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Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht
sowie Völkerrecht
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Methodik im Verfassungsrecht: Die Fallbearbeitung im Einzelnen
Studiengang: Bachelor of Laws (LL.B.)
Modul: Staats- und Verfassungsrecht (55104)
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen
Die Klausurbearbeitung besteht aus drei großen Abschnitten:
1. Erfassen der Aufgabe und des Sachverhalts
2. Erarbeiten einer Lösungsskizze
3. Ausformulieren der Lösung
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Folie 2
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (I)
1. Erfassen der Aufgabe und des Sachverhalts
a) Fallfrage und Bearbeiterhinweis lesen
richtige Einordnung der Sachverhaltsinformationen bereits beim ersten Lesen
Bearbeiterhinweis stellt manches unstreitig, so dass man sich darüber keine Gedanken mehr zu machen braucht
Bspw. könnte die formelle und/oder materielle Recht-mäßigkeit eines Gesetzes vorgegeben werden. Dann sind alle Ausführungen dazu überflüssig und führen zum Punktabzug!
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Folie 3
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (II)
Häufigste Fragestellung:
„Hat die Klage/die VB/das Verfahren Aussicht auf Erfolg?“
Aufbau:
Obersatz (z.B.): „Die VB hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.“
Gliederung: A. Zulässigkeit, B. Begründetheit (auch bei mehreren Grundrechten o.ä. nur eine Zulässigkeit und eine Begründetheit)
Ergebnissatz: „Die Verfassungsbeschwerde hat also (keine) Aussicht auf Erfolg.“
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Folie 4
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (III)
Ansonsten Einzelfragen, z.B.: „Ist die Maßnahme des Polizisten P mit den Grundrechten des A vereinbar?“
Obersatz, Gliederung und Ergebnissatz entsprechend der Einzelfrage, im Beispiel:
„Die Maßnahme des P müsste mit den Grundrechten des A vereinbar sein.“
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Folie 5
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (IV)
In Betracht kommt eine Verletzung der Grundrechte des A aus Art. 5 I 1, 1. Var. GG und Art. 2 I GG.
A. Art. 5 I 1, 1. Var. GG
…
B. Art. 2 I GG
…“
Die Maßnahme des P ist also (nicht) mit den Grundrechten des A vereinbar.“
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Folie 6
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (V)
b) Angegebene Gesetzestexte überfliegen
erster Einblick in die relevante gesetzliche Grundlage
Klarheit, in welchem Rechtsgebiet der Fall spielt
Erleichterung der richtigen Einordnung der Sachverhalts-informationen
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Folie 7
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (VI)
c) Sachverhalt erarbeiten
Sachverhalt einmal zügig durchlesen
So erhält man einen ersten Eindruck und weiß vor allem, ob sich am Ende noch eine entscheidende Wende ergibt.
Sachverhalt dann noch einmal intensiv lesen
Satz für Satz, notfalls Wort für Wort vorgehen
Warum teilt der Klausurersteller gerade diese Information mit?
alle Sachverhaltsinformationen sind i.d.R. von Relevanz und daher auch in der Lösung zu verwerten („Schlüsselwörter“)
optimalerweise kann eine Information einem Punkt im späteren Prüfungsaufbau zugeordnet werden, ggf. unterstreichen/markieren
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Folie 8
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (VII)
Bsp. 1: Bf. ist Deutscher = Persönlicher Schutzbereich eines Deutschengrundrechts (nicht: Beschwerdefähigkeit); Zusätzliche Erkenntnis: Offenbar kommt es auf mindestens ein Deutschengrundrecht an. Außerdem Art. 2 I GG als Auffanggrundrecht in Betracht ziehen.
Bsp. 2: Der Beschwerdeführer äußerte „Soldaten sind Mörder“. Äußerung = Sachlicher Schutzbereich von Art. 5 I 1, 1. Var. GG. Außerdem Art. 2 I GG als Auffanggrundrecht in Betracht ziehen.
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Folie 9
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (VIII)
2. Erarbeiten einer Lösungsskizze
a) Vorüberlegungen
Welche Maßnahme ist Gegenstand der Prüfung (Gesetz, Einzelakt etc.)?
wichtig für:
- Die prozessuale Prüfung (Beschwerdegegenstand, Rechtswegerschöpfung etc.)
