgenossenschaft
D Bundesrepublik Deutschland
FL Fürstentum Liechtenstein
NL Königreich der Niederlande
MN Minnesota, 32. Bundesstaat der USA
UK Vereinigtes Königreich Grossbritannien und Nordirland
USA Vereinigte Staaten von Amerika
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
V
RechtsquellenverzeichnisRechtsquellenverzeichnisRechtsquellenverzeichnisRechtsquellenverzeichnis
Hinweise:
– In diesem Verzeichnis und im ganzen Text wurden alle Erlasse ausser jene des Fürstentums Liechtenstein mit einem Landeskürzel in der Form „-X“ (vgl. Abkürzungsverzeichnis) versehen
– Alle liechtensteinischen Erlasse sind im Internet unter www.gesetze.li verfügbar, weshalb darauf verzichtet wurde, die Volltexte in dieser Arbeit abzudrucken
ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch vom 1. Juni 1811; LR 210.0
BankG Gesetz vom 21. Oktober 1992 über die Banken und Wertpapierfirmen (Bankengesetz); LR 952.0
GBV Verordnung vom 4. November 2008 über das Grundbuch (Grundbuchverordnung); LR 214.01
HTÜ Übereinkommen vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung (Haager Trust-Übereinkommen); LR 0.216.41 / in der Schweiz: SR 0.221.371
IPRG Gesetz vom 19. September 1996 über das Internationale Privatrecht; LR 290
IPRG-CH Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht; SR 291
ÖRegV Verordnung vom 11. Februar 2003 über das Öffentlichkeitsregister (Öffentlichkeitsregisterverordnung); LR 216.012
OR-CH Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht); SR 220
PGR Personen- und Gesellschaftsrecht vom 20. Januar 1926; LR 216.0
RSO Rechtssicherungs-Ordnung vom 9. Februar 1923; LR 283.0
SR Sachenrecht vom 31. Dezember 1922; LR 214.0
SteuerG Steuergesetz vom 30. Januar 1961 über die Landes- und Gemeindesteuern; LR 640.0
TrHG Gesetz vom 9. Dezember 1992 über die Treuhänder (Treuhändergesetz); LR 173.520
TrUG Gesetz vom 10. April 1928 über das Treuunternehmen; entspricht Art. 932a PGR
ZGB-CH Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907; SR 210
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
VI
LiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnis
Hinweise:
– In diesem Verzeichnis wurden sämtliche Publikationsorte ausserhalb des Fürstentums Liechtenstein mit einem Länderkürzel (vgl. Länderkürzel-Verzeichnis) versehen
– Die verwendeten Werke wurden teils aus der Liechtensteinischen Landesbibliothek in Vaduz (LLB), teils aus der Bibliothek der Universität St. Gallen entliehen
AMONN TONI, Steuerrechtliche Aspekte des Trusts, in: Der Trust – Einführung und Rechtslage in der Schweiz nach dem Inkrafttreten des Haager Trust-Übereinkommens, Weiterbildungstagung des Verbandes bernischer Notare und des Instituts für Notariatsrecht und Notarielle Praxis an der Universität Bern vom 26./27. März 2008, INR 5, Bern CH 2008.
BAUER CARSTEN, Trust und Anstalt als Rechtsformen liechtensteinischen Rechts, in: Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsverfassung, Schriftenreihe des Siegener Instituts für Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsgesetzgebung, Band 15, hrsg. von Robert Weimar, Frankfurt am Main D 1995.
BIEDERMANN KLAUS, Die Treuhänderschaft des liechtensteinischen Rechts, dargestellt an ihrem Vorbild, dem Trust des Common Law, in: Abhandlungen zum schweizerischen Recht, hrsg. von Heinz Hausheer, Bern CH 1981 (zit. Treuhänderschaft).
DERS., Der Trust des Common Law und dessen Rezeption in Liechtenstein durch Art. 897ff des Personen- und Gesellschaftsrechtes (PGR), in: LJZ, 1. und 2. Jahrgang 1980/81 (zit. Trust-Rezeption).
BOGERT GEORGE T., Trusts, 6th Ed., St. Paul MN/USA 1987.
BÖSCH HARALD, Die liechtensteinische Treuhänderschaft zwischen trust und Treuhand, Eine rechtsdogmatische und –vergleichende Untersuchung aufgrund der Weisungsbestimmung des Art. 918 liecht. PGR, in: Schriften zum liechtensteinischen Recht, Mauren 1995 (zit. Treuhänderschaft).
DERS., Schweizerische Spuren im liechtensteinischen Treuhandrecht, in: ZSR 2000 (zit. Treuhan-drecht).
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COING HELMUT, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, in: Schriften des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht an der Universität Köln, Band 31, hrsg. von Herbert Wiedemann, München D 1973.
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Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
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GERSTLE LEO, Das reine Treuhandgeschäft im schweizerischen Privatrecht (Mit Ausschluss des Wertpapierrechts), in: Abhandlungen zum schweizerischen Recht, 78. Heft, hrsg. von Max Gmür, Diss. Bern, Bern CH 1917.
GUTZWILLER PETER MAX, Das schweizerische internationale Trustrecht im Lichte der Haager Trust-Konvention – eine Einführung, in: Der Trust – Einführung und Rechtslage in der Schweiz nach dem Inkrafttreten des Haager Trust-Übereinkommens, Weiterbildungstagung des Verbandes bernischer Notare und des Instituts für Notariatsrecht und Notarielle Praxis an der Universität Bern vom 26./27. März 2008, INR 5, hrsg. von Stephan Wolf, Bern CH 2008 (zit. HTÜ-Referat)
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KOLLER ALFRED, Sachenrecht, Entwicklungen 2007, unter Mitarbeit von Benedikt Fässler, in: njus.ch, hrsg. von Hans-Ueli Vogt, Bern CH 2008.
KORRODI MICHAEL, Die Verantwortlichkeit des Trustees in der Verwaltung von Trusts und Gesellschaften, Praktische Fragen und Problemkreise, in: Publikation der Swiss Banking School, Nr. 163, Bern CH 1997.
MARXER & PARTNER RECHTSANWÄLTE, Gesellschaften und Steuern in Liechtenstein, Mit einer Darstellung wichtiger Bereiche des liechtensteinischen Rechts, 11. Aufl., Vaduz 2003.
MEIER GUIDO, Die Treuhänderschaft (Trust) im liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, hrsg. von Mercotrust Aktiengesellschaft, 5. Aufl., Vaduz 2003.
DERS., The Trust in the Liechtenstein Law on Persons and Companies, hrsg. von Mercotrust Limited, 4th ed., Vaduz 2003.
MOOSMANN KURT JÖRG, Der angelsächsische Trust und die liechtensteinische Treuhänderschaft unter besonderer Berücksichtigung des wirtschaftlich Begünstigten, Eine rechtsvergleichende Studie mit Erkenntnissen für das Schweizer Treuhandrecht, in: Schweizer Schriften zum Bankrecht, Band 56, hrsg. von Zobl/Giovanoli/Hertig, Zürich CH 1999.
SCHNEIDER MICHAEL, Anstalt und Treuunternehmen des liechtensteinischen Rechts als Unternehmensformen für Sitz- und Holdinggesellschaften, Diss. Göttingen D 1970.
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
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SCHNITZER ADOLF, Die Treuhand (der Trust) und das internationale Privatrecht, in: Gedächtnisschrift Ludwig Marxer, hrsg. von Adulf Peter Goop, Zürich 1963.
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SEILER MATTHIAS, Trust und Treuhand im schweizerischen Recht, unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsstellung des Trustees, Diss. Zürich CH 2005.
SOLARSKY VIRÀG ASTRID, Der englische Trust im internationalen Erbrecht der Schweiz, Eine Diskussion unter dem Standpunkt des Kollisionsrechts, Diss. Zürich CH 1999.
STRUB WOLFGANG, Der Geheimnisschutz im liechtensteinischen Treuhandwesen, Diss. St. Gallen CH 1987.
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THURNHER VICTOR, Grundfragen des Treuhandwesens, in: Juristische Schriftenreihe, Band 71, Wien A 1994.
WAGNER JÜRGEN, Gesellschaftsrecht in der Schweiz und in Liechtenstein, Eine Einführung mit vergleichenden Tabellen, 3. Aufl., Heidelberg/München/Landsberg/Berlin D 2007.
WANGER MARKUS H., Abhandlungen und Kommentare zum liechtensteinischen und internationalen Recht, Band 1: Liechtensteinisches Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, 3. überarb. u. erw. Aufl., Vaduz 1998.
WATTER ROLF, Die Treuhand im Schweizer Recht, in: ZSR 1995.
WEISER F., Trusts on the continent of Europe, A study in comparative law with an annex con-taining suggestions for the drafting of general bonds of international government loans, Lon-don UK 1937.
WENAWESER STEFAN, Ausgewählte Fragen zum liechtensteinischen Treuhänderschaftsrecht, in: LJZ, 26. Jahrgang 2005.
WIRTH PETER, Einsatzmöglichkeiten des angelsächsischen Trust als Instrument des Vermögensschutzes, in: Publikation der Swiss Banking School Zürich, Nr. 180, Bern CH 1997.
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WOLTER GERHARD, Treuhandrecht im Umbruch?, Ein Blick nach Frankreich, Luxemburg, in die Schweiz und in den Libanon sowie auf das Haager Trust-Übereinkommen, in: Saarbrücker Studien zum Privat- und Wirtschaftsrecht, Band 6, Diss. Saarbrücken, hrsg. von Bauer/Martinek/Rüssmann, Frankfurt am Main D 1998.
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
IX
ZOBL DIETER, Die Aussonderung von liechtensteinischem Treuhandgut in der schweizerischen Zwangsvollstreckung, in: Schweizer Schriften zum Bankenrecht, Band 21, hrsg. von Zobl/Giovanoli/Hertig, Zürich CH 1994.
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Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
X
TSCHÜTSCHER KLAUS, Seminar „Die liechtensteinische Treuhänderschaft im Fokus aktueller Entwicklungen“ vom Mittwoch, 27. Juni 2007, an der Hochschule Liechtenstein, gefunden unter http://www.llv.li/pdf-llv-rfl-ressort-justiz_reform_treuhaenderschaft-2.pdf.
MaterialienMaterialienMaterialienMaterialien----VerzeichnisVerzeichnisVerzeichnisVerzeichnis
Fürstliches Handschreiben von Fürst Johann an Landtagspräsident Dr. Wilhelm Beck vom 25. Februar 1925 betreffend Entwurf des Personen- und Gesellschaftsrechts, erschienen in: Liechtensteiner Volksblatt vom Mittwoch, 4. März 1925, 59. Jahrgang, No. 18, abgedruckt in: Jus & News, 1/2008, Vaduz 2008.
Fürstliches Handschreiben von Fürst Johann an Legislationsrat Dr. Emil Beck vom 25. Februar 1925 betreffend Entwurf des Personen- und Gesellschaftsrechts, erschienen in: Liechtensteiner Volksblatt vom Mittwoch, 4. März 1925, 59. Jahrgang, No. 18, abgedruckt in: Jus & News, 1/2008, Vaduz 2008.
Kommissionsbericht zum Treuunternehmen (Referat Dr. Wilhelm Beck), abgedruckt in: Jus & News, 1/2008, Vaduz 2008 (zit. Kommissionsbericht).
Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend das Übereinkommen über das auf die Anerkennung von Trusts anzuwendende Recht [recte: über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung] (Haager Trust-Übereinkommen; „HTÜ“) vom 1. Juli 1985, gefunden unter http://www.llv.li/pdf-llv-rk-vernehml_2004_hta_.pdf.
Vernehmlassungsbericht der Regierung zur Änderung des Stiftungsrechts (Art. 552 - 570 des Personen- und Gesellschaftsrechts, PGR), gefunden unter http://www.llv.li/pdf-llv-rk-vernehml_2004_stiftungsrecht.pdf.
Projekt «Futuro», Vision für den Finanzplatz Liechtenstein, unter Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Bedürfnisse, Schlussbericht der Regierung, Februar 2008, http://www.llv.li/pdf-llv-rfl-abschlussbericht-projekt_futuro.pdf (zit. „Futuro“-Schlussbericht).
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
1
1111 EinführungEinführungEinführungEinführung
1.11.11.11.1 Allgemeines zu TrustsAllgemeines zu TrustsAllgemeines zu TrustsAllgemeines zu Trusts
„Like an elephant, a trust is difficult to describe but easy to recognise“, schrieb vor einigen
Jahren HAYTON1, um die Vielfältigkeit der Erscheinungsformen2 und die damit verbundenen
Schwierigkeiten einer Definition des angelsächsischen Trusts zum Ausdruck zu bringen. In der
Tat wurden zahllose Versuche unternommen, eine griffige Definition für dieses eigentümliche
Institut zu finden, die jedoch alle blosse Näherungen bleiben mussten. Von einer gewissen Res-
ignation zeugt in dieser Hinsicht die Kurzformel von Richter Lindley, wonach „a trust […] really
nothing except a confidence reposed by one person in another, and enforceable in court of
equity“3 sei. Dass die Bemühungen bis heute von wenig Erfolg gekrönt waren, dürfte allerdings
teilweise auch daran liegen, dass die Common Law-Rechtstradition eine kasuistische ist und
daher die Juristen aus diesem Rechtskreis eine regelrechte Abneigung gegen Definitionen
haben4, was der diesbezüglichen Diskussion in der Literatur nicht unbedingt förderlich sein
dürfte.
Eine zumindest übersichtsweise Charakterisierung des angelsächsischen Trusts – ohne dass
auf Besonderheiten der einzelnen Jurisdiktionen oder konkrete Ausgestaltungen eingegangen
werden kann – im Sinne einer Umschreibung (statt einer Definition)5 ist jedoch zunächst auch
für die vorliegende Arbeit, welche sich mit Trusts im liechtensteinischen Recht beschäftigt,
unumgänglich. Diese soll bewusst aus Perspektive des Civil Law-Rechtskreises, welchem auch
Liechtenstein angehört, versucht werden, um die Besonderheiten des angelsächsischen
Rechtssystems, welche dem Trust seine speziellen Eigenheiten verleiht, herauszuarbeiten:
Der trust kann demnach umschrieben werden als ein Rechtsverhältnis ohne
Rechtspersönlichkeit zwischen drei Parteien, welches durch Rechtsgeschäft unter Lebenden
oder von Todes wegen oder durch gerichtliche Anordnung (trust instrument and terms)
entsteht6. Der settlor7 überträgt dem trustee formell Eigentum an den trust assets, während der
1 zit. in HAYTON/KORTMANN/VERHAGEN, S. XIII 2 AMONN, S. 79, spricht etwa von „hunderte[n] von Arten und Unterarten“ 3 EICHNER, S. 19f; das Kriterium der enforceability in court of equity zeigt die spezifische Prägung der Trust-
Institution durch das englische Rechtssystem; die reposition of confidence by one person in another ist hingegen
z.B. genauso für die schweizerische (fiduziarische) Treuhand, welche kein Trust ist, charakteristisch 4 vgl. BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 20 5 GUTZWILLER, HTÜ-Referat, S. 6, weist ebenfalls darauf hin, dass eine Umschreibung sinnvoller sei als eine
Definition 6 BOGERT, S. 3; die rechtsgeschäftliche Errichtung ist mündlich oder schriftlich zulässig, DERS., S. 4
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
2
beneficiary eine Begünstigung (beneficial interest) erwirbt8. Das Trust-Vermögen, welches ein
vom Vermögen des trustee getrenntes Sondervermögen (trust fund) darstellt9, hat der trustee
im Interesse des beneficiary gemäss den trust terms zu halten, zu verwenden oder zu
verwalten10. Die Begünstigung des beneficiary wirkt primär als persönlicher Anspruch gegenüber
dem trustee, ist jedoch unter Umständen gegenüber jedermann durchsetzbar, obwohl sie kein
dingliches Recht im Sinn des Sachenrechts der römisch-rechtlichen Tradition darstellt11.
Zwischen dem trustee und dem settlor besteht eine fiduciary relation12, der settlor hat hingegen
nach Errichtung des trust keinerlei Weisungsrechte gegenüber dem trustee mehr.
Charakteristisch ist ausserdem, dass eine staatliche, insbesondere gerichtliche, Aufsicht über den
trust besteht13.
1.21.21.21.2 EinsatzgebiEinsatzgebiEinsatzgebiEinsatzgebiete für Trusts und praktische Bedeutungete für Trusts und praktische Bedeutungete für Trusts und praktische Bedeutungete für Trusts und praktische Bedeutung
Die jüngste internationale Debatte über die Bankgeheimnisse Liechtensteins und der Schweiz
sowie anderer kontinentaleuropäischer, aber auch Übersee-Staaten, hat ebenfalls zu einer
politisch motivierten Diskussion über Trusts geführt. In der Schweiz ist der Institution in letzter
Zeit teilweise Kritik erwachsen, da sie insbesondere in von der englischen Krone abhängigen
„Offshore“-Finanzzentren (z.B. die Kanalinseln Jersey und Guernsey sowie die British Virgin
Islands) zur Hinterziehung von Steuern missbraucht werde14, während die englische Regierung
ihrerseits das Schweizer Bankkundengeheimnis kritisiere; andererseits glauben gewisse politische
Kräfte in ihr jedoch eine mögliche Chance zu erkennen, den befürchteten negativen
volkswirtschaftlichen Effekten aus einer Aufweichung des Bankkundengeheimnisses durch die
geplante Neuregelung der Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung entgegenzuwirken und schlagen
daher eine Rezeption des Trusts ins schweizerische Recht vor15.
7 auf die Verwendung von Übersetzungen für die Begriffe Settlor („Treugeber“), Trustee („Treuhänder“) und
Beneficiary („Begünstigter“) wird verzichtet, um Verwechslungen mit liechtensteinischen und anderen
kontinentaleuropäischen Institutionen zu vermeiden 8 WOLF/JORDI, S. 67; die hergebrachte Dogmatik, wonach der Trustee formeller (legal owner), der Beneficiary
wirtschaftlicher Eigentümer (equity owner) ist (vgl. z.B. WATTER, S. 218, Rz. 94), muss nach der neueren Lehre im
oben widergegebenen Sinn relativiert werden; vgl. auch GUTZWILLER, S. 7f 9 GUTZWILLER, HTÜ-Kommentar, S. 5 10 GUTZWILLER, HTÜ-Kommentar, S. 5 11 WOLF/JORDI, S. 67; vgl. auch BOGERT, S. 4, aus rein angelsächsischer Sicht 12 BOGERT, S. 2; auf die wörtliche deutsche Übersetzung „fiduziarisches Verhältnis“ wird bewusst verzichtet, da
letztere ein Begriff der kontinentaleuropäischen Treuhand-Doktrin ist (vgl. Abschnitt 3.2) 13 WATTER, S. 195 14 vgl. etwa NZZ, „Mit Offshore-Trusts Spuren verwischen“, vom 18. März 2009 [vgl. Internetquellen-Verzeichnis] 15 TAGESANZEIGER, „Trusts als Ausgleich für geknacktes Bankgeheimnis?“, vom 12. März 2009 [vgl. Internetquellen-
Verzeichnis]
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
3
Dass Trusts zur Verschleierung der Herkunft bzw. des wirtschaftlich Berechtigten eines
Vermögens eingesetzt werden können, ist in den Ländern der Common Law-Tradition nicht nur
seit Jahrhunderten bekannt16, sondern illegale Absichten gehörten wohl – wenn auch
ursprünglich nicht unbedingt aus dem Steuerbereich – auch zu den Gründen seiner Entstehung,
wie etwa ein (ironisches) Zitat aus dem alten Gerichtsfall Attorney v. Sands zeigt: “The parents
of the trust were fraud and fear and the court of conscience was its nurse“17.
Aus der Tatsache, dass es gewisse Anwendungen für Trusts im illegalen und moralisch
bedenklichen Raum namentlich in Bezug auf das Steuerrecht sowie die sog. asset protection18
gibt, darf hingegen keinesfalls gefolgert werden, dass es keine legitimen Einsatzmöglichkeiten
gäbe. Selbst wenn man die legale Steueroptimierung ausklammern wollte, gibt es nämlich eine
schier endlose Reihe unterschiedlichster Zwecke, welche sich durch die Errichtung eines Trusts
erreichen lassen und die teilweise eine überaus grosse praktische Bedeutung haben. Zu nennen
sind die treuhänderische Geschäftsbesorgung (z.B. wegen Marktbeschränkungen oder aus
legitimen Anonymitätsgründen des Settlors), die treuhänderische Verwaltung eines Vermögens
bis zur Volljährigkeit des Beneficiarys, die Beeinflussung einer Erbschaft über mehrere
Generationen, die Entäusserung von Vermögen zur Vermeidung von Interessenskonflikten oder
auch die Sicherungsübereignung mittels Trust19. Daneben gibt der Trust auch die Möglichkeit, ein
Vermögen einem Zweck anstatt einer bestimmten Person zu widmen (purpose trust)20,
wodurch er die Wirkungen einer Stiftung entfaltet. Hinzu kommen weitere trustspezifische
Aufgaben wie die Begründung eines Vertrags zugunsten Dritter, die im Civil Law-Rechtskreis mit
anderen Institutionen erfüllt werden können, für welche jedoch im angelsächsischen Recht ein
Trust erforderlich ist21.
Die oftmals von schlecht informierten Politikern und Journalisten stammende Kritik am Trust
als Rechtsgebilde ist jedenfalls ungerechtfertigt und entschieden abzulehnen22. Dies trifft in
besonderem Masse auf das liechtensteinische Recht zu, welches durch teilweise auffallend
strenge Vorschriften im Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) Missbräuchen von
Treuhänderschaften (wie auch Gesellschaften) entgegenzuwirken sucht (vgl. Abschnitt 4.7.1).
16 vgl. BOGERT, S. 9 17 zit. in BOGERT, S. 7 18 zu deutsch „Vermögensschutz“; kann zum Entzug von Haftungssubstrat gegenüber Gläubigern eingesetzt werden 19 vgl. WATTER, S. 199ff 20 in England nur für gemeinnützige, in anderen Jurisdiktionen (z.B. Guernsey, Bermuda, Bahamas oder Liechtenstein)
auch für andere Zwecke, vgl. GUTZWILLER, S. 10f 21 WATTER, S. 203 22 so auch GUTZWILLER, HTÜ-Referat, S. 21, der zu Recht darauf hinweist, dass die Bereitschaft zur
Gesetzesumgehung bei den involvierten Personen sowie die Wirksamkeit der Finanzmarktaufsicht von wesentlich
grösserer Bedeutung sind als die Rechtsform selbst
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
4
Berücksichtigt man überdies, dass in der Schweiz die Errichtung eines Trusts nach einer
beliebigen ausländischen Rechtsordnung, welcher der Trust bzw. der jeweilige Trust-Typ
bekannt ist, gemäss dem Haager Trust-Übereinkommen (HTÜ) vom 1. Juli 1985 sowie der sehr
liberalen Umsetzungsgesetzbgebung im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das
Internationale Privatrecht (IPRG-CH) möglich ist, kann zumindest im Verhältnis Schweiz –
Liechtenstein kaum von einem Trust-bezogenen unfairen Vorteil des Fürstentums gesprochen
werden.
Die schiere Anzahl der Einsatzmöglichkeiten von Trusts, welche hier nur in groben Zügen
dargestellt werden konnte, sowie die Aufmerksamkeit, welche diese Institutionen seit jeher in
der Rechtspraxis und -literatur der ganzen Welt erhalten hat, lassen sodann keine Zweifel daran,
dass die praktische Bedeutung in den Common Law-Staaten – aber auch zunehmend in
anderen Rechtsordnungen23 – enorm ist.
Im Fürstentum Liechtenstein dürfte die bereits 1926 erfolgte Kodifikation der
Treuhänderschaft im Gesetz über das Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) nach dem
Vorbild des angelsächsischen Trusts zusammen mit Anstalt und Stiftung ebenfalls einiges zur
Erstarkung des international bedeutenden Finanzplatzes und damit zum Wohlstand
Liechtensteins beigetragen haben24, weshalb es nicht nur aus theoretischer Sicht lohnend
erscheint, sich mit Trusts im liechtensteinischen Recht zu beschäftigen.
1.31.31.31.3 Trusts im liechtensteinischen RechtTrusts im liechtensteinischen RechtTrusts im liechtensteinischen RechtTrusts im liechtensteinischen Recht
In der vorliegenden Arbeit sollen die beiden Trust-Formen des liechtensteinischen PGR – die
(allgemeine) Treuhänderschaft und die Geschäftstreuhand – vertieft analysiert werden, ergänzt
von Ausführungen zu den kollisionsrechtlichen Bestimmungen bezüglich Trusts, welche
insbesondere das Verhältnis zwischen HTÜ und PGR klären sollen. Dabei wird der Frage nach
der Rechtszuständigkeit am Treugut, welche in einer Civil Law-Rechtsordnung spezielle
dogmatische Probleme aufwirft, besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Da die Eigenart des Trusts des Common Law nur aus seiner historischen Entwicklung heraus
verstanden werden kann – was seinerseits unerlässlich für die Auseinandersetzung mit den
liechtensteinischen Treuhänderschaften ist –, wird zunächst mit einem geschichtlichen Abriss
begonnen, wobei jene Erkenntnisse im Laufe der Arbeit aus liechtensteinischer Sicht zu
ergänzen und präzisieren sein werden. Abschliessendes Ziel der Untersuchungen ist die
dogmatische Einordnung und rechtsvergleichende Charakterisierung der Treuhänderschaft
sowie der Geschäftstreuhand. Da für einen kompletten Kommentar des Treuhandrechts nicht
23 insbesondere durch das HTÜ 24 ähnlich auch BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 257
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
5
der nötige Platz zur Verfügung steht, werden einige Bereiche eher summarisch behandelt. Dafür
werden einzelne, für das Verständnis der Konzeption der Treuhänderschaften wichtige, Fragen
vertieft behandelt.
Vorab sei angemerkt, dass im Folgenden – abgesehen von den Überschriften und
allgemeinen Ausführungen – terminologisch zwischen den Trusts des Common Law und den
liechtensteinischen Treuhänderschaften unterschieden wird; für Erstere werden ausschliesslich
die englischen Begrifflichkeiten verwendet, für Letztere die (deutschen) gesetzlichen Ausdrücke
des PGR25. Beides ist wiederum nicht zu verwechseln mit der in Kontinentaleuropa
gebräuchlichen fiduziarischen Treuhand (vgl. Abschnitt 3.2) und – was für den Rechtsanwender
besonders verwirrend sein kann – der in der Treuhandbranche üblichen Terminologie wie z.B.
„Treuhänder“ als Berufsbezeichnung, dem Begriff „treuhänderisch“ im Allgemeinen sowie
geläufigen Bezeichnungen in Firmen wie „Treuhandgesellschaft“, „Trust“ oder „Trust Company“.
Letztere weisen in aller Regel auf die Betätigung als „Treuhänder“ oder den Betrieb einer
„Treuhandfirma“ im nicht-juristischen Sinn hin26 bzw. preisen ein besonderes
Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmen und Kunde an27 und lassen als solche keinen
Schluss auf die Rechtsform des Treuunternehmens oder der Treuhänderschaft zu28. Hingegen
sind die Firmenbezeichnungen mit dem Zusatz „reg.“ bzw. „registriert“, welche auf ein
Treuunternehmen hindeuten (z.B. „Trust reg.“, „Trust Company reg.“, „Registered Trust“ u.ä.),
dieser Rechtsform vorbehalten29.
