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H. WULLSTEI~ : Mil~erfolgeder Fensterungsoperation. 383 mische Tatsache yon vorhandenen Gef~l~verbindungen zwisehen Pauken- schleimhaut und Duraperiost muB uns auch in den ersten Tagen einer akuten Otitis media an die MSglichkeit der Entstehung einer Bulbus- thrombose denken lassen. Literatur. I-IAYMA~, L. : Arch. Hals- usw. Heilk. 154, 182. -- MARx, H. : Kurzes Hand- buch der Ohrenheilkunde. Jena: Gustav Fischer 1947. -- STnURE~, O. : Caver- nosusthrombose nach 1)yramidenspitzeneiterung. (In] Druck.) -- To]~]~cK, A.: Pathologie und Klinik der Fyramidenzelleneiterungen. Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1939. -- WITTMAACX,K.: Pneumatisationslehre. Jena: Gustav Fischer 1918. 24. Herr H. WULLSTEIN-Siegen. Mi6erfolge der Fensterungsoperation und ~Iiiglichkeiten ihrer Verhiitung. Die eitrige Labyrinthitis mit ihren Fo]gen und der knScherne Fenster- verschlul3 scheiden heute als die Ursache yon Mi~erfolgen nach der operativen Otosklerosebehandlung fast vSllig aus. Trotzdem mfissen ~ir noch mit StSrungen rechnen, die entweder den H6ranstieg in der postoperativen Phase verhindern oder sparer das neugewonnene Gehiir wieder absinken lassen. Abgesehen davon scheint mir das Augenmerk zu wenig darauf gerichtet zu werden, wie wichtig es ist, ein au] die Dauer stabiles, nicht stgndigen Schwankungen unterwor/enes Geh6r zu erzielen. Uber einen allm~htichen HSrverlust nach vielen Jahren -- ins- besondere durch das Fortschreiten des Otoskleroseprozesses in der Labyrinthkapsel bei offenem Fenster -- wissen wir bei uns praktisch noch nichts. S~AM]3AVG~ kann allerdings schon berichten, dab yon 230 Fensterungen, die 5--8 Jahre zurfickliegen, etwa 80% den Stand ihres HSrvermSgens auf dem operierten und auf dem nichtoperierten Ohre seit der Fensterung erhalten haben. Nicht nur die knSchernen Fensterverschlfisse, auch die Mehrzahl der anderen GehSrstSrungen tritt jedoch viel kurz/ristiger nach der Operation auf, meist bereits inner- hcdb des ersten halben Jahres. Ich hatte an anderer Stelle schon darauf hingewiesen0 da~ als Ursache ffir diese HSrverluste (bei nach wie vor unver~ndertem Kn0chenleitungsgehSr und in jeder Weise gleich- bleibender vestibul~rer Erregbarkeit einschliei~Iich des positiven Fistel- symt0ms bei Fensterberiihrung) allgemeine St6rungen der Gesundheit ebenso in Frage kommen kSnnen wie 6rtliche im Ohr- und Kopfgebiet. Unter den letzteren steht meines Erachtens bei der heutigen Technik die Reaktion im zuri~ckgebliebenen Zellsystem des Warzenfortsatzes im Vordergrund. Unter 129 Fensterungen dieser Art habe ich bis jetzt 14 nachoperiert, das Zellsystem ausgeri~umt und meistenteils das Material histologisch untersuchen lassen (Prof. H. KAIS~LI~G). Dabei hat es Arch. Ohr- usw. tteilk, u. Z. Hals- usw. ]~eilk. Bd. 158 (Kongrel~bericht 1950). 253,

Mißerfolge der Fensterungsoperation und Möglichkeiten ihrer Verhütung

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Page 1: Mißerfolge der Fensterungsoperation und Möglichkeiten ihrer Verhütung

H. WULLSTEI~ : Mil~erfolge der Fensterungsoperation. 383

mische Tatsache yon vorhandenen Gef~l~verbindungen zwisehen Pauken- schleimhaut und Duraperiost muB uns auch in den ersten Tagen einer akuten Otitis media an die MSglichkeit der Ents tehung einer Bulbus- thrombose denken lassen.

