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Mesa/Boogie JP-2C Petruccis Traumverstärker · Der IIC+ gilt vielen Gitarristen als Vorzeigemodell der Mark-Serie. Auch John Petrucci lebt eine nie endende Zuneigung zu diesem Meisterwerk

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Page 1: Mesa/Boogie JP-2C Petruccis Traumverstärker · Der IIC+ gilt vielen Gitarristen als Vorzeigemodell der Mark-Serie. Auch John Petrucci lebt eine nie endende Zuneigung zu diesem Meisterwerk

Der IIC+ gilt vielen Gitarristen als Vorzeigemodell der Mark-Serie.Auch John Petrucci lebt eine nie endende Zuneigung zu diesem Meisterwerk von 1983.

Für seinen Signature-Verstärker hat Mesa/Boogie das Original so authentisch wie möglich wiederbelebt und funktional in die heutige Zeit gehievt.

Petruccis Lieblingsmodell, das also ohne Si-mul-Class arbeitet.

Der Vollröhrenverstärker leistet 100 Watt und arbeitet mit einem 6L6-Quartett sowie fünf 12AX7-Vorstufen- und Treiberröhren. Funktional ist das neue Modell seinem renommierten Vorgänger in vielen Belangen überlegen, bei dem sich die beiden Kanäle Rhythm und Lead noch eine gemeinsame Klangregelung teilten. Im JP-2C sind es nun drei Kanäle, jeweils regelbar in Gain, Bass, Mid

Der zweite Signature-Verstärker in über vierzig Jahren Firmenhistorie ist eine dreikanalige Version des Mark IIC+, die mit eigenen Klangregelungen, zwei grafischen Equalizern, MIDI und wei-teren Extras punktet, im Herzen aber voll und ganz auf das Erbe des Klassi-kers zurückgreift. Seine Feuertaufe hat

der Verstärker dabei sogar schon bestanden: Er wurde nahezu exklusiv bei der Dream-Theater-Albumproduktion und der Bühnen-umsetzung des jüngsten Konzeptwerks The Astonishing für die Gitarrensounds eingesetzt.

Da Mesa/Boogie in den vergangenen Jahr-zehnten immer wieder den Mark IIC+ zitierte, etwa im Triaxis und im Mark V, haben wir be-wusst nochmals nachgefragt: Laut Hersteller orientiert sich die Schaltung exakt am Origi-nal, bis zum peniblen Nachbau des mächtigen Ausgangsübertragers. Anpassungen gab es le-diglich für die Neuerungen und die besonders kompakte Größe des JP-2C, die mit der Nut-zung eines leisen Gehäuselüfters einhergeht.

Drei KanäleSomit spricht der Hersteller von einem echten Mark IIC+, und zwar in der Version mit gra-fischem Equalizer und einer zwischen 100 und 60 Watt umschaltbaren Class-A/B-Endstufe –

und Treble in der Vorstufe sowie Master und Presence in der Endstufe, rückseitig ergänzt um die jeweilige Intensität des verbauten Federhalls.

Kanal 1 empfindet dabei den Cleankanal des IIC+ nach, während sich die Kanäle 2 und 3 dem Leadkanal widmen. Wer alte Mark-Ver-stärker kennt, wird sich wundern, wohin die zahlreichen Pullfunktionen verschwunden sind. Diese sind intern auf die bevorzugten Einstellungen von John Petrucci gesetzt. So C

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Outputs auf der Rückseite

Mesa/Boogie JP-2C

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GUITAR-DREAMS verstärker

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sind die beiden Bright-, die Treble-Shift- und die Deep-Funktionen dauerhaft ein-, der Bass-Shift hingegen ausgeschaltet.

Die ebenfalls fehlenden Regler für die Ein-gangsempfindlichkeit (Volume 1) und Lead Master sind jeweils auf sinnvolle Presetwerte gesetzt. Kanal 1 wurde dabei ausdrücklich auf einen sauberen Cleanton optimiert. Kanal 2 arbeitet mit einem voreingestellten Wert von 6 für Volume 1, Kanal 3 mit 7,5. Diese Werte lassen sich per Pull-Funktion auf 7,5 bezie-hungsweise 9 steigern.

Eine weitere Pull-Funktion in den Kanälen 2 und 3 erlaubt es, zwischen zwei Presence-Einsatzfrequenzen zu wählen. Im herausgezo-genen Zustand entspricht der Verstärker dabei dem Original, während die Schaltung im ge-drückten Zustand weniger bissig und dafür breitbandiger ausfällt.

Fünf FrequenzenIn jedem Kanal gibt es einen Schalter, der den Kanal bei Bedarf auf einen doppelt vorhan-denen grafischen Fünfbandequalizer routet, der entsprechend dem Original mit den Ein-satzfrequenzen 80, 240, 750, 2.200 und 6.600 Hz arbeitet. Weiter gibt es für die Kanäle 2 und 3 noch die sogenannte Shred-Funktion, die neben einem kleinen Gainboost vor allem für eine Hochmittenbetonung und ein aufge-räumteres Klangbild im Bass sorgt.