2222 Entwicklungsgeschichte des Trust im Common LawEntwicklungsgeschichte des Trust im Common LawEntwicklungsgeschichte des Trust im Common LawEntwicklungsgeschichte des Trust im Common Law
2.12.12.12.1 EntstehungEntstehungEntstehungEntstehung
Die Konzeption der Common Law-Trusts kann zunächst nur aus dem Dualismus im
Gerichtssystem Englands sowie aus der dort geltenden Regelung des Grundeigentums heraus
erklärt werden, weshalb sich einige geschichtliche Ausführungen aufdrängen:
25 das PGR benutzt nebst den deutschen und germanischen auch englische Begriffe des Trust-Rechts, die allerdings
aufgrund der Verwechslungsgefahr hier nicht verwendet werden 26 so bietet z.B. die Liechtensteinische Landesbank (LLB) unter der Bezeichnung „Trust Services“ die Gründung und
Verwaltung von Stiftungen und anderen Gesellschaften sowie die Errichtung von Treuhänderschaften für
vermögende Privatpersonen an (vgl. http://www.llb.li/llb/llb.nsf/PageID/trust+services) 27 vgl. EICHNER, S. 73 28 prominentes Beispiel: die „LGT Bank“ (LGT steht für „Liechtenstein Global Trust“) und die „LGT Trust
Management“ des Fürstenhauses sind nicht etwa Treuunternehmen, sondern Aktiengesellschaften, während die
fürstliche Holding „LGT Group“ die Rechtsform einer Stiftung hat 29 folgt aus Art. 1032 Abs. 2 PGR
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
6
Seit der Schlacht von Hastings im Jahr 1066 gehört in England alles Land der Krone30,
während der Bürger an Grundstücken nur estate erwerben kann, welches zu Besitz (im Sinne
einer unbeschränkten Sachherrschaft) und Benutzung (possession and use) für eine bestimmte
Zeit berechtigt31. Letzteres ist zwar kein absolutes Eigentum im kontinentaleuropäischen Sinn,
welches dem englischen Recht unbekannt ist, entspricht allerdings in seiner zeitlich und inhaltlich
uneingeschränkten Form – dem sog. estate in fee simple – inhaltlich dem Eigentumsrecht32.
Nach der Estate-Doktrin kann dieses Recht in verschiedene zeitlich und inhaltlich beschränkte
legal estates33 aufgeteilt werden.
Aus verschiedenen praktischen Bedürfnissen betreffend Eigentum an Land – namentlich im
Zusammenhang mit der damaligen Feudalherrschaft, aufgrund des Verbots für Kirchen, Estate zu
erwerben, sowie erbrechtlichen Problemen beim Transfer von Estate – wurden im frühen
Mittelalter zwei Arten von Trusts, nämlich die active trusts (auch namely oder special trusts
genannt) sowie die sogenannten uses (auch general, simple oder passive trusts genannt)
erfunden34. Diese zielten darauf ab, dem Beneficiary ein bestimmtes Legal Estate zu widmen,
allerdings ohne dieses formell auf ihn zu übertragen; stattdessen wurde das estate in fee simple
bzw. ein anderes Legal Estate auf den Trustee übertragen35.
Die Unterscheidung zwischen Use und Trust ist dem heutigen angelsächsischen Recht und
den von diesem beeinflussten Rechtsordnungen unbekannt; beide Formen werden heute
synonym als „Trust“ bezeichnet. Inhaltlich bestand der Unterschied zwischen den beiden
Ausgestaltungen darin, dass beim Use der Trustee (in alter Terminologie: feoffee to uses) das
formell auf ihn übertragene Land nur passiv zugunsten des Beneficiary (cestui que use) zu halten
hatte, während der Trustee beim Active Trust zu einer (aktiven) Verwaltung im Interesse des
Beneficiary (cestui que trust) verpflichtet war36. Entwicklungsgeschichtlich stehen beide Formen
des Trust in der Tradition des germanisch-rechtlichen Salmannenrechts37, während die auf dem
30 EICHNER, S. 5; dies trifft theoretisch bis heute zu 31 BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 104 32 BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 106 33 der Begriff „legal“ bezeichnet hier ein Recht, welches von den Law Courts anerkannt wurde (vgl. Abschnitt 2.2) 34 BOGERT, S. 5 und 7f; von praktischer Bedeutung waren zunächst aber nur die Uses 35 BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 120 36 BOGERT, S. 7 37 Nach J. GRIMM/W. GRIMM bezeichnet der altdeutsche Begriff „Salmann“ (auch „Salman“) den Mittels- und
Gewährsmann einer rechtlichen Übergabe eines Guts („Sal“), etwa den Testamentsvollstrecker, Vormund oder
Schutzherrn; beim Rechtsverhältnis handelt es sich um ein Treuhandverhältnis, weshalb im Folgenden von
„germanisch-rechtlicher Treuhand“ gesprochen wird (eine altdeutsche Bezeichnung für das Rechtsverhältnis selbst
scheint es nicht zu geben)
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
7
europäischen Kontinent gebräuchlichen Formen der Treuhand38 grösstenteils von der römisch-
rechtlichen fiducia abstammen, teilweise aber ebenfalls vom Salmannenrecht beeinflusst
wurden39.
2.22.22.22.2 Durchsetzbarkeit: Common Law und EquityDurchsetzbarkeit: Common Law und EquityDurchsetzbarkeit: Common Law und EquityDurchsetzbarkeit: Common Law und Equity
Ursprünglich wurden in Bezug auf Grundeigentum sowohl Active Trusts als auch Uses nicht
von den sogenannten Common Law Courts (auch Law Courts genannt) durchgesetzt40. Da der
Trustee formell Eigentum erworben hatte, konnten weder Settlor noch Beneficiary diesen von
einer unerwünschten Verfügung abhalten, ihn zu seinen aus dem Trust erwachsenden
Verpflichtungen aus dem Trust anhalten oder gar die Rückübertragung des Legal Estate
verlangen41. Der Grund lag in der hoch technischen Rechtsauslegung der Law Courts, welche
ausschliesslich Common Law42 anwendeten und infolgedessen ein (hier nicht vorhandenes)
exakt passendes Urteil (writ) für die Zusprache von Legal Estate verlangten.43
Parallel zu den Law Courts existierte bis 1873 in England der Equity Court (auch als „Court
of Conscience“ bekannt)44, welcher nicht Law sondern equity anwendete, d.h. Recht nach
Gerechtigkeit sprach45. Der König bzw. der als königlicher Stellvertreter eingesetzte Kanzler
(Court of Chancery) begann im frühen 15. Jh. schliesslich – entgegen der Rechtsprechung der
Law Courts –, auf Anrufung von Beneficiarys, Trusts und Uses aufgrund von
Gerechtigkeitsüberlegungen durchzusetzen46. Konkret wurde der Trustee zur Realerfüllung (und
nicht bloss zu Geldersatz) verpflichtet; diese Verpflichtung wurde mit einer sogenannten
Subpoena (Strafandrohung für den Fall der Nichterfüllung) verbunden, um den Anspruch
wirkungsvoll durchzusetzen zu können47.
2.32.32.32.3 Statute of UsesStatute of UsesStatute of UsesStatute of Uses
Wie bereits einleitend ausgeführt, wurden die Einsatzmöglichkeiten von Trusts zu illegalen
oder zumindest moralisch bedenklichen Zwecken schon früh entdeckt. Im Fall der Uses nahmen
38 ausgenommen sind die liechtensteinischen Treuhänderschaften, auf welche noch separat einzugehen ist 39 WATTER, S. 185; BOGERT, S. 7; vgl. Beschreibung bei COING, Fn. 8, 47ff 40 anders als bei Geld und Mobiliar (Chattel bzw. Private Property), BOGERT, S. 9 41 BOGERT, S. 9 42 der Begriff des „Common Law“ ist hier in Abgrenzung zur „Equity“ zu verstehen, nicht im sonst verwendeten
Sinn als Rechtssystem ; vgl. EICHNER, S. 9 43 diese Problematik entspricht der noch heute bestehenden bei der fiduziarischen Treuhand (vgl. Abschnitt 3.2) 44 WATTER, S. 196 45 dies ist mit der weiter oben (vgl. Abschnitt 2.1) genannten Dualität des englischen Gerichtssystems gemeint 46 BOGERT, S. 9 47 BOGERT, S. 9
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
8
die Missbrauchsfälle offenbar ein derartiges Ausmass an, dass sich das englische Parlament 1535
dazu entschloss, die Statute of Uses zu erlassen48. Diese bezweckte eine eigentliche Auslöschung
sämtlicher Uses, indem bei allen bestehenden und später zu gründenden Uses die equitable
interests unter- und die trust assets (Treugut) auf den Beneficiary übergingen49. Aufgrund des
Wortlauts der Statute of Uses waren jedoch ausschliesslich die damals gebräuchlichen Uses
betreffend Grundeigentum hiervon betroffen, sodass Active Trusts, Uses an Geld und Mobiliar
sowie die sogenannten Uses upon Uses (mehrstufige Uses) erhalten blieben bzw. überhaupt
erst erfunden und vom Equity Court durchgesetzt wurden50.
Dieser gesetzgeberische Eingriff definierte somit die moderne Erscheinungsform des
angelsächsischen Trusts, welcher seither nur noch unter der Bezeichnung „Trust“ bekannt ist,
auch wenn einzelne (gemäss Statute of Uses erlaubte) Ausgestaltungen durchaus den früheren
Uses entsprechen. In Bezug auf den Beneficiary ist hervorzuheben, dass dessen Begünstigung
inhaltlich den nach Common Law möglichen Legal Estates an Grundstücken entspricht,
allerdings ohne die Sachherrschaft auf diese zu beinhalten, welche beim Trustee liegt51 (sog.
„equity estate“).
Aufgrund der Übernahme des Konzepts ins US-amerikanische Recht sowie weitere
Rechtsordnungen der Common Law-Tradition und dessen individueller Weiterentwicklung in
der jeweiligen Jurisdiktion ist der Trust heute trotz dieser gemeinsamen Wurzeln im englischen
bzw. ursprünglich germanischen Recht allerdings kaum mehr als einheitliches Gebilde zu
begreifen. Dies macht den Trust-Begriff noch schwerer fassbar52.
2.42.42.42.4 Rezeption in LiechtensteinRezeption in LiechtensteinRezeption in LiechtensteinRezeption in Liechtenstein
Mit der Einführung des PGR hat das Fürstentum Liechtenstein 1926 die Treuhänderschaft
nach DR. WILHELM BECK und DR. EMIL BECK53 – wohl von einem gewissen „Willen zur
Nischenpolitik“54 motiviert – in seinem Recht kodifiziert, zwei Jahre später folgte das Gesetz
über das Treuunternehmen (TrUG)55. Nach traditioneller Auffassung stellt die liechtensteinische
48 BOGERT, S. 10f 49 BOGERT, S. 10f 50 BOGERT, S. 10f 51 BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 100 52 vgl. Abschnitt 1.1 53 dies geht aus zwei Fürstlichen Handschreiben vom 25. Februar 1925 hervor; der Teil über die Treuhänderschaft
basiert vermutungsweise auf einem Entwurf von DR. MARCUS WYLER von 1924, die genaue Urheberschaft ist
allerdings umstritten, vgl. BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 256, v.a. Fn. 56 54 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 256 55 dieses geht gemäss BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 256, Fn. 56, auf WILHELM BECK alleine zurück
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
9
Treuhänderschaft eine Rezeption des englischen Trusts dar56, womit Liechtenstein lange Zeit als
einziger kontinentaleuropäischer Staat betrachtet wurde, welcher den Trust im eigenen Recht
kennt57. Das Treuunternehmen scheint hingegen in Anlehnung an den Business Trust entworfen
worden zu sein58, welcher namentlich im US-Gliedstaat Massachusetts kodifiziert worden ist
(bekannt als „Massachusetts Business Trust“ bzw. „Massachusetts Trust“, kurz „MBT“).
Vorab sei allerdings angemerkt, dass diese lange Zeit herrschende Auffassung durch
verschiedene Autoren relativiert wurde, welche noch andere Einflüsse auf das liechtensteinische
Treuhandrecht zu erkennen glaubten59. Die Suche nach den eigentlichen Wurzeln der
Treuhänderschaft wird entscheidende Erkenntnisse für eine korrekte dogmatische Einordnung
wichtiger Fragen liefern, wie im Weiteren noch zu zeigen sein wird. In den folgenden
Darstellungen des liechtensteinischen Rechts wird daher immer wieder Bezug auf die historische
Abstammung genommen, um ein besseres Verständnis für Eigenheiten und Natur der
Treuhänderschaft zu gewinnen.
3333 Trusts nach liechtensteinischem Recht: Systematische Trusts nach liechtensteinischem Recht: Systematische Trusts nach liechtensteinischem Recht: Systematische Trusts nach liechtensteinischem Recht: Systematische
Einordnung und Beziehung zu andEinordnung und Beziehung zu andEinordnung und Beziehung zu andEinordnung und Beziehung zu andeeeeren Institutionenren Institutionenren Institutionenren Institutionen
3.13.13.13.1 Systematische Einordnung in das liechtensteiSystematische Einordnung in das liechtensteiSystematische Einordnung in das liechtensteiSystematische Einordnung in das liechtensteinische Rechtnische Rechtnische Rechtnische Recht
Das Personen- und Gesellschaftsrecht vom 20. Januar 1926 (LR 216.0, abgekürzt PGR),
welches den 3. Teil des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches vom 1. Juni 1811 (LR 210.0,
abgekürzt ABGB) darstellt, regelt – zusammen mit den zugehörigen Verordnungen (LR 216.xx)
– das gesamte liechtensteinische Gesellschaftsrecht. Es ist im Gegensatz zum übrigen ABGB,
welches 1918 aus dem österreichischen Recht übernommen wurde, eine weitgehend
eigenständige Kodifikation; es gibt zwar Einflüsse insbesondere aus dem schweizerischen Recht,
jedoch enthält das PGR „a multiplicity of institutions, which seem to be inspired only partly by
institutions of foreign legal systems“ 60.
56 vgl. insbesondere BIEDERMANN, dem sich zahlreiche Autoren angeschlossen haben 57 GUTZWILLER, HTÜ-Kommentar, Rz. 95; WATTER, S. 196f; allerdings kennen mehrere Staaten ausserhalb Europas,
welche eine kontinentaleuropäische Rechtstradition haben, Trusts (etwa Japan, Israel, verschiedene
südamerikanische Staaten sowie der US-Gliedstaat und die kanadische Provinz Quebec, welche beide ein vom
französischen Recht geprägtes Zivilrecht haben) 58 WANGER, S. 226 sowie SCHURTI, S. 216; dies bestätigt der KOMMISSIONSBERICHT, S. 9 (die Seitenangaben beziehen
sich auf die Zeitschrift, in welcher der Bericht abgedruckt wurde [siehe Materialien-Verzeichnis]) 59 namentlich von BÖSCH, vgl. Kapitel 4 60 BRAUN, S. 26; diese Autorin weist an derselben Stelle darauf hin, dass Liechtenstein bis zum Ende des Ersten
Weltkriegs primär österreichisches Recht rezipierte (insbesondere das ABGB 1918), danach hingegen
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
10
Das PGR gliedert sich in fünf Abteilungen über 1.) die Einzelpersonen (natürliche Personen),
2.) die Verbandspersonen (juristische Personen), 3.) die Gesellschaften ohne Persönlichkeit
(personenrechtliche Gemeinschaften), 4.) die Besonderen Vermögenswidmungen und Einfachen
Gemeinschaften sowie 5.) das Öffentlichkeitsregister, die Firmen und die Rechnungslegung.
Die Treuhänderschaften wurden unter dem 16. Titel „Die Treuhänderschaften (das
Salmannenrecht)“ der 4. Abteilung geregelt, welcher sich in zwei Abschnitte über 1.) die
Treuhänderschaften im Allgemeinen (Art. 897-932 PGR) und 2.) das Treuunternehmen
(Geschäftstreuhand) (Art. 932a PGR) gliedert. Die 170 Paragraphen über das Treuunternehmen
wurden – zwei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen über die Treuhänderschaft im
Allgemeinen – durch das Gesetz vom 10. April 1928 über das Treuunternehmen (TrUG) als
Art. 932a in das PGR eingefügt.
Hervorzuheben ist, dass die Treuhänderschaft im Allgemeinen entgegen ihrer Stellung
innerhalb des PGR weder eine Verbandsperson noch eine Gesellschaft ohne
Rechtspersönlichkeit ist. Sie stellt wie die Fideikommisse und die Heimstätte (sowie vor ihrer
Aufhebung die Einzelunternehmung mit beschränkter Haftung) eine besondere
Vermögenswidmung dar und zwar zwingend eine ohne Rechtspersönlichkeit. Das
Treuunternehmen, welches als besondere Form der Treuhänderschaft zu betrachten ist61, kann
hingegen mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet werden (§ 1 Abs. 2 TrUG; „uneigentliche
Geschäftstreuhand“).
Im Folgenden wird zur Verdeutlichung der Stellung der Treuhänderschaften kurz auf ihr
Verhältnis zu einigen anderen Institutionen des liechtensteinischen Rechts eingegangen, welche
für ähnliche Zwecke dienen können und gewisse rechtliche Parallelen aufweisen.
3.23.23.23.2 Die fiduziarische TreuhandDie fiduziarische TreuhandDie fiduziarische TreuhandDie fiduziarische Treuhand
Die fiduziarische Treuhand (fiducia) der kontinentaleuropäischen Rechtstradition zeichnet
sich im Gegensatz zum Common Law-Trust und zur liechtensteinischen Treuhänderschaft
dadurch aus, dass der Treuhänder über eine überschiessende Rechtsmacht im
Aussenverhältnis62 verfügt, da er das Treugut unbeschränkt und unbedingt zu Eigentum
übertragen erhält. Das fiduziarische Rechtsverhältnis gewährt ihm somit mehr Rechte, als zur
Erreichung des jeweiligen Zwecks erforderlich wäre. Ausserdem ist die Fiducia (immer)
vertraglicher Natur, meistens ein Zwei- statt ein Dreipersonenverhältnis und die Ansprüche von
schweizerische Einflüsse überwogen (vgl. etwa die Rezeption Sachenrecht 1922) und vermehrt auch autonom
Recht gesetzt wurde 61 vgl. dazu das Kapitel über das Treuunternehmen (Kapitel 5) 62 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 259
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
11
Treugeber und (falls vorhanden) Begünstigtem sind rein obligatorisch63. Die Stellung des
Beneficiary beim Trust ist auch deshalb wesentlich stärker, weil dort eine sehr effektive Aufsicht
durch Gerichte, protectors und enforcers über den Trustee gewährleistet werden kann; diese
Möglichkeiten fehlen bei der Fiducia64.65
Angesichts der Tatsache, dass der liechtensteinische Gesetzgeber die Treuhänderschaft
kodifiziert hat, stellt sich die Frage, ob dem Rechtsanwender alternativ auch die – nicht geregelte
– Rechtsform der fiduziarischen Treuhand zur Verfügung steht.
Der Oberste Gerichtshof des Fürstentums (OGH) hat diese Frage in seiner früheren
Rechtsprechung deutlich verneint und alle mittelbaren (d.h. indirekten) Stellvertretungen den
Regeln über die Treuhänderschaft unterstellt. Er begründete dies damit, dass es ein
Widerspruch zur klaren Rechtsordnung wäre, wenn es dem Rechtsanwender überlassen würde,
ob er ein solches Geschäft auf Grundlage des angelsächsischen Treuhandrechts66, der
römischrechtlichen Fiduzia oder auf wiederum anderer Grundlage abschliessen wolle67.
Auf diese Rechtsprechung kam der OGH im Jahr 2000 jedoch – gestützt auf
bemerkenswerte Grundsatzüberlegungen zur „Abstammung“ der Treuhänderschaft (vgl.
Abschnitt 7.1.3) – zurück und änderte sie unter Hinweis auf Art. 989 PGR sowie insbesondere
Art. 34 SchlAPGR dahingehend, dass nicht mehr alle treuhandrechtlichen Sachverhalte den
gesetzlichen Regeln der Treuhänderschaft unterstellt werden, sondern jene Bestimmungen nur
subsidiär zur Anwendung kommen sollen, wo die Umstände nichts anderes ergeben68. Somit
kann seit dieser Praxisänderung in Liechtenstein auch eine fiduziarische Treuhand anstatt einer
Treuhänderschaft errichtet werden, wenn die Parteiwillen von Treuhänder und –geber dies zum
Ausdruck bringen. Dies ist an sich eine Selbstverständlichkeit, da Treuhänderschaft und Fiducia
in vielerlei Hinsicht, und insbesondere in Bezug auf die Rechtszuständigkeit am Treugut (vgl.
Abschnitt 4.4.2), völlig anders ausgestaltet sind und es daher keinerlei Anlass gibt, fiduziarische
Rechtsgeschäfte – schon gar nicht entgegen dem ausdrücklichen Willen der Parteien bzw. des
Treugebers – als Treuhänderschaft zu behandeln.69
63 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 259 64 HAYTON/KORTMANN/VERHAGEN, S. 110 65 vgl. für Näheres zur fiduziarischen Treuhand – namentlich zur Frage des Widerrufs und des Weisungsrechts – das
Kapitel 7 66 damals betrachtete der OGH die Treuhänderschaft gestützt auf BIEDERMANN offenbar als reine Rezeption des
angelsächsischen Trusts 67 OGH-Urteil 2 C 341/87-61 vom 25.2.1991, zit. in FRICK, S. 164 68 OGH-Urteil 5 C 303/98-53 vom 6.7.2000 69 anderer Ansicht ist offenbar auch nach der Praxisänder WENAWESER, S. 10f (2005), welcher unter Berufung auf
Art. 898 PGR (vermutetes Treuhandverhältnis) die Meinung vertritt, dass „die Treuhänderschaftsbestimmungen
Regelungen für alle erdenklichen treuhandrechtlichen Konstellationen enthalten“
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
12
3.33.33.33.3 Die StiftungDie StiftungDie StiftungDie Stiftung
Die Stiftungen sind seit der jüngsten, per 1. April 2009 in Kraft getretenen, Stiftungsrechts-
Revision70 in Art. 525 PGR mit seinen §§ 1 bis 41 geregelt, welcher sich in der 2. Abteilung über
die Verbandspersonen findet. Wie die Treuhänderschaften haben sie eine Vermögenswidmung
zum Gegenstand (vgl. Art. 552 Abs. 1 PGR), welche allerdings stets auf einen Zweck (und nicht
auf die Begünstigung einer bestimmten Person) gerichtet ist.
Auf unselbständige Stiftungen (d.h. solche ohne Rechtspersönlichkeit) und andere
unselbständige Vermögenszuwendungen mit Zweckauflage kommen die Vorschriften über die
Treuhänderschaft entsprechend zur Anwendung71. Damit hat der Gesetzgeber das Verhältnis
zwischen der Stiftung und der allgemeinen Treuhänderschaft über das Merkmal der
Rechtspersönlichkeit klar geregelt bzw. die beiden Institutionen voneinander abgegrenzt.
Die selbständige (d.h. über Rechtspersönlichkeit verfügende) Stiftung kann dagegen –
abhängig von der jeweiligen Ausgestaltung – in funktionaler Hinsicht grosse Ähnlichkeiten zum
uneigentlichen Treuunternehmen aufweisen, was der Gesetzgeber bis zur Revision 2009 mit der
Verweisung auf die Vorschriften über das Treuunternehmen in Art. 552 Abs. 4 PGR zum
Ausdruck brachte. Unter neuem Stiftungsrecht ist dieser Verweis aufgrund der eigenen
detaillierten Regelung in 41 Paragraphen nicht mehr nötig, jedoch kommt die enge Verbindung
zwischen den beiden Institutionen noch immer durch die Vorschrift von Art. 525 § 41 PGR über
die Umwandlung der Stiftung zum Ausdruck: diese ist ohne Liquidation nur möglich in ein
stiftungsrechtlich ausgestaltetes Treuunternehmen mit Rechtspersönlichkeit mit zwingend
gleichem Zweck oder in eine entsprechende Anstalt.
Obwohl sich mit Stiftungen und Treuhänderschaften (wie auch Trusts72) ähnliche Zwecke
erreichen lassen, scheint der Stiftung in der liechtensteinischen Rechtspraxis die grössere
Bedeutung zuzukommen, was wahrscheinlich primär darauf zurückzuführen ist, dass sie im
Gegensatz zur Treuhänderschaft ein im kontinentaleuropäischen Raum bekanntes
Gestaltungsinstrument darstellt73.
3.43.43.43.4 Die AnstaltDie AnstaltDie AnstaltDie Anstalt
Die Anstalt ist unter dem gleichen Titel wie die Stiftung in den Art. 572-570 des PGR
geregelt und weist Parallelen sowohl zu dieser als auch zu den Treuhänderschaften auf. Eine
Charakterisierung fällt nicht leicht, da sich die Institution durch eine enorme Flexibilität
70 LGBl. 2008 Nr. 220 71 ergibt sich aus Art. 534 Abs. 4 über die unselbständigen Anstalten i.V.m. Art. 899 PGR 72 vgl. GASSER, S. 1 73 WAGNER, S. 78f; vgl. ausserdem Kapitel 8
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
13
auszeichnet und Vergleiche mit ausländischen Rechtsformen kaum möglich sind74. Die
Rechtsform zeichnet sich durch die besondere Stellung des Gründers aus, welchem die
Gesamtheit der Rechte zukommt, die aus der Gründung fliessen (Gründerrechte)75. Diese
stellen die obersten organschaftlichen Verwaltungsrechte76 dar, welche dem Inhaber umfassende
Befugnisse wie das Weisungsrecht und das Recht auf jederzeitige Änderung der Statuten
verleihen77.
Bezüglich der Abgrenzung zur Treuhänderschaft im Allgemeinen kann auf das zur Stiftung
Ausgeführte verwiesen werden, d.h. auf die unselbständige Anstalt untersteht ebenfalls den
Vorschriften über die Treuhänderschaft, soweit sich nichts anderes aus den Statuten ergibt (Art.
534 Abs. 4 i.V.m. Art. 899 PGR).
Die in der Praxis häufigste Ausgestaltung der Anstalt ist eine stiftungsähnliche Organisation
mit folgenden Merkmalen: verselbständigtes Vermögen, welches allein für die Verbindlichkeiten
der Anstalt haftet; Rechtspersönlichkeit; keine Mitglieder, Teilhaber oder Anteilsinhaber; kein in
Anteile zerlegtes Kapital; Einsetzung eines Begünstigten (oftmals der Gründer selbst)78. Die
Anstalt ist in einer solchen Form insbesondere dem stiftungsähnlich ausgestalteten
Treuunternehmen (keine Mitglieder, keine Anteile) äusserlich sehr ähnlich; rechtlich ergeben sich
jedoch gewichtige Unterschiede einerseits bzgl. des Treugebers, dessen Stellung wesentlich
schwächer ist als jene des Gründers (z.B. keine fortlaufende Instruktion, TrUG § 49 und keine
willkürliche Auflösung, TrUG § 17 II 1) und andererseits bzgl. des Treuhänders, welcher eine
stärkere Stellung als der Geschäftsführer der Anstalt inne hat79.