Literatur. I-IAYMA~, L. : Arch. Hals- usw. Heilk. 154, 182. - - MARx, H. : Kurzes Hand-

buch der Ohrenheilkunde. Jena: Gustav Fischer 1947. - - STnURE~, O. : Caver- nosusthrombose nach 1)yramidenspitzeneiterung. (In] Druck.) - - To]~]~cK, A.: Pathologie und Klinik der Fyramidenzelleneiterungen. Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1939. - - WITTMAACX, K.: Pneumatisationslehre. Jena: Gustav Fischer 1918.

24. Herr H. WULLSTEIN-Siegen. Mi6erfolge der Fensterungsoperation und ~Iiiglichkeiten ihrer Verhiitung.

Die eitrige Labyrinthit is mit ihren Fo]gen und der knScherne Fenster- verschlul3 scheiden heute als die Ursache yon Mi~erfolgen nach der operativen Otosklerosebehandlung fast vSllig aus. Trotzdem mfissen ~ir noch mit StSrungen rechnen, die entweder den H6ranstieg in der postoperativen Phase verhindern oder sparer das neugewonnene Gehiir wieder absinken lassen. Abgesehen davon scheint mir das Augenmerk zu wenig darauf gerichtet zu werden, wie wichtig es ist, ein au] die Dauer stabiles, nicht stgndigen Schwankungen unterwor/enes Geh6r zu erzielen.

Uber einen allm~htichen HSrverlust nach vielen Jahren - - ins- besondere durch das Fortschreiten des Otoskleroseprozesses in der Labyrinthkapsel bei offenem Fenster - - wissen wir bei uns praktisch noch nichts. S~AM]3AVG~ kann allerdings schon berichten, dab yon 230 Fensterungen, die 5 - -8 Jahre zurfickliegen, etwa 80% den Stand ihres HSrvermSgens auf dem operierten und auf d e m nichtoperierten Ohre seit der Fensterung erhalten haben. Nicht nur die knSchernen Fensterverschlfisse, auch die Mehrzahl der anderen GehSrstSrungen t r i t t jedoch viel kurz/ristiger nach der Operation auf, meist bereits inner- hcdb des ersten halben Jahres. Ich ha t te an anderer Stelle schon darauf hingewiesen0 da~ als Ursache ffir diese HSrverluste (bei nach wie vor unver~ndertem Kn0chenleitungsgehSr und in jeder Weise gleich- bleibender vestibul~rer Erregbarkeit einschliei~Iich des positiven Fistel- symt0ms bei Fensterberiihrung) allgemeine St6rungen der Gesundheit ebenso in Frage kommen kSnnen wie 6rtliche im Ohr- und Kopfgebiet. Unter den letzteren steht meines Erachtens bei der heutigen Technik die Reaktion im zuri~ckgebliebenen Zellsystem des Warzenfortsatzes im Vordergrund. Unter 129 Fensterungen dieser Art habe ich bis jetzt 14 nachoperiert, das Zellsystem ausgeri~umt und meistenteils das Material histologisch untersuchen lassen (Prof. H. KAIS~LI~G). Dabei hat es

Arch. Ohr- usw. t te i lk , u. Z. Hals- usw. ]~eilk. Bd. 158 (Kongrel~bericht 1950). 253,

