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Menschen mit kognitiven und/oder kommunikativen Beeinträchtigungen im Forschungsprozess Friedrichshainer Kolloquium 23. Februar 2010 Dr Thilo Kroll University of Dundee School of Nursing & Midwifery

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Menschen mit kognitiven und/oder kommunikativen Beeinträchtigungen im

ForschungsprozessFriedrichshainer Kolloquium 23. Februar 2010

Dr Thilo KrollUniversity of Dundee

School of Nursing & Midwifery

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One cannot not communicate

[Man kann nicht nicht kommunizieren]

Watzlawick, Beavin Bavelas& Jackson, 1967, p. 51

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Ausschluss von Menschenmitkognitiven und oder kommunikativen Behinderungen vom Forschungsprozess kommuniziert gesellschaftliches Desinteresse und/oder Forscherinkompetenz

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Übersicht

• Forschungsprozess• Formen des Ausschlusses/Exklusion von

Forschung• Praktische MethodenBeispiele zur

Einbeziehung von Menschen mit kognitiven und/oder kommunikativen Behinderungen im Forschungsprozess

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Forschungsprozess

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Entscheidungsprozesse

Was? (Schwerpunkt) Warum? (Relevanz)Wer? (EntscheiderIN)

Ist die Frage beforschbar?

Ja Nein

Welche Methode?

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Nicht-Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in zweifacher Weise

• Als wesentliche NutzerInnen: Studiendesigns, Erhebungsumfeld, verwendete Methoden verhindern Beteiligung

• Als wesentliche Akteure/innen: Setzen von Forschungsschwerpunkten (was istbedeutsam?), Projektplannug, -durchführung, Ergebnisnterpretation and Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis

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Patients were excluded (ausgeschlossen)if they: (1) were not returning to their GPs(nichtbeimHausarzt) for management, (2) were discharged to a nursing home (Pflegeheim), (3) had serious comorbidities (andereErkrankungen), (4) were non- English-speaking (nichtEnglischsprechend), (5) died while in hospital (verstorben?), (6) were too cognitively impaired (zukognitivbeeinträchtigt), (7) were notably aphasic (sprachbehindert) or (8) lived more than 2 h away by car (mehrals 2 Std weitweglebend) or (9) suffered from subarachnoid haemorrhage or subdural haematoma. Other reasons for non- participation included the family declining to take part, involvement in another research programmeand not being assessed prior to discharge. p 280

J Neurol Neurosurg Psychiatry 2009;80:279–284. doi:10.1136/jnnp.2008.148122

EinleiderrechttypischesBeispiel…

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Formen von Ausschlusses• Wie ‘Behinderung’ verstanden wird

(unterschiedliche zweckgebundene Definitionen)

• Sprache (einfache Sprache, Gebärdensprache)• Form der funktionellen Beeinträchtigung

(Bewegung, Sprache, Erinnerungs-/Konzentrationsvermögen)

• Nur StellvertreterInnen (Proxys)• Nur pflegende Angehörige werden befragt• Grad der Strukturiertheit des

Erhebungsinstrument

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Formen des Ausschlusses (Fortsetzung)

• Studiendurchführung (e.g. Telefon, direktes Gespräch)

• Format (e.g. handschriftlich, alternative Formate)• Angemessenheit derFragen (z.B. Relevanz,

kognitive Angemessenheit)• ForscherInnenkompetenz(e.g. interviewerInnen

Vorbereitung)• (Enger oder weiter) Zugang zur Zielpopulation

(z.B. Zugangausschliesslich über Patientenorganisationen, Populationsstudien, Cluster, Zufallsstichproben, willkürliche Auswahl, Schneeball-Prinzip)

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Beispiele für die Nicht-Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Forschung

•Körperbehinderungen und Bewegungseinschränkungen- Kann Fragebogenantwort nicht ankreuzen oder aufschreiben (ohne Anpassung der Datenerhebungsmethode)

•Seh- und Hörbehinderungen– Kann die Frage nicht lesen oder hören (ohne Anpassung der Datenerhebungsmethode)

•KognitiveBeeinträchtigung/Behinderung (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Konzentration, Lernschwierigkeiten) – Kann die Frage nicht verstehen oder erinnern (ohne Anpassung der Datenerhebungsmethode)

•Psychiatrische Behinderung (Depression, Psychose) – Traut dem Fragesteller nicht, antwortet aus einem anderen Realitätsverständnis heraus (ohne Anpassung der Datenerhebungsmethode)