Die in der Praxis geläufige treuhänderische Gründung von Anstalten und anderen
Verbandspersonen ist im Übrigen gemäss der neueren Rechtsprechung des OGH mangels
anderer Abmachung nicht als Treuhänderschaft, sondern als indirekte Stellvertretung zu
qualifizieren80. Der sog. wirtschaftliche Hintermann wird nicht mehr als „wirtschaftlicher
Gründer“ betrachtet wie nach der älteren Praxis, sondern es ist eine Zession der
Gründerrechte vom treuhänderischen Gründer auf Ersteren nötig81.
74 WAGNER, S. 72; insbesondere hat sie mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten des Schweizer Rechts ausser ihrem
Namen nichts gemeinsam 75 SCHNEIDER, S. 89; OGH-Urteil Az. 563/341 vom 8.1.1964 76 OGH-Urteil 2 C 209/96-145 vom 5.12.2000 77 SCHNEIDER, S. 90 78 SCHNEIDER, S. 87 79 vgl. SCHNEIDER, S. 91f 80 OGH-Urteil 2 C 209/96-145 vom 5.12.2000 81 OGH-Urteil 2 C 209/96-145 vom 5.12.2000
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
14
Nach diesen Klärungen der systematischen Stellung der Treuhänderschaften ist im Folgenden
auf die materiellen Bestimmungen über die Treuhänderschaft im Allgemeinen (Kapitel 4) und
die Geschäftstreuhand (Kapitel 5) einzugehen.
4444 Der Trust nach liechtensteinischem Recht (Treuhänderschaft)Der Trust nach liechtensteinischem Recht (Treuhänderschaft)Der Trust nach liechtensteinischem Recht (Treuhänderschaft)Der Trust nach liechtensteinischem Recht (Treuhänderschaft)
4.14.14.14.1 Anwendbares RechtAnwendbares RechtAnwendbares RechtAnwendbares Recht82828282
Das PGR sieht in seinen Art. 930 und 931 vor, dass Trusts bzw. Treuhänderschaften nach
liechtensteinischem oder ausländischem Recht errichtet werden können. Mit Ersterem sind die
Vorschriften von Art. 897 bis 929 PGR über die Treuhänderschaft im Allgemeinen wie auch Art.
934a PGR über das Treuunternehmen gemeint.
Art. 930 ermöglicht die Errichtung von Trusts nach ausländischem Recht in Liechtenstein, Art.
931 hingegen eine Art modifizierte liechtensteinische Treuhänderschaft („Treuhänderschaft nach
ausländischem Recht“), auf welche im Innenverhältnis – d.h. zwischen Treugeber, Treuhänder
und Begünstigtem – ausländisches Trust-Recht zur Anwendung kommt, während sich das
Aussenverhältnis nach PGR richtet83 und es sich beim entstehenden Rechtsverhältnis „nach wie
vor um eine liechtensteinische Treuhänderschaft [handelt]“84.
Zu beachten ist, dass sich die Anwendbarkeit ausländischen Rechts auf Trusts heute
zusätzlich nach den Bestimmungen des HTÜ richtet, welche gemäss dem Grundsatz „lex
posterior derogat legi priori“ den älteren Art. 930 und 931 PGR vorgehen, soweit sie ihm
widersprechen. Die Frage, ob das HTÜ auf die Treuhänderschaften überhaupt anwendbar ist,
d.h. ob sie Trusts im Sinne des Übereinkommens sind, kann allerdings erst definitiv beantwortet
werden, nachdem die diesbezüglichen materiellrechtlichen Bestimmungen des PGR und
weiterer Erlasse untersucht wurden. Die Frage nach dem anwendbaren Recht wird daher im
Kapitel 6 im Rahmen kollisionsrechtlicher Überlegungen zu behandeln sein, während sich das
vorliegende Kapitel mit der Treuhänderschaft (Treuhänderschaft im Allgemeinen; zum
Treuunternehmen vgl. Kapitel 5) nach dem eigenen Recht Liechtensteins beschäftigt.
4.24.24.24.2 Allgemeines und Allgemeines und Allgemeines und Allgemeines und BegriffeBegriffeBegriffeBegriffe
Als Treuhänderschaft (Art. 901 PGR), Treuhand (Art. 903 Abs. 3), Treuhandverhältnis (Art.
897), treue Hand oder Trust (Art. 927 Abs. 6) bezeichnet das Gesetz das Rechtsverhältnis
82 der systematische Aufbau dieses Kapitels orientiert sich teilweise an jenem des Kurz-Kommentars zur
Treuhänderschaft von WANGER, S. 186 – 219 83 MEIER, S. 8f 84 MEIER, S. 9
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
15
zwischen Treuhänder, Treugeber und Begünstigtem. Der Treugeber (auch Settlor85) wendet
dem Treuhänder (auch Trustee oder Salmann) ein bewegliches oder unbewegliches Vermögen
oder ein Recht als Treugut (auch Treufonds, Treuhandgut oder zur Sale) zu, mit der
Verpflichtung, dieses im eigenen Namen zu Gunsten des Begünstigten (auch Benefiziar oder
Beneficiary) gemäss der Treuhandurkunde zu verwalten oder zu verwenden; der Treuhänder tut
dies im eigenen Namen, als selbständiger Rechtsträger und mit Wirkung gegen jedermann (Art.
897, 899).
Die „eigentliche“ Treuhänderschaft86 gemäss Art. 897 PGR entspricht daher von ihrer
Funktion her (weitgehend) dem englischen express trust, d.h. dem rechtsgeschäftlich errichteten
Trust87, während das sog. vermutete Treuhandverhältnis bzw. die „uneigentliche“
Treuhänderschaft88 gemäss Art. 898, auf welche(s) die Vorschriften über die Treuhänderschaft
sinngemäss anwendbar sind (Art. 898 Abs. 2), verschiedene Arten von trusts by operation of
law (gerichtlich angeordnete Trusts) und statutory trusts (von Rechts wegen entstandene
Trusts)89 erfassen kann. Für beide Typen – wie für jedes trust settlement – ist charakteristisch,
dass das Eigentum am entsprechenden Vermögen „mit einem besonderen Vertrauen (dem
‚Trust’) verbunden“90 wird, wobei aber nur bei der eigentlichen Treuhänderschaft eine
ausdrückliche Widmung als Treugut vorliegt.
In gesetzessystematischer Hinsicht ist noch anzumerken, dass die Bestimmungen über das
Treuunternehmen (TrUG) aufgrund der Verweisung von Ar. 910 Abs. 5 PGR entsprechende
Anwendung auf die Treuhänderschaft finden. Da es diesbezüglich keine klare Abgrenzung im
Gesetz gibt, ist die Anwendbarkeit der einzelnen TrUG-Paragraphen für jede Treuhänderschaft
individuell zu prüfen91.
85 das Gesetz verwendet diesen Begriff zwar nicht, doch dürfte dies ein (unbedeutendes) Versehen darstellen, da
sowohl „Trust“ als auch „Beneficiary“ und „Trustee“ als Synonyme zu den deutschen Begriffen angegeben werden 86 Begriff gemäss WENAWESER, S. 9 87 WOLF/JORDI, S. 40; ebenso WANGER, S. 190 88 Begriff gemäss WENAWESER, S. 9 89 WOLF/JORDI, S. 40; ähnlich auch WANGER, S. 193, unter Hinweis auf die implied und constructive trusts 90 WENAWESER, S. 8 91 CORTRUST AG, S. 11
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
16
4.34.34.34.3 ErricErricErricErrichtunghtunghtunghtung
4.3.14.3.14.3.14.3.1 Allgemeines und FormfragenAllgemeines und FormfragenAllgemeines und FormfragenAllgemeines und Formfragen
Zur Errichtung einer Treuhänderschaft sind zwingend ein Verpflichtungs- und ein
Verfügungsgeschäft notwendig92. Ersteres kann in drei verschiedenen Varianten erfolgen, wobei
sowohl die Errichtung unter Lebenden (inter vivos) als auch von Todes wegen möglich ist93:
1. durch Vereinbarung zwischen Treugeber und Treuhänder gemäss Art. 899 Abs. 1
PGR („Treuhandvertrag“);
2. durch einseitiges Rechtsgeschäft des Treugebers gemäss Art. 899 Abs. 2, wobei für
die Gültigkeit die Annahmeerklärung des Treuhänders nötig ist („Treuhandbrief“);
3. durch Verfügung von Todes wegen (Art. 899 Abs. 2); auch hier ist eine
Annahmeerklärung des Treuhänders erforderlich.
Bei allen drei Formen des Verpflichtungsgeschäfts ist seit der Reform des Treuhandrechts von
1980 – im Unterschied zum englischen Recht – zwingend Schriftform erforderlich (Art. 899 Abs.
1 und 2 PGR) und zwar sowohl für die Willenserklärung des Treugebers als auch für jene des
Treuhänders94. Zu beachten ist allerdings, dass vor der Reform ein Vorbehalt bezüglich der
Formvorschriften für die Eigentumsübertragung galt95; Ähnliches trifft auch für das englische
Recht zu, wo immer die Einhaltung der jeweiligen Formvorschriften für die Übertragung von
Legal Estate erforderlich ist96. Überall ist sodann das Treuhandverhältnis ausdrücklich als solches
zu bezeichnen (Art. 899 Abs. 3).
Das Verfügungsgeschäft besteht in der Zuwendung97 des Treuguts an den Treuhänder98 bzw.
im Fall, dass der Treugeber selbst Treuhänder wird, in dessen Erklärung, das Treugut fortan als
Treuhänder zu besitzen und zu verwalten („declaration of trust“)99. Bei der Verfügung von
Todes wegen ist diese zugleich Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft100. Wie die Übertragung
92 vgl. BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 242; bestätigt durch OGH-Urteil C 322/84-40 vom 8. Januar 1987, zit. bei
ZOBL, S. 22 93 vgl. MOOSMANN, S. 213 94 MOOSMANN, S. 213, Fn. 908, unter Hinweis auf BIEDERMANN 95 vgl. FRICK, S. 166f 96 EICHNER, S. 21 97 Gesetzeswortlaut von Art. 897 PGR 98 vgl. MOOSMANN, S. 220 99 vgl. BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 423 100 BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 424
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
17
des Vermögens sachenrechtlich101 zu qualifizieren ist, wird aus systematischen Gründen im
Abschnitt über das Treugut (vgl. Abschnitt 4.4) ausgeführt.
Die Eintragung des Treuhandverhältnisses und jeder Änderung in das Öffentlichkeitsregister
gemäss Art. 900 ist nicht konstitutiv102, nur nötig bei Treuhänderschaften mit einer Dauer von
mehr als 12 Monaten und mindestens einem Treuhänder mit (Wohn-)Sitz im Inland (Art. 900
Abs. 1), und kann durch Hinterlegung der Treuhandurkunde beim Grundbuch- und
Öffentlichkeitsregisteramt (GBÖRA; Art. 902) ersetzt werden. Zudem kann das Amt bei
registriertem Vermögen eine Ausnahme genehmigen (Art. 901).
4.3.24.3.24.3.24.3.2 Dogmatische EinordnungDogmatische EinordnungDogmatische EinordnungDogmatische Einordnung
Im englischen Recht ist das Verpflichtungsgeschäft zur Errichtung eines Trusts nach der h.L.
als einseitiges Rechtsgeschäft des Settlors und nicht etwa als Vertrag zwischen Settlor und
Trustee zu verstehen103. Begründet wird diese Ansicht mit dem Umstand, dass ein Trust auch
dann zustande kommt, wenn kein Trustee existiert („a trust will not fail for lack of a trustee“),
womit die Mitwirkung des Trustee am trust instrument104 nicht kausal für dessen Gültigkeit ist105.
Ebenso wird die Existenz des Trusts nicht von der Übertragung der Trust Assets auf einen
anderen Trustee berührt, d.h. Letzterer kann beliebig ersetzt werden106. Eine Ausnahme von
diesem Prinzip gilt lediglich dort, wo der Trust nach dem Willen des Settlors ausschliesslich mit
einem ausdrücklich genannten Trustee entstehen soll107.
Werden die gesetzlichen Regelungen über die Treuhänderschaft vor dem Hintergrund dieser
Doktrin betrachtet, so fällt die Bestimmung von Art. 904 Abs. 1, 1. Halbsatz PGR auf: wurde in
der Treuhandurkunde108 – sei diese eine Verfügung unter Lebenden oder von Todes wegen –
kein Treuhänder bezeichnet bzw. kenntlich gemacht oder lehnt der Bezeichnete das Amt ab, so
hat das Landgericht für die Bestellung eines Treuhänders zu sorgen. Die Treuhänderschaft kann
somit auch ohne Zutun des durch den Treugeber bestellten Treuhänders errichtet werden,
101 das liechtensteinische ABGB bezeichnet als „Sachenrecht“ sowohl dingliche Rechte als auch Obligationen
(„persönliche Sachenrechte“; vgl. 2. Teil, 1. und 2. Abteilung ABGB), wobei die Bestimmungen über die ersteren im
ABGB bis auf jene über das Erbrecht aufgehoben wurden; im Folgenden ist stets Sachenrecht im Sinne des neueren
SR (Gesetz über das Sachenrecht) gemeint, welches dingliche Rechte betrifft 102 argumentum e contrario aus § 7 Abs. 1 TrUG 103 vgl. GUTZWILLER, HTÜ-Referat, S. 7 104 dieses stellt das Verpflichtungsgeschäft dar, z.B. ein will (Testament), eine Urkunde oder auch eine mündliche
Verpflichtung zu einem settlement (Errichtung eines Trusts) 105 EICHNER, S. 22 106 EICHNER, S. 22 107 EICHNER, S. 21 108 diese bzw. ihr Inhalt entspricht dem trust instrument
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
18
womit die oben erwähnte Equity-Maxime „a trust shall not fail for want of a trustee“ bei der
Verpflichtung durch Treuhandbrief und bei der Errichtung durch Verfügung von Todes wegen
hier entsprechende Geltung hat109. Entsprechendes gilt auch dann, wenn der Treuhänder sein
Amt kündigt (Art. 908).
Weniger eindeutig ist die Situation hingegen dort, wo das Verpflichtungsgeschäft in der
Vereinbarung zwischen Treugeber und Treuhänder gemäss Art. 899 Abs. 1 besteht. Das Gesetz
bezeichnet diese Vereinbarung ausdrücklich als „Treuhandvertrag“ (Art. 907) und auch die h.L.
scheint stillschweigend davon auszugehen, dass sie als Vertrag zu qualifizieren sei110. Indessen darf
nicht übersehen werden, dass die Bestimmung über die Kündigung des Treuhänders (Art. 908)
offenbar auch bei der Vereinbarung nach Art. 899 Abs. 1 anwendbar ist111, womit das
Landgericht auch in diesen Fällen einen Nachfolgetreuhänder zu bestimmen hat. Darüber hinaus
bestimmt Art. 904 Abs. 1 im zweiten Satzteil, dass auch „ein sonstwie bestellter Treuhänder“,
welcher wegfällt, gerichtlich zu ersetzen ist; dies scheint sich auf das durch Vereinbarung nach
Art. 899 Abs. 1 entstandene sowie auf das vermutete Treuhandverhältnis gemäss Art. 898 zu
beziehen, da die beiden anderen Verpflichtungsarten im ersten Halbsatz genannt wurden.
Weitere Zweifel an der vertraglichen Natur drängt die Regelung von Art. 924 PGR auf, welche
als Nachfolger des Treugebers den Begünstigten und nicht etwa – was konsequent wäre –
dessen Erben etabliert112. Das wohl gewichtigste Argument ist allerdings, dass auch bei der
Errichtung durch einseitiges Rechtsgeschäft die Zustimmung des bestellten Treuhänders
erforderlich ist, sodass m.E. kein struktureller Unterschied zur Verpflichtung durch Vereinbarung
ersichtlich ist113. Auch der „Treuhandvertrag“ sollte somit entgegen dem Gesetzeswortlaut als
einseitiges Rechtsgeschäft des Treugebers aufgefasst werden. Hingegen ist sicherlich dann, wenn
aus der Treuhandurkunde hervorgeht, dass die Treuhänderschaft nur mit einem bestimmten
Treuhänder errichtet werden bzw. fortbestehen soll (was beim „Treuhandvertrag“ regelmässig
der Fall sein dürfte), dieser Wille des Treugebers zu respektieren114; dies muss aber unabhängig
109 in dieser Richtung auch MOOSMANN, der darauf hinweist, dass die Auffassung BIEDERMANNS unzutreffend sei,
wonach die Errichtung durch Treuhandbrief deshalb vertraglicher Natur sei, weil eine Annahme des bestellten
Treuhänders erforderlich ist 110 vgl. z.B. MOOSMANN, S. 214 unter Hinweis auf BIEDERMANN 111 gegenteilige Hinweise fehlen in Art. 908 PGR 112 darauf weist BRAUN, S. 41, hin, lässt allerdings die Frage nach der wahren Natur des „Treuhandvertrags“ letztlich
offen 113 dies hat auch BIEDERMANN bemerkt, ist allerdings zum gegenteiligen Schluss gekommen, wonach auch bei der
einseitigen Errichtung ein Vertrag vorliege (Treuhänderschaft, S. 434f) 114 so auch im englischen Recht, vgl. EICHNER, S. 21
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
19
davon gelten, ob es sich um eine Vereinbarung gemäss Art. 899 Abs. 1 oder um eine einseitige
Erklärung nach Art. 899 Abs. 2 handelt.115
Strikt auseinanderzuhalten ist das Verpflichtungsgeschäft übrigens mit dem Rechtsgrund
desselben. Dieser muss gemäss Art. 899 Abs. 1 PGR nicht in der Treuhandurkunde angegeben
werden und die Gültigkeit des Verpflichtungsgeschäfts ist daher in keiner Weise davon abhängig,
ob und wie sich der Treugeber allenfalls zuvor gegenüber dem Begünstigten oder einem Dritten
zur Errichtung der Treuhänderschaft verpflichtet hat.
Nicht zu verwechseln ist die Frage nach der Natur des Verpflichtungsgeschäftes sodann auch
mit jener nach der Qualifikation der Treuhänderschaft selbst, denn Letztere ist wie erwähnt
nicht identisch mit dem Verpflichtungsgeschäft, sondern entsteht erst bei kumulativem Vorliegen
bzw. Vollzug von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft. Wie auch der Trust kann die
Treuhänderschaft m.E. nur als Rechtsverhältnis sui generis zwischen Treuhänder, Treugeber,
Begünstigtem (so auch der Wortlaut von Art. 910 Abs. 1 PGR) und allenfalls weiterer Personen
verstanden werden116.
4.44.44.44.4 Das TreuhandgutDas TreuhandgutDas TreuhandgutDas Treuhandgut
4.4.14.4.14.4.14.4.1 AllgemeinesAllgemeinesAllgemeinesAllgemeines
Zum Treuhandgut gehören alle Vermögenswerte, die dem Treuhänder vom Treugeber oder
kraft Gesetz zugewendet werden, die damit erwirtschafteten Erträge (Art. 911 Abs. 1 PGR)
sowie Vermögen, welches mit Mitteln des Treuguts bzw. durch ein sich auf Letzteres
beziehendes Rechtsgeschäft erworben wird (Art. 911 Abs. 3 PGR). Es kann sich dabei um
beliebige Rechte handeln, ein Mindestkapital bzw. -Vermögen ist im Gegensatz zum
Treuunternehmen nicht erforderlich (vgl. Art. 122 PGR)117. Umgekehrt gibt es auch keine
Begrenzungen gegen die Anhäufung von Vermögen in einer Treuhänderschaft wie dies beim
Trust des Common Law der Fall ist (Restrictions on Accumulation)118. Die Aufnahme in ein
Inventar ist für die Begründung der Zugehörigkeit eines Vermögenswerts zum Treugut nicht
notwendig, die Inventarisierung führt allerdings zu einer entsprechenden gesetzlichen Vermutung
(Art. 911 Abs. 1 und 2 PGR).
115 dieser Ansatz ist eine Eigenentwicklung des Verfassers; dieser ist in der verarbeiteten Literatur nicht ersichtlich,
sondern hat sich aufgrund eigener Gesetzesauslegung und Rechtsvergleichung aufgedrängt 116 ähnlich MARXER, S. 111, der darauf hinweist, dass die Treuhänderschaft bzw. der Trust weder mit dem Mandat,
noch mit der Stiftung oder der Fiduzia oder anderen Institutionen verglichen werden kann 117 WAGNER, S. 197 118 SCHURTI, S. 217
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
20
Das Treugut verfügt über keine eigene Rechtspersönlichkeit, das Gesetz bezeichnet vielmehr
den Treuhänder als seinen Rechtsträger (Art. 897 Abs. 1 PGR). Es erfährt allerdings insofern
eine beschränkte rechtliche Verselbständigung, als es ein vom übrigen Vermögen des
Treuhänders getrenntes Sondervermögen darstellt (vgl. Abschnitt 4.4.2). Dies ergibt sich etwa
aus der Bezeichnung als „Sondergut“ in Art. 911 Abs. 4 PGR, den konkursrechtlichen
Bestimmungen (vgl. Art. 915 PGR) sowie der Verwendung des dem Common Law entliehenen
Begriffs „Trustsfonds“ (trust fund) als Synonym für das Treugut, welcher dort das Treuvermögen
als „assets segregated from his [the trustee’s] private patrimony“119 meint. Der Grad der
Verselbständigung variiert bei den Treuhänderschaften und erreicht bei der uneigentlichen
Geschäftstreuhand (vgl. Abschnitt 5.3) seine deutlichste Ausprägung – der Übergang vom
Sondervermögen zur juristischen Person kann inhaltlich gesehen in diesem Zusammenhang als
fliessend bezeichnet werden120. Die Sachlage ist bei der Treuhänderschaft insofern sehr ähnlich
wie bei den unselbständigen Stiftungen und Anstalten121, was sich wie erwähnt im Gesetz daran
zeigt, dass auf diese Rechtsformen die Vorschriften über die Treuhänderschaften entsprechend
anwendbar sind.
Bezüglich der Wirkung gegenüber Dritten ist namentlich die Bestimmung von Art. 912 Abs. 3
(Spurfolgerecht oder tracing) zu nennen, wonach Dritte gutgläubig Eigentum an Gegenständen
des Treuguts erwerben können, auch wenn der Treuhänder nach den Treubestimmungen nicht
verfügungsberechtigt war; Gleiches gilt für Forderungen (Art. 912 Abs. 4). Der gute Glaube wird
bei grundbücherlich eingetragenen Rechten durch die An- bzw. Vormerkung der
Treuhänderschaft zerstört, im Übrigen hat der Treugeber (bzw. subsidiär der Begünstigte oder
der gerichtlich bestellte Treuhänder) dem Dritten nachzuweisen, dass er Kenntnis der
Treuhandeigenschaft bzw. der fehlenden Verfügungsberechtigung hatte122. Anzumerken ist, dass
das Gesetz mit „Wirkung [der Treuhänderschaft] gegenüber Dritten“ nicht immer dasselbe
meint: teilweise geht es um die Verfügungsmacht des Treuhänders (Art. 897), andernorts um
die Wirkung von Beschränkungen in der Verfügungsbefugnis gegenüber Dritten (Art. 912 und
910 Abs. 3).123
Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Frage nach der
Rechtszuständigkeit am Treuhandgut. Da diese für die Stellung der Beteiligten von einiger
Bedeutung ist, drängt sich an dieser Stelle eine eingehende Auseinandersetzung damit auf.
119 HAYTON/KORTMANN/VERHAGEN, S. 13 120 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 314 121 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 314 unter Verweis auf den Kurzen Bericht zum Personen- und Gesellschaftsrecht
(undatiert), in welchem die Treuhänderschaft mit der unselbständigen Stiftung und Anstalt gleichgesetzt wird 122 Beweislastverteilung folgt aus Art. 912 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 PGR 123 vgl. Abschnitt 4.4.2
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
21
4.4.24.4.24.4.24.4.2 Sachenrechtliche EinordnungSachenrechtliche EinordnungSachenrechtliche EinordnungSachenrechtliche Einordnung
4.4.2.14.4.2.14.4.2.14.4.2.1 AllgemeinesAllgemeinesAllgemeinesAllgemeines
Wie weiter oben (vgl. Abschnitt 2.2) ausgeführt, ist die Teilung der Rechtszuständigkeit für
den Common Law-Trust spezifisch durch den Dualismus von Law und Equity definiert
worden124. Es sollte allerdings davon abgesehen werden, von „geteiltem“ bzw. „gespaltenem
Eigentum“ zu sprechen sowie den Begriff „ownership“ in Bezug auf den Beneficiary zu
verwenden, wie dies traditionell gepflegt wurde125; präziser ist es, davon auszugehen, dass nur
der Trustee einen dem kontinentaleuropäischen Eigentum inhaltlich entsprechenden legal title
hat, während das beneficial interest (equity title) beim Beneficiary liegt und Ersterer somit in der
Verwendung der Trust Assets eingeschränkt ist126. Auch wenn diese modernere Auffassung
vielleicht nicht in derart offensichtlichem Widerspruch zum liechtensteinischen Sachenrecht vom
31. Dezember 1922 (LR 214.0; abgekürzt SR)127 zu stehen scheint wie die traditionelle, so darf
dennoch nicht übersehen werden, dass der Beneficial Interest dem Beneficiary Ansprüche gegen
Dritte geben kann, welche Teile des Trust Funds wrongfully (d.h. im Widerspruch zu
Bestimmungen des Trust) erworben haben128, was auf die Rechtsprechung des Equity Courts zu
Trusts bzw. Uses129 sowie die im Common Law fehlende scharfe Trennung von Sachenrecht
und Obligationenrecht130 zurückzuführen ist. Die Implementierung einer geteilten
Rechtszuständigkeit am Treugut ist – soviel sei vorweggenommen – im liechtensteinischen
Recht daher sicherlich nicht auf derselben dogmatischen Grundlage möglich, sondern der
Gesetzgeber musste eine eigene, der Civil Law-Tradition entsprechende Lösung
implementieren.
4.4.2.24.4.2.24.4.2.24.4.2.2 GermanischGermanischGermanischGermanisch----rechtliche Einflrechtliche Einflrechtliche Einflrechtliche Einflüsseüsseüsseüsse
In der Literatur wurden die sachenrechtlichen Verhältnisse bzgl. des Treuhandguts kontrovers
diskutiert:
BIEDERMANN, welcher die Treuhänderschaft ganz in der Tradition des angelsächsischen Trusts
begreift bzw. sie sogar als unveränderte Kopie dieses Common Law-Instituts auf Basis des
124 vgl. auch BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 296 125 vgl. z.B. MARXER, S. 111f, welcher zu Recht darauf hinweist, dass nur der Trustee einen legal title hat; ebenso
BIEDERMANN, Trust-Rezeption, S. 12f 126 EICHNER, S. 22 127 dieses wurde aus dem Schweizer ZGB übernommen 128 vgl. HAYTON/KORTMANN/VERHAGEN, S. 13 129 die geteilte gerichtliche Zuständigkeit existiert heute auch in England nicht mehr, die regulären Gerichte
anerkennen daher sowohl legal als auch equity titles und setzen diese durch 130 MARXER, S. 112
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
22
English Trustee Act 1925 sieht131, betrachtet den Treuhänder als Vollrechtsträger des
Treuguts132, was eine dinglich unbeschränkte und bedingungslose, jedoch obligatorisch
beschränkte Übertragung meint133. ZOBL verdeutlicht dies dahingehend, dass der Treuhänder
nach dieser Theorie „nicht als Eigentümer im Sinne des kontinentaleuropäischen Rechts
bezeichnet wird, dass aber seine gesetzliche Rechtsstellung funktionell am ehesten derjenigen
des Vollrechtsträgers, also eines Eigentümers, entspricht“. Hieraus eine Stellung des Treuhänders
entsprechend jener des englischen Trustee abzuleiten134, ohne eine Klärung der Rechtslage aus
kontinentaleuropäischer Sicht vorzunehmen, bedeutet letztlich, dass die Estate-Doktrin
stillschweigend in eine mit diesem inkompatible Civil Law-Ordnung importiert würde. Diese
allzu direkte Lösung des Problems der geteilten Rechtszuständigkeit ist daher m.E. dogmatisch
unbefriedigend. Obwohl BIEDERMANN als profunder Kenner des Trust Law zu bezeichnen ist und
seinem äusserst detaillierten Rechtsvergleich zwischen angelsächsischem Trust und
Treuhänderschaft zu Recht grosse Anerkennung zuteil wurde135, muss daher davon ausgegangen
werden, dass er in seinem Bestreben, die Treuhänderschaft als Rezeption des Trusts
darzustellen, in diesem Punkt etwas zu weit gegangen ist.