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3 8 4 H . W U L L S T E I N :

sich erwiesen, dab auch bei nut geringffigiger Sekretion und Granula- tion in der fast vSllig fiberhiiuteten HShle ein Bild vorliegt, das wit eigentlieh nieht anders als eine mehr oder weniger schwere ,,chronische~ Mastoiditis" bezeichnen kSnnen. Die entfernten Zellen z .B. in der Warzenfortsatzspitze sind zwar relativ wenig beteiligt, aber gerade die iabyrinthnahen sind angeffillt mit einem Granulationsgewebe, das tells mehr akut-, teils mehr ehronisch-entzfindhcher Natur ist. Die Knoehenbi~lkchen der Zellwi~nde sind durchweg weich, morsch und s tark blu~haltig, sie zeigen Knochenabbau- und -anbauprozesse sowie 0steoidbildung; in den Markr/~umen finder sich eine sti~rker 0der weniger starke entzfindliehe Infiltration, auBerdem sind nicht selten kleine oder groBe Schleimhautcysten entstanden. Diese Vorg/~nge bleiben nieh$ nur fiber einige Monate, sondern naeh meinen Befunden bei weitem fiber 1 Jahr bestehen, ohne dab deUtliehe Hei!ungserscheinungen zu erkennen wKren; die amerikanische Literatur berichtet ja auch, dab diese Ohren unter Umst/~nden auf Lebenszeit sezernieren. Ich habe nun den Ein- druck gehabt, dab diese entziindlichen Vorg/~nge dort um so st~trker waren, wo ich wegen schWerer H6rverminderung nachtr/~glich die Aus- r~umung gemaeht habe, dagegen weniger lebhaft dort, wo sie wegen der fortdauernden Sekretion unternommen wurde.

EntschlieBt man sich nun 1/2--1 Jahr nach der Fensterung wegen einer langsamen, aber allm/~hlich s tark zunehmenden Geh6rsverminde- rung zur Zellausr/~umung, so ist man 1. nicht in der Lage, bis dicht ans Fenster heran das ganze Granulationsgewebe und Zellsystem weg- zunehmen und erlebt auch 2. selten die Freude, dab die nachtr~gliehe Ausr/iumung wieder zu einer Riiekkehr des HSrvermSgens ann~hernd auf den alten S t a n d ffihrt. Nachdem ich deswegen immer h/~ufiger die Nachoperation kurzfristig naeh der Fensterung bei den ersten Zeichen der H6rverminderung angeschlossen hatte, bin ich dazu fibergegangen, grundsKtzlieh das ganze Zellsystem schon bei der Fensterungsoperation mit zu entfernen. Allerdings ist es n0twendig, nun auch konsequent,

Tabelle 1. ~tabilitdt des GehSres 9egeniiber der Ausdehnun der Pneumatisation.

�9 L e i c h t e s IEon- A b s i n k e n S t a r k e s F e h l e n d e r

u n d A b s i n k e n A n s t i e g S u m m e stantes GehSr Schwanken

!

Ausgedehnte Pneuma$isa- i tion . . . . . . . . . davon verschattet , . ]

M~Bige Pneumatisation . davon verschattet . .

Stark gehemmte bzw. fehlende Pneumatisation

Summe

32 16

25 15

' 7

/64

6 l0 5 8

7 3 6 2

2

15 ' 13'

6 5

.2 8

54 34

35 23

11 100

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Mil~erfolge der FensterungsoI0eration. 385

vor allen Dingen um den ganzen Labyrinthblock, insbesondere sub- labyrinthdr und so nahe wie mSglic h an den absteigenden FaciMisyerlauf heran alle Zellen zu er6ffnen und mit leichter Bohrerbewegung die Schleimhaut d a r i u s z u entfernen.. Wesentlich ist es, den Wurzenfort- s~tz nicht auszuhShlen, sondern ganz breit nach hinten und nach unten die ganze Spitze aufzudeckefi. ])ann ffillen sich diese tiefen und engen l~gume mit gesnndem Granulationsgewebe, die H6hlen werden nachher nicht besonders grog (was zum Tell yon der Art der Plastik bewirkt wird) nnd ihre vollstgndige Epidermisierung und Troekenlegung lgBt sieh dutch entsprechende kleine Naehbehandlungen erzwingen. Das Zellsystem dagegen, das sich fiber den oberen-Bogengang hinaus in die Pyramidenspitze erstreekt, wird dutch den typisehen Plastiklappen fiir das Fenster meist yon vornherein ganz mitverselossen.