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“Unsichtbar” Mehrfache

Anpassungen der Kommunikationsvorausset

zungen erforderlich

Einfache Anpassung der Kommunikationsvorauss

etzungen erforderlich

Keine Anpassungen erforderlich

Spektrum exkludierender F

orschungspraxis

Aktivist

EngagiertBewusst

Partizipation

Kroll & Naue (2008)

Gradient der Marginalisierung

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DynamischesZusammenspiel

Setting (Ort, Zeit, Kontext)

Zielgruppen

Forschungsfragestellung

Kommunikations-formen

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Zwei prinzipielle Konsequenzen der Nicht-Teilhabe an Forschung

• IndividuelleEbene – unmittelbar/direkt: Risiken für Gesundheit, gesellschaftlicheTeilhabe und Sicherheit (Interventionen aller Art beruhen auf verzerrten und unvollständigen Voraussetzungen)

• GesellschaftlichlicheEbene– verzögert/indirekt: eine verzerrte und fehlerhafte statistische Basis steuert die Resourcenverteilung, informiertEntscheidungen

• Beide Ebenen sind natürlich nicht unabhängig voneinander

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StufenderTeilhabe am Forschungsprozess

Zit n. Brodie et al. 2009, p. 19

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Teilhabe von allenMenschen an derEntwicklung von gesundheitsbezogenenDienstleistungen (z.B.

England): GesundheitspolitischerAuftrag“The UK policy of actively

encouraging consumers to engage with researchers has its basis in prevailing notions of accountability rather than evidence-based practice. User involvement (Nutzermitwirkung) has become established in service development and audit in order to facilitate a more democratic and open provision of service delivery…The concept has been extended into the area of health research (Gesundheitsforschung), and is beginning to be accepted by NHS (National Health Service) trusts…(Boote, Telford & Cooper, 2002, p. 214)”

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ZahlderwissenschaftlichenArbeiten (Fachzeitschriften) zumThema

‘PartizipativerForschungmitMenschenmitBehinderungen’ 1995-2005

Multiple electronic databases, including AMED (Allied and Complementary Medicine, 1985 to May 2006); BNI (1985 to May 2006); CINAHL, 1982 to May Week 4 2006); EMBASE, 1996 to 2006 Week 21); Ovid MEDLINE(R), (1996 to May Week 3 2006); PsycINFO (1985 to May Week 4 2006) and Social Work Abstracts (1977 to March 2005)

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EinBlick auf die Art der Publikation: Mehr Gerede als Praxis?

OVID MEDLINE and CINAHL search on various combinations of generic ‘disability’ and participatory research produced 30 publications (22 remained after removal of duplicates and criteria eligibility) between Jan 1996-Oct 2006

Number

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Probleme und Lösungsansätze aus der Praxis

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Methodenbeispiele• Surveys/Befragungen mit kommunikations-

und/oder kognitiv behinderten Menschen• Fokussierte Gruppeninterviews• Bildgestützte Szenarien zur Unterstützung von

Einzelinterviews mit Menschen mit Lernschwierigkeiten

• Talking Mats TM und Menschen mit Kommunikationsbehinderungen und Demenzerkrankungen

• Forumtheater mit Menschen mit Kommunikationsbehinderungen

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Surveys/Befragungen

Kroll T., Keer, D., Placek, P., Cyril, J. &Hendershot, G., (ed) (2007).Towards Best Practices for Surveying People with Disabilities. Hauppauge, NY: NovaPublishers

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Gesundheitssurvey: Beispiel ‘National Health Interview Survey (NHIS-D, 1994-

1997)’ USA

Kaye (2007)

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Antwortformat in bezug auf ZahlderbeeintraechtigtenAlltagsaktivitaete

n (ADLs) (NHIS-D)%

Kaye (2007)

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Antwortformat in bezug auf Behinderungsgruppen(NHIS-D)

%

Kaye (2007)

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Gebärdenspracheund Schriftsprache

• Gebärdensprache ist eine visuelleSprache (z.B. ASL), eine einfache Übersetzung in Schriftsprache ist unzureichend – Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass schriftlich ausgedrückte Fragen angemessen repräsentiert werden

• Die Reliabilität und Validität von Fragebögen und Skalen für Menschen, die vorrangig Gebärdensprache verwenden, ist deshalb zu hinterfragen

• Die Übersetzung von schriftlichen Fragen in Gebärdensprache kann je nachÜbersetzer variieren (Validierungsstudienfehlen!)