Andere Autoren, welche ZOBL als „Unentschlossene“ bezeichnet136, lassen das Problem der
Rechtszuständigkeit bewusst offen, da das Gesetz selbst es ebenfalls nicht explizit beantworte.
Dies ist m.E. von allen möglichen Lösungen die unbefriedigendste: namentlich kann man sich
nicht einfach damit begnügen, darauf zu verweisen, dass die Estate-Doktrin mit dem
liechtensteinischen Sachenrecht unvereinbar sei, denn es erscheint durchaus naheliegend, dass
der Gesetzgeber eine eigene Lösung, welche der angelsächsischen funktionell entspricht, aber
auf der Grundlage des Civil Law steht, implementiert hat.
Von diversen Autoren wurde daher nach weiteren Wurzeln der Treuhänderschaft bzw. nach
einer für eine Civil Law-Jurisdiktion passenden dogmatischen Lösung gesucht. Interessanterweise
bereits vor der Entwicklung der während langer Zeit dominanten Lehre BIEDERMANNS137– und
viele Jahre bevor sie in breite Kritik geriet –, hat etwa SCHNEIDER in seiner Dissertation das
131 vgl. BRAUN, S. 37; BIEDERMANN, Trust-Rezeption, S. 9f verwehrt sich allerdings (m.E. völlig zu Recht, wie noch zu
zeigen sein wird) gegen den Vorwurf an den Gesetzgeber bzw. den Redaktor WILHELM BECK, dass die Regelung
über die Treuhänderschaft ein blosser Abschrieb des Trustee Act sei 132 BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 369 133 BRAUN, S. 34 134 vgl. BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 369 Fn. 1, mit ausdrücklichem Bezug auf die Begriffe der legal und equity
titles 135 insbesondere der OGH hat sich in zahlreichen Entscheidungen auf seine Lehre berufen 136 ZOBL, S. 16f, er zählt dazu etwa GUIDO MEIER und MARCUS WYLER 137 vgl. exemplarisch WANGER, S. 199ff oder BAUER, S. 9
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
23
Treugut als Eigentum des Treugebers bezeichnet und darauf hingewiesen, dass der Treuhänder
wie der germanische Salmann nur ein Verwaltungsrecht erwerbe138.
4.4.2.34.4.2.34.4.2.34.4.2.3 Der Ansatz BöschsDer Ansatz BöschsDer Ansatz BöschsDer Ansatz Böschs
Weiterentwickelt wurde dieser Ansatz von BÖSCH, welcher die Treuhänderschaft entgegen
der Lehre BIEDERMANNS als „eine Symbiose zwischen trust des common law und
deutschrechtlicher Treuhand“139 bezeichnet und den Charakter des Treuguts als
Sondervermögen mit besonderer Verselbständigung betont. Er geht davon aus, dass auf den
Treuhänder nicht Eigentum, sondern nur ein dingliches Verwaltungsrecht übertragen werde140,
wie es aus der altdeutschrechtlichen Treuhanddoktrin bekannt ist141. MOOSMANN wiederum
glaubt in der gesetzlichen Konzeption eine ebenfalls auf das germanische Recht zurückgehende
resolutiv bedingte Eigentumsübertragung zu erblicken, wobei diese an die Einhaltung der
Bestimmungen der Treuhandurkunde geknüpft ist142.
Gegen den Erwerb von Eigentum (bzw. in BIEDERMANNSCHER Terminologie „Vollrecht“) des
Treuhänders am Treugut spricht für BÖSCH v.a. Art. 910 Abs. 3 PGR, wonach der Treuhänder
bei anderen als grundbücherlich eingetragenen Rechten ein dingliches Verwaltungsrecht143
innehat. Er nimmt daher in enger Auslegung des Wortlauts dieser Bestimmung an, dass durch
diese ein neues beschränktes dingliches Recht speziell für die Treuhänderschaft geschaffen
werde, welches dem Treuhänder ein Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das Treugut
einräume144.145
4.4.2.44.4.2.44.4.2.44.4.2.4 Eigener AnsatzEigener AnsatzEigener AnsatzEigener Ansatz
Nicht gänzlich zu überzeugen vermag diese Interpretation jedoch unter dem Licht der
Bestimmung über grundbücherlich eingetragene Rechte. Letztere sind nämlich gemäss Art. 912
Abs. 1 PGR „auf den Namen des Treuhänders zu übertragen“, wobei dem Zweck der
Treuhänderschaft entsprechende Verfügungsbeschränkungen als Vormerkung oder Anmerkung
138 SCHNEIDER, S. 80 139 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 300 140 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 295 141 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 303 142 MOOSMANN, S. 183ff; vgl. dazu Fussnote 163 dieser Arbeit 143 Art. 910 Abs. 3 PGR lautet: „Sofern sich Inhalt und Wirkung des Treuhandverhältnisses unter den Beteiligten und
Dritten nicht aus der Treuhandurkunde beurteilen lassen, gelten im übrigen die in diesem Titel enthaltenen
Vorschriften, wobei die über grundbuchliche Rechte eingetragene Treuhand gegenüber jedermann wirkt, während
der Treuhänder bei andern Rechten die Stellung eines Selbstberechtigten (dingliches Verwaltungsrecht) hat.“ 144 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 288 145 für Näheres zur Theorie von BÖSCH vgl. sogleich (Abschnitt 4.4.2.4)
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
24
im Grundbuch möglich sind (Art. 912 Abs. 1, letzter Satzteil PGR i.V.m. Art. 73 der
Grundbuchverordnung [LR 214.01; abgekürzt GBV])146. BÖSCH interpretiert dies in einer m.E.
mit dem Wortlaut dieser Bestimmung und dem Immobiliarsachenrecht unvereinbaren Weise als
rein formelle Überschreibung, welche lediglich zur Übertragung des dinglichen
Verwaltungsrechts, nicht aber des Eigentums am Grundstück führt147.
In dieser Bestimmung lässt sich jedoch eine andere, m.E. überzeugendere Lösung für das
Problem der Rechtszuständigkeit erkennen: tatsächlich erwirbt der Treuhänder in jedem Fall
Eigentum im streng sachenrechtlichen Sinn am Treugut148, doch ist dieses gerade nicht Vollrecht
wie bei BIEDERMANN, sondern dinglich belastet, sodass es inhaltlich auf ein dingliches
Verwaltungsrecht beschränkt ist. Damit kann der Treuhänder das Treugut zwar halten und
verwalten, darf es aber nicht in einer anderen Weise (insbesondere zum persönlichen
Gebrauch) verwenden. Verfügungsbeschränkungen können durch entsprechende
Bestimmungen in der Treuhandurkunde erlassen werden (so ausdrücklich Art. 910 Abs. 3,
erster Satzteil), jedoch entfalten diese gegenüber gutgläubigen Dritten keine Wirkung (Art. 912
Abs. 3). Bei grundbücherlich eingetragenen Rechten sind über eine An- oder Vormerkung
Verfügungsbeschränkungen möglich, welche den Treuhänder auch gegenüber beliebigen Dritten
an die Treuhandurkunde binden bzw. dem Treuhandverhältnis diesen gegenüber dergestalt
Wirkung verleihen, dass sie nicht gutgläubig Eigentum an Treugut-Gegenständen erwerben
können (Art. 912 Abs. 3 PGR)149.
Die übrigen dinglichen Rechte, welche aus dem Eigentum fliessen – namentlich das Recht zur
Nutzung –, sind hingegen als im Treugut als Sondergut verselbständigt zu betrachten, und
können vom Treugeber und allenfalls vom Begünstigten zugunsten des Treuguts geltend
gemacht werden. Dies zeigt sich z.B. an Art. 925 Abs. 5 PGR, welcher dem Treugeber (subsidiär
dem Begünstigten) das Recht gibt, zugunsten des Treuguts Ansprüche gegen den Treuhänder
geltend zu machen, wenn dieser das Treugut treuwidrig gebraucht.
146 ganz allgemein ist auch ZOBL, S. 22, der Ansicht, dass keine der erwähnten Lehrmeinungen vollauf zu befriedigen
mag, sodass sich die Entwicklung eines eigenen Ansatzes aufdrängt 147 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 317 148 BRAUN, S. 27, übersetzt „selbständiger Rechtsträger“ interessanterweise wie selbstverständlich mit dem
englischen Begriff „legal owner“, allerdings ohne die Treuhänderschaft als mit dem Trust völlig identisch zu
betrachten 149 ähnlich KOLLER, S. 8, für das schweizerische Recht, welcher darauf hinweist, dass die Anmerkung eines Trust-
Verhältnisses bei auf den Namen des Trustees eingetragenen Grundstücken im Grundbuch nach Art. 149d Abs. 1
IPRG-CH „den guten Glauben Dritter im Hinblick auf die [...] Aussonderung des Trustvermögens in der
Zwangsvollstreckung [zerstört]“; bezüglich Zwangsvollstreckung und Konkurs ist solches im liechtensteinischen
Recht freilich aufgrund Art. 915 Abs. 1 PGR nicht erforderlich
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
25
Diese Auslegung führt zum praktisch gleichen Ergebnis wie jene von BÖSCH und erklärt den
Begriff „dingliches Verwaltungsrecht“ in der mehrgenannten Bestimmung genauso gut, wenn
man ihn dahingehend interpretiert, dass der Treuhänder ein auf Letzteres beschränktes
Eigentum – ich möchte dieses als „treuhänderschaftliches Eigentum“150 bezeichnen – hält. M.E.
hat BÖSCH die Bestimmung von Art. 910 Abs. 3 dahingehend missverstanden, dass er die
„Wirkung gegenüber Dritten“ auf die Verfügungsmacht des Treuhänders anstatt auf die
Beschränkung der Verfügungsbefugnis bezogen hat; es geht vorliegend nicht darum, was der
Treuhänder kann, sondern was er gemäss der Treuhandurkunde darf bzw. inwieweit dies
gegenüber Dritten wirkt.151 Diese Interpretation passt sodann durchaus auch zur vom selben
Autor richtigerweise hervorgehobenen, weiter oben bereits erwähnten Konzeption des
Treuguts als Sondergut (vgl. Abschnitt 4.4.1). Diese zeigt sich nicht nur am Wortlaut von Art.
911 Abs. 4 („Treugut als Sondergut“), sondern manifestiert sich insbesondere in den
Bestimmungen von Art. 914 Abs. 920 Abs. 4, welcher es dem Treuhänder erlaubt, seine
Ansprüche aus der Treuhänderschaft unmittelbar gegen das Treugut geltend zu machen, sowie
Art. 916, welcher in seiner Überschrift von den „Gläubiger[n] des Treugutes spricht“ und in
seinem Abs. 4 die Möglichkeit eines besonderen Konkurses über das Treugut (sic!) gibt.
Demnach ist davon auszugehen, dass das Treugut – auch wenn es keine Rechtspersönlichkeit
erlangen kann – eine besondere Verselbständigung erreicht152. Dass der Treuhänder Eigentümer
des Treuguts ist, bildet hierzu keinen Widerspruch, im Gegenteil ist seine teilweise
Verselbständigung gerade deshalb zwingend nötig, um es vom übrigen Vermögen des
Treuhänders abzutrennen und dadurch eine geteilte Rechtszuständigkeit am Treugut zu
implementieren153; nichts anderes ist übrigens auch beim Trust der Fall, bei welchem ebenfalls
der Trust Fund als Sondergut konzipiert ist154. Deshalb spricht das Gesetz auch vom Treuhänder
als „selbständigem Rechtsträger“ (Art. 897 Abs. 1), da er das Treugut zwar zu Eigentum hält,
jedoch alle daraus fliessenden Rechte ausser das Verwaltungsrecht in jenem verselbständigt und
somit von der Rechtszuständigkeit des Treuhänders abgespalten sind. Die Bezeichnung des
Treugebers als „bisheriger Eigentümer“ im Gesetz (Art. 898 Abs. 1) passt übrigens ebenfalls in
150 der Ausdruck „treuhänderisches Eigentum“ wird wegen Verwechslungsgefahr mit der fiduziarischen Treuhand
bewusst vermieden 151 dies hat auch BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 466, zit. bei ZOBL, S. 21, erkannt 152 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 319 153 diesen Zusammenhang hat BÖSCH m.E. verkannt, indem er behauptete, die Konzeption des Treuguts als
Sondergut widerspreche der Stellung des Treuhänders als Eigentümer 154 vgl. GUTZWILLER, HTÜ-Referat, S. 8
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
26
dieses Bild, da das Treugut vollständig aus seinem Vermögen ausscheidet155. Wollte man den
Treuhänder nicht als treuhänderschaftlichen Eigentümer betrachten, so hätte man grösste Mühe,
einen anderen Träger des Eigentums zu benennen, da der Treugeber nach dem Wortlaut der
vorgenannten Bestimmung kaum in Frage kommt156, jegliche Anhaltspunkte für eine Übertragung
auf den Begünstigten fehlen und das Treugut über keine Rechtspersönlichkeit verfügt, womit es
nicht als selbständiger Träger in Frage kommt157.
Weitere Bestimmungen, auf welche BÖSCH seine Theorie über das dingliche
Verwaltungsrecht stützt, können in ähnlicher Weise mit dem Ansatz des Verfassers in Einklang
gebracht werden:
Art. 919 Abs. 3 PGR, welcher davon spricht, dass der Treuhänder „gleich einem
selbständigen Träger von Rechten und Pflichten, wie namentlich ein Eigentümer“ über das
Treugut zu verfügen berechtigt ist, ist dadurch zu erklären, dass sich der Gesetzgeber
offensichtlich veranlasst sah hervorzuheben, dass die Stellung des Treuhänders nicht jene eines
gewöhnlichen (d.h. vollberechtigten) Eigentümers ist, sondern er nur zur treuhänderischen
Verfügung berechtigt ist, welche ja nicht ihm persönlich, sondern dem Begünstigten zugute
kommt. Die gesetzliche Umschreibung des Treuhänders158 von Art. 897 PGR sodann, welche
ausdrücklich darauf hinweist, dass der Treuhänder mit Wirkung gegen Dritte handeln kann, lässt
sich nicht nur mit dem Ansatz BÖSCHS erklären, sondern ist durchaus nötig, um den begrenzten
Inhalt des treuhänderschaftlichen Eigentums (das Verwaltungsrecht) zu umschreiben. Auch die
Bestimmungen über das Retentions- und Verrechnungsrecht gegenüber dem Treugut (Art. 921
Abs. 2) sowie über die Ersitzung (Art. 926 Abs. 4 PGR) ergeben einen Sinn, wenn man die über
das Verwaltungsrecht hinausgehenden Eigentumsrechte als im Treugut verselbständigt
betrachtet; diese kämen ohne diese Regelungen sehr wohl für eine Ersitzung in Betracht, da sie
dem Treuhänder nicht wie sein übriges Vermögen zustehen.
Diese Lösung führt denn auch zum wünschbaren Ergebnis, dass der liechtensteinische
Treuhänder im Gegensatz zum fiduziarischen keine überschiessende Rechtsmacht über das
Treugut hat, da diese durch das beschränkte treuhänderschaftliche Eigentum auf den Zweck der
155 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 306, bringt diese Bestimmung mit seiner Theorie in Einklang, indem er annimmt,
dass das Treugut aus dem Vermögen des Treugebers ausscheidet (sog. Güteraussetzung), wodurch es zum
Sondergut wird 156 in ähnlicher Weise verweist ZOBL, S. 13, darauf, dass nach dem Gesetzeswortlaut weder der Begünstigte noch
der Treugeber Träger des Vollrechts sein können; auch BÖSCH, Treuhandrecht, S. 214, spricht richtigerweise davon,
dass das Treugut „nicht mehr im Eigentum des Treugebers [steht]“ 157 über letzteres Problem geht BÖSCH unter einem m.E. zu pauschalen Hinweis auf den „beachtlichen
Selbständigkeitsgrad“ (Treuhandrecht, S. 214) des Treuguts hinweg 158 BRAUN, S. 27: „These rules do not offer a definition of the institution of the Treuhänderschaft, the Liechtenstein
legislature having preferred instead to describe the concept of the Treuhänder”
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
27
Treuhänderschaft beschränkt wird. Die liechtensteinische Treuhänderschaft kommt deshalb dem
angelsächsischen Trust in diesem Punkt funktionell sehr nahe, obwohl der dogmatische Ansatz
ein anderer ist159. Dass nach dem hier vertretenen Ansatz der Numerus Clausus des
Sachenrechts in nicht unerheblichem Umfang spezialgesetzlich erweitert wird, wird
selbstverständlich nicht bestritten, ist aber auch bei BÖSCH, BIEDERMANN oder MOOSMANN der
Fall (vgl. Abschnitt 4.4.2.3) und letztlich unvermeidbar.
Die weiter oben noch offen gelassene Frage nach der sachenrechtlichen Qualifikation des
Verfügungsgeschäftes (vgl. Abschnitt 4.3) kann demnach wie folgt beantwortet werden: das
Verfügungsgeschäft der Errichtung besteht in der Übertragung des Eigentums am Treugut auf
den Treuhänder, welches allerdings kein Vollrecht, sondern inhaltlich auf das Verwaltungsrecht
beschränkt ist.
Diese Erkenntnisse werden im Folgenden benötigt, um die Stellung der an der
Treuhänderschaft Beteiligten zu beschreiben.
4.54.54.54.5 Die Beteiligten im AllgemeinenDie Beteiligten im AllgemeinenDie Beteiligten im AllgemeinenDie Beteiligten im Allgemeinen
Typischerweise sind an einer Treuhänderschaft der Treugeber, ein oder mehrere
Treuhänder, ein oder mehrere Begünstigte, sowie fakultativ weitere Personen (Protektoren,
Aufsichtsorgane, Kollatoren oder Kontrollstellen) beteiligt. Der Treugeber kann selbst als
Treuhänder fungieren oder sich als Begünstigten einsetzen. Der Treuhänder kann zugleich
Begünstigter sein, jedoch nicht einziger Begünstigter (Art. 927 Abs. 6 PGR). Somit müssen an
einer Treuhänderschaft mindestens zwei verschiedene natürliche oder juristische Personen
beteiligt sein, nämlich entweder ein Begünstigter, welcher zugleich Treugeber sein kann und ein
von ihm verschiedener Treuhänder, oder aber ein Treuhänder, welcher zugleich Treugeber sein
kann und ein von ihm verschiedener Begünstigter.
Nach korrekter Terminologie sind übrigens nicht nur jene Personen als Begünstigte im Sinne
des PGR zu verstehen, welche einen Rechtsanspruch auf die Begünstigung haben, sondern auch
alle, an welche effektiv eine solche ausgerichtet wird (vgl. Art. 927 Abs. 1 und 7 PGR) oder die
Anwärter sind (§ 39 Abs. 1 TrUG).160
Im Folgenden wird auf die einzelnen Beteiligten und ihre Beziehungen untereinander bzw.
zum Treugut eingegangen.
159 dasselbe gilt für den Ansatz BÖSCHS 160 vgl. Abschnitt 4.8
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
28
4.64.64.64.6 Der TreugeberDer TreugeberDer TreugeberDer Treugeber
Der Treugeber ist der „Begründer“161 oder m.E. besser „Errichter“ der Treuhänderschaft. Er
stellt durch Verpflichtungs- und anschliessendes Verfügungsgeschäft (vgl. Abschnitt 4.3) einen
beliebigen Teil seines Vermögens unter die Treuhand des Treuhänders (Art. 917 Abs. 1), und
erlässt in der Treuhandurkunde die Bedingungen der Treuhänderschaft162. Letztere können u.a.
Bestimmungen über den Rückfall des Treuguts an den Treugeber163 oder Anfall an Dritte (Art.
917 Abs. 1 PGR), die Abberufung bzw. den Ersatz des Treuhänders (Abs. 2) und der
Begünstigten (Abs. 3) umfassen. Präzisierend sei angemerkt, dass mehrere natürliche und / oder
juristische Personen als errichtende Treugeber fungieren können, und noch weitere Personen
nachträglich Vermögen als Treugut einbringen und somit zu Treugebern werden können164.
Hervorzuheben ist, dass die Bestimmungen in der Treuhandurkunde den Willen des
Treugebers abschliessend zum Ausdruck bringen müssen, d.h. der Treugeber darf sich weder
fortlaufende Weisungsrechte165 ausbedingen166 (Art. 918 Abs. 1 und 2 PGR), noch kann er die
Treuhandurkunde nachträglich ändern (Art. 918 Abs. 3)167 oder das Verpflichtungsgeschäft
widerrufen (es sei denn, es läge ein ausdrücklicher Vorbehalt oder eine Ausnahme nach Art.
907 Abs. 1 vor). Nach richtiger Ansicht bezieht sich Art. 918 Abs. 1 PGR nicht auf fortlaufende
Weisungen in der Treuurkunde selbst, sondern nur auf nach der Niederschrift der Urkunde
geäusserte Weisungen168. Zudem ist es dem Treugeber unbenommen, dem Treuhänder ein
161 WANGER, S. 200 162 vgl. zur Qualifikation als einseitiges Rechtsgeschäft den Abschnitt 4.3.2; betrachtete man die Vereinbarung nach
Art. 899 Abs. 1 PGR als Vertrag, so wäre der Ausdruck „erlässt“ durch „vereinbart mit dem Treuhänder“ zu
ersetzen 163 daraus leitet MOOSMANN eine resolutiv bedingte Eigentumsübertragung auf den Treuhänder her (S. S. 234),
übersieht dabei aber, dass dies zur Disposition des Treugebers steht und keineswegs durch das Gesetz vorgegeben
ist 164 vgl. CORTRUST AG, S. 7 165 zulässig ist aber die Ausbedingung einer Rücksprachepflicht mit dem Treugeber, SCHURTI, S. 220 unter Verweis
auf das OGH-Urteil 4 C 322/84-40 vom 8. Januar 1987 166 in diesem Fall würde einfacher Auftrag vorliegen (Art. 918 Abs. 2 PGR) und die Treuhänderschaft somit gar nicht
entstehen; BIEDERMANN, Trust-Rezeption, S. 11, interpretiert diese Bestimmung hingegen so, dass in diesem Fall
eine in einen Auftrag eingebettete Treuhänderschaft entstehe (m.E. unzutreffend, da hier gemäss OGH i.d.R. eine
Fiduzia entsteht, vgl. Abschnitt 3.2) 167 dies im Gegensatz zum Gründer bei der Anstalt 168 vgl. BRAUN, S. 28, welche zu Recht darauf hinweist, dass die gegenteilige Interpretation „[would be] illogical, be-
cause the Treugeber may in the instrument direct that the assets which he entrusts to the Treuhänder must be
invested in a particular way or for a certain period, and every such direction contains an element of continuity in a
certain sense“
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
29
weitgehendes Ermessen einzuräumen, sodass dieser beispielsweise die Begünstigten oder die
Höhe von Zuwendungen bestimmen kann.
Aus den genannten Vorschriften wird ersichtlich, dass die Treuhänderschaft – ähnlich wie die
Stiftung, aber weniger weitgehend – nach ihrer Errichtung eine gewisse Loslösung von der
Person des Treugebers erfährt. So bleibt sie denn auch bei Tod (bei natürlichen Personen) bzw.
Beendigung (bei anderen Treugebern), Handlungsunfähigkeit und Konkurs des Treugebers im
Regelfall bestehen (Art. 907 Abs. 4). Konsequenterweise können die Gläubiger des Treugebers
sodann auch ihre Ansprüche – unter Vorbehalt der jeweiligen Anfechtungsordnung (z.B. wegen
Verkürzung des Pflichtteilanspruchs oder Gläubigerbenachteiligung169)170 – nicht gegen das
Treugut geltend machen (Art. 914 Abs. 1).
Andererseits darf nicht übersehen werden, dass die im Gesetz dispositiv definierte Stellung
des Treugebers als Beteiligter am Treuhandverhältnis im Vergleich zum Settlor beim Trust eine
etwas andere ist, da er auch nach Errichtung der Treuhänderschaft eng in das Rechtsverhältnis
eingebunden bleibt. Man kann nach der gesamten gesetzlichen Konzeption durchaus davon
sprechen, dass der Treugeber als eine Art Auftraggeber des Treuhänders erscheint171, obwohl
das Treuhandverhältnis natürlich nicht Auftrag im Sinne des ABGB ist, da insbesondere
fortlaufende Weisungsrechte des Treugebers fehlen. So kann etwa der Treuhänder seine
Ansprüche aus der Treuhänderschaft gegen den Treugeber geltend machen (Art. 920 Abs. 2
PGR)172 und mit einer Frist von drei Monaten auf Ende des Kalenderjahrs kündigen (Art. 918
Abs. 2), während er im Gegenzug dem Treugeber – und nur subsidiär dem Begünstigten – für
Treuhandbruch haftet (Art. 924 Abs. 1). Auch sind bei der gerichtlichen Bestellung eines
Treuhänders die Wünsche des Treugebers in erster Linie zu berücksichtigen (Art. 904 Abs. 3)
und es kommen auf das Rechtsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder (nota bene: nur
zwischen diesen beiden) sogar die Bestimmungen über den Auftrag analog zur Anwendung
(Art. 926 Abs. 1)173. Diesen Umstand könnte man bedauern, wenn man ihn als unnötige
Abweichung vom Trust-Konzept begreifen würde174, allerdings haben m.E. die
Gesetzesredaktoren mit diesen Bestimmungen – die ohnehin dispositiv sind und daher
eigentlich gar nicht von einer prinzipiellen Abweichung gesprochen werden kann175 – durchaus
169 CORTRUST, S. 17 170 vgl. WATTER, welcher auf die Parallele dieser Vorschrift zur Schweizerischen Pauliana hinweist (S. 218, v.a. Rz.
176) 171 vgl. SCHNEIDER, S. 78; ebenso WEISER, S. 51 172 alternativ kann er dies allerdings auch gegen den Begünstigten oder das Treugut tun (Art. 920 Abs. 3 PGR) 173 dies allerdings nicht ausschliesslich, auch Vorschriften über die Familienstiftung und die Bürgschaft finden unter
Umständen entsprechende Anwendung (Art. 926 Abs. 2 und 3 PGR) 174 so offenbar WEISER, zit. in SCHNEIDER, S. 78, Fn. 4 175 vgl. dazu Näheres in Kapitel 7
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
30
eine bestimmte Absicht gezeigt: indem sie von einer allzu weitgehenden funktionalen
Annäherung der Treuhänderschaft (genauer: ihrer im Gesetz für den Fall fehlender
entgegenstehender Anordnungen des Treugebers vorgesehenen Ausgestaltung) an die Stiftung
– es sei daran erinnert, dass insbesondere im englischen Recht die foundation mittels purpose
trust errichtet wird – Abstand genommen haben, haben sie ihr bewusst einen eigenen
Charakter und damit wohl auch etwas mehr praktischen Anwendungsraum verliehen176.