Die Frage, ob man das Zellsystem v611ig ausrgumen soll oder nieht, ist im Ausland und aueh bei uns sehon diskutiert worden. Meines Eraehtens ist man deswegen nieht zur v611igen Ausri~umung fiber- gegangen, weft ein groger Teil der gefensterten Ohren mit mehr oder weniger starker Pneumatisation diese I~eaktion des Zellsystems Ohne H6rverminderung Yertriigt (s. Tabelle 2).

Ieh m6ehte den Standpunkt einnehmen, dab es bei der Fensterungs- operation nur zwei Mgglichkeiten gibt, entweder diese Entlastung des ganzen Labyrinthbloekes yon der ehroniseh entzfindliehen Reaktion der paralabyrinth~ren Zellen oder abet ein Verfahren, das nicht nut das ganze bei der Freilegung des seitliehen Bogenganges angesehnittene Zellsystem prim/tr v611ig sieher wieder verschliegt, sondern aueh daftir Sorge tr~gt, dab das ganze pneumatisehe System weiterhin an die Ventilation der Pauke angesehlossen bleibt. Diese beiden Bedingungen erfiillt selbst die PoPP~Rsehe Operation nieht, die wohl den kleinsten Zugangsweg benutzt. In Frage k~me einzig ein Vorsehlag von HOLM- GREEN aus der letzten Zeit, yon einer Antrotomie aus ein kleines Fenster anzulegen und es mit dem Mueoperiost dieser B0gengangsstelle selbst wieder zu deeken. Abgesehen v o n d e r technisehen Sehwierigkeit, diesen Sehleimhaut-Periostlappen immer uusreiehend zu erhalten, miiBte das freie Fet t t ransplantat in Fortfall kommen, das HOL~Gi~m~N zum An- tamponieren dieses kleinen Lappens jetzt noeh notwendig hat, damit die Verblndung yon der Pauke zum Zellsystem erhalten bleibt und so Stauungsprozesse dort vermieden werden. Eine siehere Methodik dieser Art besitzen wir bisher nlcht. (Ein Versuch yon mir mit einem Palladon- st6psel yon einer Antrotomie aus kam dieser Forderung nahe, bew~hrte sieh jedoch auch bei zweizeitiger Operation - - Einsetzen und Entfernen - - nieht endgfiltig.)

Die Tabelle mit den ersten 100 Fensterungen ohne vSllige Aus: r~umung zeigt, dab ein konstantes oderein nur geringen Schwankungen

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386 H. W v ~ L s ~ i ~ :

Tabelle 2. Von 334 Fensterungen wurde da s Zellsystem nicht ausgergiumt bei 129, total ausger~iumt bei 205.

Nich$ ausger/~umb

Summe

100

100 ]~otal ausgeraumt

Insgesamt . . . I 200

I Testwor~e, nicht i

nur Zahlen Gruppe A 1

20--30 m . . . GruppeA 2 . . .

1 2 - - 2 0 m . . . Gruppe A a

6 - - 1 2 m . . .

Gruppe B 1 1 / 2 - - 6 m . . .

GruppeC . . . Ohne Erfolg . .