Schließlich dürfen auch ein serieller schalt-barer Einschleifweg und ein Fußboard mit sechs Tastern (Kanäle, Reverb, EQ 1, EQ 2) nicht fehlen. Außerdem ist der JP-2C als erster Boogie-Vollverstärker per MIDI schaltbar. Ne-ben den genannten Funktionen lassen sich hier auch der Effektweg und die Shredfunk-tion schalten.

Neben der globalen Umschaltung der End-stufenleistung, den drei Reverb-Reglern, MIDI-In/Out und dem Fußschalteranschluss bietet der JP-2C vier Lautsprecherausgänge, besagten Effektweg sowie einen Slave-Aus-gang. Wie im Mark Five: 35 ist zudem der hauseigene Cabclone D.I. integriert, der das Endstufensignal als ansprechende Lautspre-chersimulation an einer XLR-Buchse mit Linepegel (-10/+4 dB, mit Groundlift) und einem Kopfhörerausgang bereitstellt. Dabei lässt sich das Voicing in drei Presets (Vintage, Open, Closed) bestimmen. Bei Bedarf lassen sich auch die Lautsprecherausgänge über ei-nen internen Lastwiderstand ausschalten.

MittenanhebungAufgrund seiner erweiterten Ausstattung liefert der JP-2C ein beachtliches, auf drei Kanälen abrufbares Klangspektrum von unverzerrten Klängen bis hin zu High-Gain. Ehrfurchtsvoll nimmt man zur Kenntnis, dass der Mark IIC+ auch nach über dreißig Jahren ordentlich Eindruck zu schinden versteht. Mit 100 Watt Ausgangsleistung ist der JP-2C zweifelsfrei bühnentauglich, lässt sich aber auch überzeugend leise spielen.

Der Cleankanal widmet sich unverzerrten Klängen, die mit schneller Ansprache, Trans-

Zentral auf der Rückseite: der Mesa-eigene D.I.-Anschluss Cabclone

Die Enstufe arbeitet mit vier 6L6-Röhren

Die Unterschrift des Meisters

parenz, Klangfülle und ausgewogenem Grund-klang überzeugen. Dank verbessert regel-barem Gain bleibt es hier sowohl bei Single-coils und auch bei aktiven Humbuckern sau-ber. Dreht man den Gain-Regler weit auf, lässt sich dieser Kanal durchaus zum Crunch zwin-gen. Dabei hat Mesa/Boogie dem Mittenregler die Möglichkeit einer breitbandigen Mittenan-hebung ab der Zwölf-Uhr-Stellung spendiert, die den Sound in diesem Bereich ebenfalls mehr anschiebt.

Dennoch liegt der Fokus klar auf dem Clean-bereich, der auf ganzer Linie überzeugt, auch ohne die unterschiedlichen Voicings anderer Boogie-Modelle. Dafür gibt es die Möglichkeit, den grafischen Equalizer hinzuzuschalten.

So könnte man von einem runden zu einem betont drahtigen Ton wechseln. In Kombination mit Modulations- und Raumef-fekten, durchaus auch mit dem angenehm dichten Federhall, erweitert dieser Kanal sein Sprachspektrum nochmals. Hingegen muss

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bietet dabei ein explosives Attack und gleich-zeitig Druck. Zugleich kann er aber auch ein singendes mittenbetontes Sustain liefern.

Die Besonderheit ist das Zusammenspiel der beiden Equalizersektionen. Der dreiban-dige passive Equalizer, der in der Mark-Serie früh im Signalweg sitzt, wirkt sich bei ver-zerrten Klängen eher auf das Spielgefühl als auf die Klangfarbe aus. So bestimmt man über den Bassregler die Straffheit des Klangs. Wer

MESA/BOOGIE JP-2C

FACTS

Herkunft USA

Leistung 100 Watt an 4, 8, 16 Ohm

Kanäle 3

Röhren-bestückung 4 x 6L6, 5 x 12AX7

Regler Ch1-3: Gain, Master, Bass, Middle, Treble, Presence, Reverb

Schalter Ch1: EQ, Ch2/3: EQ, Gain/Presence (Pull) FX, Reverb, Channel Select, Shred; Master: Power, Standby, 100/60 Watt, Store

Anschlüsse Inputs: In, Return; Outputs: 4 x Speaker, Slave, Send, Headphone, XLR (Cabclone); Extras: MIDI In/Out, Footswitch, Cabclone

Maße 24 x 48 x 28 cm

Gewicht 18,5 kg

Internet www.mesaboogie.de

Empf. VK-Preis JP-2C 3.900 € JP-2C Rackversion 3.900 € JP-2C Limited Edition 5.490 €

Preis-Leistung

„Man, this thing really boogies! “ – Carlos Santana

Jeder Kanal hat seine eigene Klangregelung

Doppelter Equalizer

bei der Paarung mit Overdrive/Distortion-Pedalen die Kombination stimmen, damit es nicht zu harsch tönt.