4.74.74.74.7 Der TreuhänderDer TreuhänderDer TreuhänderDer Treuhänder
4.7.14.7.14.7.14.7.1 BestellungBestellungBestellungBestellung
Der Treuhänder, welcher durch die Treuhandurkunde177, oder vom Landgericht bestellt wird,
erlangt sein Amt durch schriftliche Zustimmung bzw. Annahmeerklärung (Art. 899 Abs. 1 und 2)
für die Bestellung durch den Treugeber und kann danach vom Treugeber bzw. dessen
Rechtsnachfolgern die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts verlangen (Art. 919 Abs. 1 und 2);
aus Art. 904 Abs. 4 folgt dasselbe für die gerichtliche Bestellung. Es können mehrere natürliche
oder juristische Personen wie auch Rechtsgebilde ohne Rechtspersönlichkeit (folgt aus Art. 909
Abs. 2) das Amt gemeinsam als Mittreuhänder ausüben (Art. 922 Abs. 3).
In jedem Fall muss mindestens eine Person mit Sitz bzw. Wohnsitz im Fürstentum als (Mit-
)Treuhänder eingesetzt werden (Art. 905), was den Vorteil hat, dass sich einer der Treuhänder
„always within the local courts’ reach“178 befindet. Die Vorschrift von Art. 900 Abs. 1, wonach
keine Pflicht zur Eintragung ins Öffentlichkeitsregister besteht, falls alle Treuhänder ihren Sitz im
Ausland haben, kann sich somit nur noch auf ausländische Trusts sowie Treuhänderschaften
nach ausländischem Recht beziehen179 oder umgekehrt ausgedrückt: damit eine
Treuhänderschaft liechtensteinischem Recht untersteht, muss mindestens ein Treuhänder
(Wohn-)Sitz in Liechtenstein haben.
Bezüglich der persönlichen Anforderungen ist weiter anzumerken, dass für die
geschäftsmässige Übernahme von Treuhänder-Mandaten (Art. 932 PGR) sowie der
176 für die liechtensteinische Stiftung im Speziellen muss dies allerdings etwas relativiert werden, da sich der Stifter
wie der Treugeber gewisse Einflussrechte vorbehalten kann (vgl. Art. 552 § 30 PGR) 177 wiederum wird das Verpflichtungsgeschäft einheitlich als einseitiges Rechtsgeschäft des Treugebers betrachtet;
wollte man die Vereinbarung gemäss Art 899 Abs. 1 PGR als Vertrag im Rechtssinn betrachten, so wäre im
vorliegenden Zusammenhang von übereinstimmenden Willenserklärungen von Treugeber und Treuhänder zu
sprechen 178 SCHURTI, S. 220, der allerdings aus praktischer Sicht darauf aufmerksam macht, dass „one trustee is [also] under
special ethical obligations – more stringent than his legal obligations – compliance with which is controlled by the
disciplinary authorities“ [Hervorhebung durch den Verfasser] 179 ähnlich WANGER, S. 202
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
31
gewerblichen Errichtung von Treuhänderschaften eine Bewilligung der Finanzmarktaufsicht
(FMA) nach dem Treuhändergesetz (LR 173.520; abgekürzt TrHG) erforderlich ist.
4.7.24.7.24.7.24.7.2 RechteRechteRechteRechte und Pflichten und Pflichten und Pflichten und Pflichten
Die gesetzliche Umschreibung des Treuhänders von Art. 897 PGR bezieht sich hauptsächlich
auf die Pflichten (und implizit die Rechte) des Treuhänders gegenüber (primär) dem
Begünstigten und (sekundär) dem Treugeber180: er hat das Treugut im Interesse des
Begünstigten zu verwalten und zu verwenden. Worin diese Pflicht im Einzelnen besteht, richtet
sich primär nach der Treuhandurkunde und ergänzend nach den (dispositiven) gesetzlichen
Bestimmungen in PGR und TrUG. Allgemein hat der Treuhänder die Sorgfalt eines ordentlichen
Geschäftsmannes anzuwenden (Art. 922 PGR). Da es sich um Fremd- und nicht um
Eigenvermögen handelt, geht dieser Sorgfaltsmassstab über jenen hinaus, den der Treuhänder
bei eigenem Vermögen anwenden würde181, was sich etwa daran zeigt, dass – ausser bei
„Sitztreuhänderschaften“182 – eine konservative Anlagestrategie gewählt werden muss (Art. 913).
Die Anforderungen an die Sorgfalt des Treuhänders dürften daher sogar noch etwas höher sein
als beim Trustee, welcher zur „diligentia quam in suis“183 verpflichtet ist. Dem Wesen der
Treuhänderschaft als Vermögenswidmung entsprechend hat der Treuhänder jedenfalls alles zu
unterlassen, was ihrem Zweck zuwiderläuft (Art. 922 Abs. 2), es treffen ihn aber durchaus auch
Pflichten zum aktiven Handeln, wenn die Umstände dies erfordern, was etwa Art. 922 Abs. 1
letzter Satzteil (Versicherungspflicht) zum Ausdruck bringt; letztere Bestimmung bezieht sich
zwar nur auf die sichere Verwahrung des Treuguts, ist aber m.E. exemplarisch zu verstehen, d.h.
der Treuhänder hat alles vorzukehren, um die sichere Verwahrung und die zweckgemässe
Verwendung des Treuguts sicherzustellen. § 28 Abs. 2 TrUG schreibt für das Treuunternehmen
sogar vor, dass der Treuhänder den Vorschriften der Treusatzung entgegenhandeln muss, wenn
es die Umstände im Hinblick auf die Grundsätze einer guten Geschäftsführung erfordern; diese
Vorschrift ist m.E. auf die Treuhänderschaft im Allgemeinen sinngemäss anwendbar. Daneben
hat der Treuhänder ein Vermögensverzeichnis zu führen und Rechnung zu legen (Art. 923)184,
und sofern er gewerbsmässig handelt, das Treugut von seinem übrigen Vermögen streng
abzusondern sowie ein Verzeichnis seiner Treuhänderschaften zu führen (Art. 922 Abs. 4 und
180 ähnlich MEIER, S. 18 181 MEIER, S. 19 182 als Sitztreuhänderschaften gelten solche, deren Treugut von einem Treugeber mit (Wohn-)Sitz im Ausland
stammt und die nur Begünstigte im Ausland hat, vgl. MEIER, S. 20; vgl. ausserdem Abschnitt 4.11 183 lat. ungefähr „Sorgfalt wie bei eigenem Vermögen“, vgl. WATTER, S. 197 184 dass ohne Bezeichnung einer Revisionsstelle der Treugeber Adressat der Rechnungsführung ist (Art. 923 PGR),
bringt wiederum die Stellung des letzteren als „Auftraggeber“ des Treuhänders zum Ausdruck
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
32
5). Er hat die Treupflichten sodann persönlich – bei mehreren Treuhändern kollektiv (Art. 922
Abs. 3) – zu erfüllen, soweit es auf seine Person ankommt (Art. 915 Abs. 5) und ausserdem
natürlich dann, wenn es die Treuhandurkunde vorsieht.
Im Gegenzug hat der Treuhänder für seine Dienste Anspruch auf ein Honorar (Treulohn)
sowie umfassende Schadloshaltung (Art. 920), wobei er diesen wie erwähnt gegen das Treugut
oder den Treugeber (subsidiär gegen den anspruchsberechtigten Begünstigten) geltend machen
kann (Art. 920 Abs. 3 und 4). Weitere Rechte ergeben sich wie selbstverständlich aus seinen
Verpflichtungen, so insbesondere das Recht, Verfügungen über das Treugut bzw. Handlungen
für dieses in seinem eigenen Namen vorzunehmen (Art. 919 Abs. 3)185.
4.7.34.7.34.7.34.7.3 Haftung für Schulden des TreugutsHaftung für Schulden des TreugutsHaftung für Schulden des TreugutsHaftung für Schulden des Treuguts
Für die Schulden des Treuguts gegenüber Dritten haftet der Treuhänder primär mit dem
Treugut und subsidiär persönlich mit seinem gesamten persönlichen (d.h. nicht aus anderen
Treuhänderschaften stammenden) Vermögen, bei mehreren Treuhändern haften diese
solidarisch. Der Treuhänder hat jedoch mangels anderer Vorschrift in der Treuhandurkunde ein
Rückgriffsrecht gegen den Treugeber und unter Umständen sogar gegen den Begünstigten186
(Art. 916 Abs. 1 PGR), Letzteres m.E. aber nur gegen den Anspruchsberechtigten. Diese
Regressregelung ist eine der auffälligsten Eigenheiten der Treuhänderschaft im Vergleich zum
Trust, da sie dem Common Law völlig unbekannt ist187, sie lässt sich indessen leicht dadurch
erklären, dass das Gesetz wie erwähnt von der Vorstellung ausgeht, dass der Treuhänder im
Auftrag des Treugebers (und im Interesse des Begünstigten) tätig ist.
Etwas unklar scheint indessen zunächst der letzte Satz von Art. 916 Abs. 1, welcher die
Haftung des Treuhänders (und damit auch den Regress) auf jene Fälle beschränkt, in denen dem
Dritten nicht nachgewiesen wird, dass er sich nicht auf eine weitergehende Haftung verlassen
hat. Diese Vorschrift geht auf die vor der Revision des PGR von 1980 geltende Unterscheidung
zwischen offener und verdeckter Treuhänderschaft zurück und basiert auf dem Gedanken, dass
es bei der offenen Treuhänderschaft Aufgabe des Dritten sei, sich über den Umfang der
Treumacht und des Treuguts zu vergewissern188. Da die „offene Treuhänderschaft“ durch die
Revision 1980 abgeschafft wurde, hat die Bestimmung ihren Sinn zumindest teilweise eingebüsst
185 somit ist die Verfügung über das Treugut nicht nur Können kraft treuhänderschaftlichen Eigentums, sondern auch
Dürfen kraft Treuhandurkunde 186 dies, wenn die Voraussetzungen für eine Anfechtung oder eine ungerechtfertigte Bereicherung gegeben sind
(Art. 916 Abs. 1 PGR) 187 BRAUN, S. 28 bezeichnet „the provisions relating to fiduciary liability for breach of trust [als] somewhat unusual“
[im Vergleich zum Trust]; hingegen sind diese aus der deutschrechtlichen Literatur teilweise bekannt, BÖSCH,
Treuhänderschaft, S. 292ff, vgl. auch BIEDERMANN, Treuhänderschaft, S. 371 188 FISCHBACH, S. 287f zit. in BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 292f
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33
und ist daher von BÖSCH als gesetzgeberisches Versehen bezeichnet worden189. Jedenfalls kann
die Offenlegung des Treuhandverhältnisses unter dem neuen PGR für sich allein sicher nicht
dazu führen, dass die persönliche Haftung wegfällt, denn Dritte haben keinerlei Einsicht in die
Treuhandurkunde und können somit eine allfällige Haftungsbeschränkung nicht von sich aus
erkennen. Art. 916 Abs. 1 letzter Satz kann deshalb nur als Beweislastregel konzipiert worden
sein190, und zwar dergestalt, dass dem Treuhänder und allenfalls weiteren Beteiligten der Beweis
obliegt, dass der Dritte eine allfällige Haftungsbeschränkung gekannt hat; nur in diesem Fall kann
der Treuhänder von der Haftung bzw. der Treugeber und allenfalls der Begünstigte vom
Regress befreit werden.
4.7.44.7.44.7.44.7.4 VerantwortlichkeitVerantwortlichkeitVerantwortlichkeitVerantwortlichkeit
Der Treuhänder haftet dem Treugeber oder sofern dieser fehlt, dem Begünstigten, für
Treuhandbruch (Art. 924 PGR), d.h. er hat Ersatz zu leisten für jeden Schaden, welcher aus der
Verletzung einer Treupflicht entsteht191. Auch wenn der Treugeber bzw. der Begünstigte den
Anspruch geltend machen kann, ist ein allfälliger Schadenersatz nicht an ihn, sondern an das
Treugut zu entrichten192. Die Haftung ist persönlich, unbeschränkt und bei mehreren
Treuhändern solidarisch, ausser es gelingt den übrigen Treuhändern der Beweis, dass sie den
Fehlbaren mit der Sorgfalt ordentlicher Geschäftsmänner überwacht haben (Art. 924 Abs. 2).
Der Treuhänder haftet sodann auch für das Verhalten Dritter, die er in irgendeiner Weise bei
der Ausübung seines Amts beigezogen hat, wobei das Rückgriffsrecht vorbehalten bleibt (Art.
924 Abs. 3). Nicht verantwortlich wird der Treuhänder dem Treugeber in jenem Sonderfall, wo
er auf dessen Auftrag hin Treuhandvorschriften verletzt (Art. 918 Abs. 4). Letztere Vorschrift
erscheint zunächst als Selbstverständlichkeit, ist jedoch insofern bedeutungsvoll, als sich der
Treugeber wie weiter oben (vgl. Abschnitt 4.6) ausgeführt keinerlei Weisungsrechte
ausbedingen kann; erteilt er dennoch Weisungen, die der Treuhänder (unzulässigerweise!)
befolgt, so können keine Schadenersatzansprüche zugunsten des Treuguts geltend gemacht
werden. Dies gilt m.E. entgegen dem Wortlaut auch für den Begünstigten, da der Treuhänder
diesem ja erst haftet, nachdem der Treugeber nicht mehr vorhanden ist und es daher nicht
einzusehen wäre, dass der Begünstigte nach dem Ableben bzw. der Beendigung des Treugebers
Ansprüche geltend machen könnte, die dieser nicht hatte. In der Praxis wird die Haftung des
189 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 294f 190 BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 320f 191 CORTRUST, S. 27, weisen zutreffend darauf hin, dass eine Schadenersatzpflicht nicht bei jedem Treuhandbruch
entsteht, sondern nur bei Entstehung eines Schadens 192 ähnlich CORTRUST, S. 28, die von einer Belangung zugunsten der Treuhänderschaft [m.E. richtiger: des Treuguts]
sprechen
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
34
Treuhänders oft auf Fälle von Grobfahrlässigkeit und Absicht beschränkt193, sodass er bei leichter
(und allenfalls mittlerer) Fahrlässigkeit nicht haftet.
Von der Haftung für Treuhandbruch zu unterscheiden ist jene für Geschäfte zu eigenen
Gunsten. Der Treuhänder darf keinerlei Vorteile aus dem Treuhandverhältnis ziehen, welche
seine Ansprüche auf Entschädigung und Ersatz übersteigen (Art. 925 Abs. 1), weshalb es ihm –
vorbehältlich anderer Bestimmungen in der Treuhandurkunde – verboten ist, Rechtsgeschäfte
mit dem bzw. zulasten des Treuguts einzugehen, welche über die ordentliche Verwaltung
hinausgehen (Art. 925 Abs. 2). Die Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot führt zu einer
Schadenersatzpflicht analog jener aus Treuhandbruch, d.h. der Treugeber, subsidiär der
Begünstigte, subsidiär ein vom Landgericht im Rechtsfürsorgeverfahren eingesetzter Treuhänder
(Art. 925 Abs. 5), kann Ansprüche zugunsten des Treuguts geltend machen194.
Im Fall, dass eine Vermischung von Treugut-Geldern mit persönlichen Geldern des
Treuhänders vorliegt, ist der Treuhänder verpflichtet, sie mit dem 1.5-fachen des landesüblichen
Zinssatzes zu verzinsen sowie allfällige damit erwirtschaftete Gewinne anteilsmässig
herauszugeben (Art. 925 Abs. 4).
4.7.54.7.54.7.54.7.5 Tod, Handlungsunfähigkeit, KonkursTod, Handlungsunfähigkeit, KonkursTod, Handlungsunfähigkeit, KonkursTod, Handlungsunfähigkeit, Konkurs
Bei Tod bzw. Beendigung oder Handlungsunfähigkeit des Treuhänders ist – sofern die
Treuhandurkunde nichts anordnet – durch die Rechtsnachfolger bzw. den Vormund dem
Landgericht Mitteilung zu erstatten (Art. 909 Abs. 1 PGR), welches im Verfahren nach Art. 904
einen Nachfolger bestimmt.
Fällt der Treuhänder in Konkurs, so bleibt er – vorbehältlich anderer Bestimmungen in der
Treuhandurkunde – im Amt, es sei denn der Richter ordnet sein Ausscheiden wegen
Gefährdung des Treuguts an. Ausserdem kann auf Antrag der Beteiligten oder der
Konkursverwaltung ein Mittreuhänder gerichtlich bestellt werden. (Art. 909 Abs. 5).
Die Treuhänderschaft besteht somit in all diesen Fällen ohne Weiteres fort, sofern nicht in
der Treuhandurkunde die Beendigung vorgesehen ist, was erneut eine gewisse Loslösung des
Treuhandverhältnisses von der Person des Treugebers erkennen lässt.
Von praktisch höchster Bedeutung ist sodann, dass das Treugut im Konkursfall des
Treuhänders als Fremdvermögen gilt (Art. 915 Abs. 1)195, womit seine Gläubiger keinerlei Zugriff
auf dieses haben; eine Ausnahme gilt nur für seine eigenen Ansprüche auf Ersatz und
193 WANGER, S. 207 194 hier spricht das Gesetz im Gegensatz zum Treuhandbruch explizit von einer Geltendmachung zugunsten des
Treuguts, was die Vermutung eines gesetzgeberischen Versehen bei der Bestimmung über den Treuhandbruch
bekräftigt 195 ZOBL, S. 29, weist darauf hin, dass diese Regelung im Wesentlichen jener des HTÜ (Art. 11 II lit. a-c) entspricht
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
35
Entschädigung. Präzisierend ist anzumerken, dass zum Treugut auch im konkursrechtlichen Sinne
nicht nur Sachen und Geld, sondern auch Forderungen gehören können; einzige Voraussetzung
für die Aussonderung eines bestimmten Wertes ist daher die Ausscheidbarkeit196. Indem das
Treugut aus dem Vermögen des Treuhänders ausgeschieden wird, geht es auf den
nachfolgenden Treuhänder über (Art. 915 Abs. 2). Ist dies nicht (rechtzeitig) möglich, weil das
Treugut mit dem übrigen Vermögen vermischt wurde, so haben die Gläubiger des Treuhänders
Zugriff auf das vermischte Vermögen197 und der Anspruch des Treugebers bzw. Begünstigten
geht auf Ersatz, wobei dieser allerdings den Ansprüchen aller anderen Gläubiger vorgeht (Art.
915 Abs. 3 und 4).
Diese Regelung gehört mit zu jenen, welche die Treuhänderschaft der fiduziarischen
Treuhänderschaft für den Rechtsanwender in manchen Anwendungsbereichen eindeutig
überlegen machen – während der Aussonderungsanspruch hier uneingeschränkt gilt, hat etwa
der Schweizer Treugeber diesen oftmals nicht, da das Bundesgericht den Treuhänder weiterhin
als vollberechtigten Eigentümer ansieht und (zumindest beim sog. echten Treuhandgeschäft)
gestützt auf den Wortlaut von Art. 401 Abs. 3 OR-CH die Aussonderung verweigert, weil der
Treuhänder den entsprechenden Vermögenswert nicht von einem Dritten, sondern vom
Treugeber selbst erworben hat198.
Die Behandlung des Treuguts als Fremdvermögen im liechtensteinischen Recht lässt sich
einerseits dogmatisch damit begründen, dass dieses ein Sondergut darstellt und daher von der
ganzen Konzeption des Gesetzes her nicht zum übrigen Vermögen des Treuhänders gehört199,
andererseits kann sie aber auch einfach als rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers
hingenommen werden200.
4.84.84.84.8 Der BegünstigteDer BegünstigteDer BegünstigteDer Begünstigte
Vom Begriff des Begünstigten (auch Treubegünstigter oder Treugeniesser, § 78 Abs. 4 TrUG)
sind alle natürlichen und juristischen Personen sowie anderen Rechtsgebilde erfasst, denen nach
den Bestimmungen der Treuhandurkunde ein gegenwärtiger oder zukünftiger Vorteil aus dem
Treuhandverhältnis zukommt und zwar unabhängig davon, ob ihnen ein Gegenstand des
196 ZOBL, S. 32 197 vgl. ZOBL, S. 30 198 BGE 117 II 429; vgl. auch BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 277 199 im Ergebnis ähnlich auch ZOBL, S. 32, der darauf verweist, dass „es sich beim Treugut wirtschaftlich um das
Vermögen der Begünstigten handelt“, was allerdings etwas ungenau ist, da der Anspruch der Begünstigten nicht auf
das Treugut, sondern auf die Begünstigung geht (vgl. Abschnitt 4.8) 200 ZOBL, S. 39
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
36
Treuguts oder ein Ertrag davon zukommt und ungeachtet dessen, ob sie einen Rechtsanspruch
haben oder nicht (vgl. § 78 Abs. 1).
Zu unterscheiden sind drei verschiedene Typen von Begünstigten: der
Begünstigungsberechtige bzw. Treugenussberechtigte [= Begünstigungsempfänger bzw.
Begünstigungsbesitzer mit Rechtsanspruch auf die Begünstigung] (§ 78 Abs. 2, 2. Satzteil), der
Begünstigungsempfänger bzw. Begünstigungsbesitzer ohne Rechtsanspruch (§ 78 Abs. 2, 1.
Satzteil) und der Anwartschaftsberechtigte (§ 78 Abs. 3); Letzterer ist nicht
Begünstigungsbesitzer, hat aber einen Rechtsanspruch darauf, in diese Position berufen zu
werden, sobald die Begünstigungsbesitzer weggefallen sind. Bei Streitigkeiten über den
Begünstigungsstatus einer bestimmten Person kann das Gericht angerufen werden, sei es
vorfrageweise oder in einem eigenständigen Verfahren (Art. 927 Abs. 4).
Die Widmung der Treuhänderschaft für einen Zweck anstatt an bestimmte oder
bestimmbare Personen201 ist möglich202, womit sie funktional dem Purpose Trust entspricht und
eine besondere Nähe zur Stiftung erhält. Sind weder Personen bestimmt bzw. bestimmbar oder
treten diese aus irgendeinem Grund den Begünstigungsbesitz nicht an und ist nicht ein Zweck
bezeichnet, so wird vermutet, dass der Treugeber zu seinen Lebzeiten Begünstigungsbesitzer ist
(§ 105 Abs. 1).
Der Begünstigte bzw. der Zweck wird in der Treuhandurkunde direkt oder indirekt
bestimmt. Letzteres ist etwa durch das Aufstellen von Bedingungen möglich, unter denen der
Begünstigte auszuwechseln ist (vgl. Art. 917 Abs. 3 PGR) oder auch durch die Delegation der
Bestimmung des Begünstigten an den Treuhänder oder einen anderen Beteiligten (sog. Kollator,
vgl. Abschnitt 4.9). Da die Begünstigten nicht nur in der Treuhandurkunde, sondern auch in
einem separaten Dokument genannt werden können, ist es möglich, ihre Anonymität selbst bei
Hinterlegung der Treuhandurkunde zu wahren203.
Der Treuhänder kann – sofern die Treuhandurkunde nichts anderes bestimmt – von jedem
Begünstigten zur Ausführung der Treubestimmungen angehalten (Art. 927 Abs. 1) und auf
Anrufung eines Begünstigten hin durch das Landgericht seines Amtes enthoben werden.
Begünstigungsberechtigte können ausserdem im Rechtsfürsorgeverfahren vom Landgericht die
Behebung von Mängeln, welche der Treuhänder durch treuwidrige Verfügungen herbeigeführt
hat, verlangen (Art. 927 Abs. 2); bei Letzterem ist jedoch die weiter oben behandelte Vorschrift
201 Bestimmbarkeit genügt, WANGER, S. 211; dieser Autor bezeichnet die Bestimmbarkeit an gleicher Stelle
(vorbehältlich der Zwecktreuhänderschaft) als Voraussetzung für die gültige Entstehung der Treuhänderschaft;
aufgrund der gesetzlichen Vermutung von § 105 Abs. 1 TrUG ist dies m.E. (obwohl korrekt) rein theoretischer
Natur 202 folgt aus Art. 927 Abs. 7 PGR 203 SCHURTI, S. 221
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
37
über den Gutglaubensschutz von Dritten zu beachten (vgl. Abschnitt 4.4.1). Die Durchsetzung
der Treubestimmungen obliegt somit wie beim Trust nach Common Law nach den dispositiven
Gesetzesbestimmungen primär dem Begünstigten; bedingt sich hingegen der Treugeber dies aus
bzw. ist er selbst Begünstigter und ist die Treuhänderschaft unwiderruflich (vgl. Art. 907 Abs. 1),
so gewinnt diese eine gewisse funktionelle Nähe zur fiduziarischen Verwaltungstreuhand, wie sie
etwa in der schweizerischen Rechtspraxis gebräuchlich ist204. Ist das Treugut einem bestimmten
Zweck gewidmet oder sind keine Begünstigungsberechtigten vorhanden, so werden die
Ansprüche, welche sonst Letzteren zustehen würden, durch den Vertreter des öffentlichen
Rechts auf Kosten des Treuguts wahrgenommen (Art. 927 Abs. 7); dies entspricht der
englischen Regelung, nach welcher in solchen Fällen der Attorney General hierfür zuständig ist.
In jedem Fall ergibt sich ein umfassender Schutz für die Begünstigten durch die gerichtliche
Aufsicht über die Treuhänderschaft (Art. 929), was wie einleitend erwähnt auch für den Trust
typisch ist205. Die Aufsicht kann indessen in der Treuhandurkunde oder durch das Landgericht
ausgeschlossen oder einer anderen Stelle übertragen werden (Art. 929 Abs. 1). Keine Aufsicht
besteht sodann bei Familientreuhänderschaften, wobei dort m.E. eine freiwillige Unterstellung
der Treuhänderschaft unter die Aufsicht des Landgerichts durch ausdrückliche Anordnung in der
Treuhandurkunde möglich sein muss.
Der Anspruch des Begünstigungsberechtigten auf die Ausrichtung der Begünstigung und des
Anwartschaftsberechtigten auf die Einsetzung als Begünstigungsbesitzer gegenüber dem
Treuhänder ist an sich obligatorischer und nicht dinglicher Natur206, was sich namentlich aus dem
Wortlaut von Art. 928 Abs. 1 PGR (Treuhandzertifikate) ergibt, welcher davon spricht, dass der
Inhaber des Treuhandzertifikats „Gläubigerrechte“ habe. Dies entspricht der hier vertretenen
Konzeption der Rechtszuständigkeit am Treugut, welche auf den Treuhänder und das Treugut
als Sondergut (und nicht etwa auf den Treuhänder und den Begünstigten) verteilt ist. Hingegen
können die Begünstigten – und zwar auch die nicht anspruchsberechtigten – unter Umständen
Ansprüche auch gegenüber Dritten zugunsten des Treuguts geltend machen, wie das
Spurfolgerecht207 gemäss Art. 912 Abs. 3 PGR zeigt; dies führt zu einer indirekten dinglichen
Wirkung der Begünstigtenrechte. Auch letztere Bestimmung fügt sich übrigens nahtlos in den
hier vertretenen Ansatz bzgl. Rechtszuständigkeit ein: das Treugut kann in Ermangelung der
Rechtspersönlichkeit die ihm als Sondergut zustehenden dinglichen Rechte nicht selbst geltend
204 für den Common Law-Trust WATTER, S. 198 205 vgl. auch SCHURTI, S. 225 206 so auch BIEDERMANN, zit. in ZOBL, S. 37, der darauf verweist, dass das Begünstigungsrecht trotz einer gewissen
Verdinglichung (vgl. sogleich) ein Recht in personam ist; gleicher Ansicht ist ebenfalls WANGER, S. 211f 207 Herausgabeanspruch gegenüber bösgläubigen Dritten
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
38
machen, weshalb dies durch den Begünstigten (bzw. den Treugeber) zu Gunsten des Treuguts
übernommen werden muss.