Leichtes Kon- Absinken Starkes Unzurei- Ganz

st~ntes und ohender fehlendei Versuche GehSr Schwan- Absinken Anstieg Anstieg

ken

I I 64 ] 15 13 8

82 i 9 1 ! 4 4

91 I '

146 I 24 14 4 12 151

1(0 ~ ] I

Stand des H6rvermSgens vom Mai 1950 fiir Umgangssprache

42

45

57 144

25 17 14

200

42

43

42

12 7

2

14

1 11

Diese 15 Fensterungen, die ohne einigermaBen sichere Aussichten auf I~ISr- verbesserung auf Wunsch des Pat. durchgefiihrt wurden und im Gegensatz zu wenigen anderen Versuchen dieser Ar t keinerlei Erfolg braeh~en, lagen innerhalb der Reihe der 200 verwerteten Fensterungen mit nachgewiesener GehSrsteigerung bei der Operation. Sie werden hier aul~erhalb des Vergleiehes der beiden Gruppen yon je 100 gesondert aufgeftihr~, damit keine Patien~en dieser Zeitspanne aus dieser Statistik ausgelassen wurden.

bzw. leichten H6rverminderungen unterworfenes GehSr bei der groSen Mehrzahl der Operierten erzielt wurde. Sie zeigt aber auch, dab alle Patienten mit gehemmter oder /ehlender Pneumatisation ein /ast gleich- bleibendes GehSr erreichten (wenn die F/~lle m i t f e h l e n d e m W i e d e r a n s t i e g des GehSrs n a c h de r p o s t o p e r a t i v e n R e a k t i o n aul~er B e t r a c h t ge lassen

werden , be i d e n e n ganz a n d e r e U r s a c h e n daf i i r vor l i egen , s. un t en ) .

D a s starke Absinken des Geh6rs i n n e r h a l b y o n M o n a t e n n a c h der

O p e r a t i o n ohne Fens te rversch luI~ , das p r a k t i s c h m e i s t d e n Ve r lu s t des

w i e d e r g e w o n n e n e n schSnen H S r v e r m S g e n s b e d e u t e t , t r a t d a g e g e n nut au/ bei Patienten mit zuriic]cgelassenem Zellsystem.

Tabe l l e 2 s~ellt d iese 100 F e n s t e r u n g e n , be i d e n e n das Z e l l s y s t e m pr inz ip ie i l n i c h t a u s g e r i i u m t wurde , d e n e r s t en 100 gegeni iber , be i d e n e n

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MiBerfolge der Fensterungsoperagion. 387

es konsequent bis zum i~uBersten entfernt wurde. Alle diese Opera- tionen liegen zwisehen etwa 11/2 bis knapp 1/2 Jahr zurfiek, sie sind also fiber die Zeitspanne hinweg, in der ganz vorwiegend die ttSrver- minderung auftritt .

_&us dem Vergleich beider Verfahren geht eindeutig hervor, dab die Anzahl mit konstantem GehSr bei den Totalausr~umungen wesentlich angestiegen ist (64 zu 83), die mit den leichten Sehwankungen deutlich absank. Vor al lem aber sind die allmi~hlichen starken H6rverluste fast verschwunden (13 zu 1, dieser eine starke HSrverlust nach vSlliger Ausr/~umung wurde durch einen Fall auf den Hinterkopf mit schwerer Platzwunde etwa 6 Woehen nach der Operation verursacht).

Der Ma[3stab [iir die er/olgreiche Operation kann bei dieser Betrach- tungsweise selbstverstiindllch nicht in einer bestimmten Dezibellinie ffir ein im menschliehen Zusammenleben ausreichendes HSrvermSgen liegen. Ganz abgesehen davon, dab eine solche Linie wegen ihres logarith- mischen Anstieges in der Schreibung der Intensiti~t, wegen ihres immer verschiedenen Verlaufes im tIauptspraehbereieh und in den hohen Fre- quenzen und vor altem wegen des Unterschiedes zwisehen der HSrscbwel- lenmessnng und dem fiberschwelligen H5ren der Sprache keine gleich- miiBige Beurteilung erm5glicht, kann die Operation ]a besten/alls nur das H6rverm6gen gewinnen, das das Innenohr noch bei ]edem einzelnen Patienten au/zuweisen hat. Aus diesem Grunde habe ich im unteren Teil der Ta- belle 2 dieselben Patienten nach den Ergebnissen auf Grund des Sprach- gehSrs in meiner Einteilungsweise zusammengefagt. Die Kontrolle, ob das nach dem LeistungsvermSgen des Innenohres vor der Operation erreiehbare GehSr auch nachtrgglich erzielt wurde, erfolgte 1. auf Grund der Prognose nach der ttSrprfifung, 2. auf Grund der SpraehgehSr- prfifung w~hrend der Operation und 3. naeh dem H6chststand, den der Patient postoperativ erzielt hatte.