In beiden Leadkanälen gibt es beim Mark IIC+ Crunch und High-Gain. Im Prinzip sind die Kanäle bis auf geringfügig unterschied-liche Gainreserven identisch. Somit hat man die Wahl, sich unterschiedliche Rhythmus- oder Solosounds zu basteln, die man nach

Bedarf um die grafischen Equalizer unterstüt-zen kann. Prinzipiell würde man Kanal 2 eher für Crunchsounds, Kanal 3 aufgrund der mög-lichen höheren Sättigung eher für Soli nutzen.

Der Verstärker bietet hohe Gainreserven (die sich auch in erhöhten Nebengeräuschen äußern können). Das Spielgefühl ist tatsäch-lich besonders, denn der JP-2C kann äußerst straff, definiert und aggressiv klingen. Er

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es fest und perkussiv mag, dreht diesen Regler weit zurück.

Während der Mittenregler weniger relevant in seiner Wirkung ist, lässt sich über Treble Biss in die Verzerrung bringen. So ergibt sich ein mittenkräftiges, durchsetzungsfähiges, verzerrtes Signal, das sich gut für Soli eignet.

Für die weitere Klangformung ist der gra-fische Equalizer, der weiter hinten im Signal-weg sitzt, unerlässlich: Hier steuert man den Bassdruck, das Scooping der Mitten (oder al-ternativ die Mittennase für das Solo) sowie die Aggression im Höhenbereich. Die typische V-Einstellung hat hier tatsächlich ihre absolu-te Berechtigung. Dank der fünf Bänder hatman zudem mehr Eingriffsmöglichkeiten alsüblich. Und: Dieser Equalizer ist eben auchnoch doppelt vorhanden: ein Riesenvorteilzum Original.

Der JP-2C verfügt wie der Mark V über jede Menge Höhenreserven und ein schnelles, metallisches Attack. Das Original-Presence-Voicing klingt für meine Ohren recht bissig, weshalb ich mich über die umschaltbare, zah-mere Variante freue. Die schwierigste Aufgabe scheint mir ohnehin, für High-Gain-Sounds eine sinnvolle Balance der hohen Frequenzen zu finden. Hier wirken Treble-Regler, Pre-sence-Steuerung, die Höhenregler des gra-fischen Equalizers (2,2 und 6,6 kHz) und gege-benenfalls der Shred-Schalter zusammen.

Apropos Shred: Die zusätzliche Hochmit-tenbetonung sorgt nochmals für mehr Biss. Gleichzeitig räumt diese Funktion, die sich entweder für Kanal 2, für Kanal 2 und 3 oder per MIDI zuschalten lässt, sinnvoll im tieffre-quenten Spektrum auf, so dass tiefgestimmte Instrumente tatsächlich definierter klingen.Der JP-2C benötigt also eine gewisse Phase Instrumente tatsächlich definierter klingen.Der JP-2C benötigt also eine gewisse Phase

der Einarbeitung. Die Mühe lohnt sich aller-dings, denn man findet hier traumhafte Clean-, Rhythmus-, Solo- und Metalsounds.

Dabei ist es dank der beiden grafischen EQs durchaus möglich, auch vier nutzbare Kanäle zu erreichen, indem man einen der beiden Gainkanäle ohne EQ und mit seinem höheren Mittenanteil als Solokanal einsetzt, auch wenn es leider keine schaltbare Sololautstärke gibt, ja nicht einmal einen globalen Master-Regler. In der Praxis erfüllt der robuste Fuß-schalter seinen Zweck bestens, wenngleich eine MIDI-Steuerung nochmals komfortablere und erweiterte Möglichkeiten bereitstellt. Was hingegen nicht sein muss: Nach dem Ein-schalten und ersten Wechsel auf Kanal 2 oder 3 knackt es recht vernehmlich.

Das bleibt hängenDieser Verstärker ist ein echter Volltreffer, klanglich wie funktional. Mesa/Boogie und

John Petrucci präsentieren mit dem JP-2C eine dreikanalige und bühnentaugliche Version des Mark IIC+, dessen Erbe beeindruckend in die heutige Zeit getragen wird. Er trifft glaubwürdig den Klangcharakter und das Spielgefühl des Originals in den von Petrucci bevorzugten, aber durchweg sinnvollen Vor-einstellungen.

Gleichzeitig platziert sich der JP-2C als Alternative zum Mark V. Zwar bietet er nicht dessen Klangvielfalt, punktet dafür jedoch mit zwei Leadkanälen, einem doppelten grafischen EQ und MIDI.

Den JP-2C gibt es bislang nur als Topteil, wahlweise als reguläre schwarze Version, als limitierte signierte Sonderaufauflage mit edler dunkelroter Frontblende aus geflammtem Ahorn oder auch als Rackmountversion. Der Preis für die Standardversion liegt bei 3.900 Euro.

Ulf Kaiser

Üppige, effektive und übersichtliche Klangregelung

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