Schliesslich können über die Begünstigung nach den Bestimmungen der Treuhandurkunde
Treuhandzertifikate ausgegeben werden, welche – mangels anderer Bestimmungen – dem
Inhaber Gläubigerrechte auf den Genuss des Treuguts geben. Art. 928 Abs. 1 spricht zwar
davon, dass das Zertifikat „über das Treugut“ ausgegeben wird, der Wortlaut von § 114 Abs. 4
TrUG („über die Treubegünstigung“) ist jedoch m.E. zutreffender, da der Begünstigte nicht
Anspruch auf das Treugut an sich, sondern auf die aus der Treuhänderschaft fliessende und aus
dem Treugut auszurichtende Begünstigung hat208. Nach der dispositiven Regelung des Gesetzes
sind die Zertifikate wie Namenaktien übertragbar und in einem dem Aktienbuch
entsprechenden Verzeichnis zu erfassen (Art. 928 Abs. 3 PGR). Auch der aus dem Zertifikat
fliessende Anspruch ist obligatorisch mit indirekter dinglicher Wirkung, hingegen erwirbt der
Inhaber des Zertifikats m.E. Eigentum am entsprechenden Wertpapier. Mit dieser Ausgestaltung
kann einer Treuhänderschaft – insbesondere wenn die Zertifikate den Inhabern
Mitgliedschaftsrechte verleihen (vgl. 928 Abs. 2) – eine gewisse funktionale Nähe zu einer
Kapitalgesellschaft gegeben werden.
Fällt der Begünstigte in Konkurs bzw. wird gegen ihn die Zwangsvollstreckung eingeleitet, so
können seine Gläubiger Ansprüche gegen das Treugut nur insoweit geltend machen, als der
Begünstigte einen Anspruch gegen das Treugut hat; dies ist somit nur bei
Begünstigungsberechtigten möglich und nur in dem Umfang, wie sie zum relevanten Zeitpunkt
konkrete Ansprüche haben. Die Treuhandurkunde kann allerdings selbst für diesen Fall die
Unentziehbarkeit vorsehen (Art. 914 Abs. 2).
4.94.94.94.9 Die sonstigen BeteiligtenDie sonstigen BeteiligtenDie sonstigen BeteiligtenDie sonstigen Beteiligten
Wie bei den Trusts nach Common Law kann die Treuhandurkunde bei der
Treuhänderschaft nebst Treugebern, Treuhändern und Begünstigten weitere am
Treuhandverhältnis Beteiligte vorsehen, denen besondere Funktionen zukommen. Insbesondere
kann eine unabhängige Revisionsstelle eingesetzt werden (Art. 923 Abs. 2 PGR), welche für die
Prüfung der jährlichen Rechnungslegung zuständig ist209. Ausserdem können in der
Treuhandurkunde sog. Kollatoren zur Einsetzung und Entfernung von Begünstigten bestimmt
werden (§ 111 Abs. 1 TrUG), anstatt dass Letztere direkt bestimmt bzw. vom Treugeber
208 anderer Meinung bzgl. der Zertifikate ist offenbar BÖSCH, Treuhandrecht, S. 215, welcher aber nicht auf § 114
TrUG eingeht; warum für die Geschäftstreuhand in diesem Punkt etwas anderes gelten sollte, ist m.E. nicht
ersichtlich, sodass auf das TrUG als neueren und detaillierteren Erlass abgestellt werden sollte 209 ansonsten ist die Rechnung dem Treugeber (subsidiär dem Begünstigten, subsidiär dem Landgericht) abzulegen,
Art. 923 Abs. 2 PGR
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
39
benannt werden. Die Berechtigung bzw. Verpflichtung zum Vorschlag dieser Kollatoren
wiederum kann an Präsentatoren delegiert werden (§ 111 Abs. 2 und 3 TrUG). Sodann sieht
das TrUG – dessen Bestimmungen im vorliegenden Zusammenhang auf die Treuhänderschaft
entsprechende Anwendung finden – auch die aus dem Common Law bekannten protectors
(Protektoren) vor, welche über die Verleihung und Ausrichtung der Begünstigung wachen (§
111 Abs. 4)210.
Selbstverständlich steht es dem Treugeber frei, im Rahmen der dispositiven Bestimmungen
weitere Aufgaben in der Treuhandurkunde an Dritte zu delegieren211; da die eingesetzten
Personen hierdurch eigentliche Schlüsselpositionen übernehmen können, empfiehlt es sich in
der Praxis, ihre Funktion so genau wie möglich zu umschreiben212. Diese weitgehende
Gestaltungsfreiheit zeigt – wie überhaupt der Charakter der meisten gesetzlichen Bestimmungen
über die Treuhänderschaft als dispositives Recht sowie insbesondere jene über die Begünstigten
– die immense Flexibilität der Treuhänderschaft als Rechtsgebilde. Dieser Charakterzug verleiht
ihr einerseits eine bedeutende funktionelle Nähe zum Trust des Common Law, da sich mit ihr
wohl die meisten Trust-Formen nachbilden lassen, andererseits zeigt er aber auch die typisch
liechtensteinische Liberalität im Handelsrecht und die Bereitschaft, eigene (auch ungewohnte)
Wege zu beschreiten213.
4.104.104.104.10 Änderung und BeendigungÄnderung und BeendigungÄnderung und BeendigungÄnderung und Beendigung
Der Inhalt der Treuhandurkunde kann durch einen oder mehrere Beteiligte oder Dritte
abgeändert werden, sofern die Urkunde dies vorsieht (§ 165 Abs. 1 TrUG), ausserdem im
Einverständnis aller Beteiligten, wenn wichtige Gründe vorliegen und das GBOERA seine
Zustimmung erteilt (Abs. 2). Letzteres ist selbst dann zulässig, wenn es in der Treuhandurkunde
ausgeschlossen wurde (Abs. 2). Solange der Treugeber noch vorhanden ist, liegt hierin keine
Beschränkung seiner Macht über das Treuhandverhältnis, da er ja ebenfalls zustimmen muss214.
Hingegen können nach seinem Ableben bzw. Beendigung die übrigen Beteiligten seinem Willen
entgegen handeln. M.E. wird deshalb das GBOERA sorgfältig prüfen müssen, ob die angestrebte
Änderung dem hypothetischen Willen des Treugebers entspricht und darf sie nur in diesem Fall
genehmigen215. Daneben kann eine Änderung durch das Landgericht im Rechtsfürsorgeverfahren
210 vgl. SCHURTI, S. 222, welcher hervorhebt, dass keiner der Protektoren im Inland (Wohn-)Sitz haben muss 211 so z.B. die Einsetzung bzw. Abberufung des Treuhänders (im Common Law ebenfalls als protector bezeichnet) 212 WATTER, S. 198 213 vgl. insbesondere weiter oben zur Anstalt (Abschnitt 3.4) 214 ausser bei entgeltlichem Erwerb der Begünstigung, WANGER, S. 217 215 dies dürfte namentlich unter die Pflicht des GBOERA zur „sorgfältigen Prüfung aller Umstände“ (§ 165 Abs. 2
TrUG) fallen
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
40
vorgenommen werden, wobei das Stiftungsrecht sinngemäss anwendbar ist (Art. 910 Abs. 4).
Selbstverständlich kann auch die Urkunde selber Änderungen vorsehen, etwa nach Ablauf eines
bestimmten Zeitraums oder beim Eintritt einer bestimmten Bedingung (etwa dem Tod des
Treugebers).
Das Treuhandverhältnis ist mangels explizitem Widerrufsvorbehalt des Treugebers
unwiderruflich (Art. 907 Abs. 2 PGR). Die Treuhänderschaft endet nach Vorschrift der
Treuhandurkunde und bei ersatzlosem Untergang des Treuguts (Art. 906 Abs. 1), in der Regel
nicht aber wegen Kündigung oder Konkurs des Treuhänders, Tod bzw. Beendigung des
Treugebers216. Ausserdem ist die Beendigung wie die Änderung durch Zustimmung aller
relevanter Beteiligter möglich (§ 17 Abs. 2 Ziff. 2 TrUG), wobei darunter alle Treuhänder,
Begünstigten und allenfalls Anwärter sowie bei unentgeltlichem Erwerb der
Begünstigungsberechtigung auch der Treugeber zu verstehen sind217. Da § 17 Abs. 2 Ziff. 2
TrUG ausserdem besagt, dass die Zustimmung des Treugebers aus wichtigen Gründen durch
das GBOERA ersetzt werden kann, ist die Bestimmung m.E. so zu interpretieren, dass der
Treugeber in der Treuhandurkunde die Beendigung durch Zustimmung der genannten
Beteiligten nicht wegbedingen kann, sondern nur eine mildere Beendigungsregel (z.B. durch
Zustimmung aller Begünstigten) anordnen kann. In allen Fällen steht darüber hinaus das
Verpflichtungsgeschäft unter dem Vorbehalt der Anfechtung nach der jeweiligen
Anfechtungsordnung (Art. 907 Abs. 2 PGR i.V.m. Art. 64ff der Rechtssicherungs-Ordnung vom
9. Februar 1923 [LR 283.0; abgekürzt RSO]), z.B. bei Verfügungen von Todes wegen nach § 565
ABGB.
Anzumerken ist noch, dass die Regierung von der Möglichkeit der Festsetzung eines
Höchstzeitraums für Treuhänderschaften gemäss § 17 Abs. 2 Ziff. 3 TrUG auf dem
Verordnungsweg bis heute offenbar nicht Gebrauch gemacht hat, sodass eine Treuhänderschaft
theoretisch ewig fortbestehen kann. M.a.W. existiert keine der rule against perpetuities des
Common Law218 entsprechende zeitliche Begrenzung219.
216 vgl. weiter oben zum Treugeber und Treuhänder (Abschnitte 4.6 und 4.7.5) 217 vgl. WANGER, S. 217 218 SCHURTI, S. 216; vereinfacht ausgedrückt besagt diese Common Law-rule in Bezug auf Trusts, dass letztere nicht
länger als 21 Jahre nach dem Ableben des Settlors fortbestehen können, und hat zum Zweck, eine übermässige
zeitliche Einflussnahme auf Vermögen durch bereits Verstorbene zu verhindern, vgl. SCHIEMANN, S. 73ff 219 so auch BRAUN, S. 29
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
41
4.114.114.114.11 Exkurs: Exkurs: Exkurs: Exkurs: BesteuerungBesteuerungBesteuerungBesteuerung
Obwohl diese Arbeit sich primär aus handelsrechtlicher Sicht mit der Treuhänderschaft
beschäftigt, soll an dieser Stelle – nicht zuletzt aus aktuellem Anlass220 – ein kurzer Überblick
über die Besteuerung in Liechtenstein gegeben werden:
Bei Common Law-Trusts kommt es für die Besteuerung – genauer für die Frage nach dem
Steuersubjekt – sehr darauf an, wie der Trust in concreto ausgestaltet ist. Generell lässt sich
sagen, dass die Möglichkeiten des Settlors, auf den jeweiligen Trust nach seiner Errichtung
Einfluss zu nehmen, darüber entscheiden, ob das Trustvermögen wirtschaftlich dem Settlor oder
dem Trustee zugerechnet wird und somit, wer für dieses besteuert wird221. Dies spielt
namentlich im internationalen Verhältnis eine entscheidende Rolle, wenn ein Trust zwecks
Steueroptimierung im Ausland errichtet wird.
In Liechtenstein gibt es eine klare Regelung der Besteuerung des Treuhandvermögens222 im
Steuergesetz vom 30. Januar 1961 über die Landes- und Gemeindesteuern (LR 640; abgekürzt
SteuerG), wonach der Treuhänder Vermögens- und Erwerbssteuern für das Treuhandvermögen
zu entrichten hat (Art. 31 Abs. 1 lit. 3 SteuerG). Eine Spezialregelung gilt für solche
Treuhänderschaften, welche im Inland keine geschäftliche oder kommerzielle Tätigkeit
ausüben223 und deren Vermögen von einem Treugeber mit (Wohn-)Sitz im Ausland stammt224
und für Begünstigte im Ausland bestimmt ist225. Diese sind steuerlich den sog. Sitzunternehmen
gleichgestellt, weshalb der Treuhänder für das Treuvermögen lediglich eine Kapitalsteuer von 1
‰ zu entrichten hat (Art. 84 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SteuerG), mindestens aber CHF 1'000.- pro
Jahr (Art. 84 Abs. 4 SteuerG); hingegen fallen keinerlei Erwerbs-, Gewinn- oder
Vermögenssteuern an.
Die steuerliche Behandlung ist daher nicht nur in jedem Fall klar – Steuersubjekt ist stets der
Treuhänder – sondern bei „Sitztreuhänderschaften“226 auch äusserst attraktiv, obgleich nicht ganz
so günstig wie bei Sitzstiftungen, welche in den Genuss eines nochmals reduzierten
220 kurz vor der Einreichung dieser Arbeit hat Liechtenstein gegenüber der OECD erklärt, den „Internationally
Agreed Tax Standard“ umsetzen zu wollen, weshalb das Fürstentum nun wie die Schweiz auf der sog. „Grauen
Liste“ rangiert, allerdings im Gegensatz zur Schweiz explizit als „Tax Haven“ (Steueroase) tituliert wird; vgl. OECD,
Progress Report [vgl. Internetquellen-Verzeichnis] 221 AMMON, S. 83f 222 Steuerobjekt ist nicht etwa die Treuhänderschaft, sondern das Treugut 223 Art. 84 Abs. 1 SteuerG; darunter ist zu verstehen, dass sie höchstens ein Büro betreiben und keinen
geschäftlichen Kontakt zu Inländern haben 224 Umkehrschluss aus Art. 34 Abs. 1 lit. 3 SteuerG 225 MEIER, S. 37 226 der Begriff ist als Analogie zu den Sitzunternehmen gemeint, ist allerdings etwas unpräzise, weil
Treuhänderschaften keinen eigentlichen Sitz haben
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
42
Kapitalsteuersatzes von 0.75 ‰ (ab CHF 2 Mio. Vermögen) bzw. 0.5 ‰ (ab CHF 10 Mio.)
kommen227. Eine liechtensteinische Treuhänderschaft gibt daher Ausländern optimale
Voraussetzungen zur legalen Steueroptimierung228.
Gewisse spezifische Vorteile ergeben sich auch im Verhältnis zu Stiftungen und anderen
Gesellschaften des liechtensteinischen Rechts: da die Errichtung ohne jede Mitwirkung einer
Behörde möglich ist, wird der Rechtsanwender schneller und in den meisten Fällen wohl auch
günstiger zum Ziel gelangen, als mit der Gründung einer Gesellschaft; dies gilt insbesondere für
kleinere Treuvermögen, da kein Mindestkapital erforderlich ist, sowie bei Treuhänderschaften
mit kurzer geplanter Laufzeit, weil während der ersten 12 Monate weder eine Eintragung ins
Öffentlichkeitsregister noch eine Hinterlegung der Urkunde erforderlich ist. Sodann dürfte die
Treuhänderschaft aufgrund ihrer (zumindest funktionalen) Ähnlichkeit zum Trust besonders für
Rechtsanwender aus dem englischen und angloamerikanischen Raum interessant sein, da ihnen
diese Rechtsform einigermassen vertraut ist229.
5555 Der Business Trust nach liechtensteinischem RechtDer Business Trust nach liechtensteinischem RechtDer Business Trust nach liechtensteinischem RechtDer Business Trust nach liechtensteinischem Recht
(Geschäftstreuhand)(Geschäftstreuhand)(Geschäftstreuhand)(Geschäftstreuhand)
5.15.15.15.1 AllgemeinesAllgemeinesAllgemeinesAllgemeines
Die Geschäftstreuhand als Rechtsform wurde durch das Gesetz vom 10. April 1928 über das
Treuunternehmen (TrUG) als Teil des PGR (Art. PGR 932a) eingeführt und umfasst 170
Paragraphen. Der enorme Umfang dieses Erlasses (er umfasst 118 Seiten) ist primär darauf
zurückzuführen, dass der Gesetzgeber ein – selbstverständlich dispositives – vollständiges
Muster-Statut (auch Treusatzung oder Satzung)230 eines Treuunternehmens im Gesetz selbst zur
Verfügung stellen wollte, um die Handhabung für den Rechtsanwender zu erleichtern231.
Terminologisch ist in diesem Zusammenhang vorab anzumerken, dass sich der Begriff
„Geschäftstreuhand“ nicht auf die „geschäftliche“ (gemeint: gewerbsmässige) Offerierung von
Treuhanddienstleistungen bezieht, sondern auf die treuhänderische Führung eines „Geschäfts“
227 Art. 85 Abs. 1 SteuerG 228 zur Steuerhinterziehung (tax evasion) ist typischerweise primär Anonymität bzw. Intransparenz erforderlich, die
tiefen Steuersätze für Sitzunternehmen und –Treuhänderschaften sind hingegen auf die legale Optimierung
ausgerichtet; Voraussetzung ist freilich, dass der Begünstigte die ihm zufliessende Begünstigung an seinem Wohnsitz
als Einkommen versteuert (sofern in der jeweiligen Jurisdiktion erforderlich), was aber – vorbehältlich der Amtshilfe
– ausserhalb des Einflusses der liechtensteinischen Behörden liegt 229 vgl. Kapitel 8 230 die Treusatzung entspricht nicht der Treuhandurkunde bei der Treuhänderschaft, vgl. Abschnitt 5.2 231 KOMMISSIONSBERICHT, S. 10
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
43
(gemeint: Unternehmens), was bei Laien zur Gefahr der Verwechslung mit anderen
Rechtsformen führen könnte232.
Aufgrund des Umstands, dass die Geschäftstreuhand233 nach dem Willen des Gesetzgebers
lediglich eine Art der Treuhänderschaft darstellt234, und die separate Kodifizierung somit im
Wesentlichen auf das praktische Bedürfnis nach einer möglichst klaren Regelung zurückzuführen
ist235, würde eine ausführliche eigene Behandlung des Treuunternehmens allerdings ohnehin
weitgehend zu einer Gesetzesparaphrasierung verkommen. Diese Ansicht stützt auch die
Feststellung, dass das Treuunternehmen in der Literatur meist eher beiläufige Erwähnung
gefunden hat. Im Folgenden wird daher nur auf die Besonderheiten eingegangen, welche sich
gegenüber den anderen Treuhänderschaften ergeben; in diesem Zusammenhang ist die
Unterscheidung zwischen Treuunternehmen mit und ohne Rechtspersönlichkeit grundlegend,
weshalb die folgenden beiden Abschnitte sich hiernach richten.
5.25.25.25.2 Das Treuunternehmen ohne RechtspersönlichkeitDas Treuunternehmen ohne RechtspersönlichkeitDas Treuunternehmen ohne RechtspersönlichkeitDas Treuunternehmen ohne Rechtspersönlichkeit
Als „eigentliche Geschäftstreuhand“ bzw. „eigentliches Treuunternehmen“ wird vom Gesetz
nur diejenige Form ohne Rechtspersönlichkeit bezeichnet (§ 1 Abs. 1 TrUG). Sie entspricht von
ihrer Struktur her weitgehend einer gewöhnlichen Treuhänderschaft236 und lässt sich in etwa
folgendermassen generell umschreiben:
Eine Geschäftstreuhand hat die Führung eines rechtlich verselbständigten, organisierten,
wirtschaftlichen oder anderen Zwecken dienenden, mit eigenem Vermögen bewidmeten
Unternehmens ohne Rechtspersönlichkeit durch einen oder mehrere Treuhänder nach den
Bestimmungen der Treusatzung im Interesse der Begünstigen zum Gegenstand (vgl. § 1
TrUG)237. Die Geschäftstreuhand ist daher wie die Treuhänderschaft im Allgemeinen ein
232 der Verwechslungsgefahr entgegenzuwirken, war übrigens auch einer der Beweggründe für die Kodifikation der
Geschäftstreuhand, wie aus dem KOMMISSIONSBERICHT, S. 9 deutlich wird 233 dieser Begriff, welcher im Gesetz als Synonym zu Treuunternehmen verwendet wird, ist eine deutsche
Übersetzung von business trust 234 so wörtlich im KOMMISSIONSBERICHT, S. 10: „[...] die Treuhänderschaft, von der das Treuunternehmen nur eine
Art ist [...]“ 235 in dieser Richtung äussert sich auch SCHNEIDER, S. 81, Fn. 1, welcher die ausführliche Regelung auf die fehlende
Tradition dieser Rechtsform in Liechtenstein zurückführt 236 so auch BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 315f; dies ergibt sich m.E. zweifelsfrei aus der gesetzgeberischen Konzeption
der Geschäftstreuhand als Art der Treuhänderschaft (vgl. Abschnitt 5.1) 237 sehr ähnlich auch die Beschreibung des Massachusetts Business Trust durch den U.S. Supreme Court in Hecht v.
Malley, 265 U.S. 144 (1924): “The ‘Massachusetts Trust' is a form of business organization, common in that State,
consisting essentially of an arrangement whereby property is conveyed to trustees, in accordance with the terms of
an instrument of trust, to be held and managed for the benefit of such persons […].”
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
44
Treuhandverhältnis. In funktionaler Hinsicht speziell ist jedoch, dass das Vermögen nicht wie bei
Letzterer (direkt) den Begünstigten gewidmet wird, sondern dem Treuunternehmen, welches
seinerseits vom Treuhänder im Interesse der Begünstigten geführt wird.
Die Möglichkeiten der Ausgestaltung sind äusserst vielfältig. Beispielsweise lassen sich
Geschäftstreuhände danach klassifizieren, ob ein kaufmännisches Unternehmen betrieben wird
oder nicht (§ 3 Abs. 2 TrUG), nach der gewählten Haftungsregelung (insbesondere § 36 TrUG),
danach, ob Wertpapiere ausgegeben werden (§ 23 TrUG), oder ob die Begünstigten
Mitgliedschaftsrechte haben (§42 TrUG).238
Eine wichtige Abweichung zur Treuhänderschaft im Allgemeinen liegt bzgl. der Errichtung
darin, dass der Öffentlichkeitsregistereintrag beim Treuunternehmen im Gegensatz zu Ersterer
konstitutiv ist (§ 7 Abs. 1 TrUG). Die ursprüngliche Gesetzesfassung von 1928239 sah eine
konstitutive Wirkung nur für den Fall vor, dass ein kaufmännisch betriebenes Gewerbe geführt
wurde, seit der Revision von 1980240 gilt dies jedoch für sämtliche Treuunternehmen, wobei der
Eintragung heilende Wirkung in Bezug auf Mängel zukommt (§ 6 Abs. 3). Eine Hinterlegung
anstatt der Eintragung ist nicht möglich, der Eintrag muss eine ganze Reihe von Informationen
enthalten und es ist eine öffentliche Bekanntmachung gemäss Art. 958 PGR nötig (§ 15 TrUG),
welche allerdings den Inhalt der Treusatzung nicht erfasst241. Daraus ergeben sich insbesondere
Besonderheiten bezüglich der Haftung für Schulden des Treuunternehmens242 im Vergleich zur
Treuhänderschaft im Allgemeinen: wie weiter oben ausgeführt (vgl. Abschnitt 4.7.3), haftet dort
der Treuhänder für Schulden des Treuguts unbeschränkt, sofern der Dritte gutgläubig war
(wobei die Beweislast dem Treuhänder obliegt). Der gute Glaube wird hier hingegen durch den
Eintrag des Treuunternehmens und dem Auftritt desselben unter einer eigenen Firma zerstört243,
sodass in der Regel keine persönliche Haftung der Treuhänder besteht (§ 36 TrUG).
Bedeutsam ist sodann auch die soeben erwähnte gesetzliche Terminologie bzgl. der Haftung,
welche auch andernorts in ähnlicher Weise zum Ausdruck kommt: es wird von
„Verbindlichkeiten des Treuunternehmens“ (§ 36 Abs. 1) gesprochen, anstatt von „Schulden des
Treuguts“ wie bei der Treuhänderschaft im Allgemeinen. Der Grund liegt m.E. darin, dass in
dieser Bestimmung mit „Treuunternehmen“ das treuhänderschaftlich geführte Unternehmen
und nicht etwa das Treuhandverhältnis an sich gemeint ist. Dass das Treuhandverhältnis nicht
238 zum Ganzen vgl. KOMMISSIONSBERICHT, S. 11-13 239 LGBl. 1928 Nr. 6 240 LGBl. 1980 Nr. 39 241 ergibt sich aus Art. 956 i.V.m. 958 und 958a PGR 242 zu dieser Terminologie („Schulden des Treuunternehmens“) vgl. nächster Absatz 243 vgl. die ähnlichen Ausführungen von KOLLER, S. 8, für das schweizerische Recht in Bezug auf Trusts nach
ausländischem Recht
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
45
mit dem treuhänderisch geführten Unternehmen identisch ist, zeigt sich sogar explizit an der
gesetzlichen Bestimmung von § 11 Abs. 1 TrUG, welche zwischen der Errichtung der
Treuurkunde und der Aufstellung der Treusatzung unterscheidet: Ersteres bezieht sich auf das
Treuhandverhältnis, Letzteres auf das vom Treuhänder zugunsten der Begünstigten zu führende
Unternehmen. Desweiteren schreibt § 9 Abs. 1 vor, dass die Treusatzung in die Treuurkunde
integriert oder in einer separaten Urkunde aufgestellt werden kann, was wiederum zeigt, dass es
sich zumindest inhaltlich um zwei getrennte Rechtsinstrumente handelt. Zur Vermeidung
terminologischer Unklarheiten sollte daher m.E. generell von „Geschäftstreuhand“ gesprochen
werden, wenn das Treuhandverhältnis gemeint ist, und von „Treuunternehmen“, wenn auf das
treuhänderschaftlich geführte Unternehmen Bezug genommen wird. Nach der hier vertretenen
Auffassung wird somit streng genommen das Treuunternehmen in das Öffentlichkeitsregister
eingetragen, das Treuhandverhältnis (Geschäftstreuhand) hingegen kommt durch die
Rechtsform zum Ausdruck. Für die Errichtung des Treuunternehmens sind somit die
Verpflichtung des Treugebers durch die Treuurkunde, das Aufstellen der Treusatzung sowie die
Verfügung nötig, welche in der Übertragung des Treufonds auf die Treuhänder und der
anschliessenden Eintragung des Treuunternehmens im Öffentlichkeitsregister besteht.