Die obere tt/~lfte der Tabelle 2 gibt also die Erfelge bzw. die Mig- erfolge an, die untere den heutigen Stand des GehSrs (nicht aber die Prognose). Der Vergleich beider Tabellenh/~]ften liiBt erkennen, dab nicht aUe Patienten, die nach der Operation ein starkes Absinken bzw. einen unzureiehenden Anstieg erlebten, gar keinen Erfolg erzielt haben. Sie sind vielmehr zum Teil aueh in ihnen nicht entsprechenden, niederen Erfolgsgruppen wiederzufinden (1 in Gruppe As, 4 bzw. 2 in Gruppe B, 6 bzw. 2 in Gruppe C).

Die Ursaehe, warum es in der postoperativen Phase der Fensterung nach ihrer mehr oder weniger ausgesprochenen Geh5rsabnahme nicht wieder zu einem ordnungsmi~Bigen Ansteigen des Geh6rs kommt, l~Bt sieh nicht so klar beantworten wie die oben besprochene fiber das spgtere Absinkem Wenn heutb naeh Tabelle 2 etwa 90% der Fensterungs- operationen zuerst das Soll an HSrvermSgen erreichen, das das Innenohr anfzuweisen hat, so zeigt die Nachprfifung, dab yon den unzureichenden

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3 8 8 H, WULLSTEII~ *"

Ergebnissen, die insgesamt etwa 10% umfassen, nur der kleinere ,Tel| einen wirklichen Innenohrschaden nachweisen lgi3t (eine meist nur leicht herabgesetzte, jedenfalls bei weitem nicht aufgehobene cochlegre und vestibulgre Funktion). Der gr66ere Tell aber hat ein ganz unbeschgdigtes KnochenleitungsgehSr der operierten Seite (mit allen Vorsichtsmai~- nahmen, Vertguber der Gegenseite usw. gepri i f t )und eine einwandfreie periphere Reaktion des Bogengangsapparates (calorisch leichter erregbar als die nichtoperie~e Seite, schon mit wenigen Kubikzentimetern yon 30--35 o ganz leise gespfilt).

B e i der kleineren ersten Gruppe ist. es also tatsgchlich zu einer serSsen Labyrinthitis in solchem Ausmai~e gekommen, dai3 sie sich sp~tter funktionell nachweisen l~I~t. Die Griinde ffir das Ausbleiben des Geh6rs in der anderen Gruppe sind meines Erachtens aber noch nicht ganz gekl~rt. In Frage kommen mechanische Ursachen, wie sie VE~XER U. a. in einer vermehrten Bindegewebsbildung im Perilymphraum vet- muter hat. Die sehr gute calorische Erregbarkeit gerade dieses Bogen- ganges lgl]t Zweifel an der Richtigkeit dieser Erklgrnng zu, um so mehr als der H6ranstieg ja schon 2--3 Wochen nach der Operation ausbleibt, also zu einem Zcitpunkt, wo das frische Granulationsgewebe sicherlich noch nicht zu einer Narbenplatte geworden ist. JedenfaIls ist der Bildung eines dfinnen, gut ernghrten und gut anliegenden Laploens mit direktem Kong/~kt zum Endolyrnphschlauch sehr grol~e Bedeutnng beizumessen, ebenso einer sorgf~iltigen Fenstergestaltnng unter dem Mikroskop mit iiufterst diinnen R~ndern nnd Schntz des Endolymphschlauches gegen Kompression durch den Lappen. Ein anderes mechanisches Hinder- nis kSnnte in der Nische zum runden Fenster entstehen, wenn Blut und Knochenmehl in der Pauke bleiben und Anlai3 zur Bindegewebs- bildung geben. Gerade bei der ausgedehnten Knochenentfernung be- miihe ich reich darum, auch die Pauke wghrend der Operation ganz sauber zu halten. Schliel~lich gibt es Hinweise daranf, dab ein Teil dieser mangelhaften HSranstiege ohne nachweisbare Funktionsbeein- tri~chtigung innenohrbedingt ist. Je geringer die GehSrsenkung in der post0perativen Phase ist, um so besser werden wir diese Verluste vermeiden. Die Emp/indlichlceit des Innenohres auf die Operation - - im HSrvermSgen wie in der GleichgewichtsstSrung ist allerdings individuell sehr verschieden. Es gibt solche, die sie fast reaktionslos iiberstehen, und andere, die trotz besten Operationsverlaufes eine ver- hgltnism~i3ig starke GehSrsverminderung und st~rkeren Schwindel erleben. Doch spielt nach meinem Daffirhalten auch Lage .und Gestal- tung des Fensters eine RoIle fiir das Ausmal] der postoperativen Reaktion.