• Bild und metaphorische Sprache (Deutsch, Englisch) wird nicht automatisch verstanden. Bestimmte Konstrukte/Konzepte werden vielleicht nicht verstanden

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Beispiel: TelefonbefragungenDreigrundsätzlicheHerausforderungen

(1)Kommunikationsbarrieren(2)Ausdauerbarrieren(3)Verständnis- oderkognitiveBarrieren

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Art der Fragestellung• Reduzieren von Hochfrequenzen• Fragen können dann nichtv erstanden werden, wenn sie nicht

gehört werden

• Example (High frequency sounds): “How satisfied are you with the overall quality of care you receive? Are you satisfied, somewhat satisfied, neither satisfied nor dissatisfied, or very dissatisfied?”

• Example (low frequency sounds): “How would you rate the overall quality of the medical care you get? Is it excellent, very good, good, fair or poor?”

• Was möchten sie lieber (Hochfrequenz)?

• Was ist besser (Niedrigfrequenz)?

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Anpassungen I• Anpassungen an Sprachbehinderungen:

- Verstärkung eintreffender Laute- Bitte um Wiederholung- Geduld- Wiederholen und Klären, ob etwas richtig verstandenwurde- Nicht so tun als hätte man verstanden, wenn dem nicht so ist- Keine Annahmen in bezug auf den Gefühlszustand basierend auf der

Stimmlage

• Anpassungen in bezug auf Ausdauer:

- Befragungszeitpunkt so legen, wenn TeilnehmerInnen ausgeruht sind- Pausen nach Bedarf- Aufteilen in mehrere Sitzungen

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Anpassungen II• Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Konzentration

(Kognition):

- Vermeiden von Ablenkung- Wiederholen des Namens des

Teilnehmers/derTeilnehmerin- Realistische Einschätzung des Zeitaufwandes (Einplanen

von zusätzlicher Zeit)- Information und Fragen vor der Befragung an den/die

TeilnehmerIn senden- Vermeiden von mehreren Interviewern- Verwendung von verschiedenen Antwortformaten

(mündlich, schriftlich, stellvertretend)

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Szenarien/Bildgestützte Kommunikation

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Einzelinterviews mit Menschen mit Lernschwierigkeiten

• Projektfragestellung: Wahrgenommene Probleme und Möglichkeiten der Selbstpflege/hilfe (“Self Care”) von Menschen mit Lernschwierigkeiten und kardiovaskulären Erkrankungen (Young, Kroll, Naji, 2009)

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Entwicklung von bildunterstützten Szenarien auf der Basis von klinischen Empfehlungen im Self Care Bereich in der Vorbeugung von Herz-Kreislauferkrankungen (Young, Kroll, Naji, 2009)

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Projektbausteine

• Szenarienerstellung• KognitivesTesten der Szenarien mit Menschen

mit Lernschwierigkeiten, PersönlichenAssistenten, Pflegepersonal – Wiewerden die Szenarien und Interviewfragenverstanden?

• Szenarien-gestützte Interviews von 14 MenschenmitLernschwierigkeiten, 11 PersönlichenAssistenten und 11 KrankenpflegerInnen

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‘Talking Mats’ TM

AAC Research Unit, University of Stirling – Effectiveness framework of functional communication

Ein Symbolsystem, welches auf einer Fussmatte die Kommunikation unterstuetzt.

Menschen mit kognitiven und/oder kommunikativen Behinderungen können auf einer dreistufigen Smiley-Skala, Zustimmung, Ablehnung oder Nicht-Entscheidung signalisieren

Murphy & Boa, Murphy & CameronMurphy, Gray, Cox

www.communicationmatters.co.uk www.jrf.org.uk

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Forschungsergebnisse: Demenz (Murphy, Gray, Cox, 2007)

• Die Nutzung von Talking Mats (TM) war insgesamt effektiver als freie, unstrukturierte Alltags- oder strukturierte, geplante Gespräche mit demenzkranken Menschen

• StudienteilnehmerInnen, die TM verwendeten, waren weniger abgelenkt

• Im Vergleich zu Verhaltensbeobachtungen haben Informationen, die mit TM gewonnen werden eine grössere Verlässlichkeit (Validity)