Vom so verstandenen Treuunternehmen abzugrenzen sind die Begriffe des Treufonds und
des Treuvermögens. Unter dem Ersterem ist ein dem Grundkapital der Aktiengesellschaft
vergleichbares Vermögen244 zu verstehen, d.h. es handelt sich um das dem Treuunternehmen
gewidmete Vermögen (§ Art. 22), welches wie bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und
anderen Verbandspersonen mindestens CHF 30'000.- betragen muss. Als Treuvermögen wird
hingegen das gesamte Vermögen des Treuunternehmens245 bezeichnet246, wobei das Gesetz
explizit von einem Sondergut spricht (§ 25 Abs. 1). Das Treuvermögen entspricht somit
„rechnerisch“ dem Treugut bei der allgemeinen Treuhänderschaft, während der Treufonds
dieser nicht bekannt ist. Funktional entspricht hingegen das Treugut in gewisser Hinsicht auch
dem Treuunternehmen, da bei der Geschäftstreuhand den Begünstigten letztlich ein
Unternehmen und nur indirekt der Treufonds gewidmet wird. Das Treuunternehmen an sich ist
m.E. ebenfalls als Sondergut im treuhänderschaftlichen Eigentum des Treuhänders zu
qualifizieren, da das Gesetz den Treuhänder als „treuhänderischen Inhaber“ bezeichnet (§ 1)
und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass der Gesetzgeber das Unternehmen anders
244 KOMMISSIONSBERICHT, S. 11 245 diese gesetzliche Bezeichnung ist etwas unscharf, da das Treuunternehmen mangels Rechtspersönlichkeit
natürlich nicht Eigentümerin eines Vermögens sein kann; präziser ist es, von zugunsten des Treuunternehmens vom
Treuhänder treuhänderschaftlich gehaltenen Vermögen zu sprechen 246 WANGER, S. 240f
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
46
behandeln wollte als Treuvermögen und Treufonds bzw. Treugut bei der Treuhänderschaft im
Allgemeinen.
Die Verhältnisse lassen sich somit dahingehend definieren, dass der Treuhänder zunächst
treuhänderschaftlicher Eigentümer des Treufonds wird, welchen er zur Führung eines
Unternehmens zugunsten der Begünstigen zu verwenden hat. Zum Zeitpunkt der Errichtung
der Geschäftstreuhand und der Gründung des Treuunternehmens besteht somit das
Treuvermögen ausschliesslich aus dem Treufonds. Fällt dem Treuhänder weiteres Vermögen
durch den Betrieb des Unternehmens zu, so gehört dieses ebenfalls zum Treuvermögen als
Sondergut; der Treufonds bleibt jedoch eine eigene Vermögensmasse innerhalb des
Treuvermögens, d.h. eine Art Grundkapital zugunsten des Treuunternehmens.
Wertpapiere wie Zertifikate werden übrigens wie bei der Treuhänderschaft im Allgemeinen
über die Begünstigung ausgegeben (§ 114 Abs. 4)247 und nicht etwa über den Treufonds, sodass
die Inhaber der Wertpapiere keine dem Anteilseigner bei Kapitalgesellschaften vergleichbare
Stellung haben.
Bezüglich des Treuunternehmens ist sodann zu beachten, dass die Vorschriften über die
Verbandspersonen entsprechend auf dieses zur Anwendung kommen – dies gilt sowohl für
jenes mit als auch ohne Rechtspersönlichkeit (§ 5 Abs. 1) und ist namentlich für die Gründung
und Beendigung von Bedeutung. Diese Verweisung bezieht sich offensichtlich nur auf das
treuhänderisch geführte Unternehmen und nicht auf das Treuhandverhältnis. Dass das
eigentliche Treuunternehmen demnach eine Art „Kapitalgesellschaft“ (genauer: mit Kapital
bewidmete Gesellschaft) ohne Rechtspersönlichkeit darstellt, zeigt sich auch an der Vorschrift
über die Umwandlung (§ 166): das Treuunternehmen kann in eine Unternehmung mit
beliebiger anderer Rechtsform, sei es mit oder ohne Rechtspersönlichkeit, umgewandelt
werden248. Daneben sind auch die Vorschriften über die Treuhänderschaft im Allgemeinen
entsprechend anwendbar, soweit sich nicht etwas anderes aus Gesetz oder Statut bzw.
Treuurkunde ergibt (§ 5 Abs. 4); im Rechtsfürsorgeverfahren ist allerdings das GBOERA und
nicht das Landgericht zuständig.
Schliesslich dürfte in Bezug auf die praktische Anwendung von Bedeutung sein, dass mit
einem Treuunternehmen mehrere voneinander unabhängige und rechtlich verselbständigte
Unternehmen treuhänderisch in verschiedenen Abteilungen geführt werden können
(„Treuunternehmen mit Abteilungen“, § 2 TrUG); dasselbe ist auch entsprechend mit mehreren
Treuhänderschaften möglich, wobei das jeweilige Treugut ebenfalls nur für seine eigenen
247 so auch beim Massachusetts Business Trust, dessen Zertifikate der U.S. Supreme Court in Navarro Savings Assn.
v. Lee, 446 U.S. 458 (1980) umschreibt als “transferable certificates issued by the trustees showing the shares into
which the beneficial interest in the property is divided.” [Hervorhebung durch den Verfasser] 248 gilt ebenfalls für das uneigentliche Treuunternehmen mit Rechtspersönlichkeit
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
47
Verbindlichkeiten haftet. Dies ermöglicht es Berufstreuhändern249, ihre Dienste gewerblich
anzubieten und eine grössere Anzahl Treugeber unabhängig voneinander mit einem einzigen
Treuunternehmen zu bedienen. Hervorzuheben ist, dass in diesem Fall nur ein
Treuunternehmen mit mehreren Abteilungen aber mehrere Treuhandverhältnisse entstehen,
d.h. es ist in jedem Fall eine separate Treuurkunde zu errichten und soweit nötig eine zusätzliche
Treusatzung für die Abteilung.
5.35.35.35.3 Das Treuunternehmen mit RechtspersönlichkeitDas Treuunternehmen mit RechtspersönlichkeitDas Treuunternehmen mit RechtspersönlichkeitDas Treuunternehmen mit Rechtspersönlichkeit
Das über die eigentliche Geschäftstreuhand Ausgeführte trifft für das Treuhandunternehmen
mit Rechtspersönlichkeit („uneigentliches Treuunternehmen“ bzw. „uneigentliche
Geschäftstreuhand) weitgehend ebenfalls zu, da die Bestimmungen entsprechend anwendbar
sind (§ 1 Abs. 2 TrUG).
Wichtig ist, dass das treuhänderisch geführte Unternehmen und nicht etwa das
Treuhandverhältnis Rechtsfähigkeit erlangt. Das Treuunternehmen im oben definierten Sinn (vgl.
Abschnitt 5.2) ist deshalb Eigentümer von Treufonds und Treuvermögen, womit die
Verselbständigung bei dieser Rechtsform ihre höchstmögliche Ausbildung erfährt und
insbesondere eine ausschliessliche Haftung des Vermögens des Unternehmens besteht. Die
Treuhänder sind hier nicht mehr selbständiger Rechtsträger des gewidmeten Vermögens (vgl.
Art. 897 PGR), womit die gesetzliche Bezeichnung als „uneigentliches“ Treuunternehmen
durchaus passend ist, da hier ein sehr wesentliches Element der Treuhänderschaften fehlt.
Dasselbe muss m.E. auch für das Treuunternehmen an sich gelten: dieses ist vergleichbar einer
Stiftung verselbständigt, sodass die Treuhänder nicht mehr „Treuhänder“ im technischen Sinne
sind, sondern – je nach Ausgestaltung der Treusatzung – entweder Organe oder Stellvertreter
des Treuunternehmens. Dennoch bleiben sie in einem etwas allgemeineren Sinn „Treuhänder“,
da sie nach wie vor im Auftrag des Treugebers im Interesse von Dritten (den Begünstigten)
handeln und nicht etwa wie der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft im Auftrag und
Interesse derselben Person(en).
Rechtsvergleichend ist noch anzumerken, dass der aus dem amerikanischen Recht bekannte
Business Trust keine Ausgestaltung mit Rechtspersönlichkeit kennt250. Auch in diesem Bereich
zeigt sich daher klar der Wille des liechtensteinischen Gesetzgebers, trotz der offensichtlichen
Anlehnung an fremde Rechtsordnungen, gewisse Besonderheiten zu implementieren.
249 gemeint ist hier der Treuhänder als Berufsbezeichnung, wobei er in diesem Fall aber auch rechtlich Treuhänder
im Sinne der Vorschriften über die Treuhänderschaft bzw. die Geschäftstreuhand wird 250 so der U.S. Supreme Court in Hecht v. Malley, 265 U.S. 144 (1924): “These trusts [gemeint: Massachusetts Busi-
ness Trusts] - whether pure trusts or partnerships - are unincorporated”; vgl. ausserdem SCHNEIDER, S. 87
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
48
5.45.45.45.4 Praktische BedeutungPraktische BedeutungPraktische BedeutungPraktische Bedeutung
Die effektive Zahl der Treuunternehmen im Fürstentum ist nicht ganz leicht zu schätzen, da
das Firmenrecht die Auswahl aus einer nicht abschliessenden Liste von Zusätzen wie z.B.
„registriertes Treuunternehmen“, „registrierte Treustiftung“, „registrierte Geschäftstreuhand“ u.ä.
offeriert (Art. 1032a PGR) und bei Vorliegen eines Sitzunternehmens sogar ausländische
Bezeichnungen verwendet werden können. Entsprechende Abfragen nach den im Gesetz
genannten Bezeichnungen im Firmenindex ergeben lediglich 130 Treffer für „Treuunternehmen“
und 3 für „Treuinstitut“. Hingegen erhält man für die englischen Bezeichnungen „Trust reg.“251
2440 Einträge, für „Trust Company reg.“ 30 und für „Business Trust reg.“ 6. Unter
Berücksichtigung gewisser Überschneidungen dürfte dies immerhin noch ca. 2500
Treuunternehmen ergeben. Wichtiger als diese Zahlen ist allerdings die Erkenntnis, dass es sich
bei den im Fürstentum ansässigen Treuunternehmen zu gut 90% um Sitzunternehmen handeln
muss, da nur diese ausschliesslich ausländische Bezeichnungen in ihrer Firma führen dürfen (Art.
1032a Abs. 2 PGR), sodass es sich beim grössten Teil um Vermögen von ausländischen
Treugebern für Begünstigte mit Sitz im Ausland handeln dürfte. Ein nicht unwesentlicher Anteil
davon dürfte der Steueroptimierung dienen, da das oben zur Treuhänderschaft im Allgemeinen
bzgl. Besteuerung Ausgeführte (vgl. Abschnitt 4.11) auch für das Treuunternehmen gilt.
Die Bedeutung der Treuhänderschaft im Rechtsalltag ist übrigens aufgrund der Möglichkeit
der Hinterlegung der Treuurkunde ohne Eintragung im Öffentlichkeitsregister und dem Fehlen
öffentlicher Statistiken bedauerlicherweise praktisch nicht abzuschätzen. Der Umstand, dass das
Treuunternehmen die deutlich geringere Aufmerksamkeit in der Literatur erhalten hat, lässt aber
immerhin die Vermutung zu, dass die Anzahl der Treuhänderschaften ein Vielfaches über
derjenigen der Treuunternehmen liegen könnte. Gerade die erhöhte Anonymität der
Treuhänderschaft dürfte dazu führen, dass ausländische Treugeber diese Rechtsform gegenüber
dem Treuunternehmen bevorzugen. Als sicher kann hingegen angesehen werden, dass die
Relevanz der liechtensteinischen Trust-Formen nicht in die Nähe jener der Stiftungen reicht252
(vgl. Kapitel 8).
251 der Zusatz „reg.“ steht für registriert und ist in diesem Zusammenhang den Treuunternehmen vorbehalten 252 im September 2008 gab es 1565 im Öffentlichkeitsregister eingetragene und 45'839 hinterlegte Stiftungen (siehe
http://www.llv.li/amtsstellen/llv-gboera-oera/llv-gboera-oera-amtsgeschaefte-
hinterlegung_im_oeffentlichkeitsregister/llv-gboera-oera-amtsgeschaefte-hinterlegung_im_oeffentlichkeitsregister-
stiftung.htm)
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
49
6666 Trusts nach ausländischem Recht in LiechteTrusts nach ausländischem Recht in LiechteTrusts nach ausländischem Recht in LiechteTrusts nach ausländischem Recht in Liechtennnnsteinsteinsteinstein
6.16.16.16.1 AllgemeinesAllgemeinesAllgemeinesAllgemeines und die Regelung nach PGR und die Regelung nach PGR und die Regelung nach PGR und die Regelung nach PGR
Nebst den soeben besprochenen Rechtsformen des liechtensteinischen Rechts gibt es die
Möglichkeit, einen in Liechtenstein errichteten Trust teilweise oder vollständig nach
ausländischem Recht zu unterstellen. Dies bietet insbesondere Ausländern aus dem Common
Law-Raum den Vorteil, einen Trust nach dem ihnen vertrauten Trust-Law ihrer eigenen
Jurisdiktion anstatt einer Treuhänderschaft einsetzen zu können. Daneben bietet diese
Möglichkeit allen Rechtsanwendern eine erhöhte Gestaltungsfreiheit.
Wie bereits im Kapitel über die Treuhänderschaft erwähnt, kennt das liechtensteinische
Recht bereits seit der Einführung des PGR die Möglichkeit, Trusts nach ausländischem Recht zu
errichten (vgl. Art. 930 und 931). Nach dieser Regelung kann durch Bezeichnung in der
Treuhandurkunde die Anwendbarkeit eines ausländischen Trust-Law auf das Treuhandverhältnis
(d.h. den Trust) bestimmt werden (Art. 930 Abs. 1), wobei allerdings keine bessere rechtliche
Stellung geltend gemacht werden kann, als bei einer Treuhänderschaft (Abs. 2). Daneben hat
der Treugeber bzw. Settlor die Option, nur das Innenverhältnis unter ein ausländisches Trust-
Law zu stellen, während das Aussenverhältnis sich nach den Vorschriften des PGR richtet (Art.
931). In solchen Fällen handelt es sich wie weiter oben (vgl. Abschnitt 4.1) erwähnt aber immer
noch um liechtensteinischem Recht unterstehende Treuhänderschaften253.254
Im Folgenden sollen – in Bezug auf einige zentrale Problembereiche – die Bestimmungen des
HTÜ, welches Liechtenstein am 13. Dezember 2004 ratifiziert hat und das seit 1. April 2006 für
das Fürstentum in Kraft ist255, und seine Bezüge zum PGR betrachtet werden, wobei
selbstverständlich kein vollständiger Kommentar des Ersteren angestrebt wird.
6.26.26.26.2 Das Haager TrustDas Haager TrustDas Haager TrustDas Haager Trust----ÜbereinkommenÜbereinkommenÜbereinkommenÜbereinkommen (HTÜ) (HTÜ) (HTÜ) (HTÜ)
6.2.16.2.16.2.16.2.1 Anwendbarkeit des HTÜ auf die liechtensteinischen TrustsAnwendbarkeit des HTÜ auf die liechtensteinischen TrustsAnwendbarkeit des HTÜ auf die liechtensteinischen TrustsAnwendbarkeit des HTÜ auf die liechtensteinischen Trusts
Art. 2 HTÜ beschreibt jene Merkmale, welche ein Treuhandverhältnis256 aufweisen muss, um
als Trust im Sinne des Übereinkommens zu gelten. Es ist essentiell, darauf hinzuweisen, dass
diese Bestimmung keine Definition des Trust-Begriffs ist, sondern lediglich bestimmt, wann das
253 MEIER, S. 9 254 zu den Konsequenzen im Zusammenhang mit dem HTÜ vgl. Abschnitt 6.2.2 255 ohne Einschränkungen, Ausweitungen und Notifikationen (vgl. HAGUE CONFERENCE, Status Table
[Internetquellen-Verzeichnis]) 256 dieser Ausdruck beschreibt m.E. in der nötigen Allgemeinheit die in Art. 2 HTÜ gemeinten „Rechtsbeziehungen“
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
50
HTÜ auf ein Treuhandverhältnis anwendbar ist257. Dies erhellt sofort aus dem Umstand, dass ein
Trust schon in einer einzigen Rechtsordnung unterschiedlichste Ausgestaltungen erfahren kann258
und sich das Konzept in den verschiedenen Jurisdiktionen, welche es kennen, unterscheidet. Wie
im Kapitel über die Treuhänderschaft erwähnt, ist daher in Bezug auf die liechtensteinischen
Rechtsformen (Treuhänderschaft und Geschäftstreuhand) zunächst zu prüfen, ob bzw.
inwieweit diese dem HTÜ unterfallen, d.h. Trusts im Sinne des Übereinkommens sind259:
Die Voraussetzung von Art. 2 Abs. 1 HTÜ, wonach “the term ‘trust’ refers to the legal
relationships created – inter vivos or on death – by a person, the settlor, when assets have been
placed under the control of a trustee for the benefit of a beneficiary or for a specified purpose”
erfüllen alle Formen der Treuhänderschaft260 ohne Weiteres, was sich eindeutig aus der
gesetzlichen Umschreibung des Treuhänders von Art. 897 PGR ergibt, welche die relevanten
Elemente – Rechtsverhältnis (vgl. Überschrift von Art. 897), Zuwendung eines Vermögens durch
den Treugeber an den Treuhänder und Verwaltung zu Gunsten eines Begünstigten –
ausdrücklich erwähnt. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass gemäss Wortlaut der Settlor das
Rechtsverhältnis schaffen muss, d.h. das HTÜ geht bei der Errichtung bzw. dem
Verpflichtungsgeschäft entsprechend der englischen Trust-Doktrin von einem einseitigen
Rechtsgeschäft aus; würde man entgegen der hier vertretenen Meinung davon ausgehen, dass
der „Treuhandvertrag“ gemäss Art. 899 Abs. 1 PGR (oder gar alle Arten des
Errichtungsgeschäfts, wie von BIEDERMANN vertreten) tatsächlich ein zweiseitiges Rechtsgeschäft
ist, führte dies streng genommen dazu, dass diese Form die Voraussetzungen von Art. 2 Abs. 1
HTÜ nicht erfüllen würde.
Im Weiteren stellt Art. 2 Abs. 2 HTÜ die Voraussetzung auf, dass “a) the assets constitute a
separate fund and [that they] are not a part of the trustee's own estate”. Dem entspricht die
Konzeption des Treuguts als vom übrigen Vermögen des Treuhänders abgetrenntes Sondergut
(Art. 911 Abs. 4 PGR), was sich wie weiter oben ausgeführt (vgl. Abschnitte 4.4.1 und 4.4.2.4) in
zahlreichen Bestimmungen des PGR bestätigt.
Sodann muss “b) [the] title to the trust assets [...] in the name of the trustee or in the name
of another person on behalf of the trustee” stehen. Nach der hier vertretenen Konzeption des
treuhänderschaftlichen Eigentums ist dies für die Treuhänderschaft sicherlich der Fall, wie sich
insbesondere an der Regelung von Ar. 912 PGR zeigt, welche vorschreibt, dass Grundstücke
257 ähnlich EICHNER, S. 176 258 vgl. Kapitel 1 259 im Folgenden wird ausschliesslich mit dem gemäss Schlussbestimmungen des HTÜ verbindlichen englischen
Original-Text gearbeitet 260 damit sind die Treuhänderschaft im Allgemeinen sowie das Treuunternehmen mit und ohne
Rechtspersönlichkeit gemeint
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
51
und im Grundbuch eingetragene Rechte „auf den Namen des Treuhänders zu übertragen sind“.
Die uneigentliche Geschäftstreuhand erfüllt diese Voraussetzung hingegen nicht, da das
Treuunternehmen mit Rechtspersönlichkeit nicht im (treuhänderschaftlichen) Eigentum der
Treuhänder steht und Letztere somit keinen genügenden Rechtstitel darauf haben. BÖSCHS
Ansatz könnte hier im Übrigen auf gewisse Schwierigkeiten stossen, da nach diesem der
Treuhänder gerade nicht (auch nicht rein formell) Eigentümer261 ist.
Schliesslich ist erforderlich, dass „c) the trustee has the power and the duty, in respect of
which he is accountable, to manage, employ or dispose of the assets in accordance with the
terms of the trust and the special duties imposed upon him by law”. Dies ist ebenfalls bei allen
Arten der Treuhänderschaft der Fall, da der Treuhänder über das Treugut mit Wirkung gegen
jedermann verfügen kann (Art. 897 PGR) und zwar nach den Bestimmungen von
Treuhandurkunde und Gesetz (Art. 910 PGR), wofür er Rechenschaft abzulegen hat bzw.
verantwortlich wird (Art. 922 – 925 PGR).
Dass das Übereinkommen “applies only to trusts created voluntarily and evidenced in
writing” (Art. 3 HTÜ) bedeutet, dass das vermutete Treuhandverhältnis gemäss Art. 989 PGR
diesem nicht untersteht. Das Erfordernis des schriftlichen Nachweises wird durch die
Treuhandurkunde bzw. die Treusatzung erfüllt, wobei Letztere natürlich nicht blosse Nachweise
darstellen, sondern für die gültige Errichtung erforderlich sind (vorbehältlich der heilenden
Wirkung des Öffentlichkeitsregistereintrags beim Treuunternehmen).
Somit erfüllen die Treuhänderschaft im Allgemeinen und die eigentliche Geschäftstreuhand
die Voraussetzungen des Art. 2 HTÜ und unterfallen daher dem Übereinkommen262, obwohl sie
– wie an verschiedenen Stellen ausgeführt – durchaus Unterschiede zu den Trust-Formen des
Common Law aufweisen.
Dies bedeutet einerseits, dass in HTÜ-Vertragsstaaten Treuhänderschaften errichtet werden
können, beispielsweise ist dies in der Schweiz unter dem Übereinkommen und den zugehörigen
neuen Trust-Bestimmungen des IPRG-CH (Art. 149a – 149e) möglich, und der bisher vom
Bundesgericht für Trusts eingeschlagene Umweg über die Anerkennung als Gesellschaft bzw.
organisierte Vermögenseinheit nach Art. 150 Abs. 1 IPRG-CH263 ist daher nicht mehr nötig264.
261 das HTÜ spricht der Common Law-Trust-Doktrin entsprechend von „title to the trust assets“, darunter fällt aber
sicherlich auch der funktionell dem estate in fee simple entsprechende römisch-rechtliche Eigentumsbegriff 262 so auch der Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend das Übereinkommen über das auf die
Anerkennung von Trusts anzuwendende Recht (Haager Trust-Übereinkommen; „HTÜ“) vom 1. Juli 1985, S. 2f
sowie GUTZWILLER, S. 17f, für die Treuhänderschaft im Allgemeinen, allerdings beide ohne nähere Begründung 263 vgl. etwa EICHNER, S. 145 oder WATTER, S. 241ff 264 dass die liechtensteinische Treuhänderschaft eine organisierte Vermögenseinheit nach Art. 150 IPRG-CH
darstellt, bejaht etwa BÖSCH, Treuhandrecht, S. 216, ausdrücklich
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
52
6.2.26.2.26.2.26.2.2 Zusammenhang mit Zusammenhang mit Zusammenhang mit Zusammenhang mit PGR und IPRGPGR und IPRGPGR und IPRGPGR und IPRG
Für das liechtensteinische Recht bedeutet dies andererseits, dass sich der Regelungsbereich
des HTÜ teilweise mit jenem von Art. 931 PGR deckt, d.h. sich das auf Trusts bzw.
Treuhänderschaften anwendbare Recht nach HTÜ bestimmt, da dieses dem PGR in diesem
Bereich vorgeht. Dies gilt im Grundsatz auch für Abs. 2 von Art. 931 PGR, wonach
ausländischem Recht unterstehende Trusts keine bessere rechtliche Stellung geltend machen
können als Treuhänderschaften. Vorbehalten bleiben allerdings verschiedene Bestimmungen des
HTÜ, namentlich Art. 15 (Vorbehalt zwingender Bestimmungen des Landesrechts in
bestimmten Bereichen), 16 (Vorbehalt materieller Bestimmungen des Landesrechts für
internationale Sachverhalte), 18 (Ordre Public-Vorbehalt) und 19 (Vorbehalt der Befugnisse in
Steuersachen), welche m.E. gerade dem allgemein formulierten Art. 931 Abs. 2 PGR einen
gewissen Anwendungsbereich offen lassen. Erwähnenswert sind insbesondere die
Pflichtteilsregelungen des Erbrechts, welche durch einen Trust nach ausländischem Recht
ebenso wenig umgangen werden dürfen, wie mit einer Treuhänderschaft (Art. 762 – 796
ABGB).
Vom HTÜ nur indirekt berührt wird hingegen Art. 931 PGR, welcher die Regelung des
Innenverhältnisses einer Treuhänderschaft durch ausländisches Recht zulässt. Diese Vorschrift ist
im Zusammenhang mit Art. 9 HTÜ zu sehen, welcher es gestattet, einen abtrennbaren
Teilbereich des Trusts einer anderen Rechtsordnung zu unterstellen. Art. 10 HTÜ behält es
allerdings der auf die Gültigkeit des Trusts anwendbaren Rechtsordnung vor, zu bestimmen, ob
und inwieweit dies zulässig ist. Da nach der hier vertretenen Ansicht auf Treuhänderschaften
gemäss 931 PGR liechtensteinisches Recht anwendbar ist, d.h. dieses die Gültigkeit bestimmt
(Art. 8 i.V.m. 6 HTÜ), regelt auch dieses, welche Bereiche ausländischem Recht unterstellt
werden dürfen. Somit kann bei Treuhänderschaften (inkl. Geschäftstreuhand) nur das
Innenverhältnis zwischen Treugeber, Treuhänder und Begünstigtem den Vorschriften eines
ausländischen Trust-Law unterstellt werden, nicht aber andere Bereiche, welche das
Aussenverhältnis betreffen.
Daneben werden selbstverständlich auch im Ausland errichtete Trusts – sei es nach
ausländischem oder liechtensteinischem Recht – nach Massgabe des HTÜ in Liechtenstein
anerkannt, und zwar auch solche, deren Gültigkeit sich nach dem Recht von Nicht-
Vertragsstaaten richtet265. Bezüglich der Wirkung kann auf das soeben über im Inland errichtete
Trusts Ausgeführte verwiesen werden, da sich keine Unterschiede ergeben.
Zu bemerken ist abschliessend noch, dass das HTÜ nur die Anerkennung von Trusts und das
auf sie anwendbare Recht regelt. Internationale Zuständigkeit und Vollstreckung sind hingegen
265 Liechtenstein hat keinen Vorbehalt gemäss Art. 21 HTÜ
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
53
nicht Gegenstand – da das Fürstentum insbesondere nicht Mitglied des Übereinkommens über
die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen (Lugano-Übereinkommen, abgekürzt LugÜ) ist, kommt auch im Verhältnis zu
HTÜ-Vertragspartnern diesbezüglich das liechtensteinische IPRG zur Anwendung266. Dies kann
für den Rechtsanwender zu Schwierigkeiten bzw. Unsicherheiten führen, etwa wenn er im
Fürstentum einen ausländischem Recht unterstehenden Trust errichtet, in einem dem HTÜ und
dem LugÜ angehörenden Staat ein diesbezüglicher Gerichtsentscheid ergeht und er diesen
anschliessend im Fürstentum vollstrecken lassen will.