Auf die Gefahren, die dem frisch gewonnenen GehSr durch allgemeine Krankheiten drohen, habe ich friiher bereits hingewiesen. In geringem

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MiBerfolge der Fensterungsoperation. 389

MaBe leidet das GehSr oft bei allen akuten Infektionen, insbesondere Grippe, Schnupfe n u n d NebenhShleneiterung: Die chronische Ton- sillitis, mehr noch die chronische Sinusitis und das Zahngranulom kSnnen weiterhin Gefahrenherde fiir das HSrvermSgen sein. Unter den ander- weitigen Erkrankungen stehen meines Erachtens an der Spitze die schweren Herz- und KreislaufstSrungen und insbesondere alle Formen der An/~mie. Ebenso habe ich allgemeine und auch ~irtliche allergische Reaktionen z .B. dutch Penicillin fiirchten gelernt. Vorfibergehende oder bleibende StSrungen traten auf nach einer Hepatitis, einem Ikterus, eifier Pankreatitis, einer Pneumonie, einer Pyelonephr0se bei einseitiger Nephrektomie und besonders bei jeder Verschlechterung eines Diabetes.

Ein gutes HSrvermSgen habe ich verloren, weil der Patien~ eine kurz voraufgegangene Furunkulose trotz Warnung des Hausarztes ver- schwiegen hatte, einen anderen wegen eines Kopfunfalles wie oben erw~hnt. Wenn durch di e Totalausr/iumung des Zellsystems der HSr- schaden durch die l~astoidreaktion in Fortfall kommt, treten diese meist leichten GehSrschwankungen bzw. Verschlechterungen auf inter- kurrente Erkrankungen viel deutlicher hervor, wie Tabelle 3 zeigt.

Um einem eventue]len otosklerotischen Schub w~hrend der Schwan- gerschaft bis zum AbschluB der Stillperiode vorzubeugen, habe ich 6 Fensterungen w~hrend der Gravidit/~t vom Ende des 2.--7. Monats durchgefiihrt. Bei keiner ist eine StSrung aufgetreten, bei allen hat sich das GehSr einwandfrei entwickelt und auch durch die Geburt keine Schwankungen yon ]3elang erlitten.