- Die materielle Prüfung (bei Einzelakten zweistufiger Aufbau; Eingriffshandlung)
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Folie 10
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (IX)
b) Struktur
Einteilung in Zulässigkeit und Begründetheit
jeweilige Schemata nutzen und Punkt für Punkt durchgehen
Gliederungspunkte bilden und mit Überschriften versehen
Gliederung und Überschriften später eins zu eins in
ausformulierte Lösung übernehmen
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Folie 11
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (X)
Zur Zulässigkeit
Alle Voraussetzungen erwähnen
Unproblematische Punkte kurz abhandeln
Nicht in Kleinigkeiten verrennen, Begründetheit stellt Schwerpunkt dar
Trotzdem sauber arbeiten, in Zulässigkeit werden i.d.R. bereits 15-25 P. verteilt
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Folie 12
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (XI)
Zur Begründetheit
Grundrechte einzeln und in festgelegter Reihenfolge prüfen
Prüfungsaufbau des jeweiligen Grundrechts beachten (Schema Freiheits-/Gleichheitsrecht)
Ergebnis der Begründetheit erst formulieren, nachdem alle Grundrechte durchgeprüft wurden
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Folie 13
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (XII)Schwerpunkte setzen
Unproblematische Punkte kurz abhandeln
Auf problematische / nicht eindeutige Fragen ausführlich eingehen
Zur Differenzierung sollte man sich fragen, worum die Parteien im Kern eigentlich streiten.
Schwerpunkte liegen oft dort, wo man sich unsicher ist, wie zu entscheiden sein wird.
Hier nicht versuchen, die Unsicherheit durch Oberflächlichkeit zu kaschieren, sondern diese ruhig offenlegen und eine eigene Argumentation probieren.
Hilfreich sind dafür pro und contra Tabellen - aus dem Sachverhalt lassen sich oft schon Argumente entnehmen (insb. Parteivortrag, aber nur unverbindliche Hinweise)
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Folie 14
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (XIII)
Kontrolle
Nach Fertigstellung der Lösungsskizze Sachverhalt noch einmal überfliegen
Sind alle relevanten Informationen verwertet worden?
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RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (XIV)3. Ausformulieren der Lösung
Klausur mit Hilfe der Lösungsskizze ausformulieren. Keine Stichpunkte!
Gliederung samt Überschriften übernehmen. Abgearbeitete Punkte auf der Skizze durchstreichen
Stil stets rein sachlich und präzise
Auf die Terminologie achten! Vorsicht bei Fachbegriffen!
Bsp.: Grundrechtseingriff und Grundrechtsverletzung unterscheiden
Auf Sprache, Rechtschreibung und Zeichensetzung achten
Keine lehrbuchartigen Ausführungen ohne Fallbezug
Keine Behauptung ohne Begründung!Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches
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Folie 16
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (XV)
4. Zeiteinteilung
Die Klausurbearbeitung besteht aus drei großen Abschnitten:
1. Erfassen der Aufgabe und des Sachverhalts
2. Erarbeiten einer Lösungsskizze
3. Ausformulieren der Lösung
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Folie 17
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung im Einzelnen (XVI)
Je nach Klausur kann der erforderliche Zeitaufwand variieren.
Folgendes Raster gibt eine grobe Vorstellung:
Für 1. (Erfassen der Aufgabe & Sachverhalt) ca. 20 min
Für 2. (Erarbeiten einer Lösungsskizze) ca. 30 min
Für 3. (Ausformulieren der Lösung) ca. 70 min
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Folie 18
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Die Falllösung: Das Hilfsgutachten
Grundregel:
Hilfsgutachten sind nur dann anzufertigen, wenn ein Rechtsbehelf oder Rechtsmittel unzulässig ist.
Bei Unzulässigkeit hängt das Hilfsgutachten von der Aufgabenstellung ab.
Bei formeller Verfassungs- oder Rechtswidrigkeit prüfen Sie ganz normal weiter und brechen Ihr Rechtsgutachten nicht ab. Nur ein Gericht dürfte die Prüfung hier abbrechen.
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Folie 19
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Typische Fehler (I)
Unstrukturierte Lösung
Gliederungspunkte und Überschriften helfen!
Schwerpunkte falsch gesetzt
Verkürzten Gutachtenstil benutzen!
Sie werden nicht fertig
Klausuren schreiben üben!
Schema einfach abgearbeitet
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Folie 20
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Typische Fehler (II)
Sie glauben, das Problem zu kennen
Wiederholung des Gesetzes
Bezug zum Fall!
Unkritische Wiedergabe der Argumentation
Würdigung vornehmen!
Unpräzise Ausführungen
Vorsicht vor Fachbegriffen!
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Folie 21
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Typische Fehler (III)
Ergebnisoffene Prüfung
Obrigkeitshörigkeit
Keine Behauptung ohne Begründung!
Politische Diskussion
Unlogische Argumentation
Sachverhalt und Norm nicht richtig gelesen
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Folie 22
RECHTSWISSENSCHAFTLICHE FAKULTÄT
Abschluss
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Folie 23