7777 Versuch einer Charakterisierung und dogmatVersuch einer Charakterisierung und dogmatVersuch einer Charakterisierung und dogmatVersuch einer Charakterisierung und dogmatiiiischschschschen Einordnung en Einordnung en Einordnung en Einordnung
der Trusts nach liechteder Trusts nach liechteder Trusts nach liechteder Trusts nach liechtennnnsteinischem Rechtsteinischem Rechtsteinischem Rechtsteinischem Recht
7.17.17.17.1 Die TreuhänderschaftDie TreuhänderschaftDie TreuhänderschaftDie Treuhänderschaft
7.1.17.1.17.1.17.1.1 Charakterisierung aus der SystematikCharakterisierung aus der SystematikCharakterisierung aus der SystematikCharakterisierung aus der Systematik
Wie einleitend erwähnt, ist es eines der Ziele der vorliegenden Arbeit, die
liechtensteinischen Trust-Formen zu charakterisieren und eine dogmatische Einordnung zu
versuchen. Dies fällt bekanntlich gerade Civil Law-Juristen bei den Trusts des Common Law
nicht leicht und ist bei den Treuhänderschaften in gewisser Hinsicht noch verzwickter, da das
PGR eine echte Eigenleistung des liechtensteinischen Gesetzgebers darstellt. Vorab sei darauf
hingewiesen, dass in diesem Kapitel von der Treuhänderschaft stets als Rechtsverhältnis, welches
nach der Errichtung besteht, die Rede ist und nicht etwa von der Errichtung, d.h. dem
Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft (vgl. Abschnitt 4.3).
Aus der systematischen Stellung der Treuhänderschaften (vgl. Kapitel 3) im PGR lässt sich in
formaler Hinsicht hierzu kaum etwas ableiten, da das Treuhandverhältnis ganz offensichtlich
keine irgendwie geartete Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit darstellt. Der Grund für die
Regelung im PGR liegt m.E. darin, dass der Gesetzgeber mit diesem Gesetz eine autonome
Regelung möglichst weiter Teile des Handelsrechts bezwecken wollte, wozu zweifelsohne auch
die Treuhänderschaft gehört; dies trifft in noch höherem Masse für die Geschäftstreuhand zu.
Hinzu kommt, dass die Treuhänderschaften durch diese Stellung eindeutig von der fiduziarischen
Treuhand, welche einen Innominatvertrag mit typischerweise primär auftragsrechtlichen
266 vgl. GUTZWILLER, S. 18; eine Ausnahme bildet die Schweiz, mit welcher ein bilaterales Vollstreckungsabkommen
existiert (Abkommen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die
Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen in Zivilsachen; LR
0.276.910.11)
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
54
Elementen (namentlich Weisungsrecht des Treugebers) darstellt267 und aus den §§ 1002f. ABGB
hergeleitet wird268, abgegrenzt werden269. Und schliesslich haben die Gesetzesredaktoren durch
die Überschrift „Besondere Vermögenswidmungen“ doch hinreichend klar gemacht, dass es sich
um von Gesellschaften verschiedene, eigenständige Rechtsgebilde handelt.
Etwas befriedigender ist m.E. aus streng dogmatischer Sicht die Systematik des (neuen)
schweizerischen IPRG in Bezug auf den Trust270, welches die entsprechenden Kollisionsregeln in
einem eigenen Kapitel 9a zwischen Obligationenrecht (Kapitel 9) und Gesellschaftsrecht (Kapitel
10) eingeordnet hat. Im IPRG-CH wird daher der Trust weder als Vertrag noch als Gesellschaft
qualifiziert271, sondern als Rechtsgebilde sui generis, welches jedoch Elemente beider
vorgenannter Institutionen aufweist. Dies ist nach der hier vertretenen Meinung auch in Bezug
auf die Treuhänderschaften korrekt, denn diese sind auch nicht einfach Verträge zwischen
Treugeber, Treuhänder, Begünstigtem und allenfalls weiteren Beteiligten272, sondern entfalten
teilweise Wirkungen, die eher für Gesellschaften typisch sind; Beispiele hierfür sind etwa die
teilweise Verselbständigung des Treuguts (v.a. eigener Konkurs, Art. 916 Abs. 4 PGR), die
gerichtliche Bestellung des Treuhänders (Art. 904, 908 PGR), die dingliche Wirkung gegen
Dritte (Art. 910 Abs. 3 PGR), die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften über die
Familienstiftung bzgl. Änderung von Organisation und Zweck (Art. 926 Abs. 2) und
insbesondere die Ausgabe von Zertifikaten über die Begünstigung, welche i.d.R.
mitgliedschaftliche Rechte (!) verleihen (Art. 928). Man könnte m.E. aus diesen Gründen
durchaus davon sprechen, dass die Treuhänderschaft über eine Organisation verfügt, welche
durch die Treuhandurkunde festgelegt ist273.
Somit ist die Treuhänderschaft wie der Trust als Rechtsgebilde sui generis zu verstehen.
Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, welche Eigenschaften dieses charakterisieren
bzw. wie es sich von den Common Law-Trusts und anderen Treuhandverhältnissen
unterscheidet.
267 EICHNER, S. 86 268 OGH-Urteil 5 C 303/98-53 vom 06.07.2000, Leitsatz 1b 269 dass dies ein Ziel des Gesetzgebers war, hält z.B. der OGH in seinem Urteil 5 C 303/98-53 vom 06.07.2000 fest 270 wie in Kapitel 6 ausgeführt, ist die Treuhänderschaft ein Trust im Sinne des HTÜ und damit auch des IPRG-CH 271 nach der frühen Praxis des Bundesgerichts wurden Trusts zunächst als gemischte Verträge betrachtet
(„Harrison“, BGE 96 II 79), später als Gesellschaften im Sinne des IPRG-CH behandelt 272 die gleiche Ansicht vertritt etwa WENAWESER, S. 8, unter Hinweis auf die Bezeichnung als „Vermögenswidmung“
in der Systematik des PGR 273 gerade deshalb würde sie auch das Kriterium der „organisierten Vermögenseinheit“ im Sinne von Art. 150 IPRG-
CH erfüllen; das HTÜ und die zugehörigen Bestimmungen über Trusts im IPRG-CH passen jedoch besser, da sie
spezifischer die Besonderheiten zum Ausdruck bringen
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
55
7.1.27.1.27.1.27.1.2 Charakterisierung als rezipierter Common LawCharakterisierung als rezipierter Common LawCharakterisierung als rezipierter Common LawCharakterisierung als rezipierter Common Law----TrustTrustTrustTrust
Wie bereits einleitend erwähnt, wurde die Treuhänderschaft ursprünglich in der Literatur als
reine Rezeption des Trust nach Common Law begriffen. Hauptvertreter dieser Ansicht war
BIEDERMANN, dem sich nicht nur das Schrifttum, sondern zunächst auch der OGH274
angeschlossen haben275. Schon deshalb, weil der Trust als Rechtsfigur in Bezug auf seine
dogmatische Ausgestaltung nur in Jurisdiktionen, welchen die englisch-rechtliche Unterscheidung
zwischen Law und Equity zu eigen ist, funktionieren kann, ist es offensichtlich, dass es sich hier
nicht um eine unveränderte Rezeption handeln kann; die Übernahme des Equity-Prinzips und
der damit verbundenen Estate-Doktrin wäre im liechtensteinischen Sachenrecht mit seiner
römisch-rechtlichen Abstammung auf jeden Fall als systemwidrig zu bezeichnen. Wie eingehend
in Kapitel 4 erläutert, hat der liechtensteinische Gesetzgeber daher das Problem der geteilten
Rechtszuständigkeit auf anderer dogmatischer Grundlage gelöst, ja lösen müssen, da das
Fürstentum eine Civil Law-Jurisdiktion ist.
7.1.37.1.37.1.37.1.3 EigeneEigeneEigeneEigene Charakterisierung Charakterisierung Charakterisierung Charakterisierung
Spätere Autoren, allen voran BÖSCH, haben daher betont, dass die Treuhänderschaft noch
weitere Wurzeln als im englischen Recht, nämlich insbesondere im germanischen
Salmannenrecht, habe. BÖSCH zitiert diesbezüglich etwa WEISER, welcher die Treuhänderschaft
als eine Kombination von Fiducia und Administrationsrecht sieht sowie COING und SCHNITZER,
die den Treuhänder wie BÖSCH nur als Verwaltungsbefugten erga omnes statt als Eigentümer zu
betrachten276. Auch MOOSMANN sieht diese Verbindungen, nimmt aber in Bezug auf die geteilte
Rechtszuständigkeit eine ebenfalls aus der deutschrechtlichen Treuhand-Tradition stammende
resolutiv bedingte Eigentumsübertragung auf den Treuhänder an277. Der OGH hat in einem
vielbeachteten Grundsatzentscheid278 gleichsam höchstrichterlich die Abstammung der
Treuhänderschaft geklärt, indem er sie nunmehr – unter expliziter Berufung auf BÖSCH –
zwischen Trust und deutsch-rechtlicher Treuhand einordnete: „Die liechtensteinischen
Gesetzesredaktoren gingen bei ihrer Konzeption der Treuhänderschaft von einem Leitbild aus,
welches den ‚germanisch/englischen Treuhänder’ vom ‚römischen’ Fiduziar unterschied und
hatten [...] mit dem Typus der Treuhänderschaft gemäss Art 897 f PGR eine an trust- und
deutsch-rechtlichen Vorbildern orientierte Treuhandform im Auge“ [Hervorhebung durch den
274 OGH-Urteil 2 C 341/87-61 vom 25.2.1991, zit. in FRICK, S. 164 275 vgl. etwa WAGNER, S. 75, sowie BÖSCH, Treuhänderschaft, S. 246 und 249 276 vgl. zu beiden BÖSCH, S. 247 277 MOOSMANN, S. 183ff 278 OGH-Urteil 5 C 303/98-53 vom 6. Juli 2000
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
56
Verfasser]279. Gemeint sind damit insbesondere die mehrfach erwähnten „zahlreichen
Treugeberbefugnisse, die sich zum Teil mit dem trust des common law überhaupt nicht
vergleichen lassen“280.
Diese Einordnung der Treuhänderschaft ist in folgender Hinsicht etwas zu pauschal: wie
mehrfach hervorgehoben, gibt es weder das Trust-Law noch den Trust als eindeutig definiertes
Rechtsverhältnis. Charakteristisch für den Trust ist eigentlich gerade, dass er nur sehr wenige
unveränderliche Merkmale aufweist, d.h. sich durch eine enorme Gestaltungsfreiheit des Settlors
auszeichnet. Dies ist aber bei der Treuhänderschaft gleichermassen der Fall, da praktisch alle
Bestimmungen des PGR dispositiv sind, worauf mit grösstem Nachdruck hingewiesen werden
muss – dieses hoch wandelbare Rechtsgebilde anhand der dispositiven Gesetzesbestimmungen
zu charakterisieren, greift daher zu kurz.
Die germanisch-rechtliche Abstammung der Treuhänderschaft wurde somit m.E. in jüngerer
Zeit etwas zu sehr betont: der Treuhänder mag nach der dispositiven gesetzlichen Regelung,
welche analog zum TrUG bezüglich der Geschäftstreuhand als eine Art Muster-Treuurkunde
betrachtet werden sollte, funktional eher einem Salmann als einem „typischen“ Trustee281
gleichen, jedoch ist die konkrete Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse weitestgehend dem
jeweiligen Treugeber überlassen. Insbesondere hindert ihn nichts daran, der Treuhänderschaft
einen eher stiftungsähnlichen282 Charakter mit weitestgehender Loslösung von seiner Person zu
geben, wie es für Trusts typisch ist283. Hingegen weist jede Treuhänderschaft die zum Kern des
Trust-Konzepts gehörenden Eigenschaften wie die Rolle der Gerichte, die grundsätzliche
Unwiderruflichkeit, die fehlende Relevanz des Todes bzw. der Beendigung des Treugebers
bezüglich des Fortbestehens, der Schutz des Begünstigten im Konkursfall und
Zwangsvollstreckungsverfahren gegen den Treuhänder, der Sorgfaltsmassstab284 sowie die
geteilte Rechtszuständigkeit am Treugut, die gegenüber (bösgläubigen) Dritten wirkende
Verfügungsbeschränkung mit Spurfolgerecht und die fehlende Weisungsbefugnis des Treugebers
dem Treuhänder gegenüber auf. Daneben ist bezüglich des Verpflichtungsgeschäfts noch darauf
hinzuweisen, dass auch dessen Qualifikation als Vertrag (welche hier auch für den
279 OGH-Urteil 5 C 303/98-53 vom 6. Juli 2000, Leitsatz 1a 280 OGH-Urteil 5 C 303/98-53 vom 6. Juli 2000, Erwägung 9 281 der Vorbehalt „typisch“ ist beim Trust und der Treuhänderschaft gleichermassen unerlässlich! 282 gemeint ist damit nicht die Foundation des englischen Rechts, welche ein Purpose Trust ist, sondern die
liechtensteinische bzw. allgemein die kontinentaleuropäische Stiftung 283 sogar das Rückgriffsrecht des Treuhänders auf den Treugeber kann wegbedungen werden (Art. 916 Abs. 1
PGR); BIEDERMANN, Trust-Rezeption, S. 10f weist darauf hin, dass ein Common Law-Trust zwar typischerweise
„Stiftungscharakter“ habe, aber auch mit „Vertragscharakter“ ausgestattet werden könne (mit Weisungsrecht des
Begünstigten) 284 Kriterien nach BRAUN, S. 30
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
57
„Treuhandvertrag“ abgelehnt wird) nicht zu einer Unvereinbarkeit mit dem Trust-Konzept
führen würde285.
Und schliesslich darf nicht vergessen werden, dass der Trust – im Gegensatz zur
fiduziarischen Treuhand, welche auf die römisch-rechtliche fiducia zurückgeht – selber in der
Tradition des germanischen Salmannenrechts286 steht (vgl. Abschnitt 2.1) und somit die
Verwendung der germanisch-rechtlichen Begriffe im PGR aus historischer Sicht durchaus
erklärbar ist, da jedenfalls eine indirekte Abstammung des Treuhänders vom Salmann über den
Trustee gegeben ist287. Dies betrifft insbesondere die Rechtszuständigkeit am Treugut: sowohl
für den Salmann als auch für den Trustee ist – im Unterschied zum Fiduziar – typisch, dass er
nur über die zur Ausübung seines Amtes erforderliche Rechtsmacht verfügt. Der OGH hat
daher im zitierten Entscheid bezeichnenderweise (und zu Recht) die Abgrenzung zur Fiducia –
darauf kommt es letztlich an – stärker betont als die Unterschiede zum Trust.
Nach der hier vertretenen Ansicht sollte daher die Treuhänderschaft als Rechtsgebilde
verstanden werden, welches in konzeptueller Hinsicht dem Trust nachempfunden ist, jedoch auf
einer eigenen, primär römisch-rechtlich288 geprägten dogmatischen Grundlage steht, und deren
Wirkungen ohne abweichende Regelung des Treugebers gewisse Ähnlichkeiten zur
altdeutschrechtlichen Treuhand aufweisen.289
7.27.27.27.2 DDDDie Geschäftstreuhandie Geschäftstreuhandie Geschäftstreuhandie Geschäftstreuhand
Ihrer Konzeption als Art der Treuhänderschaft im Allgemeinen entsprechend (vgl. Kapitel 5)
ist die Geschäftstreuhand nicht grundlegend anders zu charakterisieren und es kann im Prinzip
auf das soeben Ausgeführte verwiesen werden.
285 BRAUN, S. 42, insbesondere unter Verweis auf Südafrika, wo die inter vivos-Errichtung eines Trusts als vertraglich
qualifiziert wird 286 vgl. auch den Wortstamm „Sal“ (altdeutsch: rechtliche Übergabe) / „sale“ (englisch: Verkauf) 287 im „Kurzen Bericht zum Personen- und Gesellschaftsrecht“, zit. in THURNHER, S. 129, kommt klar zum Ausdruck,
dass der historische Gesetzgeber den Trust auf das Salmannenrecht zurückführte bzw. diesen sogar damit
gleichsetzte: „Im Rechte unserer Vorfahren und im englisch-amerikanischen Rechtskreise heute noch sehr bekannt,
hat das Salmannenrecht in den festländischen europäischen Rechten in einzelnen Rechtsinstituten [...] ein
bescheidenes Dasein gefristet“ [Hervorhebung durch den Verfasser] 288 wie in Kapitel 4 ausgeführt, werden die germanisch-rechtlichen Lösungsansätze von BÖSCH (dingliches
Verwaltungsrecht) und MOOSMANN (resolutiv bedingte Eigentumsübertragung) für die geteilte Rechtszuständigkeit
bei der Treuhänderschaft abgelehnt und stattdessen eine eigene Lösung (Übertragung von belastetem Eigentum /
„treuhänderschaftliches Eigentum“) vorgeschlagen 289 ähnlich auch BRAUN, S. 43, welche die Treuhänderschaft pointiert als „Common Law Trust within a civil legal
system“ definiert, wobei sie durchaus die dogmatischen Unterschiede korrekt erkannt hat; und WEISER, zit. in
THURNHER, S. 138, nannte die Treuhänderschaft „an institution modelled after the pattern of and, functionally if not
theoretically, coming exceedingly close to the Anglo-Saxon Trust“
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
58
Zu ergänzen ist, dass auch die Geschäftstreuhand keine Gesellschaft, sondern eine
Treuhänderschaft nach den Bestimmungen in der Treuurkunde ist. Hingegen ist das
Treuunternehmen an sich (d.h. das treuhänderschaftlich geführte Unternehmen) m.E. als
Gesellschaft eigener Art zu qualifizieren, deren oberstes Organ der Treuhänderrat (vgl. § 61
Abs. 1 TrUG) oder ein anderes Gremium (z.B. ein Ausschuss der Treuhänder oder die Inhaber
von Mitgliedschaftsrechte verleihenden Begünstigungszertifikaten) sein kann, die weitere Organe
aufweisen kann und deren „Statuten“ in der Treusatzung festgelegt sind. Wie die Anstalt verfügt
sie über eine ausserordentliche Flexibilität, sodass insbesondere eine funktional der Stiftung
ähnliche Ausgestaltung möglich ist.
Die ausdrückliche Gleichstellung der Geschäftstreuhand mit dem Business Trust im
Kommissionsbericht290 lassen sodann keine Zweifel bezüglich der Abstammung zu: Vorlage war
hier eindeutig das Common Law, wahrscheinlich insbesondere das Recht der US-Bundesstaaten
Massachusetts und Oklahoma, welche zur Zeit der Entstehung des TrUG-Entwurfs als Einzige
eine entsprechende Kodifikation hatten291. Dies bestätigt im Übrigen die oben vertretene These
(vgl. Abschnitt 7.1.3), wonach die Treuhänderschaft in erster Linie dem Trust des Common Law
nachgebildet ist, da die Geschäftstreuhand ja nichts anderes als eine besondere Form einer
Treuhänderschaft und der Business Trust eine Trust-Art ist292; es sei an dieser Stelle ausdrücklich
darauf verwiesen, dass die Geschäftstreuhand bereits vor ihrer Kodifikation als Treuhänderschaft
zulässig und durchaus in der Praxis verbreitet war293.
Das uneigentliche Treuunternehmen mit Rechtspersönlichkeit schliesslich ist eine
Eigenkreation des liechtensteinischen Gesetzgebers. Interessanterweise zeigt sich gerade bei
dieser Form in gewisser Hinsicht eine besondere Ähnlichkeit zum für das Common Law
typischen Trust: die im Gesetz geregelte Ausgestaltung der uneigentlichen Geschäftstreuhand ist
in wesentlich höherem Mass von der Person des Treugebers losgelöst, als es bei jener der
Treuhänderschaft im Allgemeinen der Fall ist. In diesen graduellen Unterschieden bzgl.
Verselbständigung des Treuguts bzw. Treuunternehmens und Involvierung des Treugebers nach
den dispositiven Regelungen der verschiedenen Institutionen (Treuhänderschaft, eigentliche und
uneigentliche Geschäftstreuhand) kommt m.E. der Wille der Gesetzesredaktoren zur bewussten
290 KOMMISSIONSBERICHT, S. 9: „Das Treuunternehmen, beziehungsweise wie es besonders in amerikanischen
Rechtskreisen (in deutscher Übersetzung) genannt wird, die Geschäftstreuhand [...]“ 291 KOMMISSIONSBERICHT, S. 10 292 so ausdrücklich der U.S. Supreme Court in Navarro Savings Assn. v. Lee, 446 U.S. 458 (1980): “The Court con-
cludes, however, based on its reading of portions of Fidelity's Declaration of Trust, that it [the Massachusetts Busi-
ness Trust] is an ‘express trust’” 293 KOMMISSIONSBERICHT, S. 9
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
59
Differenzierung zwischen ihnen zum Ausdruck – durch die unterschiedliche (dispositive)
Ausgestaltung erhält jede Form ihren eigenen praktischen Anwendungsbereich294.
8888 FazitFazitFazitFazit und Ausblick und Ausblick und Ausblick und Ausblick
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die liechtensteinischen
Treuhänderschaften nach geltendem Recht extrem vielseitige Institutionen darstellen, mit denen
der Rechtsanwender weitgehend die gleichen Wirkungen herbeiführen kann, wie mit Trusts
bzw. Business Trusts einer Common Law-Rechtsordnung. Die vom Gesetzgeber gewählte
rechtliche Umsetzung des Trust-Konzepts, welche mit dem römisch-rechtlich geprägten
Sachenrecht des Fürstentums im Speziellen und seinem Civil Law-Rechtssystem im Allgemeinen
kompatibel ist, ist eine wohl überlegte Lösung, welche anderen kontinentaleuropäischen Staaten
– zu denken ist insbesondere an die Schweiz, deren Sachenrecht Liechtenstein übernommen
hat und welche aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen betreffend die
Finanzmärkte ähnliche handelsrechtliche Bedürfnisse hat – ein Vorbild sein könnte.
Der Umstand, dass die Treuhänderschaften trotz Ihrer Einführung vor nunmehr über 80
Jahren in ihrer praktischen Bedeutung noch immer deutlich hinter jener der Stiftung
zurückstehen, lässt dennoch gewisse Zweifel aufkommen, ob das Potential einer Trust-
Rezeption auf Civil Law-Grundlage mit der geltenden Regelung der Treuhänderschaften im PGR
bereits ausgeschöpft wurde. Die Regierung hat aus diesem Grund im Rahmen des Projekts
„Futuro“295 unter breiter Abstützung auf die praktischen Erfahrungen der Treuhandbranche eine
Vision für die Zukunft des liechtensteinischen Finanzplatzes erarbeitet, in der die Trusts nach
liechtensteinischem Recht neben der Stiftung – in diesem Kontext ist auch die jüngste
Stiftungsrechts-Revision zu sehen – eine massgebliche Rolle spielen. Angestrebt ist der Erlass
eines eigenständigen Trust-Gesetzes, welches die Regelung der Treuhänderschaften im PGR
ersetzen und mit welchem eine „Übereinstimmung des liechtensteinischen Trusts mit der an
angelsächsischen Standorten angebotenen Struktur“296 erreicht werden soll. Bezeichnend ist,
dass die deutsche Bezeichnung „Treuhänderschaft“ gänzlich durch „Trust“ ersetzt werden und
eine offizielle englische Übersetzung – was für Liechtenstein ein Novum darstellen würde – des
zu schaffenden Trust-Gesetzes geprüft werden soll297. KLAUS TSCHÜTSCHER298
führte ausserdem
294 wobei nochmals auch auf die praktisch sinnvolle Abgrenzung zur Stiftung verwiesen sei, welche hierdurch
ebenfalls vorgenommen wurde 295 der „Futuro“-Schlussbericht ist im Februar 2008 erschienen [vgl. Materialien-Verzeichnis] 296 „Futuro“-Schlussbericht, S. 44 297 „Futuro“-Schlussbericht, S. 44 298 DR. K. TSCHÜTSCHER ist seit 25. März 2009 Regierungschef und war zuvor Justizminister und Regierungschef-
Stellvertreter
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
60
an einem Referat an der Hochschule Liechtenstein vom Juni 2007299 aus, dass der erste Entwurf
des Trust-Gesetzes300 einen eigenständigen Erlass darstelle, welcher keine Verweisungen auf das
PGR oder andere Erlasse enthalte und dessen Bestimmungen zudem weitgehend – ganz im
Gegensatz zur geltenden Regelung im PGR – zwingender Natur seien. Dies zeigt, dass hier
bewusst ein neuer Weg eingeschlagen werden soll, welcher es in stärkerem Masse als bisher
ermöglichen würde, in direkte Konkurrenz mit typischen Offshore-Trust-Jurisdiktionen zu treten,
indem die Handhabung der liechtensteinischen Trusts namentlich für Kunden, denen der
Common Law-Trust (nicht aber die Stiftung nach liechtensteinischem Recht) vertraut ist,
vereinfacht würde.
Dieser neue liechtensteinische Trust hätte nach der geplanten Konzeption wohl nicht mehr
die gleich hohe Flexibilität wie die Treuhänderschaft und würde gegenüber der (dispositiven)
gesetzlich vorgesehen Ausgestaltung Letzterer vermutlich seine Abgrenzung zur Stiftung in
funktionaler Hinsicht weitgehend einbüssen. Nach Ansicht des Verfassers ist dies aber
keineswegs ein Versehen, sondern die volle Absicht der Regierung, welche darin besteht, den
liechtensteinischen Trust ganz auf Kunden aus Common Law-Staaten auszurichten und ihnen
diesen als Alternative zur Stiftung anzubieten. Der „Futuro“-Schlussbericht bestätigt dies
eindrücklich mit dem Hinweis, dass „Liechtenstein [...] sich beim Trust gegenüber anderen
Ländern [...] nicht über ein einzigartiges Recht, sondern über seine geopolitische Lage“301
differenziert. Dies zeugt von einer erheblichen Pragmatik sowie einer verblüffenden
Kundenorientierung der Regierung, zumal sich bereits jetzt die typischen Wirkungen eines Trust
mit einer passenden Ausgestaltung einer Treuhänderschaft erreichen lassen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Bestrebungen zur Revision des Trust-Rechts wie jene des
Stiftungsrechts von Erfolg gekrönt sein und die liechtensteinischen Trusts in Zukunft zusammen
mit den bewährten Stiftungen zu einem integralen Bestandteil eines erneuerten Finanzplatzes
werden. Aus wissenschaftlicher Sicht darf man höchst gespannt sein, ob es dem Gesetzgeber
gelingen wird, die noch immer umstrittenen juristischen Fragen zu klären oder ob der Trust
allenfalls auf eine geänderte oder sogar ganz neue dogmatische Grundlage gestellt werden wird.
299 Manuskript öffentlich verfügbar [vgl. Internetquellen-Verzeichnis] 300 dieses war bis zur Abgabe dieser Arbeit leider nicht auffindbar 301 „Futuro“-Schlussbericht, S. 36
Trusts im liechtensteinischen Recht Samuel Plachel
61
EigenständigkeitserklärungEigenständigkeitserklärungEigenständigkeitserklärungEigenständigkeitserklärung
Ich erkläre hiermit,
− dass ich die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe und ohne Verwendung anderer als
der angegebenen Hilfsmittel verfasst habe,
− dass ich sämtliche verwendeten Quellen erwähnt und gemäss gängigen
wissenschaftlichen Zitierregeln nach bestem Wissen und Gewissen korrekt zitiert habe,
− dass ich ohne schriftliche Zustimmung des Rektors keine Kopien dieser Arbeit an Dritte
aushändigen werde, ausgenommen nach Abschluss des Verfahrens an Studienkollegen
und -kolleginnen oder an Personen, die mir wesentliche Informationen für die Master-
Arbeit zur Verfügung gestellt haben.
St. Gallen, 15. Mai 2009
Samuel Plachel