Von allen Fehlschl/~gen und unbefriedigenden Erfolgen nach der Fensterungsoperation lassen sich nach meinem Dafiirhalten die vom zuriickbleibenden Zellsystem ausgehenden am leichtesten vermeiden, eine Sch~digung oder VerzSgerung de r GehSrentwicklung durch die Ausr/~umung konnte ich nicht feststellen. StSrungen durch eine nicht vom Ohr bedingte Erkrankung werden sich auf das MindestmaB redu- zieren lassen, wenn wir un~ere Patienten darauf grfindlich untersuchen und sp/~terhin immer auf diesen Gesichtspunkt unser Augenmerk richten. Die Zahl der nachweisbaren, wenn auch nur geringf/igigen InnenohrfunktionsstSrungen, die immer zu eincr schweren Sch/~digung des HSrens fiihren, 1/~l~t sich sehr klein halten. Noch ungekl/~rt und schwer zu beeinflussen bleiben die unzureichenden HSrentwicklungen bei anscheinend intakter Innenohrfunktion und einwandfreier Fensteranlage. Ihre Ursache aufzukli~ren, erscheint mir jetzt unsere wichtigste Aufgabe. Wenn nun auch nach der Statistik die Zahl der Mifierfolge klein ge- worden ist, so dtirfen wir nicht vergessen, dal] es sich bei jedem yon ihnen um einen Menschen handelt, der - - die richtige Indikation und Prognose vorausgesetzt - - bei der Operation und in den ersten Tagen danach erlebt hat, dab er hSren kann, und der darauf nur schlecht wieder

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390 H. WIILLSTEIN: Mil3erfolge der Fensterungsoperation.

Tabelle 3. GehSrverminderungen dutch nicht vom Ohr ausgehende Krankheiten im Fergleich yon 100 total und 100 nicht total ausgeriiumten Pensterungen.

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T o t a l a u s g e r & u m t ] N i e h t t o t a l a u s g e r g u m t

L e i e h t e s S e h w a n k e n bzw. A b s i n k e n

Insgesamt 9

W i e d e r a n s t i e g

P a t i e n t U r s a c h e v()l l-] t e i l - I f eh- A l t e r

s t .an ' i we ise l l e n d

0titis media an dem

operierten Ohr Grippe

Grippe

Grippe

Pneumonie Diabetes

Bz. 195 rag% nieht wetter behandeltes

Ohr (Zonengrenze)

stark angestrengt

ja

ja

ja

ja

ja ja

ja

ja

ja

Kfi.

]:~U.

Sto.

Kra. ]~e.

Si.

Pa.

4 y o n insge~am~ 15 (13 d a v o n m i t s t a r k e r P n e u m a t i s a t i o n )

Ursaehe

41 KieferhShlen- eiterung

41 :KieferhShlen- eiterung

45 Zahn- granulome

41 Myokard- schaden

45 47

46

39

46 S t a r k e s A b s i n k e n

W i e d e r a n s t i e g -1 P a t i e n t ,

r o l l - tel.l- feh- A l t e r s t g n - d ig w e l s e l e n d

ja Schm. 61

ja Ka. 27

ja Pe. 56

ja Sa. 34

I n s g e s a m t 1

Kopfunfall ! ja i

i

i i ~ i

Kle.

3 y o n i n s g e s a m ~ 13 (at le m i t s t a r k e r P n e u m a t i s a t i o n )

49 Myokard- ja Sta. 42 schaden

alte Lues ja Loe. 53 Krop foperation ? Kle. 24

in die Resignation des Schwerh6rigen zurfickfindet. Wer viele Fenste- rungsoperationen gemacht hat, weiS, wie sehr sich diese Patienten selbst und dem Arz~ zur Last sind. Ihnen zu helfen ist schwer. Wieder- holungsoperationen versprechen wenig. Und selbst wenn der Patient noeh die Operation des anderen Ohres wiinschen sollte, wird es sorg- fi~ltiger Priifung bediirfen, ob es der Zustand des zuerst operierten Ohres verantworten lggt. Die mindeste Voraussetzung daffir scheint es mir, d~B der Patient ohne und mit HSrapparat auf dem operierten Ohre fast ebensogut h6rt wie auf dem niehtoperierten und dieses kleine Geh6r sieh vorlgufig als stabil erwiesen hat.