• TM reduziert Wiederholungsverhalten• Gespräche mit TM dauern länger

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Fokussierte Gruppeninterviews

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Fokussierte Gruppeninterviews- Planung- Design, Stichprobengewinnung, Zusammensetzung, Grösse- Einverständniserklärung (Informed Consent)- Alternative Formate

- An-und Abreisezeitpunkt- Transport

- Umgebung der Datenerhebung- BarrierefreierZugang- Licht, Temperatur, Geräuschfreiheit, Sitzarrangement

• Persönliche Assistenz, Hilfsmittel, ÜbersetzerKroll, Barbour, Harris, 2007

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FokussierteGruppeninterviews (Fortsetzung)

• Fertigkeiten der ModeratorInnen• Spezielle Fertigkeiten von Moderator-und AssistenzmoderatorInnen• Unterstützung des Gespräches mit Hilfe mehrerer, verschiedener

Methoden• Zeitplanung• Umgehen mit sehr unterschiedlichen G ruppen und Konfliktmanagement• Aufmerksamkeit, Ermüdung, Ablenkung der TeilnehmerInnen

• Antworten durch StellvertreterInnen (Proxies)

• Visuelle und szenarien-basierte Unterstützung• Datenaufnahme und –verarbeitung (Audio-, Video, Online)• Rückmeldung

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Beispiel: Fokussierte Gruppeninterviews mit Menschen mit

Kommunikationsbehinderungen• Strukturierter Literaturreview (Prior, Waller, Kroll, unter

Review): – 8 Publikationen bezogen sich auf Erwachsene mit komplexen

Kommunikationsbehinderungen (KKB), 13 Studien zu dem Thema haben nicht Menschen mit KKB direkt einbezogen, 4 Studien haben gemischte Gruppen verwendet.

– 4 Studien mit Menschen mit KKB haben Internet Fokusgruppen verwendet

• Setzt Lese- und Schreibvermögen voraus

• Es wurden keine Fokusgruppenstudien gefunden, in die Menschen mit KKB und Lernschwierigkeiten einbezogen waren

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ExplorierendeFokusgruppe – ErfahrungenimKlinikalltag von

Menschenmit KKB

• 3 TeilnehmerInnen, 1 Persönliche Assistentin• Thema ‘Erfahrungen mit Krankenhauspersonal• Bedeutung von non-verbalerKommunikation

(Gesten, ParaverbaleÄusserungen)

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Forum Theater

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Forum-Theater

• Begründet von Augusto Boal “Theatre of the Oppressed” (2000, 3rd Ed. London: Pluto)

• “In order to understand the poetics of the oppressed one must keep in mind its main objective: to change the people – ‘spectators’, passive beings in the theatrical phenomenon - into subjects, actors, transformers of the dramatic action” (Boal 1979, p. 122) spect-actor

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TeilnehmerInnen: 8ÄrztInnenin AusbildungZweiSzenarien

Forum-Theater (Fortsetzung)Einflussnahme auf das Handeln von Klinikpersonal in bezug auf Menschen mit KKB (CHAMPION, Prior, Waller, Kroll)Interviews, fokussierte Gruppeninterviews, Literatur als Hintergrund für“Szenarien”3 TeilnehmerInnen mit KKB traten als SchauspielerInnen auf. Handlungsstopp – alternative Handlungsentwicklungen, die von den ZuschauerInnen vorgeschlagen werden

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Verschlüsselung (Enkodieren)

Entschlüsselung (Dekodieren)

Frage

Antwort

Person

Situation

SettingDatenerhebung

z.B. Alter, kognitiver Status, Mehrfachdiagnosen

z.B. Schmerzintensität, Ermüdung, Diagnosestellung, Angehörigeanwesend)

z.B. Zuhause, Klinik, Arztpraxis, Pflegeheim, Geräusche, Gerüche in derUmgebung

Wortwahl und -format

Offenes, geschlossenes Format

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Thinking “outside” the box

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• Die aktiveTeilhabe (Partizipation) von Menschen mit kognitiven und/oder kommunikativen Behinderungen am Forschungsprozess ist nicht nur eine theoretische Möglichkeit, sondern praktisch realisierbar.

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Danke für ihr Interesse

• Kontakt: Dr Thilo Kroll, University of Dundee, Alliance for Self Care Research, School of Nursing & Midwifery [email protected]

• Literaturstellen beim Vortragenden